S 1 U 14/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 14/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 86/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Streitwert wird auf 1922,07 Euro festgesetzt.


Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Unfallversicherungsbeitrag für das Jahr 2013 in Höhe von mit Bescheid vom 27.05.2014 festgesetzten 1922,07 Euro. 

Der Kläger betreibt Obstanbau in seinem landwirtschaftlichen Betrieb. Insbesondere geht es um 80,92 HA-Fläche, auf der er Obstbau betreibt. Der Obstbau erfolgt – soweit ersichtlich – weitestgehend durch Maschineneinsatz. Die Anpflanzung sowie der Erziehungsschnitt und der Erhaltungsschnitt erfolgen händisch. Der Rest wie Pflanzschutz und Mulchen erfolgt vollständig mechanisch. Geerntet werden die Früchte weitestgehend mechanisch. An den in Reihe stehenden Obstbäumen fährt eine zweiteilige Erntemaschine vorbei, die auf jeder Seite von einem Maschinenführer geführt wird. Die Bäume werden von der Maschine mechanisch geschüttelt. Daraufhin fallen die Früchte in schräg stehende Planen, die mit der Erntemaschine verbunden sind. Schwerkraftbedingt rutschen die Früchte in der Folge auf ein Transportband, welches das Obst an das jeweilige Ende der zweiteiligen Maschine befördert. Dort stehen dann Erntehelfer, die die Steigen von der Maschine befüllen lassen und im Anschluss palettieren. Sodann wird das Obst so wie es ist zur Konservenfabrik abtransportiert. Der Abtransport zur Konservenfabrik erfolgt noch durch den Landwirt. 

Mit Bescheid vom 24.04.2014 setzte die Beklagte die Beitragsforderung für das Umlagejahr 2013 auf insgesamt 4.722,50 Euro fest. Eine Neuberechnung erfolgte durch Bescheid vom 09.05.2014, wonach eine Festsetzung für das Umlagejahr 2013 auf   2.276,43 Euro erfolgte. Schließlich erging unter dem 27.05.2014 der hier streitgegenständliche Bescheid, wonach der Gesamtbetrag endgültig auf 1.922,07 Euro festgesetzt wurde. Dabei wurde berücksichtigt eine Ackerbaufläche mit einer Menge von 4,67 HA und eine Obstbaufläche mit einer Menge von 82,92 HA. Der Bescheid enthielt den Zusatz, soweit eine Berichtigung erforderlich gewesen sei, trete dieser Bescheid (einschließlich der Anlagen) anstelle der für die nachstehenden Umlagejahre bereits erteilten Beitragsbescheide. 

Dem Beitragsbescheid lag die Satzung der Beklagten in der Fassung des Dritten Nachtrages vom 20.11.2013 zugrunde, deren §§ 50, 55, 56 und 57 das Verfahren zur Risikobemessung regeln. Die Beklagte beschreibt dies wie folgt: Danach finanzieren die in einer Risikogruppe zusammengefassten Unternehmen die Aufwendungen, die die Beklagte als Folgen von Versicherungsfällen in diesem Unternehmen zu leisten hatte, durch die Zahlung von Beiträgen grundsätzlich selbst (Verursacherprinzip). Dafür wird für jede Risikogruppe unter Berücksichtigung des jeweiligen Leistungsaufwandes ein Risikogruppenfaktor ermittelt. Ein Unternehmen kann mit unterschiedlichen Produktionsverfahren mehreren Risikogruppen angehören. Sofern innerhalb der Risikogruppen bei einzelnen Produktionsverfahren eine Unter- oder Oberdeckung besteht, wird diese auf 20 % begrenzt und die Differenz anteilig auf die anderen Produktionsverfahren der Risikogruppe verteilt (Risikofaktor Produktionsverfahren). 

