Ein Anspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG kann von dem klagenden Krankenhaus gegenüber dem Leistungsträger nicht geltend gemacht werden, da es sich um höchstpersönliche nicht abtretbaren Ansprüche der behandelten Patientin handelt.
Daher scheidet auch ein Leistungsanspruch nach § 6 AsylbLG aus.
Ein Nothelferanspruch nach § 6a Asylbewerberleistungsgesetz scheidet vorliegend aus, da es sich nicht um einen medizinischen Eilfall handelte.
Im hieisgen Verfahren ist die Regelung § 197a SGG einschlägig. Die Klägerin zählt nicht zum kostenprivilierten Personenkreis des § 183 SGG. Sie macht keinen Nothelferanspruch aus § 6a AsylbLG geltend, der eine einer Sozialleistung vergleichbare Funktion besitzt. Vielmehr macht die den Leistungsanspruch der Patientin in eigenem Namen geltend. Sie gehört deshalb nicht zu dem in § 183 Satz 1 SGG genannten Personenkreis der Leistungsempfänger.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten für die Untätigkeitsklage.
3. Die Klägerin trägt über die Untätigkeitsklage hinaus die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird auf 2.015,94 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Krankenbehandlungskosten in Höhe von 2.015,94 Euro.
Die Klägerin behandelte vom 15. Februar 2017 bis zum 16. Februar 2017 die äthiopische Staatsangehörige und Asylbewerberin Frau C. (nachfolgend Patientin).
Die Patientin bezog im streitgegenständlichen Zeitraum von der Beklagten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylLG).
Am 29. Dezember 2016 wurde von der Bedarfsgemeinschaft die Aushändigung der Krankenscheine für das erste Quartal 2017 beantragt (Bl. 157 VA) und im Anschluss von der Beklagten ausgestellt (Bl. 101 GA).
Am 9. Januar 2017 stellte die behandelnde Frauenärztin der Patientin einen Überweisungsschein zur Behandlung Vaginalzyste links mit Beschwerden aus (Bl. 102 VA).
Die Patientin stellte sich nach Angaben der Klägerin am 13. Februar 2017 in der Einrichtung der Klägerin vor (Bl. 120 GA).
Mit Schreiben vom 13. Februar 2017 soll die Klägerin per Fax die Kostenübernahme für die Behandlung der Patientin bei der Beklagten beantragt haben (Bl. 99 GA).
Am 15. Februar 2017 wurde der Patientin in der Einrichtung der Klägerin eine Vaginalzyste entfernt. Die Patientin wurde am 16. Februar 2017 entlassen (Bl. 106 GA).
Für die Behandlung und den stationären Aufenthalt der Patientin entstanden Kosten in Höhe von 2.015,94 Euro (vergleiche Schlussrechnung, Bl. 37 GA).
Mit Schreiben vom 19. Juni 2017 erinnerte die Klägerin die Beklagte an die Aufnahmeanzeige und bat um Kostenzusage (Bl. 103 GA).
Mit Schreiben vom 3. August 2017 erinnerte die Klägerin nochmals an das Schreiben vom 13. Februar 2010 und bat um Erteilung einer Kostenzusage (Bl. 104 VA).
Auf Bl. 36 der Gerichtsakte befindet sich die Aufnahmeanzeige der Klägerin vom 13. Februar 2017, auf welcher handschriftlich notiert ist: „Anspruch besteht. Bitte Unterlagen im Original zusenden.“ Der Vermerk datiert vom 7. August 2017 und ist neben einem Stempel der Stadt Frankfurt mit einem Handzeichen signiert.
Mit Bescheid vom 10. August 2017 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme nach § 25 SGB XII gegenüber der Klägerin ab (Bl. 196 VA). Zur Begründung wird ausgeführt, dass erst mit Abnahmeanzeige vom 7. August 2017, bei der Beklagten eingegangen am 7. August 2017, der Erstattungsanspruch angemeldet worden sei, also mehr als einem Monat nach der Aufnahme der Patientin.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 16. August 2017 Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. August 2017 ein (Bl. 9 GA).
Mit Schreiben vom 18. August 1017 stellte die Klägerin eine Überprüfung bei der Beklagten und bat um nochmalige Prüfung des Bescheides vom 10. August 2017. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Patientin bei der Aufnahme einen Abrechnungsschein für das Quartal 1/16 [gemeint ist wohl 1/17], ausgestellt von der Beklagten, vorgelegt hat. Es wird ebenfalls auf das Fax vom 3. August 2017 verwiesen (Bl. 105 GA). Auf dem Schreiben sind mehrfacher Erinnerungen der Klägerin handschriftlich vermerkt.
Die Klägerin hat am 24. Juni 2019 Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Sie begehrte die Bescheidung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 10. August 2017.
Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2020 zurückgewiesen (Bl. 20 ff GA). In der Begründung wird ausgeführt, dass der Widerspruch zulässig jedoch unbegründet sei.
Der Klägerin stehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Übernahme der Behandlungskosten gegen die Beklagte zu. Ein solcher Anspruch ergebe sich insbesondere nicht aus § 45 SGB XII. Nach diesen Vorschriften seien die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, die jemand in einem Eilfall erbracht habe und die bei rechtzeitigen Einsätzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher und ersichtlicher Pflicht selbst zu tragen habe.
Die Beklagte gehe bereits davon aus, dass es sich bei der Erkrankung nicht um einen Eilfall im Sinne des Gesetzes handle. Es sei nicht ersichtlich, woraus sich die Eilbedürftigkeit im vorliegenden Fall ergeben sollte. Letztlich könne dies jedoch offenbleiben, denn § 25 SGB XII setze neben dem bedarfsbezogene Moment auch ein sozialhilferechtliches Moment im Voraus, an dem es vorliegend fehle. Der Anspruch des Nothelfers bestehen nämlich in Abgrenzung zum Anspruch des Hilfebedürftigen dann, wenn der Sozialhilfeträger keine Kenntnis vom Leistungsfall habe und ein Anspruch des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger (nur) deshalb nicht entstehe. Daran fehle es hier, da eine Unterrichtung der Beklagten erst am 3. August 2017 und damit 6 Monate nach der Behandlung erfolgt sei (Bl. 20 ff GA).
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Klage begründet sei, da sie einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlung der Patientin in Höhe von 2.015,94 Euro (Schlussrechnung vom 7. August 2017) auf Grundlage des ausgestellten Behandlungsscheines gemäß § 4 AsylbLG habe.
Entgegen der Auffassung der Beklagten handele es sich hier nicht um einen Eilfall gemäß § 25 SGB XII. Es liege zweifelsfrei ein Behandlungsschein vor, auf dessen Grundlage die Klägerin als Klinik die Kostenerstattung beanspruchen könne. Die Beklagte sei darauf nicht eingegangen, obwohl sie gemäß § 4 Abs. 3 AsylbLG dazu verpflichtet sei, die Behandlung der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG sicherzustellen.
In dem Widerspruchsbescheid, der im Rahmen der von der Klägerin erhobenen Untätigkeitsklage erlassen worden sei, verfolge die Beklagte weiterhin die fehlerhafte Rechtsauffassung, dass es sich hierbei um einen sogenannten Nothelferanspruch gemäß § 25 SGB XII handele. Dies sei nicht richtig. Die Patientin habe den Behandlungsschein vom 28.12.2016, verwendbar für das erste Quartal 2017 vorgelegt. Diesen habe die Patientin nach ihrer Vorsprache im Sozialamt erhalten. Ohne Vorlage des Behandlungsscheines wäre eine stationäre Aufnahme der Patientin nicht erfolgt. In der Vergangenheit seien der Klägerin die Behandlungskosten von Patientin, die auf Grundlage des Behandlungsscheines behandelt worden seien, ohne Probleme erstattet worden. Dementsprechend habe Frau D. offensichtlich auch die Bestätigung auf dem Fax handschriftlich notiert. Zu diesem Sachverhalt habe sich die Beklagte im gesamten Widerspruchsverfahren nicht geäußert.
Die Beklagte verkenne, dass nach der Überweisung der Gynäkologin ein medizinischer Eilfall vorgelegen habe. Die Beklagte habe der Patientin, die dort offensichtlich im Leistungsbezug stand, einen Behandlungsschein ausgehändigt, den diese bei der Aufnahme vorlegt habe. Der Abrechnungsschein beziehe sich auf § 3 AsylLG. Die Beklagte habe Leistung nach § 4 AsylLG zu Verfügung gestellt.
Ein Titel gegen die Patientin müsse nach Ansicht der Klägerin nicht erwirkt werden. Ein Anspruch habe im Übrigen gegenüber der Patientin nicht bestanden, da sie bei ihrer Vorsprache einen Behandlungsschein vorlegt habe, den die Beklagte ausgefertigt habe. Die Beklagte habe mit der Aushändigung des Abrechnungsscheins an die Patientin bestätigt, dass sie nach § 4 AsylbLG eintrittspflichtig sei.
Es stehe dem Kostenübernahmeanspruch der Klägerin auch nicht entgegen, dass zivilrechtliche Ansprüche bestehen könnten oder gar durchgesetzt würden - neben LSG NRW, Urteil vom 6.5.2013 - L 20 AY 145/11, juris, Rn. 72, auch BSG, Urteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 15/11 R, juris, Rn. 25 (für die Eingliederungshilfe). Es sei nicht maßgeblich, ob die Klägerin gegen die seinerzeit sozialhilfebedürftige Patientin Behandlungskosten durchsetzen konnte oder einen Titel erwirkt hätte. Sie habe sich nicht an die Patientin halten müssen, die mit einem Abrechnungsscheins der Beklagten vorgesprochen habe.
Nach Ansicht der Klägerin handele es sich bei dem hiesigen Verfahren um ein gerichtskostenfreies Verfahren. Der eigene Nothelferanspruch sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gerichtskostenfrei, da er eine einer Sozialleistung vergleichbare Funktion habe, könne dies in der vorliegenden Angelegenheit nicht anders sein, da die Klägerin ihr die im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis zustehenden (Vergütungs-) Ansprüche für Leistungen, die die Beklagten der Patientin zugesagt habe, durchsetzen können müsse, wenn die Beklagte, wie hier, meine, die Vergütung nicht zahlen zu müssen.
Die Klägerin beantragte zunächst die Bescheidung des Widerspruchs.
Nunmehr beantragt die Klägerin,
die Beklagte unter Abänderung des Antrages vom 21. Juni 2019 zu verurteilen, den Bescheid vom 10. August 2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. Januar 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Behandlungskosten für die Patientin C. für die Zeit vom 15. Februar 2017 bis 16. Februar 2017 in der A. Klinik zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ihr gegen über nicht bestehe.
Ob die Voraussetzungen des § 4 AsylbLG vorgelegen haben, könne dahinstehen. Die Klägerin sei nicht Inhaberin des Anspruchs nach § 4 Abs. 1 AsylbLG und § 4 Abs. 3 AsylbLG sei schon grundsätzlich keine Anspruchsnorm.
