L 26 KR 227/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
26.
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 20 KR 197/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 26 KR 227/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 15. Mai 2019 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten für eine stationär durchzuführende beidseitige Mammareduktionsplastik zu übernehmen.

 

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im gesamten Verfahren.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Streitig ist die Versorgung der Klägerin mit einer stationär durchzuführenden beidseitigen Brustverkleinerung (Mammareduktionsplastik).

 

Die 1957 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie beantragte unter dem 6. Oktober 2010 die Kostenübernahme für eine operative Brustverkleinerung. Im Antrag gab sie an, dass sie seit einigen Jahren unter ständigen  Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen leide. Sport sei ihr nur noch teilweise möglich. Seit den Wechseljahren ändere sich ihre BH-Größe, mittlerweile trage sie Cup-Größe 80 H. Sie sei familiär vorbelastet durch ihre Mutter. Dem Antrag fügte die Klägerin einen Arztbrief des Klinikums B vom 13. September 2010 zu einer Mammasprechstunde bei dem Facharzt für Chirurgie Dr. K, aus dem die Diagnose einer ausgeprägten Mamahypertrophie beidseits mit einer medizinischen Indikation zur Durchführung einer Mammareduktionsplastik beidseits wegen Beschwerden im Bereich des Nackens und der Schultern hervorging, sowie einen Arztbrief des Orthopäden Dr. F vom 15. November 2010 mit den Diagnosen eines gesicherten HWS-Syndroms, eines Lumbago und einer Makromastie bei.

Die Beklagte veranlasste ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) mit ambulanter Untersuchung der Klägerin. Nach dem Gutachten vom 1. Dezember 2010, erstellt von Dipl.-Med. L, seien die medizinischen Voraussetzungen für die Durchführung einer Mammareduktionsplastik nicht gegeben. Das Gewicht der Brüste wurde nach der Körpergewichtsdifferenzmethode mit jeweils 1450 g (auf der elektrischen Waage) bestimmt. Der BMI betrage 28,4 kg/m². Es bestünden eine mäßige Mammahyperplasie beidseits ohne Krankheitswert und eine rezidivierende schmerzhafte Verspannung der Schulter- und Nackenmuskulatur. Empfohlen werde eine intensive und regelmäßige orthopädische Behandlung. Psychische Beschwerden oder eine Entstellung lägen durch die Mammahyperplasie nicht vor.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2010 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für eine Mammareduktionsplastik ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass lediglich dann, wenn für einen operativen Eingriff eine medizinische Notwendigkeit vorliege, im Einzelfall auch eine Übernahme der Kosten für eine Mammareduktionsplastik durch die Krankenkasse in Betracht kommen könne. Da die medizinischen Sachverhalte nur ärztlicherseits beurteilt werden könnten, bediene sich die Beklagte des fachkundigen Rates des MDK. Nach der Vorstellung der Klägerin beim MDK bestehe keine medizinische Indikation für den geplanten Eingriff, da die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht gegeben seien.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 5. Januar 2011 Widerspruch. Sie legte im Zuge des Widerspruchverfahrens ein ärztliches Attest des sie behandelnden Orthopäden Dr. A vom 19. Januar 2011 vor, wonach bei einem festgestellten chronischen lokalen cervikalen Schmerzsyndrom, einer Schwingungsveränderung sowie Blockierung der HWS und einer chronischen Muskelverspannung mit einer Mammareduktionsplastik eine Entlastung der Wirbelsäule und damit auch des Schulter-Nacken-Bereichs zu erreichen sei. Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte ein weiteres sozialmedizinisches Gutachten des MDK nach Aktenlage vom 11. April 2011, erstellt von Dipl.-Med. L, bei. Darin wurden erneut die Diagnosen einer Hypertrophie der Mammae (übergroße weibliche Brust) ohne Krankheitswert sowie eine schmerzhafte Verspannung der Schulter- und Nackenmuskulatur gestellt. Es ergäben sich keine neuen medizinischen Aspekte, die eine andere Entscheidung als im Vorgutachten rechtfertigen würden. Mit einer einmaligen Vorstellung beim Orthopäden und der Verordnung von Physiotherapie seien die zur Verfügung stehenden Therapieoptionen bei weitem nicht ausgeschöpft. In vergleichbaren Fällen seien in den Jahren vor der Durchführung einer bilateralen Mammareduktionsplastik häufig Behandlungsversuche mit dem Ziel einer statischen Entlastung der Schulter- und Nackenregion unternommen worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der MDK habe in seiner Stellungnahme erneut bestätigt, dass keine medizinische Indikation für den geplanten chirurgischen Eingriff zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe. Der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass keine wissenschaftlichen Studien darüber existierten, die einen Zusammenhang zwischen Brustgröße einerseits und Rückenschmerzen andererseits belegen würden. Die Krankenbehandlung habe vielmehr an der Krankheitsursache anzusetzen.

Am 30. Juni 2011 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass sie wegen der Brustgröße und der damit zusammenhängenden Beschwerden seit Jahren unter Depressionen leide. Die Nacken- und Rückenschmerzen versuche sie, durch Massagen zu lindern. Außerdem gehe sie regelmäßig schwimmen und praktiziere Rückengymnastik. Ihre Brüste würden an Gewicht immer weiter zunehmen und insbesondere seit der Menopause auch schmerzen. Sie sei 1,60 m groß und wiege 71 kg. Sie trage die Konfektionsgröße 46 in Oberteilen und die Konfektionsgröße 38 in Hosen. Ihre Arbeit in einer Tankstelle im Vier-Schichtsystem sei ihr nur durch gezielte tägliche Rückenübungen und regelmäßiges Schwimmen sowie Massagen möglich. Bestimmte Sportarten wie Laufen seien ihr schon lange nicht mehr möglich.

Im Klageverfahren hat die Klägerin u.a. ein ärztliches Attest der Gynäkologin Dipl.-Med. B vom 11. Februar 2012 mit der Empfehlung einer Reduktionsplastik wegen einer ausgeprägten Mammahypertrophie beidseits und hierdurch nachvollziehbarer Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich sowie eine entsprechende ärztliche Verordnung vom 27. Februar 2012 vorgelegt.

