Zur Höhe des Zuschusses zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung
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- Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.
- Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Zuschusses für eine private Kranken- und Pflegeversicherung für die Monate September 2012 bis Oktober 2013.
Der Kläger (geboren 1949) bezog in den Jahren 2012 und 2013 von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er bildete mit seiner Ehefrau (geboren 1945), die eine Altersrente bezog, eine (gemischte) Bedarfsgemeinschaft. Die gesamten Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) beliefen sich bis einschließlich Juli 2013 auf 332 € und ab August 2013 auf 372 €. Das Warmwasser wurde mittels eines elektrischen Durchlauferhitzers in der Wohnung zubereitet.
Der Kläger war nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung und dort weder freiwillig noch familienversichert. Er hatte mit einem privaten Anbieter einen Kranken- und Pflegeversicherungsvertrag geschlossen. Für die ambulante und stationäre Krankheitskostenversicherung einschließlich zahnärztlicher Leistungen hatte er bis zum 31. März 2013 eine monatliche Prämie in Höhe von 631,37 € und ab dem 1. April 2013 iHv. 668,66 € zu zahlen. Für die Pflegeversicherung hatte er bis 31. Dezember 2012 monatlich 35,74 € und danach 37,84 € zu zahlen. Die Beiträge wurden vollständig an das Versicherungsunternehmen gezahlt.
Mit Schreiben vom 11. April 2012 setzte das Krankenversicherungsunternehmen den Kläger von der Möglichkeit eines Wechsels in den Basistarif und die Prämienhalbierung bei Hilfebedürftigkeit in Kenntnis. Der Kläger wechselte jedoch zunächst nicht in den Basistarif, weil ihm aufgrund seiner Vorerkrankungen ein für ihn in den USA individuell gefertigtes künstliches Kniegelenk eingesetzt werden sollte, welches im Basistarif nicht erstattungsfähig gewesen wäre, und diese Operation sich wegen anderer Erkrankungen verzögert hatte.
Zum 1. November 2013 wechselte der Kläger in den Basistarif seiner privaten Krankenkasse. Zuvor hätte er unter Berücksichtigung seiner Hilfebedürftigkeit im (individuellen) Basistarif bei seinem Krankenversicherungsunternehmen für eine monatliche Prämie iHv. 217,47 € bzw. ab 1. Januar 2013 iHv. 220,75 € und ab 1. Juli 2013 iHv. 229,94 €, jeweils zzgl. der Prämie für die Pflegeversicherung, in den Basistarif wechseln können.
Die Hälfte des Höchstbeitrages der gesetzlichen Krankenversicherung belief sich im Jahr 2012 auf 296,44 € und im Jahr 2013 auf 305,16 €. Der hälftige Höchstbeitrag in der gesetzlichen Pflegeversicherung betrug im Jahr 2012 37,29 € und im Jahr 2013 40,36 €.
Mit Bescheid vom 11. September 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Bewilligungszeitraum 1. September 2012 bis 28. Februar 2013 vorläufige Leistungen in Höhe von monatlich 765,49 €, und zwar an den Kläger gezahlte 337 € Regelleistung (ab 1. Januar 2013: 345 €) und 166 € KdU sowie an die private Krankenkasse gezahlte 226,75 € für die Krankenversicherung und 35,74 € für die Pflegeversicherung.
Mit Änderungsbescheid vom 1. August 2013 setzte der Beklagte die Leistungen wiederum vorläufig neu fest. Er bewilligte nunmehr für die Monate September bis Dezember 2012 eine Warmwasserpauschale von 7,75 € und für die Monate Januar und Februar 2013 in Höhe von 7,94 €. Den Zuschuss für die private Pflegeversicherung des Klägers erhöhte er für die Monate Januar und Februar 2013 auf 37,84 €, während er den Zuschuss für dessen private Krankenversicherung für die Monate September bis Dezember 2012 auf 217,47 € und für die Monate Januar und Februar 2013 auf 220,75 € reduzierte. Nach Verrechnung der Nachzahlungen und Rückforderungen zahlte er den verbleibenden Überschuss von 1,96 € an den Kläger aus.
Gegen den Änderungsbescheid vom 1. August 2013 legte der Kläger Widerspruch ein, der durch den Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2013 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Die hiergegen seitens des Klägers am 17. Januar 2014 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobene Klage (Aktenzeichen S 32 AS 402/14) begründete er damit, dass der Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung durch die Hälfte des höchstzulässigen Basistarifs und nicht durch die Hälfte des individuellen Beitrages zum Basistarif begrenzt werde.
Mit Bescheid vom 24. Juli 2015 wurden die Leistungen für den Bewilligungszeitraum 1. September 2012 bis 28. Februar 2013 endgültig bewilligt. Die endgültige Bewilligung entsprach der vorläufigen aus dem Bescheid vom 1. August 2013.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Bewilligungszeitraum 1. März 2013 bis 31. August 2013 vorläufige Leistungen in Höhe von monatlich 773,49 €, und zwar an den Kläger gezahlte 345 € Regelleistung und 166 € Kosten der Unterkunft sowie an die private Krankenkasse gezahlte 226,75 € für die Krankenversicherung und 35,74 € für die Pflegeversicherung. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch wegen Nichtberücksichtigung der Warmwasserpauschale half der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 1. August 2013 ab und gewährte die Warmwasserpauschale iHv. 7,94 € monatlich. Der Beklagte setzte dabei die Leistungen wiederum vorläufig fest. Den Zuschuss für die private Pflegeversicherung des Klägers erhöhte er auf 37,84 €, während er den Zuschuss für dessen private Krankenversicherung für die Monate März bis Juni 2013 auf 220,75 € reduzierte und für die Monate Juli und August 2018 auf 229,29 € erhöhte. Für August 2013 wurden für den Kläger um 20 € erhöhte Kosten der Unterkunft berücksichtigt. Die Nachzahlungsbeträge wurden an den Kläger ausgekehrt.
Am 22. Januar 2014 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Überprüfung des Bescheids vom 1. August 2013 mit dem Ziel, dass der halbe Höchstbeitrag zum Basistarif als Zuschuss übernommen werde. Mit Bescheid vom 23. April 2014 lehnte der Beklagte die Überprüfung ab, da der zu überprüfende Bescheid vom 1. August 2013 rechtmäßig sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2015 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 7. September 2015 Klage zum SG, weil der Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung durch die Hälfte des höchstzulässigen Basistarifs und nicht durch die Hälfte des individuellen Basistarifs begrenzt werde. Das Klageverfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 32 As 4525/15 registriert. Eine endgültige Leistungsfestsetzung für den Bewilligungszeitraum März bis August 2013 erfolgte bislang nicht.
