L 15 AS 303/21

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 53 AS 1317/19
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 AS 303/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Bei der einvernehmlichen Festlegung der Gültigkeitsdauer einer Eingliederungsvereinbarung (hier: Bemessung bis auf weiteres mit einer Überprüfung nach spätestens 6 Monaten) hat der Leistungsträger - anders als bei Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes - kein Ermessen auszuüben.

 

I. Auf die Berufung des Beklagten hin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. September 2020 aufgehoben und die Klage
abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.


T a t b e s t a n d :

Zwischen den Beteiligten ist eine Minderung der der Klägerin und Berufungsbeklagten (Klägerin) vom Beklagten und Berufungskläger (Beklagter) gewährten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Höhe von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs für den Zeitraum 1. März 2019 bis 31. Mai 2019 aufgrund einer Sanktion wegen unterlassener Bewerbungen strittig.

Die im August 1965 geborene Klägerin steht zusammen mit ihrem im Jahr 2010 geborenen Sohn A seit Jahren im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II beim Beklagten.

Am 29. Juni 2018 schlossen die Klägerin und der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung. Diese sei "ab 29. Juni 2018 bis auf weiteres" gültig, solange alle Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II vorlägen oder eine Betreuung durch das Jobcenter vereinbart worden sei, die über das Ende der Hilfebedürftigkeit hinausgehe. Als Ziele werden die Integration in den 1. Arbeitsmarkt und die angemessene Verringerung der Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung angegeben. Die Unterstützung durch den Beklagten bestehe in dem Unterbreiten von Stelleninformationen und Vermittlungsvorschlägen, soweit geeignete Stellenangebote vorlägen, der anonymen Veröffentlichung des Bewerberprofils der Klägerin in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit, finanziellen Leistungen aus dem Vermittlungsbudget mit 5.- Euro pro nachgewiesener, schriftlich erstellter und postalisch versandter Bewerbung bis zu 260.- Euro im Jahr und durch die Übernahme von Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen nach vorheriger Antragstellung und Nachweis.

Unter dem Stichwort "Zur Integration in Arbeit" ist Folgendes festgehalten: "Klärung des weiteren Vorgehens mit dem Kind bis Mitte August. D. h. Vorsprache bei Jugendamt, Psychologen bzw. Ärzten des Kinds sowie Schule oder Psychologen oder Ärzte der Kundin. Im Anschluss Teilnahme an einer Maßnahme zur Weiterbildung als Betreuungsassistentin oder Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit...". Die Klägerin habe mindestens 8 schriftliche Bewerbungen pro Monat um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und hierüber jeweils zum 3. Werktag des folgenden Monats, erstmalig zum 4. Oktober 2018 für den Monat September 2018, in der Folge zum 6. November 2018, zum 5. Dezember 2018 usw. einen schriftlichen Nachweis unter Beifügung der Bewerbungsanschreiben und gegebenenfalls erfolgter schriftlicher Absagen, Zwischenbescheide, Eingangsbestätigungen etc. unaufgefordert beim zuständigen Arbeitsvermittler vorzulegen. Bewerbungen aufgrund von übersandten oder ausgehändigten Stelleninformationen oder Vermittlungsvorschlägen der Bundesagentur für Arbeit oder des Beklagten zählten nicht zu den durch die Klägerin regelmäßig nachzuweisenden Eigenbemühungen. Auch habe sich die Klägerin zeitnah (spätestens am 3. Tag nach Zugang) auf Stellenangebote oder Vermittlungsvorschläge zu bewerben, die sie von der Agentur für Arbeit oder dem Beklagten erhalte. Als Nachweis für unternommene Bewerbungen habe die Klägerin die dem Stellenangebot oder dem Vermittlungsvorschlag beigefügte Antwortmöglichkeit auszufüllen und diese zusammen mit einer Kopie des Bewerbungsanschreibens dem zuständigen Arbeitsvermittler unaufgefordert vorzulegen. Termine beim Beklagten seien wahrzunehmen, hierzu sei ein pünktliches Erscheinen erforderlich. Veränderungen seien anzuzeigen.

Unter der Ziffer 6. "Fortschreibung dieser Eingliederungsvereinbarung" ist vereinbart, dass die Eingliederungsvereinbarung regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von 6 Monaten, gemeinsam überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werde. Sollte aufgrund von wesentlichen Änderungen in den persönlichen Verhältnissen der Klägerin eine Anpassung der vereinbarten Maßnahmen, Leistungen des Jobcenters und der Pflichten der Klägerin erforderlich sein, seien sich beide Vertragsparteien darüber einig, dass eine Fortschreibung dieser Eingliederungsvereinbarung erfolgen solle. Das gleiche gelte, wenn das Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt nur aufgrund von Anpassungen und Änderungen dieser Vereinbarung erreicht bzw. beschleunigt werden könne.

Die Eingliederungsvereinbarung enthält eine Rechtsfolgenbelehrung, wonach das der Klägerin zustehende Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von 30 % des für sie maßgebenden Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II gemindert werde, wenn die Klägerin erstmals gegen die mit ihr vereinbarten vorgenannten Pflichten oder Eingliederungsbemühungen verstoße. Die Minderung dauere 3 Monate (Sanktionszeitraum) und beginne mit dem Kalendermonat nach Zugang des Sanktionsbescheids. Eine Pflichtverletzung liege nicht vor, wenn die Klägerin für ihr Verhalten einen wichtigen Grund darlegen und nachweisen könne.

Unter dem Stichwort "Einverständniserklärung" ist festgehalten, dass die Eingliederungsvereinbarung mit der Klägerin besprochen worden sei. Die Klägerin sei mit den vereinbarten Aktivitäten einverstanden und verpflichtete sich, diese einzuhalten.

Aus den verbis - Vermerken geht hervor, dass die Klägerin über ihren verhaltensauffälligen Sohn berichtet habe, der sich in psychologischer Behandlung befinde. Sie sei psychisch am Ende und überlege, ob sie ihren Sohn nicht in staatliche Obhut geben solle. Insoweit stehe sie bereits mit dem Jugendamt in Verbindung. Eine Entscheidung darüber deute sich Ende August an, wenn das Abschlussgespräch mit Psychologen und Ärzten des Sohnes anstehe. Aufgrund der Belastung mit dem Sohn könne sie nicht arbeiten. Aus einem ärztlichen Gutachten gehe hervor, dass sie zwischen 3 bis unter 6 Stunden wöchentlich arbeiten dürfe. Die Klägerin habe erklärt, dass sie nicht putzen gehen wolle, da dies unter ihrer Würde sei. Dazu kämen die hohen Fahrtkosten zu den Arbeitsstellen. Der Klägerin sei klargemacht worden, dass das Ziel die Verringerung bzw. die Beseitigung der Hilfebedürftigkeit sei und grundsätzlich jede Arbeit angenommen werden müsse. Die Klägerin habe angegeben, eventuell Interesse an der Alltagsbetreuung bzw. Betreuungsassistenz zu haben. Auf Nachfrage hat die Klägerin erklärt, hieran grundsätzlich noch Interesse zu haben. Sie würde dies gerne Ende August, nach Klärung der Sachlage mit dem Sohn, in Angriff nehmen. Traumberuf der Klägerin, so die Klägerin, sei der Beruf der Synchronsprecherin. Insoweit interessiere sie sich sehr für eine Ausbildung. Die Klägerin wurde daraufhin vom Beklagten gebeten, sich erst einmal selbst näher zu informieren, da der Anschein gemacht worden sei, dass sich die Klägerin noch nicht damit auseinandergesetzt habe. Die Klägerin sei auf kursnet und berufenet verwiesen worden. Daraufhin sei die Eingliederungsvereinbarung angepasst worden.

Mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 hörte der Beklagte die Klägerin zum möglichen Eintritt einer Sanktion an. In der Eingliederungsvereinbarung sei vereinbart worden, dass die Klägerin mindestens 8 schriftliche Bewerbungen pro Monat unternehme und entsprechende Nachweise vorlege. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin dieser Vereinbarung nicht nachgekommen sei, da keine Eigenbemühungen nachgewiesen worden seien. Die Minderung des Auszahlungsanspruchs betrage voraussichtlich 124,80 Euro monatlich. Mit Schreiben vom 7. Januar 2019 erfolgte eine weitere Anhörung der Klägerin, in der auf einen monatlichen Minderungsbetrag in Höhe von 127,20 Euro monatlich verwiesen wird.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrem Sohn für die Zeit vom 1. Dezember 2018 bis 31. Mai 2019 vorläufig Leistungen in Höhe eines monatlichen Gesamtbetrags von 683,91 Euro für den Monat Dezember 2018, 698,87 Euro für Januar 2019 und 768,22 Euro monatlich für Februar 2019 bis Mai 2019. Für den Zeitraum Februar 2019 bis Mai 2019 setzte der Beklagte dabei einen Regelbedarf von 424.- Euro für die Klägerin sowie 302.- Euro für ihren Sohn an.

Nachdem keine Rückmeldung der Klägerin auf die Anhörungen erfolgte, stellte der Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 1. Februar 2019 für die Zeit vom 1. März 2019 bis 31. Mai 2019 eine Minderung des Arbeitslosengeldes II monatlich um 30 % des maßgebenden Regelbedarfs, höchstens jedoch in Höhe des der Klägerin zustehenden Gesamtbedarfs, fest. Das Arbeitslosengeld II mindere sich um 127,20 Euro monatlich. Von der Minderung sei der Regelbedarf betroffen. Der vorangegangene Bewilligungsbescheid vom 11. Dezember 2018 werde insoweit für die Zeit vom 1. März 2019 bis 31. Mai 2019 in Höhe der oben genannten Minderung aufgehoben.

Zur Begründung ist ausgeführt, in der Eingliederungsvereinbarung vom 29. Juni 2018 sei vereinbart worden, dass die Klägerin acht schriftliche Bewerbungen pro Monat als selbstständige Bemühungen zur Aufnahme einer Arbeit nachweisen müsse. Die Klägerin sei trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen der Vereinbarung nicht nachgekommen, da sie keine Eigenbemühungen nachgewiesen habe. Auf die Anhörung habe die Klägerin nicht reagiert. Auch die vorhandenen Unterlagen ließen keinen wichtigen Grund erkennen.

Am 4. Februar 2019 ging bei dem Beklagten eine Stellungnahme der Klägerin zu dem Anhörungsschreiben des Beklagten ein, wonach sie aufgrund einer chronischen Erkrankung, die sie leider erst Mitte April mit einem Attest nachweisen könne, nicht in der Lage sei, den Forderungen zu entsprechen. Seit Anfang November habe sie eine Aussicht auf eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Haushälterin. Die Stelle werde ab Anfang Mai frei.

Mit Schreiben vom 19. Februar 2019 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 1. Februar 2019 ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Klägerin habe in der Vergangenheit Erwerbseinkünfte erwirtschaftet, die auf die Leistungen angerechnet worden seien. Schriftliche Bewerbungen seien in der Vergangenheit allenfalls deshalb nicht erfolgt, weil die Klägerin einerseits krank, andererseits eine verbindliche Festanstellung als Haushälterin in Aussicht habe. Diese Umstände seien im Rahmen der Anhörung zur Sprache gekommen. Es erscheine daher nicht berechtigt, die Leistungen der Klägerin zu kürzen, noch dazu zum Höchstsatz, da die Klägerin existenziell auf diese Leistungen angewiesen sei, zumal sie ein schulpflichtiges Kind zu versorgen habe.

Zugleich hat die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht München (SG) gestellt (Az. S 41 AS 385/19 ER), der mit Beschluss vom 14. März 2019 abgelehnt wurde. Die hiergegen erhobene Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht wurde mit Beschluss vom 16. April 2019 (Az. L 7 AS 237/19 B ER) zurückgewiesen.

Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 4. Juni 2019 zurückgewiesen. Die Klägerin sei aufgrund der Eingliederungsvereinbarung wirksam verpflichtet, monatliche Bewerbungsbemühungen in einem zumutbaren Umfang von acht Bewerbungen vorzunehmen und nachzuweisen. Dieser Verpflichtung sei sie nicht nachgekommen. Dies stelle eine Pflichtverletzung dar. Einen wichtigen Grund hierfür habe sie nicht gehabt. Nachweise für Krankheitszeiten im entscheidungserheblichen Zeitraum habe die Klägerin nicht vorgelegt. Auch sei die Behauptung, ab Mai 2019 eventuell eine Arbeit in Aussicht zu haben, kein wichtiger Grund, sich schon im September 2018 nicht mehr um andere Arbeit zu bemühen.

Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für die Klägerin und ihren Sohn Klage zum Sozialgericht München unter dem Az. S 53 AS 1317/19 erhoben und vorgetragen, die Sanktionierung sei rechtswidrig und unverhältnismäßig. Bereits ab Juni 2018 sei die Klägerin von einem im Hause lebenden Mitmieter bedroht und genötigt worden, der einen Großbrand in der benachbarten Scheune gelegt habe. Unter den damaligen Umständen sei die Klägerin psychisch nicht in der Lage gewesen, monatlich 8 Bewerbungen auszubringen. Sie habe auch ein schwierig zu erziehendes Kind zu betreuen gehabt. Ab Oktober 2018 stünden weitere AU-Bescheinigungen zur Verfügung. Für Januar, Februar und März 2019 seien AU-Bescheinigungen vorgelegt worden, woraus ersichtlich sei, dass die Klägerin keine Bewerbungen ausbringen konnte. Es sei eine schwere Depression der Klägerin mit chronifizierten psychosozialen Problemen ärztlich attestiert, die sie zeitweise hindere, Büroarbeit zu verrichten. Hierüber werde noch ein weiteres ärztliches Attest nachgereicht. Es liege daher ein wichtiger Grund für die Nichtvornahme von Bewerbungen ab Oktober 2018 vor. Darüber hinaus habe die Familie L der Klägerin den Abschluss eines Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt. Darauf habe sie sich verlassen und auch deswegen keine Bewerbungen mehr ausgebracht. Auch erscheine die Verhängung einer Sanktion für die Dauer von 3 Monaten unverhältnismäßig. Der Vermieter sei bereits in größter Sorge, weil die Miete rückständig sei. Auch seien auf ihre Leistungen Einkünfte angerechnet worden, die sie gar nicht erwirtschaftet habe.

Der Beklagte hat auf den Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. April 2019 mit dem Az. L 7 AS 237/19 B ER verwiesen. Ohne nähere Substantiierung und ohne Nachweise seien gesundheitliche Einschränkungen der Klägerin vorgetragen worden. Gewisse gesundheitliche Einschränkungen lägen tatsächlich vor und seien im April 2018 aufgeklärt worden. Die Klägerin sei aber erwerbsfähig und deshalb zu Eigenbemühungen zur Integration in den Arbeitsmarkt verpflichtet. Es sei nicht ersichtlich, dass sie im entscheidungserheblichen Zeitraum keine Bewerbungen habe vornehmen können. Er hat das ärztliche Gutachten vom 9. April 2018 von A1 von der Agentur für Arbeit W vorgelegt, wonach die Klägerin täglich 3 bis unter 6 Stunden leistungsfähig sei. Auf eine schmerzhafte Reizung an der rechten Hand und am linken Fuß wurde hingewiesen, die Belastbarkeit des Bewegungsapparats sei vorläufig eingeschränkt.

Aktenkundig wurde ein Befundbericht der Neurologin und Psychiaterin K vom 17. April 2019, aus der als Diagnose ein schweres depressives Syndrom hervorgeht. Die Erwerbsfähigkeit sei gefährdet.

In der mündlichen Verhandlung am 29. September 2020 hat die anwaltlich vertretene Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten beantragt, den Bescheid vom 1. Februar 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 4. Juni 2019 aufzuheben. Die Klage des Sohnes der Klägerin wurde für erledigt erklärt.

Mit Urteil vom selben Tag hat das SG den Bescheid vom 1. Dezember 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juni 2019 aufgehoben. Der auf der Eingliederungsvereinbarung beruhende Bescheid sei rechtswidrig, da die Eingliederungsvereinbarung rechtswidrig sei. Insoweit sei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019, Az. 1 BvL 7/16, nicht die Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung erforderlich, sondern deren Rechtswidrigkeit ausreichend. Die hier vorliegende unbefristete Geltung der Eingliederungsvereinbarung bis auf weiteres setze voraus, dass sie von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen sei. Das ausgeübte Ermessen müsse sich auch darauf beziehen, dass und warum ein unbefristeter Geltungszeitraum gewählt worden sei. Der Hinweis, dass die Eingliederungsvereinbarung regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von 6 Monaten gemeinsam überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werde, stelle keine Ermessensausübung dahingehend dar, dass und warum von einer unbefristeten Geltungsdauer Gebrauch gemacht worden sei. Diese Grundsätze würden nicht nur für einen Eingliederungsverwaltungsakt, sondern auch für die einvernehmlich abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung gelten. Die für den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt entwickelten Grundsätze müssten auch für die Grundregel der Eingliederungsvereinbarung gelten. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass dieses Urteil nicht mit der Berufung angefochten werden könne, weil sie gesetzlich ausgeschlossen und vom Sozialgericht nicht zugelassen worden sei.

Mit Schreiben vom 3. November 2020 hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das am 5. Oktober 2020 zugestellte Urteil eingelegt. Das angefochtene Urteil stehe in einem tragenden Grund in Divergenz zum Urteil des BSG vom 23. Juni 2016, Az. B 14 AS 30/15 R. Danach sei eine Eingliederungsvereinbarung wirksam, wenn sie nicht nichtig sei. Eine darüber hinausgehende Rechtswidrigkeitsprüfung erfolge nicht. Die im Urteil als rechtswidrig angesehene begründungslose unbefristete Geltungsdauer der Eingliederungsvereinbarung mit Überprüfungsklausel führe jedoch auch nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht zur Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung. Das SG habe auch keine anderen Gründe festgestellt, aufgrund deren der streitige Sanktionsbescheid rechtswidrig wäre. Es liege auch eine grundsätzliche Bedeutung vor angesichts der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 5. November 2019 in Rn. 20, wonach es sich bei der Eingliederungsvereinbarung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handele, der durch einen Verwaltungsakt ersetzt werden könne; sei dieser rechtswidrig, könne er eine Sanktion nicht rechtfertigen. Auch stelle sich die grundsätzliche Frage, ob eine Eingliederungsvereinbarung auch dann rechtmäßig sei, wenn sie keine Ausführungen zur Begründung der Geltungsdauer enthalte.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie durch eine chronische, durch Atteste belegte Erkrankung gehindert gewesen sei, die gegenständlichen Bewerbungen auszubringen. Auch habe ein Psychopath die Klägerin erheblich in ihrem Wirkungskreis beeinträchtigt. Dieser habe einen Großbrand in der benachbarten Scheune gelegt, wodurch die Klägerin und ihr Sohn, der an Diabetes leide und besonderer Ernährung bedürfe, traumatisiert worden seien. Erneut wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin einen potentiellen Arbeitgeber hatte, der ihr die schriftliche Zusage gegeben habe, sie im Mai 2019 als Haushälterin sozialversicherungspflichtig fest anzustellen. Es hätte daher keinen Sinn gehabt, sich auf anderweitige Arbeitsstellen zu bemühen. Dieses Arbeitsfeld sei in der Nähe ihres Wohnsitzes und für die alleinerziehende Klägerin daher besonders günstig gewesen. Angesichts dieser Umstände sei die Verhängung einer Sanktion im Höchstmaß von 30 % für die Dauer von 3 Monaten jedenfalls unverhältnismäßig. Im Übrigen sei die Eingliederungsvereinbarung mangels Ermessensausübung nicht nur rechtswidrig, sondern sogar auch nichtig.

Mit Beschluss vom 2. Juni 2021 hat der Senat die Berufung zugelassen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. September 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten des Beklagten, des Bayerischen Landessozialgerichts (Az. L 7 AS 237/19 B ER) und des SG (Az. S 53 AS 1317/19 und S 41 AS 385/19 ER) verwiesen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. September 2020 war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch den Beschluss des Senats vom 2. Juni 2021 zulässig.

Die Klage ist als Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 1. Februar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juni 2019 gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Zu prüfen ist im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage nur, ob die Sanktionsentscheidung des Beklagten (Minderung des Arbeitslosengeldes II monatlich um 127,20 Euro für die Zeit vom 1. März 2019 bis 31. Mai 2019) sowie die dementsprechende Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 11. Dezember 2018 für die Zeit vom 1. März 2019 bis 31. Mai 2019) rechtswidrig ist und die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt wird, nicht aber, ob der Klägerin aus anderen Gründen im streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen nach dem SGB II zustehen. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat durch ihren Bevollmächtigten zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausschließlich die Aufhebung des Bescheids vom 1. Februar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juni 2019 beantragt und nicht mehr darüber hinaus im Wege der Leistungsklage höhere Leistungen beansprucht. Diese ursprünglich noch erhobene allgemeine Leistungsklage wurde damit konkludent zurückgenommen. Dementsprechend liegt auch keine Entscheidung des SG über einen Anspruch der Klägerin auf höhere Leistungen nach dem SGB II aus anderen Gründen, insbesondere aufgrund einer im Vorfeld geltend gemachten unzutreffenden Anrechnung von Einkommen der Klägerin in den Monaten Januar 2019 bis März 2019 vor. Insoweit fehlt es damit schon an einer erstinstanzlichen Entscheidung, die im Rahmen des Berufungsverfahrens überprüft werden könnte.

Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Der Sanktionsbescheid vom 1. Februar 2019 ist formell rechtmäßig, insbesondere ist vorher eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt. Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den nach Auffassung der Beklagten für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die vom Beklagten vorgenommene Verhängung einer Sanktion in Höhe von 30 % des Regelbedarfs und die entsprechende teilweise Aufhebung des ALG II-Bewilligungsbescheids ist für die Klägerin ein belastender Verwaltungsakt. Eine Anhörung ist daher grundsätzlich erforderlich. Erhebliche Tatsachen sind all diejenigen, auf die die Behörde den Verfügungssatz des Bescheids zumindest auch gestützt hat oder auf die es nach ihrer materiell-rechtlichen Ansicht objektiv ankommt. Hierbei ist es unerheblich, ob die Ansicht der Behörde zutrifft, ob also die Rechtsgrundlage, auf die sie sich stützen will, tatsächlich eingreift (von Wulffen, SGB X, § 24 Rn. 9). Hieraus folgt, dass eine Anhörung nicht etwa deshalb nicht vorliegt, weil die Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt wird, solange die Anhörung alle Tatsachen umfasst hat, die für jede Rechtsgrundlage relevant sind (LSG Baden-Württemberg, L 3 AS 1807/11).

Die Anhörung der Klägerin durch die Beklagte mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 und 7. Januar 2019 war insoweit ausreichend. Der Klägerin wurde in Bezug auf alle nach Auffassung des Beklagten wesentlichen Umstände angehört, nämlich im Hinblick auf die Absicht des Beklagten gegen die Klägerin eine Sanktion in Höhe von 30 % des Regelbedarfs zu verhängen, da sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen entgegen ihrer aus der Eingliederungsvereinbarung resultierenden Verpflichtung keinen Nachweis über von ihr vorgenommene Bewerbungen vorgelegt habe. Mit Schreiben vom 7. Januar 2019 wurde der ursprünglich falsch angegebene Kürzungsbetrag korrigiert. Die fehlende Anhörung zum Vorliegen eines wichtigen Grundes wurde mit heilender Wirkung im Widerspruchsverfahren nachgeholt (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch 10. Buch - SGB X).