Das Sozialgericht hat Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. A vom 20. August 2012 zum Behandlungszeitraum von November 2010 bis Januar 2011 (zweimalige Vorstellung wegen Schulter-Nackenschmerzen und Verordnung einer manuellen Therapie wegen eines lokalen cervikalen Schmerzsyndroms und einer Schwingungsveränderung und Blockierung der HWS); der behandelnden Gynäkologin Dipl.-Med. B vom 23. August 2012 (seit Juni 2010 zunehmendes Brustwachstum von BH-Größe 80H auf 80I in der Folge mit zunehmenden Schmerzen und Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich, die konservative Möglichkeiten seien ausgeschöpft; eine ausgeprägte Entzündung der Brust habe durch konsequente Hygiene verhindert werden können) beigezogen. Die Inhaberin des Kosmetiksalons B A hat regelmäßige, privat abgerechnete Rückenmassagen der Klägerin seit den Jahren 2005/2006 bestätigt.

Die Beklagte hat eine Aufstellung über die bisher abgerechneten Heilmittelanwendungen und sonstigen Maßnahmen vorgelegt. Hierzu gehören zwei Heilmittelverordnungen der Allgemeinmedizinerin Dipl.-Med. K über eine manuelle Therapie bzw. Massagen vom 22. November 2010 und 20. März 2013 zur Behandlung eines HWS-Syndroms bei degenerativer Veränderung und Myogelosen der Schulter-Nacken-Muskulatur.

Zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht die Begutachtung der Klägerin durch die Fachärztin für Orthopädie und Chirurgie Dr. S T veranlasst. Nach dem Ergebnis des Gutachtens vom 10. September 2014 leide die Klägerin an Nackenschmerzen, lagerungsabhängigen Schmerzen und einer Berührungsempfindlichkeit der Brust, rezidivierenden Kreuzschmerzen bei festgestelltem chronischen Zervikalsyndrom mit mäßigen degenerativen Veränderungen der unteren HWS und leichten Funktionsstörungen sowie einem rezidivierenden Lumbalsyndrom, aktuell ohne nennenswerte Funktionsstörungen. Es gebe nach der wissenschaftlichen Studienlage keinen ausreichenden Beleg dafür, dass eine große Brust (im Fall der Klägerin rechts 1,7 kg/links 2,2 kg) degenerative HWS-Veränderungen verursachen könne. Die HWS-Beschwerden seien durch eine Mammareduktionsplastik grundsätzlich nicht zu behandeln. Die in den wissenschaftlichen Studien zur Mammareduktionsplastik von den Patientinnen beschriebene Linderung von Nacken-Schulter-Schmerzen wäre nicht ausreichend objektiviert. Es bestehe keine Notwendigkeit einer Brustverkleinerung weder mit noch ohne Ausschöpfung der ambulanten Behandlungsoptionen, da die Mammareduktionsplastik keine anerkannte Behandlungsmethode einer degenerativ veränderten HWS sei. Die Klägerin hat in Reaktion auf das Gutachten einen Arztbrief der Gynäkologin Dr. A M des Klinikums H, Klinik für Gynäkologie, vom 19. Januar 2015 mit der Empfehlung einer Mammareduktionsplastik mit einem Resektionsvolumen von ca. 1000 g pro Seite wegen der ausgeprägten Makromastie beidseits vorgelegt. Die Cup-Größe der Klägerin hat sie mit 80 J-K angegeben.

Auf Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht ein Sachverständigengutachten durch die Gynäkologin Dr. A M veranlasst. Diese hat in ihrem Gutachten vom 25. Januar 2016 auf Grundlage der Untersuchung der Klägerin am 19. Januar 2015 im Rahmen der Vorstellung in der Fachambulanz des V Klinikums  die Mammareduktionsplastik bei der Klägerin als einzige erfolgversprechende Therapiemethode zur Linderung der seit dem Jahr 2010 immer stärker gewordenen orthopädischen Beschwerden und Brustschmerzen sowie zur Vermeidung von BH-Schnürfurchen an den Schultern und Hautentzündungen bei festgestellten intertriginösen Hautveränderungen unter der Brust empfohlen. Das Resektionsvolumen liege bei 1000 g pro Seite. Die Krankheiten und Beschwerden der Klägerin, die auch an einem Rundrücken und an einem Intertrigo im Bereich der Unterbrust-Umschlagfalte leide, ließen sich in diesem Einzelfall mit Aussicht auf Erfolg durch die Brustverkleinerungsoperation behandeln. Demgegenüber stellten nichtoperative Methoden lediglich Methoden zur Beschwerdelinderung bzw. zur Verzögerung des Fortschreitens der Beschwerden dar. Eine Behebung der Ursachen für die Beschwerden sei konservativ nicht möglich; eine konservative Therapie stelle bei der Klägerin keine kausale Behandlungsoption dar.

Nach der zum Gutachten von Dr. M eingeholten ergänzenden Stellungnahme von Dr. T vom 26. Oktober 2016 ist diese bei der Einschätzung ihres Gutachtens vom 10. September 2014 geblieben.

Zu der ergänzenden Stellungnahme von Dr. T hat das Sozialgericht eine Stellungnahme von Dr. M eingeholt, die die Klägerin zu diesem Zweck am 11. April 2017 nochmals untersucht und keine gravierenden Befundänderungen festgestellt hat. Unter Verweis auf die umfassende Studienlage zur Mammareduktionsplastik als Therapie von Kopf-, Schulter-, Nacken- und Rückenschmerzen hat sie diese bei der Klägerin erneut befürwortet. Im Ergebnis hat sie festgehalten, dass eine Brustverkleinerung die Situation der Klägerin positiv verändern und die Beschwerdesymptomatik reduzieren könne; gegenüber dem Gutachten des MDK sei eine deutliche Zunahme des Brustgewichts zu verzeichnen. Es handele sich bei den Beschwerden und statischen Veränderungen mit einem Rundrücken, BH-Schnürfurchen an beiden Schultern, starken Schulter-Nacken-Schmerzen HWS-Blockierungen, Rückenschmerzen mit Funktionseinschränkungen, Schulter-/Arm-Syndrom und intertriginösen Hautveränderungen im Bereich der Brust-Umschlagfalte um eindeutige Folgen der Makromastie. Die Behandlungsmöglichkeiten durch die Krankenkasse seien außerdem durch die Beschränkungen bei den Verordnungen von Krankengymnastik, Massagen, Packungen und sonstigen Behandlungen limitiert.