Mit Bescheid vom 1. August 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Bewilligungszeitraum 1. September 2013 bis 28. Februar 2014 vorläufige Leistungen in Höhe von monatlich 806,07 €, und zwar an den Kläger gezahlte 345 € Regelleistung, 7,94 € Warmwasserpauschale und 186 € Kosten der Unterkunft sowie an die private Krankenkasse gezahlte 229,29 € für die Krankenversicherung und 37,84 € für die Pflegeversicherung.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheiden vom 22. November 2013 und 23. November 2013 nahm der Beklagte betreffend die Monate November 2013 bis Februar 2014 Änderungen vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2013 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Die hiergegen am 17. Januar 2014 erhobene Klage begründete der Kläger damit, dass der Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung durch die Hälfte des höchstzulässigen Basistarifs und nicht durch die Hälfte des individuellen Basistarifs begrenzt werde. Das Klageverfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 32 As 403/14 registriert.
Mit Bescheid vom 24. Juli 2015 wurden die Leistungen für den Zeitraum 1. September 2013 bis 31. Dezember 2013 endgültig festgesetzt. Die endgültige Bewilligung entsprach hinsichtlich der Monate September und Oktober 2013 der vorläufigen Bewilligung aus dem Bescheid vom 1. August 2013.
Für die Monate November 2013 bis Februar 2014 hatte der Kläger zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihm unter Änderung der Bescheide weitere Leistungen in gesetzlicher Höhe auszuzahlen, weil nicht nur der individuelle halbierte Beitrag zum Basistarif, sondern der höchstzulässige halbierte Beitrag zu übernehmen sei. Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2014 hatte er sodann die Klage hinsichtlich dieses Zeitraumes zurückgenommen, mit weiterem Schriftsatz vom 28. Juli 2015 die Klage allerdings wieder auf diesen Zeitraum erweitert und unter Änderung der Bescheide für die Monate November und Dezember 2013 jeweils die Zahlung weiterer 75,87 € und für Januar und Februar von weiteren 84,59 € begehrt. Mit Schriftsatz vom 13. September 2018 nahm der Kläger die Klage hinsichtlich der Monate November 2013 bis Februar 2014 erneut zurück.
Mit Beschluss vom 10. Dezember 2018 hat das SG die drei Verfahren S 32 AS 402/14, S 32 AS 403/14 und S 32 AS 4525/15 verbunden und unter dem Aktenzeichen S 32 AS 402/14 fortgeführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2018 hat das Sozialgericht den Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 23. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2015 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Bewilligungsbescheid vom 1. August 2013 hinsichtlich der Monate Juli 2013 und August 2013 zu ändern und dem Kläger für diese Monate jeweils einen weiteren Betrag von 0,65 € zu zahlen. Ferner hat es den Beklagten unter Abänderung des den Zeitraum September bis Dezember 2013 betreffenden Bewilligungsbescheides vom 24. Juli 2015 hinsichtlich der Monate September und Oktober 2013 verurteilt, dem Kläger für diese Monate jeweils einen weiteren Betrag von 0,65 € zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig, jedoch nur zu einem sehr geringen Teil begründet. Soweit der Kläger hinsichtlich des Bewilligungszeitraumes 1. März 2013 bis 31. August 2013 mit seiner Klage höhere vorläufige Leistungen nach dessen Ablauf begehre, bestünden im Hinblick darauf, dass gemäß §§ 80 Abs. 2 Nr. 1, 41a Abs. 5 S. 1 SGB II die vorläufige Bewilligung vom 1. August 2013 nunmehr als abschließend festgesetzt gelte, keine Bedenken gegen das Vorliegen des Rechtschutzbedürfnisses und damit hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage. Die Klage sei hinsichtlich der Monate September und Oktober 2013 ausgehend von dem Klageziel des Klägers dahingehend auszulegen, dass die Zahlung unter entsprechender Abänderung des Bescheides über die endgültige Bewilligung vom 24. Juli 2015 begehrt werde. Dem Kläger stehe gegen den Beklagten für den Bewilligungszeitraum 1. September 2012 bis 28. Februar 2013 kein Anspruch auf einen weitergehenden Zuschuss zu den Kosten der privaten Krankenversicherung zu. Der Kläger habe zwar deutlich höhere Beiträge geschuldet und auch gezahlt. Insbesondere werde ein privater Krankenversicherungsvertrag mit dem Eintritt der Hilfebedürftigkeit nicht automatisch auf den Basistarif umgestellt. Der Versicherungsnehmer habe gemäß § 204 Abs. 1 VVG a. F. lediglich einen Anspruch gegen den Versicherer auf Umstellung. Diese Umstellung habe der Kläger allerdings erst zum 1. November 2013 verlangt. In der Zeit davor habe seine Hilfebedürftigkeit keinen Einfluss auf die Beitragshöhe, weil die Reduzierung der monatlichen Prämie auf die Hälfte im Falle der Hilfebedürftigkeit gemäß § 12 Abs. 1c) S. 4 1. Hs., S. 6 1. Hs. VAG a. F. nur im Basistarif eintrete, nicht dagegen in anderen Tarifen des Versicherers. Gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 2 1. Hs. SGB II a. F., § 12 Abs. 1c) S. 6 2. Hs. VAG a. F. habe dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zuschuss zu seinen Beiträgen zur privaten Krankenversicherung nur in der Höhe zugestanden, die er im Basistarif bei Hilfebedürftigkeit an das Versicherungsunternehmen zu zahlen verpflichtet gewesen wäre; in dieser Höhe habe der Beklagte den Zuschuss bereits bewilligt. Ein darüber hinaus gehender Anspruch auf Zuschuss in Höhe der Hälfte der höchstzulässigen Prämie des Basistarifs bestehe nicht. Nach der gesetzlichen Regelung der §§ 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II a. F., 12 Abs. 1c) S. 6 2. Hs. VAG a. F. stehe dem Kläger kein Anspruch zu. Dies folge daraus, dass die in § 12 Abs. 1c) S. 5 und 6 VAG a. F. genannten "Beiträge" sich auf die Regelung des Satzes 4 bezögen und daran anknüpfende Rechtsfolgen für von S. 4 abweichende Fallgestaltungen hinsichtlich der Bedürftigkeit, nicht aber hinsichtlich der Versicherung, aufstellten. § 12 Abs. 1c) S. 4 VAG a. F. beziehe sich wiederum (nur) auf den Beitrag zum Basistarif gemäß § 12 Abs. 1c) S. 1 VAG.
Allerdings seien die Zuschussregelungen des § 12 Abs. 1c) S. 5 und S. 6 2. Hs. VAG a. F. auch dann anzuwenden, wenn der Hilfebedürftige freiwillig in einem teureren Wahltarif verbleibe, anstatt in den Basistarif zu wechseln, weil es jedem Hilfebedürftigen freistehe, für welche Leistungen er seine Regelleistung einsetze und somit auch, ob er diese teilweise für einen privaten Wahltarif einsetze. Zu einem höheren Zuschussanspruch als im Fall des Wechsels in den Wahltarif könne dies nicht führen. In der vor Einführung des Basistarifs bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Gesetzesfassung habe sich ein SGB-II-Leistungsbezieher unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1a) SGB V a.F. auf seinen Antrag hin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung befreien lassen können und habe dann gemäß § 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGB II a. F vom Leistungsträger einen Zuschuss maximal in der Höhe erhalten, den der Leistungsträger für einen gesetzlich versicherten Hilfebedürftigen zu zahlen gehabt hätte. Bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Befreiung habe ein Hilfebedürftiger mithin selbst entscheiden können, einen Teil des Regelsatzes für eine höherwertige Krankenversicherung einzusetzen.
Ab dem 1. Januar 2009 habe diese Wahlmöglichkeit nicht mehr bestanden. Die Personengruppe, die zuvor die Befreiung habe beantragen können, sei nunmehr in der privaten Krankenversicherung verblieben, habe aber gegen diese einen Anspruch auf Umstellung in den Basistarif. Allerdings sei mit dieser Neuregelung nicht bezweckt gewesen, die Entscheidungsmöglichkeit der Leistungsbezieher über die Verwendung des Regelsatzes zu beschränken. Bei entsprechender Anwendung der hier einschlägigen §§ 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II a. F., 12 Abs. 1c) S. 6 2. Hs. VAG a. F. auch auf Fälle, in denen der Hilfebedürftige im Wahltarif der privaten Krankenversicherung verblieben sei, stehe diesem allerdings nur ein Anspruch auf Zuschuss zu den Beiträgen in erheblich geringerer als von dem Beklagten bewilligter Höhe zu, nämlich lediglich in der Höhe, die der Leistungsträger für die Krankenversicherung gesetzlich versicherter Hilfebedürftiger zu zahlen habe. Bei dieser Anspruchsbeschränkung habe es sich jedoch um ein gesetzgeberisches Versehen gehandelt. Zum einen habe der Gesetzgeber mit der Einführung des Basistarifs einen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbaren Tarif der privaten Krankenversicherer geschaffen, welcher grundsätzlich allen offen stehe, die nicht in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln könnten. Eine auch nur teilweise Bezahlung aus dem Regelsatz würde das Existenzminimum berühren und wäre daher mit dieser Zielsetzung nicht vereinbar. Zum anderen stehe die Regelung des § 12 Abs. 1c) S. 6 2. Hs. VAG a. F. in Widerspruch zu den Regelungen in dessen Sätzen 4 1. Hs. und 5, durch welche sichergestellt werde, dass den Hilfebedürftigen nach Bezahlung des Beitrages zum Basistarif der Regelbedarf zum Leben ungeschmälert zur Verfügung stehe. Es sei nicht ersichtlich, warum derjenige, der mit seinem anrechenbaren Einkommen nicht einmal einen geringen Teil des halbierten Beitrages zum Basistarif aufbringen könne, erheblich schlechter stehen solle als derjenige, die einen Teil oder sogar den gesamten halbierten Beitrag decken könnte.
Diese planwidrige Regelungslücke sei durch eine analoge Anwendung des § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 1. Hs. SGB II a. F. zu schließen (Bezug auf BSG, Urteil vom 18. Januar 2011, Az. B 4 AS 108/10 R).
Die entsprechende Anwendung von § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 1. Hs. SGB II a. F. führe dazu, dass dem Hilfebedürftigen ein gegebenenfalls auf den tatsächlich zu zahlenden Beitrag begrenzter Anspruch auf Zuschuss in Höhe des von ihm im Basistarif gegenüber seiner privaten Krankenkasse geschuldeten Beitrages zustehe, nicht aber in der gesetzlich vorgesehenen Maximalhöhe nach § 12 Abs. 1c) S. 1, S. 2 VAG a. F., wie es der Kläger begehre. § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 1. Hs. SGB II a. F. in direkter Anwendung gewähre einen Zuschuss in Höhe des von dem Hilfebedürftigen an seine gesetzliche Krankenkasse zu entrichtenden Beitrages. Für eine Auslegung dahingehend, dass ein Anspruch auf Zahlung des Höchstbeitrages zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung bestehe, seien keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.
Im Rahmen der im vorliegenden Fall gebotenen analogen Anwendung von § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 1. Hs. SGB II a. F. könne "der Beitrag", der übernommen werde, nicht als der (individuelle) Beitrag zu den Wahltarifen, sondern nur als der Beitrag zum halbierten Basistarif der privaten Krankenkasse verstanden werden. Lediglich in Fällen, in denen der tatsächlich gezahlte Beitrag zu den Wahltarifen niedriger sei als der halbe Beitrag zum Basistarif, erfolge eine weitere Beschränkung auf den tatsächlich gezahlten Beitrag, was sich aus § 26 Abs. 4 SGB II a. F. und dem in § 3 Abs. 3 2. Hs. SGB II normierten Bedarfsdeckungsprinzip ergebe.
Der der freiwilligen gesetzlichen Versicherung entsprechende Tarif in der privaten Krankenversicherung sei gemäß § 12 Abs. 1a) S. 1 VAG a. F. der Basistarif. Der Standard der gesetzlichen Krankenversicherung, über den die Bevölkerungsmehrheit verfüge, sei nach der Vorstellung des Gesetzgebers ausreichend. Eine weitergehende analoge Anwendung von § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 1. Hs. SGB II auf die Wahltarife der privaten Krankenversicherung sei daher nicht nur nicht geboten, sondern abzulehnen.
Nach der gesetzgeberischen Zielsetzung des § 12 VAG a. F., die über die versehentlich unzureichende Regelung des § 12 Abs. 1c) S. 6 2. Hs. VAG a. F. hinausgehe, solle allen Hilfebedürftigen, die nicht gesetzlich versichert seien, die Bezahlung des vom Umfang her als ausreichend angesehenen Basistarifs ermöglicht werden. Dafür, dass generell oder auch nur in bestimmten Ausnahmefällen die weiteren Kosten einer darüber hinaus gehenden höherwertigeren privaten Krankenversicherung mit Wahltarifen vom Grundsicherungsträger zu übernehmen seien, ergebe sich weder aus der Konzeption der §§ 26 SGB II a. F., 12 VAG a. F. noch aus allgemeinen Grundsätzen, beispielsweise § 3 Abs. 3 SGB II, Anhaltspunkte.
Aus den vorstehenden Erwägungen folge zugleich, dass der in analoger Anwendung von § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 1. Hs. SGB II a. F. zu übernehmende "Beitrag" derjenige sei, den der Hilfebedürftige im Basistarif zu zahlen habe oder im Fall, dass er in den Wahltarifen verblieben sei, zu zahlen hätte.
Dieses Ergebnis beruhe zudem auf einem Vergleich der Regelung in § 12 Abs. 1c) S. 6 VAG a. F. mit der Regelung in dessen Satz 5. Der Unterschied in der Hilfebedürftigkeit liege darin, dass im Fall des Satzes 5 der Hilfebedürftige aus seinem Einkommen einen Teil des halben Beitrages zum Basistarif bestreiten könne, während dies in den Fällen des Satzes 6 nicht der Fall sei. In Satz 5 sei geregelt, dass durch den Grundsicherungsträger der nicht aufzubringende Teil des halben Basistarifbeitrages des Hilfebedürftigen zu übernehmen sei. Genauso wenig wie der Hilfebedürftige in den Fällen des Satzes 6, der nicht in der Lage sei, wenigstens einen geringen Teil des Beitrages aufzubringen, schlechter stehen dürfe als ein Hilfebedürftiger im Fall des Satzes 5, der weniger hilfebedürftig sei, sei er in Folge der Notwendigkeit der analogen Anwendung einer anderen Norm besser zu stellen. In den Fällen von § 12 Abs. 1c) S. 5 VAG a. F. bestehe nach einem Wechsel in den Wahltarif ein Anspruch auf Zahlung der nicht aufzubringenden Differenz zu dem geschuldeten halbierten Beitrag. Im Fall der zulässigen Anwendung dieser Vorschrift auch bei einem Verbleib im Wahltarif sei es weder vom Wortlaut her noch von der Gesamtkonzeption des SGB II im Allgemeinen und der §§ 26 SGB II a. F., 12 VAG a. F. im Besonderen geboten, dem Hilfebedürftigen für seine freiwillige Entscheidung, im besseren Wahltarif zu verbleiben, einen höheren Zuschuss zu gewähren.
Ob eine unterbliebene Beratung des Leistungsträgers zum Basistarif zu einem höheren Anspruch führen könne, bedürfe keiner Entscheidung, da bereits in der Anlage SV zum Leistungsantrag vom 27. März 2012 nach der Höhe des Beitrages im Basistarif gefragt worden sei, der Kläger aufgrund des Schreibens seines Krankenversicherungsunternehmens vom 11. April 2012 von der Möglichkeit des Wechsels in den Basistarif Kenntnis gehabt habe, er sich jedoch bewusst für einen Verbleib im Wahltarif entschieden habe.
Dies stehe auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG. Die den Entscheidungen des BSG zugrunde liegenden Sachverhalte hätten die Rechtsfrage, ob der Zuschuss auf die Höhe des individuellen Basistarifs zu begrenzen sei, nicht aufgeworfen. In einem Fall habe der Beitrag für den Wahltarif noch unter dem höchstzulässigen halbierten Beitrag für den Basistarif gelegen. Aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ergebe sich, dass dieses davon ausgegangen sei, dass im konkreten Fall der Beitrag im Basistarif dem Höchstbeitrag entsprochen habe (Bezug auf Landessozialgericht Saarland, Urteil vom 13. April 2010, Az. L 9 AS 15/09). Das BSG habe ausdrücklich offen gelassen, ob der Zuschuss auf den halben Basistarif zu beschränken sei, ohne zwischen dem individuellen und dem höchsten Beitrag zu unterscheiden. Auch in dem dem Urteil vom 16. Oktober 2012 (BSG, Az. B 14 AS 11/12 R) zu Grunde liegenden Sachverhalt sei es auf den Unterschied zwischen dem fiktiven individuellen halbierten Basistarifbeitrag und dem höchstzulässigen nicht angekommen; das Jobcenter habe dort bereits den halben Höchstbeitrag als Zuschuss gewährt. Die dort getroffene Aussage, dass ein privat krankenversicherter Alg-II-Empfänger die Übernahme seines Beitrages zur privaten Krankenversicherung bis zur Hälfte des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung, also den halben Basistarif, aufgrund einer analogen Anwendung der für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen geltenden Regelungen beanspruchen könne, stelle kein obiter dictum dar, weil dort offenbar davon ausgegangen worden sei, dass der Basistarif grundsätzlich dem Höchstbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung entspreche.
Ein Anspruch auf einen weitergehenden Zuschuss ergebe sich auch nicht aus § 21 Abs. 6 SGB II. Danach könne ein Mehrbedarf anerkannt werden, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger Bedarf bestehe, etwa wenn aufgrund einer bestimmten Krankheit laufende erhebliche Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente entstünden, die dennoch nicht ausnahmsweise zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnet werden könnten. Es erscheine vertretbar, bis zu dieser fiktiven Höhe stattdessen Beiträge zu einem Wahltarif, der diese Medikamente enthalte, als Mehrbedarf anzuerkennen. Dies könne jedoch dahinstehen, weil der Kläger sein Hinauszögern des Wechsels in den Basistarif nicht mit solchen laufenden Mehrausgaben, sondern mit der geplanten Knieoperation begründet habe, also einem bei einem vorherigen Wechsel in den Basistarif nicht laufend, sondern einmalig eintretenden Bedarf. Darauf, dass notwendige Operationen am Knie im Basistarif ebenfalls, wenn auch im Einzelfall möglicherweise weniger optimiert, enthalten gewesen wären, komme es daher nicht an.
Aus denselben Gründen stehe dem Kläger auch für die Monate März bis Juni 2013 des Bewilligungszeitraumes 1. März 2013 bis 31. August 2013 kein Anspruch auf einen weitergehenden Zuschuss zu den Kosten der privaten Krankenversicherung zu.
Für die Monate Juli und August 2013 sowie September und Oktober 2013 stehe dem Kläger ein weiterer Anspruch von jeweils lediglich 0,65 € zu, da das Krankenversicherungsunternehmen einen fiktiven individuellen Beitrag für den halben Basistarif für die Zeit ab 1. Juli 2013 in Höhe von 229,94 € bescheinigt habe, der Beklagte hingegen lediglich 229,29 € bezuschusst habe, was wohl darauf beruht habe, dass er diese Zahl aus der Vorabankündigung der Versicherung vom 27. Juni 2013 und nicht aus dem Telefonvermerk und dem Schreiben jeweils vom 10. Juli 2013 übernommen habe.
Soweit dem Kläger ein geringfügiger weiterer Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen zustehe, sei der Beklagte entgegen § 26 Abs. 4 SGB II a.F. zur Zahlung an den Kläger zu verurteilen, weil dieser den zu Unrecht durch den Beklagten nicht gezahlten Betrag selbst an das Unternehmen überwiesen habe.
Gegen den ihm am 14. Februar 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28. Dezember 2018 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Er verfolgt sein Begehren unter Wiederholung der bereits erstinstanzlich vorgetragenen Argumente weiter. Die Rechtsprechung des Sozialgerichts schränke den Kläger in seiner Wahlfreiheit ein, selbst zu entscheiden, bei welchem Unternehmen er versichert sein möchte. Zudem stelle dies eine Ungleichbehandlung gegenüber gesetzlich Versicherten dar, weil diese auch in einer teureren Krankenkasse verbleiben könnten und der Leistungsträger einen Wechsel in eine preiswertere Krankenkasse nicht verlangen könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des SG Dresden vom 11. Dezember 2018 aufzuheben und
unter Abänderung des Bescheides vom 1. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2013 den Bewilligungsbescheid vom 11. September 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1. August 2013 den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Zuschuss in Höhe von jeweils 78,97 € für die Monate September 2012 bis Dezember 2012 und iHv. 83,41 € für die Monate Januar 2013 und Februar 2013 zu zahlen,
unter Abänderung des Überprüfungsbescheides vom 23. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2015 den Bewilligungsbescheid in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1. August 2013 dahingehend zu ändern, dass dem Kläger ein weiterer Zuschuss zur Krankenversicherung für die Monate März 2013 bis Juni 2013 von jeweils 84,41 € und für die Monate Juli 2013 und August 2013 iHv. jeweils 75,87 EUR bewilligt wird und diese Beträge an ihn zu zahlen und
unter Abänderung des Bescheides vom 1. August 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22. November 2013 und 23. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2013 an den Kläger weitere 75,87 € für die Monate September 2013 und Oktober 2013 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 7. März 2022 und 8. März 2022).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Berufung ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 143, 144, 151 SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 € gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist offensichtlich überschritten.
Die Zulässigkeit von Rechtsmitteln unter Berücksichtigung des Klagebegehrens ist bei Anwendung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG und des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG hinsichtlich jedes selbständigen prozessualen Anspruchs gesondert zu betrachten. Dies gilt auch bei einer Verbindung von Verfahren (§ 113 SGG) und in Fallgestaltungen, in denen innerhalb eines Klageverfahrens mehrere prozessuale Ansprüche ("teilbare Streitgegenstände") im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) geltend gemacht werden (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2021 – B 4 AS 70/20 R – juris, Rn. 15). Vorliegend sind drei Bewilligungszeiträume Gegenstand des Verfahrens, die jeweils gesonderte Streitgegenstände (prozessuale Ansprüche) darstellen. Mehrere in einer Klage geltend gemachten prozessualen Ansprüche sind zusammenzurechnen gem. § 202 SGG iVm. § 5 Hs. 1 ZPO, soweit die Ansprüche nicht identisch sind (vgl. BSG, Urteil vom 13. Juli 2004 – B 1 KR 33/02 R – juris Rn. 14; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. März 2006 – L 8 AS 4314/05 – juris Rn. 18; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 16). Der Kläger machte mit seinen Klageanträgen weitere Leistungen iHv. 4 x 78,97 €, 6 x 84,41 € und 4 x 75,87 € geltend, mithin insgesamt 1.125,82 €. Davon hat das SG lediglich einen Betrag iHv. 2,60 € zugesprochen. Somit beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.123,22 €.
Die Höhe des Zuschusses nach § 26 SGB II stellt dabei keinen eigenständigen Streitgegenstand dar, sondern ist gemeinsam mit der Höhe der Regelleistung zu prüfen (BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 8/14 R – juris, Rn. 12; [anders im Bereich von § 32 SGB XII vgl. BSG, Urteil vom 15. November 2012 – B 8 SO 3/11 R – juris, Rn. 11]). Nicht Streitgegenstand ist dagegen nach dem Klagevorbringen die Höhe der vorläufig bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung, die von der Klägerin nicht infrage gestellt werden; insofern handelt es sich nach der Rechtsprechung des BSG bei den Verfügungen in Bezug auf die Regelleistung einerseits und die Unterkunfts- sowie Heizkosten andererseits um abtrennbare Verfügungen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 42/13 R – juris, Rn. 11 mwN; BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 8/14 R – juris, Rn. 11).
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind neben dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 11. Dezember 2018 hinsichtlich der streitigen Bewilligungszeiträume September 2012 bis Februar 2018 und September 2013/Oktober 2013 nur noch die endgültigen Bewilligungsbescheide vom 24. Juli 2015, die jeweils gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind. Der vorangegangene vorläufige Bewilligungsbescheid vom 11. September 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2013 und der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 1. August 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22. und 23. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2013 haben sich durch den Erlass der endgültigen Bewilligungsbescheide auf andere Weise erledigt, § 39 Abs. 2 SGB X. Hinsichtlich des Bewilligungszeitraumes März 2013 bis August 2013 ist Streitgegenstand der Überprüfungsbescheid vom 23. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2015.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Zutreffende Klageart für das Begehren des Klägers ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG), soweit das Klagebegehren auf weitere Zahlungen über die mit Bescheiden vom 24. Juli 2015 zuerkannten Leistungen hinausgeht.
Hinsichtlich des Überprüfungsbescheides vom 23. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2015 ist zutreffende Klageart die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage. Insoweit ist die Klage jedoch bereits unzulässig. Der Kläger wendet sich hier gegen den Bescheid vom 23. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2015, mit dem die Überprüfung des Änderungsbescheides vom 1. August 2013 abgelehnt wurde. Bei dem Bescheid vom 1. August 2013 handelt es sich um eine Änderung einer vorläufigen Bewilligung unter Beibehaltung des Vorläufigkeitsvorbehalts. Die erhobene Klage ist darauf gerichtet, in Abänderung des Bescheides vom 1. August 2013 höhere vorläufige Leistungen zu erhalten. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes besteht jedoch kein Rechtsschutzinteresse mehr an der Geltendmachung höherer vorläufiger Leistungen für die Vergangenheit. In diesem Fall kann und muss der Leistungsberechtigte die endgültige Festsetzung der Leistungen beantragen. Über die endgültige Festsetzung der Leistung hat der Beklagte jedoch nicht entschieden. Es kann dahinstehen, ob die vorläufige Bewilligung in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1. August 2013 gem. §§ 80 Abs. 2 Nr. 1, 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II mit Ablauf des 31. Juli 2017 als endgültig festgesetzt gelten, oder ob der Antrag nach § 44 SGB X auch als Antrag auf endgültige Festsetzung ausgelegt werden kann und dieser dann gem. § 41a Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 SGB II die Fiktion der endgültigen Festsetzung hindert, wenngleich § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II darauf nicht verweist. Jedenfalls wird ein endgültiger Bewilligungsbescheid nicht gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens, das die Überprüfung eines vorläufigen Bewilligungsbescheides zum Gegenstand hat. Denn der endgültige Bescheid ändert den Verfügungssatz, wonach der vorläufige Bescheid nicht zu überprüfen ist, nicht ab oder ersetzt diesen.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Dies gilt auch – selbständig tragend – hinsichtlich des Bewilligungszeitraumes März 2018 bis August 2018. Über den bereits seitens des Sozialgerichts zuerkannten Betrag hinaus hat der Kläger keinen Anspruch auf weitere Regelleistungen nach dem SGB II.
Der Kläger ist ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Sinne des § 19 SGB II, weil er im streitgegenständlichen Zeitraum seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) und zwischen 15 und 65 Jahre alt ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Er war auch hilfebedürftig iSv. § 9 Abs. 1 SGB II, weil er weder über Einkommen noch über Vermögen verfügte. Da eine gemischte Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau vorliegt, ist zunächst das Einkommen der Ehefrau des Klägers auf ihren Bedarf anzurechnen. Danach steht noch vorhandenes Einkommen, das auf den Kläger übertragen werden kann, nicht zur Verfügung.
Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum nur einen Anspruch auf Übernahme der Beiträge in Höhe des halbierten konkret-individuellen Beitrags für den Basistarif in analoger Anwendung von § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB bzw. in einer Gesamtschau mit den weiteren Regelungen in § 26 Abs. 2 SGB II. Diese Beiträge hat der Beklagte bereits berücksichtigt.
Der Kläger hat gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II iVm. § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 VAG zunächst dem Grunde nach einen Anspruch auf Übernahme seiner Beiträge zur privaten Krankenversicherung. Anzuwenden ist § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der Fassung vom 13. Mai 2011. Zwar ist eine frühere, durch eine Änderung des Gesetzes abgelöste alte Fassung des Gesetzes kein aktuell geltendes Recht mehr. Im Bereich des SGB II ist vom sog Geltungszeitraumprinzip auszugehen, nach dem das Recht anzuwenden ist, das zu der Zeit galt, in der die maßgeblichen Rechtsfolgen eingetreten sind, wenn es an einer speziellen Regelung mangelt. Denn das SGB II dient der Deckung des Bedarfes im aktuellen Zeitpunkt (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 – B 14 AS 53/15 R – juris, Rn. 15). Danach galt für den Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen für Bezieher von Arbeitslosengeld 2 (Alg 2) oder Sozialgeld, die in der gesetzlichen Krankenversicherung weder versicherungspflichtig noch familienversichert sind und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG).
Der Kläger bezieht SGB II-Leistungen und ist nicht familienversichert. Er ist auch nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherungspflichtig in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), weil er nach § 5 Abs. 5a SGB V vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausgenommen ist. Nach § 5 Abs. 5a SGB V ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V nicht versicherungspflichtig, wer unmittelbar vor dem Bezug von Alg 2 privat krankenversichert war (Satz 1). § 5 Abs. 5a Satz 1 SGB V gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherungspflichtig waren für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit (§ 5 Abs. 5a Satz 2 SGB V). Der Kläger war unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld 2 privat krankenversichert. Ausweislich seiner Angaben im Verwaltungsverfahren sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass er am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherungspflichtig war.
Ausgangspunkt für die in Bezug genommenen § 12 Abs. 1c Sätze 5 und 6 VAG a. F. ist § 12 Abs. 1a VAG a. F. Danach haben Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland, welche substitutive Krankenversicherung betreiben, einen branchenweit einheitlichen Basistarif anzubieten, dessen Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe jeweils den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), auf die ein Anspruch besteht, vergleichbar sind. Nach § 12 Abs. 1c Satz 1 VAG a. F.... darf der Basistarif ohne Selbstbehalt und in allen Selbstbehaltsstufen den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen. Dieser Beitrag vermindert sich nach § 12 Abs. 1c Satz 4 VAG a. F. für die Dauer der Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II oder SGB XII um die Hälfte, wenn allein durch die Zahlung des Beitrages Hilfebedürftigkeit entsteht. Hieran knüpfen die in § 26 SGB II in Bezug genommenen § 12 Abs. 1c Sätze 5, 6 VAG a. F. an. Diese lauteten: "Besteht auch bei einem nach Satz 4 verminderten Beitrag Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, beteiligt sich der zuständige Träger nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf Antrag des Versicherten im erforderlichen Umfang, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird. Besteht unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, gilt Satz 4 entsprechend; der zuständige Träger zahlt den Betrag, der auch für einen Bezieher von Alg 2 in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist."
Nach dem Wortlaut der maßgebenden Vorschriften hätte der Kläger somit nur Anspruch auf Übernahme der Beiträge in Höhe des ermäßigten Beitragssatzes für Bezieher von Alg 2 in der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 134,94 € bzw. 138,54 €, ohne dass er sich gegenüber dem privaten Krankenversicherungsunternehmen auf diese Begrenzung berufen könnte. Denn der ermäßigte Beitragssatz für Bezieher von Alg 2 in der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 246, 243 SGB V) betrug für den streitigen Zeitraum 14,9 %. Die Bezugsgröße belief sich gemäß § 18 Abs. 1 SGB IV iVm § 2 Abs. 1 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2012 auf 2.625 € und 2013 auf 2.695 €. Als beitragspflichtige Einnahme galt für Bezieher von Alg 2 gemäß § 232a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V ein Betrag von 0,345 der Bezugsgröße, sodass sich beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 905,63 € (2012) und 929,78 € (2013) ergeben. Danach entsprach der ermäßigte Beitragssatz mit 134,94 € (905,63 € x 14,9 %) bzw. 138,54 € (929,78 € x 14,9 %) den nach § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG a. F. vom Beklagten zu übernehmenden privaten Krankenversicherungsbeiträgen. Diese liegen noch deutlich unter den (hälftigen) Beiträgen (§ 12 Abs. 1c Satz 4 VAG a. F.), die der Kläger bei seinem Krankenversicherungsunternehmen im Basistarif zu zahlen gehabt hätte. Der Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung, der gem. § 12 Abs. 1c Satz 1 VAG die Obergrenze für den Beitrag im Basistarif bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen bildet, betrug im Jahr 2012 592,88 € (Beitragsbemessungsgrenze 3.825 € x 15,5 % allgemeiner Beitragssatz) bzw. im Jahr 2013 610,31 € (3.937,50 € x 15,5 %).
Unabhängig davon, ob man abstrakt auf die Hälfte des Höchstbetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung oder auf den individuellen Beitrag im Basistarif abstellt, verbleibt danach eine Beitragslücke, die nicht über anderweitige Normen des SGB ausgeglichen werden kann.
Nach der Rechtsprechung des BSG liegt insoweit eine planwidrige Regelungslücke vor, die durch eine analoge Anwendung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II zu schließen ist. Es könne nicht davon ausgegangen werden kann, dass bei privat krankenversicherten Hilfeempfängern größere ungedeckte Beitragslücken verbleiben sollten (vgl. dazu und zum folgenden: BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 108/10 R – juris, Rn. 24ff). Nach den Gesetzesmaterialien bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass den Alg-2-Beziehern Beiträge entstehen sollten, die diese nicht selbst tragen könnten. Ausweislich der Gesetzesmaterialien sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, mit der Schaffung des Basistarifs im Umfang des Leistungsangebotes der gesetzlichen Krankenversicherungen, den die privaten Krankenversicherungen anbieten müssen, einen bezahlbaren Krankenversicherungsschutz geschaffen zu haben, so dass eine Einbeziehung der Alg-2-Bezieher in die Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht notwendig erscheine, wenn sie unmittelbar vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert gewesen seien (vgl. Gesetzentwurf zum GKV-WSG vom 24. Oktober 2006, BT-Drs 16/3100 S. 94 f). Der Gesetzgeber habe durch die Regelung in § 12 Abs. 1c VAG sicherstellen wollen, dass niemand durch die Verpflichtung zum Abschluss oder zur Aufrechterhaltung eines Krankheitskostenversicherungsvertrags unverhältnismäßig belastet werde. Für diejenigen, die die Beiträge des Basistarifs nicht zahlen könnten, werde die Zahlungspflicht zudem abgemildert, weil der zu zahlende Beitrag zunächst halbiert werde. Reiche auch dies nicht aus, um das Existenzminimum nach Zahlung des Beitrages zu sichern, erhalte der Versicherte einen Zuschuss aus Steuermitteln (BT-Drs. 16/3100 S. 207).
Für die Annahme einer einfach-gesetzlichen Lücke spreche auch, dass anderenfalls eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung privat versicherter Leistungsempfänger eintreten würde, die ihr verfassungsrechtlich garantiertes Existenzminium (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz [GG] iVm. Art. 20 Abs. 1 GG) tangiere.
Nach des vom BSG im Wege der Analogie herangezogenen § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 SGB II wird für freiwillig gesetzlich versicherte Alg-2-Bezieher für die Dauer des Leistungsbezuges der Beitrag – ohne höhenmäßige Begrenzung – übernommen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 108/10 R –, juris, Rn. 34). Das BSG hat ausgeführt, dass durch die Übernahme der vollen Beiträge für freiwillig in der GKV Versicherte Wertungswidersprüche entstünden. Der Versicherte könne die Beitragshöhe für den Versicherungsschutz im Basistarif ebensowenig beeinflussen wie den Betrag für die GKV. Insoweit könne aus einer Gesamtschau von § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II und den weiteren Regelungen in § 26 Abs. 2 SGB II im Sinne einer Gesamtanalogie entnommen werden, dass Beiträge zu einer erforderlichen Krankenversicherung im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung des SGB im notwendigen Umfang vom Alg-2-Träger zu übernehmen sei (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 108/10 R – juris, Rn. 35). Zudem sehe § 26 Abs. 2 Satz 2 SGB II, § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II iVm § 12 Abs. 1c Satz 5 VAG und § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 SGB II zur Übernahme von Beiträgen für diejenigen privat, freiwillig oder gesetzlich krankenversicherten Personen, die allein durch den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag hilfebedürftig werden, vor, dass die Beiträge zur Krankenversicherung in vollem Umfang übernommen werden (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 108/10 R – juris, Rn. 31). Das BSG hat in dieser Entscheidung noch offen gelassen, ob der Zuschussbetrag generell auf die Höhe des hälftigen Basistarif beschränkt ist, weil der Beitrag des Klägers im Wahltarif bereits deutlich darunter gelegen hatte (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 108/10 R – juris, Rn. 20).
Das BSG hat in einer weiteren Entscheidung ausgeführt, dass ein privat krankenversicherter Alg-2-Empfänger die Übernahme seines Beitrages zur privaten Krankenversicherung bis zur Hälfte des Höchstbeitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung, also den halben Basistarif, aufgrund einer analogen Anwendung der für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen geltenden Regelung beanspruchen kann (BSG, Urteil vom 16. Oktober 2012 – B 14 AS 11/12 R – juris Rn. 22). Allerdings hatte das BSG dort nicht über eine Fallkonstellation zu entscheiden, in der der im Einzelfall zu zahlende Beitrag im Basistarif ausnahmsweise niedriger als der Höchstbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung war. Insofern kann diesem Rechtssatz keine generelle Festlegung auf den (abstrakten) halbierten Höchstbetrag zur gesetzlichen Krankenversicherung entnommen werden.
Eine Begrenzung des Zuschusses auf den halben Betrag zum konkret-individuellen Basistarif, den Leistungsbezieher bei ihrem Krankenversicherungsunternehmen zu zahlen hätten, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Zunächst handelt es sich bei dem Beitrag nach § 12 Abs. 1c Satz 1 VAG a. F., auf den § 12 Abs. 1c Satz 4 und Satz 5 VAG a. F. Bezug nehmen, nicht um einen fixen Beitrag für den Basistarif, sondern lediglich um eine Begrenzung der Beitragshöhe auf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung. Es steht den Versicherungsunternehmen daher frei, den Basistarif mit einer geringeren Beitragslast anzubieten (vgl. für die Nachfolgevorschriften § 152 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 VAG: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. April 2021 – L 10 AS 802/19 – juris, Rn. 28). Nach § 12 Abs. 1c Satz 4 VAG a. F. vermindert sich im Fall der Hilfebedürftigkeit dieser Beitrag um die Hälfte. Nach § 12 Abs. 1c Satz 5 VAG a. F. übernimmt bei gleichwohl fortbestehender Hilfebedürftigkeit der Leistungsträger diesen Beitrag im erforderlichen Umfang. Diese Vorschriften nehmen somit Bezug auf den Beitrag im Basistarif, der tatsächlich zu zahlen ist.
Auch das BSG hat in einer späteren Entscheidung zu § 26 SGB II a.F. und § 12 Abs. 1c Satz 4, 5 und 6 VAG a. F. ausgeführt, dass sich der von dem SGB-II-Träger zu zahlende Beitrag bereits nach Wortlaut und Systematik auf den Beitrag bezieht, den der Alg-2-Empfänger bei seinem Versicherungsunternehmen zu entrichten hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015 - B 14 AS 8/14 R - juris Rn. 16 zu § 12 Abs. 1c VAG a. F.). Das ist mithin der konkret-individuelle Beitrag.
Die vom BSG in der Entscheidung vom 18. Januar 2011 (B 4 AS 108/10 R) aufgestellten Grundsätze zur Gesamtanalogie fordern auch nicht die Berücksichtigung eines höheren Beitrages bis zur Hälfte des Höchstbetrages. Das BSG hatte – wie bereits dargelegt – die Analogie insbesondere damit begründet, dass der die Beitragshöhe für den Versicherungsschutz im Basistarif ebenso wenig beeinflussen könne wie den Betrag für die GKV. Insoweit könne aus einer Gesamtschau von § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II und den weiteren Regelungen in § 26 Abs. 2 SGB II im Sinne einer Gesamtanalogie entnommen werden, dass Beiträge zu einer erforderlichen Krankenversicherung im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung des SGB im notwendigen Umfang vom Alg-2-Träger zu übernehmen sei (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 108/10 R – juris, Rn. 35). Erforderlich ist aufgrund der bestehenden Krankenversicherungspflicht aber jedenfalls eine Versicherung im Basistarif. Der Leistungsberechtigte soll aufgrund des ihm in diesem Tarif entstehenden Beitrages nicht mit ungedeckten Beiträgen belastet werden. Der Kläger hatte einen Anspruch gegen sein Versicherungsunternehmen auf Wechsel in den Basistarif (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Versicherungsvertragsgesetz). Er hätte dann den seitens des Versicherungsunternehmens ausgewiesenen individuell günstigeren Tarifbeitrag gezahlt. Ein höherer Beitrag war somit nicht notwendig.
Das auf den konkret-individuellen Beitrag abzustellen ist, ergibt sich auch daraus, dass steuerfinanzierte Leistungen zur Existenzsicherung im Grundsatz nicht weiterreichen, als es zur Sicherstellung des Existenzminimums nötig ist. Im Bereich der Gesundheitsfürsorge wird das Existenzminimum mit einem Krankenversicherungsschutz im Basistarif erreicht, nachdem dieser ein Leistungsniveau wie das in der GKV sicherstellt, § 12 Abs. 1a Satz 1 VAG a. F. Der Großteil der SGB – II – Leistungsbezieher ist aufgrund von § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V in der GKV pflichtversichert. Auch im Bereich des SGB XII werden Leistungen nach § 48 Satz 1 SGB XII entsprechend des Dritten Kapitel, 5. Abschnitt, 1. Titel des SGB V erbracht. Hat der Kläger mithin die Möglichkeit, einen das Existenzminium sichernden Schutz im Basistarif zu einem individuell günstigeren Beitrag zu erlangen, besteht danach kein Anlass, bei Verbleib im Wahltarif den abstrakt halbierten Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen. Der Wechsel in den Basistarif ist auch grundsätzlich zumutbar (BSG, Urteil vom 16. Oktober 2012 – B 14 AS 11/12 R – juris, Rn. 24; BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 8/14 R – juris, Rn. 24). Herangezogen werden kann dabei auch § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen müssen. Hierzu gehört auch der zumutbare Wechsel in den Basistarif.
Anhaltspunkte dafür, dass ein Wechsel in den Basistarif trotz der geplanten Knieoperation unzumutbar gewesen ist oder das menschenwürdige Existenzminium des Klägers tangiert hätte, sind nicht ersichtlich. In der GKV Versicherte haben gem. § 27 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Davon umfasst ist auch die Krankenhausbehandlung. Ein entsprechendes Leistungsniveau muss der Basistarif ebenso bieten. Somit ist auch die medizinisch notwendige Versorgung mit einem künstlichen Gelenk nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im Basistarif versichert. Es kann dahinstehen, ob der Kläger auch das speziell für ihn angefertigte Kniegelenk aus den USA im Basistarif vom Versicherungsschutz umfasst gewesen wäre. Das BSG hat im Bereich des SGB V bereits entschieden, dass eine Spitzenmedizin nicht den Maßstab für Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung bildet. Die Krankenkassen schulden den Versicherten eine bedarfsgerechte und gleichmäßige Versorgung unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der medizinischen Wissenschaft und Technik; sie haben die Leistungen zu gewähren, die zur Heilung und Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend sind. Auf eine optimale, über den beschriebenen gesetzlichen Standard hinausgehende Versorgung besteht kein Anspruch (BSG, Urteil vom 16. Juni 1999 – B 1 KR 4/98 R – juris, Rn. 16). Somit ist eine solche Optimalversorgung auch nicht Inhalt des verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimums.
Gestützt wird die Übernahme des Beitrages nur in Höhe der Hälfte des individuell-konkreten Beitrages im Basistarif auch durch die Neufassung des § 26 SGB II zum 1. Januar 2017. Denn mit dieser wollte der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BSG zu der bis dahin geltenden Rechtslage umsetzen (vgl. BT-Drs. 18/8041, S. 42f.). In den Gesetzesmaterialien zu § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II wird ausgeführt, dass der Zuschuss begrenzt bleibt auf den halbierten Beitrag für den Basistarif, den Hilfebedürftige im Sinne des SGB II für eine Absicherung im bundesweit einheitlichen Basistarif der privaten Krankenversicherung im Einzelfall zu leisten haben (BT-Drs. 18/8041, S. 43). Nach der geltenden Regelung ist somit der individuelle Beitrag maßgeblich (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. April 2021 – L 10 AS 802/19 – juris, Rn. 22). Dies hat sich auch im Gesetzeswortlaut niedergeschlagen, § 26 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. SGB II n. F..
Die Freiheit des Klägers bei der Wahl seines privaten Krankenversicherers wird dadurch nicht eingeschränkt. Würde der Kläger zu einem anderen Krankenversicherungsunternehmen wechseln, erhielte er einen Zuschuss in Höhe des hälftigen Beitrages zu dem Basistarif bei diesem Krankenversicherungsunternehmen.
Die über den halbierten individuellen Basistarif hinausgehenden Beträge sind auch nicht gemäß § 21 Abs. 6 SGB II in der Fassung vom 13. Mai 2011 zu übernehmen. Danach wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Eine atypische Bedarfslage hinsichtlich der den hälftigen Beitrag im Basistarif übersteigenden Beträgen kommt in Betracht, solange es an einer Beratung des Grundsicherungsträgers fehlt und der Kläger deshalb (und nicht aus anderen Gründen, z. B. wegen Versorgungsvorteilen im ursprünglichen Tarif) noch nicht in den Basistarif gewechselt ist (vgl. für den Fall der Übernahme eines Selbstbehaltes: BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 8/14 R – juris, Rn. 28). Das ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Ein Beratungsverschulden des Beklagten ist nicht ersichtlich. Es bestand bereits kein Beratungsbedarf seitens des Klägers, weil er die Möglichkeit, in den Basistarif zu wechseln, bereits vor Beginn des streitigen Zeitraums kannte. Zudem hatte er sich gerade im Hinblick auf Versorgungsvorteile bewusst für einen Verbleib im Wahltarif entschieden.
Auch ein Mehrbedarf wegen unabweisbarer Krankheitskosten im Hinblick auf den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks kommt nicht in Betracht. Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit die Übernahme von Kosten, z. B. für Medikamente, die von der GKV nicht übernommen werden, gem. § 21 Abs. 6 SGB II vom SGB-II-Leistungsträger als Mehrbedarf zu übernehmen sind und insoweit auch eine Übernahme von höheren Beiträgen für eine Krankheitskostenversicherung, die diese Kosten abdeckt, in Betracht kommt. Die Norm erfordert einen laufenden Mehrbedarf. Laufend ist ein Mehrbedarf dann, wenn er prognostisch typischerweise nicht nur ein einmaliger Bedarf ist (BSG, Urteil vom 8. Mai 2019 – B 14 AS 13/18 R – juris, Rn. 29). Das ist beim Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks prognostisch typischerweise nicht der Fall. Einmalige Bedarfe sind erst seit dem 1. Januar 2021 von § 21 Abs. 6 SGB II umfasst. Aufgrund des Geltungsraumprinzips ist die Neufassung des § 21 Abs. 6 SGB II auf bereits abgeschlossene Leistungszeiträume nicht anwendbar.
Der Beklagte hatte in den streitigen Zeiträumen lediglich den hälftigen Beitrag zum individuellen Basistarif zu übernehmen (so auch die Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 26 SGB II, Stand 20. März 2012 Rn. 26.25; 26.27).
Weitere Ansprüche des Klägers hinsichtlich des Beitrages für seine private Pflegeversicherung bestehen nicht. Der Bedarf wegen des Zuschusses zur privaten Pflegeversicherung des Klägers ist in voller Höhe vom Beklagten zu übernehmen (§ 26 Abs. 3 Satz 1 SGB II a. F.). Der Beklagte hat den Zuschuss auch in dieser Höhe übernommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Verfahrensausgang.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 Abs. 2 SGG. Der Senat weicht nicht von einem tragenden Rechtssatz eines der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte, insbesondere nicht von einer Entscheidung des BSG ab. Wie oben dargelegt, hatte das BSG die Rechtsfrage, ob im Rahmen der von ihm entwickelten Gesamtanalogielösung über den halbierten individuellen Basistarif hinausgehende Beträge bis zu Hälfte des maximal möglichen Beitrags im Basistarif zu übernehmen sind, bislang nicht zu entscheiden. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Es handelt sich um ausgelaufenes Recht. Die Norm § 26 SGB II wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2017 geändert. Damit hat der Gesetzgeber die planwidrige Lücke, die bis dahin bestanden hatte und über die vom BSG entwickelte Analogie zu lösen war, geschlossen. Dass noch eine Vielzahl Verfahren nach bisherigem Recht anhängig sein könnten, ist nicht ersichtlich.