Die Norm des § 83 Abs. 4 SGB IX schließt einen Anspruch eines minderjährigen Leistungsberechtigten auf Förderung der Kosten der Beschaffung eines KFZ nach § 83 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB IX nicht aus.
- Den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 2. Februar 2022 wird aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ein Darlehen in Höhe von 4.000,00 Euro für die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs zu bewilligen.
- Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines gerichtlichen Eilrechtsschutzverfahrens um die Gewährung eines Darlehens zur Anschaffung eines Kraftfahrzeugs (KFZ).
Die 2013 geborene Antragstellerin wohnt mit ihren Eltern in C und ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Im Januar 2022 floss dem Vater der Antragstellerin ein Nettolohn der D Ost GmbH in Höhe von 1414,28 Euro und im Februar 2022 in Höhe von 954,22 Euro zu. Gemäß der eidesstattlichen Erklärung der Eltern der Antragstellerin vom 23. März 2022 bestreiten die Familienmitglieder ihren Lebensunterhalt aus einer vollen Erwerbsminderungsrente des Vaters der Antragstellerin, Pflegegeld für die Antragstellerin, Kindergeld und ergänzenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erfolgte am 7. März 2022 für den Zeitraum ab März 2022 ohne Berücksichtigung von Erwerbseinkommen. Die Antragstellerin und ihre Eltern verfügen über kein Vermögen und haben sich erfolglos um einen Privatkredit bemüht.
Die Antragstellerin kam nach einer schwierigen Schwangerschaft und Geburt mit Sauerstoffmangel und Nabelschnurumschlingung zur Welt. Die frühkindliche Entwicklung verlief deutlich verzögert. Bereits frühzeitig erfolgte ihre Anbindung an ein sozialpädiatrisches Zentrum. Sie ging in einen Heilkindergarten und besucht aktuell die 2. Klasse einer Förderschule in L. Für die Fahrten zur Schule wird sie von einem Fahrdienst abgeholt und zurückgebracht. Sie ist im kognitiven Bereich deutlich entwicklungsverzögert. Ihr Entwicklungsstand entspricht dem einer Fünfjährigen. Sie ist durch eine Gesichtsassymetrie äußerlich stigmatisiert und durch eine Seitendifferenz der Muskeleigenreflexe mit deutlichen statomotorischen Unsicherheiten neurologisch beeinträchtigt. Es besteht eine Beinlängerdifferenz von 2 Zentimetern. Sie zeigt massive Sprachprobleme und kann kaum verständlich sprechen. Sie ist weder harn- noch stuhlkontinent. Auf Grund ihrer globalen Entwicklungsstörung, einer Intelligenzminderung und einer leichten Verhaltensstörung bestehen deutliche Einschränkungen in den Bereichen Sprache und Kommunikation, Motorik und Selbständigkeit sowie soziale Integration. Ferner leidet sie an allergiebedingtem Asthma, Neurodermitis, Obstipation, Hörminderung und einer linksventrikulärer kardialen Hypertrophie. Es besteht für sie ein Pflegegrad 3.
Im Ergebnis des vor dem Sozialgericht Cottbus unter dem Aktenzeichen S 26 SB 310/19 geführten Klageverfahrens hat das Landesversorgungsamt für die Antragstellerin einen Gesamt-GdB von 50 sowie die Merkzeichen G und B anerkannt. Die Merkzeichen wurden vergeben, da sie im Straßenverkehr über kein Gefahrbewusstsein verfügt und sich auf Grund der eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten auch auf Wegen, die sie täglich geht, nicht zurecht findet. Da sie nicht lesen und sich nur schwer artikulieren kann, ist sie bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zum Ausgleich ihrer Orientierungslosigkeit auf Hilfe angewiesen. Wegen der motorischen Einschränkungen der Gang- und Standsicherheit bedarf sie beim Ein- und Aussteigen, sowie sofern kein Sitzplatz vorhanden ist, weiterer Hilfe.
Die Antragstellerin und ihr Vater stellten am 26. November 2021 bei dem Beigeladenen einen Antrag auf Gewährung einer Eingliederungshilfe zur Anschaffung eines KFZ. Der Antrag wurde damit begründet, dass der Vater der Antragstellerin sein bisheriges Auto ab Januar 2022 nicht mehr fahren dürfe. Eine Reparatur des Wagens sei nicht möglich, da die Kosten hierfür dessen Wert um das Dreifache überstiegen und er auch das Geld für die Reparatur nicht habe. Er und die Antragstellerin würden aber ein Auto benötigen. Die Antragstellerin müsse häufig zu Fachärzten und zum S nach C und nach L fahren. Den ÖPNV dürfe sie nicht benutzen. Ferner bestünden bei ihr dauerhafte Mobilitätseinschränkungen.
Der Beigeladene leitete diesen Antrag an die Antragsgegnerin weiter, wo dieser am 2. Dezember 2021 einging. Mit dem Bescheid vom 7. Januar 2022 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag vom 26. November 2021 ab. Aus der Weiterleitung des Beigeladenen ergebe sich, dass Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch nicht in Betracht kommen. Da ein KFZ kein Hilfsmittel im Sinne des Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei, könne auch keine Leistung der Krankenkasse gewährt werden.
Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2022 haben die Antragstellerin und ihr Vater gegen die vorgenannte Entscheidung Widerspruch eingelegt. Dieser wurde von der Antragsgegnerin mit dem Widerspruchsbescheid vom 15. März 2022 als unbegründet zurückgewiesen. Seit dem 24. März 2022 ist am Sozialgericht Cottbus hierzu eine Hauptsacheklage der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin anhängig.
Bereits am 11. Januar 2022 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Cottbus einen Eilrechtsschutzantrag gestellt, mit dem sie die Gewährung eines Darlehens für die Anschaffung eines gebrauchten KFZ begehrt. Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, dass sie ein KFZ für die Sicherstellung ihrer ärztlichen Versorgung aber auch als Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben benötige, um den Kontakt mit Freunden, der Familie und Dritten zu erhalten. Sie entwickele in der Enge Panikattacken, was einer Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) entgegenstehe, wenn dieser so voll sei, dass ihr kein Raum bleibe und sie sich nicht bewegen könne. Wenn sie die ganze Zeit stehen müsse, bekomme sie auch Schmerzen in der Muskulatur und werde verbal und körperlich aggressiv. In der Vergangenheit sei sie deshalb bereits mehrfach von Schaffnern und Busfahrern aufgefordert worden, das Verkehrsmittel zu verlassen. Diesen Problemen könne sie nur entgegenwirken, wenn sie mit einem privaten KFZ gefahren werde und Pause einlegen könne, um die Muskulatur durchzubewegen und sich zu beruhigen.
Sie benötige das KFZ für Fahrten zu ihren behandelnden Fachärzten und zur Physiotherapie in C und D wie auch für Fahrten zu Freizeitvergnügen bei K E in E, dem M-Land in P, dem Tland, dem Dpark in G sowie für den Besuch von Tierparks. Diese seien in der Vergangenheit etwa einmal im Monat besucht worden. Ferner hätten in der Vergangenheit mindestens einmal in der Woche Besuche bei ihrer älteren Schwester in D sowie vierteljährlich Besuche bei der Großmutter mütterlicherseits in D sowie bei einem Onkel und der Großmutter väterlicherseits in B stattgefunden. Ferner möchte sie gerne einem Boxclub in C beitreten, sowie zwei Freunde aus der Schule privat treffen. Diese wohnten in V und L. Dieses sei jedoch auf Grund fehlender Verbindungen im ÖPNV wie auch auf Grund der für sie nicht gegebenen Möglichkeit, Busse und Bahnen zu nutzen, derzeit nicht möglich. Ihre Eltern seien bereit, das KFZ für die notwendigen Fahrten zu führen.
