I. Die Klage gegen den Bescheid vom 25. Juli 2018 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2019 wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 55.000,- Euro festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger wendet sich dagegen, dass der beklagte Sozialhilfeträger die Ansprüche seine Eltern gegen den Kläger auf Herausgabe der Schenkung eines Wohnrechts nach § 528 BGB auf sich überleitet.
Der 1964 geborene Kläger ist der Sohn der Beigeladenen (geboren 1938) und des am 12.02.2019 verstorbenen E1. (geboren 1935, verheiratet mit der Beigeladenen). Seine Alleinerbin ist laut gemeinschaftlichem Testament vom 19.03.1999 (Seite X. seiner Verwaltungsakte, künftig VM) und der Testamentseröffnung am Amtsgericht am 29.03.2019 (Seite X. VM) die Beigeladene.
Das Ehepaar war Eigentümer und Bewohner eines Einfamilienhauses mit Grundstück von 787 qm Fläche in der R1.Straße in B. in der Nähe von A. Das Ehepaar übergab das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 19.03.1999 an den Kläger. In dem Vertrag behielten sich die Eltern ein lebenslanges Wohnrecht im Erdgeschoss des Hauses plus Kellerraum und Garage vor, das Dritten entgeltlich überlassen werden konnte (Seiten Y.der Verwaltungsakte der Beigeladenen, künftig VB). Das Wohnrecht wurde als Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen. Am 22.08.2014 veranlassen die Eltern die Löschung dieses Wohnrechts ohne vertragliche Gegenleistung (Seite Y. VB).
Bereits am 04.09.2014 stellten die Eltern einen Antrag auf Sozialhilfe beim Beklagten für die Zeit ab 01.12.2014. Die Eltern seien seit Januar 2012 im Alten- und Pflegeheim B1. in S2. wohnhaft. Im Februar bzw. Mai 2015 erfolgte ein Wechsel der Eltern in die Einrichtung N. in M3.-Stadt (Seiten Y. und X. VM). Als Einkommen wurden jeweils Renten angegeben und zwei kleine Lebensversicherungen. Wertpapiere bei I. im Nennwert von 2436,46 Euro waren auf nicht absehbare Zeit unverwertbar bzw. wertlos (Seiten Y. VB).
Mit Bescheid vom 09.06.2015 (Seite Y. VB) wurden der Beigeladenen ab 01.12.2014 Leistungen bewilligt. Die Beigeladene erhielt Leistungen der stationären Hilfe zur Pflege bei einem Heimentgelt von monatlich jeweils 2986,64 Euro und einen Barbetrag von ca. 108,- Euro monatlich sowie Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, weil die Beigeladene nur über eine geringe Rente verfüge. Die Leistungen der Pflegeversicherung von 1064,- Euro (Pflegestufe 1) gingen direkt an die Einrichtung. Die Lebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 900,- Euro diene der Deckung von Sterbefallkosten und sei nicht anrechenbar. Ansonsten liege das Vermögen unter dem Freibetrag von 2600,- Euro.
Mit Bescheid vom 25.06.2015 (Seite X. VM) wurde dem Ehemann ab 01.12.2014 Leistungen der stationären Hilfe zur Pflege bewilligt. Die Alters- und die Betriebsrente wurden auf die Bedarfe der Grundsicherung und den Barbetrag zur persönlichen Verfügung angerechnet. Der darüber liegende Betrag der Renten wurde auf die Fachleistung angerechnet, dabei wurde ein Heimentgelt von monatlich jeweils 2986,64 Euro angesetzt. Die Hilfe wurde in vollem Umfang gegen Kostenbeteiligung erbracht. Die Leistungen der Pflegeversicherung (Pflegestufe 1) gingen direkt an die Einrichtung. Die Lebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 509,- Euro diene der Deckung von Sterbefallkosten und sei nicht anrechenbar. Ansonsten liege das Vermögen unter dem Freibetrag von 2600,- Euro.
Mit Schreiben vom 23.06.2015 wurde der Kläger zur beabsichtigten Anspruchsüberleitung wegen der Schenkung des Wohnrechts angehört (Seite X. VM). Der Bevollmächtigte des Klägers bestellte sich und bat um eine erste Fristverlängerung (Seite X. VM), um eine zweite Fristverlängerung (Seite X. VM), um eine dritte Fristverlängerung (Seite X. VM), um eine vierte Fristverlängerung (Seite X. VM) und um eine fünfte Fristverlängerung (Seite X. VM). Auf eine Erinnerung an eine Stellungnahme (Seite X. VM) kam keine Antwort. Der Beklagte beauftragte den Gutachterausschuss am Landratsamt A1. mit der Verkehrswertermittlung des Wohnrechtes für die Eltern zum Stichtag 22.08.2014 (Seite X. VM). Mit Gutachten vom 30.09.2016 (Seite X. VM) bewertete der Gutachterausschuss das Wohnrecht zum Stichtag mit 55.000,- Euro. Das Gutachten wurde dem Kläger zugeleitet zur Stellungnahme. Eine Stellungnahme erfolgte aber nicht.
Mit Bescheid vom 25.07.2018 (Seite Y. VB) erfolgte die Überleitungsanzeige für den Anspruch der Beigeladenen gegen den Kläger auf Herausgabe der Schenkung aufgrund der unentgeltlichen Löschung des Wohnrechts gemäß § 93 SGB XII. Die Beigeladene erhalte seit 01.12.2014 Hilfe zur Pflege im Pflegeheim S2. bzw. ab 26.02.2015 im Altenpflegeheim N. bei Kosten von derzeit monatlich 2233,63 Euro (Heimkosten abzüglich Ersatzleistungen). Das Ehepaar habe ein Wohn- und Benutzungsrecht an der Immobilie in B2. gehabt und auf dieses unentgeltlich verzichtet, was eine Schenkung darstelle. Weil die Eltern nicht in der Lage seien, die anfallenden Heimkosten zu tragen, bestehe ein Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes nach § 528 BGB. Dieser Anspruch gehe für die Zeit ab 01.12.2014 gemäß § 93 SGB XII auf den Beklagten über. Hierbei werde pflichtgemäß Ermessen ausgeübt. Dabei seien das öffentlichen Interesse am sparsamen Umgang mit Steuermitteln und das Nachrangprinzip zu berücksichtigen. Besondere Lebensumstände des Drittschuldners, die für ein Absehen von der Anspruchsüberleitung sprächen, lägen nicht vor. Mit Bescheid ebenfalls vom 25.07.2018 (Seite X. VM) erfolgte eine entsprechende Überleitungsanzeige für den Anspruch des Ehemanns auf Herausgabe des geschenkten Wohnrechts, wobei die monatlichen Kosten derzeit 919,79 Euro (Heimkosten abzüglich Ersatzleistungen) betragen würden.
Der Kläger legte zwei Widersprüche ein, die er trotz Bitte um Fristverlängerung (Seite Y. VB) nicht begründete. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2019 (Seite X. VM) wurden beide Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung zur Klage, die beim Sozialgericht Würzburg einzureichen sei.
Der in M.-Stadt wohnhafte Kläger erhob am 13.10.2020 Klage zum Sozialgericht München. Die Klagefrist betrage ein Jahr und sei eingehalten. Zur Begründung der Klage wurde auf die zivilgerichtliche Auseinandersetzung zur Umsetzung des Übergangs eines Unterhaltsanspruchs verwiesen. Die Überleitung des Anspruchs nach § 528 BGB sei rechtswidrig. Der Bescheid sei nicht hinreichend bestimmt, weil die Art der Sozialhilfeleistung und auch die genaue Summe des übergeleiteten Anspruchs benannt sein müssten. Die Sozialhilfe sei den Eltern rechtswidrig erbracht worden. Am Tag des Hilfebeginns habe das Vermögen 1.917,14 Euro über den Freibeträgen gelegen. Auch die beiden Lebensversicherungen seien zu verwertendes Vermögen gewesen. Es sei zu Unrecht erweiterte Hilfe nach § 19 Abs. 5 SGB XII bewilligt worden. Außerdem habe eine Schwester des Klägers bereits Unterhaltszahlungen erbracht. Es seien auch hier wie bei einem Anspruchsübergang wegen Unterhaltsansprüchen nach § 94 Abs. 1 Satz 6 SGB XII in der bis Ende 2015 gültigen Fassung 56 % der Unterkunftskosten nach § 105 Abs. 2 SGB XII vom Übergang auszunehmen. Das Ermessen sei nicht richtig ausgeübt worden, insbesondere die familiären und sozialen Belange des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es gebe hier kein sog. intendiertes Ermessen. Der Schenkungsrückforderungsanspruch bestehe offensichtlich nicht. Der Kläger habe die Wohnung der Eltern für viel Geld behinderungsgerecht umbauen lassen, damit die Eltern wieder hätten einziehen können. Der Kläger sei 2016 selbst schwer erkrankt. Der Beklagte habe inzwischen auch vor dem Zivilgericht Klage auf Herausgabe des Geschenkes mit einem Wert von 55.000,- Euro erhoben.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 25.07.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2019 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Sie ist aber unbegründet, weil der strittige Bescheid dem Gesetz entspricht und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist.
1. Die Klagefrist wurde infolge der falschen Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid vom 14.10.2019 (Klage zum Sozialgericht Würzburg) am 13.10.2020 wegen § 66 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) rechtzeitig erhoben. Die Klage ist als isolierte Anfechtungsklage statthaft. Die Leistungsempfängerin wurde gemäß § 75 Abs. 2 SGG notwendig beigeladen; sie ist zugleich Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemanns, so dass sich eine weitere Beiladung erübrigte. Es handelt sich um ein Verfahren nach § 197a SGG.
2. Da die beiden strittigen Bescheide den gesetzlichen Vorgaben von § 93 Abs. 1 SGB XII entsprechen, ist die Klage abzuweisen. Nach dieser Vorschrift kann ein Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an einen Dritten bewirken, dass ein Anspruch von leistungsberechtigten Personen, die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII oder gleichzeitig nach dem Dritten oder Vierten Kapitel erhalten, gegenüber einem Dritten, der kein Leistungsträger im Sinne von § 12 SGB I ist, auf den Träger der Sozialhilfe übergeht. Der Anspruchsübergang erfolgt bis zur Höhe der Aufwendungen des Trägers der Sozialhilfe und er darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 SGB XII (höherer) Aufwendungsersatz bzw. in Fällen des § 92 Abs. 1 SGB XII ein (höherer) Kostenbeitrag zu leisten wäre.
a) Die strittigen Bescheide waren gemäß § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt. Dabei handelt es sich um eine materielle Voraussetzung (BSG, Urteil vom 16.05.2012, B 4 AS 154/11 R, dort Rn. 16). Es wurden sowohl der übergeleitete Anspruch auf Herausgabe der Schenkung des Wohnrechts eindeutig bezeichnet als auch mit § 93 SGB XII die Rechtsgrundlage der Überleitung und die Art der geleisteten Sozialhilfe als Hilfe zur Pflege. Damit sind entsprechend dem Urteil des Bay LSG vom 28.09.2017, L 8 SO 219/15, dort Rn. 42, in den strittigen Bescheiden alle wesentlichen Angaben enthalten. Soweit in einem Eilverfahren einmal die Bezifferung vergangener Leistungen gefordert wurde (Bay LSG, Beschluss vom 13.06.2013, L 8 SO 91/13 B ER, dort Rn. 40), hat sich diese Auffassung zu Recht nicht durchgesetzt. Es geht hier nicht um eine zwangsweise Durchsetzung eines bezifferten Anspruchs, sondern um einen Wechsel der Gläubigerposition. Eine Bezifferung der Leistungen im Einzelnen ist im konkreten Fall auch deshalb überflüssig, weil mit dem jeweiligen monatlichen Leistungsbetrag bei im Wesentlichen gleichbleibenden Verhältnissen die Größenordnung der erbrachten Leistungen feststand. Am 25.07.2018 war mit 136.400,- Euro an Sozialhilfeleistungen (44 Monate mal (900 + 2200)) der Schenkungswert von 55.000,- Euro offenkundig weit überschritten. Inzwischen sind aktuell Leistungen mit rund 203.000,- Euro (50 Monate zu je 900,- Euro für den Ehemann und aktuell 72 Monate zu je 2200,- Euro für die Beigeladene) erbracht worden. Aus demselben Grund kommt es auch nicht darauf an, ob Geschwister des Klägers geringfügige Unterhaltsleistungen an den Beklagten aufgrund von § 94 SGB XII ausgezahlt haben.
b) Die Beigeladene und ihr verstorbener Ehemann sind bzw. waren Inhaber eines Anspruchs gegen den Kläger auf Herausgabe eines Geschenks wegen nachfolgender Verarmung nach § 528 BGB. Sozialgerichte haben anlässlich einer Überleitung nach § 93 SGB X nur die sog. Negativevidenz des übergeleiteten Anspruchs zu prüfen, d.h. der Klage nur stattzugeben, wenn es offensichtlich ist, dass der übergeleitete Anspruch nicht besteht. Die Prüfung, ob dieser Anspruch tatsächlich besteht, ist den Zivilgerichten vorbehalten (BSG, Beschluss vom 25.04.2013, B 8 SO 104/12 B, dort Rn. 8; Bay LSG, Urteil vom 28.09.2017, L 8 SO 219/15, dort Rn. 46). Hier ist nicht offensichtlich, dass der Anspruch nach § 528 BGB nicht besteht. Die Behauptung des Klägers, er habe das Wohnrecht als Gegenleistung für den teuren Umbau der Wohnung für den geplanten Wiedereinzug beider Eltern erhalten, ist durch nichts belegt und auch die zeitliche Abfolge der Ereignisse spricht nicht dafür.
c) Nach zutreffender Meinung (Bay LSG, Urteil vom 25.11.2010, L 8 SO 136/10; Armbruster in Juris-PK SGB XII, § 93 Rn. 47 ff) kommt es auf die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung für die Anspruchsüberleitung grundsätzlich nicht an.
Der Wortlaut von § 93 SGB XII fordert dies nicht. Auch die Bezeichnung als "Leistungsberechtigter" ist nur der Nachfolger von "Hilfebedürftiger" und beinhaltet keine Rechtmäßigkeitsprüfung. Ferner ist auf die Tatbestandswirkung einer bestandskräftigen Leistungsbewilligung zu verweisen. Es gibt auch keinen Grund, einen Beschenkten zu schonen, falls parallel eine Rücknahme einer Leistungsbewilligung gegenüber dem Leistungsberechtigten möglich wäre. Der Leistungsberechtigte hätte auch bei einer rechtswidrigen Leistungserbringung einen Wertezufluss erhalten, dessen Ausgleich der Leistungsträger fordern darf. Allenfalls in Fällen, in denen eine Bewilligung offensichtlich auf einem überwiegenden Fehler der Behörde beruht, erscheint es als denkbar, dem Beschenkten den Einwand zuzugestehen, dass er nicht wegen einer sinnlosen und auf Behördenverschulden beruhenden Leistung seine Schenkung zurückgeben muss. Für einen solchen Ausnahmefall gibt es hier keinen Anhaltspunkt.
Selbst wenn man der Gegenmeinung folgen würde, spräche hier nichts für eine Rechtswidrigkeit der Bewilligungen. Die Eltern des Klägers hatten kein Vermögen über den Freibetrag. Die Kleinstversicherungen waren aufgrund der Versicherungshöhe und der Laufzeit Sterbegeldversicherungen, die nicht anzurechnen waren (Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 6. Auflage 2018, § 90 Rn. 77 mit weiteren Nachweisen). Der Anteil am Wertpapierdepot I. war wertlos.
Der Kläger rügt auch, dass der Beklagte seinen Eltern zu Unrecht sogenannte erweiterte Hilfe nach § 19 Abs. 5 SGB XII nach dem Bruttoprinzip (volle Erbringung der Leistung gegenüber dem Leistungsträger und Zahlung des einzusetzenden Einkommens an den Sozialhilfeträger) erbracht habe. Bereits die Änderung des Wortlautes von § 29 BSHG zu § 19 Abs. 5 SGB XII spricht dagegen, dass für erweiterte Hilfe ein "begründeter Fall" vorliegen muss, weil diese Formulierung fallen gelassen wurde. Außerdem ist auch hier auf die Bestandskraft der Bewilligungen mit dem Bruttoprinzip zu verweisen. Im Urteil vom 20.09.2020, B 8 SO 20/11 R, dort Rn. 16, führte das BSG aus, dass die Sozialhilfe gegen Aufwendungsersatz nach § 19 Abs. 5 SGB XII einen tatsächlichen aktuellen Bedarf voraussetzt, der ohne Eingreifen des Sozialhilfeträgers nicht gedeckt werden würde. Dies schließt zunächst eine erweiterte Hilfe aus, wenn der Bedarf vollständig mit eigenem Einkommen oder Vermögen gedeckt werden kann. Ein striktes Nettoprinzip folgt daraus nicht. Ein Beschenkter kann eine erweiterte Hilfe nach § 19 Abs. 5 SGB XII ohnehin nicht rügen, weil er keinesfalls in eigenen Rechten betroffen ist. Aus seiner Sicht ist ein "Umweg der Eigenmittel über den Sozialhilfeträger" ergebnisneutral und unerheblich. Der Sozialhilfeträger kann ohnehin nur seinen Nettoaufwand geltend machen. Dieser liegt hier ein Vielfaches über dem Wert des Geschenkes.
d) Die Anspruchsüberleitung steht im Ermessen der Behörde. Das Gericht hat lediglich zu prüfen, ob Ermessensfehler vorliegen, § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Ermessensfehler liegen hier nicht vor.
Es ist strittig, ob das Ermessen nach § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII wegen des wichtigen Nachrangprinzips nach § 2 SGB XII ein sogenanntes "intendiertes Ermessen" ist, d.h. regelmäßig für eine Anspruchsüberleitung spricht, wenn kein besonderer Ausnahmefall vorliegt (so z.B. Schellhorn u.a., SGB XII Kommentar, 20. Auflage 2020, § 93 Rn. 11 ff; Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 93 Rn. 24; Bay LSG, 25.11.2010, L 8 SO 136/10, dort Rn. 35). Der Wortlaut von § 93 Abs. 1 SGB XII mit "kann" und eben nicht "soll" gibt aber keinen Hinweis auf eine derartige Ausrichtung des Ermessens. Es ist daher eine normale Ermessensausübung zu fordern, wobei der Nachrang ein gewichtiges Kriterium darstellt (Bay LSG, Urteil vom 28.08.2017, L 8 SO 219/15, dort Rn. 52 ff).
Das Ermessen wurde hier fehlerfrei ausgeübt. Der Beklagte hat erkannt, dass es um eine Ermessensentscheidung geht. Er hat die Belange des Staates (Nachrang, Steuermittel) zutreffend eingestellt. Belange des Betroffenen brauchte er nicht einzustellen, weil der Kläger dazu weder im Anhörungsverfahren noch im Widerspruchsverfahren irgendetwas vorgetragen hatte. Der Beklagte war auch nicht gehalten, Erkenntnisse aus dem familiengerichtlichen Rechtsstreit wegen übergegangenen Unterhaltsansprüchen in das Verwaltungsverfahren einzustellen. Zum einen handelte es sich dabei um ein zivilrechtliches Verfahren, das von einer anderen Verwaltungsstelle betrieben wurde und zum anderen hielt es der Kläger offensichtlich selbst nicht für angezeigt hielt, dieses Verfahren mit dem streitgegenständlichen Verwaltungsverfahren zu verknüpfen, weil er sich im Verwaltungsverfahren auch dazu nicht äußerte.
e) § 105 Abs. 2 SGB XII a.F. ist bei § 94 SGB XII a.F. anzuwenden, nicht bei einem Anspruchsübergang nach § 93 SGB XII. Dies ist dem Wortlaut zu entnehmen. Die Ausnahmeregelung in § 105 Abs. 2 SGB XII ist nicht weitflächig anzuwenden. Die Frage, ob die Ende 2015 aufgehobene Vorschrift in diesem Fall überhaupt anwendbar wäre, kann daher offenbleiben.
f) Die Kausalität des Anspruchsübergangs nach § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB XII ist hier gegeben. Wenn die Leistung (Herausgabe des geschenkten Wohnrechts) des anderen (Kläger) rechtzeitig (mit Verarmung) erfolgt wäre, wäre der Aufwendungsersatz höher gewesen, weil das Wohnrecht auch zur entgeltlichen Vermietung an Dritte berechtigte. Auf die Frage, ob die Eltern die Wohnung ohne behinderungsgerechten Umbau hätten nutzen können, kommt es daher nicht an.
g) Die Härtefallklausel in § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII ist auf den Anspruchsübergang nach § 93 SGB XII nicht anwendbar (Bay LSG, 28.09.2017, L 8 So 219/15, dort Rn. 55 f).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 52 GKG. Strittig ist hier ein auf eine bezifferte Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Auch wenn die strittigen Bescheide den Wert von 55.000,- Euro nicht selbst benennen, geht es um die Überleitung des Anspruchs in dieser Höhe. Dies ist dem Gutachten des Gutachterausschusses, dem Zuleitungsschreiben des Beklagten (Seite X. VM) und der Zahlungsaufforderung vom 27.01.2020 (Seite X. VM) sowie der inzwischen erhobenen zivilgerichtlichen Klage zu entnehmen. Die Beteiligten wurden hierzu in der mündlichen Verhandlung angehört.