1. Liegt der Schwerpunkt einer selbständigen Tätigkeit im Bereich der Dekoration unter eigenhändiger Herstellung von Dekorationsobjekten aus Naturmaterialien, liegt keine künstlerische Tätigkeit i.S. des KSVG vor. 2. Abgrenzung zum Objektemacher/experimentellen Künstler i.S. des Künstlersozialberichts
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers in der Künstlersozialversicherung.
Der Kläger ist 1973 geboren, hat den Beruf des Feinwerkzeugmachers erlernt und später als Goldschmied gearbeitet. Er machte sich nach eigenen Angaben ab Januar 2005 selbständig. Der Kläger ist freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung. Er meldete sich am 1. Juni 2018 bei der Beklagten als Künstler im Bereich Maler/Zeichner, Illustrator, Konzeptkünstler bzw. ähnliche selbständige künstlerische Tätigkeiten in Gestalt der bildenden Kunst/Design, konkret wegen der Herstellung von Collagen, Styling, Dekoration und als Objektbauer. Er beantragte die Feststellung seiner Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) für seine o.g. Tätigkeit. Den Bereich Styling beschrieb er dergestalt, dass er dafür zuständig sei, Schauspieler, Komparsen nach den vorgegebenen Themen einzukleiden und mit passenden Accessoires auszustatten, bei der Erstellung einer Collage schneide er aus verschiedenen Modezeitschriften Teile aus und füge sie mit Papier, Stoffresten, Farbe und Kunststoff so zusammen, dass ein komplettes Bild entstehe. Seine Objektdekoration bestehe darin, dass er Objekte wie futuristische Bäume, Tiere, Landschaften aus verschiedenen Materialien wie Holz, Metall, Kunststoff, Seidenblumen, Moos und Glas u.s.w. für Tischdekoration, Vorhänge und Raumgestaltung fertige.
Er erwarte ein voraussichtliches Jahreseinkommen in Höhe von 7.500,00 Euro. Konkret gab er an, sein Einkommen zu insgesamt 30 % im Bereich Collagen und Styling und zu 70 % im Bereich Objektbauer und Dekoration zu erzielen.
Die Beklagte lehnte die beantragte Feststellung mit Bescheid vom 20. August 2018 ab. Künstler im Sinne des Gesetzes sei, wer selbstständig erwerbstätig Musik, darstellende oder bildende Kunst schaffe, ausübe oder lehre oder als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig sei oder Publizistik lehre. Die Tätigkeit des Klägers könne nicht als künstlerisch/publizistisch im Sinne dieses Gesetzes gelten. Sie setze sich aus den Arbeitsbereichen Artwork, Styling, Event und
Interior zusammen. Zu 80 % erziele der Kläger seine Haupteinnahmen gegenwärtig aus den Bereichen Event und Interior. Seine Tätigkeit bestehe dabei im Objektbau und der Dekoration. Dies sei der Innenraumgestaltung/Innenarchitektur zuzuordnen. Innenarchitekten/Gestalter von Möbeln und Räumen/öffentlichen Raum planten und fertigten Räume bzw. Raumkonzepte für den privaten, den öffentlichen und den geschäftlichen Bereich, aber auch für Messestände oder Fassaden. Sie entwickelten gestalterische Konzepte (Interieur Design) für den konstruktiven Innenausbau und die Außenbereiche, teilweise erstellten sie hierfür auch Objekte wie Skulpturen oder Plastiken. Darüber hinaus übernähmen sie Dekorationsaufgaben. Das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 12. November 2003 (B 3 KR 39/02 R) sowie im Beschluss vom 12. August 2004 (B 3 KR 12/04 B) entschieden, dass Tätigkeiten im Bereich der Innenarchitektur und der allgemeinen Raumgestaltung nicht unter den Begriff der Künstlersozialversicherung fielen.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2019 zurück.
Der Kläger hat dagegen Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Seine Tätigkeit unterscheide sich von derjenigen des Dekorateurs, denn er könne auf eine Vielzahl von Tätigkeiten zurückgreifen, mit denen er seine künstlerische Tätigkeit begründe. Neben der Arbeit mit Blumen und der Objektgestaltung habe er auch Objekte gebaut und Collagen erstellt.
Er übersandte eine Auflistung sämtlicher Aufträge aus dem Jahr 2018:
Aufträge/Inhalt |
Vergütung (Euro) |
Datum |
Dekorationsschale 2 Lampen |
456,00 + 379,50 |
30.1.2018 |
Objekt Neon aus Magnolienästen mit Neonpapier |
165,00 |
7.2.2018 |
Horizontaler Wandgarten |
6.000,00 |
26.2.2018 |
Objekt Berlinale |
1.278,00 |
27.2.2018 |
Holzkästen mit Blattgold |
560,00 (Dekorationen ITB Berlin Messebau) |
12.3.2018 |
Anfertigung eines Betonsessels |
379,50 |
28.3.2018 |
Metallskulpturen für Motorenwerk Dekoration Halloween Äste- und Blumen für Sitzgruppe (Ball des Weines) |
1.312,50 |
7.5.2018 |
Objekte und Dekorationskasten vergoldet für DFB Pokalspiel |
397,50 |
22.5.2018 |
Kakteenanfertigung Lampe und Bilder |
594,00 |
28.5.2018 |
Tischdekoration |
148,50 |
4.6.2018 |
4 Collagen |
900,00 |
16.6.2018 |
Objekt und Dekoration Wiesbaden/Kraftwerk (Moos-Sofa) |
1.257,00 |
13.6.2018 |
Objekte und Dekoration, Lampenschirm |
214,50 |
18.6.2018 |
Beleuchtete Wandtafel aus Moosflechten |
846,00 |
2.7.2018 |
Gestaltung von Bartischen und –tresen aus Holz (Wald) |
2.614,30 |
24.7.2018 |
Anfertigung kegelförmiger Objekte (Moos/Draht) + Trennwände |
1.295,00 + 740,00 |
21.9.2018 |
Objekt u.a. aus Wurzelholz zu Deko-Zwecken |
810,00 |
29.9.2018 |
Herstellung einer Lampe |
1.155 |
2.10.2018 |
Bau eines Vogels in Marrakesch aus Metall, Federn, Blüten etc. |
1.833,00 |
21.10.2018 |
Lampe mit Sitzgelegenheit (Möbel) |
1.147,50 |
25.11.2018 |
Trennwände mit Moos und Gewächs verziert |
1.855,00 |
26.11.2018 |
Dekorationselemente für Geburtstag (Tische) |
1.050,00 |
3.12.2018 |
2 Collagen |
250,00 |
5.12.2018 |
PREMIE Decembrie |
1.000,00 |
9.12.2018 |
Collage |
200,00 |
20.12.2018 |
Die Rechnungen wiesen überwiegend als Leistungsgegenstand „Objekte und Dekorationen“ aus, als Auftraggeber erscheinen vor allem Unternehmen der „modernen Floristik und Eventgestaltung „(F“), „Florist und Blumenkünstler“ bzw. solche, deren Gegenstand „florale Gestaltungen“ sind („C“) .
Mit Urteil vom 24. Oktober 2019 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten auf und stellte fest, dass der Kläger seit dem 1. Juni 2018 der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege. Er übe seine Tätigkeit als Objektgestalter unstreitig erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend und auch selbstständig aus. Zur Überzeugung der Kammer übe er eine künstlerische Tätigkeit aus. Aus den Materialien zum KSVG ergebe sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen solle, mit denen sich der Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstler) aus dem Jahre 1975 beschäftige (Künstlersozialbericht). Der Gesetzgeber habe damit einen an der Typologie von Ausführungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt sei, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps entspreche. Diesen Berufsfeldern sei das soziale Schutzbedürfnis der Betroffenen zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankomme. Dabei habe die Kammer berücksichtigt, dass handwerkliche Berufe nicht die Voraussetzung für die Eigenschaft als Künstler hätten und auch Tätigkeiten mit wesentlichen gestalterischen Elementen nicht überwiegend künstlerisch seien, wenn die handwerkliche Leistung oder der Dienstleistungscharakter prägend seien (Kunsthandwerker und Innenarchitekten). Die Kammer habe zudem berücksichtigt, dass Tätigkeiten trotz handwerklicher Prägung als künstlerisch zu bewerten seien, wenn der eigenschöpferische Anteil überwiege (Objektmacher, Textil- und Holzgestalter, auf Entwürfe beschränktes Produktdesign und Industriedesign, BSG, Urteil vom 30. Januar 2001, B 3 KR 1/00 R). Tätigkeiten mit weit überwiegend eigenschöpferischen Anteil seien insoweit ohne Zweifel künstlerisch (Maler, Bildhauer). In Abgrenzung zu den vorstehend genannten Tätigkeiten habe sich die Kammer davon leiten lassen, ob der Kläger Gebrauchsgegenstände fertige oder „schöne Formen“ entwerfe und herstelle. Anhand dieser Maßstäbe habe die Kammer keinen Zweifel an dem weit überwiegenden Anteil der eigenschöpferischen Leistung der Tätigkeit des Klägers. Seine Werke zeichneten sich dadurch aus, dass sie weit über die moderne Gestaltung von Innenräumen oder Messeständen hinausgingen. Sie lösten sich von der Objekteigenschaft als Raumtrennung, Lampe oder Wandgestaltung und beflügelten die Fantasie des Betrachters, erweckten Erstaunen über die Ablösung der Gestaltungsvariante von der reinen Gebrauchslösung und berührten die Gefühle des Betrachters. Es handele sich nicht um bloße Planung und Gestaltung von Räumen, sondern um die Erschaffung „schöner Formen“ im Raum. Ihre Wirkung auf den Betrachter ziehe in den Bann und erhebe das Werk vom räumlichen Gestaltungselement zum raumunabhängigen Kunstwerk. Ersichtlich verharre der Kläger nicht im Tätigkeitsfeld des Innenarchitekten, sondern schaffe im Rahmen des erteilten Auftrags schöpferisch Objekte mit eigenem Geltungsanspruch. Die Beklagte habe sich hingegen von einer bloßen Einordnung in Berufe leiten lassen, die der Tätigkeit des Klägers nicht gerecht werde. Diese sei gerade nicht überwiegend darauf gerichtet, im Rahmen einer Dienstleistung Räume funktionell zu gestalten und Beratungs- und Planungsleistungen anzubieten, er werde nicht als Innenraumgestalter tätig. Vielmehr sei seine Tätigkeit darauf gerichtet, Kunst zu erschaffen. Sofern eine Einordnung in Berufe erforderlich sei, sei zwingend diejenige des Objektmachers, Textil- und Holzgestalter zu wählen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 19. November 2019 zugestellte Urteil am 28. November 2019 Berufung eingelegt. Nach den vorgelegten Rechnungen sei der Kläger im Bereich der Dekoration von Räumen tätig, er werde zu 80 % von entsprechenden Floristikunternehmen beauftragt. Gemäß deren Internetauftritt werteten diese „jede Veranstaltung auf“ und schafften das „richtige Flair“ („F“). Sie entwickelten in Zusammenarbeit mit Innendesignern und Eventagenturen Gestaltungskonzepte für Gesellschafts- und Kulturevents jeder Größenordnung, von privaten Feierlichkeiten, von exklusiven Firmenevents bis zu internationalen Großveranstaltungen. Zudem habe das ihn beauftragende Unternehmen C (= Sommeraster) eine mit dem Kläger identische Geschäftsadresse (gehabt). Auch der Auftraggeber P sei unter dem Begriff Eventlogistik registriert. Auch er bewerbe seine Geschäftstätigkeit mit der „Ausstattung von Veranstaltungen mit der passenden Blumendekoration“. Diese könne, so sein Internetauftritt, „zu einem speziellen Thema, passend zur Jahreszeit oder schlicht oder pompös“ sein. Die Beauftragung des Klägers durch das Unternehmen „B“ spreche für sich. Die Einschätzung werde durch die eingereichten Fotos der Werke sowie die Abrechnungsweise gestützt, die tages- oder stundenweise erfolge. Zur vergüteten Tätigkeit zählten auch Zeiten für den Auf- und Abbau der Dekorationen. Der Tätigkeitsschwerpunkt des Klägers entspreche gemäß den Berufsinformationen der entsprechenden Datenbank „berufenet“ der Bundesagentur für Arbeit dem Beruf des Floristen. Zu diesem Beruf heiße es dort unter anderen, diese (die Floristen) kreierten für alle denkbaren Anlässe passende Blumen- und Pflanzenarrangements, vom gebundenen Strauß über Brautschmuck und Raumdekorationen bis hin zur Trauer-Floristik. Demgemäß wählten Floristen Blumen, Gräser und zum Teil künstliches Beiwerk aus und fertigten daraus geschickt florale Arrangements. Bei aller Kreativität und der Berücksichtigung der neuesten Markttrends achteten sie auch darauf, dass die unterschiedlichen Pflanzen in ihren Pflegeansprüchen zueinander passten. Ausgehend von dieser Beschreibung handele es sich um eine handwerkliche Tätigkeit, die grundsätzlich nicht § 2 KSVG unterfalle. Gemäß der Rechtsprechung des BSG könne zwar auch auf kunsthandwerklicher Basis Kunst geschaffen werden, es handele sich dabei aber regelmäßig um für das Handwerk atypische Ausnahmen. Die Abgrenzung zwischen Handwerk und Kunst sei nach materiellen Kriterien vorzunehmen. So könne für die Zuordnung zur Kunst allein die Tatsache, dass Erzeugnisse eine gestalterische Leistung enthielten, nicht ausreichen. Gestalterische Elemente seien bei zahlreichen Arbeiten unabdingbar, die unzweifelhaft zum Bereich des Handwerks zählten. So sei auch gerade dem Kunsthandwerk ein gestalterischer Freiraum immanent. Eine Zuordnung zum Begriff der Kunst sei möglich, wenn sich die Tätigkeit nicht auf die Herstellung des Endproduktes erstrecke, wie bei einem Designer, der Entwürfe fertige. Ob Handwerk oder schon Kunst vorliege, lasse sich nach dem Kriterium der eigenschöpferischen Leistung beurteilen. Nicht maßgebend sei die Sicht des Betrachters, die das Sozialgericht aber zugrunde lege. Maßgebend für die Abgrenzung sei vielmehr, ob der Schaffende mit seinen Werken zumindest in fachkundigen Kreisen als Künstler anerkannt oder behandelt werde. Als eine solche Anerkennung könnte gelten, wenn der Kläger an Kunstausstellungen teilnehme, Mitglied von Künstlervereinen sei, im Künstlerlexika aufgeführt sei, Auszeichnungen erhalten habe oder sonstige Indizien vorlägen, die auf eine Anerkennung schließen ließen. Nicht ausreichend sei dagegen die einzelne Teilnahme an einer Ausstellung oder Ausstellungen, die privat unter der eigenen Adresse durchgeführt würden. Aus den Rechnungen ergebe sich, dass der Kläger Räume allgemein und auch Gebrauchsgegenstände gestalte. Eine Tätigkeit als Szenograf sei deshalb ausgeschlossen, denn es fehle an einer Tätigkeit in einem sozialen oder gesellschaftlichen Umfeld, in der allgemein Kunst stattfinde wie Theater oder Film. Soweit der Kläger sporadisch auch Einkünfte aus Collagen erziele, könne dies die Versicherungspflicht nicht stützen, denn diese setzte voraus, dass die künstlerische Tätigkeit überwiegend ausgeübt werde.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2019 aufzuheben Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ausweislich der eingereichten Fotodokumentation handele es sich nicht um bloße Dekoration von Räumen mit Blumen. Es handele sich um Collagen, Lampen, Möbel und Dekorationsobjekte. Es sei nicht von Relevanz, wie sich die den Kläger beauftragenden Unternehmen im Internet darstellten, sondern wie sich der Kläger als Künstler darstelle.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe
A. Der Senat durfte in der Besetzung allein durch die Berichterstatterin als konsentierte Einzelrichterin entscheiden. Die Beteiligten haben dazu zuvor schriftlich ihr Einverständnis erteilt (§ 155 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
B. Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht entschieden, dass der Kläger im Hinblick auf seine selbständige Tätigkeit zu dem vom Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) erfassten Kreis der selbständigen Künstler gehört.
1. Streitgegenständlich ist der Antrag des Klägers vom 23. Mai 2018, der bei der Beklagten am 8. Juni 2018 eingegangen ist.
2. Rechtsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht ist § 1 KSVG (in der Fassung vom 9.12.2004, BGBl. I, 3242). Hiernach werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben (§ 1 Nr. 1 KSVG) und im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig i.S. des § 8 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV).
3. Der Kläger übt die Tätigkeit als Objektbauer, im Bereich der Dekoration, des Stylings und der Collagenerstellung seit 2005 nicht nur vorübergehend aus, ohne dass er dabei weitere Arbeitnehmer*innen beschäftigt. Erwerbsmäßigkeit liegt vor, wenn die Tätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts und nicht nur aus Liebhaberei ausgeübt wird, mithin die Absicht verfolgt wird, ein über der Geringfügigkeitsgrenze (von 3.900 Euro, vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG i.d.F. vom 5.12.2006) liegendes Arbeitseinkommen zu erzielen. Der Kläger erzielt, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, aus seiner selbständigen Tätigkeit ein Einkommen von mehr als 7.500 Euro im Jahr. Das belegen für 2018 die von ihm eingereichten Rechnungen. Der dadurch in diesem Jahr erzielte Gesamtbetrag von rund 28.800 Euro liegt weit über der Geringfügigkeitsgrenze.
4. Der Kläger ist nicht Künstler i.S. des KSVG. In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben, nämlich die Musik, die bildende und die darstellende Kunst. Eine weiter gehende Festlegung, was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von "Künstlern" und "künstlerischen Tätigkeiten", auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen bewusst verzichtet (BT-Drucks 8/3172 S 21). Dieser Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (zum Kunstbegriff des Art. 5 Grundgesetz – GG – vgl. BVerfGE 30, 173, 188 ff und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des KSVG vgl. BT-Drucks 9/26, S 18 und BT-Drucks 8/3172, S. 19 ff). Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen soll, mit denen sich der "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)" aus dem Jahre 1975 (BT-Drucks 7/3071) beschäftigt.
Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps entspricht. Bei diesen Berufsfeldern ist das soziale Schutzbedürfnis zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- und Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird.
a. In dem inzwischen über 40 Jahre alten Künstlerbericht der Bundesregierung wird der Beruf des Raumgestalters oder Objektbauers nicht erwähnt. Zu Recht hat aber schon das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die Nichtverzeichnung im Künstlerbericht 1975 nicht zwangsläufig gegen die Qualifizierung der Tätigkeit als künstlerisch spricht, denn dies würde der Vielfalt und Dynamik in der Entwicklung künstlerischer und/oder publizistischer Berufstätigkeit widersprechen. Im Bereich "Bildende Kunst/Design" finden sich allerdings die Berufe des Objektemachers, des Grafik- und Produktdesigners sowie des Kunsthandwerkers und des Kunstpädagogen (BT-Drucks 7/3071, S 7). Wer einen dieser Berufe ausübt, ist - mit Ausnahme des Kunsthandwerkers (BSGE 80, 136) - in aller Regel als Künstler anzusehen (vgl Finke/Brachmann/ Nordhausen, Künstlersozialversicherungsgesetz – KSVG – 5. Aufl. 2019, § 2 Rn. 5 f. und 16).
aa. Unter einem Objektemacher versteht man nach allgemeinem Sprachgebrauch einen Künstler, der Objekte gestaltet, also ein aus verschiedenen Materialien zusammengesetztes Werk der modernen Kunst. Im "Bericht der Bundesregierung über die soziale Lage der Künstlerinnen und Künstler in Deutschland" vom 7. Mai 2000 wird dieser Begriff schon nicht mehr erwähnt, sondern klarstellend durch die Bezeichnung "Experimenteller Künstler" ersetzt (Tabelle 6, Seite 13). Auch Finke/Brachmann/Nordhausen nennen den Experimentalkünstler ergänzend und zur Klarstellung dessen, was unter einem Objektemacher zu verstehen ist (aaO § 2 Rn. 42 - S 83 oben). Es muss dabei um die Schaffung von - häufig experimentellen - Kunstobjekten und nicht beispielsweise um die Herstellung von Ausstellungselementen gehen, denen lediglich eine dienende Funktion z.B. bei der Vermittlung von Bildungszielen zukommt. Allerdings kann in bestimmten Fällen auch eine Ausstellung bzw. deren Gestaltung die Kriterien der Kunst erfüllen, wenn in der Ausstellung als solcher eine eigenschöpferische künstlerische Leistung zum Ausdruck kommt. Dies ist bei den "Land-Art"-Großprojekten der Künstler Christo und Jeanne Claude (zB "The Gate of New York" - 2004 oder "Gestapelte Ölfässer" - Oberhausen 1999) oder bei den Garten- und Landschaftsarrangements eines Andre Heller (zB "Kristallwelten" - Tirol 1995, "Bambusmann" - Hongkong 1992, "Versinkende Riesin" - Wien 1991) anzunehmen. In diesen und vergleichbaren Fällen wird die "Ausstellung" - also die künstlerisch komponierte oder verfremdete Umwelt - zu einem aus sich heraus wirkenden Gesamtkunstwerk; sie steht im Fokus des Publikumsinteresses, ohne dass es wesentlich auf die Präsentation von Einzelobjekten ankäme (vgl. BSG, Urteil vom 26. Januar 2006 – B 3 KR 1/05 R –, Rn. 18).
bb. Der ebenfalls im Künstlerbericht von 1975 genannte Beruf des Grafik- und Produktdesigners (vgl dazu http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp - Stichworte "Designer/in - Grafik" und "Designer/in - angew . Formgebung, Schmuck/Gerät") hat als Hauptzweck der Tätigkeit die formgerechte und funktionale Gestaltung von Gegenständen unter künstlerisch-ästhetischen Gesichtspunkte, mit anderen Worten: Design ist die formgerechte und funktionale Gestaltung von Gegenständen aller Art unter künstlerisch-ästhetischen Gesichtspunkten. Künstler im Sinne des KSVG ist aber nur der Designer, der seine Tätigkeit auf das Entwerfen beschränkt und mit der Produktion / Vermarktung der entworfenen Güter nicht befasst ist. Als Künstler anzusehen im Sinne von § 2 Satz 1 KSVG ist ein Designer ausschließlich um seiner gestaltenden Tätigkeiten wegen. Charakteristisches Merkmal speziell des Industriedesigns ist der Entwurf der äußeren Gestalt von Gegenständen (einschließlich der Farbgebung) nach ästhetischen, den vorgesehenen Verwendungszweck und die Funktion uneingeschränkt wahrenden Gesichtspunkten (Gestaltung der "schönen Form"). Eine eigenschöpferisch gestaltende, der "bildenden Kunst" im Sinne des § 2 KSVG zuzurechnende Tätigkeit liegt vor, solange damit nicht die handwerkliche oder industrielle Produktion der Gegenstände durch die den Entwurf erstellende Person verbunden ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2001, B 3 KR 1/00 R - Erstellung von Entwürfen für Tür- und Fensterbeschläge = Industriedesigner; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18. Juli 2019 – L 8 KR 265/16 –, Rn. 22, juris). Versicherungsschutz im Sinne des § 2 Satz 1 KSVG genießt somit nur der mit dem Entwurf betraute Designer, weil dessen Werk nach den für die Aufstellung des Künstlerberichts maßgebenden Kriterien einem der drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit zuzurechnen ist, nicht aber der Produzent. Die Abgrenzung ist unproblematisch bei Designern, die sich auf das Entwerfen der Produktvorlagen beschränken und ihre Einkünfte ausschließlich oder zumindest weit überwiegend aus Lizenzen für die Überlassung der Entwürfe beziehen. In diesem Fall ist das verwertete Arbeitsergebnis - der Produktentwurf - einer der Kunstgattungen der KSV zuzurechnen, nämlich der bildenden Kunst. Anders liegt es indes, wenn jemand ein Produkt nach eigenen Entwürfen selbst anfertigt und anschließend sogar die Vermarktung vornimmt, also seine Einkünfte nicht allein aus der Überlassung eines Entwurfs zur Verwertung durch Dritte erzielt, sondern vielmehr aus der Produktion und / oder der anschließenden Veräußerung der Gegenstände. Der Verwertungserfolg im Einzelfall hängt dann zwar auch von der Güte des eigenen Entwurfs ab, aber das vorbereitende Design ist nur ein Teilbereich des komplexen Tätigkeitsbildes. In der Gesamtschau prägend ist in diesem Fall eine Einheit aus Entwurf, Produktion und Vermarktung. Ebenso wie beim Kunsthandwerker steht auch bei der Herstellung/ Vermarktung selbst entworfener Produkte die Verwertung der Produktpalette im Vordergrund, sodass wegen einer etwaigen Versicherungspflicht nach dem KSVG nicht mehr allein auf die eigenschöpferische Leistung beim Entwurf angeknüpft werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2011, B 3 KS 4/10 R, Rn. 14 – Modedesignerin, Urteil vom 21. Juni 2012, B 3 KS 1/11 R, Rn. 18 – Modedesignerin; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18. Juli 2019 – L 8 KR 265/16 –, Rn. 23, juris)
cc. Grundsätzlich keine künstlerische Tätigkeit ist das Herstellen oder die Produktion von Gebrauchsgütern. Dies gilt zunächst für deren handwerksmäßige Fertigung. Die Künstlersozialversicherung (KSV) ist nach ihrer Anlage als "Künstler"-Sozialversicherung ausschließlich für künstlerische und nicht für handwerksmäßig ausgeübte Berufe geschaffen worden. Demzufolge begründen schöpferische Leistungen keine Anerkennung als künstlerisch im Sinne von § 2 Satz 1 KSVG, solange sie über den Bereich des Handwerklichen nicht hinausgehen. Ein Kunsthandwerker kann, obwohl er ebenfalls im Künstlerbericht genannt ist, erst dann als bildender Künstler im Sinne des KSVG anerkannt werden, wenn er sich auf das reine Entwerfen der äußeren Gestalt von Gegenständen (einschließlich der Farbgebung) nach ästhetischen, den vorgesehenen Verwendungszweck und die Funktion uneingeschränkt wahrenden Gesichtspunkten beschränkt und dabei die kommerzielle Nutzung der Entwürfe Dritten gegen Entgelt (z.B. Lizenzgebühren) überlässt. In solchen Fällen verlässt ein Kunsthandwerker den handwerklichen Bereich und wird als Produktdesigner, Industriedesigner, Schmuckdesigner, Modedesigner, Möbeldesigner, Keramikdesigner, Textildesigner oder Verpackungsdesigner zum professionellen künstlerischen Designer. Bei derartigen Designertätigkeiten handelt es sich auch nach der Verkehrsanschauung um eigenständige, verselbständigte Berufsbilder mit künstlerischem Charakter, die sich von der handwerklichen bzw. kunsthandwerklichen Berufsausübung deutlich abheben (BSG, Beschluss vom 26. März 2014 – B 3 KS 6/13 B –, Rn. 7, juris).
dd. Die Nichterwähnung einer Tätigkeit im Künstlerbericht steht einer Künstlereigenschaft schließlich nicht entgegen. Sie kann darauf beruhen, dass es zu einer Kunstform bei Erstellung des Berichts (1975) noch keine allgemeine Verkehrsauffassung gab, sie als künstlerisch zu betrachten. Das kann darin begründet liegen, dass es die Tätigkeit damals noch gar nicht gegeben hat oder sich die Verkehrsauffassung zwischenzeitlich gewandelt hat. Es ist dann selbständig nachzuvollziehen, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach den für die Aufstellung des Künstlerberichts geltenden Kriterien einem der drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit zuzuordnen ist und keine kunsthandwerkliche Tätigkeit darstellt (BSG, Urteil vom 15. November 2007 - B 3 KS 3/07 R Rn. 11, juris). Die Tätigkeit der Gestaltung von Räumen und Objekten u.a. mit schwerpunktmäßig floralen Elementen und anderen natürlichen Werkstoffen (Holz) und Metall kann das Handwerk des Floristen überspringen und dem Objektemacher/Experimentellen Künstler entsprechen, wenn Vorgegebenes oder Vorgefundenes oder Räume zum Ausgangspunkt eigener Gestaltqualität werden, die das Ergebnis als eigenschöpferische Leistung künstlerischen Schaffens erscheinen lassen, wenn es z.B. Gegenstand von Programmen an Kunsthochschulen ist. Dagegen liegt bei einer Tätigkeit, die Materialien wie Holz, Metall, Stein mit kreativer Komponente bearbeitet, keine Kunstausübung vor, wenn deren Schwerpunkt auf dem Einsatz manuell-technischer Fähigkeiten liegt. Sie ist dann handwerklicher Natur, selbst wenn es sich nicht um ein in der Handwerksordnung verzeichnetes Handwerk handelt (BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KS 2/07 R Rn. 17 ff. – Tätowierer). So gehören handwerkliche Tätigkeiten, auch wenn ihnen ein gestalterischer Freiraum immanent ist (z.B. Steinmetze, Goldschmiede und andere Kunsthandwerker sowie Fotografen), entsprechend der historischen Entwicklung und der allgemeinen Verkehrsauffassung grundsätzlich nicht zum Bereich der Kunst im Sinne des KSVG (BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KS 2/07 R – Rn. 18). Die Tätigkeit wird nicht schon dadurch künstlerisch, dass im Einzelfall nicht nach vorhandenen Mustern oder Schablonen gearbeitet, sondern das Motiv selbst gestaltet wird; denn dies ist auch für das Kunsthandwerk typisch. Die Tätigkeit bleibt auch bei der freien Gestaltung des Motivs handwerklich geprägt. So dient z.B. beim Tätowierer der kreative erste Arbeitsschritt nur als Vorarbeit zum handwerklichen zweiten Arbeitsschritt, der auch in solchen Fällen der Schwerpunkt der Tätigkeit bleibt und aus dem in erster Linie Einkommen erzielt wird (BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KS 2/07 R – Rn. 19).
ee. Bei einem aus mehreren Tätigkeitsbereichen zusammengesetzten gemischten Beruf, für den ein einheitliches Entgelt gezahlt wird, kann von einem Entgelt für eine künstlerische Tätigkeit nur dann ausgegangen werden, wenn die künstlerischen Elemente das Gesamtbild der Tätigkeiten prägen. Auch notwendige Geschäftstätigkeiten, die für eine künstlerische Ausübung eines Berufs typisch sind, wie Reisen, Organisation und Verwaltung, stehen einer Wertung als künstlerische Tätigkeit nicht entgegen, sofern die Tätigkeit insgesamt ihren Schwerpunkt im künstlerischen Bereich aufweist (BSG, Urteil vom 16. April 1998, B 3 KR 7/97 R, Urteil des Senats vom 19. Oktober 2005 – L 9 KR 172/02 –, Rn. 16, juris).
b. Ausgehend davon ist die berufliche Betätigung des Klägers eine zusammengesetzte Tätigkeit. Er übt eine vielschichtige Tätigkeit aus, die Elemente der bildenden Kunst (Collagen), des Kunsthandwerks und der Raumgestaltung und Dekoration, aber auch im Einzelfall der Installation hat. Konkret ist sie – jenseits der Collagenherstellung – zur Überzeugung des Senats durch folgende Merkmale geprägt:
-Herstellung/Fertigung von selbst entworfenen Dekorationselementen, wie z.B. künstlichen Bäumen unter Verwendung von Naturmaterialien,
-Dekoration von Räumen, insbesondere Wandgestaltung sowie Tischen sowie Dekoration und Verfremden von Gebrauchsgegenständen wie z.B. Lampen, teilweise auf der Grundlage eines konkreten Mottos/Themas („Halloween“, „Neon“, „Berlinale“),
-Herstellung von (beleuchteten) Wandtafeln, Wandbildern oder Gegenständen und Tieren („Pfau“) aus Blüten, Pflanzen, wie z.B. Moos sowie aus Holz und sonstigen Naturmaterialien, Metall, auch für die Nutzung im Freien,
-Herstellung und Verfremdung von Objekten und Gebrauchsgegenständen, wie z.B. Trennwänden und Lampen unter Verwendung von Moosen und anderen Gewächsen, teilweise mit phantasievoller Verknüpfung der Materialien und/oder Änderung und Verknüpfung der Funktion von Gegenständen („Sitzgelegenheit aus Lampe und Wurzel“) oder Herstellung von bloßen Abbildern bzw. Imitationen von Gebrauchsgegenständen überwiegend aus Naturmaterialien („Betonsessel“, „Moos-Sofa“),
-Anfertigung von Collagen aus verschiedenen Materialien, wie Papier, Holz, Stoffresten, Farbe, Kunststoff, Seidenblumen, Moos und Gras,
-Ausgestaltung i.S. der Auflockerung, Unterteilung und Strukturierung von Räumen unter dem Einsatz von Naturmaterialien (z. B. einem Barbereich/Tresen).
Mit Ausnahme der Collagen ist die Tätigkeit des Klägers weit überwiegend auftrags- und projektbezogen. Das ergibt sich – für das Jahr 2018 – aus den dem Senat vorliegenden Rechnungen. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers liegt, ausgehend von seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren sowie den vorgelegten Rechnungen aus dem Jahr 2018, im Bereich der Herstellung von Objekten und der Dekoration und Gestaltung von Räumen. Am 2. Juli 2018 hat er angegeben, 70 % seiner Einkünfte aus diesem Bereich zu beziehen. Dem entsprechen die im Klageverfahren eingereichten Abrechnungen. Von der Gesamtsumme entspringt der überwiegende Teil Aufträgen mit dem Betreff „Objekt und Dekoration“, das belegen auch die Fotoaufnahmen. Aus dem Bereich Collagen erzielte er 2018 demgegenüber mit ca. 5 % nur einen kleinen Teil seiner gewerblichen Gesamteinkünfte (28.800 Euro insgesamt und rund 1.350 Euro aus Collagenverkauf).
c. Der so ermittelte Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers ist nicht künstlerisch i.S. der bildenden Kunst.
aa. Die berufliche Betätigung des Klägers entspricht keinem der - künstlerischen – Katalogberufe (Künstlerbericht), insbesondere ist er weder Objektemacher noch Produktdesigner.
(1) Der Kläger ist kein Objektemacher bzw. Experimenteller Künstler. Zwar erstellt und gestaltet er Objekte und damit Werke aus verschiedenen Materialien. Die von ihm selbst hergestellten Objekte der künstlichen Bäume und Tiere sowie der entweder hergestellten oder nur verfremdeten Gebrauchsgegenstände wie Lampen, Lampenschirme – ebenso wie diejenigen, die nur der Form nach Gebrauchsgegenstände sind wie ein Sessel, hergestellt aus Beton, ein Sofa aus Moos – sind aus verschiedenen Materialien (neu) zusammengesetzt. Selbiges gilt auch für die Wandbilder aus Pflanzen und die mit Blumen und Pflanzen ausgestatteten und damit angereicherten Stellwände oder Schau- und Blumenkästen.
Die (selbst hergestellten) Objekte und Raumgestaltungen des Klägers haben aber lediglich eine dienende Funktion. Sie dienen der Raumgestaltung und kommen auf Messen, in Hotels, Veranstaltungen (wie Hochzeiten) oder sonstigen überwiegend gewerblichen Ereignissen zur Geltung. Diese verfolgen ihrerseits überwiegend keinen künstlerischen Zweck (mit Ausnahme: die Berlinale als Filmfestival). Die kreative und phantasievolle Gestaltung der Räume und Interieurs ist insoweit kein Selbstzweck, sie reichert den Raum für die jeweilige Nutzung (Verkaufs- oder Ausstellungsmesse, Hotellobby, Barbereich, Filmfestival-Location) an. Die (Raum-) Gestaltung steht überwiegend im Dienst des jeweiligen Mottos, des Zwecks, dem die Raumnutzung dient („Halloween“, „Neon“, „Berlinale“). Die Gestaltung hat dekorativen Charakter, sie soll damit aber nicht selbst zum Gegenstand der Betrachtung werden. So ist zwar auch „Kunst am Bau“ Kunst i.S. des § 2 KSVG, dies aber deshalb, weil sie in der Lage ist, sich vom nicht künstlerischen Nutzungskonzept und Zweck eines Gebäudes zu emanzipieren, ein Eigenleben zu führen. Der Entwurf und die Herstellung und Anreicherung von Ausstellungs- Schau- oder Blumenkästen, u.a. für Messen, ist damit aber nicht vergleichbar. Gleiches gilt für die Raumgestaltung im Übrigen. Diese stehen im Dienste der Verschönerung von Elementen und Gegenständen wie auch Räumen, die ihrerseits der Werbung, dem Kaufanreiz und der Darstellung von Inhalten dienen. Eine kreativ-phantasievolle Dekoration oder auch Verfremdung soll dies unterstützen. Damit unterscheiden sich solche Objekte und Raumgestaltungen z.B. von den Objekten des Künstlers Christo („verhüllter Reichstag“) oder von einem gestalteten Garten von André Heller. Letzterer ist als „ein poetisches Zusammenspiel von Pflanzen und Skulpturen“ konzipiert, in dem „alle Sinne angesprochen werden“, damit eine Inszenierung, die nach ihrem Ursprungskonzept „die Welt im Kleinen widerspiegelt“ (so die Beschreibung unter https://www.reise-nach-italien.de/andre-heller-garten.html). Diesen Anspruch erheben die Objekte und Gestaltungen des Klägers nicht. Dafür spricht, dass sie von Auftraggebern bestellt werden, die ihrerseits im Bereich der Eventorganisation und der „floralen Gestaltung“ angesiedelt sind. Sie teilen somit den Charakter des Werks, das der Auftraggeber Dritten schuldet. Insoweit ist dem Kläger nicht zu folgen, dass seine Werke unabhängig von den ihn beauftragenden Unternehmen zu sehen sind. Dabei sind die klägerischen Wand- und Raumgestaltungen wie auch die Wandbilder aus Pflanzen und die angereicherten Gebrauchsgegenstände, eigenschöpferisch und phantasievoll. Sie sollen aber weder eigenständig und losgelöst von der sonstigen Nutzung der Räume hervortreten; Noch sind sie als Installationen erkennbar, die eine eigene, für sich stehende inhaltliche Aussage transportieren, den Raum selbst zum Kunsterlebnis machen wie es z.B. die Gärten André Hellers oder die Groß-Installationen Christos wie die „Floating Piers“ (künstlich angelegte und begehbare Piers) beabsichtigen. Diese haben als Ziel die Assoziationen der Betrachter*innen anzuregen, diesen (im Fall der begehbaren Gärten oder der „Floating Piers“) ein mehrere Sinne ansprechendes Erleben zu verschaffen. Dies wird aus Sicht des Senates gestützt durch die Rechnungen, die überwiegend den Betreff „Objekt und Dekoration“ aufweisen. Die Objekte des Klägers stehen so im Dienst der Dekoration, die Dekoration ihrerseits im Dienst der Objekt- oder Raumnutzung, nämlich der jeweiligen Veranstaltung (wie z.B. einer Hochzeit). Die Gestaltung soll den Raum, die Veranstaltung oder den konkreten Gegenstand in der jeweiligen Funktion unterstützen, aber nicht überwiegen oder sich quasi davon lösen (dazu auch sogleich bb.).
(2) Der Kläger ist unter Berücksichtigung seiner Tätigkeit der Herstellung und Verfremdung von Gegenständen kein Produktdesigner. Zwar teilt er mit diesem die formgerechte und funktionale Gestaltung von Gegenständen unter künstlerisch-ästhetischen Gesichtspunkten, die „Erschaffung der schönen Form“. Dazu kann die Gestaltung und Anreicherung von Lampen/Lampenschirmen wie auch die Gestaltung eines (gewerblichen) Raumes wie eines Barbereichs mit Pflanzen und Blüten (u.a. als Raumteiler) gehören. Der Kläger stellt die Objekte und Raumgestaltungen aber selbst her und wird dafür ausweislich der Rechnungen auch bezahlt (Auf- und Abbau). Kennzeichen des Designers, sei es für Möbel, Innenräume oder sonstige Gegenstände, ist demgegenüber, dass allein aus der Überlassung eines Entwurfs zur Verwertung durch Dritte Einnahmen erzielt werden und nicht aus der Produktion und /oder der anschließenden Veräußerung der Gegenstände selbst. Der Kläger entwirft nicht nur Gestaltungselemente für Räume oder für Gebrauchsgegenstände, sondern er stellt diese auch her und gestaltet den Raum oder den Gegenstand eigenhändig. Er beschafft, nutzt und verarbeitet dazu Materialien und erbringt eine Gesamt-Dienstleistung. Diese hat mindestens ebenso großes Gewicht wie die Idee, die er verwirklicht [dazu sogleich (3)]. Die Entwurfstätigkeit für Räume/Wände und Gegenstände hat sich demgegenüber nicht dergestalt verselbständigt, dass der Kläger seine Entwürfe vermarktet. Auch dafür spricht seine Entlohnung teilweise mit einem Stundenentgelt bzw. Entgelt für Auf- und Abbau (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 18. Juli 2019 – L 8 KR 265/16 –, Rn. 25, juris). Diesen Aspekt übersieht das Sozialgericht, wenn es darauf abhebt, dass es bei dem Kläger um die Erschaffung „schöner Formen“ im Raum gehe.
(3) Die Tätigkeit des Klägers ist nach alldem dem Bereich der kreativen Innen- und Außen-Raumgestaltung bzw. -verschönerung und der -anreicherung zuzuordnen. Mit dem Innenarchitekten, der keine künstlerische Tätigkeit verrichtet (BSG, Beschluss vom 12. August 2004 - B 3 KR 12/04 B), teilt er die Elemente der Raumgestaltung nach ästhetisch-künstlerischen Belangen. Zum Vollbild fehlt – neben der Ausbildung – die technisch-konstruktiven Aspekte der Raumgestaltung. Im Vergleich zum nicht künstlerischen Raumausstatter oder dem Ausbildungsberuf des Dekorateurs ist zweifellos zu konstatieren, dass der Kläger einen inhaltlich breiteren Bereich abdeckt. In Anbetracht seiner kreativen Handhabung unterschiedlicher Werkmaterialien, der eigenen handwerklichen Herstellung und kreativen Verfremdung von (scheinbaren) Gebrauchsgegenständen ist er auch im Bereich des Kunsthandwerkes tätig. Belegt wird dies u.a. durch die teilweise sehr filigrane Nutzung der verschiedensten Materialien, die eine handwerkliche Vorbildung, Kenntnis der Pflanzen und ein entsprechendes Geschick bzw. Übung erfordern. Dies allein rechtfertigt aber nicht seine Einstufung als Künstler. Kommt diese auch bei grundsätzlich handwerklicher Tätigkeit nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Betroffene mit seinen Werken in einschlägigen fachkundigen Kreisen als "Künstler*in" anerkannt und behandelt wird und deshalb den Bereich der rein handwerksmäßigen Berufsausübung verlassen hat, sind diese Voraussetzungen für den Kläger nicht nachgewiesen. Hierfür ist bei Vertretern der bildenden Kunst vor allem maßgebend, ob der Betroffene an Kunstausstellungen teilnimmt, Mitglied von Künstlervereinen ist, in Künstlerlexika aufgeführt wird, Auszeichnungen als Künstler erhalten hat oder andere Indizien auf eine derartige Anerkennung schließen lassen. Als ein solches Indiz hat das BSG zum Beispiel die Abbildung oder Besprechung einer Arbeit in einer Kunstzeitschrift angesehen. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er in Kunstkreisen über eine Anerkennung als Künstler verfügt. Es gibt auch für den Senat keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeiten durch Fachkreise der bildenden Kunst (z.B. Kunstkritiker, Museumsleute, Galeristen, Kunstvereine) anerkannt sind.
bb. Der Kläger übt schließlich keine neue/eigenständige Form der (bildenden) Kunst jenseits der klassischen Katalogberufe i.S. des Künstlerberichts (1975) aus. Die Art der Gestaltung unter Nutzung überwiegend von Naturmaterialien, die Verfremdung des Natürlichen oder von Bestehendem changiert zwischen den hergebrachten Kunstformen und dem Kunsthandwerk und könnte deshalb nicht im Künstlerbericht erfasst sein. Zudem war und ist der Objektemacher bereits in dem Bericht aufgenommen [dazu oben aa. (1)]. Dessen Arbeitsmaterialien waren damals wie heute nicht beschränkt. Die Klägerbevollmächtigte verwies in der mündlichen Verhandlung zwar (zu Recht) auf die „Fettecke“, die Joseph Beuys ab (1958/1963) als gestalterisches Element nutzte. Dem gleichzustellen wäre die „Joseph Beys Badewanne“, die eine Badewanne mit Materialien wie Heftpflaster und Mullbinde versah. Dabei maß dieser Künstler aber dem Material (Fett oder Heftpflaster) und/oder der Plastik, in der er es verwendete, eine spezifische Bedeutung bei, nämlich als „ständiges Demonstrationsobjekt“ (vgl. den Artikel „Fettecke“ in www.wikipedia). Parallel dazu stehen Installationen, wie sie z.B. regelmäßig in der Ausstellung „documenta“ (Kassel) zu sehen sind. Im Vergleich dazu nimmt auch der Kläger teilweise Gewachsenes oder zumindest Vorgefundenes wie auch Räume zum Ausgangspunkt seiner eigenen Gestaltqualität. Seine Dekorationen und Objekte lassen aber keine eigene (inhaltliche) Aussage des Schöpfers und sei es in der Demonstration von Wirklichkeit oder der Auseinandersetzung mit ihr erkennen. Die Arbeiten sind zudem nicht Gegenstand z.B. von Programmen an Kunsthochschulen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).