Das Sozialgericht hat nach Anregung weiterer Ermittlungen durch die Beklagte ein Gutachten bei der Fachärztin für Chirurgie Dr. M H in Auftrag gegeben. In ihrem Gutachten vom 20. Dezember 2017 hat diese nach ambulanter Untersuchung der Klägerin die Diagnosen eines Zervikobrachialsyndroms, einer Mammahypertrophie sowie einer Hypertonie gestellt. Bei der Klägerin bestehe eine deutliche Makromastie. Es liege ein BMI von 27,8 kg/m² bei einem Gewicht von 73 kg sowie einer Körpergröße von 1,62 m vor. Das Brustgewicht der Klägerin sei rechts mit 1,9 kg und links mit 2,2 kg entsprechend der Körpergewichtsdifferenzmethode sowie rechts mit 1,8 kg und links mit 2,2 kg durch Messung der Wasserverdrängung mittels Überlaufgefäß ermittelt worden. Auch unter Berücksichtigung der Ungenauigkeiten beider Messmethoden bestehe bei der Klägerin ein Brustgewicht von insgesamt 4 kg. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdesymptomatik, welche die Klägerin schildere, größtenteils durch den ständigen Zug der schweren Brust verursacht werde. Dies löse die Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich und im Bereich der Rückenstrecker und der oberen Brustwirbelsäule aus. Es bestünde eine Schnürfurchenbildung im Bereich der BH-Träger. Die Schulternackenmuskulatur und die paravertebrale Muskulatur seien im Bereich der oberen Brustwirbelsäule stark verspannt. Es fänden sich Myogelosen im Bereich der Schulternackenmuskulatur. Es seien auch rezidivierende Taubheitsgefühle in den Armen beschrieben worden. Eine operative Brustverkleinerung könne die Beschwerdesymptomatik der Klägerin wesentlich vermindern, auch wenn es keine evidenzbasierten Studien zur Größe bzw. dem Gewicht der Brüste und den Erkrankungen der Wirbelsäule gebe. Nur retrospektiv sei nach der Studienlage eine gute Beschwerdelinderung der Patientinnen festgestellt worden. Alternativen zur Mammareduktionsplastik würden aber vorliegend nicht gesehen.

Zu dem Gutachten von Dr. H hat die Beklagte ausgeführt, dass der Klägerin in den Jahren 2013 und 2016 lediglich insgesamt 16 Massagen verordnet worden seien. Es hätten in dieser Zeit auch keine Arbeitsunfähigkeitszeiten bestanden. Eine Behandlung der Beschwerden durch ärztlich verordneten Rehasport, eine Schmerztherapie oder eine ambulante oder stationäre Rehabilitationsmaßnahme habe nicht stattgefunden.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 1. Juni 2018 hat die Sachverständige Dr. H ausgeführt, dass die Klägerin konservative Behandlungsmöglichkeiten wie Krankengymnastik und Massagen nutze und täglich die erlernte Gymnastik als Hausübungsprogramm praktiziere. Sie habe jegliche Behandlungsalternativen, die durch die Krankenkassen im Übrigen limitiert seien, ausgeschöpft. Die Durchführung einer Mammareduktionsplastik sei daher Ultima Ratio.

Nach einer hierzu vom Sozialgericht angeforderten weiteren ergänzenden Stellungnahme der Sachverständigen Dr. T vom 20. Juli 2018 ist diese auch unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. H bei ihrer Einschätzung vom 10. September 2014 geblieben. Die Reduktion des Körpergewichts sei von der Sachverständigen Dr. H als mögliche Option zur Beschwerdelinderung gar nicht in Erwägung gezogen worden. Es fehle an dem Kausalzusammenhang zwischen der Linderung der orthopädischen Beschwerden und der operativen Verkleinerung der Brustgröße.

In dem von der Beklagten sodann beigezogenen MDK-Gutachten, wiederum erstellt von Dipl.-Med. L, vom 14. August 2018 und 7. September 2018 ist eine Mammareduktionsplastik als begründeter Ausnahmefall wegen nicht näher bezeichneter Rückenschmerzen (M54.9) und Hypertrophie der Mamma (N 62) trotz unklarer Studienlage zum Zusammenhang zwischen Brustgröße und orthopädischen Beschwerden befürwortet worden. Die Therapiemöglichkeiten seien ausgeschöpft, mit einer generellen Gewichtsreduktion sei die Makromastie bei der Klägerin sicherlich nicht zu beseitigen.

Diesem MDK-Gutachten ist die Beklagte unter Hinweis darauf, dass weder AU-Zeiten der Klägerin noch langjährige fachärztliche Behandlungen vorlägen oder eine orthopädische Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt worden sei, nicht gefolgt.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Neuruppin die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Mai 2019 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die begehrte Versorgung mit einer Mammareduktionsplastik nicht notwendig sei, um die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder sie zu lindern. Es fehle an einer validen und evidenzbasierten Studienlage, aus der sich ableiten lasse, dass die Versorgung mit einer Mammareduktionsplastik dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse zur Behandlung von Wirbelsäulenbeschwerden entspreche. Hierauf habe auch die Sachverständige Dr. T in ihrem Gutachten hingewiesen, dem die Kammer folge.

Gegen den ihrer vormaligen Prozessbevollmächtigten am 22. Mai 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19. Juni 2019 Berufung eingelegt.

Zur Begründung führt sie aus, dass sich der Anspruch auf eine Versorgung mit einer Mammareduktionsplastik zweifellos aus den eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. H und Dr. M ergebe; deren Ausführungen habe das Sozialgericht völlig außer Acht gelassen.

 

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 15. Mai 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine stationär durchzuführende beidseitige Mammareduktionsplastik zu übernehmen. 

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Sie hält die Behandlungsalternativen nicht für ausgeschöpft. Ausweislich der Heilmittelverordnungen in den letzten drei Jahren sei ersichtlich, dass der Klägerin lediglich im März 2016 und im Februar 2018 4 bzw. 6 Massagen und im Juni 2019 6 x manuelle Therapie verordnet worden seien.

In dem am 18. Oktober 2019 durchgeführten Erörterungstermin hat der vormals zuständige Berichterstatter auf einen Aufsatz (Metastudie) aus der Zeitschrift „Der Medizinische Sachverständige“ von C. Carsten/F. Schröter mit dem Titel „Die Mammareduktionsplastik – orthopädische Aspekte“ (MedSach 2/2015, S. 76 ff.) zum Ursachenzusammenhang zwischen einer operativen Verkleinerung der Brüste und einer Entlastung der Wirbelsäule sowie einer Reduzierung der Schmerzzustände verwiesen.

Hierzu hat die Beklagte dahingehend Stellung genommen, dass der in der genannten Metastudie beschriebene „Circulus vitiosus“ zwischen der durch die Größe der Brust verursachten Mehrbelastung der Muskelgruppen und der dadurch wiederum begünstigten erneuten Muskelverkrampfung nicht nur operativ durchbrochen werden könne. Vielmehr werde nach der Leitlinie S 1 Nackenschmerzen nicht nur Krankengymnastik, sondern auch der Einsatz von Analgetika und pharmakologischen Therapien (Muskelrelaxans) empfohlen. Seitens der Klägerin seien bislang lediglich Massagen, fünf Heilmittelverordnungen seit 2013 und eigene Bewegungsübungen durchgeführt worden. Auch unter Berücksichtigung der genannten Metastudie lägen keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, aus denen sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Brustgröße und Beschwerden im Bewegungsapparat ergebe; überwiegend handele es sich um Auswertungen der prä- und postoperativen subjektiven Angaben der Patientinnen. Die konservativen Therapiemöglichkeiten (Physiotherapie, Analgesie, Muskelrelaxans, Intensivierung der eigenen Übungen, gezielter Muskelaufbau, Gewichtsreduktion, stationäre Rehabilitation) seien bei der Klägerin nicht ausgeschöpft. Die Wirkungslosigkeit der konservativen Therapie habe nicht belegt werden können. Außerdem werde nach der Metastudie für eine Reduktionsplastik ein guter muskulärer Trainingszustand und ein Normgewicht vorausgesetzt; eine OP werde erst ab einem BMI >26 kg/m² empfohlen (Deb R, Menke H., Mammareduktionsplastik – aktuelle Behandlungsaspekte, Hessisches Ärzteblatt 2014, S. 7056). Auch vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Sachverständigengutachten von Dr. M und Dr. H sowie der jüngsten Gutachten des MDK sei die Indikation für eine OP vorliegend auf der Grundlage der Studie von Carstens/Schröter nicht gegeben. Denn die Klägerin sei mit einem BMI von 27,8 übergewichtig (Normgewichtigkeit bis BMI von 24,9) und weise keinen guten muskulären Trainingszustand auf. Nach den Aussagen des Gutachtens von Dr. T sei die Paravertebralmuskulatur unzureichend trainiert. Außerdem trage die Klägerin keine angepassten BHs.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2020 angegeben, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin verschlechtert habe. Die Klägerin könne sich wegen des Brustumfangs kaum noch bücken. Ferner bestünden weitere Bewegungsbeeinträchtigungen aufgrund des Brustumfangs. Es bestünden auch Depressionen. Für die Behebung der körperlichen Beeinträchtigungen stelle die Reduktionsplastik die Ultima Ratio dar.

Die Berichterstatterin hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts Befundberichte der behandelnden Internistin Dr. B eingeholt, bei der die Klägerin seit 2016 wegen Erschöpfungssymptomatik (traumatisches Ereignis 06/2019), posttraumatischer Belastungsstörung, Depression, Migräne, HWS-Syndroms, Bluthochdrucks und Infekten in Behandlung ist. Dem Befundbericht waren ein Entlassungsbericht der S Klinik L zu einer von der Klägerin zum Jahreswechsel 2019/2020 durchgeführten stationären psychosomatischen Reha sowie ein Arztbrief des Orthopäden Dr. A vom 3. Juni 2019 mit den Diagnosen eines lumbalen Schmerzsyndroms ohne neurologische Ausfälle und einer Muskeldysbalance sowie ein Arztbrief der O-Kliniken vom 7. März 2018 zu Schwindelattacken beigefügt. Außerdem sind Befundberichte der behandelnden Gynäkologin B, der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutin A mit den Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode und einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie des Psychiaters Dr. P beigezogen worden.

In dem am 16. Dezember 2021 von der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 SGG frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 15. Mai 2019 ist begründet. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind neben dem angefochtenen Gerichtsbescheid der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2011. Das Sozialgericht hat die statthaft erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1, 4 SGG zu Unrecht abgewiesen. Der Gerichtsbescheid war aufzuheben, da der Bescheid vom 8. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2011 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Die bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin hat gegen diese gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) einen Anspruch auf die Kostenübernahme für die begehrte Sachleistung einer stationär durchzuführenden beidseitigen Mammareduktionsplastik. Nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen liegen die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch nach Überzeugung des Senats zum Zeitpunkt der Entscheidung vor. Da der maßgebende Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage und einer - wie hier getroffenen - Entscheidung ohne mündliche Verhandlung der Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG Kommentar, 13. Aufl., § 54 Rn. 34) ist, waren sämtliche medizinischen Ermittlungsergebnisse unter Einbeziehung der in der Berufung eingeholten ärztlichen Befundberichte tatrichterlich zu würdigen.

Die Versorgung der Klägerin mit einer stationär durchzuführenden, beidseitigen Mammareduktionsplastik ist nach umfassender Würdigung der medizinischen Ermittlungsergebnisse zur Linderung der langjährig bestehenden orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V notwendig. Eine operative Verkleinerung der Brust ist bei den bei der Klägerin bestehenden chronischen orthopädischen Erkrankungen der Wirbelsäule nach erfolgloser Ausschöpfung aller konservativen Therapiemaßnahmen und trotz der mit einer Operation verbundenen Risiken (Narkose, mögliche Komplikationen und Operationsfolgen wie Entzündungen, Thrombosen) vorliegend die einzige noch erfolgversprechende Behandlung zur Linderung der langjährigen chronischen Beschwerden. Im vorliegenden Einzelfall verspricht allein die stationär durchzuführende beidseitige Mammareduktionsplastik eine nachhaltige Besserung der bei der Klägerin bestehenden Schmerzsymptomatik im Schulter-Nacken-Bereich und der permanenten muskulären Verspannungen. Die konservativen Therapiemöglichkeiten sind nach Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit den Sachverständigengutachten von Dr. Mr, Dr. H und dem jüngsten MDK-Gutachten unter Berücksichtigung der während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens von der Klägerin durchgeführten Maßnahmen ausgeschöpft und die beidseitige Mammareduktionsplastik auch im Hinblick auf die wissenschaftlichen Studienlage zu den positiven Effekten eines solchen Eingriffs auf die Beschwerden im Haltungs- und Bewegungsapparat, auf die auch das Sachverständigengutachten von Dr. M umfassend rekurriert hat, zur Linderung der Beschwerden ausreichend erfolgversprechend. Der operative Eingriff ist im Fall der Klägerin als Ultima Ratio zu befürworten.

Die Voraussetzungen für die beanspruchte Sachleistung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind insgesamt gegeben. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V in Verbindung mit § 39 Abs. 1 SGB V umfasst die Krankenbehandlung auch die Erbringung von Krankenhausleistungen. Die Regelung verlangt, dass die besonderen Mittel eines Krankenhauses aus medizinischen Gründen benötigt werden, um eine Krankheit zu heilen oder zu bessern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Großer Senat, Beschluss vom 25. September 2007 - GS 1/06 -).

Die Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung setzt nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V zunächst das Vorliegen einer Krankheit voraus. Damit wird ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung BSG, Urteil vom 8. März 2016 - B 1 KR 35/15 R - juris Rn. 9; Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 3/03 R - juris; Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 5/10 R - juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei kommt Krankheitswert im Rechtssinne nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit oder Normabweichung zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder er an einer anatomischen Abweichung leidet, die entstellend wirkt. Es besteht kein Anspruch gegen die Krankenkasse auf Herstellung eines völlig unversehrten Körperbildes. Ein Anspruch auf Krankenbehandlung in Form körperlicher Eingriffe ist ausgeschlossen, wenn diese Maßnahmen nicht durch Fehlfunktionen oder durch Entstellung, also nicht durch einen regelwidrigen Körperzustand im Sinne der krankenversicherungsrechtlichen Grundsätze veranlasst werden (BSG, Urteil vom 27. August 2019 - B 1 KR 37/18 R - juris Rn. 8 m.w.N.; Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 5/10 R - juris Rn. 10; Urteil vom 30. September 2015 - B 3 KR 14/14 R – juris; Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 9/04 R – juris). Die Durchführung einer Mammareduktionsplastik setzt zur Behandlung orthopädischer Leiden eine schwerwiegende Erkrankung der Wirbelsäule, die erfolglose Ausschöpfung aller konservativen orthopädischen Behandlungsmaßnahmen und die mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass die Maßnahme auch den gewünschten Behandlungserfolg bringt, voraus (Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11. Mai 2020 - L 16 KR 364/19 - juris. Rn. 31; LSG Hessen, Urteil vom 25. August 2016 - L 1 KR 38/15 -; SG Aachen, Urteil vom 15. September 2020 - S 14 KR 272/19 -; LSG Hamburg, Urteil vom 14. Juni 2018 - L 1 KR 133/17 - juris Rn. 24 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R -).Die vorstehenden Voraussetzungen für eine stationär durchzuführende Mammareduktionsplastik sind im Fall der Klägerin erfüllt. Sie leidet an einer schwerwiegenden Erkrankung der Wirbelsäule, die mit konservativen orthopädischen Therapien nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen als Folge der bei ihr gegebenen Gigantomastie nicht mehr behandelbar ist. Der operative Eingriff verspricht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den gewünschten Erfolg. Bei der Klägerin liegt ausgehend von dem zuletzt vorliegenden Brustgewicht, das von der Sachverständigen Dr. H bei der Untersuchung im Dezember 2017 unter Messung der Wasserverdrängung als einer anerkannten Methode zur Bestimmung des Brustgewichts mit 1,8 kg (rechts) und 2,2 kg (links) angegeben wurde, liegt bei der Klägerin eine deutliche Gigantomastie vor. Nach Einschätzung der Gutachterin Dr. H ist unabhängig von der konkret angewandten Methode zur Messung des Brustgewichts jedenfalls von einem Gewicht von insgesamt ca. 4 kg auszugehen. Dieses angegebene Brustgewicht, das von der Sachverständigen Dr. M im Wesentlichen bestätigt wurde, ist schlüssig. Nach der Klassifikation der Volumina der weiblichen Brust zur Einteilung der verschiedenen Brustgrößen von Beller (Atlas der Mammachirurgie, 1985, S. 342; vgl. auch Carstens/Schröter, MedSach 2/15, S. 76), auf die auch die Sachverständige Dr. M Bezug genommen hat, wird die Größe der Brust (Volumen) nach ihrem Gewicht klassifiziert. Danach liegt die sog. Idealgröße bei 200 bis 300 cm³ je Seite. Eine als Makromastie bzw. Hypertrophie bezeichnete Brustgröße besteht bei einer Größe von 400 cm³ bis zu 1500 cm³; eine als Gigantomastie bezeichnete Brustgröße besteht – wie bei der Klägerin - bei mehr als 1500 cm³ je Seite.

An dem von der Klägerin vorgetragenen und vor allem seit der Menopause zunehmenden Brustwachstum – nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Juni 2011 noch Cup-Größe 80 H gegenüber Cup-Größe 80 D im Alter von ca. 30 Jahren – bestehen keine Zweifel. Die Sachverständige Dr. T hat die Brustgröße im Rahmen ihrer Untersuchung im September 2014 mit einer Cup-Größe 80 I-J, die Sachverständige Dr. H nach der Untersuchung im Dezember 2017 mit J angegeben. Im Erörterungstermin am 16. Dezember 2021 hat die Klägerin eine aktuelle Cup-Größe I angegeben. Die genannten Cup-Größen, die ein Maß für das Volumen der weiblichen Brust darstellen, und die gutachterlichen Angaben zum Brustgewicht von 1450 g je Seite laut MDK-Gutachten vom 1. Dezember 2010 und von 1,7 kg/2,2 kg bzw. 1,8 kg/2,2 kg (1,9 kg/2,2 kg) nach den Sachverständigengutachten von Dr. T und Dr. H sprechen für ein deutliches Brustwachstum im Verlauf von sieben Jahren.

Grundsätzlich haben der Brustumfang und das hohe Brustgewicht - wie von der Beklagten geltend gemacht - nach Überzeugung des Senats unmittelbar selbst noch keinen Krankheitswert. Denn unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung einer Körperfunktion stellt eine Makromastie bzw. Gigantomastie, d.h. eine Größenzunahme der Brust über das altersentsprechende Maß hinaus für sich genommen keine Beeinträchtigung der Körperfunktion und damit keine Krankheit im Sinne des  § 27 SGB V dar. Unabhängig von der konkreten Klassifikation gehen mit einer Makromastie bzw. einer Gigantomastie Funktionsmängel der Mammae selbst nicht zwingend einher. Auch in diesem Sinne übermäßig große Brüste sind, was für die Beurteilung der Beeinträchtigung einer Körperfunktion entscheidend ist, organisch gesund (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 19/07 R –; LSG Hamburg, Urteil vom 25. August 2016 – L 1 KR 38/15 –, juris Rn. 16; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. November 2017 – L 1 KR 644/15 –, juris Rn. 30; LSG Hessen, Urteil vom 9. Februar 2017 – L 1 KR 134/14 –, juris Rn. 17; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. März 2010 – L 5 KR 118/08 –, juris Rn. 26).

Indes kann eine unmittelbare Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Brust dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen vorliegend insoweit entnommen werden, als die Klägerin insbesondere bereits gegenüber der Sachverständigen Dr. T, möglicherweise ausgelöst durch die Ptotis der Brust, über ständige lagerungsabhängige Brustschmerzen und eine Berührungsempfindlichkeit der Brüste berichtet hat. Diese Beschwerdesymptomatik hat sie auch gegenüber den eine Mammareduktionsplastik befürwortenden Sachverständigen Dr. M und Dr. H wiederholt, wobei diese hieraus allein nicht geschlussfolgert haben, dass diese anamnestisch erhoben Symptomatik die Durchführung einer Mammareduktionsplastik bedingen würde. Dies folgt auch nicht aus dem die Mammareduktionsplastik ebenfalls befürwortenden MDK-Gutachten vom 14. April 2018/7. September 2018.

Auch eine nur mittels einer Mammareduktionsplastik behandlungsbedürftige dermatologische Erkrankung der Brüste der Klägerin liegt nicht vor. Krankhafte Auffälligkeiten der Brustdrüsen sind zwar von den Sachverständigen Dr. M und Dr. H diagnostiziert worden. Soweit von der Sachverständigen Dr. H bei der Klägerin ein im Bereich der Unterbrust-Umschlagfalte intertriginöses, also entzündliches Hautbild festgestellt worden ist, war zu berücksichtigen, dass nach den weiteren Ausführungen größere Entzündungen bei der Klägerin durch die optimale Pflege der Haut bislang vermieden werden konnten. Dieser Befund korrespondiert mit der Aussage in der Metastudie von Carstens/Schröter, nach der auch bei einer bestehenden Gigantomastie durch eine penible Körperhygiene einerseits und das Tragen entsprechender Büstenhalter andererseits ekzematöse Veränderungen weitestgehend oder ganz vermieden werden können (MedSach 2/2015, S. 76). Den Befundberichten der behandelnden Internistin Dr. B und der Gynäkologin B ließen sich im Übrigen konkrete Hinweise auf ein akutes Intertrigo und trophische Hautstörungen im Bereich der Brust nicht entnehmen. Eine dermatologische Behandlung war bislang offenbar nicht notwendig. Ob im Einzelfall therapierefraktäre submammäre Ekzeme oder ein Intertrigo als eine weitere Bedingung für die medizinische Indikation für eine Mammareduktionsplastik beurteilt werden kann, konnte daher vorliegend offen bleiben (vgl. Carstens/Schröter, MedSach 2/2015, S. 77 mit Hinweis auf den Abschlussbericht der MDK-Projektgruppe P 29a „Plastische Chirurgie – Operationen der Brust und abdominaler Fettschürzen“).

Die beidseitige Mammareduktionsplastik ist als Eingriff in ein für sich genommenes gesundes Körperteil jedoch in diesem besonderen Einzelfall zur Linderung der orthopädischen Beschwerden mit starken Schulter-, Nacken- und Wirbelsäulenbeschwerden, HWS-Blockierungen und schmerzhaften Muskelverspannungen im Bereich der Schulter-Nacken-Region notwendig. Der Senat folgt damit den einen solchen operativen Eingriff befürwortenden Sachverständigen Dr. H, Dr. M und Dipl.-Med. L, die diesen Eingriff auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Operationsrisiken als einzige wirksame kurative Maßnahme zur langfristigen Linderung der bei der Klägerin bestehenden orthopädischen Beschwerdesymptomatik und Funktionsbeeinträchtigungen insbesondere im Schulter-Nacken-Bereich beurteilen.

Die Klägerin leidet nach den insofern übereinstimmenden medizinischen Sachverständigengutachten an einem chronischen Zervikalsyndrom mit mäßigen degenerativen Veränderungen der unteren HWS und leichten Funktionsstörungen, sowie einem chronisch rezidivierenden Lumbalsyndrom mit jeweils muskulären Dysbalancen, einer paravertebralen Muskelverspannung und einer Verkürzung der Pectoralismuskulatur. Diese Diagnosen gehen bereits schlüssig aus dem Sachverständigengutachten von Dr. T hervor und bestätigen die festgestellten Diagnosen des behandelnden Orthopäden Dr. As, der im Jahr 2011 bei der Klägerin ein chronisches lokales cervikales Schmerzsyndrom, eine Schwingungsänderung und Blockierung der HWS sowie eine chronische Muskelverspannung diagnostizierte und im Jahr 2019 zusätzlich ein lokales lumbales Schmerzsyndrom feststellte.Die Sachverständige Dr. H hat diese Diagnosen und aufgrund eigener Untersuchungen ein Zervikobrachialsyndrom mit ausstrahlenden Schmerzen von der Halswirbelsäule in den Schulterarmbereich sowie Myogelosen im Schulter-Nacken-Bereich bestätigt.Sie hat nachvollziehbar eine Zunahme der Beschwerdesymptomatik mit starken Schulter-, Nacken- und Wirbelsäulenbeschwerden in den Jahren 2010 bis 2015 beschrieben, was wiederum mit dem in dieser Zeit festgestellten Brustwachstum korrespondiert. Die Sachverständige Dr. M hat nach erneuter Untersuchung im April 2017 bei der Klägerin starke Rücken-/Schulter-/Nackenschmerzen sowie Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule festgestellt. Es besteht kein Anlass an dem Ausmaß der angegebenen Beschwerdesymptomatik zu zweifeln, zumal zuvor auch die Sachverständige Dr. T eine vergleichbare Beschwerdesymptomatik erhoben und diese ursächlich auf degenerative Veränderungen der HWS sowie muskuläre Dysbalancen zurückgeführt hatte.

Daneben bestehen bei der Klägerin durch das notwendige Tragen eines BHs und der Zuglast des Brustgewichts deutliche Schnürfurchen im Bereich beider Schultern, obwohl ein BH mit breiten Trägern genutzt wird. Diese zusätzliche Beschwerdesymptomatik geht schlüssig aus dem Gutachten der Sachverständigen Dr. M hervor, die von der Sachverständigen Dr. H ebenfalls nach ambulanter Untersuchung bestätigt worden ist.

Die Klägerin weist insgesamt das typische Beschwerdebild von Patientinnen einer Makromastie bzw. Gigantomastie auf, bei denen sich die fortwährende Zugbelastung negativ auf die Schulter- und Nackenregion auswirkt und zu einer chronischen Überlastung mit Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen führt. Das hohe Brustgewicht hat zu einer unphysiologischen Körperhaltung und die Fehlbelastung darüber hinaus zu schmerzhaften Myogelosen geführt und verursacht diese fortwährend. Das vorliegende Zuggewicht von etwa 4 kg verursacht nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. H die bestehenden Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich, der Hals- und Brustwirbelsäule und führt zu muskulären Reizzuständen der Schulternackenmuskulatur sowie der Rückenmuskulatur. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die von der Klägerin beschriebenen Brustschmerzen und die Taubheitsgefühle in den Armen zum typischen Beschwerdebild einer Gigantomastie gehören (vgl. hierzu Dissertation von Brendle-Behnisch, Langfristige Kostenübernahme der Mammareduktionsplastik bei Patientinnen mit Makromastie aus Sicht der Kostenträger und der Gesellschaft, 2020, S. 7).

Anhaltspunkte dafür, dass die orthopädischen Leiden der Klägerin andere Ursachen als die Gigantomastie haben könnten, bestehen nach dem Gesamtergebnis der vorliegenden Sachverständigengutachten eindeutig nicht. Die Sachverständige Dr. M hat, welches die Sachverständige Dr. H und die Gutachterin des MDK bestätigt haben, hierzu überzeugend ausgeführt, dass die bei der Klägerin ausgeprägte Makromastie beidseits mit einer unphysiologischen permanenten Zugbelastung an der Oberkörpervorderseite von ca. 4 kg monokausal zu den orthopädischen Beschwerden führe. Es ergäben sich keinerlei Hinweise auf andere Ursachen. Das zu erwartende Resektionsvolumen betrage bei der Klägerin ca. 1 kg pro Seite und sei damit doppelt so hoch wie das Resektionsvolumen, ab dem bereits bei Vorliegen weiterer Umstände die Mammareduktionsplastik medizinisch indiziert sei (vgl. hierzu auch Brendle-Behnisch, a.a.O. S. 57, in der das Resektatgewicht nach der dort durchgeführten Studie im Mittel mit insgesamt 1336,35 g angegeben wird).

Der Senat hält die konservativen Therapiemöglichkeiten bezüglich der orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen in Überstimmung mit den gutachterlichen Ausführungen von Dr. M, Dr. H und Dipl.-Med. L insgesamt für ausgeschöpft und weitere konservative Behandlungsmöglichkeiten, wie von der Beklagten pauschal vorgeschlagen, für nicht mehr erfolgversprechend. Auch insofern stützt er sich auf die nachvollziehbaren Einschätzungen der die Mammareduktionsplastik befürwortenden Gutachten von Dr. M, Dr. H und Dipl.-Med. L. Entgegen den anderslautenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. T und der Einschätzung der Beklagten träten die orthopädischen Beschwerden trotz der durchgeführten physiotherapeutischen Maßnahmen und Massagen und der eigenverantwortlich in häuslicher Umgebung von der Klägerin regelmäßig durchgeführten Rückenübungen auf und seien auch mit einer Intensivierung der konservativen Maßnahmen, wie sie die Beklagte vorgeschlagen hat, nicht positiv zu beeinflussen. In dem MDK-Gutachten vom 14. April 2018 heißt es hierzu ausdrücklich, dass die Klägerin offensichtlich jegliche Behandlungsalternativen bezüglich ihrer Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates vollumfänglich ausgeschöpft habe, ohne dass eine wesentliche Linderung der dadurch verursachten Schmerzsymptomatik eingetreten sei. Auch eine generelle Reduktion des Körpergewichts könne die Brustgewichte nicht wesentlich beeinflussen. Bei Fehlen ausreichend wirksamer konservativer Therapieoptionen und erwarteter Resektionsgewichte von mindestens 1000 g pro Seite könne in dem Fall der Klägerin davon ausgegangen werden, dass die beidseitige Reduktionsplastik die Beschwerden jedenfalls lindern und die Lebensqualität der Klägerin deutlich verbessern könne. Übereinstimmend hiermit hat auch die Sachverständige Dr. H darauf hingewiesen, dass bei dem erheblichen Brustgewicht von insgesamt 4 kg eine Beschwerdelinderung durch physiotherapeutische Maßnahmen nicht mehr zu erreichen sei. Unter Rekurs auf die umfassende wissenschaftliche Studienlage ist auch die Sachverständige Dr. M zu der Einschätzung gelangt, dass die Behebung der Ursache der Beschwerden mit durch die statische Dysbalance im Oberkörper einhergehenden und vermehrt auftretenden Kopf-, Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen bei der Befundkonstellation der Klägerin konservativ nicht mehr möglich sei.

Zwar hat die Klägerin während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens tatsächlich nur wenige und unregelmäßige Rezeptierungen für manuelle Therapie und Massagen erhalten. Insgesamt wurden in der Zeit seit 2010 lediglich sechs Heilmittelverordnungen (6x manuelle Therapie wegen eines lokalen cervikalen Schmerzsyndroms, 4 x Massagen, zuletzt in den Jahren 2016 und 2018 sowie eine manuelle Therapie (6x) wegen eines Lumbalsyndroms) erstellt worden. Der Senat ist aber davon überzeugt, dass die Klägerin darüber hinaus, ohne eine durchgreifende und nachhaltige Linderung der Beschwerden zu erzielen, regelmäßig in der häuslichen Umgebung ihre Rückenübungen absolviert hat und absolviert, zusätzlich schwimmen gegangen ist und geht und - wie von ihr belegt - immer wieder privat finanzierte Massagen in dem angegeben Kosmetiksalon A in Anspruch genommen hat. Gleichwohl konnte sie keine ausreichende Beschwerdelinderung erreichen, wie die Sachverständigen Dr. M, Dr. Hund Dipl.-Med. L bestätigt haben. Letztere hat ausdrücklich ausgeführt, dass die Beschwerden trotz der physiotherapeutischen Maßnahmen und konsequent eigenverantwortlich durchgeführter häuslicher Übungen bestünden. Die Sachverständige Dr. H hat im Hinblick auf das von der Klägerin ihr gegenüber geschilderte jahrelange selbständige Übungsprogramm darauf hingewiesen, dass der Klägern nicht unterstellt werden könne, keine Aktivitäten an den Tag gelegt zu haben. Die insoweit zugrunde gelegten glaubhaften Angaben der Klägerin zu ihren regelmäßigen häuslichen Rückenübungen sind angesichts des hohen Leidensdrucks nicht zweifelhaft.

Eine von der Beklagten für notwendig erachtete Reduktion des Körpergewichts als konservative Therapiemaßnahme hält der Senat unter Würdigung der Ergebnisse der vorliegenden Sachverständigengutachten schon im Hinblick auf das Brustwachstum bei weitgehend konstantem Körpergewicht (BMI zwischen 27,8 kg/m² und 29 kg/m²) nicht für vorrangig. Soweit bei ihr trotz Konfektionsgröße 38 für den Unterkörper von einem leichtem Übergewicht auszugehen ist, ist insofern auch das erhebliche Brustgewicht von ca. 4 kg in die Berechnung eingeflossen.

Im vorliegenden Einzelfall einer bestehenden Gigantomastie besteht auch kein Anlass, den möglichen Erfolg der Mammareduktionsplastik im Hinblick auf die von der Gutachterin Dipl.-Med. L so bezeichnete unsichere Studienlage in Frage zu stellen. Unter Berücksichtigung der zum Verfahren beigezogenen wissenschaftlichen Metastudie von Carstens/Schröter zu den orthopädischen Aspekten einer Mammareduktionsplastik ist zur Überzeugung des Senats ein Zusammenhang zwischen einer Gigantomastie und möglichen orthopädischen Beschwerden gerade im Schulter-Nacken-Bereich nicht grundsätzlich zweifelhaft (a.A. noch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. November 2017 – L 1 KR 644/15 –, Rn. 43, juris; Urteil vom 17. September 2013 – L 1 KR 625/11 –, juris m.w.N.;  Beschluss vom 30. April 2012 - L 1 KR 224/11 B - juris). Der Zusammenhang zwischen der Brustgröße und der Symptomatik vermehrter Nackenbeschwerden sowie der Schmerzen der Schulterweichteile mit einer Neigung zu Myogelosenbildungen und einer funktionellen Vermehrung der BWS-Kyphose aufgrund einer ständigen und gleichbleibenden Zugbelastung wird durch die Metastudie nachvollziehbar dargestellt. Nicht nur in der Metastudie von Carstens/Schröter, sondern auch nach dem dort zitierten Abschlussbericht der MDK-Projektgruppe P 29 a „Plastische Chirurgie – Operationen der Brust und abdominaler Fettschürzen“ wird ab einer extremen Brustlast von mehr als 1500 g (Gigantomastie) - wie vorliegend - eine Indikation zur Mammareduktionsplastik dann gesehen, wenn keine wesentliche Adipositas (BMI unter 30) und therapierefraktäre submammäre Ekzeme und die Ausschöpfung aller konservativen Therapiemöglichkeiten vorliegen. Auch wenn für die Indikation einer medizinisch-notwendigen Mammareduktionsplastik keine standardisierten Bewertungskriterien existieren, liegt jedenfalls ein starkes Missverhältnis zwischen Brust und Körperbau bei einer Grenze von 2 % des Körpergewichts pro Brust vor und bietet eine entsprechende Orientierung (Brendle-Behnisch, a.a.O. S. 11). Bei einem Brustgewicht der Klägerin von ca. 4 kg und einem Körpergewicht von 73,7 kg (zuletzt laut Rehaentlassungsbericht der S Klinik L) ist ein solches Missverhältnis ohne Zweifel zu bejahen. Diese Einschätzung folgt schlüssig auch aus dem Gutachten von Dr. H, die auf dieses deutliche Missverhältnis – wie ausgeführt – ausdrücklich hingewiesen hat.

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die gegenwärtig bestehenden psychischen Beschwerden der Klägerin dagegen nicht die Notwendigkeit einer Mammareduktionsplastik begründen (vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2016 - B 1 KR 35/15 R -; Urteil vom 11. September 2012 - B 1 KR 3/12 R -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Februar 2019 - L 5 KR 6/19 B -). Denn selbst eine nachvollziehbare psychische Belastung durch die bestehende Gigantomastie würde eine Mammareduktionsplastik auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht rechtfertigen können, weil insoweit nur ein Anspruch auf eine unmittelbare Behandlung mit den Mitteln einer psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Behandlung in Betracht käme (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 19/07 R - juris; LSG Thüringen, Urteil vom 28. Februar 2017 - L 6 KR 123/13 - juris Rn. 26).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.

 

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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