Lässt sich für einen Arbeit-oder Wegeunfall eine konkrete (Wirk-)Ursache nicht im Ansatz feststellen und ist nicht ersichtlich, dass sich spezifische Gefahren des Betriebs oder des Weges verwirklicht haben könnten, geht die Nichterweislichkeit der Ursache zulasten des Klägers.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2020 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Ereignisses aus dem Jahr 2017 als Arbeitsunfall.
Der im Jahr 1957 geborene Kläger war zum Zeitpunkt des hier betroffenen Ereignisses vom 24. Juli 2017 beruflich als Taxifahrer tätig und wohnte in E. Die Beklagte erhielt am 28. Juli 2017 eine ärztliche Unfallmeldung des Unfallkrankenhauses B(UKB), der zufolge der Kläger am 24. Juli 2017 gegen 04:15 Uhr während seiner Tätigkeit als Taxifahrer an der Tankstelle L Allee , B, angehalten habe. Danach habe bei dem Kläger eine Erinnerungslücke bis zum Eintreffen des Notarztes auf der Tankstelle eingesetzt. Der Notarzt habe ihn vor dem Taxi liegend aufgefunden, er sei nicht ansprechbar gewesen.
Laut Notarztprotokoll ist der Kläger um 03:52 Uhr vor seinem Taxi liegend aufgefunden worden und habe nicht sagen können, was geschehen sei. Die Erstdiagnose lautete Apoplex.
Ebenso vermerkten die um 03:40 Uhr an der Tankstelle eingetroffenen Polizisten in Ihrem Tätigkeitsbericht, dass der vor seinem Taxi am Boden liegende Kläger aus der Nase geblutet und einen verwirrten Eindruck gemacht habe. Auf Nachfrage habe er keine Angaben zum Geschehen machen können. Das Taxi sei vor Ort ordnungsgemäß abgeparkt und die Fahrzeugschlüssel sichergestellt sowie der Arbeitgeber über die Taxizentrale informiert worden. Die Mitarbeiter der Tankstelle seien gebeten worden, vorhandenes Videomaterial sichern zu lassen.
Nach der klinischen Untersuchung im UKB zeigte sich bei dem Kläger eine kleine Prellmarke mit Hautschädigung am Hinterhaupt (okziptal). Bildgebend fanden sich Kontusionen frontal und temporal links, eine traumatische Hirnblutung (Subarachnoidal-Blutung) und Subdural-Hämatom, ein Bruch des Schädeldaches (Kalottenfraktur) sowie eine Felsenbeinfraktur rechts mit Lufteinschlüssen. Nachdem der Kläger zunächst wach jedoch mit retrograder Amnesie für das Ereignis eingeliefert worden war, wurde er im weiteren Verlauf somnolent bei einem GCS (Glasgow Coma Scale) von 13 Punkten. Es erfolgte unter anderem eine antikonvulsive Medikation mit Kreppa. Als Nebendiagnose wurde ein insulinabhängiger Diabetes mellitus Typ 2 ohne Komplikation (nicht entgleist) festgestellt. Der Kläger befand sich bis zum 07. August 2017 in stationärer Behandlung im UKB und anschließend vom 25. August bis zum 22. September 2017 zur Anschlussheilbehandlung in der G Fachklinik W (vgl. UKB Berichte vom 27. Juli 2017 und 07. August 2017).
Am 03. August 2017 nahm die Beklagte telefonisch Kontakt zu dem Arbeitgeber des Klägers, dem Taxibetrieb P, auf. Der dort im Büro tätige Zeuge S berichtete gegenüber der Beklagten, dass der Kläger von seinem heroinabhängigen Sohn verprügelt worden sei, da dieser an sein Geld habe kommen wollen. Da er, der Kläger, dies jedoch bereits geahnt habe, habe er sein Geld versteckt gehabt und sein Sohn habe es nicht gefunden. Diese Information habe er, der Arbeitgeber, von der Mutter des Klägers erhalten. Eine schriftliche Bestätigung dieser telefonischen Aussage des Arbeitgebers erhielt die Beklagte mit Schreiben vom 04. August 2017.
Im Rahmen eines Telefonats am 22. September 2017 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er am 24. Juli 2017 gegen 02:00 Uhr nachts das Taxi betankt hätte und durch die Autowäsche gefahren sei. Nach einer Autowäsche würde er immer die Türen öffnen und den inneren Türrahmen trockenwischen. Das Nächste, woran er sich dann habe erinnern können, sei das Aufwachen im UKB gewesen. Eigentlich habe er noch 2 Stunden Taxi fahren und danach das Taxi zurückbringen wollen, da tagsüber ein Kollege damit fahre. Diese Aussage reichte er auch mit Schreiben vom 25. September 2017 schriftlich nach.
Auf nochmalige Anfrage der Beklagten erklärte der Arbeitgeber des Klägers am 05. Oktober 2017 schriftlich Folgendes: Die Mutter des Klägers habe am 28. Juli 2017 das Büro des Arbeitgebers in der Hstraße aufgesucht und den Vorfall vom 24. Juli 2017 dergestalt geschildert, dass der schwer drogenabhängige Sohn des Klägers diesen auf der Tankstelle bei der Fahrzeugreinigung überfallen und brutal zusammengeschlagen habe, um ihn zu berauben. Der Kläger sei regelmäßig zum Ende der Schicht und zur selben Zeit an diese Tankstelle gekommen. Dies habe der Sohn gewusst. Die Mutter des Klägers habe dies im Krankenhaus von ihrem Sohn erfahren. Sie habe sich weiterhin dahingehend geäußert, dass ihr Sohn zuvor schon zweimal angegriffen und beraubt worden sei. Das Gespräch mit der Mutter sei unter Zeugen im Büro geführt worden. Wochen später sei der Kläger zusammen mit seiner Mutter in den Betrieb gekommen, wobei der Überfall durch den Sohn des Klägers noch einmal unter Zeugen angesprochen worden sei.
Die Beklagte befragte im Folgenden den Zeugen dieses Gesprächs, D W, der mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 die schriftliche Erklärung des Arbeitgebers vom 05. Oktober 2017 bestätigte.
Des Weiteren holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. H vom 01. November 2017 ein, wonach die erlittenen Verletzungen mit einem einfachen Sturz zu ebener Erde vereinbar seien. Da keine weiteren äußerlichen Verletzungen beschrieben seien, halte er eine direkte äußerliche gewalttätige Einwirkung für ausgeschlossen, was aber nicht ausschließe, dass der Versicherte z.B. geschubst worden sein könne und dann mit dem Kopf aufgeschlagen sei.
Am 08. Oktober 2017 wurde der Kläger erneut in der Rettungsstelle des UKB eingeliefert, nachdem er gegen 17:00 Uhr bewusstlos im Taxi sitzend im fließenden Verkehr stehend vorgefunden worden war. In der Rettungsstelle wurde ein sekundär generalisierter Krampfanfall beobachtet und nach weiteren Untersuchungen die Diagnose „Strukturelle Epilepsie bei Zustand nach Hirnkontusion und traumatischer Subarachnoidalblutung frontobasal und temporobasal“ gestellt (vgl. UKB Bericht vom 08. Oktober 2017). Es erfolgte die stationäre Behandlung bis zum 02. November 2017, wobei zusätzlich ein persistierendes hirnorganisches Psychosyndrom (HOPS) diagnostiziert wurde. Aufgrund desorganisierter Fehlhandlungen und hierdurch bedingter Bettflucht stürzte der Kläger am 11. Oktober 2017 und zog sich eine LWK 1- Berstungs-Fraktur sowie eine LWK 4-Deckplattenimpressionsfraktur zu (vgl. UKB Bericht vom 01. November 2017).
Mit Bescheid vom 22. November 2017 lehnte die Beklagte eine Anerkennung des Ereignisses vom 24. Juli 2017 als Arbeitsunfall ab. Zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall müsse ein innerer bzw. sachlicher und rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang bestehen. Auch Unfälle infolge von Überfällen bzw. Streitigkeiten stünden im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn nicht persönliche Umstände zu dem Überfall bzw. zu der Streitigkeit geführt hätten. Dies sei hier nicht der Fall. Der Streit stehe nicht im rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhang mit der versicherten betrieblichen Tätigkeit, sondern sei dem persönlichen, nichtversicherten Bereich zuzuordnen, weil er nicht wesentlich aus Gründen entstanden sei, die mit der Arbeit des Klägers zusammenhingen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger über seine Betreuerin mit am 04. Dezember 2017 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch ein. Die Informationen des Arbeitgebers beruhten lediglich auf Hörensagen und entsprächen nicht den Tatsachen. Er, der Kläger, sei allein an der Tankstelle gewesen. Einen Überfall seines Sohnes habe es nicht gegeben. Videomaterial der Tankstelle würde belegen, dass keine Einwirkung durch Dritte vorgelegen habe. Das Video sei von den ermittelnden Polizeibeamten, dem Tankstelleninhaber und einem Mitarbeiter gesichtet und nach Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen wieder überspielt worden. Vielmehr sei davon auszugeben, dass der Unfall infolge einer körperlichen Überbelastung, resultierend aus der langen Schichtzeit, entstanden sei. In der Nacht vom 23. Juli 2017 auf den 24. Juli 2017 sei er stark überarbeitet gewesen, was anhand der Schichtzeiten ersichtlich sei. Insbesondere die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten seien nicht eingehalten worden. Der Kläger fügte hierzu eine Aufstellung bei, wonach er am 21. Juli 2017 von 15:59 Uhr bis am 22. Juli 2017 um 05:25 Uhr, am 22. Juli 2017 von 12:15 Uhr bis am 23. Juli 2017 um 01:40 Uhr und nach einer Ruhezeit von 9 Stunden und 26 Minuten ab dem 23. Juli 2017 seit 11:06 Uhr gearbeitet habe. Es sei von einem inneren wesentlichen Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall auszugeben.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens führte die Beklagte ergänzende Ermittlungen durch. Sie zog von der Krankenkasse des Klägers eine Aufstellung vom 22. Januar 2018 über Arbeitsunfähigkeitszeiten nebst Diagnosen für den Zeitraum von 2001 bis 2017 bei. Zum Inhalt der Videoaufnahme teilte der Pächter der Tankstelle, der Zeuge Q, gegenüber der Beklagten am 18. Januar 2018 mit, der Kläger habe sich beim Nachtrocknen der Taxe am Scheibenwischer festgehalten und sei nach rückwärts umgefallen. Von der Polizei wurde auf Nachfrage mitgeteilt, dass das Videomaterial der Tankstelle am Ereignistag nicht von den Polizeibeamten gesichtet worden sei. Die anwesende Mitarbeiterin der Tankstelle sei aber gebeten worden, das Video zu sichern (Vermerk des Polizeipräsidenten in B, Polizeikommissarin B, vom 25. Februar 2018).
Mit Schreiben vom 03. April 2018 führte der Arbeitgeber des Klägers gegenüber der Beklagten aus, dass der Kläger seit dem 08. April 2015 in seinem Betrieb beschäftigt gewesen sei. Ihm seien die Regelungen zur Arbeitszeit bekannt gewesen und er habe sich seine Arbeitszeit frei einteilen können. Die Taxe habe er meist zu Hause abgestellt. Die Schichtzeiten würden nur etwas darüber aussagen, dass die Taxe durch einen Key an- und abgemeldet worden sei. Zwischendurch habe der Kläger auch Pausen gemacht und habe anderen Dingen nachgehen können. Wenn z. B. ein Fahrer vergesse, sich mit dem Key abzumelden, würde als Schichtzeit gegebenenfalls ein ganzes Wochenende verbucht. Die reine Fahrzeit habe am 21. Juli 2017 5,49 Stunden, am 22. Juli 2017 5,52 Stunden, am 23. Juli 2017 5,01 Stunden und am 24. Juli 2017 0,57 Stunden betragen. Am 24. Juli 2017 sei die Taxe 11 Stunden angemeldet gewesen. Tatsächlicher Fahrdienst sei für ca. 1 Stunde verrichtet worden.
Mit Schreiben vom 23. April 2018 machte die Betreuerin des Klägers Angaben zur Gestaltung der arbeitsfreien Zeit des Klägers. Danach sei der Kläger an allen Tagen vor dem Unfall mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus und Regionalbahn) nach Hause und zur Arbeit gefahren. Zuhause angekommen habe er Tee getrunken, sich etwas zu Essen gemacht und sei erschöpft zu Bett gegangen. Nach dem Aufwachen, der Morgentoilette, Kaffee und Zigaretten habe er sich auf dem Weg zur Arbeit ein belegtes Brötchen gekauft und die neue Schicht begonnen.
Mit Schreiben vom 18. Mai 2018 äußerte sich das UKB, Klinik für Neurochirurgie, Oberarzt Dr. G, zu einem von der Beklagten übersandten Fragebogen. Darin teilte das UKB mit, die Laborwerte des Klägers hätten auf eine Schädigung der Leber hingedeutet. Bei anamnestisch bekanntem schädlichen Alkoholkonsum und Vorerkrankungen (Zustand nach zweimaliger Darmoperation wegen Darmkrebs 2009 mit anschließender Radiochemotherapie, Diabetes mellitus Typ II, arterieller Hypertonus) sei ein primäres Anfallsgeschehen denkbar. Während der Erstuntersuchung im Schockraum am 24. Juli 2017 sei ein Krampfanfall beobachtet worden. Auch blutzuckerassoziierte Schwankungen könnten bei dem bekannten insulinabhängigen Diabetes mellitus Typ II zu Bewusstseinsstörungen führen. Denkbar wäre auch bei hochsommerlichen Temperaturen eine thermische Beeinträchtigung im Schädelbereich mit resultierender Ohnmacht bzw. Bewusstseinseinschränkung.
Mit Schreiben vom 31. Juli 2018 teilte die ehemalige Hausärztin des Klägers, die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl. Med. S, B, gegenüber der Beklagten mit, der Kläger sei nur in größeren Abständen in ihrer Behandlung gewesen und sie habe ihn zwischen November 2015 und Januar 2017 nicht gesehen. Im Januar 2017 sei er wegen Schwindels und schlechtem Allgemeinzustand bei ihr vorstellig gewesen. Ein vorbekannter Diabetes sei nicht behandelt worden, so dass der Kläger dem Diabetologen vorgestellt worden sei und Insulin erhalten habe. Zudem sei er urologisch behandelt worden.
Am 09. Januar 2019 führte die Beklagte einen Vororttermin an der Tankstelle L Allee durch. Hierbei wurde der Tankstellenpächter, der Zeuge Q, der sich das Videomaterial angesehen hatte, ergänzend befragt und der durch ihn nachgestellte Vorgang fotodokumentiert. Der Zeuge schilderte, dass der Kläger ein Stammkunde sei, der öfters vorbeigekommen sei, um zu tanken bzw. das Taxi zu waschen. Am 24. Juli 2017 sei er nach dem Waschen des Taxis an die Zapfsäule gefahren, deren Bereich hell erleuchtet gewesen sei, wobei er einen gebührenden Abstand von dem Bordstein der Tankstelle gehalten habe, um sich am Fahrzeug frei bewegen zu können. Er habe zunächst die Scheiben der Beifahrerseite, dann die Motorhaube und die Scheinwerfer getrocknet. Dann sei er zur Fahrerseite gelaufen, habe den Scheibenwischer hochgeklappt und die Windschutzscheibe trockengewischt. Bei diesem Trockenwischen habe er sich plötzlich am Scheibenwischer festgehalten, habe gewankt, den Scheibenwischer losgelassen und sei nach hinten umgekippt. Er könne sich so gut an das Video erinnern, da ein solcher Vorfall und das Sichten von Videomaterial zusammen mit der Polizei nur selten vorkomme (vgl. Aktenvermerk vom 15. Januar 2019 nebst Fotodokumentation und bestätigter Zeugenaussage vom 25. Januar 2019).
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2019 zurück. Der angefochtene Verwaltungsakt beruhe auf den im Rahmen des Feststellungsverfahrens gewonnenen Ermittlungsergebnissen. Dem Notarztprotokoll sei ebenso wie dem polizeilichen Tätigkeitsbericht zu entnehmen, dass der Kläger während der Erstversorgung angegeben habe, nicht zu wissen, was passiert sei. Er sei gegen 03:40 Uhr vor seinem Taxi am Boden liegend aufgefunden worden. Im Rahmen eines Telefonats vom 22. September 2017 bzw. eines Schreibens vom 25. September 2017 habe der Kläger geschildert, er habe gegen 02:00 Uhr nachts das Taxi betankt und sei anschließend durch die Autowäsche gefahren. Danach würde er immer die Türen öffnen und trockenwischen. Das Nächste, was er erinnern könnte, sei das Aufwachen im Krankenhaus. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seien ergänzende Ermittlungen durchgeführt worden. Danach habe sich letztlich keine andere Beurteilung der Rechtslage ergeben. Wenngleich sich durch die Aussage des Tankstellenpächters nicht bestätigt habe, dass eine Fremdeinwirkung vorgelegen habe, sei gleichwohl weiterhin das Vorliegen eines Arbeitsunfalls anlässlich des Ereignisses vom 24. Juli 2017 abzulehnen. Bei dem Ereignis vom 24. Juli 2017 sei es entsprechend der Beschreibungen des Tankstellenpächters vielmehr zu einem Hervortreten einer körpereigenen, inneren Erkrankung im Sinne eines kurzzeitigen Bewusstseinsverlustes mit dadurch bedingtem Umkippen auf den Boden gekommen. Die innere Ursache stelle als nicht versichertes persönliches Risikomoment die rechtlich allein wesentliche Ursache für das schädigende Ereignis dar. Anhaltspunkte für eine äußere Ursache, beispielsweise auch Stolpern oder Ausrutschen, seien nicht ersichtlich, ebenso wenig wie etwaige besondere Gefahrenmomente aus dem Bereich der versicherten Tätigkeit. Auch für die von dem Kläger vermutete körperliche Überbelastung infolge einer außergewöhnlichen beruflichen Anstrengung ergäben sich unter Berücksichtigung der dokumentierten Fahrtzeiten keine Hinweise.
Am 15. März 2019 hat der Kläger, vertreten durch seine damalige Betreuerin, Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Durch seinen Prozessbevollmächtigten hat er beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2019 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 24. Juli 2017 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Vorliegend seien die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht eingehalten worden. Er habe seine Arbeitszeiten nicht frei bestimmen können. Zu dem Sturzereignis sei es daher aufgrund einer beruflichen Überlastung gekommen. Eine innere Ursache liege entgegen der Annahme der Beklagten nicht vor.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 08. Januar 2020 hat das SG den Zeugen Dr. G, Klinik für Neurochirurgie des UKB, sowie den Zeugen S, Mitarbeiter des Taxiunternehmens P, gehört.
Der Zeuge Dr. G hat erklärt, er habe den Kläger am 24. Juli 2017 nicht selbst untersucht, aber den Bericht gegenüber der Berufsgenossenschaft erstattet. Labortechnisch seien bei dem Kläger erhöhte Leberwerte, insbesondere eine Erhöhung der Transaminasen, der Gamma-GT und der D-Dimere sowie eine verminderte Thrombozytenzahl aufgefallen. Die Erhöhung der Transaminasen könne mit einem bei dem Kläger bekannten hohen Alkoholkonsum bzw. einer Alkoholerkrankung im Zusammenhang stehen. Bei der Untersuchung im Schockraum am Unfalltag seien Befunde, aber keine manifesten neuen Erkrankungen festgestellt worden. Die bekannten Krankheitsbilder seien ein aggressiv behandelter Darmkrebs, ein behandlungspflichtiger Diabetes, eine arterielle Hypertonie sowie eine Epilepsie. Die Behandlung des Darmkrebses könne auch Auswirkungen auf das Blutbild haben. Erhöhte D-Dimere könnten verschiedene Ursachen haben. Spezifisch sei eine entsprechende Erhöhung für eine Störung der Blutgerinnung. Sie könnten sich aber auch infolge eines Stressereignisses oder bei Krampfanfällen einstellen, da dadurch die Muskelaktivität erhöht sei. Anhand der Blutzuckerwerte am Unfalltag könne eine diabetesbedingte Entgleisung ausgeschlossen werden. Im Zuge der Schockraum- Behandlung am Unfalltag sei ein Krampfanfall beobachtet worden. Es sei möglich, dass vor diesem Krampfanfall auch schon ein unbeobachteter weiterer Krampfanfall stattgefunden habe. Von einer Anfallsserie könne man vorliegend allerdings nicht sprechen. Der Kläger habe am Unfalltag äußere Prellmarken gehabt, die Kennzeichen des Aufschlags bzw. des Sturzes seien, nicht aber auf einen epileptischen Anfall schließen ließen. Zeichen eines Zungenbisses oder eines unkontrollierten Harn- oder Stuhlabgangs, die für einen großen epileptischen Anfall sprächen, hätten Sie im Schockraum nicht feststellen können. Es gebe auch traumatisch induzierte Krampfanfälle. Ein Sturz im Rahmen eines Unfallereignisses könne nachfolgend zu einem epileptischen Anfall geführt haben.
Befragt zur Diagnose eines Apoplex (Hirninfarktes) im Notarztprotokoll hat der Zeuge erklärt, dass sich diese Diagnose in den weiteren Untersuchungen nicht bestätigt habe. Klinisch seien keine für einen Schlaganfall sprechenden Befunde festgestellt worden. Lücken in der Erinnerung oder ein Bewusstseinsverlust, wie es bei dem Kläger am Unfalltag festgestellt worden sei, könnten auch Folgen des Aufpralls bzw. Sturzes gewesen sein.
Der Zeuge S hat erklärt, nach dem Vorfall am 24. Juli 2017 sei der Kläger nicht mehr für ihren Taxibetrieb gefahren. Der Kläger habe bereits vorher Alkoholprobleme, Diabetes und etwas mit dem Darm gehabt. Er habe unregelmäßig gearbeitet und sei öfters krank gewesen, oft ohne Krankenschein. Wenn er gearbeitet habe, sei er zuverlässig gewesen und habe gut gearbeitet. Nach dem Anruf der Polizei am 24. Juli 2017 habe er – der Zeuge - die Taxe in der Cstraße abgeholt.
Am 28. Juli hätte er die Mutter des Klägers im Büro gehabt, nachdem sie bei ihrem Sohn im Krankenhaus gewesen sei. Sie habe erzählt, ihr Sohn sei am 24. Juli (erneut) von seinem eigenen drogenabhängigen Sohn überfallen worden. Einige Tage später sei die Mutter zusammen mit dem Kläger ins Büro gekommen. Bei einem erneuten Gespräch über den Vorfall vom 24 Juli 2017 habe dieser der Version seiner Mutter nicht widersprochen. Sehr viel später habe er - der Zeuge - Kontakt zu der Schwester des Klägers gehabt, die gesagt habe, dass es nicht stimme, was die Mutter sage.
Der Kläger habe sich seine Arbeitszeiten einteilen können. Bei den, in der Verwaltungsakte zur Akten-ID 105, Seite 2, vermerkten Arbeitszeiten handele sich um die reinen Fahrtzeiten. Zum Pause-Machen sei der Kläger oft nach Hause gefahren. Am Unfalltag habe der Kläger laut seinen Aufzeichnungen eine Fahrzeit von 57 Minuten gehabt. Er - der Zeuge - schließe aus, dass der Kläger am Unfalltag arbeitsbedingt übermüdet gewesen sei. Nach dem Vorfall vom 24. Juli 2017 sei der Kläger noch ein paar Mal bei ihnen im Büro und dabei angetrunken gewesen, habe dabei aber nicht geschwankt. Auf seinen Alkoholkonsum angesprochen habe der Kläger mitgeteilt, er arbeite heute nicht und so gehe sein Diabetes runter.
Das SG hat durch Urteil vom 08. Januar 2020 den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2019 aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 24. Juli 2017 um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Beklagte habe die Anerkennung des Ereignisses vom 24. Juli 2017 als Arbeitsunfall zu Unrecht abgelehnt. Die in § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) genannten Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall seien hier erfüllt.
Die Kammer lege ihrer rechtlichen Beurteilung dabei denjenigen Hergang des Unfall-geschehens zugrunde, wie er sich aus der Sichtung des Videomaterials aus dem Tankstellenbereich durch den Zeugen Q zusammen mit der Polizei und anhand der Beschreibung der gesichteten Videoaufnahmen gegenüber der Beklagten ergebe. Der Zeuge Q habe gegenüber der Beklagten bekundet, dass der Kläger am 24. Juli 2017 nach dem Waschen des Taxis an die Zapfsäule gefahren sei, wobei er einen gebührenden Abstand von dem Bordstein der Tankstelle gehalten habe, um sich am Fahrzeug frei bewegen zu können. Er habe zunächst die Scheiben der Beifahrerseite, dann die Motorhaube und die Scheinwerfer getrocknet. Dann sei er zur Fahrerseite gelaufen, habe den Scheibenwischer hochgeklappt und die Windschutzscheibe trockengewischt. Bei diesem Trockenwischen habe er sich plötzlich am Scheibenwischer festgehalten, habe gewankt, den Scheibenwischer losgelassen und sei nach hinten umgekippt.
An der Richtigkeit der Wiedergabe des durch den Zeugen Q gesichteten Materials habe die Kammer keine Zweifel. Solche seien auch von keinem der Beteiligten vorgebracht worden.
Die von der Beklagten ursprünglich angenommene Version des Unfallgeschehens, wonach sich das Szenario eines Überfalls durch den eigenen – drogenabhängigen – Sohn des Klägers abgespielt haben soll, sei anhand der Videoaufnahmen aus dem Tankstellenbereich zum Unfallzeitpunkt widerlegt worden. Diese hätten keinerlei Fremdverschulden erkennen lassen, so dass auch ein entsprechendes polizeiliches Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei.
Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt als für das Unternehmen P tätiger Taxifahrer gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 1 SGB VII versichert gewesen. Er habe sich zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Ereignisses beim Reinigen seines Taxis befunden, also bei einer Tätigkeit, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit gestanden habe. Durch das Zu-Fall-Kommen habe der Kläger einen Unfall erlitten. Das von außen auf den Körper einwirkende Ereignis liege nicht nur bei einem besonders ungewöhnlichen Geschehen, sondern auch bei einem alltäglichen Vorgang, wie beispielsweise dem Stolpern über die eigenen Füße oder dem Aufschlagen auf den Boden vor, weil hierdurch ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirke.
Infolge des Zu-Fall-Kommens habe der Kläger Verletzungen und damit einen Gesundheitserstschaden erlitten. Notfallärztlich sei bei ihm eine kleine Prellmarke mit Hautschädigung am Hinterhaupt diagnostiziert worden. Bildgebend habe sich ein Bruch des Schädeldaches – eine Kalottenfraktur – und des Felsenbeines mit Hirnblutung – Subarachnoidal-Blutung – sowie ein Subdural-Hämatom gefunden. Die versicherte Tätigkeit sei auch eine „conditio sine qua non“ für den Sturz des Klägers gewesen, weil sich ohne diese ganz konkrete Tätigkeit kein identischer Unfall mit identischen Unfallfolgen hätte ereignen können.
Nach Auffassung der Kammer sei weiterhin auch die Unfallkausalität gegeben. Die erforderliche Kausalität zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis liege vor, wenn außer dem kausalen Anknüpfungspunkt der versicherten Tätigkeit keine anderen Tatsachen festgestellt seien, die als Konkurrenzursachen wirksam geworden sein könnten. Könne eine mögliche Konkurrenzursache schon nicht festgestellt werden, scheide sie bereits im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne als Ursache aus. Liege hingegen eine Konkurrenzursache vor, sei die Unfallkausalität zu klären. Das sei typischerweise in den Fällen einer inneren Ursache, einer gemischten Tätigkeit, einer unerheblichen Unterbrechung oder einer eingebrachten Gefahr notwendig, denn bei diesen Fallgestaltungen könne gerade nicht ausgeschlossen werden, dass neben der im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung zur Zeit des Unfalls eine weitere, nicht versicherten Zwecken zuzurechnende, Ursache hinzutrete. Nur wenn eine solche konkurrierende Ursache neben der versicherten Ursache als naturwissenschaftliche Bedingung für das Unfallereignis wirksam geworden sei, sei zu entscheiden, welche der Ursachen rechtserheblich nach der Theorie der wesentlichen Bedingung sei (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 17. Februar 2009 - B 2 U 18/07 R -, juris).
Für den Ausschluss der versicherten Tätigkeit als wesentliche Ursache für das Unfallereignis reiche es daher nicht aus, festzustellen, dass der Versicherte eine als Konkurrenzursache grundsätzlich in Frage kommende Grunderkrankung als innere Ursache in sich trage und damit ein konkurrierender körpereigener Umstand latent und abstrakt vorliege. Feststehen müsse vielmehr auch, dass diese innere Ursache tatsächlich kausal geworden sei, d.h. einen Ursachenbeitrag gesetzt und das konkrete Unfallereignis (zumindest mit-) verursacht habe. Erst wenn festgestellt sei, dass die vorhandene innere Ursache tatsächlich eine Bedingung sei, die nicht hinweg gedacht werden könne, ohne dass der Erfolg – hier das Unfallereignis – entfiele, sei in einem zweiten Schritt zu entscheiden, ob die versicherte Tätigkeit oder die nichtversicherte innere Ursache wesentlich für den Eintritt des Unfallereignisses gewesen sei. Die bloße Möglichkeit der Mitverursachung durch eine innere Ursache könne die festgestellte Ursächlichkeit der versicherten Tätigkeit nicht verdrängen. Sei unklar, ob der Versicherte bereits vor dem Sturz einen Anfall erlitten habe, scheide dieser Anfall als Sturzursache und damit als Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne aus. Die ursächliche Verknüpfung sei anhand der gegebenen Tatsachen zu beurteilen. Hypothetische Ereignisse kämen als Ursache nicht in Betracht. Insoweit sei zu beachten, dass für die Feststellung eines Arbeitsunfalles der volle Beweis für das Vorliegen sowohl einer versicherten als auch einer inneren nichtversicherten Ursache geführt sein müsse und lediglich für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit genüge (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 - B 2 U 18/07 R -, juris m. w. N.).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sei hier nicht im Vollbeweis nachgewiesen, dass eine innere Ursache das Zu-Fall-Kommen des Klägers in der Nacht des 24. Juli 2017 verursacht habe. Zur Frage des Vorliegens einer inneren Ursache habe das Gericht Ermittlungen durchgeführt und den notfallärztlich versorgenden Erstbehandler Dr. G in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommen. Dieser habe zwar beträchtliche und schwerwiegende Erkrankungsbilder des Klägers mitgeteilt, namentlich eine Alkoholerkrankung, einen aggressiv behandelten Darmkrebs, arteriellen Hypertonus, Diabetes und Epilepsie. Aus den am Unfalltag erhobenen Laborwerten sowie der weiteren Anamnese habe er jedoch keinen gesicherten Schluss ziehen können, dass eine dieser Erkrankungen ursächlich für den Sturz des Klägers am 24. Juli 2017 geworden wäre. Zwar sei im Schockraum ein epileptischer Krampfanfall des Klägers beobachtet worden. Von diesem könne jedoch nicht mit Sicherheit darauf geschlossen werden, dass der Kläger zuvor im Bereich der Tankstelle ebenfalls einen epileptischen Anfall erlitten hätte. Einen epileptischen Anfall im Bereich der Tankstelle habe der Zeuge Dr. G lediglich als möglich bezeichnet. Ebenso sei es denkbar, dass der mit dem Zu-Fall-Kommen an der Tankstelle einhergehende Stress erst – traumatisch induziert – zu dem epileptischen Anfall im Schockraum der Rettungsstelle geführt habe. Zeichen eines Zungenbisses oder eines unkontrollierten Harn- oder Stuhlabgangs, die für einen großen epileptischen Anfall sprächen, hätten im Schockraum nicht festgestellt werden können.
Hinsichtlich des bei dem Kläger vorliegenden Diabetes sei anhand der festgestellten Laborwerte – insbesondere der Blutzuckerwerte – eine Entgleisung im Sinne eines Zu-Fall-Kommens sogar ausgeschlossen. Auch ein Apoplex bzw. Hirninfarkt komme für das Zu-Fall-Kommen nicht in Betracht. Die im Notarztprotokoll vom 24. Juli 2017 gestellte Diagnose eines Apoplex habe in den weiteren Untersuchungen in der Rettungsstelle nicht bestätigt werden können. Klinisch seien keine für einen Hirninfarkt sprechenden Befunde festgestellt worden. Lücken in der Erinnerung oder ein Bewusstseinsverlust - wie bei dem Kläger am Unfalltag festgestellt - könnten auch Folgen des Aufpralls bzw. des Sturzes gewesen sein.
Die Kammer habe keine Zweifel an der Richtigkeit der glaubhaften zeugenschaftlichen
Äußerung von Dr. G, die er inhaltlich im Wesentlichen entsprechend auch bereits in seiner schriftlichen Äußerung gegenüber der Beklagten vom 18. Mai 2018 getätigt habe. Danach sei es zwar möglich und denkbar, dass insbesondere ein Anfallsleiden zu dem Sturz des Klägers an der Tankstelle geführt habe. Im Vollbeweis nachgewiesen sei ein entsprechender Geschehensablauf aber gerade nicht. Ebenso denkbar erscheine es, dass bei dem Kläger die - auch anhand der am Unfalltag erhobenen Laborwerte - nachgewiesene Alkoholerkrankung das Zu-Fall-Kommen wesentlich verursacht habe. Diese Annahme bleibe jedoch letztlich auch hypothetisch.
Die Hypothese eines zum Sturz führenden inneren Leidens verdichte sich auch unter weiterer Berücksichtigung des ärztlichen Attestes der behandelnden Ärztin Dipl-Med. S vom 31. Juli 2018 nicht zu einem Vollbeweis. Diese habe bei dem Kläger einen nicht behandelten Diabetes, Schwindel und einen schlechten Allgemeinzustand diagnostiziert gehabt. Damit würden zwar erneut die erhebliche Multimorbidität und der stark geschwächte Gesundheitszustand des Klägers deutlich, ohne dass aber deren Ursächlichkeit für das Zu-Fall-Kommen vom 24. Juli 2017 gesichert festgestellt werden könnte.
Die Kammer verkenne weiterhin nicht, dass in den Akten ein epileptischer Anfall des Klägers während einer Taxifahrt im Oktober 2017 dokumentiert sei. Weiterhin sehe sie, dass nach der glaubhaften Aussage des Zeugen S die Alkoholerkrankung des Klägers selbst im beruflichen Kontext aufgefallen sei. Entsprechende Dispositionen des Klägers stellten nach Auffassung der Kammer aber weiterhin nur hypothetische Möglichkeiten für einen Sturz am 24. Juli 2017 dar.
Schließlich sehe die Kammer auch, dass die auf den Videoaufzeichnungen beruhende Schilderung des Unfallgeschehens durch den Zeugen Q eher für ein Zusammensacken – möglicherweise aufgrund einer inneren Ursache – und weniger für einen plötzlichen Sturz oder ein Ausrutschen sprächen. Der Zeuge Q habe gegenüber der Beklagten bekundet, dass der Kläger zur Fahrerseite gelaufen sei, den Scheibenwischer hochgeklappt und die Windschutzscheibe trockengewischt habe. Bei diesem Trockenwischen habe er sich plötzlich am Scheibenwischer festgehalten, habe gewankt, den Scheibenwischer losgelassen und sei nach hinten umgekippt. Ob und ggf. welche innere Ursache für das Wanken und Umkippen des Klägers ursächlich gewesen sei, habe die Kammer nicht im Vollbeweis feststellen können.
Stehe der nachweislich kausal gewordenen versicherten Ursache – hier der versicherten Tätigkeit – aber allein eine nur hypothetisch in Betracht kommende nicht versicherte Ursache – hier insbesondere ein Krampfanfall oder ein durch die Alkoholerkrankung des Klägers induziertes Umkippen – gegenüber, deren Mitursächlichkeit im Sinne des Ingangsetzens eines bestimmten Erfolges – hier das Unfallereignis – nicht feststehe, sondern nur denkbar sei, beständen an der Unfallkausalität mangels Vorliegens einer wirksam gewordenen Konkurrenzursache keine Zweifel (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 - B 2 U 18/07 R -, juris m. w. N.).
Eine abweichende rechtliche Bewertung der Frage der Unfallkausalität sei nach Auffassung der Kammer auch nicht unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 8/14 R - (veröffentlicht in juris) geboten. Danach müsse die Verrichtung der versicherten Tätigkeit die Einwirkung sowohl objektiv als auch rechtlich wesentlich verursacht haben. Der Versicherte trage die Beweislast dafür, dass sich durch das Unfallereignis gerade ein Risiko verwirklicht habe, vor dem die (Wege-)Unfallversicherung Schutz gewähren solle.
Nach Auffassung der Kammer sei vorliegend die konkret als versichert erkannte Verrichtung zumindest wesentlich mitursächlich für das Zu-Fall-Kommen gewesen. Nach dem von der Kammer zugrunde gelegten Sachverhalt habe der Kläger zum Unfallzeitpunkt den Scheibenwischer hochgeklappt und die Windschutzscheibe trockengewischt. Bei diesem Trockenwischen habe er sich plötzlich am Scheibenwischer festgehalten, gewankt und sei zu Fall gekommen. Bei dem Nachtrocknen der Scheiben habe der Kläger also zu nächtlicher Stunde um das Fahrzeug herumgehen und sich – mit erhöhter Sturzgefahr – auf ihm nicht vertrauten Terrain bewegen müssen. Zwar schließe die Kammer es aus, dass eine beruflich bedingte Übermüdung des Klägers den Unfall verursacht habe. Schließlich habe der Kläger zum Unfallzeitpunkt nach der Aussage des Zeugen S, der sich auf seine eigenen Aufzeichnungen gestützt habe, gerade eine Fahrtzeit bzw. Arbeitszeit von 57 Minuten absolviert gehabt. Dennoch lasse sich auf der Grundlage des festgestellten Wankens und Zu-Fall-Kommens – bei gleichzeitig nicht festgestellter innerer Ursache – eine versicherte äußere Einwirkung und eine auf die versicherte Tätigkeit gerichtete Handlungstendenz zum Unfallzeitpunkt nach Auffassung der Kammer gerade noch hinreichend feststellen. Damit habe sich durch das Unfallereignis ein Risiko verwirklicht, das in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung falle.
Nicht zuletzt weise die Kammer darauf hin, dass das Urteil des BSG vom 17. Dezember 2015 ausdrücklich keine Aufgabe der Rechtsprechung des BSG vom 17. Februar 2009 darstelle, wonach die Unfallkausalität bei fehlenden konkurrierenden nichtversicherten Ursachen regelmäßig vermutet werde. Diesen Umstand habe die Kammer bei ihrer Bewertung der Frage, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit die Einwirkung sowohl objektiv als auch rechtlich wesentlich verursacht habe und ob sich durch das Unfallereignis gerade ein solches Risiko verwirklicht habe, vor dem die Unfallversicherung schützen solle, nicht außer Betracht gelassen.
Gegen das ihr am 09. Januar 2020 zugestellte Urteil richtet sich die Beklagte mit ihrer am 03. Februar 2020 bei dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg eingelegten Berufung. Entgegen der Auffassung des SG habe sich nach den Ermittlungen ergeben, dass es bei dem Kläger aufgrund einer körpereigenen, inneren Erkrankung im Sinne eines kurzzeitigen Bewusstseinsverlustes zum „Umkippen“ bzw. Sturz mit anschließendem Aufprall des Kopfes auf den Boden gekommen sein müsse. Als Vorerkrankungen hätten bei dem Kläger zum Zeitpunkt des Ereignisses eine insulinabhängige Diabeteserkrankung II, ein Zustand nach Darmkrebserkrankung 2009, ein arterieller Hypertonus, ein Hinweis auf Leberschädigung infolge Alkoholkonsums sowie Gefäßeinengungen der Hirnarterien vorgelegen. Das SG habe sich nicht hinreichend mit der Entscheidung des BSG vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 8/14 R - auseinandergesetzt, in welcher der Unfallkausalität eine besondere Bedeutung beigemessen worden sei. Der Versicherte trage demnach die Beweislast dafür, dass sich durch das Unfallereignis ein Risiko verwirklicht habe, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren solle. Es bestünde (auch außerhalb der Wegeunfallversicherung) keine Vermutungsregel, dass bei Verrichtung der versicherten Tätigkeit unmittelbar vor dem Unfallereignis der Unfall objektiv und rechtlich wesentlich durch diese versicherte Tätigkeit verursacht werde. Dies gelte insbesondere dann, wenn die zum Unfall führende Kausalkette nicht aufklärbar sei. Dies müsse umso mehr gelten, wenn der Unfallhergang bekannt sei bzw. beobachtet worden sei, eine Ursache aus dem Bereich der versicherten Tätigkeit jedoch zweifelsfrei auszuschließen sei. Dann sei der Unfall nämlich nicht ursächlich auf diese zurückzuführen. Das Bayerische LSG (Urteil vom 13. Juli 2017 - L 17 U 199/16 -, in juris) habe in einem vergleichbaren Fall die Unfallkausalität unter Hinweis auf die angeführte BSG-Rechtsprechung verneint. Der Unfall sei nicht infolge der versicherten Tätigkeit eingetreten und ihr damit nicht zuzurechnen. Diese sei nicht Wirkursache geworden. Dies gelte im dortigen Fall auch dann, wenn andere Mitursachen nicht erwiesen seien, denn die Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung ergäbe sich nur, wenn auch der Schutzzweck der Norm zum Tragen komme. Dies habe das Bayerische LSG in dem vergleichbaren Fall nicht als erwiesen angesehen. Der Versicherte sei zwar bei einer versicherten Tätigkeit gewesen, ein äußerer Anlass für sein Umfallen sei jedoch nicht feststellbar, sondern vielmehr auszuschließen gewesen. Auch dort habe ein Stolpern, Ausrutschen o. ä. ausgeschlossen werden können. Die Ursache sei zwar nicht konkret feststellbar, könne vor diesem Hintergrund aber nur dem unversicherten Bereich entstammen. Ebenso habe das SG Gießen in einem Urteil vom 24. November 2017 – S 1 U 139/15 - (bei juris) entschieden. Übertragen auf den hier vorliegenden Fall bedeute dies, dass beim Kläger, der zum Zeitpunkt des geltend gemachten Ereignisses vom 24. Juli 2017 unbestritten seiner versicherten Tätigkeit als angestellter Taxifahrer nachgegangen sei, festgestellt werden müsse, dass eine Gefahr bzw. äußere Einwirkung, die aus der versicherten Tätigkeit erwachsen bzw. dieser zuzurechnen sei, zu dem Sturz/Umfallen geführt habe. Dies sei jedoch nach den Beobachtungen des Zeugen Q nicht möglich. Der Tankstellenpächter Herr Q habe anhand des von ihm gesichteten und zwischenzeitlich vernichteten Videomaterialmaterials bestätigt, dass der gesamte Vorgang durch eine am Dach der Tankstelle montierten Überwachungskamera, welche einen uneingeschränkten Blick auf die Aktivitäten der Tankstellenkunden gewähre, aufgezeichnet worden sei. Ein Stolpern oder Ausrutschen des Klägers habe nach Sichtung des Filmmaterials durch den Zeugen Q nicht beobachtet werden können. Im Übrigen habe auch eine Abstütz- und/oder Abfangreaktion seitens des Klägers, um den Sturz bzw. den Aufprall des Kopfes auf den Boden zu vermeiden, offensichtlich nicht stattgefunden, weil sie zum einen vom Zeugen ebenfalls nicht beobachtet worden sei und zum anderen hierfür typische Verletzungszeichen an den Händen/Armen (z.B. in Form von Prellungsverletzungen/Schürfwunden) gänzlich fehlten. Dies sei ein gewichtiges Indiz dafür, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Aufpralls auf den Boden offensichtlich schon nicht mehr (vollständig) bei Bewusstsein gewesen sei. Daher bleibe als einzig erklärliche Ursache für den Sturz des Klägers letztendlich nur eine Ursache, die dem unversicherten persönlichen Bereich zuzuordnen sei. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich in einem ihm nicht vertrauten Terrain bewegt habe und daher eine erhöhte Sturzgefahr vorgelegen habe. Zum einen sei der Kläger Stammkunde an der Tankstelle gewesen, zum anderen sei der Bereich, wo das Fahrzeug gestanden habe (vor den Zapfsäulen), hell erleuchtet gewesen. Auch habe der Kläger in gebührendem Abstand zur Zapfsäule geparkt, sodass es in diesem Bereich keine Stolperstellen oder Ähnliches gegeben habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2020 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe zu Recht das Vorliegen eines Arbeitsunfalls festgestellt. So sei eine innere Ursache als Konkurrenzursache zur versicherten Tätigkeit nicht erwiesen. Hierfür reiche allein das Vorliegen von Grunderkrankungen nicht aus. Vielmehr müsse auch festgestellt werden können, dass diese tatsächlich neben der versicherten Ursache als naturwissenschaftliche Bedingung für das Unfallereignis wirksam geworden seien. Die bloße Möglichkeit der Mitverursachung durch eine innere Ursache vermöge die festgestellte Ursächlichkeit der versicherten Tätigkeit nicht zu verdrängen. Die Entscheidung des BSG vom 17. Dezember 2015 (B 2 U 8/14 R) betreffe einen Fall der Wegeunfallversicherung und könne nicht auf den vorliegenden Fall eines Unfalls bei einer originär versicherten Tätigkeit übertragen werden. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf originär versicherte Tätigkeit sei vom BSG weder ausdrücklich erklärt worden noch aus der Entscheidung ableitbar. Die Frage, ob eine Fortbewegung versichert im Rahmen der Wegeunfallversicherung sei, sei insoweit spezifisch, weil bei der Wegeunfallversicherung nur das Zurücklegen des mit der nach der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit versichert sei. Hierbei bestehe wegen des Abstellens auf die Unmittelbarkeit ein hohes Bedürfnis zur Abgrenzung, um nicht jegliche (mittelbare) Fortbewegung in Richtung des Betriebes in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung fallen zu lassen. Nur in diesem Zusammenhang seien daher die strengeren Maßstäbe des BSG zu verstehen. Das vom BSG herangezogene Urteil vom 13. November 2012 (B 2 U 19/11 R) betreffe ebenfalls einen Fall aus der Wegeunfallversicherung. Das Bayerische LSG übertrage in seiner von der Beklagten zitierten Entscheidung schlicht die Wegeunfallrechtsprechung auf einen originären Arbeitsunfall, ohne zu erläutern, warum die frühere Rechtsprechung des BSG auf Arbeitsunfälle nicht anwendbar sei.
Der Senat hat den Beteiligten Ausdrucke von Internetrecherchen zu den Temperaturverhältnissen in Br und B im Juli 2017 vom Deutschen Wetterdienst (https://www.dwd.de/DE/presse/pressemitteilungen/DE/2017/20170731 _deutschlandwetter_juli.html) bzw. in B-T in der Zeit vom 22. bis zum 24. Juli 2017 vom Wetter-Informations-Dienst B (https://wind.met.fu-berlin.de/wind/ archiv/form.php) übersandt.
In seiner mündlichen Verhandlung vom 08. Juni 2021 hat der Senat den Tankstellenpächter, den Zeugen Q, zu den Videoaufzeichnungen des Ereignisses vom 24. Juli 2017 angehört; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des SG vom 08. Januar 2020 ist daher aufzuheben und die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) abzuweisen, denn die Beklagte hat zu Recht mit Bescheid vom 22. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2018 es abgelehnt, das Ereignis vom 24. Juli 2017 als Arbeitsunfall festzustellen.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 bzw. § 8 Abs. 2 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis objektiv und wesentlich rechtlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (std. Rspr. des BSG: Urteile vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R -, Rn. 9, und 04. Dezember 2014 – B 2 U 18/13 R –, Rn. 16 ff.; jeweils in juris). Das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 23/10 R –, Rn. 11, und 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 R -, Rn. 9; jeweils in juris).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung zur Zeit des Unfalls“, „Unfallereignis“ sowie „Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden“ im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst recht nicht die bloße Möglichkeit, vgl. BSG, Urteile vom 17. Dezember 2012 – B 2 U 8/14 R -, Rn. 24, und 04. Jui2013 – B 2 U 11/12 R -, Rn. 12; jeweils in juris). Die Nichterweislichkeit bzw. die tatsächliche Unaufklärbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen - einschließlich der zum Unfallereignis führenden Kausalkette - geht nach den Regeln der objektiven Beweislast zulasten des Versicherten (vgl. BSG, Urteile vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R -, Rn. 25, juris m.w.N.).
Der Kläger hat zum Unfallzeitpunkt als Beschäftigter des Taxibetriebes P zu dem in der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Personenkreis gezählt. Durch den Sturz hat der Kläger auch einen Unfall erlitten. Das von außen auf den Körper einwirkende Ereignis liegt nicht nur bei einem besonders ungewöhnlichen Geschehen, sondern auch bei einem alltäglichen Vorgang wie das Stolpern über die eigenen Füße oder das Aufschlagen auf dem Boden vor, weil hierdurch ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt (vgl. BSG, Urteile vom 29. November 2011 – B 2 U 23/10 R -, Rn. 15, und 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 R -, Rn.10 f., jeweils in juris). Seine Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - das Trockenwischen der Windschutzscheibe des ihm vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Taxis - gehörte zu seiner versicherten Tätigkeit als Taxifahrer und stand daher mit dieser in einem sachlichen Zusammenhang. Infolge des Sturzes hat der Kläger auch Kopfverletzungen in Form einer Kalotten- und Felsenbeinfraktur mit Hirnkontusion, traumatischer Hirnblutung und Subdural-Hämatom und damit einen Gesundheitsschaden erlitten.
Danach steht zur Überzeugung des Senats zwar fest, dass sich der Sturz des Klägers „bei“ seiner versicherten Tätigkeit als Taxifahrer ereignet hat. Jedoch lässt sich nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG) für den Senat nicht feststellen, dass der Sturz allein oder zumindest rechtlich wesentlich durch die versicherte Verrichtung hervorgerufen worden ist, d. h. „infolge“ der den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit eingetreten und ihr somit zuzurechnen ist.
Der in § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII verwendete Terminus eines „infolge der den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit“ eingetretenen Unfalls umschreibt den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für Schäden und Nachteile des Verletzten einzustehen hat. Denn Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung ist durch deren Träger nicht für jedwede Schädigung zu leisten, die zeitlich während einer versicherten Tätigkeit eintritt (vgl. BSG, Urteile vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R – und 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R -, Rn. 30; jeweils in juris). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung existiert - außer in der Schifffahrt (vgl. § 10 SGB VII) - weder ein sog. Betriebsbann noch ein sog. Wegebann (vgl. BSG, Urteile vom 04. September 2009 – B 2 U 28/06 R -, Rn. 16, und 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R – Rn. 13, 25; jeweils in juris). Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder den Tod sowohl objektiv (erste Stufe) als auch rechtlich wesentlich (zweite Stufe) verursacht haben.
Hierzu hat das BSG wie bereits zuvor bezogen auf einen Arbeitsunfall (vgl. Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 –, Rn. 31 ff., zitiert nach juris) in seinem Urteil vom 17. Dezember 2015 (– B 2 U 8/14 R –, Rn. 19 ff., zitiert nach juris) bezogen auf einen Wegeunfall ausgeführt:
„Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung mithin voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit-) verursacht wurde. Für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine Wirkursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und hat der Unfallversicherungsträger nicht einzustehen. Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, in einer besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein. Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage….
Selbst wenn eine versicherte Tätigkeit als Wirkursache feststeht, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten weiteren mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung dafür, dass eine versicherte Verrichtung - wie hier ggf. das Stehen auf dem Bahnsteig - wegen ihrer objektiven (Mit-) Verursachung der Einwirkung - die hier gerade nicht festgestellt ist - auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 - B 2 U 19/11 R -, a.a.O., Rn. 33 ff).
Ob eine Ursache rechtlich wesentlich ist, ist auch dann zu prüfen, wenn sie als alleinige Ursache festgestellt ist, weil andere (Mit-) Ursachen nicht erwiesen oder nicht in Betracht zu ziehen sind. Denn auch in diesem Fall wird die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers nur begründet, wenn sich durch den Unfall, der durch die versicherte Verrichtung objektiv verursacht wurde, eine Gefahr verwirklicht hat, gegen die die Versicherung schützen soll. Diese Voraussetzung wird zumeist erfüllt sein, bedarf aber stets der Entscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 - B 2 U 19/11 R -, a.a.O., Rn. 42). Dem stehen die vom Kläger benannten Urteile des Senats vom 30. Januar 2007 (B 2 U 23/05 R - BSGE 98, 79 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 22) und vom 17. Februar 2009 (B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31) nicht entgegen. Nach den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalten waren die dort vom LSG festgestellten Verrichtungen unmittelbar vor dem Unfall der jeweiligen versicherten Tätigkeit zuzurechnen und die nichtversicherten Ursachen waren lediglich mögliche Wirkursachen. Entscheidend war aber auch dort, dass sich durch den Unfall jeweils eine Gefahr verwirklicht hatte, vor der der jeweilige Versicherungstatbestand gerade schützen sollte, nämlich die Gefahr eines Sturzes während des der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Laufens bzw. eines Verkehrsunfalls während des dem Zurücklegen des Weges zuzurechnenden Steuerns eines Kraftfahrzeugs. Somit war dort die im vorliegenden Fall zu verneinende Frage, ob sich jeweils im Hinblick auf diese Verrichtung durch das Unfallereignis eine Gefahr verwirklicht hatte, vor der die gesetzliche Unfallversicherung schützen soll, unproblematisch zu bejahen.“
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben kann im hier zu beurteilenden Fall eine durch die versicherte Verrichtung - das nächtliche Trockenwischen der Windschutzscheibe des Taxis an der Tankstelle - ausgehende objektive Wirkursache für den Sturz des Klägers nicht festgestellt werden.
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den glaubhaften Angaben des Zeugen Q zu dem am 24. Juli 2017 von der Videokamera der Tankstelle aufgezeichneten (und zwischenzeitlich gelöschten) Geschehensablauf. Der Zeuge Q hat bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 08. Juni 2021 seine gegenüber der Beklagten bei der Nachstellung des Vorgangs an der Tankstelle am 09. Januar 2019 mündlich und am 25. Januar 2019 schriftlich gemachten Angaben wiederholt und auf konkrete Nachfragen ergänzt. Für den Senat bestand kein Anlass, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen und der Wahrhaftigkeit seiner Angaben zu zweifeln. Nachvollziehbar hat der Zeuge Q dargelegt, dass er, nachdem er von dem nächtlichen Ereignis mit Polizeieinsatz und Krankenwagen auf der von ihm betriebenen Tankstelle erfahren hatte, sich die Videoaufzeichnungen angeschaut hat, um zu sehen, was der Anlass des Einsatzes war bzw. was genau passiert war. Nach seiner Schilderung war der Kläger ein regelmäßiger Kunde der Tankstelle und den Mitarbeitern der Nachtschicht gut bekannt. Am 24. Juli 2017 war zu dem Zeitpunkt, als sich der Kläger auf der Tankstelle aufhielt, keine andere Person da und alles frei gewesen. Der Kläger war in die Waschanlage gefahren und hatte sich dann vor die Zapfsäule 6 gestellt. Er war aus dem Fahrzeug herausgetreten, hatte seine Papierrolle genommen und angefangen, zunächst auf der Beifahrerseite die Scheiben, dann die Lampen und die Motorhaube zu trocknen. Danach war er auf die Fahrerseite gewechselt, hatte den Scheibenwischer hochgeklappt und angefangen, die Windschutzscheibe mit der rechten Hand abzuwischen und sich dabei leicht vorgebeugt. Bis dahin war – so der Zeuge – alles normal verlaufen. Dann hatte der Kläger kurz innegehalten, sich etwas aufgerichtet, sich mit der linken Hand kurz am unteren Ende des Scheibenwischers festgehalten und war dann halb schräg rückwärts nach hinten umgekippt. Auf Nachfragen des Senats hat der Zeuge Q klargestellt, dass der Kläger nicht wie eine Latte im Stehen gerade umgekippt, sondern zusammengesackt bzw. etwas seitlich zur linken Seite hin umgefallen war.
Nach dieser Schilderung des Geschehens durch den Zeugen Q ist für den Senat schon nicht erkennbar, inwieweit durch die schlichte Bewegung des Trockenwischens der Windschutzscheibe mit der rechten Hand bei leicht vorgeneigtem Oberkörper überhaupt eine Wirkursache für den Sturz des Klägers gesetzt worden sein könnte. Ein Vertreten, Stolpern oder Ausrutschen des Klägers beim Trockenwischen der Scheibe als möglicher Ursache für einen Gleichgewichtsverlust mit nachfolgendem Sturz kann danach nicht positiv festgestellt werden. Zwar muss die Videokamera nach Darlegung des Zeugen auch den unteren Teil des Körpers des Klägers erfasst haben, da diese von oben schräg nach unten ausgerichtet auf die an der Zapfsäule stehenden Pkws die Aufnahmen macht und man die Vorderseite der Pkws sieht. Jedoch konnte sich der Zeuge auch auf Nachfragen des Senats nicht daran erinnern, gesehen zu haben, was der Kläger in diesem Zeitpunkt mit seinen Füßen gemacht hatte. Hierzu hat der Zeuge – für den Senat nachvollziehbar - erläutert, dass er das Video unter einem ganz anderen Aspekt (Fremdverschulden) gesichtet hatte und nicht gewusst hatte, dass es auch darauf ankommen könnte. Jedoch lässt sich bereits aus der Ablaufschilderung des Zeugen und dem Umstand, dass der Kläger beim Trockenwischen der Windschutzscheibe in gebührendem Abstand zur Borsteinkante des Zapfsäulenbereiches stand, kein Anhalt für ein Stolpern, Vertreten oder Ausrutschen des Klägers entnehmen. Ebenso wenig kommt hier ein schneller (hektischer) Bewegungsablauf bzw. Positionswechsel des Klägers als möglicher Auslöser eines den Sturz verursachenden Gleichgewichtsverlustes in Betracht. Denn der Zeuge hat auf Nachfrage des Senats hierzu angegeben, dass der Kläger es beim Trockenwischen nicht eilig gehabt hatte. Nach seinem Eindruck habe der Kläger kurz vor dem Feierabend gestanden und sei beim Verrichten der Tätigkeit relativ entspannt gewesen. Weiterhin besteht nach der Schilderung des Zeugen auch kein Anhaltspunkt dafür, dass der Sturz evtl. durch ein beim Trockenwischen erfolgtes Anstoßen an ein Hindernis oder eine Verletzung des Klägers ausgelöst worden war. Der Zeuge hat hierzu ausgeführt, dass alles normal gewesen sei. Hindernisse beim Wischen der Windschutzscheibe auf der Fahrerseite seien nicht erkennbar gewesen, da – so der Zeuge - der Scheibenwischer hochgeklappt und die Waschdüsen verdeckt waren. Abgesehen davon, sind entsprechende Verletzungszeichen bei den späteren Untersuchungen in der Rettungsstelle nicht festgestellt worden.
Das vom Zeugen Q beschriebene plötzliche Innehalten beim Trockenwischen der Windschutzscheibe, Aufrichten mit kurzzeitigem Festhalten am unteren Ende des Scheibenwischers und nachfolgendem Zusammensacken bzw. seitlich zur linken Seite hin Umfallen des Klägers deutet, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, vielmehr auf einen Bewusstseinsverlust aus innerer Ursache, wie z.B. bei einem Kreislaufkollaps bzw. Schwächeanfall, als Auslöser und damit auf eine – nichtversicherte - objektive Wirkursache des Sturzes hin.
Bei Unfällen aus sog. innerer Ursache ist der Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Verrichtung und dem Unfall nicht gegeben, wenn die körpereigene Ursache zwangsweise zu dem eingetretenen Unfallverlauf (nach Art und Schwere des Unfalls) geführt hat; in diesem Fall haben betriebliche Einwirkungen den Unfall nicht wesentlich mitverursacht. Im Sinne einer konkurrierenden Kausalität ist der ursächliche Zusammenhang dagegen anzunehmen, wenn betriebsbedingte Umstände bzw. Einflüsse (z.B. besondere Anstrengung durch ungewohnte Nachtarbeit o. ä.) die innere Ursache wesentlich beeinflusst haben. Ist dies nicht der Fall, ist der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit bzw. Verrichtung und dem Unfall trotzdem gegeben, wenn der Verletzte der Gefahr, der er erlegen ist, infolge der durch seine versicherte Tätigkeit bedingten Anwesenheit auf der Unfallstätte ausgesetzt war und ihm der Unfall ohne die versicherte Tätigkeit wahrscheinlich nicht in derselben Art oder derselben Schwere zugestoßen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 15. Februar 2005 – B 2 U 1/04 R -, Rn. 23, 24, zitiert nach juris).
Zur Überzeugung des Senats sind vorliegend, wie bereits das SG in seiner angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, besondere Bedingungen/Umstände, die für eine Wesentlichkeit der versicherten Verrichtung sprechen könnten, nicht festzustellen.
Soweit der Kläger auf eine Schwächung durch besondere Hitzebelastung hinweist, lassen die beigezogenen Wetterdaten den Schluss auf extreme, den Körper besonders belastende Temperaturen nicht zu. Nach den archivierten Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes verblieb der Juli 2017 im Nordosten Deutschlands meist in mäßig warmer oder kühler Luft, die sich im letzten Monatsdrittel durch Tief „Alfred“ i.V.m. intensivem Dauerregen vorübergehend in ganz Deutschland durchsetzen konnte. So sorgten in B und B schwere Gewitter am 22. Juli 2017 vor allem in den nördlichen Bezirken für Überflutungen. Nach den Messdaten des Wetter-Informations-Dienstes B waren an der Station T am 22. Juli 2017 Werte bis zu 27 °C um 12:00 Uhr mittags zu verzeichnen, die ab 14:00 Uhr – gewitterbedingt - rapide abfielen auf Werte von ca. 19-21° in den Abendstunden bzw. in den Nachtstunden auf ca. 18-19°. Am 23. Juli 2017 betrugen die Temperaturen in den frühen Morgenstunden, d. h. zwischen 03:00 bis 06:00 Uhr, teilweise unter 18°, um dann bis zum Nachmittag gegen 14:00 bis 16:00 Uhr wieder auf Werte bis 24° anzusteigen und - wohl aufgrund von weiteren Gewittern - am Abend stetig abzufallen bis auf unter 20° um Mitternacht bzw. unter 18° ab 02:00 Uhr morgens am 24. Juli 2017. Hierbei handelte es sich um für diese Jahreszeit übliche sommerliche Temperaturverhältnisse. Von einer besonderen – extremen - Hitzebelastung während der Tätigkeit des Klägers in den Tagen vor dem Unfall am 24. Juli 2017 kann daher nicht ausgegangen werden.
Eine vom Kläger angeführte Arbeitsüberlastung aufgrund der dem Unfallereignis vorangegangenen Arbeitsschichten sieht der Senat, wie bereits zuvor das SG in seiner angefochtenen Entscheidung, nicht als erwiesen an. Allein aus den Einlogg-Zeiten des Klägers im Taxi lässt sich noch nicht auf eine durchgehende Arbeitstätigkeit in diesen Zeiträumen schließen. Dies ergibt sich für den Senat aus den glaubhaften Angaben des Zeugen S, der Bürokraft des damaligen Arbeitgebers des Klägers, in der mündlichen Verhandlung des SG vom 08. Januar 2020 sowie aus seiner schriftlichen Auskunft gegenüber der Beklagten vom 03. April 2018. Danach sagen die Schichtzeiten nur etwas darüber aus, dass die Taxe durch einen Key an- und abgemeldet worden ist. Zwischendurch hat der Kläger, der sich die Arbeitszeit frei einteilen konnte, auch Pausen machen und anderen Tätigkeiten nachgehen können. So kommt es nach Schilderung des Zeugen S vor, dass ein Fahrer vergisst, sich mit dem Key abzumelden, sodass als Schichtzeit gegebenenfalls ein ganzes Wochenende verbucht wird. Die belegten und abgerechneten Fahrtzeiten fielen nach der mit Schreiben vom 03. April 2018 vorgelegten Aufstellung des Arbeitgebers deutlich geringer aus. Sie betrugen am 21. Juli 2017 5,49 Stunden, am 22. Juli 2017 5,52 Stunden, am 23. Juli 2017 5,01 Stunden und am 24. Juli 2017 0,57 Stunden. Auch war der Kläger es gewohnt, über Nacht Taxi zu fahren, denn er war den in der Nachtschicht arbeitenden Mitarbeitern der Tankstelle als Stammkunde wohlbekannt.
Ebenso wenig lassen sich besondere gefahrbringende Umstände des Unfallortes - der Tankstelle – feststellen. So war die Unfallstelle an der Zapfsäule überdacht und hell erleuchtet. Der Kläger war als nächtlicher Stammkunde der Tankstelle mit den örtlichen Gegebenheiten bestens vertraut. Er hatte, wie der Zeuge Q bereits bei dem Vororttermin am 09. Januar 2019 gegenüber der Beklagten bekundet hatte, beim Abstellen des Taxis einen gebührenden Abstand von dem Bordstein der Zapfsäule gehalten, um sich am bzw. um das Fahrzeug frei bewegen zu können.
Allein der Aufschlag mit dem Kopf auf den ebenen, harten Boden kann noch nicht als besonderer gefahrbringender Umstand gewertet werden. Das BSG hat die gewöhnliche Härte des Straßenpflasters bzw. des Fußbodens auf der Betriebsstätte für sich allein nicht als eine Beschaffenheit der Betriebsstätte angesehen, die als wesentliche Bedingung gewertet werden kann, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten (vgl. BSG, Urteile vom 31. Juli 1985 – 2 RU 74/84 -, Rn.15, und vom 15. Februar 2005 – B 2 U 1/04 R -; jeweils in juris; in letzterem Fall war aber die Treppe im Dienstgebäude, auf der sich der Sturz aufgrund des Mitwirkens einer inneren Ursache ereignete, als besondere – gefährdende - Beschaffenheit der Betriebsstätte angesehen worden). Für einen Aufschlag des Kopfes (Hinterhauptes) des Klägers auf die in der Fotodokumentation vom 09. Januar 2019 gut sichtbare Bordsteinkante des Zapfsäulenbereiches, die evtl. als besonders gefährdende lokale Gegebenheit gewertet werden könnte, fehlt es an jeglichem Nachweis. Weder aus dem Notarztprotokoll noch aus den Berichten zu den polizeilichen Ermittlungen lässt sich ein Indiz für ein Aufschlagen des Kopfes des Klägers auf den erhöhten Zapfsäulenbereich bzw. die Bordsteinkante entnehmen. Nach dem Tätigkeitsbericht vom 24. Juli 2017 der am Unfallort zeitgleich mit dem Rettungswagen eingetroffenen Polizisten war der Kläger vor seinem Taxi liegend aufgefunden worden. Der Zeuge Q hat nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung des Senats zwar noch das Umfallen des Klägers auf der Videoaufzeichnung gesehen, jedoch konnte er nicht mehr sagen, wo genau der Kläger auf dem Boden aufgekommen war bzw. wie seine Lage auf dem Boden war. Blutspuren hatte es nach seinen Angaben keine gegeben. Der vom Zeugen anhand der gesichteten Videoaufnahme geschilderte Geschehensablauf wie auch die am 09. Januar 2019 von der Beklagten fotodokumentierte Nachstellung des Geschehens an der Tankstelle sprechen nach Auffassung des Senats dafür, dass der Kläger in den Bereich zwischen der Motorhaube und der zum Zapfsäulenbereich gehörenden Bordsteinkante gefallen ist. Denn der Kläger hatte das Taxi mit gebührendem Abstand zum Bordstein des Zapfsäulenbereiches im vordersten Abschnitt der Zapfsäulenreihe abgestellt. Als er zusammensackte und seitlich nach links hinten umfiel stand der Kläger zudem auf der Höhe der vorderen Windschutzscheibe dem Taxi zugewandt, so dass er beim Aufschlagen auf den Boden mit dem Oberkörper den unmittelbaren Bereich des im Stand noch hinter ihm befindlichen Zapfsäulenbereiches deutlich überragt haben dürfte. Hiervon geht auch der Zeuge Q aufgrund seiner Ortskenntnisse und der von ihm gesichteten Videoaufnahme des Geschehens aus, als er auf Nachfrage des Senats bekundete, dass der Kläger sonst von der später an der Tankstelle vorbeifahrenden Autofahrerin nicht hätte entdeckt werden können. Seiner Auffassung nach wäre der Kläger dann durch den Bordstein der Zapfsäule verdeckt gewesen. Diese für den Senat nachvollziehbare Einschätzung des Zeugen wird auch nicht durch den Umstand entkräftet, dass es laut Polizeibericht nicht eine Autofahrerin sondern eine unbekannt gebliebene Fußgängerin war, die den Kläger auf dem Boden liegend entdeckt hatte. Denn dem Zeugen Q, der in der Nacht nicht selbst an der Tankstelle zugegen war, war nach seinen glaubhaften Angaben von einer Autofahrerin berichtet worden.
Obwohl der Geschehensablauf darauf hindeutet, dass ein Bewusstseins- bzw. Gleichgewichtsverlust aufgrund einer inneren Ursache beim Kläger eingetreten war, kann hier zum Zeitpunkt des Trockenwischens der Windschutzscheibe ein tatsächlich wirksam – symptomatisch - gewordenes körpereigenes Leiden als Wirkursache für den Sturz des Klägers nicht positiv festgestellt werden. Wie bereits das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt hat, bestanden nach den beigezogenen medizinischen Unterlagen sowie den Aussagen des sachverständigen Zeugen Dr. G anhand der in der Rettungsstelle dokumentierten Befund beim Kläger zwar erhebliche Vorerkrankungen, die einen epileptischen Anfall oder einen plötzlichen Bewusstseinsverlust bzw. Gleichgewichtsverlust verursacht haben konnten. Jedoch fehlt es am Nachweis dafür, dass der Kläger tatsächlich einen epileptischen Anfall oder einen sonstigen, auf körpereigenen Ursachen beruhenden Bewusstseinsverlust beim Trockenwischen der Windschutzscheibe erlitten hatte. Eine Entgleisung des Diabetes mellitus konnte anhand des normgerechten Blutzuckerspiegels in der Rettungsstelle des UKB ausgeschlossen werden. Der Kläger war nach der im Januar 2017 wegen Schwindel und schlechtem Allgemeinzustand bei noch unbehandeltem Diabetes mellitus erfolgten Vorstellung bei seiner Hausärztin Dipl. Med. S zwischenzeitlich vom Diabetologen auf Insulin eingestellt worden. Klinische Befunde für eine akute Alkoholintoxination zum Zeitpunkt des Sturzes liegen ebenfalls nicht vor. Gegen ein Arbeiten des Klägers im alkoholisierten Zustand sprechen auch die Aussagen des erstinstanzlich gehörten Zeugen Sch, wonach der Kläger, wenn er gearbeitet habe, zuverlässig und gut gearbeitet habe, und dieser bei Erscheinen in angetrunkenem Zustand im Taxibetrieb darauf hingewiesen habe, dass er an diesem Tag ja nicht arbeite. Ein vom Notarzt als Erstdiagnose angegebener Apoplex (Schlaganfall) ließ sich anhand der in der Rettungsstelle bzw. im UKB weiter erfolgten Untersuchungen nicht bestätigen. Klinische Befunde, die einen manifesten epileptischen Anfall bereits vor der Schädelverletzung mit traumatischer Hirnblutung belegen könnten, liegen nicht vor. Ebenso wenig kann ein Bewusstseinsverlust aufgrund einer akuten Durchblutungsstörung von Hirnarterien belegt werden. Zwar fanden sich bei der CT-Angiographie des Kopfes und des Halses am 24. Juli 2017 atherosklerotische Plaques mit bis zu mittelmäßiger Einengung der ACI (Arteria carotis interna = innere Halsschlagader) beidseits, jedoch keine Nachweise für einen Gefäßverschluss oder eine Gefäßdissektion.
Können hier weder äußere, dem betrieblichen Risiko zuzuordnende, Ursachen noch innere Ursachen als hinreichend wahrscheinlich für die Auslösung des Unfallhergangs festgestellt werden, so wirkt sich dies nach den Regeln der objektiven Beweislast zulasten des Klägers aus.
Zwar hat das BSG in seiner früheren Rechtsprechung in den Fällen, in denen außer dem kausalen Anknüpfungspunkt der versicherten Tätigkeit keine anderen Tatsachen festgestellt sind, die als Konkurrenzursachen wirksam geworden sein könnten, die Unfallkausalität zwischen der Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis vermutet (vgl. zuletzt BSG, Urteile vom 30. Januar 2007 - B 2 U 23/05 R -, Rn.15, und 17. Februar 2009 - B 2 U 18/07 R -, Rn.13; jeweils in juris). Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass es den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung und die mit ihm verfolgten Ziele des sozialen Schutzes und des Betriebsfriedens in vielen Fällen leerlaufen lassen würde, wenn dem Versicherten jeweils die objektive Beweislast dafür auferlegt würde, warum es gerade zu diesem Zeitpunkt aufgrund von Ursachen, die der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind, zu dem Unfall gekommen sei. Auch die in § 7 Abs. 2 SGB VII getroffene Regelung, dass verbotswidriges Verhalten den Versicherungsschutz nicht ausschließe, wolle eine Ursachenforschung vermeiden. Zudem erfordere der Begriff des Unfalls i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII als zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis nach einhelliger Auffassung gerade kein besonderes Geschehen, sondern es genügten alltägliche Vorgänge, und dieser Begriff solle vor allem der Abgrenzung zur inneren Ursachen dienen. Erfordere ein Unfallereignis aber kein besonderes Geschehen, so würde es die Anforderungen an die Feststellung der Unfallkausalität überspannen, wenn jeweils eine besondere Feststellung der versicherten Ursachen für das Unfallereignis notwendig wäre (BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 23/05 R -, Rn.16, juris). Daher müsse, wenn bei Ausübung einer Verrichtung, die im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe, ein Unfallereignis eintrete, vom Vorliegen der Unfallkausalität ausgegangen werden, es sei denn, es sei eine konkurrierende Ursachen, eine eingebrachte Gefahr oder der unversicherte Teil bei einer gemischten Tätigkeit feststellbar (BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 23/05 R -, Rn.17, juris).
Diese Rechtsprechung hat das BSG in einigen neueren Entscheidungen jedoch insofern eingeschränkt, dass es nun genauer darauf schaut, ob sich durch das versicherte Handeln konkret ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung dafür, dass die versicherte Verrichtung wegen ihrer objektiven Mitverursachung der Einwirkung auch rechtlich wesentlich war, bestehe nicht. Die Wesentlichkeit der Wirkursache sei vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (vgl. BSG, Urteile vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, Rn. 34 ff. <zum betrieblichen Unfall, konkret: Testfahrt als versicherte Verrichtung>,13. November 2012 - B 2 U 19/11 R -, Rn.37 <zum Wegeunfall>, und 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R -, Rn. 20 <zum Wegeunfall>; jeweils in juris). Das Zurücklegen eines Weges steht dementsprechend nur insoweit unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung, wie Gefahren gerade aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr, also aus eigenem oder fremdem Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen durch die Beschaffenheit des Verkehrsraums hervorgehen, wobei bereits alltägliche Vorgänge wie Stolpern, Ausrutschen o. ä. genügen. Seine Betrachtung nach dem Schutzzweck des Wegeunfallversicherungsrechts hat das BSG in seiner letzten Entscheidung vom 17. Dezember 2015 (B 2 U 8/14 R) zu einer entsprechenden Fragestellung (fraglicher Arbeitsunfall eines Studierenden, der auf dem zur Universität führenden Weg ohne erkennbare äußere Ursache stürzte und ein Schädel-Hirn-Trauma mit Hirnblutungen erlitt) nochmals konkretisiert und ausgeführt, dass die Frage, ob eine Ursache rechtlich wesentlich ist, auch dann zu prüfen sei, wenn sie als alleinige Ursache festgestellt sei, weil andere (Mit-) Ursachen nicht erwiesen oder nicht in Betracht zu ziehen seien. Denn auch in diesem Fall werde die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers nur begründet, wenn sich durch den Unfall, der durch die versicherte Verrichtung objektiv verursacht worden sei, eine Gefahr verwirklicht habe, gegen die die Versicherung schützen solle. Diese Voraussetzung werde zwar zumeist erfüllt sein, bedürfe aber stets der Entscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R -, Rn. 21, juris).
Dieser Ansatz des BSG führt im Ergebnis dazu, dass sich die Nichterweislichkeit konkreter äußerer Einwirkungen bzw. die Verwirklichung äußere Risiken, wie z.B. ein Stolpern oder Ausrutschen beim Gehen oder ein Zusammenstoß mit Gegenständen oder anderen Personen, zulasten des Versicherten auswirkt. Es besteht keine Vermutungsregelung, dass bei Verrichtung einer versicherten Tätigkeit unmittelbar vor dem Unfallereignis der Unfall objektiv und rechtlich wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R -, Rn. 24, juris). Seien die Umstände, die vor dem Unfallereignis unmittelbar auf den Versicherten eingewirkt hätten, unbekannt, könne nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass der Sturz durch ein Risiko verursacht worden sei, gegen das die gesetzliche Unfallversicherung Schutz gewähren solle. Es könne ohne Feststellung der konkreten Kausalkette nicht aus der bloßen Tatsache des „Auf-dem-Weg-Seins“ abgeleitet werden, dass sich auch die Gefahr bereits realisiert habe, die in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung falle (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R -, Rn. 25, juris).
Ebenso wie bereits das Schleswig-Holsteinische LSG in seiner Entscheidung vom 15. März 2017 (L 8 U 53/13, veröffentlicht in juris) folgt auch der Senat diesem Ansatz in der neueren Rechtsprechung des BSG. Denn wie das Schleswig-Holsteinische LSG (Urteil vom 15. März 2017 - L 8 U 53/13 -, Rn. 46, juris) zutreffend dargelegt hat, kennt das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung weder einen generellen „Betriebsbann“, d. h. die Erfassung aller Unfälle, die sich in einem Betrieb ereignen, unabhängig davon, ob sie durch die versicherte Verrichtung verursacht sind, noch dementsprechend einen allgemeinen „Wegebann“. Daher ist es folgerichtig und entspricht den generellen Regeln der Beweislastverteilung, dass nicht jedes auf einem Betriebsweg bzw. bei einer versicherten Verrichtung im Betrieb stattfindende Unfallereignis, für das weder äußere noch innere Ursachen festgestellt werden können, zulasten der Unfallversicherung als Arbeitsunfall anzuerkennen ist. Nicht zu teilen vermag der Senat die vom Kläger vertretene Auffassung, die neuere Rechtsprechung des BSG beanspruche nur Geltung für die Wegeunfallversicherung. Denn das BSG hat die Kriterien der Unfallkausalität – zweistufige Prüfung sowie Notwendigkeit der Feststellung einer Wirkursache aus der versicherten Tätigkeit - bereits in seiner, eine betriebliche Tätigkeit (Testfahrt) betreffenden Entscheidung vom 24. Juli 2012 (B 2 U 9/11 R) verdeutlicht.
Da hier der Senat weder eine aus der versicherten Verrichtung resultierende objektive Wirkursache für den Sturz des Klägers und damit die Verwirklichung eines spezifischen Risikos durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit feststellen konnte, noch dass - bei unterstellter innerer Ursache - diese durch eine besondere betriebliche Belastung bzw. Umstände ausgelöst worden wäre, war ein Beweislastentscheidung zu Ungunsten des Klägers zu treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt. Der Senat weicht insbesondere nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, sondern legt diese seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde.