L 3 U 149/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 196 U 385/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 149/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

 

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. Juni 2019 wird zurückgewiesen.

 

Die Beteiligten haben auch für das Berufungsverfahren einander keine Kosten zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anl. 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht.

 

Der im Jahr 1955 geborene Kläger absolvierte von September 1972 bis zum Juli 1974 eine Ausbildung zum Fußbodenleger. Sodann war er bis September 1979 und von April 1981 bis Oktober 1989 in der Verwaltung der Wirtschaftsbetriebe des Ministerrats der DDR, Abteilung Bau, in B-tätig. In der Zwischenzeit von Oktober 1979 bis März 1981 absolvierte er seinen Dienst in der Nationalen Volksarmee der DDR. Von Oktober 1989 bis einschließlich Januar 1995 arbeitete der Kläger bei der Firma B in B wobei er in der Zeit vom 01. Juli 1992 bis zum 31. Januar 1994 eine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter ausübte, die nicht mit kniebelastenden Tätigkeiten einherging. Sodann war er nach vorübergehender Arbeitslosigkeit von Juni 1995 bis zum Mai 2002 als Fußbodenleger bei der Firma C beschäftigt. Nach vorübergehender Arbeitslosigkeit war er von Juli 2003 bis einschließlich September 2003 und erneut von November 2003 bis August 2015 als Fußbodenleger für die Firma F in D tätig. Seither ist der Kläger arbeitslos bzw. bezieht seit dem Jahr 2018 eine Altersrente.

 

Zu Beschwerden von Seiten des rechten Kniegelenks kam es erstmals im Jahr 2002, als sich der Kläger in die fachorthopädische Behandlung der Praxis Dres. W und Sp, B, begab. Bei einer Magnetresonanztomographie (MRT) des rechten Kniegelenks vom 25. November 2002 in der Radiologischen Praxis Dr. Sch und L in B ergab sich unter anderem der Befund einer mukoiden Degeneration des Innenmeniskushinterhorns ohne Nachweis einer durchgreifenden Rissbildung.

 

Wegen zunehmender belastungsabhängiger Knieschmerzen rechts führte der Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. M die Behandlung des Klägers ab dem 03. Mai 2004 fort, wobei er die Diagnose einer medialen Meniskopathie rechts gestellt hatte. Bei persistierender Beschwerdesymptomatik führte Dr. M bei dem Kläger am 25. Mai 2004 eine Arthroskopie des rechten Kniegelenks durch. Intraoperativ ergab sich an den unterschiedlichen Abschnitten des rechten Kniegelenks der Befund einer Chondromalazie 2. bis 4. Grades. Arthroskopisch erfolgten eine Innenmeniskusteilresektion, Knorpelglättung und Plicareduktion bei Hypertrophie der Plica mediopatellaris (Schleimhautfalte an der Innenseite der Kniescheibe).

 

Am 13. Juli 2005 erstattete der Facharzt für Orthopädie Dr. W, B, im Auftrag der Beklagten ein auf einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 12. Juli 2005 beruhendes Gutachten zur Feststellung der Voraussetzungen für eine Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 2102 der Anl. 1 der BKV (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten). Aus der Sicht von Dr. W konnten weder eine Meniskopathie in relevantem Ausmaß noch ein eindeutiges Schadensbild im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit festgestellt werden. Es seien berufsunabhängige knorpelige Veränderungen sowohl im medialen Gelenkabschnitt als auch vor allem im femuropatellaren Gleitlager anzutreffen. Auf der Grundlage dieses Gutachtens lehnte die Beklagte das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr. 2102 bei dem Kläger mit Bescheid vom 07. September 2005 in der Fassung des bestandskräftigen Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2005 ab.

 

Am 10. Mai 2006 erfolgte in der Röntgenpraxis S in B, eine weitere MRT-Untersuchung des rechten Kniegelenks des Klägers. Diese ergab eine Degeneration 4. Grades im verkürzten und deformierten Innenmeniskushinterhorn sowie medial angrenzend eine posttraumatische Meniskuszyste, weiterhin eine Chondropathie 2. Grades im medialen Kompartiment, eine Chondromalazie der Patella 1. Grades, einen Gelenkerguss und eine Bakerzyste medial.

 

In der Zeit vom 20. März 2007 bis zum 27. März 2007 befand sich der Kläger bei präoperativ dokumentierten rezidivierenden Schmerzen und Schwellneigungen mit Ergussbildung im rechten Kniegelenk zur stationären Behandlung im M-Krankenhaus in B. Dort wurde am 22. März 2007 eine Arthroskopie des rechten Kniegelenks mit Innenmeniskushornglättung und Knorpelglättung durchgeführt. Intraoperativ hatte sich der Befund einer Femoropatellararthrose mit bis zu drittgradigen Knorpelschäden sowie zweit- bis drittgradigen Knorpelschäden im medialen und lateralen Hauptkompartiment ergeben.

 

Mit am 09. Mai 2008 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben der Ärztin Dr. M vom 28. April 2008 sowie mit am 18. Oktober 2010 bei der Beklagten eingegangenem weiterem Schreiben von Dr. M vom 14. Oktober 2010 erfolgte eine (erneute) Anzeige bei Verdacht auf das Bestehen einer Berufskrankheit Nr. 2102.

 

Am 28. Juli 2010 erfolgte durch die Röntgenpraxis G, Dr. Tr, eine Sonographie beider Kniegelenke, wobei der Verdacht auf das Bestehen einer Bakerzyste rechtsseitig nicht bestätigt werden konnte. Linksseitig konnte der Nachweis einer Bakerzyste mit begleitenden Synovialverdickungen geführt werden.

 

Eine MRT-Untersuchung des linken Kniegelenks vom 18. August 2010 in der Röntgenpraxis G, Dr. S, dokumentierte vordergründig eine Degeneration des Innenmeniskus Grad III (Rissbildung), des Weiteren eine moderate Degeneration im medialen Femorotibialgelenk ohne Beweis für Knorpeldefekte und eine Patella alta mit retropatellarer Chondropathie Grad 4 medial.

 

Anhand einer weiteren MRT-Untersuchung des rechten Kniegelenks im V Klinikum N, Dr. H, vom 07. September 2010 wurden eine ausgeprägte medial aktivierte Arthrose und Retropatellararthrose bei deutlichen Knorpelschädigungen, insbesondere des medialen femorotibialen Kompartiments (Chondropathie 3. bis 4. Grades) sowie degenerative Veränderungen des Innen- und Außenmeniskus mit Rissformation im Innenmeniskushinterhorn nachgewiesen.

 

Mit Bescheid vom 24. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01. Juni 2011 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 07. September 2005 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab. Bei dem Kläger hätten sich wesentlich größere Schädigungen im Bereich der umliegenden Knorpelgewebe als im Meniskusgewebe selbst gezeigt. Hierbei handele es sich um eine sekundäre Meniskopathie im Zusammenhang mit einer allgemeinen anlagebedingten Gelenkdegeneration. Eine auf die Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 gerichtete und unter dem Aktenzeichen S 25 U 487/11 registrierte Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) endete mit klageabweisendem rechtskräftigen Gerichtsbescheid des vom 27. Mai 2013, nachdem ein die medizinischen Voraussetzungen dieser Berufskrankheit verneinendes fachorthopädisches Gutachten des Sachverständigen Dr. R vom 08. Januar 2013 eingeholt worden war. In diesem Gutachten hatte Dr. R unter anderem ausgeführt, dass im Rahmen der Klärung des Vorliegens der Berufskrankheit Nr. 2112 festzustellen sei, inwieweit die vor allem im Kniescheibengleitlager bzw. in der Kniescheibengleitrinne frühzeitig einsetzende und nunmehr erhebliche Arthrose als berufsbedingt anzusehen sei. Hierfür ergäben sich durchaus Hinweise, da vor allem beim häufigen Knien und Hocken mit stark durchgedrücktem Kniegelenk und teilweisem Absitzen mit dem Gesäß auf der Ferse eine erhebliche Druck- und Zugbelastung im Bereich der Kniescheibengleitrinne bzw. der Kniescheibenrückfläche entstehe, die auch durch die elongierten Kreuzbänder sowie die gedehnten Kniescheibensehnen im vorderen Anteil belegt sei.

 

Mit am 09. Februar 2012 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 06. Februar 2012 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2112.

 

Der Inhaber der Firma Fußbodenverlegung A Sch machte am 28. März 2012 in einem durch die Beklagte übersandten Fragebogen Angaben zu Art und Häufigkeit der beruflichen Belastungen der Kniegelenke des Klägers.

 

Im Auftrag der Beklagten verfasste die Ärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. H am 19. Juli 2012 eine beratungsärztliche Stellungnahme. Danach lägen bei dem Kläger am rechten Kniegelenk ausgeprägte degenerative Veränderungen im inneren Kompartiment vor mit einer Höhenminderung und Osteophyten auf den Aufnahmen aus dem Jahr 2011. Im Bereich des linken Kniegelenks hätten sich auf den Aufnahmen von 2011 röntgenologisch keine wesentlichen degenerativen Veränderungen ergeben, im MRT vom 18. August 2010 ebenfalls keine wesentlichen Knorpelschäden bis auf eine Chondropathie retropatellar medial, aber keine Osteophyten. Die Schäden an den beiden Kniegelenken seien deutlich seitendifferent, der Unterschied belaufe sich auf mehr als zwei Kellgren-Grad. Konkurrierende Ursachenfaktoren seien bis auf die Meniskusteilektomie aus dem Jahr 2004 nicht zu benennen. Es liege also das klinische Bild einer führenden Gonarthrose rechts vor mit retropatellaren Veränderungen auch am linken Kniegelenk. Bei Vorliegen der beruflichen Voraussetzungen werde eine gutachterliche Untersuchung empfohlen. 

 

Am 04. September 2012 erstellte der Präventionsdienst der Beklagten eine Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition des Klägers. Insgesamt ermittelte er eine Anzahl von 24.359 Stunden kniebelastender Tätigkeiten.

 

Mit am 19. September 2012 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 16. September 2012 teilte der Kläger mit, dass er unter den von der Beklagten vorgeschlagenen Gutachtern Prof. Dr. E kB als Gutachter zur Beurteilung der Frage des Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 2112 auswähle. Die Beklagte beauftragte daraufhin mit Schreiben vom 28. September 2012 Prof.  Dr.  Ek mit der Erstellung eines entsprechenden Gutachtens.

 

Am 05. November 2012 fertigte der Radiologe Prof. Dr. M, Bim Auftrag der Beklagten ein radiologisches Zusatzgutachten. Danach ergab sich anhand von Röntgenaufnahmen beider Kniegelenke vom 15. November 2011 sowie von MRT-Aufnahmen des rechten Kniegelenks vom 06. März 2012 und Röntgenaufnahmen beider Kniegelenke vom 24. Oktober 2012 eine Gonarthrose Grad 1 nach Kellgren im linken Kniegelenk sowie eine Gonarthrose Grad 3 im rechten Kniegelenk femoropatellar und Grad 2 bzw. Grad 2 bis 3 femorotibial. Am linken Kniegelenk lasse sich keine altersvorauseilende Gonarthrose nachweisen.

 

Sodann wurde der Kläger am 24. Oktober 2012 im Unfallkrankenhaus Buntersucht, wobei die Untersuchungen von der Leitenden Oberärztin Dr. Se und der Assistenzärztin Eil vorgenommen wurden und Prof. Dr. Ek das am 07. Dezember 2012 fertiggestellte Gutachten mit dem Zusatz „einverstanden aufgrund eigener Urteilsbildung“ unterschrieb. Nach derzeitigem Erkenntnisstand sprächen mehr Indizien für die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2112 als dagegen. Konkurrierende Ursachen lägen nicht vor. Außerberufliche mechanische Ursachen für die Entwicklung der Gonarthrose, wie etwa ein Kniegelenkstrauma, eine Seitenband- oder Kreuzbandruptur oder eine Osteochondrosis dissecans, entfielen. Es fehlten jedoch auch medizinische Kriterien mit einer positiven Indizwirkung für eine berufsbedingte Verursachung, anhand derer eine Abgrenzung von idiopathischen Gonarthrosen vorgenommen werden könne. Diese grundsätzliche Problematik sei juristisch zu lösen. Im Falle der Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2112 belaufe sich die daraus resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 20 vom Hundert.

 

Die Beklagte holte im Hinblick auf die im Unfallkrankenhaus B durchgeführten Begutachtungen eine weitere, am 25. Januar 2013 gefertigte Stellungnahme ihrer Beratungsärztin Dr. H ein. Dem Gutachten von Prof. Dr.  Ek sei nur dann zuzustimmen, wenn sich arbeitstechnisch nachweisen lasse, dass der Kläger mit dem linken Knie ganz überwiegend gekniet und das rechte Knie praktisch kaum beansprucht habe (gemeint sein dürfte die umgekehrte Konstellation).

 

Am 12. März 2013 fertigte der Präventionsdienst der Beklagten eine erneute Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition zur Beurteilung der Frage, ob durch die Tätigkeit des Klägers als Fußbodenleger eine höhere Belastung von nur einem Kniegelenk möglich sei. Danach habe der Kläger überwiegend in beidseitig kniender Körperhaltung gearbeitet. Es sei zwar grundsätzlich möglich, dass ein Knie bevorzugt belastet werden könne. Jedoch könne die Dauer bzw. Häufigkeit dieser Körperhaltung über einen langen Beurteilungszeitraum nicht festgestellt werden. Diese Beurteilung könne nur durch einen medizinischen Gutachter erfolgen. 

 

Die Beklagte holte daraufhin bei Prof. Dr. Ek eine wiederum lediglich von Prof. Dr. Se und der Fachärztin Eil, nicht aber von Prof. Dr. Ek selbst unterzeichnete, am 16. August 2013 gefertigte Stellungnahme ein. Danach sei eine Mehrbelastung des rechten Knies möglich. Da konkurrierende Ursachen soweit ersichtlich nicht vorlägen, sprächen weiterhin mehr Indizien für die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2112 als dagegen.

 

Die Beratungsärztin der Beklagten, Dr. H, verfasste daraufhin am 06. September 2013 eine weitere Stellungnahme. Danach sei das Gutachten von Prof. Dr. Ek in dem Punkt nicht schlüssig, dass bei dem Kläger als präarthrotische Deformität eine arthroskopische Innenmeniskushinterhornteilresektion rechts aus dem Jahr 2004 und eine weitere Arthroskopie des rechten Innenmeniskus im Jahr 2007 bestünden, die als konkurrierende Ursachen für die Gonarthrose im rechten Kniegelenk anzusehen seien. Dementsprechend habe sich die Arthrose zwischen den Jahren 2004 und 2012 auch deutlich verschlimmert.

 

Auf Anregung der Gewerbeärztin des Landesamtes für Arbeitsschutz Brandenburg, Dipl.-med. Th, vom 18. Oktober 2013 holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme bei Prof. Dr. Ek ein, die am 29. November 2013 wiederum ausschließlich durch die Leitende Oberärztin Prof. Dr. Sei und die Fachärztin Ei verfasst wurde. Auf der Basis der vorliegenden Erhebung der Arbeitsplatzexposition sei die kumulative Kniebelastungsdauer von 13.000 Stunden bereits im Jahr 1995 erreicht worden. Die von Dr. H als konkurrierende Ursachen angegebenen Arthroskopien aus den Jahren 2004 und 2007 seien zeitlich danach erfolgt. Somit sprächen nach wie vor mehr Indizien für die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2112 als dagegen. 

 

Mit Bescheid vom 09. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2112 ab. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Dies gelte auch für Leistungen oder Maßnahmen, die geeignet seien, dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenzuwirken. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen seien die Einwirkungen, denen der Kläger während seiner Berufstätigkeit ausgesetzt gewesen sei, zwar geeignet, eine Berufskrankheit zu verursachen. Die Erkrankung des Klägers sei jedoch keine Berufskrankheit Nr. 2112, weil sie nicht durch seine Berufstätigkeit verursacht oder verschlimmert worden sei. Voraussetzung für diese Berufskrankheit sei unter anderem ein bestimmtes Ausmaß der Kniegelenksveränderungen. Dabei würden diese nach bildgebenden Verfahren gemäß der Stadien I bis IV nach Kellgren eingeteilt. Bei einer Gonarthrose im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2112 müsse mindestens das Stadium II erreicht sein. Darüber hinaus müssten chronische Kniegelenksbeschwerden und außerdem Funktionsstörungen in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk vorliegen. Bei dem Kläger bestehe eine Gonarthrose Grad I am linken Knie und eine Gonarthrose Grad III am rechten Knie. Es bestehe somit eine seitendifferenzierte Gonarthrose mit einem Unterschied von zwei Kellgren-Graden, die nur dann beruflich bedingt sein könne, wenn besondere arbeitstechnische Voraussetzungen vorlägen. Als Bodenleger habe der Kläger überwiegend in beidseitiger kniender Körperhaltung gearbeitet. Berufliche Einflüsse hätten daher die aufgetretenen Beschwerden bzw. Krankheitserscheinungen weder verursacht noch in ihrem Verlauf richtungsgebend verschlimmert, so dass eine Berufskrankheit Nr. 2112 im Ergebnis nicht vorliege.

 

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit am 21. Januar 2014 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 15. Januar 2014 Widerspruch ein.

 

Die Beklagte holte daraufhin eine am 05. Februar 2014 gefertigte Stellungnahme des Landesamtes für Arbeitsschutz Brandenburg, Gewerbeärztlicher Dienst, ein. Darin äußerte sich die Fachärztin für Arbeitsmedizin T dahingehend, dass im Anschluss an die Feststellungen von Prof. Dr. Ek auch aus ihrer Sicht die medizinischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit Nr. 2112 erfüllt seien.

 

Zur Begründung seines Widerspruchs führte der Kläger im Folgenden über seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 13. Februar 2014 aus, die körperlich schweren Arbeitstätigkeiten als Fußbodenleger seien rechtlich wesentliche Teilursache für die bei ihm festgestellte Gonarthrose. Der gegenteiligen Auffassung der Beratungsärztin Dr. H könne nicht gefolgt werden. Dr. H habe bereits verkannt, dass er als Rechtshänder wegen der von ihm eingenommenen bevorzugten Arbeitshaltung sein rechtes Knie deutlich stärker belastet habe. Der unterschiedliche Schweregrad der Gonarthrose spreche nach dem aktuell vorherrschenden Erkenntnisstand nicht gegen eine berufliche Verursachung. Hinzuweisen sei weiter auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. R in seinem Gutachten vom 08. Januar 2013 im beim SG geführten Klageverfahren zum Aktenzeichen S 25 U 487/11. Könne - wie hier - der Nachweis einer berufsbedingten kniebelastenden Tätigkeit von mindestens 13.000 Stunden bei mindestens einer Stunde pro Schicht geführt werden, liege auch eine Tatsachenvermutung vor, nach der die festgestellte Gonarthrose Folge einer Berufskrankheit Nr. 2112 sei.

 

Die Beklagte holte daraufhin bei Prof. Dr. W eine weitere, am 31. März 2014 gefertigte beratungsärztliche Stellungnahme ein. Danach sei das Krankheitsbild einer Gonarthrose radiologisch im Vollbeweis gesichert. Allein durch eine für bestimmte Knieabschnitte gegebene Abweichung von zwei Kellgren-Graden werde die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2112 nicht ausgeschlossen. Konkurrierende Faktoren für die Entstehung der Gonarthrose lägen nicht vor. Zudem bestehe das Doppelte der normalerweise geforderten spezifischen kniebelastenden Arbeitsbelastung. Vor diesem Hintergrund sei bei dem Kläger das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr. 2112 anzuerkennen.

 

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2014 zurück. Gemäß der wissenschaftlichen Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirates Berufskrankheiten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales habe die Diagnose einer Gonarthrose im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2112 folgende Voraussetzungen: chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der orthopädischen Untersuchung in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend Grad II – IV der Klassifikation von Kellgren. Ergänzt werde dies durch die Begutachtungsempfehlung zur Berufskrankheit Nr. 2112 des Spitzenverbandes der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, wonach in aller Regel eine Gleichseitigkeit der Veränderungen zu erwarten sei. Dabei werde ein Abweichen von mehr als einem Kellgren-Grad im Seitenvergleich nur mit einer besonderen Begründung und mit dem Nachweis einer einseitigen arbeitsbedingten Belastung anerkannt. Die hierzu durchgeführten Ermittlungen der Abteilung Prävention hätten jedoch ergeben, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Fußbodenleger überwiegend in kniender beidseitiger Körperhaltung gearbeitet habe. Dies schließe zwar auch eine bevorzugte einseitige Kniebelastung nicht aus - als Rechtshänder typischerweise das rechte Kniegelenk betreffend -, jedoch sei die Dauer und Häufigkeit dieser Körperhaltung im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Somit sei der geforderte notwendige Nachweis einer einseitigen arbeitsbedingten Belastung nicht zu ermitteln. Die festgestellte beidseitige Gonarthrose mit einer Seitendifferenz von zwei Grad Kellgren spreche eindeutig gegen eine berufliche Verursachung. Hinzu kämen konkurrierende Ursachen: Bereits im Jahr 2004 hätten bei dem Kläger hochgradige Knorpelschäden rechts und eine ausgeprägte Knorpeldegeneration im femoropatellaren Gleitlager bestanden. Von Anfang an habe der bereits 2004 ausgedehnte Knorpelschaden rechts gegenüber der linken Seite dominiert, wobei auf der linken Seite auch jetzt keine vorauseilenden Veränderungen gesichert seien. Zwischen 2004 und 2012 habe sich die Arthrose auch deutlich verschlimmert, so dass im Jahr 2007 im Bereich des rechten Knies nochmals eine Arthroskopie durchgeführt worden sei. Das linke Knie sei hingegen nie wesentlich behandlungsbedürftig gewesen.

 

Am 30. Mai 2014 hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage vor dem SG erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Auf gerichtliche Nachfrage mit Schreiben vom 27. Oktober 2014 hat der Kläger mit Schreiben vom 27. November 2014 mitgeteilt, Rechtshänder zu sein und zum Abstützen bei der Arbeit bevorzugt das rechte Kniegelenk verwendet zu haben.  Weiterhin hat er für diesen Umstand sowie für weitere Bekundungen zu Art und Umfang seiner Arbeit die Zeugen K, B G als frühere Arbeitskollegen sowie den Zeugen S als ehemaligen Arbeitgeber benannt.

 

In der mündlichen Verhandlung vom 07. April 2016 hat das SG die Zeugen K und G vernommen, insbesondere zur Frage der Belastung der Kniegelenke während der gemeinsam ausgeübten beruflichen Tätigkeit. Wegen der Einzelheiten der Zeugenaussagen wird auf die Anlage zum Protokoll der Sitzung vom 07. April 2016 Bezug genommen. Der weiterhin geladene Zeuge B ist ohne Angabe von Gründen nicht erschienen, während der zunächst geladene Zeuge Snach Angabe gesundheitlicher Hinderungsgründe wieder abgeladen worden ist. Im Übrigen hat der Kläger zu Beginn der mündlichen Verhandlung vom 07. April 2016 ärztliche Unterlagen eingereicht, insbesondere einen Arztbrief der O-Klinik in P über eine während eines stationären Aufenthaltes vom 24. August 2015 bis zum 01. September 2015 am 24. August 2015 durchgeführte Implantation einer zementierten Kniegelenksendoprothese bei Varusgonarthrose rechts sowie einen weiteren Arztbrief der O-Klinik vom 26. Januar 2016, in dem die Diagnose eines persistierenden Beinschmerzes rechts nach Knie-Totalendoprothese rechts wegen medialer Gonarthrose gestellt und ein leicht linkshinkendes Gangbild festgestellt wurden.

 

In einem weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2016 hat das SG den Zeugen Szu den Umständen der von dem Kläger ausgeübten beruflichen Tätigkeit als Fußbodenleger gehört. Wegen der Einzelheiten der Zeugenaussage wird auf die Anlage zum Protokoll der Sitzung vom 23. Juni 2016 Bezug genommen.

 

Sodann hat das SG gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben, indem es die Fachärztin für Orthopädie StBmit einem orthopädischen Sachverständigengutachten beauftragt hat. Die Sachverständige Sthat den Kläger am 14. September 2016 untersucht und ihr Gutachten am 28. Dezember 2016 verfasst. Sie hat die Diagnosen einer medialen Gonarthrose 3. Grades nach Kellgren und Lawrence rechts und eines Zustandes nach Totalendoprothese des rechten Kniegelenks am 24. August 2015 sowie einer medialen Gonarthrose und Retropatellararthrose 1. Grades nach Kellgren und Lawrence links und einer degenerativen Innenmeniskopathie links gestellt. Bei der vorliegenden und röntgenologisch belegten seitendifferenten Ausprägung der Gonarthrose mit einem Abweichen von mehr als einem Kellgren-Grad könne eine Berufskrankheit Nr. 2112 nur mit einer besonderen Begründung und einem besonderen Nachweis einer einseitigen arbeitsbedingten Belastung anerkannt werden. Als medizinische Anzeichen einer einseitigen Belastung sei zum Beispiel eine einseitig benannte Hyperkeratose zu benennen, die jedoch den Befundberichten der behandelnden Ärzte nicht zu entnehmen sei. Unter dem Postulat, dass der Kläger seine Kniegelenke während des Berufslebens gleichmäßig belastet habe, sei die seitendifferente Kniegelenksarthrose nicht als Berufskrankheit anzuerkennen. Hingegen sei unter der Annahme, dass der Kläger zum Abstützen stets oder zumindest ganz überwiegend das rechte Kniegelenk benutzt habe, von einer beruflichen Genese der Gonarthrose auszugehen. Bei dem Kläger fänden sich als Hinweise auf die vormals ausgeübte kniebelastende Tätigkeit sowohl am linken als auch am rechten Kniegelenk Areale mit verstärkter prätibialer Verhornung. Im Falle der gleichmäßigen beruflichen Belastung der Kniegelenke sei als konkurrierende Ursache der Zustand nach zweimaliger Meniskusteilresektion – am 25. Mai 2004 sowie am 22. März 2007 - stärker zu berücksichtigen. Die im postoperativen Verlauf gefertigten MRT-Aufnahmen des rechten Kniegelenks zeigten eine Degeneration des deutlich verkürzten Innenmeniskushinterhorns. Als außerberufliche mechanische Ursache sei ein Zustand nach Meniskusektomie mit weitgehender Entfernung des Meniskus anzuerkennen, wobei vorliegend von einer ausgedehnten partiellen Meniskektomie auszugehen sei, nicht aber von einer totalen Meniskusentfernung. Bei ausgedehnter Entfernung des Innenmeniskus komme es erfahrungsgemäß zu einer medialen Gonarthrose. Unter der Prämisse einer gleichmäßigen Kniebelastung sei die mediale Gonarthrose rechts überwiegend auf den konkurrierend außerberuflichen Faktor der zweimaligen Meniskusentfernung zurückzuführen. Bei Annahme einer überwiegend rechtsseitigen Kniebelastung stelle hingegen die berufliche Exposition die wesentliche Ursache für die Ausprägung der Gonarthrose 3. Grades dar. In diesem Fall würde sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Folge der einseitigen Gonarthrose auf 20 vom Hundert belaufen.

 

Am 05. Juni 2019 hat das SG eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Kläger seine berufliche Arbeitsweise demonstriert hat und in der die Sachverständige St gehört worden ist. Diese hat erneut die Bedeutung der seitendifferenten Ausprägung der Gonarthrose im Falle des Klägers erläutert und darauf hingewiesen, dass sich aus den erhobenen Befunden zur Beschwielung ergebe, dass auch das linke Knie erheblich mitbelastet worden sei.

 

Mit Urteil vom gleichen Tag hat das SG die Klage abgewiesen. Es könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass die Gonarthrose im rechten Kniegelenk des Klägers rechtlich wesentlich auf seine berufliche Belastung zurückzuführen sei. Bei beidseitigem knienden Arbeiten und entsprechender Kniebelastung trete auch die Gonarthrose in der Regel beidseitig auf. Ein Abweichen von mehr als einem Grad Kellgren im Seitenvergleich führe nur mit besonderer Begründung und Nachweis einer einseitigen arbeitsbedingten Belastung zur Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2112. Dies ergebe sich aus den Begutachtungsempfehlungen der Konsensarbeitsgruppe Gonarthrose vom 13. September 2013, die von dem Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung veröffentlicht worden sei. Bei dem Kläger habe die Erkrankung am linken Kniegelenk deutlich später eingesetzt als rechts und sei auch deutlich weniger stark ausgeprägt, wie die Sachverständige St überzeugend dargelegt habe. Dem Umstand, dass der Kläger Rechtshänder sei, sei zwar eine gewisse rechtsbetonte Belastung immanent. Eine durchgängige oder deutlich überwiegende rechtsseitige Belastung habe indes bei ihm nicht vorgelegen. Dies lasse sich auch der Vernehmung der gehörten Zeugen sowie dem üblichen Berufsbild des Fußbodenlegers entnehmen. Zudem spreche die in etwa seitengleiche Beschwielung, die die Sachverständige S festgestellt habe, gegen eine einseitige Belastung beider Kniegelenke. Auch die Auswertung der MRT- und Röntgenaufnahmen beider Knie zeige keine unterschiedliche Druckbelastung hinter den Kniescheiben. Insofern sei mit der Sachverständigen S davon auszugehen, dass eine außerberuflich erworbene Erkrankung des Klägers, namentlich die Meniskusteilentfernung im Jahr 2004, die rechtlich wesentliche Ursache für die Gonarthrose darstelle. Soweit Prof.  Dr.  Ek und der Beratungsarzt Prof. Dr. W im Verwaltungsverfahren Gegenteiliges vertreten hätten, werde dem nicht gefolgt. Beide Ärzte hätten die oben dargelegten medizinischen Erkenntnisse nicht hinreichend gewürdigt.

 

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 10. Juli 2019 zugestellte Urteil hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten am 22. Juli 2019 Berufung vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 08. August 2019 ausgeführt, das SG habe den Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt und gegen seine Verpflichtung zur Amtsermittlung verstoßen. Den bisher eingeholten Gutachten lasse sich nicht mit der notwendigen Deutlichkeit entnehmen, welche Erfahrungssätze die Sachverständigen ihrer Beurteilung zugrunde gelegt hätten und dass diese den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft darstellten. Bei dem erfolgten Nachweis einer berufsbedingten kniebelastenden Tätigkeit von mindestens 13.000 Stunden bei mindestens einer Stunde pro Schicht bestehe gemäß der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts <BSG> in den Urteilen vom 07. September 2004, Az. B 2 U 25/03 R, sowie vom 30. Januar 2007, Az. B 2 U 15/05 R, eine Tatsachenvermutung im Sinne einer bestärkten Kausalität für die berufsbedingte Verursachung einer Gonarthrose. Diesen Umstand negiere die erstinstanzliche Entscheidung. Soweit eine beidseitige Beschwielung als möglicher Gegenbeweis einer überwiegend einseitigen Kniebelastung angeführt werde, fehlten im erstinstanzlichen Urteil notwendige Feststellungen zu Art und Umfang sowie Ausprägung der Hyperkeratosen und zu wissenschaftlich gesicherten Wirkursachen. Es hätte ein dermatologisches Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Dieses werde nunmehr ausdrücklich beantragt.

 

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. Juni 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anl. 1 der BKV festzustellen und die Beklagte zu verpflichten, ihm wegen der Folgen dieser Berufskrankheit eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von wenigstens 20 vom Hundert zu gewähren.

 

Die Beklagte beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

 

Der Senat hat eine am 23. März 2020 gefertigte ergänzende gutachterliche Stellungnahme der Sachverständigen Steingeholt. Darin hat die Sachverständige St dargelegt, dass sich bei der Untersuchung des Klägers am 14. September 2016 inspektorisch zwar eine verstärkte Verschwielung des rechten Kniegelenks gezeigt habe, eine mögliche Seitendifferenz jedoch aufgrund der mittig über der Streckseite verlaufenden 14cm langen Narbe nicht beurteilbar gewesen sei. Auch linksseitig habe sich prätibial ein Areal mit verstärkter Verhornung gezeigt, welches sich typischerweise bei der Ausübung einer langjährigen knienden Tätigkeit auspräge. Präoperativ zur Implantation der Knietotalendoprothese am 24. August 2015 sei in den Unterlagen der behandelnden Ärzte keine auffällige Hyperkeratose im Seitenvergleich dokumentiert. Zudem habe Dr. R in seinem aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 28. November 2012 erstellten Gutachten beidseitig eine deutliche Schwielenbildung über dem Kniescheibenhöcker beschrieben, das heiße, eine Seitendifferenz mit rechtsseitig betonter Ausprägung der Verschwielung habe nicht vorgelegen. Eine dermatologische Zusatzbegutachtung zur Feststellung der Ausprägung der Beschwielung werde nicht für sinnvoll erachtet. Bei dem Kläger liege gegenwärtig ein Zustand nach Implantation der bicondylären Oberflächen-Ersatzprothese des rechten Kniegelenks mit Narbenbildung vor.

 

Weiterhin hat der Senat gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 und 4 SGG Beweis erhoben, indem er ein weiteres Sachverständigengutachten bei dem Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. med. To, B, in Auftrag gegeben hat. Der Sachverständige Dr. To hat den Kläger am 08. Dezember 2020 untersucht und sein Gutachten am 01. Januar 2021 verfasst. Er hat auf seinem Fachgebiet im Bereich der unteren Extremitäten die folgenden Diagnosen gestellt: Zustand nach Implantation einer zementierten Knietotalendoprothese rechts bei Varusgonarthrose am 24. August 2015 mit klinisch gutem funktionellem Ergebnis sowie eine beginnende medial betonte Gonarthrose links ohne nennenswerte Funktionsstörungen. Trotz Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 2112 könne nicht festgestellt werden, dass die berufliche Belastung an einem Kniegelenk zu altersuntypischen fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen etwa im Zeitintervall von 2006 bis 2012 geführt habe, während am linken Kniegelenk bis zum heutigen Tag keine altersvorauseilenden degenerativen Veränderungen vorlägen. Es bestehe eine deutliche Diskrepanz zwischen Beschwerdeentwicklung, Behandlungsbedürftigkeit, apparativer Diagnostik und letztlich der Notwendigkeit einer Knietotalendoprothese rechts, während am linken Kniegelenk kaum Behandlungsbedürftigkeit bestanden habe. Ab dem Zeitpunkt der partiellen Innenmeniskusentfernung im Mai 2004 und besonders in den Jahren 2007/2008 bis 2012 habe rechts ein progredienter Kniegelenksverschleiß stattgefunden, der auch bildmorphologisch festgehalten worden sei, während der geringere Verschleiß am linken Kniegelenk annähernd gleichgeblieben sei. Gutachterlich müsse davon ausgegangen werden, dass die Innenmeniskusteilentfernung rechts zur Progredienz des medial betonten Verschleißes am rechten Kniegelenk in den nachfolgenden Jahren geführt habe. Die berufliche Belastung dürfte hier eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Ein Verschleißunterschied von mehr als 1 Grad nach Kellgren überzeuge nicht von einer beruflich bedingten degenerativen Schädigung eines oder beider Kniegelenke.

 

Im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. To hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 04. Februar 2021 eine Erklärung des Klägers vom 25. Januar 2021 vorgelegt, wonach dieser nicht angegeben haben will, beide Kniegelenke beruflich in etwa gleich stark belastet zu haben. Vielmehr habe er betont, als Rechtshänder stets das rechte Kniegelenk stärker belastet zu haben.

 

Der Senat hat hierzu den Sachverständigen Dr. To ergänzend befragt. Dieser hat sich in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 23. Februar 2021 dahingehend geäußert, sich bei seiner Beurteilung an den Belastungsprofilen bzw. Arbeitshaltungen orientiert zu haben, wie sie in dem Fachbuch Ludolph/Meyer-Clement, „Begutachtung chirurgisch-orthopädischer Berufskrankheiten durch mechanische Einwirkungen“, 2019, Seiten 360 bis 361, für die Berufskrankheit Nr. 2112 und den Beruf des Fußbodenlegers wiedergegeben sind. Danach komme ein einbeiniges Knien bei Fußbodenlegern – wobei Rechtshänder häufiger auf dem rechten Knie knien – nur bei beengten räumlichen Gegebenheiten vor. Selbst dann verbleibe das zweite Knie meist in einer Beugung von über 110 Grad, so dass es ebenfalls belastet werde.

 

Die Beklagte hat ihr Einverständnis mit einer gerichtlichen Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG mit Schriftsatz vom 21. April 2021 erteilt. Durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 05. Mai 2021 hat der Kläger sein entsprechendes Einverständnis erteilt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten sowie der beigezogenen Gerichtsakten im Verfahren S 25 U 487/11 (SG Berlin) Bezug genommen. Die Akten lagen in der mündlichen Verhandlung sowie bei der Entscheidung vor.

 

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheiden, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

Zulässiger Gegenstand des vorliegenden Klage- und Berufungsverfahrens ist von Anfang an lediglich die Feststellung der Berufskrankheit Nr. 2112. Eine ebenso verstandene Feststellungsklage ist gemäß § 55 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 3 SGG statthaft (vgl. BSG, Urteil vom 28. April 2004 – B 2 U 21/03 R -, Rn. 24 zitiert nach Juris).

Davon abgesehen traf die Beklagte mit den verfahrensgegenständlichen Bescheiden keine anfechtbare Regelung durch Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) über die Gewährung konkreter Entschädigungsleistungen wie einer Verletztenrente. Dementsprechend ist die auf die Gewährung von Verletztenrente gerichtete Klage unzulässig, weil nicht in einem Verwaltungsverfahren darüber vor Klageerhebung befunden wurde (vgl. etwa BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R -, Rn. 10 f. zitiert nach Juris). Der verfahrensgegenständliche Ablehnungsbescheid enthält keine Regelung, mit der die Gewährung einer Verletztenrente als konkrete Entschädigungsleistung abgelehnt werden sollte. Im Verfügungssatz zu 2 ist zunächst lediglich pauschal – und damit als rechtlich unbeachtliche Leerformel – von einem Nichtbestehen von Ansprüchen auf Leistungen die Rede. Mit der Hervorhebung solcher Maßnahmen und Leistungen, die geeignet sind, dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenzuwirken, wird ein Anspruch auf Verletztenrente ohnehin nicht rechtsbehelfsfähig abgelehnt. Im Übrigen ist auch in dem angefochtenen Urteil des SG vom 05. Juni 2019 keine Sachentscheidung hinsichtlich des Bestehens eines Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenrente getroffen worden.

Hiervon ausgehend ist die Berufung zulässig, aber unbegründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass bei dem Kläger keine Berufskrankheit Nr. 2112 vorliegt. Der angefochtene Bescheid vom 09. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2014 ist insofern rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht. Er hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 2112.

Berufskrankheiten sind gemäß § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten gehört nach Nr. 2112 der Anl. 1 der BKV die Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht.

Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass zum einen die arbeitstechnischen Voraussetzungen in der Person des Klägers gegeben sind und dass zum anderen das typische Krankheitsbild dieser Berufskrankheit vorliegt und dieses im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist. Die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht jedoch die bloße Möglichkeit ausreicht. Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und Erkrankungen im Recht der Berufskrankheiten gilt, wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung. Danach werden im Sozialrecht als rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach den Einwirkungen, Befunde und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie die gesamte Krankengeschichte (vgl. zum Kausalitätsbegriff in der gesetzlichen Unfallversicherung die ständige Rechtsprechung des BSG, Urteile vom 04. Dezember 2014 – B 2 U 18/13 R -, Rn. 16 ff.; vom 13. November 2012 – B 2 U 19/11 R -, Rn. 20  ff.; vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R -, Rn. 16 ff.; vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, Rn. 15 ff.; vom 27. Juni 2006 – B 2 U 20/04 R -, Rn. 18 ff.; vom 09. Mai 2006 – B  2 U 1/05 R -, Rn. 13 ff.; alle zitiert nach Juris; siehe auch: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Kap. 1.7, S. 21 f.).

Wie aus den dargestellten Grundlagen für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs bei Berufskrankheiten folgt, ist die wesentliche Mitverursachung immer Gegenstand der Prüfung, weil zur Entstehung vieler Erkrankungen, die als Berufskrankheit anerkannt werden können, unterschiedliche Ursachen führen. Von daher gibt es auch in derartigen Fallgestaltungen keinen "Automatismus" zur Bejahung des Ursachenzusammenhangs allein aufgrund des Vorliegens entsprechender Einwirkungen und einer bestimmten Erkrankung. Enthält allerdings die einzelne Listennummer "harte" Kriterien und sind diese im Vollbeweis nachgewiesen, liegt eine Tatsachenvermutung vor, die auf die Verursachung der festgestellten Erkrankung im Sinne der Listennummer schließen lässt (vgl. zum Nachweis der Einwirkung einer berufsbedingten Asbestfaserstaub-Dosis von mindestens 25 Faserjahren bei der Berufskrankheit Nr. 4104: BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 15/05 R -, Rn. 23 f. zitiert nach Juris, m. w. N.). Die in einer bestimmten  Berufskrankheit angeordnete Tatsachenvermutung für die wesentliche Verursachung der dort genannten Erkrankung durch eine versicherte Einwirkung  kann aber widerlegt werden, indem beispielsweise gezeigt wird, dass wegen der Art oder der Lokalisation der Erkrankung, wegen ihres zeitlichen Ablaufs oder aufgrund sonstiger Umstände im konkreten Einzelfall ein ursächlicher Zusammenhang trotz der beruflichen Belastung nicht wahrscheinlich ist (vgl. zur Berufskrankheit Nr. 4104: BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 15/05 R -, Rn. 27, zitiert nach Juris, m. w. N.).

Der Senat ist zunächst davon überzeugt, dass im Falle des Klägers die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 2112 erfüllt sind. Der Präventionsdienst der Beklagten ermittelte in seiner am 04. September 2012 verfassten Stellungnahme eine Arbeitsplatzexposition des Klägers von insgesamt 24.359 Stunden kniebelastender Tätigkeiten, also eine Stundenanzahl, die deutlich über die geforderte kumulative Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden hinausgeht. Auch eine Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht ist nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten, die von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen worden sind und die auch der Senat für zutreffend erachtet, gegeben.

 

Es kann jedoch trotz Tatsachenvermutung im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BSG vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass in einem oder in beiden Kniegelenken des Klägers eine Gonarthrose als Krankheit vorliegt, die beruflich veranlasst ist und damit von der Nr. 2112 der Anl. 1 zur BKV erfasst wird. Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls muss die Tatsachenvermutung als widerlegt gelten.

 

Die Frage, was unter „Gonarthrose“ in diesem Sinne zu verstehen ist, ist unter Heranziehung der zur Berufskrankheit Nr. 2112 vorliegenden Materialien, insbesondere des vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) herausgegebenen Merkblatts für die ärztliche Untersuchung (Bekanntmachung vom 30. Dezember 2009, Gemeinsames Ministerialblatt <GMBl.> 5/6/2010, S. 98 ff.) zu klären (vgl. auch BSG, Urteil vom 20.  März 2018 – B 2 U 5/16 R -, Rn. 18, zitiert nach Juris). In Abschnitt III. des genannten Merkblatts  ist ausgeführt, dass die Diagnose einer Gonarthrose im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2112 folgende Voraussetzungen hat: (1) chronische Kniegelenksbeschwerden, (2) Funktionsstörungen bei der orthopädischen Untersuchung in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk und (3) die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend Grad II - IV der Klassifikation von Kellgren et al. Die wissenschaftliche Stellungnahme des ärztlichen Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ beim BMAS vom 24. Oktober 2011 (GMBl. 49/2011, S. 983) hat ergänzend hierzu fünf weitere Funktionsstörungen angeführt, die anstelle der unter   (2) angeführten Streck- und Beugeeinschränkungen treten können. Dies sind: 1. Kniegelenkserguss, 2. Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, 3. Krepitation bei der Gelenkbewegung, 4. hinkendes Gangbild oder 5. Atrophie der Oberschenkelmuskulatur.

 

Nach den Begutachtungsempfehlungen für diese Berufskrankheit muss mindestens eine der sechs Funktionsstörungen für die Diagnose einer Gonarthrose vorliegen. Eine Chondropathia patellae und eine Chondromalazia patellae sind hingegen keine Erkrankungen im Sinne dieser Berufskrankheit (siehe zum Ganzen: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, Seite 673 f., und Begutachtungsempfehlungen für die Berufskrankheit Nr. 2112, Stand 03. Juni 2014, Seite 8, siehe: Microsoft Word - Begutachtung BK2112 Stand 20140627.docx (dguv.de).

 

Die vorgenannten Voraussetzungen für die medizinische Diagnose einer Gonarthrose sind im Falle des Klägers jedenfalls in Bezug auf das rechte Kniegelenk erfüllt. Dies ergibt sich übereinstimmend aus dem Gutachten der Sachverständigen Sti vom 28. Dezember 2016 in Verbindung mit ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 23. März 2020, dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Tot vom 01. Januar 2021 in Verbindung mit seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23. Februar 2021 sowie aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten radiologischen Zusatzgutachten von Prof. Dr. M vom 05. November 2012 in Verbindung mit dem Gutachten von Prof. Dr. Ek vom 07. Dezember 2012 und wird auch in den von der Beklagten eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahmen nicht in Abrede gestellt. Die Diagnose einer Gonarthrose am rechten Kniegelenk des Klägers durch sämtliche Ärzte, die mit der Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts befasst waren, beruht zum einen auf der umfassenden bildgebenden Diagnostik, die seit dem Jahr 2002 in Bezug auf das rechte Kniegelenk durchgeführt worden war und die einen insoweit voranschreitenden Kniegelenksverschleiß aufdeckte, zum anderen beruht sie auf den gutachterlich dokumentierten Funktionsstörungen in Form einer eingeschränkten Streckung und Beugung des rechten Kniegelenks sowie auf den eigenanamnestischen Angaben des Klägers zu seinem Beschwerdebild, nach denen sich belastungsabhängige Schmerzen im rechten Kniegelenk jedenfalls seit dem Jahr 2002 – nach anderen Angaben auch schon früher – eingestellt haben.

 

Der Versicherungsfall der Gonarthrose setzt auch nicht voraus, dass eine Erkrankung an beiden Kniegelenken vorliegt. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20. März 2018 – B 2 U 5/16 R -, Rn 16 zitiert nach Juris) tritt der Erkrankungsfall "Gonarthrose" ein, sobald ein Kniegelenk die diagnostischen Kriterien dieser Krankheit erfüllt, weil es sich bei den Verschleißerscheinungen an den Kniegelenken um einen einheitlichen Erkrankungsfall handelt.

 

Es kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass eine Gonarthrose rechts durch die beruflichen Einwirkungen, denen der Kläger während seiner Tätigkeit als Fußbodenleger ausgesetzt war, verursacht worden ist. Eine durch das Vorliegen der im Sinne eines „harten“ Kriteriums formulierten arbeitstechnischen Voraussetzungen eintretende Tatsachenvermutung muss als widerlegt gelten. Entscheidend hierfür ist, dass im rechten Knie unstreitig eine deutlich stärker ausgeprägte Gonarthrose vorliegt, ohne dass die Differenz der Befunde durch eine einseitige berufliche Mehrbelastung der rechten Seite erklärt werden könnte. Sowohl die Sachverständige St als auch der Sachverständige Dr. Tot führen dies als Gesichtspunkt an, der gegen einen Ursachenzusammenhang mit den beruflichen Einwirkungen spricht, wobei beide darauf hinweisen, dass die Gonarthrose bei beidseitigem Knien und vergleichbarer Kniebelastung in der Regel auch beidseitig auftritt. Dies steht mit den Ausführungen im ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 2112 (Abschnitt III, vorletzter Absatz <GMBl. 2010, 6> in Übereinstimmung. Auch in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine asymmetrische Ausprägung gonarthrotischer Veränderungen grundsätzlich gegen eine berufliche Verursachung spricht (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Mai 2015 – L 6 U 4974/13 – Rn. 61 ff.; Sächsisches LSG, Urteil vom 04. November 2015 – L 6 U 200/13 -, Rn. 44; beide zitiert nach Juris).

 

Der Sachverständige Dr. To weist in seinem Gutachten vom 01. Januar 2021 zutreffend darauf hin, dass vergleichsweise milde Beschwerden am linken Kniegelenk des Klägers erst eingesetzt hätten, nachdem bereits 4 bis 8 Jahre lang – dies ist in den Akten zeitlich nicht ganz übereinstimmend dokumentiert – ein deutliches Beschwerdebild am rechten Kniegelenk bestanden habe. Bei annähernd gleicher Belastung über Jahre hinweg als Fußbodenleger könne die zeitliche Latenz zwischen dem Beschwerdebeginn rechts und links wenig überzeugen. Die durchgeführte apparative Diagnostik habe ab dem Jahr 2005 eine Diskrepanz der degenerativen Veränderungen zwischen rechts und links von über einem Kellgren-Grad aufgewiesen. Dies ergebe sich insbesondere aus dem radiologischen Zusatzgutachten von Prof.  Dr.  M vom 05. November 2012, der eindeutig eine Diskrepanz zwischen den degenerativen Veränderungen am rechten und am linken Kniegelenk von mehr als einem Grad Kellgren festgestellt habe (Kellgren-Grad III rechts und Grad I links), also auf einer Skala, die ohnehin nur vier Stufen aufweist. Unter Bezugnahme auf die medizinische Gutachtenliteratur stellt Dr. To – ebenso wie bereits die Sachverständige St - dar, dass eine einseitig ausgeprägte Gonarthrose bzw. ein Seitenunterschied der Gonarthrose von mehr als einem Grad nach Kellgren gegen eine berufliche Verursachung spreche, es sei denn, es könne plausibel dargelegt werden, dass vor allem das betroffene Kniegelenk beruflich belastet worden sei.

 

Der Senat hält diese Feststellungen des Sachverständigen Dr. Tot, die vollkommen in Übereinstimmung stehen mit den Feststellungen der Sachverständigen St, für schlüssig und nachvollziehbar und somit für überzeugend. Beide Gutachten sind nach wissenschaftlichen Maßstäben durch jeweils langjährig erfahrene Sachverständige erstellt und beruhen auf einer lückenlosen Auswertung des Akteninhalts einschließlich der beigezogenen bzw. durch den Kläger vorgelegten umfassenden Bilddokumente sowie auf einer ausführlichen Anamnese und Erhebung des klinischen Erkrankungsbildes.

 

Zur Überzeugung des Senats liegen besondere Umstände einer einseitigen Belastung des wesentlich stärker gonarthrotisch veränderten rechten Kniegelenks, die die erheblich seitendifferente Ausprägung erklären könnten, hier nicht vor. Dr. To weist in seinem Gutachten darauf hin, dass bereits die Ärzte des Unfallkrankenhauses eine beidseitige typische Verhornung unterhalb der Kniescheibe festgestellt hätten, wie sie nach häufig kniender Tätigkeit anzutreffen sei. Er selbst habe hinsichtlich der Beschwielung einen entsprechenden Befund erhoben. Diese im Wesentlichen seitengleiche infrapatellare Verhornung beweise im Umkehrschluss eine annähernd seitengleiche kniende Haltung. Auch die Sachverständige St hatte in ihrem Gutachten vom 28. Dezember 2016 auf eine beidseitige Beschwielung von Arealen im Bereich der Kniescheiben hingewiesen und in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 05. Juni 2019 erläutert, dass sich aus den erhobenen Befunden zur Beschwielung eine erhebliche Mitbelastung des linken Knies ergebe. In ihrer am 23. März 2020 gefertigten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme hat die Sachverständige Stweiter dargelegt, dass sich bei der Untersuchung des Klägers am 14. September 2016 inspektorisch zwar eine verstärkte Verschwielung des rechten Kniegelenks gezeigt habe, eine mögliche Seitendifferenz jedoch aufgrund der mittig über der Streckseite verlaufenden 14cm langen Narbe nicht beurteilbar gewesen sei. Auch linksseitig habe sich prätibial ein Areal mit verstärkter Verhornung gezeigt, welches sich typischerweise bei der Ausübung einer langjährigen knienden Tätigkeit auspräge. Präoperativ zur Implantation der Knietotalendoprothese am 24. August 2015 sei in den Unterlagen der behandelnden Ärzte keine auffällige Hyperkeratose im Seitenvergleich dokumentiert. Gegenwärtig liege bei dem Kläger ein Zustand nach Implantation der bicondylären Oberflächen-Ersatzprothese des rechten Kniegelenks mit Narbenbildung vor. An der Richtigkeit der durch die langjährig erfahrenen Sachverständigen S und Dr. T erhobenen Befunde zur Beschwielung hegt der Senat keinen Zweifel, zumal entsprechende Feststellungen auch bereits der orthopädische Sachverständige Dr. R in seinem Gutachten vom 28. November 2012 getroffen hatte. Dort heißt es, am linken Kniegelenk sei im vorderen Bereich über dem Schienbeinhöcker gelegen eine deutlich verdickte Schwielenbildung aufgefallen. Auch auf der rechten Seite sei eine deutliche Schwielenbildung über dem Kniescheibenhöcker erkennbar.

 

Aus den durch alle Sachverständigen erhobenen klinischen Befunden geht zur Überzeugung des Senats hervor, dass der Kläger gerade nicht im überwiegenden Maße das rechte Knie belastet hat. Lassen sich Art und Umfang der Beschwielung im Bereich der Kniescheiben inspektorisch auch durch orthopädische Sachverständige feststellen und sind entsprechende Befunde von den gründlich untersuchenden Ärzten im Wesentlichen übereinstimmend erhoben worden, so ist es nach Auffassung des Senats entgegen dem klägerischen Antrag nicht erforderlich, ein dermatologisches Zusatzgutachten einzuholen.

 

Weiterhin entspricht eine erheblich seitenungleiche Belastung beider Kniegelenke auch nicht dem Berufsbild des Fußbodenlegers, worauf Dr. Toin seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 23. Februar 2021 unter Bezugnahme auf die Ausführungen zu den Belastungsprofilen der Berufskrankheit Nr. 2112 in dem Fachbuch Ludolph/Meyer-Clement, „Begutachtung chirurgisch-orthopädischer Berufskrankheiten durch mechanische Einwirkungen“, 2019, Seiten 360 bis 361, hinweist Danach komme ein einbeiniges Knien bei Fußbodenlegern –  wobei Rechtshänder häufiger auf dem rechten Knie knien – nur bei beengten räumlichen Gegebenheiten vor. Selbst dann verbleibe das zweite Knie meist in einer Beugung von über 110 Grad, so dass es ebenfalls mitbelastet werde. Dr. Toführt in seiner ergänzenden Stellungnahme weiter nachvollziehbar aus, dass er während der Anamneseerhebung im Rahmen der Untersuchung des Klägers dessen Arbeitshaltung nach seiner Angabe und Anleitung imitiert habe, sodass er diese habe eindeutig beschreiben können. Danach habe der Kläger in kniender Position mit gestrecktem rechten Arm von rechts nach links das Klebematerial auf dem Boden verteilt, quasi halb kreisförmig mit der rechten Hand und schrittweise rückwärts im Knien arbeitend. Hierzu hat Dr. Tschlüssig ausgeführt, dass das Arbeiten im Knien beidseits mit Abstützen auf der linken Hand und freier rechter Hand zum Aufbringen des Klebematerials halb kreisförmig auf den Boden biomechanisch besser nachvollziehbar sei als das Knien mit dem rechten Kniegelenk und das Auflegen der Fußsohle links auf dem Boden etwa in gleicher Höhe wie das rechte Kniegelenk, was mit einer asymmetrischen und biomechanisch ungünstigeren und damit auch von der Arbeitsgeschwindigkeit und Effektivität her nachteilhaften Körperhaltung einherginge.

 

Der Nachweis einer ganz überwiegend das rechte Kniegelenk betreffenden beruflichen Belastung des Klägers kann nach Auffassung des Senats auch nicht anhand der erstinstanzlich durchgeführten Zeugenvernehmungen geführt werden. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 07. April 2016 hat der Zeuge K bekundet, bei der Arbeit habe man grundsätzlich immer mit beiden Knien gleichzeitig gekniet und mal das rechte, mal das linke Knie stärker belastet. Der Zeuge G hat bekundet, er könne nicht genau sagen, ob der Kläger bei seiner Arbeit eines der beiden Kniegelenke stärker belastet habe und welches dieses ggf. sei. Üblicherweise würden in dem Beruf des Fußbodenlegers beide Knie in etwa gleichmäßig belastet. In der weiteren mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 23. Juni 2016 hat der Zeuge Sch bekundet, 70% bis 80% der Arbeit eines Fußbodenlegers würden üblicherweise im Knien verrichtet, wobei Knieschützer getragen würden. Beim Abschneiden von Belägen oder Spachteln eines Ausgleichs stütze man sich, wenn man als Rechtshänder die Kelle in der rechten Hand halte, mit der linken Hand ab, wobei man zwar grundsätzlich auf beiden Knien knie, die rechte Seite aber stärker belaste. Dessen ungeachtet werde aber auch die linke Seite belastet, weil man sich beim Sich-Rückwärts-Bewegen abwechselnd auf beide Knie stütze.

 

Dem Umstand, dass jeder Mensch eine funktionell stärker beanspruchte Körperseite hat – bei Rechtshändern also die rechte Seite – und somit eine Körperseite stärker belastet ist als die andere, wird nach Auffassung des Senats bereits dadurch Rechnung getragen, dass eine Abweichung von nur einem Grad Kellgren zwischen der Ausprägung einer Gonarthrose an beiden Kniegelenken geeignet ist, ohne weitere Begründung zu einer Anerkennung als Berufskrankheit Nr. 2112 zu führen. Eine Abweichung von zwei Grad Kellgren auf einer Skala, die ohnehin nur vier Stufen umfasst (Grad 0 - keine Arthrose, Grad 4 – ausgeprägte Gelenkspaltverschmälerung bis zur vollständigen Destruktion, Deformierung/Nekrosen der Gelenkpartner), bedarf jedoch einer Begründung, die über den Umstand einer stärkeren Belastung der bevorzugten Körperseite hinausgeht und die hier gemäß dem oben Gesagten nicht ersichtlich ist.

 

Überdies besteht für die erhebliche seitendifferente Ausprägung der Gonarthose im Falle des Klägers eine gewichtige konkurrierende Ursache. Bei ihm wurde am 25. Mai 2004 eine Arthroskopie des rechten Kniegelenks durchgeführt. Intraoperativ ergab sich an den unterschiedlichen Abschnitten des rechten Kniegelenks der Befund einer Chondromalazie zweiten bis vierten Grades. Arthroskopisch erfolgten eine Innenmeniskusteilresektion, Knorpelglättung und Plicareduktion. Weiterhin erfolgte am 22. März 2007 eine Arthroskopie des rechten Kniegelenks mit Innenmeniskushornglättung und Knorpelglättung. Intraoperativ hatte sich der Befund einer Femoropatellararthrose mit bis zu drittgradigen Knorpelschäden sowie zweit- bis drittgradigen Knorpelschäden im medialen und lateralen Hauptkompartiment ergeben. Diese Teilentfernung des Innenmeniskus hat nach den auch insoweit übereinstimmenden und schlüssigen Ausführungen der beiden Sachverständigen Dr. T und St den Verschleißprozess am rechten Kniegelenk erheblich begünstigt und prädisponierend gewirkt. So hat sich nach den Ausführungen der Sachverständigen Sin den Röntgenbefunden des rechten Kniegelenks in zwei Ebenen vom 13. November 2002 – also vor der Innenmeniskusteilresektion im März 2004 -  lediglich eine initiale mediale Gonarthrose gezeigt. Diese hat sich sodann bis zu den Röntgenaufnahmen des rechten Kniegelenks in zwei Ebenen vom 19. März 2007 zu einer medialen Gonarthrose im Stadium II nach Kellgren hin verändert. Die Röntgenaufnahmen beider Kniegelenke in zwei Ebenen und Patella axial vom 15. November 2011 ergaben sodann nach den Ausführungen der Sachverständigen Sweitere Veränderungen hin zu einer Kniegelenksarthrose rechts Grad II bis III nach Kellgren, während links keine wesentlichen Zeichen einer Arthrose festzustellen waren. Entsprechende Differenzen bestätigten sich bei den Röntgenaufnahmen beider Kniegelenke in zwei Ebenen vom 20. April 2012 (mediale Gonarthrose Grad II bis III rechts, Grad I links). Prof. Dr. M hat in seinem radiologischen Zusatzgutachten vom 05. November 2012 anhand der ihm vorliegenden Bildaufnahmen noch leicht stärkere Abweichungen innerhalb der Klassifikation nach Kellgren zwischen dem rechten und dem linken Kniegelenk festgestellt. MRT-Aufnahmen des rechten Kniegelenks und Röntgenaufnahmen beider Kniegelenke im Jahr 2012 ergaben nach seinen Feststellungen für das linke Kniegelenk eine Gonarthrose Grad I, während das rechte Femoropatellargelenk und das Femorotibialgelenk medial sogar eine Gonarthrose Grad III aufwiesen. Die Zunahme der Arthrose im rechten Kniegelenk nach der Innenmeniskusteilentfernung im Jahr 2004 und die weitere Zunahme nach der Arthroskopie und Innenmeniskushornglättung im März 2007 belegen nach Auffassung des Senats in einer Zusammenschau mit den in diesen Zeiträumen gleichbleibenden Befunden am linken Kniegelenk die Bedeutung dieser konkurrierenden Ursache für die Progredienz des Beschwerdebildes am rechten Kniegelenk des Klägers. Aus diesem Blickwinkel ist – worauf auch der Sachverständige Dr. T in seinem Gutachten hinweist – davon auszugehen, dass die Innenmeniskusteilentfernung rechts zur Progredienz des medial betonten Verschleiß am rechten Kniegelenk in den nachfolgenden Jahren geführt hat.

 

Eine abweichende Bewertung zur Frage der beruflichen Verursachung der bei dem Kläger jedenfalls am rechten Kniegelenk vorliegenden Gonarthrose ist nach Auffassung des Senats schließlich nicht durch das Gutachten von Prof.  Dr.  Ek, der Leitenden Oberärztin Dr. Se und der Assistenzärztin EialleUnfallkrankenhaus B, vom 07. Dezember 2012 in Verbindung mit den ergänzenden Stellungnahmen vom 16. August 2013 und vom 29. November 2013 veranlasst.

 

Zwar ist dieses Gutachten in Verbindung mit den ergänzenden Stellungnahmen eventuell unter Verstoß gegen das Auswahlrecht des Klägers nach § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII zustande gekommen, da der Kläger Prof.  Dr.  Ekals Gutachter benannt hatte, die Untersuchungen aber ausschließlich durch die Leitende Oberärztin Prof. Dr. Se und die Assistenzärztin Ei vorgenommen wurden und Prof. Dr. Ek das Gutachten lediglich „aufgrund eigener Urteilsbildung“ unterzeichnet hat.  Nach den Ausführungen des BSG mit Urteil vom 07. Mai 2019 (Az. B 2 U 25/17 R, Rn. 16 ff. zitiert nach Juris), denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, verstößt ein von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholtes Gutachten jedenfalls dann gegen § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII, wenn der von dem Kläger ausgewählte Gutachter bei der Begutachtung selbst – wie hier Prof. Dr.  Ekoffenbar am Tag der Untersuchung - zu keinem Zeitpunkt anwesend war. Aus dem Auswahlrecht des § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII folgt zwingend, dass im Verwaltungsverfahren die Kernaufgaben durch den benannten Gutachter selbst zu erledigen sind, weil der Versicherte gerade diesen Gutachter ausgewählt hat. Zu den Kernaufgaben der Gutachtenerstellung zählt zumindest die persönliche Begegnung mit dem Probanden, in der sich der Gutachter einen persönlichen Eindruck des Probanden verschafft und der Begutachtende seine subjektiven Beschwerden selbst vorbringen kann. Dies gilt aufgrund der Sonderregelung des § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII im Recht der Gesetzlichen Unfallversicherung auch bei orthopädischen Gutachten. Dennoch erweist sich dieser ggf. bestehende Verstoß hier als folgenlos, da der Kläger den nur auf Rüge hin beachtlichen Verstoß nicht gerügt, sondern sich vielmehr zur Begründung seiner geltend gemachten Ansprüche auf diesen berufen hat (vgl. zum Rügeerfordernis BSG, a. a. O., Rn. 21 ff.).

 

Der Senat vermochte sich dem Gutachten von Prof. Dr. Ekvom 07. Dezember 2012 in Verbindung mit den beiden ergänzenden Stellungnahmen vom 16. August 2013 und vom 29. November 2013 jedoch im Ergebnis nicht anzuschließen. Die den Kläger untersuchenden Ärzte des Unfallkrankenhauses gingen in ihrer Beurteilung nicht auf die deutliche Diskrepanz zwischen den objektiven klinischen Parametern an den beiden Kniegelenken ein und auch nicht auf die erheblich seitendifferente Ausprägung der degenerativen Veränderungen, die mehr als ein Kellgren-Grad beträgt und die für das linke Kniegelenk lediglich alterstypisch sind. Auf diesen Kritikpunkt, den auch die Sachverständigen Dr. Tound St in ihren jeweiligen Gutachten hervorheben, hatte bereits die Beratungsärztin Dr. H in ihren Stellungnahmen wiederholt hingewiesen. 

 

Nicht überzeugen konnte den Senat auch die im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholte Stellungnahme von Prof. Dr. Wvom 31. März 2014. Dieser hatte ausgeführt, dass bei dem Kläger das Krankheitsbild einer Gonarthrose radiologisch im Vollbeweis gesichert sei. Allein durch eine für bestimmte Knieabschnitte gegebene Abweichung von zwei Kellgren-Graden werde die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2112 nicht ausgeschlossen. Konkurrierende Faktoren für die Entstehung der Gonarthrose lägen nicht vor. Prof. Dr. Wübersieht dabei aber zum einen die erhöhten Anforderungen an die Begründung eines beruflichen Zusammenhangs bei der hier vorliegenden erheblich seitendifferent ausgeprägten Gonarthrose, zum anderen negiert er den prädisponierenden Faktor der im Jahr 2004 stattgehabten Teilmeniskusentfernung rechts, der gerade eine wesentliche konkurrierende Ursache darstellt. Wenn Prof. Dr. Wweiter ausführt, dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Teilmeniskusentfernung im Mai 2004 eine berufliche Belastung erfahren habe, die die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 2112 erfülle, so verkennt er, dass allein diese Feststellung noch nicht zur Bejahung eines Verursachungszusammenhangs führen kann.

 

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

 

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.

 

Rechtskraft
Aus
Saved