Inhaber des Anspruchs nach § 4 Abs. 1 AsylbLG sei der Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG. Dieser könne seinen Anspruch gegen den Leistungsträger grundsätzlich nicht abtreten, da es sich um einen Sachleistungsanspruch handele, der auf den Leistungsberechtigten zugeschnitten sei. Anderes gelte nur, wenn der Berechtigte die Leistung selbst finanziert habe oder die selbst beschaffte Leistung zwar nicht vorfinanziert, aber gegenüber dem zuständigen Leistungsträger zur Vermeidung eines Rückgriffs einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten der Krankenhausbehandlung habe und der Anspruch bereits festgestellt sei (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 7 AY 2/12 R –, BSGE 114, 292-302, SozR 4-3500 § 25 Nr 3, Rn. 28). Hier sei der Anspruch der Patientin aber gerade noch nicht festgestellt worden. Der Zessionar, hier also die Klägerin, könne die Feststellung des Anspruchs nicht selbst betreiben (BSG, aaO, Rn. 29).
Grundlage für den geltend gemachten Anspruch könne daher nur noch entweder eine vertragliche Vereinbarung mit dem Leistungsträger sein oder eine einseitige Kostenübernahmeerklärung des Leistungsträgers sein (BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 1998 – 5 B 99/97 –, Rn. 3, juris).
Der von der Beklagten der Patientin ausgestellte Abrechnungsschein, von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Behandlungsschein bezeichnet, dürfte zwar grundsätzlich eine einseitige Kostenübernahmeerklärung darstellen. Sie umfasse aber nicht den geltend gemachten Anspruch.
Der Sozialhilfeträger dürfe sich zur Kostenübernahme nur nach Maßgabe des Gesetzes verpflichten; vgl. § 31 SGB I, § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X (BVerwG, Beschluss vom 02. Februar 1998 – 5 B 99/97 –, Rn. 6, juris), also wenn ein Anspruch des Hilfebedürftigen auf Leistungen für die Krankenbehandlung bestehe.
Folglich sei eine einseitige Kostenübernahmeerklärung im Zweifel dahin auszulegen, dass ein Anspruch des Einrichtungsträgers nur soweit begründet werden solle, wie der Anspruch des Leistungsberechtigten reiche (OVG NRW, Urteil vom 08. Dezember 1994 – 24 A 3212/92 –, Rn. 18, juris).
Ein Anspruch der Klägerin folge auch nicht aus § 4 Abs. 3 AsylbLG. Der Zweck dieser Vorschrift bestehe - und erschöpfe sich - allein darin, die Leistungen und die Höhe der hierfür aufgrund Gesetzes, Vertrags- oder Kostenübernahmeerklärung des Sozialhilfeträgers zustehenden Vergütung zu regeln (BSG, aaO, Rn. 26). Wolle der Dritte, also der Erbringer der medizinischen Leistung, den Leistungsträger auf Aufwendungsersatz in Anspruch nehmen, bedürfte es deshalb entweder entsprechender Vereinbarungen mit dem Leistungsträger, einer - ebenfalls auf vertraglicher Grundlage beruhenden - Heranziehung des Dritten durch den Leistungsträger zur Erfüllung der sich für diesen aus dem AsylbLG ergebenden Verpflichtungen oder einer Kostenübernahmeerklärung des Leistungsträgers (BSG, aaO, Rn. 26 mit Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 2.2.1998 - 5 B 99/97).
Ein Anspruch der Klägerin aus § 6 Abs. 1 Alt. 2 AsylbLG bestehe gleichfalls nicht. Nach dieser Vorschrift könnten nur solche Leistungen gewährt werden, die nicht bereits nach § 4 AsylbLG zu leisten sind (Leopold in: Grube/Wahrendorf/Flint/, 7. Aufl. 2020, AsylbLG § 6 Rn. 14). Nach den Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin vom 11.04.2022 habe ein „medizinischer Eilfall“ vorgelegen. Es dürfte sich daher um eine akute Erkrankung gehandelt haben, für die Leistungen nach § 4 Abs. 1 AsylbLG zu erbringen seien. Die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 1 Alt. 2 AsylbLG scheide schon deshalb aus.
Anspruchsinhaber könnte überdies grundsätzlich nur der Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG sein. Eine Anspruchsinhaberschaft der Klägerin käme deshalb nur im Wege der Abtretung in Betracht. Da es sich bei dem Anspruch aus § 6 Abs. 1 Alt. 2 AsylbLG wie bei dem Anspruch nach § 4 Abs. 1 AsylbLG um einen Sachleistungsanspruch auf Krankenbehandlung handele, würden die Ausführungen des BSG zur Abtretbarkeit des Anspruchs nach § 4 Abs. 1 AsylbLG für den Anspruch nach § 6 Abs. 1 Alt. 2 AsylbLG entsprechend gelten. Der Klägerin könne als Zessionarin nicht selbst die Feststellung des Anspruchs der Patientin betreiben.
Ein Anspruch nach § 6a AsylbLG scheide schließlich ebenfalls aus. Voraussetzung hierfür ist u.a. das Vorliegen eines Eilfalls, also einer plötzlich auftretenden Bedarfslage, in der sofort gehandelt werden muss und nach Lage der Dinge die rechtzeitige Leistung des Leistungsträgers nicht zu erlangen ist. (Leopold in: Grube/Wahrendorf/Flint, 7. Aufl. 2020, AsylbLG § 6a Rn. 11). Keinen Eilfall würden alle planbaren und daher aufschiebbaren Maßnahmen darstellen (Leopold, aaO, Rn. 13). Ein Notfall sei ausgeschlossen, wenn es dem Leistungsberechtigten oder dem Nothelfer möglich sei, den Leistungsträger von der Hilfesituation zu unterrichten (Leopold, aaO, Rn. 14). Die Patientin sei von ihrer Frauenärztin mit Überweisungsschein vom 9. Januar 2017 an das Krankenhaus A-Stadt, Gynäkologie zur Weiterbehandlung überwiesen worden. Als Diagnose werde eine Vaginalzyste links mit Beschwerden genannt, deren Exzision erbeten werde. Genau jene Behandlung habe die Klägerin am 15.02.2017 vorgenommen. Überdies habe die Klägerin die Beklagte vor der Behandlung mit Schreiben vom 13. Februar 2017 von der Hilfesituation in Kenntnis gesetzt. Die Behandlung sei also offensichtlich planbar und daher kein Eilfall gewesen.
Schließlich sei das Verfahren für die Klägerin nicht gerichtskostenfrei. Nach § 183 Satz 1 SGG sei das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt seien. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehöre derjenige, der einen Nothelferanspruch nach § 25 SGB XII geltend macht, zu dem in § 183 Satz 1 SGG genannten Personenkreis der Leistungsempfänger, da der Nothelferanspruch eine einer Sozialleistung vergleichbare Funktion besitzt (BSG, Be-schluss vom 11. Juni 2008 – B 8 SO 45/07 B –, SozR 4-1500 § 183 Nr 7, Rn. 7 ff.). Hier mache die Klägerin aber gerade keinen Nothelferanspruch geltend, sondern vielmehr den Anspruch der Patientin nach § 4 AsylbLG aus abgetretenem Recht. Damit trete sie also als Rechtsnachfolgerin der Patientin auf, ohne Sonderrechtsnachfolgerin nach § 56 SGB I zu sein. Damit gehöre sie nicht zu dem in § 183 SGG privilegierten Personenkreis, mit der Folge, dass nach § 197a SGG Gerichtskosten zu erheben seien (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 – B 11 AL 6/09 R –, Rn. 24, juris).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (Papierakte und digitale Akte) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2022 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angegriffene Bescheid vom 10. August 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Zwar ist der angegriffene Bescheid insoweit fehlerhaft, als die Beklagte in diesem lediglich einen Anspruch nach § 25 SGB XII prüft. Ein solcher Nothelferanspruch scheidet im hiesigen Verfahren jedoch aus, da die behandelte Patientin keine Leistungen nach dem SGB XII, sondern nach dem AsylbLG bezog.
Trotz der fehlerhaften Begründung ist der Bescheid im Ergebnis rechtmäßig, denn es besteht kein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aufgrund der stationären Krankenbehandlung der Patientin vom 15. Februar bis 16. Februar 2017.
1. Die Klägerin kann sich nicht auf § 6 a AsylbLG berufen.
Hat jemand in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm gemäß § 6a S. 1 AsylbLG die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (§ 6a AsylbLG in der Fassung vom 10.12.2014).
Ein Nothelferanspruch nach § 6a Asylbewerberleistungsgesetz scheidet vorliegend aus, da es sich nicht um einen medizinischen Eilfall handelte. Der Nothelferanspruch setzt zunächst einen medizinischen Eilfall im Sinne von unaufschiebbarer Notwendigkeit einer Krankenbehandlung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 8 SO 9/13 R, Rn. 13 ff. und Urteil vom 23. August 2013 - B 8SO 19/12 R, Rn. 17; Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 7. Juli 2014 – L 4 SO 38/15 –, Rn. 22, juris).
Bei der durchgeführten Operation handelt es sich nicht um einen medizinischen Eilfall, da ein unmittelbares medizinisches Eingreifen nicht erforderlich war. Die Überweisung der Frauenärztin datiert vom 9. Januar 2017. Eine Vorstellung der Patientin bei der Klägerin erfolgte, nach deren Angaben der Klägerin, am 13. Februar 2017. Die Operation wurde nach der Vorstellung der Patientin für den 15. Januar 2017 angesetzt. Aufgrund des Zeitablaufs kann nicht von einen medizinischen Notfall im oben definierten Sinne ausgegangen werden, weshalb der Anspruch nicht auf § 6a AsylbLG gestützt werden kann.
2. Die Klägerin kann sich auch nicht auf §§ 4 bzw. 6 AsylbLG für die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruches berufen.
a) Nach § 4 Abs. 1 S. 1 AsylbLG sind zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren (§ 4 AsylbLG in der Fassung vom 20.10.2015).
Ein Anspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG kann von der Klägerin gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht werden, da es sich um höchstpersönliche nicht abtretbaren Ansprüche der behandelten Patientin handelt.
Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei den Leistungen nach § 4 Abs 1 AsylbLG, die auch eine Krankenhausbehandlung umfassen (BT-Drucks 12/4451, S. 9 zu § 3), um Sachleistungen, die individuell "auf den Empfänger zugeschnitten" sind. „Aufgrund ihrer höchstpersönlichen Natur wäre eine Übertragung solcher Leistungen nicht möglich, sodass eine Abtretung entsprechend § 399 Bürgerliches Gesetzbuch ausgeschlossen ist (zur Unzulässigkeit der Abtretung von Ansprüchen, die höchstpersönlicher Natur sind, vgl: BVerwG, Urteil vom 10.4.1997 - 2 C 7/96; Häusler in Hauck/Noftz, SGB I, K § 53 RdNr 21, Stand Dezember 2005; Pflüger in jurisPK SGB I, 2. Aufl 2011, § 53 SGB I RdNr 19). Unter das Abtretungsverbot fallen nicht nur die Sachleistungen selbst, sondern auch ihre Surrogate, insbesondere Geldleistungen, wenn sie zweckgebunden zur Anschaffung einer konkreten Dienst- oder Sachleistung gezahlt werden (vgl nur: Häusler in Hauck/Noftz, aaO, RdNr 22, Stand Dezember 2005; Pflüger, aaO, RdNr 20)“ (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 7 AY 2/12 R –, BSGE 114, 292-302, SozR 4-3500 § 25 Nr 3, Rn. 27).
Die Abtretung hat es BSG nur dann für zulässig erachtet, wenn der Berechtigte die Leistung selbst vorfinanziert hat (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 7 AY 2/12 R –, BSGE 114, 292-302, SozR 4-3500 § 25 Nr 3, Rn. 28).
Es ist nicht ersichtlich, dass die Patientin den Eingriff vorfinanziert hat. Zudem hat die Klägerin weder vorgetragen noch nachgewiesen, dass die Patientin ihr diesen Anspruch abgetreten habe.
Die Kammer teilt insofern die Ansicht der Beklagten, dass hier ein zivilrechtliches Dreiecksverhältnis vorliegt, in welchem die Klägerin kein Durchgriffsrecht gegenüber der Beklagten zusteht, sondern die Klägerin ihren Anspruch vielmehr gegenüber der Patientin hätte durchsetzen müssen.
Eine Beiladung der Patientin zum hiesigen Verfahren nach § 75 Abs. 2 SGG bedurfte es jedoch nicht, da die zivilrechtlichen Ansprüche der Klägerin gegenüber dieser zwischenzeitlich verjährt sind (§ 195 BGB).
Ein Anspruch folgt auch nicht aus dem von der Klägerin vorgelegten und der Patientin ausgehändigten Behandlungsschein. Zunächst ist beachtlich, dass der Behandlungsschein bereits vor Beginn des 1. Quartals ausgehändigt wurde. Die Aushändigung erfolgte damit zu einem Zeitpunkt, an dem Ende Behandlungsbedürftigkeit der Patientin noch nicht bekannt gewesen ist.
Der Aussagegehalt des Behandlungsscheins ist darüber hinaus im hiesigen Fall von eingeschränkter Qualität, da keinerlei Angaben zu Art und Umfang der medizinischen Behandlung getroffen werden.
Anders als gesetzlich Krankenversicherter besteht für Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nur ein eingeschränkter Anspruch auf Gesundheitsleistungen (vergleiche § 4 Abs. 1 S. 1 AsylbLG). Aus diesem Grund kann ein für ein Quartal ausgehändigter Behandlungsschein nicht automatisch die Erklärung der Beklagten beinhalten, dass für jegliche medizinische Behandlungen, die in einem Quartal erbracht werden, die Kosten übernommen werden würden. Insofern ist der Beklagten zuzustimmen, dass die Behandlungsschein im Zweifel dahingehend auszulegen ist, dass ein Anspruch des Behandelnden nur insoweit begründet werden kann, wie der Anspruch des Leistungsberechtigten reicht. Insofern kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass von Seiten der Beklagten der Rechtsschein gesetzt worden sei, dass sie jegliche Behandlungskosten erstatten werde. Der Behandlungsschein kann aufgrund seines vagen Gehalts auch nicht als Kostenzusicherung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X verstanden werden.
b) Aus den oben genannten Gründen scheidet ebenfalls ein Leistungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 6 AsylbLG aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO und nicht auf § 193 SGG. Im hieisgen Verfahren ist die Regelung § 197a SGG einschlägig. Die Klägerin zählt nicht zum kostenprivilierten Personenkreis des § 183 SGG. Sie macht keinen Nothelferanspruch aus § 6a AsylbLG geltend, der eine einer Sozialleistung vergleichbare Funktion besitzt. Vielmehr macht die den Leistungsanspruch der Patientin in eigenem Namen geltend. Sie gehört deshalb nicht zu dem in § 183 Satz 1 SGG genannten Personenkreis der Leistungsempfänger und ist insoweit nicht von der Pflicht zur Zahlung von Kosten befreit (BSG SozR 4-1500 § 183 Nr. 7; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 7 AY 2/12 R –, BSGE 114, 292-302, SozR 4-3500 § 25 Nr. 3, Rn. 32; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 3. Februar 2022 – L 11 AS 578/20 –, Rn. 42, juris; ). Ein Streitwert ist daher festzusetzen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1, 3 GKG. Der Streitwert ist in Höhe der geltend gemachten Behandlungskosten von 2.015,94 Euro festzusetzen.
Gegen die Entscheidung ist das Rechtsmittel der Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG statthaft.