Das Sozialgericht hat den Eilantrag mit dem Beschluss vom 2. Februar 2022 abgewiesen. Es fehle an einem Anordnungsgrund, da die Antragstellerin in der Corona-Pandemiezeit ohnehin gehalten sei, ihre Kontakte zu beschränken, so dass für sie keine schwerwiegend Nachteile ersichtlich seien, wenn sie den Ausgang der Hauptsache abwarten müsse. Auch würde die beantragte darlehensweise Gewährung der Leistungen zum Erwerb eines KFZ faktisch zur Vorwegnahme der Hauptsache führen, da die Antragstellerin voraussichtlich nicht in der Lage seien werde, das beantragte Darlehen zurückzuzahlen.
Am 8. Februar 2022 hat die Antragstellerin gegen die vorgenannte Entscheidung Beschwerde erhoben. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass sie grade in der Corona-Zeit als Ersatz für den Ausfall von vielem, was nicht mehr möglich sei, darauf angewiesen sei, Verwandte, Freunde oder auch Tierparks zu besuchen. Da sie bereits retardiert sei und sich noch in der geistigen und körperlichen Entwicklung befinde, sei es wichtig, dass sie durch den Besuch von Verwandten, Freunden und Tier- und Freizeitparks geistig stimuliert werde und ihr Leben nicht nur aus der Schule und dem Zuhause bestehe.
Mit dem Beschluss vom 24. Februar 2022 hat der Senat die Beiladung des Beigeladenen vorgenommen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 2. Februar 2022 abzuändern und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr ein Darlehen in Höhe von 4.000,00 Euro zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde der Antragstellerin als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er weist darauf hin, dass die Antragstellerin auf Grund ihrer Behinderung zwar grundsätzlich für die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt sei. Sie habe aber keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für die Anschaffung eines KFZ als Leistung zur sozialen Teilhabe in der Form von Leistungen zur Mobilität. Hierfür gebe es keine Notwendigkeit. Fahrten zu den behandelnden Ärzten seien von der Antragsgegnerin über Fahrtkostenerstattungen beziehungsweise Krankentransporte zu gewährleisten. Die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sei der Antragstellerin durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel möglich. Die nachgewiesenen Erkrankungen und Behinderungen belegten nicht, dass sie diese nicht nutzen könne. Die von der Behandlerin geschilderte Aggression der Antragstellerin beschränke sich auf den familiären Bereich. Die gegenteilige Behauptung der Eltern reiche als Nachweis für ein aggressives Verhalten im ÖPNV nicht aus. Diese verhielten sich vielmehr dahingehend widersprüchlich, dass sie im sozialgerichtlichen Verfahren das Merkzeichen B für die kostenlose Mitnahme einer Begleitperson in öffentlichen Verkehrsmittel erstritten hätten und andererseits behaupteten, dass die Antragstellerin keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen könne. Ferner bestehe bei minderjährigen Menschen mit Behinderung entsprechend Punkt 4.2 der KFZ-Empfehlung der Bundesgemeinschaft überörtlicher Sozialhilfeträger (BAGüS) allenfalls im Umfang des wegen der Behinderung erforderlichen Mehraufwandes bei der Beschaffung des KFZ einschließlich erforderlicher Zusatzausstattung ein entsprechender Leistungsanspruch. Die Kosten für die Anschaffung eines KFZ seien bei Minderjährigen nicht übernahmefähig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Das Sozialgericht hat eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung eines Darlehens für die Anschaffung eines KFZ zu Unrecht abgelehnt.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch eine summarische Prüfung zu ermitteln (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. April 2021, Aktenzeichen L 7 AS 1178/20 B ER; L 7 AS 1179/20 B, Rn 14, zitiert nach JURIS; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, zu § 86b SGG, Rn 16c, jeweils m.w.N.). Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich. Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005, Aktenzeichen 1 BvR 569/05, Rn 25f.; Keller, a.a.O., Rn 29a m.w.N.).
Die Beschwerde der Antragstellerin ist begründet, da sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht worden sind.
Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache gegenüber der Antragsgegnerin einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur Beschaffung eines KFZ.
