L 32 AS 2716/14

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 99 AS 30606/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 2716/14
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

 

Die Berufung wird zurückgewiesen.

 

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

 

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 01. September 2011 bis 31. Oktober 2011.

 

Die 1955 geborene Klägerin, die Diplomfinanzwirtin ist, ist geschieden (Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 15. Dezember 2000 – 134 F 8145/00). Aus der geschiedenen Ehe mit R D sind die beiden Kinder, der 1984 geborene D und die 1991 geborene J hervorgegangen.

 

Die Klägerin bewohnte im streitigen Zeitraum in der F  in B ein Reihenhaus auf einem 525 qm großen Grundstück mit einer Gesamtwohnfläche von 90 qm, das mittels Gas beheizt wurde. Als Kosten für Heizung und Unterkunft waren nach ihren Angaben zu zahlen: 116,00 Euro monatlich für Gas, 398,35 Euro für Grundsteuer, 192,91 Euro für Wohngebäudeversicherung, 249,60 Euro für Straßenreinigung und Müllgebühren, 63,72 Euro für Schornsteinfegerkosten, 176,00 Euro für Trinkwasser und 176,00 Euro für Schmutzwasser, außerdem ca. 14,13 Euro monatlich für einen Kabelanschluss.

 

Der Klägerin war an diesem Hausgrundstück ein lebenslanger Nießbrauch (Wohnrecht), im Grundbuch eingetragen am 25. November 2003, durch notariellen Vertrag vom 15. Januar 2002 von ihrer Tochter als Eigentümerin eingeräumt worden. Mit diesem notariellen Vertrag hatte die Tochter das Hausgrundstück zum Kaufpreis von 217.300,00 Euro gekauft. Die Klägerin hatte sich in diesem notariellen Vertrag verpflichtet, ihrer Tochter schenkungsweise 217.300,00 Euro zur Begleichung des Kaufpreises zu überlassen. Zugleich war der Anspruch auf Erfüllung des Schenkungsversprechens sicherungshalber an den Verkäufer abgetreten worden. Die Tochter der Klägerin war als Eigentümerin des Hausgrundstücks am 26. September 2002 ins Grundbuch eingetragen worden.

 

Mit Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 27. Dezember 2005 (38 IK 212/05) wurde über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt T O zum Treuhänder bestellt. Zwischenzeitlich ist das Insolvenzverfahren aufgehoben (Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 6. März 2017).

 

Auf die Anträge der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Mai 2005, Oktober 2005, März 2006, Mai 2006, Oktober 2006 und April 2007, in denen sie ihre aus dem Beamtenverhältnis resultierenden laufenden Bezüge nicht angegeben hatte, waren ihr Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 27. Mai 2005 bis 30. November 2007 bewilligt worden, die nach Bekanntwerden beim Beklagten zur  Einstellung der Zahlung ab 1. September 2007 führten.

 

In einem Schreiben vom 05. Januar 2009 hatte die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg zu dem dort anhängigen Verfahren 80 DB 6.08 mitgeteilt, dass die Klägerin mit Ablauf des 08. Mai 2008 alle Rechte aus ihrem Beamtenverhältnis verloren habe und die Zahlung der Bezüge mit Ablauf des 31. Mai 2008 eingestellt worden sei. Diese Entscheidung beruhte auf dem Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 08. Mai 2008 (OVG 80 D 2.07).

 

Mit Bescheid vom 28. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2009 hatte der Beklagte Leistungen nach dem SGB II abgelehnt: Ausweislich des Urteils des OVG Berlin-Brandenburg vom 8. Mai 2008 bestünden erhebliche Anhaltspunkte, dass die Klägerin über ausreichend Mittel verfüge, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Es werde (dort) ausgeführt, dass sie aus dem Scheidungsverfahren im Jahre 2001 noch über einen Geldbetrag von 250.000,00 Euro verfüge, dessen Verbleib jedoch ungeklärt sei. Auf gerichtliche Aufforderungen, die Vermögensverhältnisse gänzlich offen zu legen, habe sie nicht reagiert. Auch auf das Schreiben vom 06. April 2009 seien keine weiteren Unterlagen eingereicht worden. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2010, mit Bescheid vom 10. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2010 und mit Bescheid vom 27. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2010 waren weitere Anträge der Klägerin abgelehnt worden: Die Klägerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bzw. an ihren Angaben, über keinerlei Einkommen und Vermögen zu verfügen, bestünden ernsthafte Zweifel. Weitere Anträge der Klägerin hatte der Beklagte mit Bescheid vom 13. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2010, mit Bescheid vom 16. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2010, mit Bescheid vom 5. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2010 und mit den Bescheiden vom 1./8. Dezember 2010 und vom 5. April 2011 jeweils ebenfalls mit der Begründung, an den Angaben der Klägerin, über keinerlei Einkommen und Vermögens zu verfügen, bestünden ernstliche Zweifel, die sie nicht habe ausräumen können, abgelehnt.

 

Mit Beschluss vom 07. Juli 2011 (S 26 AS 14236/11 ER) lehnte das Sozialgericht Berlin (erneut) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Zum Sachverhalt führte es u. a. aus: Am 14. November 2009 habe die Klägerin bei der Polizei den Diebstahl von 460.000,00 Euro angezeigt und dabei angegeben, das Geld, das ihrem Sohn gehören würde, habe sie von mehreren Banken abgehoben und im Keller ihres Reihenhauses an verschiedenen Stellen deponiert. Bis zum 15. August 2010 habe ein Hausverwaltervertrag vom 13. Januar 2003 zwischen der S und der Mutter der Klägerin über die Verwaltung des Hauses Ustraße  / Fstraße  bestanden. Die Mutter sei im Jahr 2006 verstorben. Die Hausverwaltervergütungen hätten in den Jahren 2005 bis 2008 zwischen 8.780,00 Euro und 9.070,00 Euro jährlich betragen und seien jedenfalls zuletzt auf ein Bankkonto der Klägerin ausgezahlt worden. Das Kündigungsschreiben der Erbengemeinschaft vom 11. August 2010 sei ausweislich der im Verfahren S 158 AS 27450/09 erfolgten Mitteilung des Vertreters der Erbengemeinschaft nebst Anlagen mit einem Schreiben beantwortet worden, dessen Schriftbild der Handschrift der Klägerin stark ähnele und das mit dem Namen der bereits verstorbenen Mutter der Klägerin unterzeichnet gewesen sei. Zur Begründung wurde ausgeführt: Einen Anordnungsanspruch habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Keine ihrer wenigen Angaben habe sie glaubhaft gemacht. Auch habe sie ungeachtet einer diesbezüglichen Aufforderung weder ihre Wohnverhältnisse noch ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse und deren Entwicklung substantiiert dargelegt. Überdies habe sie noch bis Mai 2011 über zwei – im Insolvenzverfahren nicht angegebene – Bankkonten bei der D  mit einem Guthaben von zuletzt insgesamt rund 12.800,00 Euro verfügt, von denen sie regelmäßig Telekommunikations-, Kabelfernseh- und Versicherungsgebühren bezahlt habe. Während die Klägerin auch im hiesigen Verfahren leugne, Einkünfte aus einer Hausverwaltertätigkeit erzielt zu haben, sei die Kammer überzeugt, dass sie diese – nach Mitteilung des Vertreters der Hauseigentümer Dr. K im zum Aktenzeichen S 158 AS 27450/09 geführten Verfahren entgeltliche - Tätigkeit jedenfalls nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 2006 bis zur Kündigung des Hausverwaltervertrages im August 2010 selbst unter dem Namen ihrer verstorbenen Mutter ausgeübt habe. Überdies spreche die unverkennbare Ähnlichkeit der Handschrift in dem mit dem Namen der verstorbenen Mutter der Klägerin unterzeichneten Antwortschreiben auf das Kündigungsschreiben der Hauseigentümer mit der Handschrift der Klägerin dafür, dass diese selbst unter dem Namen ihrer verstorbenen Mutter versucht habe, eine Fortsetzung der Hausverwaltertätigkeit zu erreichen.

 

Die Klägerin befand sich von 12. Juli 2011 bis 29. September 2011 in Untersuchungshaft (vgl. Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. Mai 2013 <571> 93 Js 2313/09 Ns <34/11>).

 

Mit Schreiben vom 30. September 2011 beantragte die Klägerin beim Beklagten am 05. Oktober 2011 erneut Leistungen nach dem SGB II. Sie gab an, kein Einkommen zu haben. Sämtliche Konten seien vom Insolvenzverwalter gepfändet.

 

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2011 lehnte der Beklagte den Antrag ab: Die Vermögensverhältnisse seien nicht ausreichend nachgewiesen und glaubhaft gemacht. Aufgrund dessen könnten die Zweifel an einer Vermögenslosigkeit nicht ausgeräumt werden. Außerdem blieben die Wohnverhältnisse ungeklärt. Mit dem dagegen am 24. Oktober 2011 eingelegten Widerspruch trug die Klägerin vor, ihre Vermögensverhältnisse seien nachgewiesen, da sie im privaten Insolvenzverfahren sei und sämtliche Konten vom Insolvenzverwalter gepfändet seien. Da Sie keinerlei Einkommen habe, könne sie auch die Betriebskosten zurzeit nicht bezahlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück: An den Angaben der Klägerin, über keinerlei Einkommen und Vermögen zu verfügen, bestünden ernsthafte Zweifel. Die Zweifel habe die Klägerin bisher nicht ausräumen können.

 

Am 20. Oktober 2011 stellte die Klägerin beim Beklagten einen weiteren Antrag auf Leistungen nach dem SGB II, mit dem sie ergänzend angab, sie lebe von Betteln und Stehlen.

 

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2011 lehnte der Beklagte mit derselben Begründung auch diesen Antrag ab. Mit dem dagegen am 27. Oktober 2011 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, keine Leistungen zum Lebensunterhalt von anderen zu erhalten. Sie habe weder Strom, Gas noch Telefon. Lebensmittel erhalte Sie über die Kirche. Sie habe nur Schulden. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2011 wies der Beklagte den Widerspruch aus denselben Gründen zurück.

 

Am 25. November 2011 stellte die Klägerin beim Beklagten einen erneuten Antrag auf Leistungen nach dem SGB II, der mit Bescheid vom 22. Januar 2012 abgelehnt wurde.

 

Gegen die beiden Widerspruchsbescheide hat die Klägerin jeweils am 21. November 2011 (gesondert) Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben.

 

Mit Beschluss vom 29. April 2012 hat das Sozialgericht die beiden Klageverfahren miteinander verbunden.

 

Die Klägerin hat vorgetragen, die Konten ihrer Tochter J seien vom Insolvenzverwalter bereits 2008 gepfändet worden. Sie habe nur ein Konto bei der Sparkasse in Höhe von 32,91 Euro. Der Beklagte unterstelle Vermögen, welches sie nicht habe. Ihm liege die Aufstellung des Vermögensverwalters L über gepfändete Konten ihrer Tochter J vor. Zuletzt sei ihr Girokonto bei der D  vom Insolvenzverwalter Rechtsanwalt O gepfändet worden. Ehemalige Kautionskonten auf ihren Namen seien Fremdgeld und im Besitz des Hauseigentümers R D. Sie habe keine Geldeinnahmen. Telefon, Strom und Gas seien abgestellt. Sie habe keine Einnahmen aus Hausverwaltungen gehabt. Sie habe ihrer Tochter und ihrem Sohn jeweils eine Lebensversicherung über 600.000,00 Euro eingerichtet gehabt. Vom Girokonto bei der D  seien die Hauskosten, Telefon etc. gezahlt worden. Die 923,41 Euro auf diesem Konto seien Fremdgeld, da es sich um ein Kautionskonto handele. Zwischenzeitlich sei das P-Konto bei der S eingestellt worden, da sie die Bankgebühren nicht gezahlt habe. Wegen Nichtzahlung der Raten sei ihr auch das Wasser abgestellt worden. Sie habe keine Konten mehr. Sie sei gezwungen, zur Diakonie zu gehen, um Lebensmittel zu erhalten. Sie habe Zuhause nur noch ein Bett. Seit 2007 lebe sie vom Betteln. Sie würde, wenn es gut gehe, am Tag etwa 10 Euro einnehmen. Bei den Kirchengemeinden in P und K bekäme sie teils auch 10,00 oder 20,00 Euro Bargeld. Dort gehe sie aber lediglich zweimal im Monat hin. Zwischenzeitlich habe sie wieder Strom. Das Protokoll über die Augenscheineinnahme sei insoweit zu ergänzen, dass alle dort genannten Gegenstände alt, defekt oder nicht bezahlt seien. Das gelagerte Essen (Dosen) sei älter als das Haltbarkeitsdatum. Die Gastherme sei außer Betrieb. Wenn man der Auffassung sei, dass sie noch verwertbares Vermögen habe, seien der Insolvenzverwalter O als Zeuge zu laden und die Akten des Privatinsolvenzverfahrens beizuziehen.

 

Das Sozialgericht hat im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhaltes am 16. Oktober 2012 Beweis durch Augenscheinnahme der Wohnung der Klägerin erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 16. Oktober 2012 (nebst Fotos) verwiesen.

 

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 14. Oktober 2014 die Klage abgewiesen: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, denn sie verfüge über Vermögen, das eine Hilfebedürftigkeit ausschließe. Wegen der weiteren Begründung hat es insbesondere auf das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2014 im Verfahren S 167 AS 1324/12 Bezug genommen. Mit diesem Urteil hatte das Sozialgericht die Klage auf Verurteilung zu Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01. November 2011 bis 31. März 2012 abgewiesen und dazu ausgeführt: Die Herkunft der ursprünglichen Summe von 1.565.448,40 Euro auf dem Konto der Klägerin sei weiter ungeklärt. Auch der Verbleib der Summe in Höhe von 471.660,14 Euro – nachdem eine Million Euro angelegt worden seien und nur noch ein Restbetrag auf dem Konto der Tochter verblieben sei - habe vom Kammergericht (Beschluss vom 5. Juni 2009 – 13 UF 113/08) nicht aufgeklärt werden können. Während des Insolvenzverfahrens habe die Klägerin drei Kraftfahrzeuge erwerben können. Die Herkunft des hierfür erforderlichen Geldes habe sie in keinem der Fälle von ihr nachvollziehbar dargelegt. Vielmehr habe sie widersprüchliche und unrichtige Angaben getätigt. In dem Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht S 205 AS 1324/12 ER habe sie geäußert, sie habe den VW Polo mit dem amtlichen Kennzeichen  im Jahr 2007 bei einem VW-Händler gegen einen zuvor verunfallten VW-Golf Variant eingetauscht. Der Polo sei bereits im Jahr 2008 verkauft worden. Aus den Feststellungen des mittlerweile rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Tiergarten vom 29. November 2011 zum Aktenzeichen (258) 1 BRA Js 2965/10 Ls 4/11) gehe hingegen aufgrund der dort verlesenen Rechnungen über den VW-Polo hervor, dass dieser von der Klägerin am 03. Juli 2007 für 13.800,00 Euro beim Autohaus B erworben worden sei. Dieser Polo sei am 11. Februar 2011 durch die Polizei beschlagnahmt und durch das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten eingezogen worden. Unmittelbar nach der Beschlagnahme des VW-Polo sei am 21. Februar 2011 der PKW Ford Fiesta mit dem amtlichen Kennzeichen  auf die Klägerin zugelassen worden, welchen diese unmittelbar zuvor für einen Kaufpreis von 3.000,00 Euro erworben gehabt habe. Hinsichtlich der Herkunft des hierfür erforderlichen Geldbetrages habe die Klägerin keine substantiierten bzw. widerspruchsfreien Angaben getätigt. Aus dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2011 (S 116 AS 22062/08) sowie aus dem Zwischenbericht des Insolvenzverwalters O vom 22. Dezember 2011 gehe hervor, dass die Klägerin sehr wohl Einkünfte aus einer Tätigkeit als Hausverwalterin erzielt habe, auch wenn der entsprechende Vertrag auf den Namen ihrer verstorbenen Mutter gelautet habe. Die Klägerin habe jedenfalls noch bis August 2010 entsprechende Vergütungen auf ihr Girokonto erhalten und sei die verfügungsberechtigte Ansprechpartnerin der Verwaltung Grundstück  gewesen. Auch wenn diese Tätigkeit vor dem hiesigen Leistungsantrag geendet habe, lasse das Beharren der Klägerin, ihre Angaben seien korrekt, erhebliche Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftigkeit der von ihr im hiesigen Verfahren getätigten Angaben aufkommen. Bezüglich ihrer Angabe, sie habe weder Strom noch Telefon im hier streitgegenständlichen Zeitraum in der Wohnung besessen, sei die Klägerin in der mündlichen Verhandlung mit dem Protokoll des Ortstermins vom 16. Oktober 2012 im Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin S 99 AS 30606/11 konfrontiert worden, bei welchem die gleichlautenden Angaben vom dortigen Vorsitzenden überprüft und sämtlich als unzutreffend festgestellt worden seien. Die gänzlich unsubstantiierte Angabe, sie habe durch einen kurzfristigen Wechsel des Stromanbieters wieder auf Strom zurückgreifen können, habe nicht überzeugt, denn auf entsprechende Fragen habe die Klägerin keine Antworten geben können. Im Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin S 26 AS 14236/11 habe die Klägerin auf die Frage des dortigen Vorsitzenden, wer ihr das Geld für den Erwerb des Kraftfahrzeuges Ford Fiesta mit dem amtlichen Kennzeichen  zur Verfügung gestellt habe, erklärt, dies stamme von der V & K Werbeagentur. Aus den Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Tiergarten vom 29. November 2011 gehe jedoch im Übrigen hervor, dass die V & K Werbeagentur bereits seit Anfang 2010 nicht mehr unter diesem Namen firmiere. Des Weiteren habe die Klägerin im Verfahren S 205 AS 1324/12 ER mitgeteilt, dass das Geld für den Erwerb des PKW Ford Fiesta aus einem Darlehen der C M stamme. Bis zum Juni 2011 habe die Klägerin über ein Girokonto bei der D  (Konto-Nr.: ) verfügt, welches bis zu seiner Auflösung durch den Insolvenzverwalter Rechtsanwalt O am 10. Juni 2011 ein Guthaben in Höhe von 31.875,28 Euro aufgewiesen habe. Dieses Vermögen habe die Klägerin nicht angegeben gehabt. Schließlich habe bei der Klägerin noch im Januar 2014 ein Betrag in Höhe von 17.000,00 Euro in bar gepfändet werden können, hinsichtlich deren Herkunft sie angegeben habe, das Geld sei ihr von einer Bekannten zur Begleichung ihrer Rechtsanwaltskosten im Dezember 2014 überlassen worden. Dieser Vortrag habe nicht überzeugen können, denn die Klägerin lebe nach eigenen Angaben bereits seit 2011 ohne jegliches Vermögen ausschließlich von Lebensmittelspenden, vom Betteln und Stehlen. Das Auftreten immer neuer Geldquellen lasse die Kammer zu dem Schluss gelangen, dass dem Vortrag der Klägerin insgesamt kein Glaube zu schenken sei, zumal diese erwiesenermaßen auch in der Vergangenheit nicht davor zurückgeschreckt sei, gefälschte Dokumente zu ihrer Entlastung in das gegen sie geführte Strafverfahren einzuführen (Hinweis auf u. a. das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 29. November 2011). Bezeichnenderweise habe die Klägerin gemäß den Tatsachenfeststellungen dieses Urteils Urkunden, welche als Urheber die auch im hiesigen Verfahren genannte Frau F wie die Gesellschafter der V & K Werbeagentur ausgewiesen hätten, gefälscht. Im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht Tiergarten seien alle drei als Zeugen vernommen worden, wodurch das dortige Schöffengericht zu der Überzeugung gelangt sei, dass die drei Zeugen keinesfalls Urheber der tatsächlich von der Klägerin ausgestellten Urkunden gewesen seien.

 

Gegen den ihr am 17. Oktober 2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 22. Oktober 2014 eingelegte Berufung der Klägerin.

 

Sie verweist darauf, dass das Hausgrundstück F  am 6. Januar 2014 durch den Insolvenzverwalter O zwangsgeräumt und veräußert worden sei. Aus den Insolvenzakten könnten sämtliche Kontenpfändungen, PKW-Pfändungen und der Grundstücksverkauf nachvollzogen werden. Auch könne dazu der Insolvenzverwalter O als Zeuge vernommen werden. Die Summe der damals nach der Scheidung 2001 existierenden 1.565.448,40 Euro hätten aus dem Verkauf der Miethäuser Pstraße , K-M-Straße , Bstraße  und Vstraße  gestammt. Dieses Geld sei in Lebensversicherungen für ihre Kinder (jeweils 600.000,00 Euro) angelegt worden. Das Geld sei von ihren Kindern aufgelöst und verwertet worden. Außerdem habe sie damals das Grundstück F  gekauft und instandgesetzt. Die Schenkungen habe sie anwaltlich widerrufen, jedoch bis heute kein Geld erhalten. Das im Zeitpunkt der Scheidung vorhandene Geld sei somit nicht mehr vorhanden. Einnahmen aus der Hausverwaltung habe sie nicht gehabt. Sie habe lediglich monatlich die entstandenen Auslagen für das Grundstück Ustraße / Fstraße  vom Eigentümer erstattet erhalten. In 2010 seien derartige Auslagenerstattungen nicht mehr erfolgt. Im streitigen Zeitraum habe sie kein verwertbares Vermögen gehabt. Sie habe sich im Privatinsolvenzverfahren befunden.

 

Die Klägerin beantragt,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. Oktober 2014 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2011 und des Bescheides vom 24. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2011 den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01. September 2011 bis 31. Oktober 2011 zu gewähren.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Er meint, die Klägerin habe in keinster Weise glaubhaft dargelegt, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum kein Vermögen gehabt habe, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (Band I bis VII; ), der weiteren Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin (S 99 AS 18133/09 ER – L 18 AS 1135/09 B ER, S 130 AS 45611/09 ER – L 18 AS 329/10 B ER, S 121 AS 28267/10 ER – L 18 AS 2245/10 B ER, S 96 AS 15837/10 ER, S 190 AS 14791/11 ER – L 10 AS 1155/11 B ER, S 205 AS 1324/12 ER – L 29 AS 552/12 B ER, S 175 AS 656/13 ER – L 14 AS 1799/13 B ER sowie S 116 AS 22062/08L 18 AS 1753/11, S 158 AS 27450/09 – L 29 AS 2744/14, S 148 AS 25807/10 – L 5 AS 725/12, S 26 AS 14236/11 – L 31 AS 194/14, S 167 AS 1324/12 – L 14 AS 1536/14), der Insolvenzakte des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg 38 IK 212/05 und der Strafakten des Amtsgerichts Tiergarten (258) 1 BRA Js 2965/10 Ls (4/11) und 571 – 34/11, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen. 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

 

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2011 und der Bescheid vom 24. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2011 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. September 2011 bis 31. Oktober 2011, denn es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin hilfebedürftig war.

 

Wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat, beschränkt sich der streitige Zeitraum ausgehend von dem mit Schreiben vom 30. September 2011 beim Beklagten am 5. Oktober 2011 eingegangenen und dem am 25. November 2011 gestellten weiteren Antrag auf Leistungen nach dem SGB II allenfalls auf den Zeitraum vom 1. September 2011 bis 31. Oktober 2011. Dies folgt zum einen aus § 37 Abs. 2 SGB II, wonach Leistungen nach diesem Buch nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden und der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Ersten des Monats zurückwirkt. Zum anderen ergibt sich dies aus der Zäsurwirkung eines beschiedenen Folgeantrages. Wurden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II insgesamt abgelehnt, ist zwar in der Regel über den geltend gemachten Anspruch bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu entscheiden (Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R – Rdnr. 15, abgedruckt in BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 4). Dies gilt jedoch nicht, wenn auf einen Folgeantrag des Klägers der Beklagte mit einem weiterem Bescheid entweder erneut die Leistungsgewährung ablehnt (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2007 – B 14/11b AS 59/06 – Rdnr. 13, abgedruckt in NJW 2008, 2458; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 – B 4 AS 29/12 R, Rdnr. 11, zitiert nach juris) oder ab einem späteren Zeitraum bewilligt (BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 – B 4 AS 9/09 R – Rdnr. 10, abgedruckt in SGb 2010, 367). In diesem Fall endet der Zeitraum, für den die erste ablehnende Entscheidung Wirkung entfaltet, mit dem Zeitpunkt vor der Erteilung des weiteren Bescheides über die Ablehnung (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2007 – B 14/11b AS 59/06 – Rdnr. 13), richtigerweise mit dem Zeitpunkt vor der Antragstellung (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 – B 4 AS 29/12 R, Rdnr. 11) bzw. für die Zeit der Änderung des § 37 Abs. 2 SGB II ab 01. Januar 2011 (Gesetz vom 24. März 2011 – BGBl I 2011, 453) wegen § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II, wonach der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Ersten des Monats zurück wirkt, mit dem Zeitpunkt vor Beginn der Rückwirkung oder mit dem Zeitpunkt vor Beginn der nachfolgenden Leistungsgewährung (BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 – B 4 AS 9/09 R – Rdnr. 10).

 

Rechtsgrundlage eines Anspruchs der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II ist § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB II, § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II und § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl I 2011, 850).

 

Danach gilt: Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Arbeitslosengeld II. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB II). Als Regelbedarf werden bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 364 Euro anerkannt (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

 

Die dafür erforderlichen Voraussetzungen bestimmt § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die

1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II (also mindestens das 65. Lebensjahr) noch nicht erreicht haben,

2. erwerbsfähig sind,

3. hilfebedürftig sind und

4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben

(erwerbsfähige Leistungsberechtigte).

 

Die im August 1955 geborene Klägerin, die sich damit in den Grenzen der maßgebenden Lebensjahre befand, war erwerbsfähig. Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein konnte (§ 8 Abs. 1 SGB II), liegen nicht vor. Sie hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Es lässt sich allerdings nicht feststellen, dass sie auch hilfebedürftig war.

 

Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II).

 

Es ist nicht zur vollen Überzeugung des Senats erwiesen, dass die Klägerin ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus zu berücksichtigendem Vermögen oder Einkommen sichern konnte. Die von ihr in zahlreichen insbesondere gerichtlichen Verfahren gemachten Angaben zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen sind teilweise falsch und teilweise widersprüchlich, sodass der Senat ihrem Vorbringen, (auch) im streitigen Zeitraum weder Einkommen noch insbesondere Vermögen gehabt zu haben, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestritten hatte, nicht zu glauben vermag. Dies gilt zum einen deswegen, weil bei der am 6. Januar 2014 erfolgten Räumung des Grundstücks F  unter anderem Bargeld in Geldscheinen i.H.v. 23.355 Euro bei der Klägerin gefunden wurden (Schreiben des Treuhänders Rechtsanwalt O vom 22. Januar 2014 an das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Band V, S. 224 der Insolvenzakten; Schlussbericht dieses Treuhänders vom 18. Oktober 2016, S. 20 und 21) und die Klägerin darüber hinaus im November 2016 Inhaberin eines Kontos bei der S-Bank mit einem Guthaben i. H. v. 12.677,53 Euro war (Schreiben des Treuhänders Rechtsanwalt O vom 25. November 2016 an das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Band VII, S. 61 der Insolvenzakten). Dies gilt zum anderen, weil der Verbleib von ca. 400.000 bzw. 460.000 Euro letztlich nicht hinreichend nachvollziehbar durch die Klägerin erklärt werden kann.

 

Ob der Klägerin im Dezember 2013 von B B ein Darlehen i. H. v. 17.000 Euro für ausstehende Rechtsanwaltskosten gewährt wurde, wie die Klägerin nach der Sitzungsniederschrift vom 28. April 2014 im gerichtlichen Verfahren S 167 AS 1324/12 erklärt hat, sei dahingestellt. Der am 6. Januar 2014 aufgefundene Bargeldbetrag beläuft sich jedenfalls auf 23.355 Euro, welches die Klägerin mit Schreiben vom 16. Mai 2014 gegenüber dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (Band V, S. 240 der Insolvenzakten) mit der Begründung um Herausgabe verlangte, es sei zur Zahlung einer Rechtsanwaltsrechnung geliehen worden. Auch insoweit zeigen sich Widersprüche bezüglich der Höhe des vermeintlich geliehenen Betrages zur Zahlung einer Rechtsanwaltsrechnung.

 

Zwischenzeitlich hat die Klägerin im Berufungsverfahren allerdings erstmalig eingeräumt, dass die Summe der damals nach der Scheidung 2001 existierenden 1.565.448,40 Euro aus dem Verkauf von Miethäusern gestammt habe. Dieser Betrag befand sich im November 2005 auf dem Konto Nr.  der B Bank (Beschluss des Kammergerichts vom 5. Juni 2009 - 13 UF 113/08 unter Hinweis auf einen von Rechtsanwalt L, dem in diesem Verfahren für die Tochter J handelnden Vermögenssorgepfleger, eingereichten Kontoauszug). Dieses Konto wurde nach der Auskunft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 7. Juni 2010 am 28. September 2004 errichtet. Zu welchem Zweck dieses Konto auf den Namen der Tochter J eingerichtet worden war, bleibt unklar. Jedenfalls hatte die Klägerin das auf diesem Konto vorhandene Guthaben verschwiegen, als sie aufgefordert worden war, ein Vermögensverzeichnis für die Tochter anzulegen (Beschluss des Kammergerichts vom 5. Juni 2009, a.a.O.). Die seinerzeit von der Klägerin zur Herkunft dieses Betrages gemachten Angaben, Hinweis auf Vermächtnisse des Großvaters mütterlicherseits und einer Großtante, sah das Kammergericht als Behauptung ohne jegliche Substanz an, zumal die Klägerin der Aufforderung des Kammergerichts, die Herkunft dieses Vermögens zu belegen, nicht nachgekommen war. Das Kammergericht meinte, es liege ganz offensichtlich der Verdacht nahe, dass die Klägerin sich selbst als vermögenslos darstelle und Gelder in ganz erheblichem Umfang vor Einleitung des Insolvenzverfahrens auf dem Namen der Tochter angelegt habe. Dies belege auch der Versuch, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (mit Beschluss des Amtsgerichts T vom 27. Dezember 2005) einen eigenen Kommanditanteil (an der Immobilien-Vermietungsgesellschaft RKG i.H.v. 51.129,19 Euro (vergleiche dazu das Schreiben dieser Immobilien-Vermietungsgesellschaft vom 2. November 2005) im Wege der Schenkung der Tochter zu übertragen. Wie das Kammergericht anhand des genannten Kontoauszuges weiter feststellte, wurden vom Guthaben i. H. v. 1.565.448,40 Euro 200.000 Euro und 400.000 Euro in Lebensversicherungen zugunsten der Tochter J (vergleiche dazu das Schreiben der G Lebensversicherung AG vom 25. April 2013 in der Gerichtsakte S 175 AS 656/13 ER - L 14 AS 1799/13 B ER, wonach man nicht im Jahr 2001, aber in späteren Jahren Einzahlungen i. H. v. 600.000 Euro von J D bzw. von deren Konto erhalten habe) und weitere 400.000 Euro auf ein Konto der D-Bank Luxemburg, welches ebenfalls auf den Namen der Tochter J gelautet habe, angelegt. Dieses Guthaben sei am 18. Oktober 2007 durch die Klägerin aufgelöst worden und auf das Konto der Tochter J bei der B Bank transferiert worden, welches zum 1. Dezember 2008 einen Stand von 93.788,26 Euro aufgewiesen habe. Für das Kammergericht waren mithin, da die Klägerin keine weiteren Angaben gemacht hatte, der Verbleib der restlichen 500.000 Euro und knapp weiteren 300.000 Euro völlig ungeklärt.

 

Im gerichtlichen Verfahren S 175 AS 656/13 ER - L 14 AS 1799/13 B ER teilte die Klägerin mit, nachdem sie 2005 an Krebs erkrankt sei, habe sie für jedes Kind je 600.000 Euro (400.000 Euro + 200.000 Euro) in Lebensversicherungen angelegt gehabt. 365.000 Euro seien ihr gestohlen worden. Ebenfalls seien ihr die Kontoauszüge im November 2011 gestohlen worden. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 17. April 2013 führte die Klägerin aus, ihr seien 460.000 Euro am 7. November 2009 gestohlen worden. Da sei sie von R B zusammengeschlagen worden. Als sie deswegen im Krankenhaus gewesen sei, sei sie bestohlen worden. Es sei richtig, dass sie 460.00,00 Euro in bar zu Hause gehabt habe. Jedes ihrer Kinder habe 600.000 Euro für die Lebensversicherung bekommen, als sich herausgestellt habe, dass sie Krebs habe. Das sei 2001 gewesen. Seit 2003 habe sie sich nicht mehr untersuchen lassen.

 

Mit dem bereits genannten Schreiben der G Lebensversicherung AG vom 25. April 2013 wird zwar eine Einzahlung von 600.000 Euro zwar nicht für 2001, aber für eine spätere Zeit für eine Lebensversicherung von J D bestätigt. Eine solche Lebensversicherung auch für ihren Sohn D konnte die G Lebensversicherung AG hingegen nicht betätigen. Allerdings teilte in jenem gerichtlichen Verfahren der Treuhänder Rechtsanwalt O unter dem 30. April 2013 mit, dass ihm bekannt sei, dass Lebensversicherungsverträge mit Kapitalwerten in der genannten Höhe von jeweils 600.000 Euro für beide Kinder bestünden, er allerdings nichts über eine Schenkung dazu wisse.

 

Die von der Klägerin gemachten Angaben, woher die gestohlenen 365.000 Euro bzw. 460.000 Euro stammen, sind widersprüchlich. So gab sie im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 17. April 2013 im gerichtlichen Verfahren S 175 AS 656/13 ER - L 14 AS 1799/13 B ER an, es habe sich nicht allein um ihr Geld gehandelt. Damals habe ihr damaliger Freund, F S, bei ihr gelebt. Der Großteil sei sein Geld gewesen, ca. 10.000 Euro hätten ihr gehört. Demgegenüber gab sie bei der am 14. November 2009 bei der Polizei erfolgten Anzeige eines Diebstahls von 460.000 Euro an, das Geld, das ihrem Sohn gehören würde, habe sie von mehreren Banken abgehoben und im Keller ihres Reihenhauses an verschiedenen Stellen deponiert (vgl. dazu den entsprechenden Bericht des Polizeipräsidenten von Berlin; Beiheft zum gerichtlichen Verfahren S 26 AS 14236/11 – L 31 AS 194/16). Zu letztgenanntem Sachverhalt ist im Schlussbericht des Polizeipräsidenten in Berlin vom 25. März 2010 (250 Ds 59/10 1 Bra Js 2965/10, Bd. II, Seite 21) zu entnehmen, dass aufgrund verschiedener Umstände sich der Verdacht erhärtet habe, dass die Klägerin noch immer im Besitz größerer Bargeldbeträge sei. Dazu liegt ein weiterer Bericht (a.a.O., Seite 19) vor, in dem erwähnt wird, dass bei der Vollstreckung von Vorführ- und Haftbefehle diverser Gerichte im Rahmen der Zuständigkeit der A 47 die Klägerin immer wieder in der Lage gewesen sei, sehr hohe Geldbeträge von über 1000 Euro sofort zu bezahlen, und diese aus dem Keller oder einem Versteck in der Küche entnehme.

 

Nach alledem erweist sich das Vorbringen der Klägerin, im streitigen Zeitraum über kein Vermögen verfügt zu haben, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestritten hatte, als nicht glaubhaft.

 

Die Klägerin machte wiederholt unrichtige Angaben.

 

Mit Schreiben vom 6. August 2004 hatte sie dem Finanzamt Neukölln-Nord (Band I, S. 17 Insolvenzakte) mitgeteilt, kein pfändbares Vermögen zu besitzen. Zu diesem Zeitpunkt bestand noch nicht das im Namen ihrer Tochter J am 28. September 2004 eröffnete Konto Nummer bei der B Bank.

 

In ihren Anträgen auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von Mai 2005, Oktober 2005, Mai 2006, Oktober 2006 und April 2007 hatte sie ihre aus dem Beamtenverhältnis resultierenden laufenden Bezüge nicht mitgeteilt, weswegen ihr zu Unrecht Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 27. Mai 2005 bis 30. November 2007 (bei Einstellung der Leistungszahlung ab 1. September 2007) bewilligt worden waren. Sie wurde deswegen vom Amtsgericht Tiergarten mit Urteil vom 21. Juni 2011 (326) 93 Js 3113/10 Ls (34/10) wegen Betruges in fünf Fällen im besonders schwerem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

 

In den Unterlagen zum Eröffnungsantrag des Insolvenzverfahrens vom 6. Juni 2005 und vom 7. Oktober 2005 gab sie unter anderem an, bis auf Bargeld i. H. v. 300 Euro bzw. i. H. v. 1.200 Euro über kein Vermögen insbesondere Guthaben auf Konten zu verfügen. Ihr lebenslanger Nießbrauch am Hausgrundstück in der F  in B gab sie nicht an. Sie teilte mit, Wohnkosten von 460 Euro (400 Euro Kaltmiete, 60 Euro Nebenkosten) zu haben.

 

Nach dem Gutachten in dem Insolvenzeröffnungsverfahren des Rechtsanwalts O

(Band I, S. 93 Insolvenzakte) musste sie allerdings einzuräumen, dass sie einen großen Betrag im Februar 2005 von einem Konto einer Bekannten abgehoben und von diesem Betrag die ganze Zeit gelebt habe. Unter dem 7. April 2006 hatte Rechtsanwalt O dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (Band I, S. 126 Insolvenzakte) mitgeteilt, dass die Klägerin einer Kommanditbeteiligung i.H.v. 51.129,19 Euro habe. Sie werde außerdem von ihrem Lebensgefährten Herrn S monatlich mit mindestens 3000 Euro unterstützt. Außerdem sei bekannt geworden, dass die Klägerin als Hausverwalterin tätig sei.

 

Diese Hausverwaltung betraf das Objekt U   in B der S Erbengemeinschaft (der Erbengemeinschaft G R), vertreten durch Dr. R K. Dr. R K hatte in seinem Schreiben vom 30. Mai 2008, das Gegenstand in der Strafsache gegen die Klägerin beim Amtsgericht Tiergarten (330 Ds) 3 WI Js 1560/09 (90/10) war, erklärt, der Hausverwaltervertrag mit entsprechender Vergütung sei zum 1. Februar 1987 zwischen Herrn D und der Erbengemeinschaft abgeschlossen worden. Eine Änderung bzw. Ergänzung sei am 7. Dezember 1998 dokumentiert worden, dergestalt, dass die Stellung der Klägerin im Innenverhältnis festgeschrieben worden sei. Über die Vergütung sei keine Änderung veranlasst worden. Der Hausverwaltervertrag mit Herrn R D sei mit Schreiben vom 6. Januar 2001 beendet worden. Die Hausverwaltung habe zunächst die Klägerin übernommen, seit einigen Jahren obliege die Hausverwaltung Frau H. Der zwischen der S Erbengemeinschaft und E H geschlossene Hausverwaltervertrag datiert vom 13. Januar 2003 (Band II, S. 72 zu den Strafakten des Amtsgerichts Tiergarten (258) 1 BRA Js 2965/10 Ls (4/11) und 571 – 34/11). E H verstarb am 9. März 2006. Mit Schreiben vom 11. August 2010 kündigte Dr. K (gegenüber E H) den Hausverwaltervertrag mit sofortiger Wirkung (vgl. Sonderband I, S. 75, zu den Strafakten des Amtsgerichts Tiergarten (258) 1 BRA Js 2965/10 Ls (4/11) und 571 – 34/11). Das Konto der verstorbenen Mutter der Klägerin E H bestand bei der Sparkasse mit der Kontonummer , das 2007 vom Bruder der Klägerin aufgelöst worden war (so Schreiben der Rechtsanwältin L an das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg vom 3. Dezember 2007, Band II, S. 112 der Insolvenzakten). Es handelte sich um das Hausverwalterkonto, wovon 5,7 vom Hundert der monatlichen Einnahmen an die Hausverwaltung gingen (so der als Zeuge vernommene Dr. K in der Strafsache gegen die Klägerin beim Amtsgericht Tiergarten (330 Ds) 3 WI Js 1560/09 (90/10; vgl. dazu auch die dort vorgelegten Kontoauszüge) mit unterschiedlichen Einkünften zwischen 660 und 920 Euro (vgl. dazu das Urteil dieses Amtsgerichts vom 15. Mai 2012). Wie dieser Zeuge weiter bekundete, sind von Januar 2008 bis Dezember 2008 die entsprechenden Überweisungen auf das Konto der Klägerin bei der D Bank AG mit der Kontonummer  erfolgt. Dieses Konto wurde nach der Auskunft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 17. Juni 2010 am 19. Juli 2007 errichtet. Es wurde am 1. Februar 2009 aufgelöst. Als Hausverwalterkonto diente danach das zum 5. Dezember 2008 errichtete Konto mit der Konto-Nr.  bei der D Bank (vergleiche dazu die Kontoauszüge Bd. IV der Insolvenzakten, S. 86 ff.).

 

Mit Schreiben vom 23. August 2006 teilte Rechtsanwalt O dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (Bd. I der Insolvenzakten, S. 213) mit, die Klägerin habe gegen ihren ehemaligen Lebensgefährten B S am 30. Mai 2006 Strafanzeige wegen Unterschlagung gestellt. Die Klägerin habe ihm einen Betrag in Höhe von mindestens 25.000 Euro im Februar 2006 leihweise übergeben, den dieser in seinem Haus in einem Safe, zudem allein die Klägerin Zugang gehabt habe, verwahrt habe.

 

Von dem im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2014 - S 167 AS 1324/12 dargestellten Sachverhalt und den dort wiedergegebenen Angaben der Klägerin hat sich der Senat anhand der Strafakte des Amtsgerichts Tiergarten (258) 1 BRA Js 2965/10 Ls 4/11 und der Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin S 26 AS 14236/11 und S 205 AS 1324/12 ER / L 29 AS 552/12 ER überzeugen können.

 

Obwohl die Klägerin angegeben hat, zu Hause nur noch über ein Bett zu verfügen, hat die am 16. Oktober 2012 durchgeführte Augenscheinnahme der Wohnung der Klägerin zahlreiche weitere Gegenstände (u. a. im Wohnraum einen Fernsehapparat, einen Plattenspieler, eine Mikro-Stereoanlage, einen DVD-Spieler, eine vollständig eingerichtete Einbauküche, im Schlafraum ein Laptop, ein älteres Fernsehgerät, einen größeren Flachbildschirm-Fernsehapparat, verschiedene Telefongeräte, einen dicht mit verschiedensten Kleidungsstücken gefüllten Kleiderschrank sowie ein beidseitig bezogenes Doppelbett, im Keller einen Toplader der Marke Bosch, eine Reihe von Regalen gefüllt mit verschiedensten Getränken und Lebensmitteln) offenbart. Es ist dabei ebenfalls festgestellt worden, dass die Stromversorgung nicht unterbrochen ist. Die bei dieser Augenscheineinnahme gemachte Angabe der Klägerin, mit keinem der vorgefundenen Telefone könne sie anrufen, hat sich hinsichtlich des Telefons mit der Nummer  nicht bestätigt.

 

Nach alledem steht für den Senat fest, dass die Klägerin über weiteres Vermögen verfügte und dieses auch tatsächlich für den Lebensunterhalt im streitigen Zeitraum einsetzte. Die Klägerin hat nicht nachvollziehbar den Verbleib des oben genannten Vermögens offengelegt; vielmehr ist ihr Vorbringen widersprüchlich und inkonsistent, sodass der Senat nicht hat nachvollziehen können, inwieweit tatsächlich kein vorhandenes Vermögen mehr im streitigen Zeitraum vorhanden war, welches die Freibetragsgrenze nach § 12 SGB II unterschritt.

Die Freibetragsgrenze betrug bei der im August 2011 56 Jahre alten Klägerin 9.150 Euro (8.400 Euro Grundfreibetrag, 750 Euro Freibetrag für notwendige Anschaffungen).

 

Vom Vermögen sind nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 4 SGB II abzusetzen: ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner,  mindestens aber jeweils 3.100 Euro; der Grundfreibetrag darf für jede volljährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jeweils den nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB II maßgebenden Höchstbetrag (also 9.750 Euro bei Personen, die vor dem 1. Januar 1958 geboren sind) nicht übersteigen, sowie ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten.

 

Die dargelegten Umstände begründen mithin massive Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin, die die Konsequenz der Beweislosigkeit zu tragen hat (zur Beweislast bei Umständen in der Sphäre eines Beteiligten: BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 – B 4 AS 41/15 R, Rdnr. 30; zur allgemeinen Beweislast für die Hilfebedürftigkeit: BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 6/08 R, Rdnr. 19).

 

Regelungen des Insolvenzrechts gebieten kein anderes Ergebnis, auch wenn die Klägerin unter (ggf. strafrechtlich bewehrtem) Verstoßes dagegen der Insolvenzmasse Vermögen entzogen hat, das sie zur Bestreitung ihres Unterhalts einsetzte.

 

Nach § 80 Abs. 1 InsO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über, wobei nach § 313 Abs. 1 Satz 1 InsO die Aufgaben des Insolvenzverwalters von dem Treuhänder (§ 292 InsO) wahrgenommen werden, wenn der Schuldner eine natürliche Person ist, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat (§ 304 Abs. 1 Satz 1 InsO). Damit verliert der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, über sein Vermögen zu verfügen und dieses zu verwalten. An seine Stelle tritt nach wohl herrschender Meinung der Insolvenzverwalter (Treuhänder) als Partei kraft Amtes. Ein Verlust des Eigentumsrechts ist damit jedoch nicht verbunden, sodass der Schuldner Rechtsträger der ihm gehörenden Vermögenswerte bleibt (Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 88. Lieferung 05.2021, § 35 InsO, Rdnr. 4).

 

Nach § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Allerdings gehören nach § 36 Abs. 1 InsO Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850 a, 850 c, 850 e, 850 f Abs. 1, §§ 850 g bis 850 i, 851 c und 851 d ZPO gelten entsprechend. Nicht zur Insolvenzmasse zählen die zum gewöhnlichen Hausrat gehörenden Sachen (§ 36 Abs. 3 InsO). Mit § 36 Abs. 1 InsO wird damit auf die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 811 ff ZPO abgestellt.

 

Die Insolvenzmasse wird durch das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners negativ abgegrenzt. Insolvenzfrei sind alle höchstpersönlichen Rechte des Schuldners, die keine Vermögensrechte sind (z. B. das allgemeine Persönlichkeits- und Namensrecht sowie das Urheberpersönlichkeitsrecht). Insolvenzfrei sind ferner die in § 36 Abs. 1 und 3 InsO genannten und die durch den Insolvenzverwalter aus der Masse durch Freigabe entlassenen Vermögensgegenstände, nicht aber der Neuerwerb (Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 88. Lieferung 05.2021, § 35 InsO, Rdnr. 31)

 

In die Insolvenzmasse fallen grundsätzlich alle beweglichen Gegenstände, deren Eigentümer der Schuldner ist. Einlagen des Schuldners auf Bank- und Girokonten einschließlich Kautionsguthaben und des pfändungsfreien Teils auf P-Konten gehören, abgesehen von Gemeinschaftskonten, zur Insolvenzmasse (Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 88. Lieferung 05.2021, § 35 InsO, Rdnrn. 54, 86).

 

Ausgehend von diesen Vorschriften wurden somit alle o. g. Vermögenswerte, die die Klägerin bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 27. Dezember 2005 hatte oder die sie danach (bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 6. März 2017) erwarb, zur Insolvenzmasse.

 

Nach § 278 Abs. 1 InsO ist der Schuldner - allerdings nur im Rahmen der Eigenverwaltung (§§ 270 bis 285 InsO) - berechtigt, für sich und die in § 100 Abs. 2 Satz 2 InsO genannten Familienangehörigen aus der Insolvenzmasse die Mittel zu entnehmen, die unter Berücksichtigung der bisherigen Lebensverhältnisse des Schuldners eine bescheidene Lebensführung gestatten. Der Schuldner erlangt durch § 278 InsO eine direkte Entnahmeberechtigung, ein Beschluss der Gläubigerversammlung ist - anders als bei § 100 InsO - keine Voraussetzung. Der Schuldner ist auch nicht an die Bewilligung des Sachwalters gebunden. § 278 InsO gibt dem Schuldner nur das Recht, der Masse die Mittel zu entnehmen, die seinen unentziehbaren Mindestanspruch decken (Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 88. Lieferung 05.2021, § 278 InsO, Rdnr. 5).

 

Diese Vorschrift gilt für die Klägerin allerdings nicht, da die Regelungen der Eigenverwaltung nicht auf Verbraucherinsolvenzverfahren anzuwenden sind (§ 270 Abs. 2 InsO).

 

Im Übrigen gilt § 100 InsO, der u. a. bestimmt: Die Gläubigerversammlung beschließt, ob und in welchem Umfang dem Schuldner und seiner Familie Unterhalt aus der Insolvenzmasse gewährt werden soll. Bis zur Entscheidung der Gläubigerversammlung kann der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist, dem Schuldner den notwendigen Unterhalt gewähren.

 

Wegen ihres fehlenden Anspruchscharakters ist der Zweck der Vorschrift auch nicht etwa eine Entlastung der Sozialhilfe. Eine Gewährung von Unterhalt wird man allerdings unter den Vorbehalt stellen müssen, dass der Schuldner vollständige und zutreffende Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht hat (Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 88. Lieferung 05.2021, § 100 InsO, Rdnrn. 2 und 10, unter Hinweis auf LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 22.5.2012 - L 5 AS 114/12 B ER, ZFSH/SGB 2012, 618; a. A. Hess, InsO, 2. Aufl., § 100 Rz. 5, bzw. unter Hinweis auf

LG Bonn, Beschluss vom 04. Januar 2013 – 6 T 239/12 –, juris).

 

Der Klägerin wurde ein solcher Unterhaltsbetrag mit der Begründung, dass ihre Bedürftigkeit zweifelhaft sei, nicht gewährt (Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 20. September 2010 (Band III, S. 224 Insolvenzakte).

 

Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.

 

Überwiegend wird angenommen, dass gestohlene oder unterschlagene Vermögensgegenstände nicht zum Vermögen gehören. Da der Täter an diesen Gegenständen kein Eigentum erwerben kann, fehlt es an einer Zuordnung der Gegenstände zum Täter. Die tatsächliche Veräußerungsmöglichkeit spielt keine Rolle. Der Täter kann auf diese von der Rechtsordnung missbilligte Verwertungsmöglichkeit nicht verwiesen werden. Auf andere Weise illegal erzieltes Vermögen ist hingegen heranzuziehen.  Insbesondere kann veruntreutes Treugut in das Eigentum des Täters übergehen (Formann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 12, Stand: 05.03.2021, Rdnr. 43; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB, 01/16, § 12 SGB II, Rdnrn. 163, 164).

 

Ausgehend davon sind alle o. g. Vermögenswerte Vermögensgegenstände, die der Klägerin zugeordnet sind, denn mit der Insolvenzeröffnung wird ihre Rechtsstellung als Eigentümerin bzw. Forderungsinhaberin nicht berührt.

 

Die Verwertbarkeit setzt allerdings die Verfügungsmacht des Leistungsberechtigten über den Vermögensgegenstand voraus. Eine rechtliche Unverwertbarkeit liegt daher vor, wenn der Inhaber des Vermögens in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann. Nicht verwertbar sind deshalb Vermögensgegenstände, über die der Inhaber z.B. wegen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (§ 80 Abs. 1 InsO) nicht frei verfügen darf (BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 – B 14 AS 42/07 R, Rdnr. 20, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 12 Nr. 12; Formann in Schlegel/Voelzke, a. a. O., § 12 Rdnrn. 77, 78; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, a. a. O., § 12 SGB II, Rdnrn. 239, 240). Rechtliche Unverwertbarkeit liegt auch dann vor, wenn die Verwertungshandlung selbst strafbar wäre (Formann in Schlegel/Voelzke, a. a. O., § 12 Rdnrn. 77, 78, 82; unter Hinweis auf: BSG, Urteil vom 06. April 2000 – B 11 AL 31/99 R, Rdnr. 25, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 3-4100 § 137 Nr. 12 = SozR 3-4100 § 138 Nr. 15, wonach Einnahmen aus strafbaren Handlungen wie bei durch Veruntreuung erlangtes Vermögen oder Einkommen, bei denen die Rückzahlungspflicht von vorneherein feststeht, nicht als verwertbares Vermögen bzw. anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen sind.). Erforderlich ist aber, dass der Gegenstand deliktisch (z. B. durch Untreue gem. § 266 StGB) oder auf andere Weise rechtswidrig in den Sach- und Rechtsbestand der/des Leistungsbegehrenden gelangt ist (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, a. a. O., § 12 SGB II, Rdnr. 266).

 

Ein solcher Sachverhalt liegt im Fall der Klägerin nicht vor, denn sie erlangte die o. g. Vermögenswerte nicht durch eine strafbare Handlung; sie war Eigentümerin bzw. Forderungsinhaberin dieser Vermögenswerte. Soweit sie daher, wie feststeht, diese auch tatsächlich für den Lebensunterhalt im streitigen Zeitraum einsetzte, muss sie sich darauf verweisen lassen und kann nicht geltend machen, bei rechtstreuem Verhalten hätten ihr Leistungen nach dem SGB II zugestanden. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg bezweifelte in seinem Beschluss vom 20. September 2010 – 38 IK 212/05 (Bd. III der Insolvenzakten, S. 224) aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes ebenfalls eine Bedürftigkeit der Klägerin und wies deswegen ihren Antrag vom 23. Juni 2010 auf Gewährung von Unterhalt aus der Insolvenzmasse gemäß § 100 InsO zurück.

 

Der Senat vermag sich auch nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin nicht über ausreichendes Einkommen verfügte, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten konnte.

 

Eine Beschäftigung als Hausverwalterin ist allerdings im streitigen Zeitraum nach der mit Schreiben vom 11. August 2010 erfolgten Kündigung des Hausverwaltervertrages nicht mehr anzunehmen. Ein nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO i. m. V. § 850c ZPO nebst Anlage unpfändbares und damit nicht zur Insolvenzmasse gehörendes Arbeitseinkommen stand der Klägerin zur Bestreitung ihres Unterhalts somit nicht mehr zur Verfügung.

 

Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Klägerin über Einkommen nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO i. m. V. § 850i ZPO verfügte.

 

Nach § 850i Abs. 1 ZPO gilt: Werden nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, gepfändet, so hat das Gericht dem Schuldner auf Antrag während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde. Bei der Entscheidung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, insbesondere seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten, frei zu würdigen. Der Antrag des Schuldners ist insoweit abzulehnen, als überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen.

 

Danach sollen Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, auf Antrag des Schuldners dem Pfändungsschutz unterfallen können. Um einen Pfändungsschutz zu erlangen, muss nicht die Arbeitskraft des Schuldners verwertet sein. Bezugsgröße ist ein auf breite Basis gestellter Schutz des selbst erwirtschafteten Lebensunterhalts. Pfändungsschutz erhalten sämtliche Arten von Einkünften. Das gilt unabhängig davon, ob überhaupt eine Erwerbstätigkeit vorliegt und ob zur Entstehung einer Forderung verwertetes Kapital erarbeitet wurde, solange die Einkünfte nur selbst erzielt sind. Der Schuldner soll motiviert werden, Einkünfte selber zu erzielen und dadurch die eigene Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Dies gilt für sämtliche Einkunftsarten (Bundesgerichtshof - BGH, Beschluss vom 26. Juni 2014 – IX ZB 88/13 Rdnrn. 10 und 12, zitiert nach juris, unter Hinweis auf BT-Drucks. 16/7615 S. 14, 18). Unter die Vorschrift fallen auch Einkünfte aus kapitalistischer Tätigkeit, etwa Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung, auch Werklohnansprüche und aus der Verwertung von Eigentum des Schuldners resultierende Forderungen, unabhängig davon, ob das zur Entstehung der Forderung verwertete Kapital erarbeitet wurde, solange die Einkünfte nur selbst erzielt sind. Im Insolvenzverfahren wie im Verfahren der Einzelzwangsvollstreckung soll gewährleistet werden, dass der Schuldner seinen Lebensunterhalt in angemessenem Umfang mit eigenen Mitteln bestreiten kann und hierfür nicht auf staatliche Leistungen angewiesen ist. Ein weitergehender Schutz des Schuldners ist vom Gesetz nicht beabsichtigt, weil dieses auch die Interessen des Gläubigers an einer effektiven Befriedigung berechtigter Forderungen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund stellen Geldforderungen, die der Schuldner nicht aufgrund wirtschaftlicher Betätigung erwirbt, keine sonstigen Einkünfte im Sinne des § 850i ZPO dar. Solche Einkünfte, welche ein Schuldner nicht selbst erzielt hat, sind etwa Geschenke, Lottogewinne und erbrechtliche Ansprüche (BGH, Beschluss vom 29. April 2021 – IX ZB 25/20, Rdnrn. 20, zitiert nach juris) oder Mietkautionsguthaben (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2019 – IX ZB 7/17, Rdnrn. 16 und 17, zitiert nach juris). Ob und wie die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff ZPO unter Abwägung der Belange von Schuldner und Gläubiger zur Anwendung kommen, bedarf einer wertenden Entscheidung des Vollstreckungsgerichts (BGH, Beschluss vom 12. September 2019 – IX ZB 56/18, Rdnr. 7, zitiert nach juris).

 

Angesichts des oben genannten Vermögens erscheinen insbesondere Einkünfte aus Kapitalvermögen in erheblichem Umfang wahrscheinlich.

 

Insgesamt begründen somit die oben genannten Umstände erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin, welche die Konsequenz der Beweislosigkeit zu tragen hat (zur Beweislast bei Umständen in der Sphäre eines Beteiligten: BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 – B 4 AS 41/15 R, Rdnr. 30, zur allgemeinen Beweislast für die Hilfebedürftigkeit: BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 6/08 R, Rdnr. 19).

 

Die Berufung muss mithin erfolglos bleiben.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

 

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

 

Rechtskraft
Aus
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