2. Die angefochtenen Bescheide stehen in Einklang mit den vom Beklagten herangezogenen einfachgesetzlichen Regelungen der §§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2; 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 31b Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II idF der ab 1.4.2011 geltenden Neubekanntmachung vom 13.5.2011 (BGBl I 850).

Gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II mindert sich das Arbeitslosengeld II bei einer Pflichtverletzung nach § 31 in einer ersten Stufe um 30 % des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs für drei Monate beginnend mit dem Monat, der auf das Wirksamwerden des die Pflichtverletzung und die Rechtsfolge feststellenden Verwaltungsakts folgt (§ 31b Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II). Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigern, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 2 Satz 3 festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen (§ 31 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

Die Voraussetzungen dieser, dem streitgegenständlichen Sanktionsbescheid zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen sind erfüllt.

1. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung in Form der unterlassenen Bewerbungsbemühungen bis zum Ende des Sanktionszeitraums erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB II, da sie nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande war, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich für den Senat aus dem nachvollziehbaren Gutachten des A1 vom 9. April 2018. Die Klägerin hat keinen Befundbericht für den streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegt, aus der sich Abweichendes ergeben würde. Aus dem Befundbericht der Neurologin und Psychiaterin K vom 17. April 2019 geht nur hervor, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin aufgrund eines schweren depressiven Syndroms gefährdet sei. Eine Leistungsfähigkeit von nur noch unter 3 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wird hingegen hierin nicht bescheinigt. Der Senat geht auch nicht davon aus, dass die Klägerin selbst geltend macht, nicht erwerbsfähig gewesen zu sein. Sie selbst hat ihre gesundheitlichen Einschränkungen nicht als Beleg für eine fehlende Erwerbsfähigkeit gewertet, sondern nur als wichtigen Grund für das Unterlassen von Bewerbungsbemühungen.

2. Die Klägerin hat sich geweigert, die mit ihr in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarten Bewerbungsbemühungen nachzuweisen. Nach dem Wortsinn ist eine Weigerung die vorsätzliche gegenüber dem Leistungsträger oder ggf. dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die auferlegte Pflicht zu halten. Eine Weigerung kann also nur bei vorsätzlicher Ablehnung eines bestimmten Verhaltens bzw. bei willentlich gesteuerter Ablehnung, eine bestimmte Handlung vorzunehmen, gegeben sein und nicht bei Fahrlässigkeit. Eine Weigerung kann durch ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger bzw. dem potenziellen Arbeitgeber erfolgen oder aber auch durch schlüssiges Verhalten, dem der eindeutige Wille zu entnehmen ist, dass der Leistungsberechtigte zu den geforderten Handlungen, z.B. der Vornahme von Eigenbemühungen, nicht bereit ist. (Weber in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 31 Rn. 43, 44; Stand: 23.02.2021).

Nach der Eingliederungsvereinbarung hat die Klägerin mindestens acht schriftliche Bewerbungen pro Monat um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und hierüber jeweils zum 3. Werktag des folgenden Monats, erstmalig zum 4. Oktober 2018 für den Monat September 2018, in der Folge zum 6. November 2018, zum 5. Dezember 2018 usw. einen schriftlichen Nachweis unter Beifügung der Bewerbungsanschreiben und gegebenenfalls erfolgter schriftlicher Absagen, Zwischenbescheide, Eingangsbestätigungen etc. unaufgefordert beim zuständigen Arbeitsvermittler vorzulegen. Insoweit war beim Beklagten kein Eingang zu verzeichnen.

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Klägerin die Bewerbungsbemühungen vorsätzlich unterlassen hat. Ihr waren die Regelungen der Eingliederungsvereinbarung bekannt. Für eine bloße fahrlässige Außerachtlassung ihre Pflichten spricht auch angesichts ihrer Einlassungen im Anhörungsverfahren bzw. Widerspruchverfahren nichts. Hier hat sie nicht geltend gemacht, diese Verpflichtung vergessen zu haben o.ä. Vielmehr ist sie allenfalls davon ausgegangen, einen wichtigen Grund für ihr Verhalten zu haben. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Klägerin die individuelle Erkenntnismöglichkeit gehabt hat, das eigene Verhalten und die Rechtsfolgen zu reflektieren. Ansatzpunkte dafür, dass bei der Klägerin insoweit keine Einsichtsfähigkeit gegeben sein könnte, gibt es nicht. Der Klägerin war bewusst, dass sie durch ihr objektives Verhalten die von ihr verlangte Handlung, nämlich das Unternehmen von Bewerbungen, verweigerte. Insoweit lag bei ihr kein Irrtum vor. Ihr Irrtum, hierzu aufgrund eines in Wahrheit nicht vorliegenden wichtigen Grundes berechtigt zu sein, lässt die vorsätzliche Weigerung, der vereinbarten Unternehmung von Bewerbungen nachzukommen, nicht entfallen.

3. Die Verpflichtung zum Nachweis von Bewerbungsbemühungen beruht auf einer wirksamen Eingliederungsvereinbarung.

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheids ist die Wirksamkeit einer zugrundeliegenden Eingliederungsvereinbarung inzident mit zu überprüfen. Der Maßstab für die Prüfung einer in einer Eingliederungsvereinbarung bestimmten Obliegenheit folgt aus § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm dem Recht der öffentlich-rechtlichen Verträge nach
§§ 53 ff SGB X, denn Eingliederungsvereinbarungen sind ihrer Rechtsqualität nach öffentlich-rechtliche Verträge in der Form des subordinationsrechtlichen Austauschvertrags nach § 53 Abs 1 Satz 2, § 55 SGB X. Danach ist eine Eingliederungsvereinbarung wirksam, wenn sie nicht nichtig ist. Sie ist über die Prüfung, ob Nichtigkeitsgründe vorliegen, hinaus nicht auch darauf hin zu prüfen, ob sie rechtswidrig ist (vgl. BSG, Urteil vom 23.6.2016, Az. B 14 AS 30/15 R, in juris Rn. 16).

Der Senat schließt sich der Auffassung des BSG an. Bei einer Eingliederungsvereinbarung handelt es sich schon nach dem Wortlaut um einen Vertrag, der angesichts seines Regelungsgegenstandes notwendigerweise öffentlich-rechtlicher Natur sein muss. Öffentlich-rechtliche Verträge unterliegen aber einem anderen Prüfungsregime als einseitig von der Behörde erlassene Verwaltungsakte. Insoweit kommt nur nach den allgemeinen Regeln eine Nichtigkeitsprüfung in Betracht. Nur rechtswidrige, aber nicht nichtige öffentlich-rechtlicheVerträge entfalten demgegenüber Bindungswirkung zwischen den Beteiligten.

Die vom SG vertretene Rechtsauffassung, es müsse eine Rechtmäßigkeitsprüfung erfolgen, vermag den Senat damit nicht zu überzeugen.

Daran vermag auch der Hinweis auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 5. November 2019, Az. 1 BvL 7/16, in juris Rn. 20, nichts daran zu ändern. Das Bundesverfassungsgericht hat a.a.O. in Bezug auf die Eingliederungsvereinbarung Folgendes ausgeführt: "Es handelt sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der durch einen Verwaltungsakt ersetzt werden kann (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II in der Fassung vom 13. Mai 2011); ist er rechtswidrig, kann er eine Sanktion nach § 31a SGB II nicht rechtfertigen (vgl. LSG Hessen, Beschluss vom 29. September 2006 - L 9 AS 179/06 ER -, juris, Rn. 8; Berlit, in: Münder, LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 31 Rn. 19).

Inhaltlich vermögen diese Ausführungen den Senat nicht zu überzeugen, weil hierin ohne nähere Auseinandersetzung mit der abweichenden Auffassung des BSG eine systemwidrige Rechtmäßigkeitsprüfung postuliert wird. Eine solche findet bei öffentlich-rechtlichen Verträgen nach den Regeln der §§ 53 ff. SGB X nicht statt, sondern nur eine Nichtigkeitsprüfung. Auch in den angegebenen Fundstellen findet sich insoweit keine überzeugende Begründung. Die o.g. Entscheidung des LSG Hessen lässt insoweit jede Begründung vermissen. Soweit bei Münder a.a.O. ausgeführt ist, dass der Abschluss der Eingliederungsvereinbarung die fachliche Eignung der vereinbarten Maßnahmen unabhängig davon, ob bereits die Voraussetzungen des § 59 SGB X vorliegen, nicht der Inzidentprüfung, die der Minderung vorauszugehen hat, entzieht, vermag der Senat diese Ansicht nicht zu teilen. Dies ist mit dem gesetzlich vorgeschriebenen unterschiedlichen Prüfungsregime für Verwaltungsakte und öffentlich-rechtliche Verträge nicht vereinbar. Wenn abweichend von den allgemeinen Regelungen für Eingliederungsvereinbarungen eine allgemeine Rechtmäßigkeitsprüfung stattfinden sollte, hätte der Gesetzgeber dies nach Auffassung des Senats ausdrücklich regeln müssen.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das BSG einem Missbrauch der Rechtsform der Eingliederungsvereinbarung durch den Leistungsträger wirksam begegnet. So hat das BSG in seinem Urteil vom 23. Juni 2016, Az. B 14 AS 30/15 R, in juris, ausgeführt, dass die Nichtigkeit einer Eingliederungsvereinbarung wegen eines qualifizierten Rechtsverstoßes gegen ein gesetzliches Verbot i.S. des § 58 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch einen Formenmissbrauch naheliegt, wenn durch sie faktisch in der Form eines einseitig regelnden Verwaltungsakts gehandelt wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn bei Leistungen zur Eingliederung in Arbeit die Eignung und individuelle Lebenssituation des Leistungsempfängers nicht berücksichtigt werden oder die in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarten sanktionsbewehrten Obliegenheiten unangemessen im Verhältnis zu den vom Leistungsträger übernommenen Leistungsverpflichtungen sind. Der Senat ist davon überzeugt, dass mit diesem Instrumentarium ein systemkonformer Lösungsansatz vorliegt, der der auch hier gesehenen Asymmetrie in den Durchsetzungsmöglichkeiten eigener Ziele zwischen Leistungsempfänger und Leistungsträger beim Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung hinreichend und verfassungskonform Rechnung trägt.

Die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts haben für den Senat keine Bindungswirkung gemäß § 31 Abs. 1, 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG). Gemäß § 31 BVerfGG binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Danach müssen die sich aus dem Tenor und den tragenden Gründen der Entscheidung ergebenden Grundsätze für die Auslegung der Verfassung von den Gerichten und Behörden in künftigen Fällen beachtet werden. Die tragenden Entscheidungsgründe sind dabei jene Rechtssätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfällt. Nicht tragend sind dagegen bei Gelegenheit der Entscheidung gemachte Rechtsausführungen, die außerhalb des Begründungszusammenhangs stehen. Bei der Beurteilung, ob ein tragender Grund vorliegt, ist von der niedergelegten Begründung in ihrem objektiven Gehalt auszugehen (BVerwG, Urteil vom 23.1.2019 - 9 C 2/18 -, Juris, Rdnr. 29 unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 20.1.1966 - 1 BvR 140/62- BVerfGE 19, 377, 392; vom 10.6.1975 - 2 BvR 1018/74- BVerfGE 40, 88, 93, vom 16.3.2005 - 2 BvL 7/00- BVerfGE 112, 268, 277 und vom 8.9.2010 - 2 BvL 3/10- BVerfGK 18, 26, 29 f. sowie auf BVerfG, Beschluss vom 18.1.2006 - 2 BvR 2194/99- BVerfGE 115, 97, 110).

Das Zitat aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts findet sich im Rahmen der Darstellung der einfachgesetzlichen Rechtslage. Die Ausführungen stellen für die Entscheidung keine Grundsätze für die Auslegung der Verfassung auf, sondern sind eine nach Auffassung des Senats nicht zutreffende Darstellung der einfachgesetzlichen Rechtslage. Schließlich handelt es sich auch nicht um für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts tragende Gründe. Abgesehen davon, dass in dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fallgestaltung keine Eingliederungsvereinbarung, sondern ein Eingliederungsverwaltungsakt vorgelegen hat, steht das konkrete Entscheidungsergebnis in keinem Zusammenhang mit diesem Zitat.

Die Eingliederungsvereinbarung vom 29. Juni 2018 ist wirksam zustande gekommen. Die für einen Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien liegen vor (§ 61 Satz 2 SGB X i.V.m. §§ 145 ff BGB); das Schriftformerfordernis ist eingehalten (§ 56 SGB X); es geht um die Erbringung von Ermessensleistungen zur Eingliederung in Arbeit (§ 53 Abs. 2 SGB X, § 3 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III, § 16b SGB II).

Der Senat ist schon nicht davon überzeugt, dass die in der Eingliederungsvereinbarung vorgesehene Regelung zu deren Geltungsdauer "bis auf weiteres" angesichts der ebenfalls in der Eingliederungsvereinbarung enthaltenen Klausel, wonach diese regelmäßig, spätestens jedoch nach 6 Monaten gemeinsam überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben wird, zu einer Rechtswidrigkeit der Eingliederungsvereinbarung führen würde.

Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der maßgeblichen, ab 1. August 2016 geltenden Fassung soll die Eingliederungsvereinbarung regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von 6 Monaten gemeinsam überprüft und fortgeschrieben werden.

In der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung des § 15 SGB II (dort noch in § 15 Abs. 1 S. 3 SGB II geregelt) war im Sinne einer Regelbefristung vorgesehen, dass jede Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate abgeschlossen und dann eine neue vereinbart werden sollte. Entschloss sich bis dahin das Jobcenter, im Rahmen eines ersetzenden Verwaltungsakts von der Regelbefristung abzuweichen und eine längere Laufzeit zu verfügen, bedurfte dies einer Ermessensentscheidung. Das BSG hat unter Geltung der früheren Regelung in seiner Entscheidung vom 14. Februar 2013, Az. B 14 AS 195/11 R, in juris, einen Eingliederungsverwaltungsakt ohne Ermessenserwägungen als rechtswidrig einstuft. Mit dem Neunten Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 (BGBl. I 2016, 1824 = A 050 Nr. 69) wurde als eine zentrale Vorgabe des Gesetzes die Geltungsdauer der Eingliederungsvereinbarung in Abs. 3 überführt und in Abweichung zur bisherigen Regelung bestimmt, dass die Eingliederungsvereinbarung regelmäßig gemeinsam geprüft und fortgeschrieben werden soll. Eine zeitliche Obergrenze für die Geltungsdauer sowie eine Verpflichtung, dann nach Auslaufen der Geltungszeit der Eingliederungsvereinbarung eine Anschlusseingliederungsvereinbarung abzuschließen, ist nicht mehr vorgesehen. Stattdessen ist geregelt, dass die Überprüfung der abgeschlossenen Vereinbarung spätestens nach sechs Monaten erfolgen soll. Die sechsmonatige Regellaufzeit ist somit zugunsten einer Regelüberprüfungsfrist gewichen (Sieper in: Hauck/Noftz, SGB, 04/21, § 15 SGB II; Berlit in LPK-SGB II, 7. Aufl. 2020, § 15 Rz 55).

Das BSG hat dementsprechend ausdrücklich festgestellt, dass zu den Vorgaben des § 15 Abs. 3 SGB II nicht die eines festen Geltungszeitraums gehört. Durch die Änderungen des § 15 SGB II zum 1. August 2016 soll eine Eingliederungsvereinbarung nicht mehr regelhaft für sechs Monate geschlossen werden. Vielmehr könne der Geltungszeitraum im Rahmen des § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB II flexibel vereinbart werden. Dies schließe die Möglichkeit einer unbefristeten Geltung ein. Diese könne ausdrücklich vereinbart sein ("bis auf weiteres") oder sich stillschweigend aus dem Fehlen einer vereinbarten Regelung zur Laufzeit ergeben (BSG, Urteil vom 21. März 2019, Az. B 14 AS 28/18 R, in juris). Die vom Beklagten gewählte Variante - Bemessung "bis auf weiteres" in Verbindung mit einer Überprüfung nach spätestens sechs Monaten - ist daher nach Auffassung des Senats mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar (so auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. September 2020, Az. L 19 AS 728/20, in juris).

Soweit das SG ausführt, dass die Regelung eines solchen Geltungszeitraums von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen ist, ist festzustellen, dass das BSG die Notwendigkeit der Vornahme von Ermessenserwägungen nur im Zusammenhang mit einem Eingliederungsverwaltungsakt postuliert hat. So hat es ausgeführt, dass zum Geltungszeitraum, den sich der Verwaltungsakt beimisst, verschiedene Regelungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens in Betracht kämen (BSG, a.a.O., in juris Rn. 22). Das SG hat im Folgenden zutreffend darauf hingewiesen, dass der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt nach der Rechtsprechung des BSG den für eine Eingliederungsvereinbarung geltenden rechtlichen Anforderungen zu entsprechen habe (so BSG, Urteil vom 23. Juni 2016, Az. B 14 AS 42/15 R, in juris). Daraus zu schließen, dass dies auch "andersherum" gelten müsse, hält der Senat nicht für überzeugend. Denn die Notwendigkeit einer Ermessensausübung ergibt sich gerade in der Situation, in der der Beklagte allein durch Verwaltungsakt entscheidet. Eine Eingliederungsvereinbarung ist hingegen Ergebnis eines Verhandlungsprozesses, nach dessen Abschluss ein Verhandlungsergebnis in Form einer Eingliederungsvereinbarung stehen kann, in der eine Geltungsdauer vereinbart ist, die der Leistungsträger bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens in einem Verwaltungsakt so nicht festgesetzt hätte. Ob dieses in der Eingliederungsvereinbarung gefundene Ergebnis zur Gültigkeitsdauer rechtmäßig und insbesondere wirksam ist, kann dann nicht danach ausgerichtet werden, ob und inwieweit der Leistungsträger sein Ermessen ausgeübt hat, sondern es ist nach den allgemeinen Regeln für die Wirksamkeit von subordinationsrechtlichen Verträgen zu entscheiden, ob das durch Verhandlung gefundene Ergebnis rechtmäßig und insbesondere wirksam ist.

Nach Auffassung des Senats ist daher in diesem Zusammenhang entsprechend den Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 21. März 2019, Az. B 14 AS 28/18 R, a.a.O., zur Eingliederungsvereinbarung allein darauf abzustellen, dass die Einzelheiten des gesetzlich vorgesehenen Überprüfungsmechanismus in der Eingliederungsvereinbarung konkret geregelt sind. Dies erfordert in Abhängigkeit vom vereinbarten, gesetzlich nicht mehr vorgegebenen Geltungszeitraum jedenfalls Regelungen zu den Anlässen oder Zeitpunkten für die gemeinsame Überprüfung während der Laufzeit der Vereinbarung. Ermöglicht sind durch § 15 Abs. 3 SGB II auch spezielle Regelungen, die Änderungen der Vereinbarung unter weniger strengen Voraussetzungen zulassen, als sie für eine Anpassung und Kündigung durch § 59 SGB X für öffentlich-rechtliche Verträge vorgesehen sind.

Nach Auffassung des Senats sind diese Voraussetzungen durch die ebenfalls in die Vereinbarung aufgenommenen Klauseln erfüllt, wonach sich beide Vertragsparteien darüber einig sind, dass eine Fortschreibung dieser Eingliederungsvereinbarung erfolgen solle, falls aufgrund von wesentlichen Änderungen in den persönlichen Verhältnissen der Klägerin eine Anpassung der vereinbarten Maßnahmen, Leistungen des Jobcenters und der Pflichten der Klägerin erforderlich sein sollten. Das gleiche gelte, wenn das Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt nur aufgrund von Anpassungen und Änderungen dieser Vereinbarung erreicht bzw. beschleunigt werden könne.

Hierin wird konkret benannt, dass es darauf ankommt, ob wesentliche Änderungen in den persönlichen Verhältnissen der Klägerin vorliegen. Eine noch konkretere Ausgestaltung der Anlässe/Zeitpunkte ist aus Sicht des Senats nicht erforderlich, da es kaum möglich sein dürfte, sämtliche eventuell auftretende Fallgruppen konkret zu benennen, in denen eine Änderung der Eingliederungsvereinbarung erforderlich ist. Aus Sicht des Senats hatte aufgrund dieser Formulierungen jedoch die Klägerin hinreichend konkrete Hinweise erhalten, wann sie mit einem Begehren des Beklagten nach einer Fortschreibung der Eingliederungsvereinbarung rechnen musste. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass in der Eingliederungsvereinbarung auch entsprechend der gesetzlichen Regelung ausdrücklich festgehalten ist, dass eine Überprüfung der Eingliederungsvereinbarung spätestens nach 6 Monaten erfolgen soll. Damit ist in der Eingliederungsvereinbarung die vom Gesetzgeber selbst verwendete Formulierung aufgegriffen worden.

Aber selbst wenn man entgegen der soeben dargelegten Auffassung des Senats die Notwendigkeit einer Ermessensausübung annehmen und/oder die Regelungen zu den Anlässen oder Zeitpunkten für die gemeinsame Überprüfung nicht für hinreichend konkret erachten sollte, resultiert hieraus nach Auffassung des Senats jedenfalls keine Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung, sondern nur dessen Rechtswidrigkeit.

Ein hier vorliegender öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X (subordinationsrechtlicher Austauschvertrag) ist gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 1 SGB X nichtig, wenn ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre. Eine entsprechende Regelung in einem Eingliederungsverwaltungsakt würde aber nicht zu dessen Nichtigkeit im Sinne des § 40 SGB X führen. Danach ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist (§ 40 Abs. 1 SGB X). Davon kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil insoweit eine komplexe rechtliche Würdigung anzustellen ist (vgl. Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 40 Rn. 11 m.w.N.). Das BSG hat in der oben genannten Entscheidung vom 21. März 2019, Az. B 14 AS 28/18 R, die Notwendigkeit derartiger Regelungen nur als Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für den zugrundeliegenden Eingliederungsverwaltungsakt erörtert, nicht aber dargetan, dass bei einem Fehlen derartiger Regelungen von einer Nichtigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes auszugehen sei.

Ein Fall des in § 40 Abs. 2 SGB X enthaltenen Positivkatalogs (fehlende Erkennbarkeit der erlassenden Behörde, die an der Aushändigung einer Urkunde, Verpflichtung zur objektiv unmöglichen Leistungen, Verpflichtung zu einer Begehung einer rechtswidrigen Tat, Verstoß gegen die guten Sitten) liegt offensichtlich nicht vor.

Auch der Nichtigkeitsgrund des § 58 Abs. 2 Nr. 2 SGB X greift nicht durch. Danach ist ein derartiger Vertrag nichtig, wenn ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 SGB X rechtswidrig wäre und dies dem Vertragschließenden bekannt war. Dies ist nach Überzeugung des Senats nicht der Fall. Selbst wenn man eine Rechtswidrigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes mit entsprechendem Inhalt aufgrund der oben genannten Umstände unterstellt, so ist jedenfalls die Annahme, dem Beklagten und der Klägerin sei dies bekannt gewesen, völlig fernliegend. Der Aspekt der Ermessensausübung ist erstmals durch das SG sicherlich bereits in der mündlichen Verhandlung und sodann in der Begründung des anschließend ergangenen Urteils hervorgehoben worden. Vorher hat dieser Umstand weder im Vortrag der Klägerin noch des Beklagten eine Rolle gespielt, auch nicht in dem vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Die Notwendigkeit zur Vereinbarungen von Regelungen in Bezug auf Anlass und Zeitpunkt der Überprüfung war bislang ebenfalls kein Thema.

Schließlich liegt auch keine Nichtigkeit gemäß § 58 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 134 BGB wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vor. Eine Nichtigkeit nach § 134 BGB ist nicht bereits dann anzunehmen, wenn mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag gegen das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen wird, wenn also ein bloßer Verstoß gegen eine gesetzliche Bestimmung vorliegt. Denn dies würde das differenzierte Regelungsgefüge des § 58 SGB X außer Acht lassen. Nichtigkeit wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot ist daher nach der Rechtsprechung des BSG nur dann anzunehmen, wenn ein qualifizierter Rechtsverstoß vorliegt. Maßgeblich ist dabei, ob eine zwingende Rechtsnorm besteht, die nach ihrem Sinn und Zweck die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges verbietet oder einen bestimmten Inhalt des Vertrags ausschließt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. September 2005, Az. B 6 KA 71/04 R, in juris).


Von einem derartigen qualifizierten Rechtsverstoß kann man hier in Bezug auf die Regelungen in der Eingliederungsvereinbarung zur Wirksamkeitsdauer und der Regelungen zu Zeitpunkt und Anlass der gemeinsamen Überprüfung nach Auffassung des Senats nicht ausgehen. Der in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Inhalt ist weder durch eine zwingende Rechtsnorm ausgeschlossen noch ist der mit ihr herbeigeführte Erfolg verboten.

Auch im Übrigen ist kein Nichtigkeitsgrund gegeben, insbesondere besteht kein "Formenmissbrauch" i.S. der oben angeführten Rechtsprechung des BSG.

Ein Nichtigkeitsgrund gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X liegt nicht vor, da sich der Beklagte keine unzulässige Gegenleistung hat versprechen lassen. Die vereinbarte Pflicht zur Vorlage von mindestens acht Eigenbewerbungen pro Monat ist angemessen und steht im sachlichen Zusammenhang mit der vereinbarten vertraglichen Leistung des Beklagten. Dieser hat sich insbesondere zur Übernahme von Bewerbungs- und Fahrtkosten in angemessenen Umfang verpflichtet. Die vom Beklagten versprochenen Leistungen stehen in einem angemessenen Verhältnis zu den der Klägerin abverlangten Bemühungen. Die Pflicht zur Vorlage von mindestens acht Eigenbemühungen pro Monat ist auch hinreichend bestimmt. Es ist klar erkennbar und leicht nachvollziehbar, was von der Klägerin erwartet wird.

Eine Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung resultiert auch nicht daraus, dass in der Eingliederungsvereinbarung die Eignung und individuelle Lebenssituation der Klägerin nicht berücksichtigt worden wären. In dieser wird vielmehr sehr deutlich Rücksicht genommen auf die schwierige persönliche Situation der Klägerin, die aus der Betreuung ihres Sohnes resultiert. So sollte erst nach der Klärung des weiteren Vorgehens mit dem Kind, das von der Klägerin geschildert worden war (insbesondere Vorsprache beim Jugendamt, Klärung bei Psychologen und Ärzten des Kindes), eine Maßnahme zur Weiterbildung als Betreuungsassistentin oder eine Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erfolgen. Auch wurde in der Eingliederungsvereinbarung Rücksicht auf die Berufswünsche der Klägerin genommen, die geäußert hatte, sich eine Tätigkeit als Betreuungsassistentin vorstellen zu können. Aus Sicht des Senats kann damit keine Rede davon sein, dass die Eingliederungsvereinbarung keine Rücksicht auf die individuelle Lebenssituation der Klägerin genommen hat.

Sonstige Nichtigkeitsgründe sind nicht ersichtlich. Die Eingliederungsvereinbarung ist damit wirksam, ob sie auch rechtswidrig ist, kann letztlich dahinstehen, wobei nach Auffassung des Senats auch nicht von einer Rechtswidrigkeit der Eingliederungsvereinbarung auszugehen ist.

Der Sanktionsbescheid ist auch nicht aufgrund einer fehlenden Belehrung über die Rechtsfolgen des Unterlassens von Bewerbungen rechtswidrig. Für die Sanktionierung einer Pflichtverletzung ist eine schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis notwendig (§ 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Eine wirksame Rechtsfolgenbelehrung setzt voraus, dass sie im Einzelfall konkret, richtig und vollständig ist und zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweils geforderten Verhalten erfolgt. Sie hat eine Warn- und Steuerungsfunktion (Burkiczak, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK, SGB II,
§ 31 Rn. 46). Die Rechtsfolgenbelehrung kann schriftlich erfolgen. Sie ist dann nicht erforderlich, sofern der Leistungsberechtigte auf andere Weise Kenntnis von den Rechtsfolgen einer bestimmten Pflichtverletzung erlangt hat. Die in der Eingliederungsvereinbarung enthaltene Rechtsfolgenbelehrung entsprach inhaltlich den Voraussetzungen des § 31 SGB II, insbesondere war sie konkret für den Einzelfall formuliert, richtig und vollständig wiedergegeben und zeitnah im Zusammenhang mit dem der Klägerin abverlangten Verhalten, des Unternehmens von Bewerbungen, erfolgt.

Die Klägerin hat auch keinen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen können (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II.

Ein wichtiger Grund ergibt sich nicht aus der möglichen Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Familie L ab Mai 2019. Ausweislich der vorgelegten Bestätigung der Eheleute L haben diese lediglich erwogen, die Klägerin ab Mai 2019 zu beschäftigen. Dies lässt nicht die Verpflichtung zur Abgabe von Bewerbungen für die Monate September, Oktober und November 2018 entfallen. Darüber bestand diese Aussicht auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis erst seit November 2018 (Schreiben der Klägerin vom 30. Januar 2019). Die unterlassenen Bewerbungen in den Monaten September und Oktober 2018 lassen sich damit sicher nicht auf das in Aussicht stehende Beschäftigungsverhältnis bei der Familie L stützen.

Auch die geltend gemachten gesundheitlichen Probleme stellen nicht nachweislich einen wichtigen Grund dar. Wie das Bayerische Landessozialgericht in seinem o.g. Beschluss vom 16. April 2019 (Az. L 7 AS 237/19 B ER) ausführlich dargelegt hat, betreffen die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorgelegten medizinischen Unterlagen ausschließlich Zeiträume im Jahr 2019 (8. Januar 2019 bis 25. Januar 2019, 29. Januar 2019 bis 1. Februar 2019, 5. Februar 2019 bis 10. März 2019), der vorgelegte Überweisungsschein datiere vom 8. Januar 2019. Aus den Unterlagen lasse sich nicht entnehmen, dass die Klägerin bereits im Herbst 2018 nicht in der Lage gewesen sei, sich entsprechend der von ihr im Rahmen der Eingliederungsvereinbarung eingegangenen Verpflichtung durch die Vornahme von Bewerbungen um Arbeit zu bemühen. Neue Befundberichte wurden seitdem nicht vorgelegt. Darüber erscheint es auch für den hier erkennenden Senat - das LSG hat in seinem Beschluss vom 16. April 2019, Az. L 7 AS 237/19 B ER bereits darauf hingewiesen - widersprüchlich, dass sich die Klägerin trotz Arbeitsunfähigkeit zwar um die Anbahnung des voraussichtlich im Mai 2019 beginnenden Beschäftigungsverhältnisses kümmern konnte, eine Bemühung um anderweitige, gegebenenfalls befristete Beschäftigungsverhältnisse hingegen nicht möglich gewesen sein soll. Insoweit ist ergänzend anzumerken, dass die Klägerin an der Anbahnung dieses Beschäftigungsverhältnisses auch nicht durch die völlig unsubstantiiert behaupteten Nötigungen und Bedrohungen eines Nachbarn, der eine Scheune in der Nachbarschaft angezündet haben soll, gehindert gewesen ist. Davon abgesehen erschließt sich dem Senat nicht, warum man aufgrund derartiger Vorfälle nicht mehr in der Lage sein soll, eine Bewerbung abzuschicken. Eine "schwere Traumatisierung" aufgrund dieser Vorfälle ist für den maßgeblichen Zeitraum im Herbst 2018 jedenfalls nicht belegt.