Die Antragsgegnerin ist nach § 14 Abs. 2 S. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in Verbindung § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX im Verhältnis zur Antragstellerin allein für die Erbringung der begehrten Sachleistung zuständig. Ein Leistungsanspruch der Antragstellerin gegenüber dem Beigeladenen scheidet bereits vor dem Hintergrund aus, dass dieser ihren Antrag auf Gewährung eines KFZ innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX mit dem Schreiben vom 30. November 2021 an die Antragsgegnerin weitergeleitet hat. Da die Antragsgegnerin zu den in § 6 Abs. 1 SGB IX genannten Rehabilitationsträgern gehört, wird sie hierdurch im Verhältnis zur Antragstellerin nach § 14 Abs. 2 S. 4 SGB IX in Verbindung § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX umfassend leistungspflichtig und hat auch Teilhabeansprüche zu prüfen und gegebenenfalls Teilhabeleistungen zu erbringen, die nicht zu ihrer originären Zuständigkeit im Sinne des § 5 SGB IX gehören (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Januar 2013, Aktenzeichen B 3 KR 5/12, Rn 16, zitiert nach JURIS; Ulrich in jurisPK-SGB IX, 3. Auflage 2018, zu § 14 SGB IX Rn 88 m.w.N.; Jabben in Neumann/Pahlen/GreinerWinkler/Jabben, zu § 14 SGB IX, Rn 12). Die Antragsgegnerin ist als zweitangegangener Rehabilitationsträger an die Entscheidung des Beigeladenen zur Weiterleitung gebunden und kann ihm diese nicht zurückreichen, auch wenn sie mit der Weiterleitung nicht einverstanden ist (Jabben, a.a.O.; Ulrich, a.a.O.). Im Verhältnis zur Antragstellerin ist sie daher auf Grund der Weiterleitung des Beigeladenen auch für die Bewilligung des begehrten Darlehens zur Anschaffung eines KFZ als Eingliederungsleistung nach dem SGB IX allein zuständig geworden.
Die Antragstellerin hat nach den Vorgaben des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) keinen Anspruch gegenüber der Antragsgegnerin auf Gewährung eines Darlehens zur Anschaffung eines KFZ. Die Gewährung von Leistungen für die Beschaffung eines KFZ gehört nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese käme im Krankenversicherungsrecht allenfalls nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB V in Verbindung mit § 33 SGB V als Hilfsmittel zum mittelbaren Ausgleich einer Behinderung der Antragstellerin in Betracht. Vom Umfang der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse ausgeschlossen sind nach § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V Hilfsmittel, die gleichzeitig als Gebrauchsgegenstände des alltäglichen Lebens anzusehen sind. Ein normales KFZ, wie es hier von der Antragstellerin begehrt wird, ist aber ein Gebrauchsgegenstand des alltäglichen Lebens im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V, da KFZ auch von nicht behinderten Personen regelmäßig zur Fortbewegung genutzt werden und nicht für die speziellen Bedürfnisse von kranken oder behinderten Menschen konzipiert und hergestellt werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 21. März 1978, Aktenzeichen 3 RK 61/77, Rn 10f. zu einem normalen Autokindersitz; Nolte in Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Werkstand 117. Ergänzungslieferung, Dezember 2021, zu § 33 SGB V, Rn 22-22c m.w.N.).
Die Antragstellerin hat weiterhin keinen krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf Gewährung von Mitteln für den Erwerb eines KFZ, um zur laufenden Behandlung bei ihren Ärzten zu kommen. Die Leistungen für Krankenfahrten sind im SGB V abschließend in § 60 SGB V sowie der Krankentransportrichtlinie geregelt. Leistungen für die Anschaffung eines KFZ sehen diese Regelungen nicht vor.
Der Antragstellerin steht aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Gewährung der Mittel für ein KFZ als Eingliederungsleistung im Sinne eines Mittels zur soziale Teilhabe zur Seite. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Eingliederungsleistungen zur sozialen Teilhabe ist § 99 Abs. 1 SGB IX in Verbindung mit § 102 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX. Gemäß diesen Normen erhalten Menschen mit Behinderungen im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IX, die wesentlich in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind (wesentliche Behinderung) oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe nach § 90 SGB IX erfüllt werden kann. Die Antragstellerin ist ohne Zweifel im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IX wesentlich schwerbehindert, da sie insbesondere durch ihre geistige Unterentwicklung in ihrer Fähigkeit deutlich einschränkt ist, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben (vgl. hierzu: Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013, Aktenzeichen B 8 SO 18/12 R, Rn 13, zitiert nach JURIS). Ferner würde die Gewährung eines KFZ ihr die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Sinne des § 90 SGB IX erleichtern, da ihr ermöglicht oder zumindest wesentlich erleichtert würde, ihre Familie und Verwandte zu besuchen, regelmäßig in C bei einem Boxclub zu trainieren, Freunde zu treffen und in Tier- und Freizeitparks zu fahren. Fahrten zu Ärzten oder Therapeuten können wegen der vorgenannten abschließenden krankenversicherungsrechtlichen Regelung zur Sicherstellung des Krankentransports einen teilhaberechtlichen Anspruch indes nicht begründen (vgl. SG Itzehoe, Beschluss vom 21. August 2018, Aktenzeichen S 45 SO 43/18 ER, Rn 9; Luthe in jurisPK-SGB IX, a.a.O., Rn 10). Daher gehört die Antragstellerin zu den dem Grunde nach gemäß §§ 99, 102 SGB IX für die Gewährung von Eingliederungsleistungen leistungsberechtigten Personen.
Die Antragstellerin hat nach der derzeit bekannten Sach- und Rechtslage mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch einen teilhaberechtlichen Anspruch auf Gewährung der Anschaffungskosten für ein KFZ. Als Teil der Leistungen zur sozialen Teilhabe können nach § 113 Abs. 2 S. 7 SGB IX in Verbindung mit § 114 SGB IX auch Leistungen der Mobilität gewährt werden. Bezüglich des Umfangs der Leistungen der Mobilität verweist § 114 SGB IX wiederum auf § 83 SGB IX mit der zusätzlichen Maßgabe, dass der Leistungsberechtigte ständig auf die Nutzung des KFZ angewiesen seien muss und abweichend von § 83 Abs. 3 S. 2 die Vorschriften der §§ 6 und 8 der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung nicht maßgeblich sind. Zu den Leistungen zur Mobilität gehören nach § 83 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB IX auch Leistungen zur Beschaffung eines KFZ. Diese Leistung steht zur Überzeugung des Senats grundsätzlich auch minderjährigen Leistungsberechtigten wie der Antragstellerin zur Verfügung. Dem steht auch die Regelung des § 83 Abs. 4 SGB IX in der ab dem 1. Januar 2020 gültigen Fassung nicht entgegen. Zwar sagt diese aus, dass bei minderjährigen Leistungsberechtigten die Leistungen für ein KFZ nach § 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB X den wegen der Behinderung erforderlichen Mehraufwand bei der Beschaffung des Kraftfahrzeugs sowie die nach § 83 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB IX erforderliche Zusatzausstattung umfassen. Dieses besagt im Umkehrschluss aber nicht, dass die Leistungen für die Beschaffung eines KFZ nach § 83 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB IX für minderjährige Leistungsberechtigte nicht zu Verfügung stehen. Dieses ergibt sich insbesondere aus der Gesetzesbegründung zur Einführung des zum 1. Januar 2020 neu gefassten § 83 SGB IX, gemäß dem der neue explizite Leistungstatbestand „Leistungen zur Mobilität“ dem geltenden Recht und der Praxis entsprechend soll (vgl. BT-Drs 18/9522, Seite 265). Nach dem bis dahin geltenden Recht bestand nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber auch für Minderjährige die Möglichkeit, im Rahmen von Eingliederungshilfemaßnahmen durch die Gewährung der Kosten der Beschaffung eines KFZ gefördert zu werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013, a.a.O., Rn 15ff). Diese Rechtsprechung war dem Gesetzgeber auch bekannt, da er in der Gesetzesbegründung zu § 114 SGB IX auf die vorgenannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Bezug nahm und sie beibehalten wollte (vgl. BT-Drs. 18/9522, S. 286). Ziel des Gesetzgebers war daher die ausdrückliche Kodifizierung der bisherigen Rechtslage und nicht eine gravierende Einschränkung der Leistungsansprüche minderjähriger Leistungsberechtigter im Vergleich zu der vorher bestehenden Rechtslage. Die für minderjährige Leistungsberechtigte eingeführte Regelung des § 83 Abs. 4 SGB IX ergänzt daher als spezifische Regelung für minderjährigen Leistungsberechtigte die in § 83 Abs. 3 SGB IX die zur Verfügung stehenden Leistungen zur Mobilität um den Anspruch für den Mehraufwand für die Anschaffung eines größeren KFZ und eine kinderspezifischen Zusatzausstattung, ohne den Leistungskatalog aus § 83 Abs. 3 SGB IX einzuschränken (so zutreffend: Joussen in Dau/Düwell/Joussen/Luik, Kommentar zum SGB IX, 6. Auflage 2022, Rn 6; Luthe, a.a.O., Rn 38 am Ende „im Übrigen gilt auch hier der gesamte Leistungskatalog des § 38 Abs. 3 SGB IX“; so wohl auch Jabben in Beck OK Sozialhilferecht, 64. Edition, Stand 1. September 2020, zu § 83 SGB IX, Rn 4), so dass der zu restriktiven Auslegung des § 83 Abs. 4 SGB IX in Punkt 4.2 der KFZ- Empfehlung der BAGüS nicht gefolgt werden kann. Dieses folgt letztlich auch daraus, dass eine Auslegung des § 83 Abs. 4 SGB IX im Sinne der BAGüS dazu führen würde, minderjährige Leistungsberechtigte im Sinne des § 83 SGB IX, deren Eltern über kein Auto verfügen und die auch nicht die finanziellen Mittel haben, ein Auto zu erwerben, ohne sachlichen Grund wesentlich schlechter zu stellen als volljährige Leistungsberechtigte und sie bei den Möglichkeiten der sozialen Integration zu benachteiligen, was nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz in Einklang zu bringen wäre (diesbezüglich ausführlich und zutreffend: v. Boetticher, Das neue Teilhaberecht, 2. Auflage 2020, S. 200-202).
Die Antragstellerin hat zur Überzeugung des Senats auch hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie im Sinne des § 114 SGB IX und § 83 Abs. 2 S. 1 SGB IX auf die ständige Nutzung eines privaten KFZ angewiesen ist und sie insbesondere die für ihre soziale Teilhabe notwendigen Fahrten nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, ergänzt durch einzelne Fahrdienste, zurücklegen kann. Hierfür genügt dem Senat im Rahmen des gerichtlichen Eilrechtsschutzes die eidesstattliche Versicherung des Vaters der Antragstellerin vom 14. Januar 2022, dass diese in beengten Situationen bei hohem Fahrgastaufkommen Panikattacken erleidet und insbesondere wenn sie lange stehen muss, Muskelschmerzen entwickelt und dann verbal und körperlich aggressiv wird, so dass sie bereits mehrfach von Schaffnern und Busfahrern aufgefordert wurde, den Zug beziehungsweise den Bus zu verlassen. Diese eidesstattliche Versicherung des Vaters ist aus Sicht des Senats nachvollziehbar und plausibel. Zwar werden weder Muskelschmerzen bei längerem Stehen noch eine Agoraphobie von Seiten der behandelnden Ärzte und des Gutachters Herrn P in seinem Gutachten vom 15. November 2021 als Beschwerden beziehungsweise Erkrankungen der Antragstellerin benannt. Jedoch ergibt sich aus den beigezogenen ärztlichen Unterlagen, dass die Antragstellerin insbesondere bei Frustration etwa gegenüber ihrer Schwester auch körperlich aggressiv wurde und dass für sie eine Verhaltensstörung diagnostiziert wurde. Da die Antragstellerin zusätzlich intelligenzgemindert und in ihrer Entwicklung zurückgeblieben ist, sie insbesondere bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nach den Feststellungen von Herrn P orientierungslos ist, ist es für den Senat nachvollziehbar, wenn die Eltern der Antragstellerin das Auftreten von Panikattacken und ein verbal und körperlich aggressives Verhalten der Antragstellerin in überfüllten Bussen und Zügen beschreiben. Dabei ist es ebenfalls nicht unplausibel, dass bei der auch körperlich deutlich behinderten Antragstellerin in überfüllten Zügen und Bussen bei längerem Stehen Muskelschmerzen als Grund für eine Aggression und sozial unangemessenes Verhalten auftreten können. Die Antragstellerin ist nach den gutachterlichen Feststellungen von Herrn P bei Bestehen einer Beinlängendifferenz von zwei Zentimetern und gestörten Muskeleigenreflexe sowie einer daraus resultieren Geh- und Standunsicherheit beim Aus- und Einsteigen sowie beim Stehen im ÖPNV auf fremde Hilfe angewiesen. Damit wird für den Senat nachvollziehbar, dass längeres Stehen die Antragstellerin vergleichsweise mehr belastet als einen körperlich gesunden Menschen und zu Muskelschmerzen und daraus resultierend auch zu aggressivem Verhalten führen kann. Zwar ist zu beachten, dass der ÖPNV verpflichtet ist, behinderte Menschen zu transportieren und hierauf eingerichtet zu sein (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. Dezember 2018, Aktenzeichen L 9 SO 175/18 B ER, Rn 11 m.w.N., zitiert nach JURIS). Trotzdem kann der Antragstellerin gerade bei überfüllten Zügen und Bussen kein Sitzplatz im ÖPNV garantiert werden.
Die Antragstellerin wird durch die Gewährung von Leistungen für die Beschaffung eines KFZ auch in die Lage versetzt, das Eingliederungsziel der sozialen Teilhabe zu erreichen, da insbesondere im Sinne des § 83 Abs. 2 S. 2 SGB IX durch ihre Eltern gewährleistet ist, dass das KFZ auch für die notwendigen Leistungen gefahren werden kann.
Die Antragstellerin ist weiterhin im Sinne des § 114 Nr. 1 SGB IX ständig auf die Nutzung des KFZ angewiesen. Ein ständiges Angewiesensein im Sinne der vorgenannten Norm kommt nur in Betracht, wenn das KFZ nicht nur vereinzelt oder gelegentlich genutzt wird. Der Gesetzgeber fordert vielmehr eine vergleichbare Nutzungsintensität wie bei einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl. BT-Drucks. 18/9522, S. 286). Daraus folgt, dass der Leistungsberechtigte für die gesellschaftliche Eingliederung zumindest mehrmals in der Woche auf die Nutzung des KFZ angewiesen sein muss (vgl. Luthe, a.a.O., zu § 114 SGB IX, Rn 11; Winkler, a.a.O., zu § 114 SGB IX, Rn ; Zinsmeister in Dau/Düwell/Joussen/Luik, a.a.O., zu § 114 SGB IX, Rn 3). Was notwendige Fahrten im Sinne des § 114 SGB IX sind, insbesondere in welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behindertes Kind am Leben in der Gesellschaft teilnimmt, ist dabei abhängig von dessen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner angemessenen Wünsche sowie der Wünsche der Eltern, orientiert am Kindeswohl (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013, a.a.O., Rn 15). Mit Rücksicht darauf, dass die Antragstellerin den angemessenen Wunsch hat, für ihre soziale Integration einem Sportverein in C beizutreten und dort regelmäßig zu trainieren, Freunde in Nachbarorten zu besuchen, wöchentlich ihre Schwester in D zu besuchen sowie zumindest einmal im Monat in Tier- und Freizeitparks zu fahren und darüber hinausgehend noch einmal im Quartal ihre jeweiligen Großmütter zu besuchen, ist sie wöchentlich mehrmals und damit nach Einschätzung des Senats im Sinne des § 114 Nr. 1 SGB IX ständig auf die Nutzung eines KFZ angewiesen.
Vor dem Hintergrund, dass die Antragsteller wöchentlich mehrfach auf die Nutzung eines privaten KFZ angewiesen ist und sie im Rahmen ihrer berechtigten Wünsche für die soziale Eingliederung zum Teil weitere Fahrten zu ihrer Schwester und ihren Großmüttern zurücklegen muss, ist die Anschaffung eines KFZ im Vergleich zu den alternativ zu übernehmenden Kosten für einen Beförderungsdienst im Sinne des § 83 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX auch im Sinne des § 83 Abs. 2 S. 2 SGB zumindest auf mittlere Sicht wirtschaftlich, zumal die Antragstellerin im Eilrechtsschutzverfahren glaubhaft gemacht hat, ein geeignetes KFZ für 4.000,00 Euro erwerben zu können.
Mit Rücksicht darauf, dass die Familie der Antragstellerin nur über ein Einkommen unterhalb der Grenze des § 136 Abs. 2 SGB IX und über kein einzusetzendes Vermögen im Sinne des § 138 SGB IX verfügt und auf ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewiesen ist, werden die minderjährige Antragstellerin und deren Eltern mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit kein Einkommen oder Vermögen für die Beschaffung des KFZ einzusetzen haben.
Da zur Überzeugung des Senats der geltend gemachte Anordnungsanspruch auf die Mittel für die Beschaffung eines KFZ mit überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht, sind an den Anordnungsgrund im Sinne des § 86b SGG vergleichsweise geringere Anforderungen zu stellen (vgl. Keller, zu § 86b SGG, Rn 29a). Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage des Antragstellers unzumutbar erscheinen lässt, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen, ebenso schwerwiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen vorliegen beziehungsweise glaubhaft gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne einer objektiven und konkreten Gefahr unmittelbar bevorsteht (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 22. März 2022, Aktenzeichen L 8 SO 49/21 B ER, Rn 27; Keller, a. a. O., § 86b Rn. 27a).
Die Nachteile für eine Zuwarten auf den Ausgang der Hauptsache wiegen für die Antragstellerin schwer. Da ihre Eltern über keine finanziellem Mittel verfügen, um ein KFZ anzuschaffen, müsste die Antragstellerin auf die notwendige und angemessenen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zumindest weitgehend verzichten, was für ihre persönliche Entwicklung mit hoher Wahrscheinlichkeit abträglich wäre. Dabei ist zu beachten, dass die Antragstellerin die bis zum Abschluss der Hauptsache nicht mögliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bei einem Obsiegen schon auf Grund des Zeitablaufs gar nicht oder kaum noch nachholen kann, zumal das Risiko besteht, dass sie auf Grund der nicht ermöglichten Teilhabe dann sogar das Interesse an der gesellschaftlichen Integration ganz oder teilweise verloren hat. Demgegenüber steht das Interesse der Antragsgegnerin an der rechtmäßigen Verwendung der Haushaltsmittel, das insofern zurücktreten muss, da das Risiko, diese Mittel möglicherweise bei einem Obsiegen in der Hauptsache nicht zurückerlangen zu können, gegenüber dem vorbeschriebenen Risiko, das die Antragstellerin trägt, zurücktreten muss.
Schließlich steht auch das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache dem Erlass einer einstweiligen Anordnung im Fall der Antragstellerin nicht entgegen. Die Antragsgegnerin hat bei einem Obsiegen in der Hauptsache gegenüber den Antragstellerin einen Rückgewährungsanspruch. Die Problematik der Durchsetzbarkeit dieses Anspruchs stellt keine Unmöglichkeit der Rückabwicklung sondern nur ein Vollstreckungsrisiko der Antragsgegnerin dar (vgl. Keller, a.a.O., Rn 31 m.w.N.). Der vom Sozialgericht zitierten Gegenauffassung ist aus Sicht des Senats nicht zu folgen, da sie mittellose Antragsteller entgegen der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz in gerichtlichen Eilverfahren faktisch immer rechtlos stellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Hauptsacheverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt dieser aus Gründen der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO) selbst, weil er keine Anträge gestellt und somit kein Kostenrisiko übernommen hat (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Juni 2007, Aktenzeichen B 6 KA 37/06 R, Rn 38, zitiert nach JURIS).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar.