1. Ein Betriebsleiter nach § 7 Abs. 1 HwO ist im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV in den Betrieb eingegliedert, weil leitende Tätigkeiten inner-halb eines Unternehmens generell nur bei einer Integration in die fremde Betriebsorganisation möglich sind. 2. Ist bei einem Streit mit einheitlichem Streitgegenstand in einer In-stanz ein kostenrechtlich Privilegierter Hauptbeteiligter (Kläger oder Beklagter), greift - auch bei subjektiver Klagehäufung mit einem nicht Kostenprivilegierten - die Regelung für Kostenprivilegierte ein (wie B 1 KR 1/06 R).
Die Berufungen gegen die Urteile des Sozialgerichts Potsdam vom 8. September 2017 werden zurückgewiesen.
Im Berufungsverfahren entstandene außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers zu 2. zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1. seit dem 1. Mai 2012.
Die Klägerin zu 1. ist ein Bauunternehmen und bietet verschiedene Leistungen an wie u.a. Fugen- und Fassadensanierung, Bauwerkstrockenlegung, Beton- und Rissesanierung sowie Planen und Errichten von Hochbauten. Geschäftsführer der Klägerin zu 1. ist der Vater des Klägers zu 2., DS, der 85 Prozent der Geschäftsanteile hält; weitere Geschäftsanteile halten KS zu zehn Prozent und der Kläger zu 2. (seit Errichtung der Gesellschaft im Jahre 2005) zu fünf Prozent. Wegen der gesellschaftsvertraglichen Regelungen wird auf Bl. 28 bis 43 und 46 bis 98 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Der im Jahre geborene Kläger zu 2. war von August 2007 bis März 2009 im väterlichen Betrieb als Büroaushilfe geringfügig beschäftigt. Am 22. September 2009 erwarb er die Berufsbezeichnung „Diplom-Ingenieur (FH) Konstruktiver Ingenieurbau und Baumanagement“. Vom 31. August 2009 bis zum 30. April 2012 übte der Kläger zu 2. für die Klägerin zu 1. eine Tätigkeit als Bauleiter aus, die er selber als „nicht selbständig“ bezeichnet.
Am 5. März 2012 gaben die Kläger gegenüber der Handwerkskammer Potsdam eine nach wie vor gültige Erklärung ab, wonach der Kläger zu 2. als fachtechnischer Betriebsleiter für die Klägerin zu 1. fungiere.
Am 7. März 2012 schlossen die Kläger miteinander einen Arbeitsvertrag, der für die Zeit ab 1. Mai 2012 eine Tätigkeit des Klägers zu 2. als fachtechnischer Betriebsleiter und Bauleiter regelte und die Erteilung von Prokura vorsah. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 bis 24 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Im Zeitraum 1. Mai 2012 bis 18. November 2019 fungierte der Kläger zu 2. als Prokurist der Klägerin zu 1. (Einzelprokura).
Im Mai 2012 beantragten die Kläger die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers zu 2. in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1. In einem Schreiben vom 20. Juli 2012 betonte die Klägerin zu 1., der Kläger zu 2. sei mitarbeitendes Familienmitglied. Er sei Rechteinhaber für den erweiterten Unternehmenszweig „Planen und Errichten von Hochbauten“, der seit April 2012 eingetragen sei; damit könne die Klägerin zu 1. sich auch im Bauhauptgewerbe betätigen, was sich in der namentlichen Nennung des Klägers zu 2. auf der Handwerkskarte und in seiner Eigenschaft als fachtechnischer Betriebsleiter sowie Inhaber von Prokura spiegele. Diesen Betriebsteil führe der Kläger zu 2. eigenständig mit allen Rechten und Pflichten.
Mit Bescheiden vom 13. September 2012 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger zu 2. in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1. der abhängigen Beschäftigung und damit auch der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Das ergebe sich schon aus dem Vorliegen eines Arbeitsvertrages sowie aus dem nur geringfügigen Anteil am Stammkapital der GmbH.
Hiergegen legten die Kläger Widerspruch am 15. Oktober 2012 ein.
Am 31. Oktober 2012 schlossen die Kläger miteinander einen „Freier Mitarbeiter-Vertrag“, der ab 1. November 2012 gelten sollte und vorsah, dem Kläger zu 2. zu einem Stundenlohn von 36,00 Euro Aufträge als Bau- und Projektleiter zu erteilen. Zugleich wurde ein Aufhebungsvertrag im Hinblick auf den Arbeitsvertrag vom 7. März 2012 geschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 122 bis 124 und Bl. 148 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Zum 1. November 2012 meldete der Kläger zu 2. das Gewerbe der „Bauleitung“ bei der Stadt Z an. In der Folgezeit war der Kläger zu 2. etwa zwei Drittel seiner Arbeitszeit für die Klägerin zu 1. tätig und zu einem Drittel anderweitig.
Am 30. Oktober 2012 schlossen die Kläger einen Darlehensvertrag, nach dem der Kläger zu 2. der Klägerin zu 1. ein Gelddarlehen in Höhe von 35.000,00 Euro zur Verfügung stellte; zur Sicherheit wurde ihm ein Mercedes Benz Sprinter übereignet. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 126 bis 129 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 31. Mai 2013 wies die Beklagte die Widersprüche der Kläger zurück. Der Kläger zu 2. verfüge nach wie vor nur über 5 Prozent der Geschäftsanteile, besitze keine Sperrminorität und sei weiterhin Prokurist sowie handwerksrechtlich verantwortlicher Betriebsleiter. Die vorgenommenen vertraglichen Änderungen seien daher im Gesamtbild nicht in der Lage, etwas am Befund abhängiger Beschäftigung zu ändern. Die Weisungsgebundenheit des Klägers zu 2. als Prokurist bzw. Betriebsleiter verfeinere sich, wie für Dienste höherer Art typisch, zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess des Unternehmens.
Die hiergegen von der Klägerin zu 1. (S 7 KR 159/13) und vom Kläger zu 2. (S 7 KR 160/13) erhobenen Klagen hat das Sozialgericht Potsdam mit Urteilen vom 8. September 2017 abgewiesen und zur Begründung jeweils im Wesentlichen ausgeführt: Im Zeitraum 1. Mai 2012 bis 31. Oktober 2012 habe der Kläger zu 2. seine Tätigkeit auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages entfaltet, was keinen Zweifel am Vorliegen abhängiger Beschäftigung zulasse. Für die Zeit danach sei zwar ein Vertrag über „freie Mitarbeit“ abgeschlossen worden, doch der Kläger zu 2. sei nach wie vor als Prokurist und Betriebsleiter in den Betrieb der Klägerin zu 1. eingegliedert gewesen. Letzteres überwiege die vertraglichen Regelungen. Nach wie vor habe eine funktionsgerecht dienende Teilhabe des Klägers zu 2. am Arbeitsprozess der Klägerin zu 1. vorgelegen. Zudem habe der Kläger zu 2. in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1. keinem unternehmerischen Risiko unterlegen. Er habe kein eigenes Kapital eingesetzt und festes Stundenhonorar sowie Fahrkostenerstattung erhalten. Der Darlehensvertrag bewirke kein entscheidendes unternehmerisches Risiko, denn er sei durch die Sicherungsübereignung eines Fahrzeuges abgesichert worden. Die Stellung des Klägers zu 2. als Sohn des Geschäftsführers und Mehrheitsgesellschafters sei rechtlich unerheblich.
Die hiergegen erhobenen Berufungen hat der Senat zum Aktenzeichen L 9 KR 439/17 verbunden.
Zur Begründung ihrer Berufungen führen die Kläger im Wesentlichen an: Im Gesamtbild müsse dem Vertrag über freie Mitarbeit entscheidendes Gewicht beigemessen werden. Die Selbständigkeit des Klägers zu 2. zeige sich auch darin, dass er für mehrere Auftraggeber tätig sei, nämlich – nach wie vor – zu 20 bis 35 Prozent auch für andere als die Klägerin zu 1. Er verfüge über eigene Geschäftsräume und beschäftige seit 2014 eine Angestellte auf 450 Euro-Basis, seit 1. Januar 2019 einen Bauleiter und seit 1. Juni 2019 einen weiteren geringfügig Beschäftigten als Aushilfe; diese Angestellten setze er sowohl in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2. als auch in derjenigen für andere Auftraggeber ein. Sein Honorar betrage mittlerweile (seit 2013) 48,00 Euro pro Stunde und sei damit arbeitnehmeruntypisch hoch. Seine Eigenschaft als fachtechnischer Betriebsleiter falle nicht entscheidend ins Gewicht, denn die Klägerin zu 1. sei insoweit nicht auf ihn angewiesen, weil sie mit dem Mitarbeiter T einem Handwerksmeister, jemanden beschäftige, der in der Lage sei, diese Funktion wahrzunehmen, wenn der Kläger zu 2. nicht zur Verfügung stehe; insgesamt sei er daher für die Klägerin zu 1. entbehrlich. Grundsätzlich nehme der Kläger zu 2. als fachtechnischer Betriebsleiter nicht dienend am Arbeitsprozess der Klägerin zu 1. teil, denn er gebe nur die Abläufe auf den einzelnen Baustellen vor, insbesondere gegenüber dem Polier, und trage dort persönlich die Verantwortung. In der Einteilung seiner Arbeitszeit sei er frei. Das unternehmerische Risiko des Klägers zu 2. bestehe darin, gegebenenfalls von der Klägerin zu 1. keine Aufträge mehr zu erhalten. Die Rechtsprechung zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Geschäftsführern einer GmbH, die nur Minderheitsgesellschafter seien, sei auf seinen Fall schon deshalb nicht zu übertragen, weil er nicht Geschäftsführer sei. Etwaigen Weisungen könne er mit Hinweis auf den Vertrag über freie Mitarbeit entgegen treten; vor allen Dingen bestehe keine Verpflichtung, für die Klägerin zu 1. tätig zu werden. Dem stehe seine Eigenschaft als Prokurist nicht entgegen, denn Prokura allein begründe keine abhängige Beschäftigung; das „Innenverhältnis“ der Prokura sei durch den Vertrag über freie Mitarbeit geregelt. Er akquiriere keine Aufträge für die Klägerin zu 1., verfüge über keinen Arbeitsplatz in deren Räumlichkeiten und erhalte auch keine Arbeitsmaterialien. Sofern ein Beschluss der Gesellschafterversammlung seine Weisungsfreiheit einschränken sollte, könne er sich dem durch einen Austritt aus der Gesellschaft entziehen; auch bei „schlechtem Wetter“ müsse er sich also nicht dem Diktat der Mehrheit der Gesellschafterversammlung bzw. des Geschäftsführers beugen.
Die Prokura des Klägers zu 2. ist mit Wirkung zum 18. November 2019 erloschen.
Mit Bescheid vom 23. November 2020 hat die Beklagte hierauf den angefochtenen Bescheid auf den Zeitraum 1. Mai 2012 bis 18. November 2019 begrenzt.
Die Kläger haben hierauf erklärt, auch dieser Bescheid sei rechtswidrig und aufzuheben. Es sei unverständlich, warum die Beklagte ihre Verfügung nunmehr zeitlich begrenze. Der Kläger zu 2. sei in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1. seit 1. Mai 2012 durchweg selbständig.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Urteile des Sozialgerichts Potsdam vom 8. September 2017 sowie die Bescheide der Beklagten vom 13. September 2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31. Mai 2013, diese in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23. November 2020 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger zu 2. in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1. seit 1. Mai 2012 nicht abhängig beschäftigt ist und daher nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzlichen Entscheidungen für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keine Anträge.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und die Beteiligten vorher angehört worden sind.
Die zulässigen Berufungen bleiben ohne Erfolg. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat nach eigener Sachprüfung Bezug auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Sozialgericht hat seine Urteile, mit denen es die Klagen abgewiesen hat, zutreffend und überzeugend begründet.
Zu ergänzen und zu betonen bleibt:
Streitig ist nur noch der Zeitraum 1. Mai 2012 bis 18. November 2019, denn weiter erstreckt sich der Verfügungssatz der streitgegenständlichen Entscheidung nicht, nachdem die Beklagte, insoweit ausschließlich zugunsten der Kläger, ihre Entscheidung auf die Zeit bis 18. November 2019 begrenzt hat. Sachlicher Hintergrund ist das Erlöschen der Prokura des Klägers zu 2. zum 18. November 2019. Welche Auswirkungen sich daraus auf den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers zu 2. in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1. ergeben, ist hier nicht Streitgegenstand und kann nur in einem gegebenenfalls noch durchzuführenden Verwaltungsverfahren zu klären sein. Über den 18. November 2019 hinaus sind die Kläger durch den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten nicht belastet.
Auch zur Überzeugung des Senats unterlag der Kläger zu 2. in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1. im Zeitraum 1. Mai 2012 bis 18. November 2019 einer abhängigen Beschäftigung. Nach § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist Beschäftigung „die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.“
Für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 31. Oktober 2012 ergibt sich eine abhängige Beschäftigung zweifelsfrei aus dem Vorliegen eines Arbeitsvertrages, der die Tätigkeit des Klägers zu 2. regelte. Das bedarf keiner weiteren Erörterung. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Berufung insoweit trotz ausdrücklichen und wiederholten rechtlichen Hinweises aufrecht erhalten worden ist.
Im Ergebnis nichts anderes gilt für die Zeit vom 1. November 2012 bis 18. November 2019. Zwar wird das Bemühen der Kläger deutlich, die sozialversicherungsrechtliche Stellung des Klägers zu 2. durch diverse vertragliche Vereinbarungen zu ändern, und zwar veranlasst unmittelbar durch die Bescheide der Beklagten vom 13. September 2012. Dieses Bemühen geht aber ins Leere, denn entscheidende Aspekte deuten nach wie vor auf eine abhängige Beschäftigung des Klägers zu 2., selbst in Ansehung des Vertrages, der eine „freie Mitarbeit“ regeln wollte. Die überwiegenden Anhaltspunkte sprechen für eine enge Eingliederung des Klägers zu 2. in den Betrieb der Klägerin zu 1. und damit für das Vorliegen abhängiger Beschäftigung. Der Kläger zu 2. war im streitigen Zeitraum nach innen und nach außen hin elementarer Bestandteil des Betriebes der Klägerin zu 1., ohne in dieser Tätigkeit zugleich selbständig zu sein. Ihm kann eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess der Klägerin zu 1., wie mit der Berufungsbegründung versucht, nicht abgesprochen werden.
Aus den Gesellschaftsanteilen des Klägers zu 2., die sich durchweg auf 5 Prozent belaufen, kann nicht ansatzweise auf Selbständigkeit geschlossen werden, denn damit befindet der Kläger zu 2. sich in einer Minderheitsposition und kann in der Gesellschafterversammlung, in der er über kleine Sperrminorität verfügt, jederzeit überstimmt werden. Abhängigkeit vom guten Willen der Mehrheitsgesellschafter ist damit zweifellos vorhanden. Die Möglichkeit, den fünfprozentigen Geschäftsanteil aufzugeben, sofern es zu missliebigen Vorgaben der Mehrheit der Gesellschafter kommen sollte, ist rechtlich unerheblich; mit ihrem Vorbringen räumen die Kläger insoweit nur ein, dass solche Vorgaben aufgrund der Mehrheitsverhältnisse denkbar sind.
Entscheidend ins Gewicht fallen weiter die Eigenschaft des Klägers zu 2. als Prokurist und als fachtechnischer Betriebsleiter. Mit diesen Positionen verfügt er über Funktionen, die ihn aufs Engste in den Betrieb der Klägerin zu 1. eingliedern und zu einem Teil des Betriebs machen. Diese Funktionen können auch nicht hinweggedacht werden: Die Klägerin zu 1. muss sich an dem festhalten lassen, was sie in Bezug auf die Rolle des Klägers zu 2. im Betrieb nach außen hin handels- und handwerksrechtlich manifestiert hat.
Hierzu gehört zum einen die Stellung des Klägers zu 2. als Prokurist der Klägerin zu 1. Nach § 49 Handelsgesetzbuch (HGB) ermächtigt die Prokura zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Dabei handelt es sich nicht um eine originäre Vertretung der Gesellschaft (der Klägerin zu 1.), sondern lediglich um ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht (vgl. dazu Landessozialgericht NRW, Urteil vom 30. April 2014, L 8 R 744/11, zitiert nach juris, dort Rdnr. 137 m.w.N.). Die Klägerin zu 1. hat es dementsprechend in der Hand, etwa im Fall eines Zerwürfnisses, den Kläger zu 2. von seinen Aufgaben zu entbinden und an seiner Stelle eine andere Arbeitskraft mit entsprechendem Fachwissen einzustellen, ohne dass er die Rechtsmacht besitzt, dem mit Erfolgsaussicht entgegenzutreten. Insgesamt erscheint es nicht vorstellbar, einem Prokuristen und Minderheitsgesellschafter wie vorliegend dem Kläger zu 2. die maßgebliche „Eingliederung in den Betrieb“ abzusprechen. Prokura verpflichtet schon vom Wortsinn her dazu, die Interessen des Prokuragebers zu wahren und in seinem wirtschaftlichen Interesse zu handeln. Damit ist es nicht vereinbar, den Prokuristen ins Licht selbständiger Tätigkeit zu stellen. Die Begründung einer „freien Mitarbeit“ für die Zeit ab 1. November 2012 muss daher als misslungen bzw. Scheingeschäft gewertet werden, weil der Kläger nach wie vor als Prokurist fungierte. Auch nach dem 1. November 2012 blieb es dabei, dass der Kläger zu 2. – in den Worten der Klägerin zu 1. im Verwaltungsverfahren – „Rechteinhaber für den erweiterten Unternehmenszweig Planen und Errichten von Hochbauten“ war und diesen Betriebsteil „eigenständig mit allen Rechten und Pflichten“ führte. Diese Formulierungen sind unvereinbar mit der Annahme von Selbständigkeit und deuten ganz stark in eine ganz zentrale Eingliederung in den Betrieb, zumal in leitender Funktion.
Unabhängig davon bewirkt außerdem die Stellung des Klägers zu 2. als fachtechnischer Betriebsleiter seine für die Beurteilung des Sachverhalts entscheidende Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 1. (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Er nimmt damit nämlich handwerksrechtlich eine Funktion ein, die ein nicht weisungsabhängiger selbständig Tätiger nicht bekleiden kann.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 der Handwerksordnung (HwO) wird als Inhaber eines Betriebs eines zulassungspflichtigen Handwerks eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, wenn der Betriebsleiter die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle mit dem zu betreibenden Handwerk oder einem mit diesem verwandten Handwerk erfüllt. Der Betriebsleiter eines Handwerksbetriebs ist nicht zwingend identisch mit dem Inhaber des Betriebs (vgl. § 4 Abs. 1 HwO). Das Vorhandensein eines Betriebsleiters ist Voraussetzung der Eintragung eines Betriebsinhabers in die Handwerksrolle (vgl. BeckOK HwO/Leisner, Stand Juni 2020, § 7 HwO Rdnr. 5); es darf kein Inhaber in die Handwerksrolle eingetragen werden, wenn in seinem Betrieb nicht eine Betriebsleitung eingerichtet ist (a.a.O., Rdnr. 15). Rechtswirksam kann ein Betriebsleiter nur bestellt werden, wenn er einer Tätigkeitsverpflichtung unterliegt (a.a.O., Rdnr. 18). Der Betriebsleiter muss die fachlich-technische Organisation des Betriebes bestimmen und den Betriebsablauf steuern, betreuen und überwachen, und zwar in einem Ausmaß, dass er für dessen Ergebnisse die Verantwortung übernehmen kann; auf eine bloße Kontrolle derselben darf er sich nicht beschränken, ebenso wenig auf Empfehlungen und Ratschläge (a.a.O., Rdnr. 20). Damit nimmt der handwerksrechtlich verantwortliche Betriebsleiter innerhalb der Betriebsorganisation eine herausgehobene und übergeordnete Stellung ein, die ein Weisungsrecht gegenüber den Betriebsangehörigen verlangt (a.a.O., Rdnr. 21). Der Handwerkskammer obliegt die Überwachung, ob der bestellte Betriebsleiter seine Aufgaben tatsächlich erfüllt bzw. erfüllen kann; in Zweifelsfällen droht die Löschung des Betriebs aus der Handwerksrolle (vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 30. Mai 2008, 4 A 114.05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 19ff.). So wurde etwa entschieden, dass ein geringfügig Beschäftigter mit maximal 450,- Euro Monatsverdienst und 42,5 Stunden Arbeit im Monat nicht dem Leitbild eines Betriebsleiters im Handwerk entspricht (VG Magdeburg, Urteil vom 10. September 2018, 3 B 193/18, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17f.).
Hieran gemessen folgt aus der Betriebsleiterstellung des Klägers zu 2. seine elementare, eine Leitungsposition ausmachende Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 1. Ihn als nicht sozialversicherungspflichtigen Selbständigen zu etikettieren, der nach Gutdünken entscheiden kann, ob er Einzelaufträge annimmt oder nicht, wird der handwerksrechtlichen Stellung und den Aufgaben eines Betriebsleiters nicht gerecht. Ganz ohne Belang ist insoweit auch das Vorbringen der Klägerin zu 1., die Tätigkeit des Klägers zu 2. sei für sie „entbehrlich“, weil sie jederzeit eine dritte Person als Betriebsleiter benennen könne. Dies ist ebenso unerheblich wie der Umstand, dass der Kläger zu 2. in untergeordnetem Umfange in einer Tätigkeit für Dritte als Selbständiger auftritt. Streitgegenständlich und isoliert zu betrachten ist seine Tätigkeit für die Klägerin zu 1., die zur Überzeugung des Senats aufgrund der Stellung des Klägers innerhalb der GmbH, seiner Eigenschaft als Prokurist und der Position als Betriebsleiter auf abhängige Beschäftigung schließen lässt. Eine Eingliederung liegt schließlich unbesehen speziell handwerksrechtlicher Bestimmungen zum Betriebsleiter deshalb vor, weil leitende Tätigkeiten innerhalb eines Unternehmens generell nur bei einer Integration in die fremde Betriebsorganisation möglich sind (vgl. Urteil des Senats vom 7. Dezember 2016, L 9 KR 434/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 184).
Den Beweisanregungen der Kläger musste der Senat nicht nachgehen. Das Stundenhonorar des Klägers zu 2. allein ist nicht fallentscheidend und tritt angesichts der obigen Ausführungen im Rahmen der Gesamtabwägung in den Hintergrund. Dass eine dritte Person von der Qualifikation her in der Lage wäre, als Betriebsleiter zu fungieren, kann als wahr unterstellt werden. Dasselbe gilt für das Vorhandensein dreier Angestellter beim Kläger zu 2.; diese ändern aber nichts an der Stellung des Klägers zu 2. im Betrieb der Klägerin zu 1., in den er auf Leitungsebene und nach außen hin eingegliedert ist. Dass er Freiheiten in Bezug auf Ort und Zeit seiner Tätigkeit besitzt, kann angesichts der Leitungsfunktion ebenfalls unterstellt werden, ohne dass dies etwas am Ergebnis der Gesamtabwägung ändert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, denn ist bei einem Streit mit einheitlichem Streitgegenstand in einer Instanz ein kostenrechtlich Privilegierter Hauptbeteiligter (hier: der Kläger zu 2.), greift - auch bei subjektiver Klagehäufung mit einem nicht Kostenprivilegierten (hier: die Klägerin zu 1.) - die Regelung für Kostenprivilegierte ein (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26. September 2006, B 1 KR 1/06 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 31).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes.