L 33 R 703/20 NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 401/18
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 33 R 703/20 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Die Frage, bis wann ein Rentenversicherungsträger, der rückwirkend eine Altersrente gewährt, dem Leistungen nach dem SGB II erbringenden Grundsicherungs-träger zur Erstattung verpflichtet ist, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, da sie sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Der Erstattungsanspruch aus § 40a Satz 2 SGB II greift nur ein, soweit die Rente rückwirkend bewilligt wird. Soweit die Rente für die Zukunft zugesprochen wird, gilt § 40a Satz 1 SGB II. Bei der dort normierten Verweisung auf § 104 SGB X handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung. Der Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X setzt u.a. voraus, dass die Leistungen durch den Grundsicherungsträger rechtmäßig erbracht wurden. Dies dürfte bei Arbeitslosengeld II, das einer Person für einen Monat ausgezahlt wird, für den bereits eine Altersrente zugesprochen worden ist, nicht der Fall sein. Die in § 42 Abs. 1 SGB II und § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB VI vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkte können nicht im Rahmen von Erstattungsansprüchen aus Praktikabilitätserwägungen heraus unterlaufen werden.

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

 

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Der Streitwert wird auf 746,22 € festgesetzt.

 

Gründe

 

I.

 

Die Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Juli 2020, mit dem sie verurteilt worden ist, dem Kläger für den Monat August 746,22 € zu erstatten.

 

Der Kläger erbrachte dem am 1951 geborenen H-J R und dessen Ehefrau (im Folgenden: Leistungsbezieher) im Jahre 2015 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Mit Bescheid vom 8. Juni 2015 gewährte er ihnen für das zweite Halbjahr 2015 Arbeitslosengeld II.

 

Mit am 8. Juni 2015 bei dem Kläger eingehendem Schreiben vom 4. Juni 2015 informierte die Beklagte den Kläger, dass der Leistungsbezieher - auf die entsprechende Aufforderung des Klägers hin - eine Altersrente für langjährig Versicherte mit einem gewünschten Rentenbeginn ab dem 1. August 2015 beantragt habe. Unter dem 16. Juni 2015 meldete daraufhin der Kläger einen Erstattungsanspruch an. Mit - bei dem Kläger am 17. Juli 2015 eingegangenem - Schreiben vom 15. Juli 2015 unterrichtete die Beklagte den Kläger über die Bewilligung einer Altersrente ab dem 1. Mai 2015 und führte im Einzelnen aus, wie hoch die Nachzahlung bis einschließlich 31. Juli 2015 sei und in welcher Höhe ab dem 1. August 2015 die monatliche Rente gezahlt werde. Mit Schreiben vom 4. August 2015 verwies der Kläger darauf, Leistungen bis zum 31. August 2015 gezahlt zu haben, und bezifferte für die Monate Mai bis August 2015 einen Erstattungsanspruch auf insgesamt 2.947,20 € (davon für August 2015: 746,22 €). Ab September 2015 berücksichtigte er bei der Leistungsbewilligung die Rentenzahlung. Die Beklagte teilte dem Kläger mit am 19. August 2015 eingegangenem Schreiben vom 17. August 2015 mit, ihm einen Betrag in Höhe von 2.200,98 € überwiesen zu haben, und verwies darauf, dass die Nachzahlung lediglich bis einschließlich Juli zur Verfügung stehe. Hiergegen wandte der Kläger sich unter dem 15. September 2015 und machte geltend, dass die Leistungen nach dem SGB II im Voraus gezahlt würden, die Bitte um Bezifferung erst am 17. Juli 2015 bei ihm eingegangen sei und die Leistungen für den Monat August 2015 nach dem SGB II daher bereits ausgezahlt gewesen seien. Die Beklagte habe ihm eine gewisse Bearbeitungszeit zur Bezifferung des Erstattungsanspruchs von ca. drei Wochen einzuräumen. Es sei somit nicht mehr möglich gewesen, die Zahlung für August 2015 rechtzeitig einzustellen. Unter dem 6. Oktober 2016 lehnte die Beklagte eine weitere Erstattung mit der Begründung ab, dass eine zeitliche Kongruenz zwischen der Vorleistung und der Nachzahlung bestehen müsse. Der Nachzahlungszeitraum habe im Juli 2015, dem Monat, der dem Monat der Aufnahme der laufenden Zahlung - hier dem August 2015 - vorausgehe, geendet. Nach § 104 Abs. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) richte sich der Umfang des Erstattungsanspruchs nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Damit solle sichergestellt werden, dass der letztlich verpflichtete Leistungsträger nicht mehr zu erstatten habe, als er selber an den Berechtigten zu zahlen habe. Die Rückforderung für August 2015 obliege dem Kläger in eigener Zuständigkeit auf der Grundlage der §§ 48, 50 SGB X.

 

Das Sozialgericht Potsdam hat die Beklagte mit Urteil vom 28. Juli 2020 verurteilt, dem Kläger weitere 746,22 € zu erstatten, zur Begründung wird im Wesentlichen auf die unter dem Aktenzeichen S 40 AS 2652/14 ergangene Entscheidung des Sozialgerichts Potsdam vom 18. April 2018 verwiesen und sich dieser "unter Beachtung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Rechtsordnung" angeschlossen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass der Kläger glaubhaft vorgetragen habe, sein Rechenlauf für die Leistungen für August 2015 sei bereits am 21. Juli 2015 erfolgt und mit der Auszahlung der Leistungen sei am 22. Juli 2015 begonnen worden. Ihm sei nahezu keine Zeit geblieben, die Zahlungen der Beklagten bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen und dieser seine Bezifferung zuzusenden. Es wäre deshalb zur Überzeugung der Kammer Sache der Beklagten gewesen, den am 15. Juli 2017 maschinell erteilten Zahlungsauftrag für den Rentenservice der Deutschen Post zu stornieren, weil die erste Zahlung der Altersrente erst zum 31. August 2015 erfolgt sei und ihr deshalb mehr Zeit zur Verfügung gestanden habe, eine Überzahlung zu verhindern. Wenn ihr dies technisch nicht möglich gewesen sei, bleibe es der Beklagten unbenommen, etwaig zu Unrecht erfolgte Rentenzahlungen von dem Versicherten erstattet zu verlangen. Es könne jedoch nicht sein, dass ein Versicherter quasi einen Monat lang ohne finanzielle Mittel bleibe.

 

Die Berufung hat das Sozialgericht unter Hinweis darauf, dass es sich vorliegend nicht um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, sondern um eine organisationstechnische Frage handele, die die Beteiligten zukünftig miteinander abzusprechen hätten, nicht zugelassen. Soweit die Beklagte auf ein Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. März 2017 (L 19 R 940/15) verweise, betreffe dieses einen anderen Sachverhalt.

 

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten, mit der sie zum einen Divergenz zu dem vorgenannten Urteil, zum anderen grundsätzliche Bedeutung geltend macht. Sie meint, es müsse klargestellt werden, bis wann der Rentenversicherungsträger verpflichtet sei, im Rahmen des Erstattungsanspruchs die Rentenzahlung an den Träger der Grundsicherung nach dem SGB II zu leisten.

 

 

II.

 

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Juli 2020 ist gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, aber nicht begründet. Weder ist die Berufung gegen das Urteil kraft Gesetzes gegeben noch liegen Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGG vor.

 

Das Sozialgericht Potsdam ist zu Recht davon ausgegangen, dass die im Grundsatz nach § 143 SGG statthafte Berufung vorliegend kraft Gesetzes ausgeschlossen ist. Denn nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro nicht übersteigt (Nr. 2), es sei denn, dass die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr zum Gegenstand hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

 

Nicht hingegen vermag der Senat die Gründe nachzuvollziehen, aus denen das Sozialgericht der Klage stattgegeben hat. Im Gegenteil hält er die Klage für unbegründet und damit die erstinstanzliche Entscheidung für fehlerhaft. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Berufung. Denn die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ist im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu prüfen. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob einer der in § 144 Abs. 2 SGG abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

 

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt offensichtlich kein Fall der Divergenz (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) vor. Für das Vorliegen einer Divergenz im Rechtssinne ist - neben der Abweichung von Entscheidungen des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts - allein die Abweichung von einer Entscheidung des konkreten Berufungsgerichts - hier also des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg - maßgeblich. Abgesehen davon, dass damit eine etwaige Abweichung von dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. März 2017 (L 19 R 940/15) sowieso unerheblich wäre (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 144 Rn. 30), ist das Sozialgericht auch nicht im rechtlichen Sinne von der genannten Entscheidung abgewichen. Denn hiervon wäre nur dann auszugehen, wenn das Sozialgericht einen fallübergreifenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hätte, der der zum selben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des Landessozialgerichts entgegenstünde und seinem Urteil tragend zu Grunde läge (vgl. zum Ganzen etwa BSG, Beschluss vom 19. November 2009 - B 13 RS 61/09 B juris, BSG, Beschluss vom 16. Juli 2009 - B 4 AS 37/09 B - juris). Das Sozialgericht müsste also den vom Landessozialgericht aufgestellten Kriterien widersprochen, d.h. andere Maßstäbe entwickelt haben (vgl. BSG, Beschluss vom 8. Dezember 2008 - B 12 R 37/07 B - juris). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Das Sozialgericht ist vielmehr ausdrücklich davon ausgegangen, dass der Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts eine abweichende Fallkonstellation zugrunde liege, und hat diese damit überhaupt nicht als einschlägig erachtet.

 

Die seitens der Beklagten aufgeworfene Frage, bis wann ein Rentenversicherungsträger verpflichtet ist, im Rahmen eines Erstattungsanspruchs die Rentenzahlung an den Träger der Grundsicherung nach dem SGB II zu leisten, ist zur Überzeugung des Senats nicht von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Grundsätzliche Bedeutung ist nur dann zu bejahen, wenn von der Entscheidung der Rechtssache erwartet werden kann, dass sie zur Erhaltung und Sicherung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts beitragen wird. Dies ist wiederum nur dann der Fall, wenn es in einem Rechtsstreit um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage geht, deren Entscheidung über den Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Klärungsfähigkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn es auf die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage im konkreten Verfahren ankommt, wenn sie also für den zu entscheidenden Streitfall rechtserheblich ist. Nicht klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage hingegen dann, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, weil sie sich beispielsweise unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist [vgl. Kummer, Der Zugang zur Berufungsinstanz nach neuem Recht, NZS 1993, S. 337 ff. (341) m.w.N.]. Dies aber ist hier zur Überzeugung des Senats der Fall. Bei Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen zeigt sich unschwer, dass der Kläger den begehrten Erstattungsanspruch nicht hat. 

 

Nach § 40a Satz 1 SGB II steht dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter den Voraussetzungen des § 104 SGB X gegen den anderen Sozialleistungsträger ein Erstattungsanspruch zu, wenn einer leistungsberechtigten Person für denselben Zeitraum, für den ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende Leistungen nach diesem Buch erbracht hat, eine andere Sozialleistung bewilligt wird. Gemäß Satz 2 der Norm besteht der Erstattungsanspruch - in der einzig hier in Betracht kommenden Alternative - auch, soweit rückwirkend eine Rente wegen Alters zuerkannt wird.

 

Konnte der Kläger mithin mit Blick auf die Monate Mai bis Juli 2015 einen Erstattungsanspruch auf § 40a Satz 2 SGB II stützen, gilt dies bzgl. der den Leistungsbeziehern für August 2015 erbrachten Leistungen ersichtlich nicht mehr. Denn insoweit ist dem Leistungsbezieher die Altersrente gerade nicht rückwirkend bewilligt worden. Im Gegenteil erfolgte die Gewährung der Rente (bereits) im Laufe des Monats Juli 2015 und damit für die Zeit ab August 2015 für die Zukunft.

 

Ein etwaiger Erstattungsanspruch könnte sich daher nur aus § 40a Satz 1 SGB II ergeben, mit der Folge, dass es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 104 SGB X ankommt. Denn bei § 40a Satz 1 SGB II handelt es sich um eine bloß klarstellende Rechtsgrundverweisung (vgl. Pattar in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 104 SGB X <Stand: 1. Dezember 2017>, Rn. 8 sowie in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 40a <Stand: 1. März 2020>, Rn. 29, Gagel/Kallert, SGB II/SGB III, § 40a SGB II <Stand: Mai 2020>, Rn. 30 ff., Marx in Estelmann, SGB II, § 40a <Stand: August 2016>, Rn. 4; Bienert, info also 2019, 118 ff. <119>, siehe auch: Fügemann in: Hauck/Noftz, SGB, <Stand: Juli 2015>, § 40a SGB II, Rn. 16 sowie Schock in LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 40a Rn. 3). Die Voraussetzungen des § 104 SGB X sind jedoch nicht gegeben.

 

Nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Leistungsträger, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger, der Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, erstattungspflichtig, soweit er nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.

 

Die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 SGB X, nach dem ein Leistungsträger, der Sozialleistungen erbracht hat, auf die der Anspruch nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist, einen Erstattungsanspruch gegen den für die entsprechende Leistung zuständigen Leistungsträger hat, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat, liegen hier nicht vor. Denn regelmäßig wird bereits davon ausgegangen, dass diese Vorschrift immer dann nicht anwendbar ist, wenn - wie hier - ein Vorrang-/Nachrangverhältnis zwischen den Leistungen - hier: der Rente und dem Arbeitslosengeld II (vgl. §§ 5, 12a SGB II) - besteht (vgl. Prange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 103 SGB X < Stand: 04. November 2020 >, Rn. 24). In diesen Fällen ist vielmehr typischerweise der Anwendungsbereich des § 104 Abs. 1 SGB X eröffnet.

 

§ 104 SGB X regelt einen Erstattungsanspruch in einer Situation, in der

-           ein zuständiger Sozialleistungsträger - wie hier der Kläger -

-           endgültig

-           rechtmäßige Leistungen erbracht hat,

-           die der leistungsberechtigten Person nach dem für die tatsächlich erbrachten

Leistungen maßgeblichen Leistungsrecht auch dann dauerhaft verbleiben, wenn sich später die Leistungspflicht eines anderen, vorrangig verpflichteten Sozialleistungsträgers für kongruente Leistungen herausstellt,

-           welche aber, hätte der vorrangig verpflichtete Sozialleistungsträger die Leistun-

gen bereits von Anfang an erbracht, nach dem für die Leistung maßgeblichen Leistungsrecht im Verhältnis zur leistungsberechtigten Person nicht erbracht worden wären.

 

Sind Leistungen indes unrechtmäßig erbracht worden, hat der leistende Träger wegen der Leistungen nach § 50 SGB X, gegebenenfalls in Verbindung mit den §§ 45, 48 SGB X Befriedigung zu suchen.

 

Gemessen daran steht dem Kläger mit Blick auf die für August 2015 gezahlten Leistungen kein Erstattungsanspruch zu. Denn für August 2015 hat der Kläger den Leistungsbeziehern zu Unrecht Arbeitslosengeld II erbracht. Mit der Bewilligung der Altersrente an ihn war der Leistungsbezieher nämlich selbst nach § 7 Abs. 4 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen und hätte mit Blick auf seine Ehefrau eine Anrechnung der Rente als Einkommen erfolgen müssen.

 

Abgesehen davon ist die Entscheidung des Klägers, den Leistungsbeziehern Leistungen auch noch für August 2015 auszuzahlen, auch nicht darauf zurückzuführen, dass die Beklagte ihre dem Leistungsbezieher gegenüber bestehende Verpflichtung zur Auszahlung der Altersrente nicht rechtzeitig erfüllt hätte. Denn nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden laufende Geldleistungen - mit Ausnahme des Übergangsgeldes - am Ende des Monats fällig, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind; sie werden am letzten Bankarbeitstag dieses Monats ausgezahlt. Die Beklagte hatte mithin keinerlei Veranlassung, dem Leistungsbezieher bereits im Juli 2015 die Rente für August 2015 auszuzahlen. Dass der Kläger umgekehrt auf der Grundlage des § 42 Abs. 1 SGB II, nach dem Leistungen monatlich im Voraus erbracht werden sollen, gehalten war, dem Leistungsbezieher Leistungen für August, so er denn auf diese einen Anspruch gehabt hätte, bereits Ende Juli auszuzahlen, ändert daran nichts.

 

Der Senat verkennt nicht, dass die in den einzelnen Leistungsbereichen vorgesehenen Fälligkeits- und Auszahlzeitpunkte hier den Kläger vor Probleme gestellt haben. Sein Risiko, einem Leistungsbezieher Leistungen zu erbringen, der aufgrund einer Rentenbewilligung entweder gar nicht mehr Leistungsberechtigter ist oder jedenfalls einen nur geringeren Leistungsanspruch hat, kann er jedoch nicht - wie es hier letztlich das Sozialgericht getan hat - auf die Beklagte abwälzen. Dass dies nicht richtig sein kann, zeigt sich im Übrigen schon daran, dass die Beklagte - anders als offenbar das Sozialgericht meint - gerade keine Möglichkeit hatte, die dem Leistungsbezieher für August 2015 ausgezahlte Rente von diesem zurückzufordern. Es ist nicht erkennbar, dass die Gewährung der Rente für diesen Monat von Anfang an rechtswidrig gewesen oder nachträglich geworden wäre. Wohl aber hätte der Kläger aufgrund der im Vergleich zum Zeitpunkt der Leistungsbewilligung im Juni 2015 eingetretenen Änderung der Verhältnisse eine Aufhebungsentscheidung auf § 48 SGB X stützen können. Soweit das Sozialgericht schließlich meint, seine Entscheidung darauf stützen zu können, dass es nicht sein könne, dass ein Versicherter quasi einen Monat lang ohne finanzielle Mittel bleibe, geht dies ersichtlich fehl. Abgesehen davon, dass es nicht Aufgabe der Gerichte ist, die gesetzlich klar geregelten Fälligkeitszeitpunkte der einzelnen Leistungen durch Praktikabilitätserwägungen zu unterlaufen, kann dem ggf. unerwünschten Ergebnis beispielsweise durch eine darlehensweise Auszahlung von Arbeitslosengeld II begegnet werden.

 

Einen Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen könnte, rügt die Beklagte selbst nicht (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

 

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.

 

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

 

 

Rechtskraft
Aus
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