In § 47 der Satzung wird die Bildung der Risikogruppen geregelt. Nach deren Abs. 3 wurde der Kläger mit seinem Betrieb in der Risikogruppe Nr. 3 „Obst und Gemüse im Freiland Hopfen, Tabak und Christbäume“ eingestuft. Dieser Risikogruppe werden nach der Satzung unterschiedliche Produktionsverfahren zugeordnet (vgl. § 47 der Satzung i.V.m. der Anlage 2 zu § 47 Abs. 2). Im Bereich des Obst- und Gemüseanbaus im Freiland u.a. gehören dazu der Obstanbau mit mechanischer Ernteunterstützung (u.a. Mostäpfel, schwarze Johannesbeeren, Walnüsse, Haselnüsse, Sauerkirschen, Sauerkirschen, Mirabellen), Baumobst und Beerenobst sowie Industriegemüse mit vollmechanischer Ernte ohne weitere Aufbereitung und Blumen im Freiland zum Selbstschneiden (u.a. Buschbohnen, Blumenkohl, dicke Bohnen, Erbsen ohne Hülsen, Grünkohl, Brokkoli, Feldsalat, Rucola, Babyliav, Küchenkräuter, Waschmöhren, Schnittlauch, Spinat, Zwiebeln), Industrie- und Frischgemüse mit händischer Ernte/Aufbereitung (u.a. Blumenkohl, dicke Bohnen, Chicorée, Chinakohl, Frischebsen mit Hülsen, Grünkohl, Schälgurken, Knollenfenchel, Kohlrabi, Spreisekürbis, Meerrettich, Buntmöhren, Frischpetersilie, Porree, Radieschen, Rettich, Rhabarber, Rosenkohl, rote Rüben, Rotkohl, Rucola, Salate, Sellerie, Frischspinat, Weißkohl, Wirsing, Zucchini, Zuckermais), Intensivgemüse (Spargel, Gurken, Tomaten, Brutzwiebeln, Stangenbohnen) sowie Hopfen, Tabak und Christbäume. 

Der Betrieb des Klägers wurde dem Produktionsverfahren „Obstanbau mit mechanischer Ernteunterunterstützung“ zugeordnet. Nach § 40 der Satzung (Beitragsmaßstab) werden die Beiträge für die Unternehmen und Unternehmensteile nach dem Arbeitsbedarf als Abschätztarif berechnet. Nach § 41 der Satzung ist bei Unternehmen der Bodenbewirtschaftung ohne Forst Bemessungsgrundlage die Fläche in Hektar. Zugrunde zu legen ist des Weiteren nach § 42 der Satzung der Arbeitswert oder bei Nebenunternehmen der tatsächliche Arbeitsaufwand (§ 43 der Satzung). Gemäß § 41 Abs. 2 der Satzung i.V.m. der Anlage 1 werden die ermittelten Werte in Berechnungseinheiten (BER) umgerechnet. Vorliegend betrug der nach § 55 Abs. 1 der Satzung von der Risikogruppe 3 (Obst und Gemüse im Freiland, Hopfen, Tabak und Christbäume) insgesamt zu tragende Aufwand zur Umlage 2013 25.218.443,03 Euro. Das vorläufige Beitragsaufkommen betrug 71.434.916,64 Euro. Der zu tragende Aufwand dividiert durch das vorläufige Beitragsaufkommen (25.218.443,03 Euro : 71.434.916,64 Euro) ergab den Risikogruppenfaktor 0,36. Auf Produktionsverfahrensebene wurde ein Faktor von 3,15 errechnet (Aufwand = 244.599,01 Euro) dividiert durch vorläufiges Beitragsaufkommen (77.705,75 Euro). 
Bei den vom Kläger bewirtschafteten 8,292 HA Obstbau wurden 10,2164 BER je HA zugrunde gelegt. Insgesamt wurden 847,1439 BER errechnet. Da eine BER 10 Arbeitsstunden entspricht, bedeutet dies auf Stunden umgerechnet ca. 8471 Stunden für die ca. 83 HA große Obstbaufläche. Von dem Kläger wurden für 2013 für Angestellte und Saisonarbeitskräfte insgesamt 12.309 Stunden angegeben.

Gegen den Bescheid vom 27.05.2014 legte der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2014 am 24.06.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, sein Widerspruch richte sich insbesondere gegen die Höhe der festgesetzten Unfallversicherungsbeiträge für das Produktionsverfahren „Obst, Gemüse, Hopfen, Tabak, Weihnachtsbaum“. Der Obstbau erfolge in seinem Betrieb ausschließlich durch den Einsatz von modernen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten. Die Arbeitserledigung werde durch qualifizierte Arbeitskräfte erledigt. Das Erntegut werde weder aufbereitet noch eingelagert, sondern ab Feld direkt an die Landkost-Konserven A. KG veräußert. Die mechanisierten Feldarbeitsgänge unterschieden sich in der Art und Umfang unwesentlich von denen des Produktionsverfahrens „Mähdrusch, Zuckerrübe“. Die Erhebung eines mehrfachen Unfallversicherungsbeitrages für das PV Obstbau halte er daher für unangemessen. 

Nach Erläuterung der Gründe für den angefochtenen Bescheid mit Schreiben vom 21.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2014 zurück. Mit dem am 09.02.2012 verabschiedeten Gesetz zur Neuordnung der Organisation der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung sei die Organisation der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung geändert und zum 01.01.2013 die „Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau“ errichtet worden. Sämtliche bis zum 31.12.2012 auf Länderebene bestandenen 8 landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sowie die Gartenbau-Berufsgenossenschaft seien zum 01.01.2013 in die SVLFG als bundesunmittelbare Körperschaft des Öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung eingegliedert worden. Der Gesetzgeber gebe der SVLFG als landwirtschaftlicher Berufsgenossenschaft in § 182 Abs. 2 SGB VII für die Beitragsbemessung einen Rahmen vor, innerhalb dessen die Selbstverwaltung im Wege der Satzungsautonomie den Beitragsmaßstab auswählen könne. Nach den gesetzlichen Vorgaben habe die Satzung bei der Festlegung der Berechnungsgrundlage die Unfallrisiken ausreichend zu berücksichtigen. Zusätzlich zu den Berechnungsgrundlagen könne die Satzung einen Mindestbeitrag und einen Grundbeitrag bestimmen. Zwischen den verschiedenen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften hätten bis zum 31.12.2012 für Unternehmen mit vergleichbarer Betriebsstruktur erhebliche Unterschiede in der Beitragsgestaltung bestanden. Ab dem Umlagejahr 2013 gelte anstelle der bisherigen regionalen Beitragsmaßstäbe erstmals der von der Selbstverwaltung der SVLFG beschlossene bundeseinheitliche Beitragsmaßstab. Die Berechnung des Beitrages erfolge auf der Grundlage des Arbeitsbedarfes als Abschätztarif zzgl. eines Grundbeitrages. Der Arbeitsbedarf werde nach dem Durchschnittsmaß der für das jeweilige Produktionsverfahren erforderlichen menschlichen Arbeit geschätzt. Bemessungsgrundlage für die Abschätzung des Arbeitsbedarfs sei bei Unternehmen der Bodenbewirtschaftung ohne Forst die Fläche in Hektar. Bei der überwiegenden Anzahl von Produktionsverfahren werde über einen Degressionsfaktor berücksichtigt, dass mit zunehmender Betriebsgröße die Arbeitszeit, z.B. je Hektar Fläche, abnehme. Vergleichbare Produktionsverfahren oder Betriebsformen seien zu Risikogruppen zusammengefasst worden. Innerhalb der Risikogruppen würden die Unternehmen/Unternehmensteile nach Produktionsverfahren differenziert. Die in einer Risikogruppe zusammengefassten Unternehmen finanzierten die Aufwendungen, die die Berufsgenossenschaft als Folgen von Versicherungsfällen in diesem Unternehmen zu leisten hatte, durch die Zahlung von Beiträgen grundsätzlich selbst (Verursacherprinzip). Dafür werde für jede Risikogruppe unter Berücksichtigung des jeweiligen Leistungsaufwandes ein Risikogruppenfaktor ermittelt. Für den Fall eines außergewöhnlichen Aufwandsgeschehens sehe die Satzung Regelungen für einen solidarischen Ausgleich zwischen den Risikogruppen vor. Innerhalb der Risikogruppen trügen die einzelnen Produktionsverfahren grundsätzlich die auf sie entfallenden Leistungsausgaben. Ergebe sich eine Unter- oder Überdeckung, werde diese auf 20 % begrenzt und die Differenz anteilig auf die anderen Produktionsverfahren der Risikogruppe verteilt. Der Beitrag je Produktionsverfahren berechne sich aus der Multiplikation der festgestellten BER mit dem Hebesatz, dem Risikogruppenfaktor sowie dem Risikofaktor Produktionsverfahren. Um unbillige Beitragsverwerfungen zu vermeiden, habe die Vertreterversammlung eine Härtefallregelung in die Satzung aufgenommen. Danach werde für Unternehmer, deren Beitrag nach erfolgter Beitragsangleichung und gleichbleibenden Betriebsverhältnissen im jeweiligen Umlagejahr mindestens 300,00 Euro betrage und 70 v.H. des Vorjahresbeitrages übersteige, die Erhöhung auf 70 % begrenzt. Wegen des weiteren Inhalts des den Beteiligten bekannten Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 wird auf Bl. 126 ff. der Verwaltungsakte verwiesen.

Dagegen hat der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 19.01.2015 Klage erhoben. 

Da der Obstbau durch den Kläger nahezu fast ausschließlich durch Einsatz maschineller Mittel erfolge, sei zwingend eine abweichende tarifliche Einordnung vorzunehmen. Im Vergleich zum konventionellen Obstanbau, welcher insbesondere durch die höchst unfallträchtige Ernte per Hand auf Leitern in großer Höhe o.ä. geprägt sei, sei aufgrund der nahezu ausschließlich maschinellen Arbeiten im klägerischen Betrieb von einem erheblich niedrigeren Unfallrisiko auszugehen. Auch erfolge Baumpflege gemessen am Gesamtvolumen des anfallenden Aufwandes zu ca. 50 % in rein maschineller Weise, ohne dass ein Mitarbeiter des Klägers den Baum etwa über eine Leiter o.ä. besteigen müsse. Es finde vorliegend eine Gleichbehandlung von völlig unterschiedlichen Sachverhalten statt, wobei der Kläger mit seiner risikoarmen Produktion das Unfallrisiko der risikohohen Produktion betragen solle. Soweit die Festsetzung der Beitragsbemessung anhand von Produktionsverfahren und Arbeitszeitansätzen erfolgt sei, seien die in diesem Gutachten getroffenen Feststellungen fehlerhaft und nicht nachvollziehbar. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte beispielsweise beim Gemüse in der Risikogruppe 3 sehr wohl nach unterschiedlich risikoträchtigen Ernte- und Aufbereitungsmethoden unterscheide. Leider gelte dies allerdings nur für den Gemüseanbau. So werde in Bezug auf Gemüse beispielsweise beim Industriegemüse zwischen händischer Ernte/Aufbereitung und voll mechanischer Ernte ohne weitere Aufbereitung unterschieden. Eine solche Unterscheide erfolge beim Obstanbau jedoch gerade nicht. Es würden lediglich die Einordnungen Obstanbau mit mechanischer Ernteunterstützung sowie Baumobst und Beerenobst vorgenommen. Hierbei falle auf, dass hier lediglich von mechanischer Ernteunterstützung ausgegangen werde. Dies entspreche jedoch nicht der Produktionsrealität auf dem klägerischen Betrieb. Im Betrieb des Klägers würden die 82,92 HA Baumobst allein durch zwei Festangestellte und einige Saisonarbeitskräfte gepflegt und geerntet. Die Jahresarbeitsstunden beliefen sich dabei lediglich im Jahr 2013 auf 4134 Stunden bzgl. der Festangestellten und 8175 Stunden bzgl. der Saisonkräfte, in 2014 auf 4700 Stunden bzgl. der Festangestellten und auf 7460 Stunden bzgl. der Saisonkräfte.

Er beantragt daher,

den Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 27.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide.

Das Gericht hat mit den Beteiligten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vom 24.11.2015 den Sachverhalt erörtert. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2015 verwiesen.

Die Kammer hat den Beteiligten zudem ermöglicht, abschließend bis zum 21. Januar 2015 Stellung zu nehmen. Wegen des Ergebnisses wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 15.01.2016 und den der anwaltlichen Vertretung des Klägers vom 19.01.2016 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Behördenvorgang (1 Hefter) Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 24.11.2015 ihr entsprechendes Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Insbesondere stellt der hier angefochtene Bescheid vom 27.05.2014 nicht lediglich eine begünstigende Regelung dar, weil er erstmals eine Minderung in Höhe von 354,36 Euro berücksichtigt, nachdem zuvor durch vorerwähnte Bescheide jeweils ein höherer Beitrag festgesetzt war. Denn er setzt den Zahlbetrag neu fest, so dass aus ihm vollstreckt werden kann, und löst damit die vorausgegangenen Bescheide dasselbe Umlagejahr betreffend ab.

Die Klage ist indes nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. 

In der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung werden die Mittel der Berufsgenossenschaft durch Beiträge der Unternehmer aufgebracht (§ 183 SGG i.V.m. § 150 Abs. 1 Satz 1 SGG VII). Die Berechnung der Beiträge wird nach § 183 Abs. 2 SGB VII in der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung durch die Satzung der Berufsgenossenschaft bestimmt. 

Die hier maßgebliche Satzung bestimmt in ihrem § 40, dass die Beiträge für die dort genannten Unternehmen und Unternehmensteile nach dem Arbeitsbedarf als Abschätztarif (§ 41 der Satzung) berechnet werden. Bei Unternehmen der Bodenbewirtschaftung ohne Forst ist die Bemessungsgrundlage die Fläche in Hektar (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1). Nach § 47 der Satzung werden zur Berücksichtigung des Unfallrisikos Risikogruppen gebildet, in denen Unternehmen mit vergleichbaren Produktionsverfahren oder vergleichbaren Betriebsformen zusammenzufassen sind. Unter § 47 Abs. 3 Nr. 3 sind Obst und Gemüse im Freiland, Hopfen, Tabak und Christbäume in einer Risikogruppe zusammengefasst. Es gibt darüber hinaus außerhalb der Tierhaltung u.ä. die Risikogruppen Ackerbau (Nr. 1), Grünland (Nr. 2), geschützter gärtnerischer Anbau (Nr. 4), Weinbau (Nr. 5), Forst (Nr. 6) o.ä. Nach § 49 der Satzung wird der Beitrag je Produktionsverfahren aus der Multiplikation der festgestellten Berechnungseinheiten mit dem Hebelsatz, dem Risikogruppenfaktor, dem Korrekturfaktor Risikogruppe und dem Risikofaktor Produktionsverfahren berechnet. Den von der Beklagten verwandten zur Beitragsberechnung herangezogenen Arbeitsbedarf als Maßstab hat der Gesetzgeber in § 182 Abs. 2 SGB VII ausdrücklich als eine der möglichen Berechnungsgrundlagen für Beiträge zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung aufgeführt. Der Gesetzgeber überlasst die (weitere) Wahl und die Ausgestaltung des Berechnungsmaßstabes der Selbstverwaltung. Er gibt indes in § 182 Abs. 2 Satz 2 SGB VII vor, dass diese bei der Festlegung der Berechnungsgrundlagen die Unfallrisiken in dem Unternehmen ausreichend zu berücksichtigen hat und die Berufsgenossenschaft hierzu einen Gefahrtarif aufstellen kann. Dem wird die Satzung der Beklagten gerecht, indem sie die Bildung von Risikogruppen sowie die Berücksichtigung des solidarischen Ausgleichs vorsieht. Die Bildung der Risikogruppen ist rechtlich nicht zu beanstanden, soweit sie der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Satzung ist als autonom gesetztes objektives Recht durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nur daraufhin zu überprüfen, ob sie mit dem Gesetz, auf dem die Ermächtigung des Satzungsgebers beruht und mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. BSG, 20.02.2001, B 2 U 2/00 R – juris). 

Was die Bildung der Risikogruppen betrifft, ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass der Obstanbau des Klägers beim Obstanbau mit mechanischer Ernteunterstützung eingegliedert ist und nicht entsprechend der Regelung für Industriegemüse eine Privilegierung bei Betrieben mit vollmechanischer Ernte ohne weitere Aufbereitung vorgenommen wird. Diese Regelung verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der Gleichheitssatz ist u.a. dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte – bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich und seiner Eigenart – ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (vgl. Bundesverfassungsgericht-Kammer-, 03.07.2007 – 1 BVR 1696/03 -, juris). Es unterliegt zunächst keinen Bedenken, dass die Beklagte eine Risikogruppe „Obstanbau mit mechanischer Ernteunterstützung“ gebildet und dabei u.a. die Mostäpfel, die schwarzen Johannesbeeren, die Walnüsse, die Haselnüsse, die Sauerkirschen und die Mirabellen zusammengefasst hat. In Abgrenzung dazu hat sie Baumobst und Beerenobst gesondert berücksichtigt. Eine hinzunehmende Ungleichbehandlung sieht die Kammer indes in dem Umstand, dass anders als es im Hinblick auf das Industriegemüse möglich wäre, die vollmechanische Ernte, wie sie im klägerischen Betrieb vorgenommen wird, keine Berücksichtigung finden kann. Denn die Ungleichbehandlung ist auf der Grundlage einer zulässigen Typisierung und Pauschalierung gerechtfertigt (vgl. insofern Bundesverfassungsgericht – Kammer 06.04.2011 – 1 BVR 1765/09 -, juris). Vorschriften, die Massenvorgänge betreffen, dürfen, um praktikabel zu sein, typisieren und damit in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die ungleiche Wirkung darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit stehen. Außerdem darf die gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (vgl. Bundesverfassungsgericht, 06.04.2011, a.a.O., mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Vorliegend sind Betriebe wie die des Klägers, wie sich aus den Akten der Beklagten ergibt, nur in unbedeutender Zahl vorhanden. Das für die Berechnungen erforderliche statistische Zahlenmaterial ist bei der Vielzahl der Tätigkeiten der Versicherten in einer arbeitsteiligen Wirtschaft nur schwer fassbar und die Meldung der Unternehmen von den Versicherungsträgern nur sehr begrenzt kontrollierbar. Dem darf die Beklagte durch eine gröbere Tarifbildung begegnen (vgl. dazu Bundesverfassungsgericht, 03.07.2007, a.a.O.). Jeder Besonderheit eines Betriebes kann eine Satzung einer Berufsgenossenschaft nicht gerecht werden. So begegnet es keinen Bedenken, den klägerischen Betrieb in der Risikogruppe 3 (Obst und Gemüse im Freiland, Hopfen, Tabak und Christbäume) zuzuordnen und im Rahmen der Ermittlungen der Berechnungseinheiten diesen bei dem Obstanbau mit mechanischer Ernteunterstützung zu berücksichtigen. Fände hier eine weitere Unterteilung in der Form statt, dass Obstanbau mit vollmechanischer Ernte Einfluss fände, so käme dies angesichts der geringen Zahl der betroffenen Betriebe bereits einer Einzelfallregelung nahe. Zwar wäre es im Rahmen der Satzung denkbar, den Obstanbau mit vollmechanischer Ernte ohne weitere Aufbereitung gemeinsam mit dem entsprechenden Industriegemüse oder entsprechend zu regeln. Ob aber eine andere Gliederung des Tarifes naheliegender wäre, hat die Kammer vor dem Hintergrund des weiten Gestaltungsspielraumes der Beklagten nicht zu überprüfen. 

Im Übrigen folgt die Kammer den Feststellungen und Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid und sieht insofern von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG). Für die Kammer ist dargetan, dass die Zusammenfassung des Obstbaus sachgerecht ist und es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn eine Gruppenbildung „vollmechanische Ernte“ nicht vorgenommen wird. Je differenzierter Kulturarten und Produktionsprozesse differenziert werden, desto größer sind Ermittlung und Erfassung sowie Abgrenzungsprobleme. Dem begegnet die Beklagte mit ihrer Satzung.

Die Kalkulation des Unfallversicherungsbeitrages für das Umlagejahr 2013 unterliegt keinen Bedenken; die Kammer legt zugrunde, dass die erhobenen Zahlen – soweit schon feststellbar – der Realität entsprechen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Vorliegend begehrt der Kläger die Aufhebung des Beitragsbescheides, so dass das wirtschaftliche Interesse der Höhe der Beitragsforderung entspricht.

Rechtskraft
Aus
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