Damit ist die Sanktionsregelung im angefochtenen Bescheid vom 1. Februar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juni 2019 dem Grunde nach als rechtmäßig anzusehen.
 
Der Beklagte ist auch zutreffend von einer Minderung des Regelbedarfs um 30 % ausgegangen, die gem. § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II gesetzlich vorgeben ist, und hat den zutreffenden Betrag von 127,20 Euro festgesetzt. Die Regelung des § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats mindert, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsakts folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung festgestellt, wurde beachtet, nachdem der Bescheid vom 1. Februar 2019 in diesem Monat bekannt gegeben worden ist. Der Minderungszeitraum beginnt damit ab 1. März 2019 und endet am 31. Mai 2019. Die Feststellung der Minderung am 1. Februar 2019 erfolgte auch innerhalb von 6 Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung (4. Oktober 2018).

Da auch keine Bedenken gegen die entsprechende Aufhebung des Bewilligungsbescheids bestehen, ist damit der Bescheid vom 1. Februar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juni 2019 rechtmäßig.

Hieran ändert sich auch nichts durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 05.11.2019, Az. 1 BvL 7/16, in juris. In diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht
§ 31a Abs. 1 SGB II teilweise für unvereinbar mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG erklärt. Die Durchsetzung von zumutbaren Mitwirkungspflichten im Sinne des § 31 Abs. 1 SGB II mit Sanktionen sei zwar grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die konkrete Ausgestaltung genüge jedoch nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben: § 31a Abs. 1 Sätze 1, 2 und 3 SGB II sei für Fälle des § 31 Abs. 1 SGB II mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit die Höhe der Leistungsminderung bei einer erneuten Verletzung einer Pflicht nach § 31 Abs. 1 SGB II die Höhe von 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs übersteige, soweit eine Sanktion nach § 31a Abs. 1 Sätze 1-3 SGB II zwingend zu verhängen sei, auch wenn außergewöhnliche Härten vorliegen, und soweit § 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II für alle Leistungsminderungen ungeachtet der Erfüllung einer Mitwirkungspflicht oder der Bereitschaft dazu eine starre Dauer von drei Monaten vorgebe. Minderungen in Höhe von 60 Prozent und der vollständige Leistungsentfall nach § 31a Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB II seien bei wiederholten Pflichtverletzungen nach § 31 Abs. 1 SGB II mithin nach derzeitigem Erkenntnisstand verfassungswidrig. Die Minderung des maßgebenden Regelbedarfs um 30 Prozent (§ 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II) sei in der Höhe verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zumutbar sei eine Leistungsminderung in Höhe von 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs jedoch nur, wenn bei Vorliegen von Umständen, die zu außergewöhnlichen Härten führen, von der Sanktion abgesehen werden könne und die Minderung nicht unabhängig von der Mitwirkung des Leistungsberechtigten starr drei Monate andauert. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, Neuregelungen zu schaffen. Bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber können die derzeitigen Regelungen nach Maßgabe des Urteils weiter angewendet werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat verbindliche Übergangsregelungen statuiert, denen nach § 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG Gesetzeskraft zukommt:

a) § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II ist in den Fällen des § 31 Abs. 1 SGB II mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Leistungsminderung wegen einer Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 SGB II nicht erfolgen muss, wenn dies im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde. Insbesondere kann von einer Minderung abgesehen werden, wenn nach Einschätzung der Behörde die Zwecke des Gesetzes nur erreicht werden können, indem eine Sanktion unterbleibt.

b) § 31a Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB II sind in den Fällen des § 31 Abs. 1 SGB II mit der Maßgabe anwendbar, dass wegen wiederholter Pflichtverletzungen eine Minderung der Regelbedarfsleistungen nicht über 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs hinausgehen darf. Von einer Leistungsminderung kann abgesehen werden, wenn dies im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde. Insbesondere kann von einer Minderung abgesehen werden, wenn nach Einschätzung der Behörde die Zwecke des Gesetzes nur erreicht werden können, indem eine Sanktion unterbleibt.

c) § 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II ist in den Fällen des § 31 Abs. 1 SGB II mit folgender Maßgabe anzuwenden: Wird die Mitwirkungspflicht erfüllt oder erklären sich Leistungsberechtigte nachträglich ernsthaft und nachhaltig bereit, ihren Pflichten nachzukommen, kann die zuständige Behörde unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ab diesem Zeitpunkt die Leistung wieder in vollem Umfang erbringen. Die Minderung darf ab diesem Zeitpunkt nicht länger als einen Monat andauern.

Für am 05.11.2019 bestandskräftige Bescheide gilt, dass eine Rücknahme im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X aufgrund der Regelung des § 40 Abs. 3 Nr. 1 SGB II unter Berufung auf die Verfassungswidrigkeit der Norm nur im Hinblick auf den Zeitraum ab dem 05.11.2019 möglich ist. Auch wenn ein Überprüfungsantrag schon vor dem 05.11.2019 gestellt worden ist, ist der Bescheid im Überprüfungsverfahren erst ab dem 05.11.2019 ganz oder teilweise zurückzunehmen.

Für am 05.11.2019 nicht bestandskräftige Minderungsbescheide gilt:

1. Bescheide über Leistungsminderungen nach § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II (30 Prozent) bleiben wirksam; für den Zeitraum ab dem 05.11.2019 ist jedoch durch die Leistungsträger und Gerichte eine Prüfung vorzunehmen, ob Umstände vorliegen, die zu einer außergewöhnlichen Härte führen oder geführt haben, oder ob sich der Leistungsberechtigte nachträglich ernsthaft und nachhaltig bereit erklärt hat, seine Pflichten zu erfüllen bzw. die Mitwirkungspflicht tatsächlich erfüllt hat.

2. Bescheide über Leistungsminderungen nach § 31a Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB II (Minderung von mehr als 30 Prozent) sind, soweit sie über eine Minderung von 30% des Regelbedarfes hinausgehen, aufzuheben. Darüber hinaus ist auch hier für den Zeitraum ab dem 05. November 2019 das Vorliegen von Umständen, die zu einer außergewöhnlichen Härte führen, zu prüfen ebenso wie die Nachholung bzw. die ernsthafte und nachhaltige Erklärung der künftigen Pflichterfüllung (vgl. Weber in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 31b Rn. 47; Stand: 01.03.2020).

Nach den vom Bundesverfassungsgericht festgelegten Übergangsregelungen ergibt sich eine Notwendigkeit zur Berücksichtigung der in seinem Urteil niedergelegten Grundsätze damit erst für Zeiträume ab dem 5. November 2019, wobei dies sowohl für bestandskräftig gewordene als auch für noch nicht bestandskräftige Bescheide gilt. Nachdem der Minderungszeitraum aber bereits im Mai 2019 abgelaufen ist, ergibt sich somit keine Änderung, insbesondere ist nicht das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte zu prüfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie berücksichtigt, dass die Klägerin erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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