L 9 KR 242/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 211 KR 2086/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 242/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Eine fest vergütete Dienstleistung, die im Hotel für dessen Gäste jede Nacht kostenlos zur Verfügung steht und mit der das Hotel nach außen wirbt, begründet regelmäßig die funktionsgerecht dienende Teilhabe des Dienstleisters.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. April 2017 wird zurückgewiesen.

 

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Gründe

 

Die Klägerin wendet sich gegen eine Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anlässlich einer Betriebsprüfung, konkret im Hinblick auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1).

 

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), besteht aus Herrn G und Herrn D. Die GbR betreibt in Berlin das O, ein mit 2 Sternen bewertetes Themenhotel im „DDR-Design“, das mit Retro-Möbeln, Radios und Tapeten im alten Stil, vorwiegend aus den 1970er Jahren, eingerichtet ist. Das O liegt nahe dem Ostbahnhof, von dem aus direkte Verbindungen zum Alexanderplatz und zum Szene- und Ausgehviertel rund um den Hackeschen Markt bestehen. Es liegt drei Minuten von dem Club B entfernt, außerdem befinden sich viele weitere Clubs und Bars in unmittelbarer Nähe (vgl. www.berlin.de/hotels, recherchiert am 25. November 2020).

 

Der 1971 geborene Beigeladene zu 1) hatte ab Ende 2004 bis Ende August 2012 ein selbständiges Gewerbe der „Planung und Durchführung von Veranstaltungen, Künstlerservice (Betreuung)“ angemeldet, ab 2007 wurde es ergänzt um Kurierdienst und Messebau sowie Künstlerbetreuung. Er arbeitete in dem streitgegenständlichen Zeitraum u.a. als Türsteher in Berlin und veranstaltete Partys.

 

Die Klägerin schloss mit dem Beigeladenen zu 1) am 1. Juni 2009 einen „Kooperationsvertrag“. Danach verpflichtete er sich unter der „Fa. BM“, für die Klägerin die Dienstleistung: „alle spezifischen Aufgaben eines Concierge“ zu erbringen. Die Leistungen sollten vom Beigeladenen zu 1) selbst oder seinen Angestellten ausgeführt werden. Die Vereinbarung regelt im Weiteren: Telefon- und Computeranlagen stelle der Beigeladene zu 1) selbst, die Ol-Computeranlage und das Intranet dürften durch ihn nicht genutzt werden, die Telefonanlage nur im Fall von Havarie. Die Planung der Dienstleistungszeit durch den Beigeladenen zu 1) sollte verstärkt von Donnerstag bis Sonntag in Absprache mit einem der Gesellschafter der GbR bzw. mit dem Rezeptionschef 14 Tage im Voraus erfolgen. Die Rechnungslegung sollte ein- bis zweimal monatlich erfolgen.

 

Der Beigeladene zu 1) übernahm während seiner Dienstzeiten zwischen 23.00 Uhr und 7.00 Uhr im Hotel Concierge-Tätigkeiten. Seine Dienste vereinbarte er 14 Tage im Voraus mit einem der Gesellschafter der Klägerin. Er war dann regelmäßig vor Ort und vermittelte den Gästen den Eintritt oder beschaffte Eintrittskarten für Clubs und Veranstaltungen. Er begleitete sie zu den Clubs, um sicherzustellen, dass sie dort tatsächlich Zutritt erhielten. Dazu rief er entweder direkt in den Einrichtungen an oder kontaktierte Eventmanager. Während seiner Anwesenheitszeiten konnten sich Gäste direkt im Hotel mit all ihren Anliegen an ihn wenden. Wenn er nicht da war, wurden die Wünsche von Gästen tagsüber gesammelt und ihm abends übergeben oder die Gäste, die tagsüber Hilfe bei der Abendgestaltung an der Rezeption anmeldeten, wurden von der Rezeptionistin, die tagsüber anwesend war, an den Beigeladenen zu 1) und seinen abendlichen Dienst verwiesen. Teilweise sprach der Beigeladene zu 1) während seiner Anwesenheit auch gezielt Hotelgäste an, wenn diese hilfesuchend wirkten. Der Beigeladene zu 1) hat auch andere betreuende Concierge-Tätigkeiten geleistet, so z.B. auf Wunsch von Gästen eine Notdienstapotheke ausfindig gemacht oder einen Strauß Blumen besorgt. Er erhielt von der Klägerin für seine Tätigkeit einen festen Stundensatz in Höhe von 11,00 Euro, dagegen kein Entgelt von den Gästen. Er war berechtigt, im Fall seiner persönlichen Verhinderung die Dienste durch andere Personen ausführen zu lassen. Er buchte dann diese Personen teilweise bei anderen Firmen (u.a. aus dem Bereich Veranstaltungsservice) und zahlte diesen für den Einsatz einen Stundenlohn von 8,50 Euro. Die Differenz zu einer höheren Vergütung, die er der Klägerin gegenüber in Rechnung stellte, verblieb bei ihm.

 

Der Beigeladene zu 1) rechnete ab Juli 2009 bis 2012 zwei- bis dreimal monatlich Dienstleistungen gegenüber der Klägerin auf der Basis von Stundenaufstellungen ab. Er war während des streitigen Zeitraumes auch noch für andere Auftraggeber tätig.

Die so abgerechnete jährliche Gesamtsumme betrug im Jahr 2009 13.194,58 Euro, in 2010 37.790,94 Euro, in 2011 31.105,26 Euro und im Jahr 2012 10.135 Euro.

 

Anlässlich einer Betriebsprüfung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 28. März 2014 für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2010 eine Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Höhe von 18.538,13 Euro fest. Für den Beigeladenen zu 1) forderte die Beklagte unter Berufung auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2010 Beiträge zur Sozialversicherung sowie Umlagebeträge in Höhe von insgesamt 18.216,37 Euro nach. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese geltend machte, der Beigeladene zu 1) habe mehrere Auftraggeber, er sei nicht an das Netzwerk der Klägerin gebunden gewesen, es sei ihm gestattet gewesen, seinen eigenen Laptop mitzubringen und er habe sein wirtschaftliches Risiko selbst getragen, weil er einerseits eigene Kunden an das Hotel übermittelt habe, andererseits aus dem Hotel wiederum eigene Kunden akquiriert habe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2014 zurück.

 

Die Klägerin hat am 21. November 2014 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Der Beigeladene zu 1) habe mehrere Auftraggeber gehabt und habe sich seine Arbeitszeit bei der Klägerin frei einteilen können. Es habe ihm freigestanden, eigene Mitarbeiter für die Dienste bei der Klägerin einzusetzen. Er habe auch das Hotel verlassen, um eigenen Geschäften nachzugehen, der Nachtdienst im Hotel der Klägerin sei, soweit nötig, von anderen Mitarbeitern sichergestellt gewesen, alle Gäste hätten über einen eigenen Schlüssel verfügt und so das Hotel auch ohne Besetzung der Rezeption betreten können. Er sei nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Er habe Botengänge, Reservierungen, Taxibestellungen, Fahrdienste sowie Vermittlungen aller Art (in diversen Clubs) getätigt und sei im Interesse unterschiedlicher Personen tätig geworden. Er kenne die Party- und Clubszene, sei in ihr gut vernetzt, könne Gästen die attraktivsten Standorte und Events empfehlen und vermitteln. Für seine Dienstleistungen habe er auch Provisionen der Clubbetreiber erhalten. Es habe nicht zu seinen Pflichten gehört, einen Check-In der Gäste vorzunehmen. Nach Schließung der Rezeption des Hotels habe sich dort für ankommende Gäste ein Zettel mit den Kontaktdaten einer Ansprechperson gefunden, es habe sich dabei um den Beigeladenen zu 1) oder andere Personen gehandelt.

 

Mit Urteil vom 12. April 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Unter Würdigung der Umstände der ausgeübten Tätigkeit überwögen die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin. Für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit spreche, soweit die Angaben des Beigeladenen zu 1) insoweit als zutreffend unterstellt würden, dass er berechtigt gewesen sei, die übernommenen Arbeitszeiten auch durch Ersatzkräfte zu leisten und diese selbst zu bezahlen. Damit habe er die Möglichkeit gehabt, über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus in einem gewissen Rahmen über seine Zeit zu verfügen. Allerdings sei er unter Berücksichtigung der konkret zu leistenden Dienste, die die Nutzung seiner guten Kontakte in die Club- und Veranstaltungsszene erforderten, beschränkt darin gewesen, sich vertreten zu lassen. Er habe im Übrigen hinsichtlich der Tätigkeit kein eigenes Unternehmerrisiko zu tragen gehabt, da er für die geleisteten Arbeitsstunden bezahlt worden sei und kein Risiko eines Arbeitskrafteinsatzes ohne Vergütung oder eine geringe Vergütung getragen habe. Ebenso habe er keine eigene Betriebsstätte oder über die bestehenden Ausgaben seiner Dienste hinausgehende Betriebsausgaben gehabt. Auch der Stundenlohn von 11,00 Euro/Arbeitsstunde für eine im Geschäftsablauf der Klägerin so zentrale Funktion spreche gegen das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Für eine abhängige Beschäftigung spreche, dass er in den Arbeitsablauf der Klägerin eingegliedert gewesen sei und seine Tätigkeit im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess der Klägerin ausgeübt habe. Das Betriebskonzept der Klägerin sei, wie sie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, darauf ausgerichtet, ihren Gästen neben einer Unterkunft das Nachtleben Berlins und seine Clublandschaft zu erschließen. Dazu habe der Beigeladene zu 1) es den Gästen ermöglicht, die Clubs aufzusuchen und sie bei der Wahl von „Events“ und „Locations“ beraten. Darüber hinaus sei er eine Art „Hilfskraft für alle Bedürfnisse der Gäste“ des Hotels gewesen, konkret Ansprechpartner für Fragen und Probleme aller Art, die vor allem nachts aufgetreten seien. Dazu habe er sich regelmäßig nachts in den Räumlichkeiten der Klägerin aufgehalten und habe auch den Rezeptionsraum genutzt. Unerheblich sei, ob er entgegen der Ansicht der Klägerin auch den Check-In von Hotelgästen übernommen habe, die nach Rezeptionsschluss angereist seien. Er habe jedenfalls für die Gäste einen seitens der Klägerin vorgehaltenen Ansprechpartner dargestellt.

 

Gegen das ihr am 5. Mai 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 2. Juni 2017 Berufung eingelegt. Der Beigeladene zu 1) sei in der Lage gewesen, im erheblichen Umfang für mehrere Drittfirmen im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit zu arbeiten. Da seine Einsatzzeiten bei der Klägerin sehr häufig zur Nachtzeit erfolgt seien, sei er auch deshalb nicht an vorgegebene Arbeitszeiten der Klägerin gebunden gewesen, sondern habe sich diese einteilen können. Für seine selbständige Tätigkeit spreche des Weiteren, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, die Tätigkeit für die Klägerin in eigener Person zu erbringen.

 

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

 

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 12. April 2017 wird der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2014 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2014 aufgehoben.

 

Die Beklagte beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verweist auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils. Bei Gesamtwürdigung aller Umstände sei die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei, für die Beurteilung des konkreten Vertragsverhältnisses zur Klägerin nicht maßgeblich. Weil er neben der streitigen Tätigkeit nicht hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sei, sei er auch versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung. Seine Einnahmen aus der streitbefangenen Beschäftigung für die Klägerin überstiegen in der streitigen Zeit die Einkünfte aus seinen übrigen Tätigkeiten. Selbst bei Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Hinblick auf die weiteren 2009 und 2010 ausgeübten Tätigkeiten könnten diese also nicht als hauptberuflich im Verhältnis zur streitigen Beschäftigung angesehen werden.

 

Die Beigeladenen zu 1) bis 4) stellen keine Anträge.

 

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

 

II.

 

Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und die Beteiligten vorher angehört worden sind.

 

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat nach eigener Sachprüfung Bezug auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Sozialgericht hat sein Urteil, mit dem es die Klage abgewiesen hat, zwar knapp, aber überzeugend begründet.

 

Zu ergänzen bleibt in Anbetracht der Ausführungen im Berufungsverfahren:

 

1. Die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) für mehrere Auftraggeber in der streitigen Zeit gearbeitet hat, spricht nicht gegen das Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin. Dabei kann für die Beurteilung, ob er als Beschäftigter für die Klägerin gearbeitet hat, offen bleiben, ob die weiteren Auftragsverhältnisse ihrerseits Beschäftigungen i.S. des § 7 Viertes Buch/Sozialgesetzbuch (SGB IV) waren. Die Möglichkeit, für andere Auftraggeber tätig zu sein, kann für sich genommen kein maßgebliches Abgrenzungskriterium zugunsten einer selbständigen Tätigkeit sein. Denn jedenfalls können auch Teilzeitbeschäftigte nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig sein und müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind. Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber daher erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbständigen Tätigkeit, wie z.B. einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen, einem Unternehmerrisiko. Solche die Selbständigkeit stützenden Merkmale bestehen in der Arbeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin nicht (vgl. Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl., § 7 Abs. 1 SGB IV [Stand: 22.10.2020], Rn. 91.1).

 

2. Der Beigeladene zu 1) war, wie das Sozialgericht zutreffend beschreibt, in den Betrieb und Betriebsablauf des Hotels der Klägerin eingegliedert. Er übernahm die Funktion der abendlichen und nächtlichen Gästebetreuung. Es spricht nicht gegen eine Eingliederung, dass er dabei keinen Zugang zum Intranet des Hotels hatte. Zum einen ist es auch für Aushilfs- und Saisonkräfte nicht unüblich, dass sie nicht zu allen Bereichen eines Betriebs und seinen Einrichtungen wie die fest angestellten Mitarbeiter Zugang erhalten. Hintergrund dafür kann sein, dass sie nur einen begrenzten Funktions- und Einsatzbereich zugewiesen erhalten, zu dessen Erledigung sie einen weiteren Zugriff schlicht nicht benötigen oder sie nur zeitweise im Unternehmen arbeiten. Soweit der Beigeladene zu 1) tatsächlich ausschließlich Concierge- und Betreuungs-Dienstleistungen für die Abendstunden außerhalb des Hotels zu erledigen hatte, nämlich dergestalt, dass er Besuche in Clubs sowie von Veranstaltungen für die Gäste organisierte, so ist für diesen speziellen Aufgabenbereich nachvollziehbar nicht zwingend ein Zugang zum Intranet des Hotels oder spezifischer Hoteleinrichtungen erforderlich. Zum anderen hat die Klägerin selbst im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht angegeben, dass auch ihre anderen (festen) Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen keine USB-Sticks an die Computer anschließen durften und der Beigeladene zu 1) aber zumindest Zugang zum W-LAN des Hotels hatte. Im Hinblick auf die bestehende Eingliederung ist ohne Bedeutung, ob und inwieweit dem Beigeladenen zu 1) während seiner Dienste auch Einzelweisungen erteilt wurden. Das BSG hat dazu jüngst überzeugend ausgeführt:

„Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur `Anhaltspunkte` für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien.“ (BSG, Urteil vom 07. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R –, BSGE 128, 205-219, Rn. 28, juris). Gerade bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auf das Stärkste eingeschränkt sein, dennoch ist die Weisungsgebundenheit bei einer Arbeit in einer fremden Ordnung in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert“ (BSG, Urteil vom 07. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R –, BSGE 128, Rn. 28, juris). Von einer solchen Verfeinerung des Weisungsrechts ist auch im Fall der Dienste des Beigeladenen zu 1) zur Überzeugung des Senats auszugehen. Aufgrund seiner besonderen Fachkunde (beste Kenntnisse und Vernetzung im Berliner Club- und Nachtleben) wurden ihm selbstverständlich während der Dienste keine Weisungen von den GbR-Gesellschaftern oder sonstigen Hotelmitarbeitern erteilt. Gleichwohl wurde er in einer fremden Ordnung und fremdbestimmt sowie fremdnützig (dazu unten, 3.) tätig.

 

Was genau zu seinen weiteren Dienstpflichten gehörte, ist nur noch begrenzt aufzuklären, aber letztlich für die Frage der Eingliederung ohne Belang. So bleibt offen, ob der Beigeladene zu 1) während seiner nächtlichen Dienstzeiten auch den Check-in in dem Hotel erledigte und für die Security zuständig war. Beides würde den klassischen Tätigkeiten eines Nachtportiers entsprechen und die Eingliederung auch äußerlich für den Dritten unzweifelhaft erscheinen lassen. Für die Übernahme auch dieser Aufgaben spricht, dass die Klägerin einerseits selbst zu einem frühen Zeitpunkt, nämlich im Verwaltungsverfahren am 4. April 2013, zur Art der erbrachten Leistung des Beigeladenen zu 1) erklärt hat, der Beigeladene zu 1) habe als Security den Nachtdienst und währenddessen auch das Check-in von Gästen zu übernehmen gehabt. Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1), letzterer explizit dazu befragt, dagegen angegeben, er habe keine Check-in-Tätigkeiten verrichtet und es sei (ihm) nicht erklärlich, weshalb die Klägerin dies vorgetragen habe. Gleichzeitig hat der Gesellschafter S angegeben, er sei nachts „immer da“ gewesen und deshalb habe der Beigeladene zu 1) keine Security-Aufgaben gehabt.

 

Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) berechtigt war, Dritte in die Auftragserledigung an seiner Stelle einzubeziehen, ist ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Das gilt ungeachtet dessen, dass auch insoweit nicht ermittelbar ist, in welchem Umfang er davon tatsächlich Gebrauch gemacht hat.  Für das Vorliegen einer Beschäftigung ist entscheidend, aber auch ausreichend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ist ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Ein dem Auftragnehmer zustehender eigener Gestaltungsspielraum, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, spricht deshalb grundsätzlich gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbständigkeit. Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R –, Rn. 21/22, juris). Gemessen daran kommt der Einschaltung dritter Personen im Fall der Klägerin nur untergeordnete Bedeutung zu. So spricht im Hinblick  darauf, dass die Klägerin – nach insoweit übereinstimmendem Vortrag mit dem Beigeladenen zu 1) – gerade auf die besonderen Kontakte und hervorragenden Beziehungen des Beigeladenen zu 1) zur Berliner Clubszene angewiesen war, um ihren Gästen den besonderen Service, nach eigenen Angaben vergleichbar demjenigen des Hotels A, zuteil werden zu lassen, einiges dafür, dass der Beigeladene zu 1) seine Dienste grundsätzlich persönlich zu erbringen hatte und dies auch tat. Der Einsatz von dritten Personen dürfte dagegen eher Ausnahmecharakter gehabt haben. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) diese dritten Personen im Verwaltungsverfahren auch auf gezielte Anfrage der Beklagten gar nicht benannt hat und sie vor dem Sozialgericht teilweise nur mit Vornamen benennen konnte. Selbst wenn das Merkmal aber zugunsten einer Selbständigkeit berücksichtigt wird, überwiegen die übrigen Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) sprechen. So war der Beigeladene zu 1) in den Betrieb der Klägerin, ein für ihn fremdes Unternehmen, eingegliedert, er arbeitete nicht in seinem eigenen Unternehmen. Außerdem hatte er kein Unternehmerrisiko (dazu unter 3.).

 

3. Im Hinblick auf das wirtschaftliche Risiko bleibt zu ergänzen, dass dieses ein begrenztes war. Zwar konnte der Beigeladene zu 1) Dritte mit der Ableistung der bei der Klägerin übernommenen Dienste beauftragen und diese seinerseits dann selbst entlohnen. Ein Risiko ergab sich für ihn insofern, als sein Gewinn davon abhing, die Dienstleistung bei diesen Dritten günstiger einzukaufen als er sie (an die Klägerin) verkaufte. Dies führte jedoch im Ergebnis nicht zu bedeutend größerer unternehmerischer Freiheit. Zwar konnte er so seine eigene Arbeitskraft während der bei der Klägerin übernommenen Dienstzeiten an anderer Stelle einsetzen. Allerdings waren die stattdessen übernommenen Arbeitseinsätze ausweislich der für 2009 benannten Auftraggeber solche, die rein nach Stunden abgerechnet wurden (Security-Tätigkeit). Der Beigeladene zu 1) hat demgemäß sein Einkommen allein durch ein Mehr an Arbeitsstunden vermehrt. Schließlich begründet der Umstand, dass er möglicherweise von den Clubs und Einrichtungen, an die er die Hotelgäste vermittelte, auch Provisionen erhalten hat, nicht für eine Selbständigkeit in seiner Tätigkeit für die Klägerin als Gästebetreuer. Erfolgsabhängige Vergütungen oder solche Bestandteile einer Vergütung sind auch bei Beschäftigten nicht unüblich. Sie begründen jedenfalls dann kein Unternehmerrisiko, wenn ihnen kein Einsatz von Kapital oder von Arbeitskraft mit ungewissem Erfolg gegenübersteht (BSG, Urteil vom 24. September 1981 – 12 RK 43/79 –, Rn. 26, juris).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

 

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