L 7 KA 56/17

Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 87 KA 58/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 56/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Satzungsbestimmungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die in Ausübung des Gestaltungsspielraumes zur Erhebung von Ver-waltungskostenumlagen von Kassenärztlichen Vereinigungen erlas-sen werden, müssen dem Bestimmtheitsgebot entsprechen. Eine Satzungsbestimmung, wonach eine Umlage „nach einem gege-benenfalls auch differenzierten Grundbeitrag“ erhoben werden kann, ist nicht hinreichend bestimmt. Einfache Beschlüsse der Vertreterversammlung sind nicht geeignet, unbestimmte Satzungsbestimmungen zu „heilen“.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2017 wird zurückgewiesen.

 

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung der „Jahressumme der Kopfbeiträge“ als Teil der Verwaltungskostenumlage für das Haushaltsjahr 2013.

 

Die Klägerin ist als Kassenärztliche Vereinigung für das Land Baden-Württemberg Mitglied der Beklagten, des Dachverbandes aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in Gestalt einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auf Bundesebene.

 

Gemäß § 87b Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) verteilt eine KV die vereinbarten Gesamtvergütungen an ihre Mitglieder, entsprechend den erbrachten Leistungen und gemäß den Regelungen des Verteilungsmaßstabes. Das gilt für die Leistungen, die im Rahmen besonderer Versorgungsformen erbracht wurden, nicht. Zu diesen Leistungen gehörten 2013 die integrierte Versorgung und die hausarztzentrierte Versorgung sowie die besondere ambulante ärztliche Versorgung. Die ärztlichen Leistungen dieser Versorgungsformen vergüteten die einzelnen Krankenkassen direkt den teilnehmenden Vertragsärzt*innen gegenüber auf der Grundlage von Selektivverträgen. In der Folge hatten die Partner der Gesamtverträge die Gesamtvergütung um das Volumen der o.g. Selektivverträge gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 SGB V entsprechend der Zahl und Morbiditätsstruktur der teilnehmenden Versicherten zu bereinigen. Aufgabe der (einzelnen) KV war es, diese Bereinigungsvolumina jeweils zu ermitteln, eine Verteilung an die Vertragsärzte und -ärztinnen nahm sie aber nicht vor (§ 73b Abs. 7 Satz 2 i.V.m. Satz 1 SGB V in der Fassung vom 22. Dezember 2011 bzw. § 73c Abs. 6 Satz 1 und 2 SGB V in der Fassung vom 26. März 2007; für die integrierte Versorgung: § 140d Abs. 1 SGB V in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung).

 

§ 14 Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der Fassung der Beschlüsse der Vertreterversammlung, zuletzt vom 2. März 2012 (heute wortgleich Nr. 31 der Satzung), bestimmte in § 14 („Haushalt“):

 

  1. Der Vorstand stellt für jedes Geschäftsjahr einen Haushaltsplan auf, den die Vertreterversammlung genehmigt.

 

  1. 1Zur Deckung der Verwaltungskosten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zahlen die Kassenärztlichen Vereinigungen Beiträge in Höhe eines Promillesatzes der über die Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechneten Vergütungen für ärztliche Versorgung. 2Der Promillesatz wird jährlich von der Vertreterversammlung festgesetzt. 3Die Vertreterversammlung kann anstelle der Finanzierungsweise nach den Sätzen 1 und 2 die Umlage nach einem gegebenenfalls auch differenzierten Grundbeitrag je Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung oder aus einer Kombination der Verfahrensweisen nach den Sätzen 1 bis 3 bemessen. Der Vorstand legt dazu eine Berechnung vor, welche eine Deckung der Verwaltungskosten sichert.

 

  1. Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.
  2. ….

 

Die Vertreterversammlung der Beklagten beschloss am 8./9. Dezember 2011:

 

„Bei der Aufstellung des Haushalts, beginnend mit dem Haushalt 2013, ist das vom Finanzausschuss der KBV vorgestellte Modell Nr. 6 die Berechnungsgrundlage des jeweiligen Beitrags nach § 14 der Satzung der KBV.“

 

Modell Nr. 6 bestimmte:

 

„Erhebung der Verwaltungskostenumlage 2012 auf Basis der abgerechneten Honorare und Bereinigungsvolumina pro Kopf des Jahres 2010 (2013 auf Basis 2011 usw.)“

 

Es folgte eine grafisch aufbereitete Darstellung der einzelnen Berechnungsschritte zur Ermittlung und Anwendung des Promillesatzes für die Verwaltungskostenumlage der Beklagten. Unter „Schritt 1“ und „Ermittlung des Promillesatzes“ war die sog. „Umlagebasis“ dargestellt, sie sollte sich aus der Summe der Honorare und Bereinigungsvolumina für 2010 ergeben und davon ausgehend die „Verwaltungskostenumlage KBV“ ermittelt werden. Unter „Schritt 2“ sollte die „Anwendung des Promillesatzes“, bezogen auf das abgerechnete Honorar, erfolgen;   „Schritt 3“ („Anwendung des  Promillesatzes“) sah vor: „Umlage auf Bereinigungsvolumen durch Anzahl Ärzte (`Kopfbetrag`)“. „Schritt 4“ stellte das Aufkommen aus „Schritt 2“ und „Schritt 3“ als „Verwaltungskostenumlage je KV“ (grafisch) dar. Der grafischen Darstellung der Berechnungsschritte folgte eine Übersicht, die die sich aus Modell 6 ergebende Veränderung der Verwaltungskostenumlage für die einzelne KV auf der Basis der Honorare 2010 modellierte. Während sich für die übrigen KV die Verwaltungskostenumlage jeweils verringerte, wies das Modell für die Klägerin einen Anstieg in Höhe von 147.135,30 Euro aus, für die KV Bayern dagegen um 345.203,76 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 167 f. der Gerichtsakte verwiesen.

 

Mit Beschluss vom 6./7. Dezember 2012 nahm die Vertreterversammlung der Beklagten den Haushaltsplan für das Jahr 2013 an. Zu TOP 4.2 Anhang 1 („Beschlussanträge zum Haushaltsplan der KBV für das Jahr 2013“) beschloss die Vertreterversammlung unter Ziff. 3.:

 

„Die von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu erhebende Verwaltungskostenumlage für das Jahr 2013 wird auf Ø 1,47 Promille der über die Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechneten Vergütungen für die ärztliche Versorgung festgesetzt. Die definitive Verwaltungskostenumlage je KV wird auf Basis der abgerechneten Vergütungen und der arztbezogenen Bereinigungsvolumina des Jahres 2011 berechnet (Beschluss der Vertreterversammlung vom 08./09.12.2011).“

 

Der Vorstand der Beklagen änderte am 14. März 2013 die „Richtlinie zur Festlegung der Bemessungsgrundlage und Zahlung der Verwaltungskostenumlage für die Kassenärztliche Bundesvereinigung gemäß dem Beschluss der Vertreterversammlung vom 9.12.2011“ wie folgt:

 

            „§ 1 Rechtsgrundlage

Gemäß § 14 Absatz 2 der Satzung der KBV gilt folgende Regelung zur Deckung der allgemeinen Verwaltungskosten:

 

Zur Deckung der Verwaltungskosten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zahlen die Kassenärztlichen Vereinigungen Beiträge in Höhe eines Promillesatzes der über die Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechneten Vergütungen für ärztliche Versorgung. Der Promillesatz wird jährlich von der Vertreterversammlung festgesetzt.  Die Vertreterversammlung kann anstelle der Finanzierungsweise der Sätze 1 und 2 die Umlage nach einem gegebenenfalls auch differenzierten Grundbeitrag je Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung oder aus einer Kombination der Verfahrensweisen nach Sätzen 1 bis 3 bemessen. Der Vorstand legt dazu eine Berechnung vor, welche eine Deckung der Verwaltungskosten sichert.

 

Die Verwaltungskostenumlage setzt sich laut Beschluss der Vertreterversammlung vom 8./9.12.2011 zukünftig aus einem Promillesatz (Umlagesatz) auf die abgerechneten Honorare sowie einem Beitrag (Kopfbeitrag) auf die Bereinigungsvolumina zusammen.

 

Alle Jahresbezüge in dieser Richtlinie gehen vom jeweiligen Haushaltsjahr aus.

 

§ 2 Ermittlung des Umlagesatzes und des Kopfbeitrags

Der Umlagesatz und die Kopfbeiträge werden von der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mit der Beschlussfassung zum Haushaltsplan jährlich neu festgesetzt. Sie gelten für die Berechnung der Verwaltungskosten des jeweiligen Haushaltsjahres. Der Umlagesatz wird als Promillesatz aus der zur Finanzierung des Haushalts erforderlichen Verwaltungskostenumlage von der Summe der abgerechneten Honorare des Vorvorjahres gemäß § 3 Abs. 2 ermittelt. Der Umlagesatz sowie die Kopfbeiträge werden den Kassenärztlichen Vereinigungen zu Beginn eines jeden Haushaltsjahres durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung mitgeteilt.

 

§ 3 Berechnung der Höhe der Verwaltungskostenumlage

1.         Die Bemessungsgrundlage ist die Summe der abgerechneten Honorare aller Kostenträger. Die Höhe der Verwaltungskostenumlage auf dieser Bemessungsgrundlage ergibt sich aus der Multiplikation der Bemessungsgrundlage mit dem gemäß § 2 jährlich von der Vertreterversammlung festgelegten Umlagesatz.

2.         Die Bemessungsgrundlage der Bereinigungsvolumina ist die Jahressumme der ermittelten Beträge aller Kostenträger. Die Höhe der Jahressumme der berechneten Kopfbeiträge einer KV ergibt sich aus der Multiplikation dieser Bemessungsgrundlage mit dem gemäß § 2 jährlich von der Vertreterversammlung festgelegten Umlagesatz. Der Kopfbeitrag je Arzt einer KV ergibt sich durch Division der Jahressumme der Kopfbeiträge durch die durchschnittliche Anzahl der abrechnenden Ärzte der KV.

3.         (..)“

 

Die Beklagte setzte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 20. März 2013 für dieses Haushaltsjahr eine Verwaltungskostenumlage unter Berufung auf den Promillesatz von 1,47 der über die KV abgerechneten Vergütungen für ärztliche Leistungen fest. Eine von der Klägerin darüber hinaus zu zahlende „Jahressumme der Kopfbeiträge“ setzte sie in dem Bescheid in Höhe von 343.564,62 €  für das Geschäftsjahr 2013 fest und verwies dazu auf die Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 09.12.2011 und vom 06.12.2012. Sie berücksichtigte für die „Jahressumme der Kopfbeiträge“ als Bemessungsgrundlage die Bereinigungsvolumina aus dem Jahr 2011 in Höhe von insgesamt 232.890.192,00 Euro.

 

Die Klägerin erhob die Festsetzung der „Jahressumme der Kopfbeiträge“ für das Jahr 2013 wie auch für die Folgejahre 2014 bis 2021 jeweils Widerspruch. Insgesamt betreffen die Widersprüche für diese Jahre ein Finanzvolumen von rund 3,5 Mio. Euro.

 

Für das Jahr 2013 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 zurück.

 

Die Klägerin hat dagegen am 19. Februar 2014 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Die in der Richtlinie der Beklagten vorgesehene Berechnung der „Jahressumme der Kopfbeiträge“ verstoße gegen § 14 Abs. 2 der Satzung der Beklagten. So handele es sich bei dem geforderten Beitrag nicht um einen weiteren differenzierten Grundbeitrag je Mitglied der KV oder eine Kombination von Umlage und differenziertem Grundbeitrag i.S. der Satzung. Die Heranziehung der Bereinigungsvolumina zur Berechnung des Beitrages sei unzulässig. Dadurch werde neben dem Umlagesatz auf Basis der Gesamtvergütung ein identischer Promillesatz auf Vergütungsanteile angewandt, die nicht über die Klägerin abgerechnet würden. Es handele sich weder um einen echten Kopfbeitrag noch um einen differenzierten Grundbeitrag je Mitglied, vielmehr liege eine Umgehung von § 14 Abs. 2 der Satzung vor. Das zeige der Rechenweg zur Ermittlung des Kopfbeitrags gemäß der Richtlinie des Vorstandes der Beklagten. Ausgehend von einem Promillesatz des Bereinigungsvolumens des Jahres 2011 werde dieser Betrag durch Anzahl der Ärzte dividiert und dann wieder mit dieser Anzahl der Ärzte multipliziert.

 

Die Erhebung verstoße auch gegen das Äquivalenzprinzip. Nach diesem dürfe die Beitragshöhe nicht in einem groben Missverhältnis zu dem Vorteil bzw. der Vorteilsmöglichkeit stehen, den sie abgelten solle. Die Bereinigungsvolumina stünden als Bemessungsgrundlage in keinem Zusammenhang zum Ausmaß möglicher Vorteile aus der Verwaltungstätigkeit der Beklagten. Denn sie stünden im Rahmen der Gesamtvergütung gerade nicht zur Verfügung. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des BSG sei anerkannt, dass für die Bemessung der Höhe der Beiträge für alle Mitglieder einer KV an den Umfang ihrer über die KV abgerechneten Honorarumsätze angeknüpft werden könne (B 6 KA 2/11 R). Maßstab sei, ob eine zulässige Generalisierung, Pauschalisierung und Typisierung den unterschiedlichen Umfang der Vorteile, den die einzelnen Vertragsärzt*innen aus ihrer Mitgliedschaft in der KV zögen, (noch) abbilde. Daran gemessen seien Bereinigungsvolumina nicht in der Lage, einen mit höheren Umsätzen aus vertragsärztlicher Tätigkeit steigenden Umfang eines Nutzens abzubilden. Die Bereinigungsvolumina seien Gelder, die der Klägerin gerade nicht mehr im Rahmen der Honorarverteilung zur Verfügung stünden. Sie würden von der Gesamtvergütung abgezogenund nicht über die KV verwaltet oder verteilt. Steigende Bereinigungsvolumina bedeuteten keinen steigenden Umfang des Nutzens für die Klägerin. Soweit die Beklagte sich darauf berufe, dass sie die Rahmenbedingungen für Selektivverträge verhandele, handele es sich dabei nicht um eine besondere oder zusätzliche Aufgabenerfüllung, sondern den Grundstock ihrer Aufgaben. Es spiele für die Verletzung des Äquivalenzprinzips keine Rolle, dass die angegriffene Beitragssumme im Verhältnis zu derjenigen, die auf der Basis der abgerechneten Vergütungen ermittelt werde, lediglich 6,1 % betrage.

 

Die „Jahressumme der Kopfbeiträge“ verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Auch die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts könne sich auf diesen in der Ausprägung des Willkürverbots berufen. Die Beiträge müssten auch im Verhältnis der Beitragsverpflichteten zueinander vorteilsgerecht erhoben werden. Die Anknüpfung an die Bereinigungsvolumina stelle ein willkürliches Vorgehen dar. Schließlich sei nach der Rechtsprechung des LSG Berlin-Brandenburg (L 24 KA 10/13) die Bereinigung der Gesamtvergütung keine Aufgabe, die auf die Vertragsärzte oder nur auf die an der Selektivversorgung teilnehmenden Vertragsärzte umgelegt werden dürfe; keine andere Beurteilung folge – so das LSG – aus der Tatsache, dass es erst die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ermögliche, an Selektivverträgen teilzunehmen. Der Nutzen aus der Teilnahme an Selektivverträgen gehe nicht auf eine Tätigkeit gerade der Beklagten zurück. Im Rahmen des § 73b SGB V sei der Sicherstellungsauftrag der KV zugunsten der Krankenkassen eingeschränkt. Soweit also im Rahmen der Selektivverträge die Beschlüsse auf Bundesebene, an denen die Beklagte beteiligt sei (EBM, GBA-Beschlüsse), Auswirkungen hätten, zögen allenfalls die Krankenkassen einen entsprechenden Nutzen. Schließlich sei die Mitwirkung an solchen Beschlüssen bereits durch die Verwaltungskostenumlage, die auf Basis der Gesamtvergütung erhoben werde, abgegolten.

 

Mit Urteil vom 20. September 2017 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid der Beklagten insoweit aufgehoben, als er eine von der Klägerin zu zahlende Jahressumme der Kopfbeiträge für das Geschäftsjahr 2013 in Höhe von 343.564,62 Euro festsetzt. Gleichzeitig hat es die Beklagte verpflichtet, über die Erhebung der Kopfbeiträge für das genannte Haushaltsjahr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Satzung der Beklagten enthalte keine grundlegende Bestimmung, nach der die Erhebung der „Jahressumme der Kopfbeiträge“, wie sie die Beklagte vorgenommen habe, zulässig sei. Sowohl der Beschluss der Vertreterversammlung der Beklagten in der Sitzung vom 8. und 9. September 2011 als auch die Richtlinie des Vorstandes der Beklagten vom 14. März 2013 zur Festlegung der Bemessungsgrundlage und Zahlung der Verwaltungskostenumlage verstießen gegen § 14 Abs. 2 der Satzung der Beklagten. Der dort genannte „Grundbeitrag“ dürfe sich nicht auf Bereinigungsvolumina beziehen. Diese enthielten die Vergütung, die die Krankenkassen im Rahmen der Selektivverträge direkt an die teilnehmenden Vertragsärzte zahlten, ohne dass die Vergütung über die KV abgerechnet werde. § 14 Abs. 2 der Satzung sei nicht zu entnehmen, dass diese Vergütungen als Berechnungsgrundlage der Beiträge herangezogen werden dürften. Der Argumentation der Beklagten, wonach sich der relative Anteil der Verwaltungskostenumlage kaum geändert habe und sich daraus die Rechtmäßigkeit ergebe, folge die Kammer nicht. Zwar ergebe sich daraus ein Vorteil für den ersten Teil der Verwaltungskostenumlage, der als Bemessungsgrundlage die vertragsärztliche Vergütung habe und nicht streitgegenständlich sei. Eine gleichwohl sich ergebende ungleiche Belastung der einzelnen KV sei aber nicht durch die Satzung gedeckt. Der Beitrag stelle keinen „differenzierten Grundbeitrag je Mitglied“ i.S. der Satzung dar. Es handele sich schlicht um die Erhebung eines Beitrags in Höhe des Promillebeitrags vom Bereinigungsvolumen der jeweiligen KV. § 14 Abs. 2 der Satzung lasse nur die Erhebung eines Promillesatzes der über die KV abgerechneten Vergütung zu. Der streitige Beitrag werde auch nicht dadurch zu einem differenzierten Grundbeitrag, dass die Beklagte einen Beitrag pro Mitglied ermittle, denn Ausgangssumme sei das Bereinigungsvolumen, die Rechnung in § 3 der Richtlinie des Vorstandes sei insoweit zirkulär. Ein (differenzierter) Beitrag sei nur gegeben, wenn der Beitrag mit der Anzahl der Mitglieder variiere. Das werde nicht erreicht, wenn ein Vergütungsvolumen einer KV nur durch die Anzahl ihrer Mitglieder dividiert werde. Ein differenzierter (Kopf-)Beitrag wäre dagegen erreicht, wenn die Berechnung anhand der Jahressumme der Bereinigungsvolumina aller KV multipliziert mit dem Promillesatz und dividiert durch die Anzahl aller Vertragsärzte erfolgen würde. Daraus würde im Fall der Klägerin ein Kopfbeitrag von 3,0669 Euro resultieren. Diese Berechnung dürfte aber dem Äquivalenzprinzip widersprechen, weil KV`en mit einem niedrigen Bereinigungsvolumen und hohen Arztzahlen dann einen höheren Beitrag zu zahlen hätten, der in keinem Verhältnis zu einem größeren Nutzen ihrer Mitglieder stünde. Ein differenzierter Grundbeitrag i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Beklagten sei nicht bereits dann gegeben, wenn eine Summe durch die Anzahl der Mitglieder der jeweiligen KV geteilt würde, denn dies hätte zur Folge, dass die Bestimmung selbst gegen das Äquivalenzprinzip verstoße. Für einen aus dem Bereinigungsvolumen erhobenen Beitrag bestehe schließlich kein Zusammenhang mit den Vorteilen, die das Mitglied aus der Mitgliedschaft bei der Beklagten erhalte. Zwar seien die Aufgaben der Beklagten vielfältig, wie z.B. die Verhandlung der Gesamtverträge. Einen Zusammenhang mit dem Bereinigungsvolumen vermöge die Kammer aber insoweit nicht zu erkennen. Der Nutzen einer KV an der Aufgabenerfüllung der Beklagten sinke mit Zunahme der Vergütungen im Rahmen von Selektivverträgen (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Juni 2014 – L 24 KA 10/13 R, Rn. 22 ff.). Im Übrigen zeige die Regelung des § 77a SGB V, dass die Beklagte die von ihr für den Abschluss von Selektivverträgen geleisteten Tätigkeiten gegenüber den Krankenkassen geltend machen könne und eine Geltendmachung gegenüber den KV gerade nicht vorgesehen sei. Die Beitragserhebung der Beklagten verstoße gegen den abgabenrechtlichen Gleichheitssatz, der auch im Verhältnis der (nicht grundrechtsberechtigen) Beitragspflichtigen zueinander insoweit gelte, als die Beiträge grundsätzlich vorteilsgerecht zu bemessen seien (Hinweis auf BSG, B 6 KA 1/07 R Rn. 21). Ein sachlicher Grund dafür, dass KV`en mit den größeren Bereinigungsvolumina einen höheren Beitrag zahlten als diejenigen mit weniger Bereinigungsvolumina, sei nicht erkennbar. Die Nutzung der Vertragsvorlagen und Qualitätsrichtlinien sowie des EBM auch im Rahmen der Selektivverträge stelle zwar für die teilnehmenden Vertragsärzte, nicht aber für die Klägerin einen Vorteil dar.

 

Die Beklagte hat gegen das ihr am 4. Oktober 2017 zugestellte Urteil am 27. Oktober 2017 Berufung eingelegt. § 14 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Beklagten ermögliche auch eine grundlegend andere Finanzierungsweise als die in Satz 1 genannte. Das gelte auch für die Bezugsgröße. Ein Grundbeitrag je Mitglied stelle eine gänzlich andere Berechnungsgröße dar als ein relativer Anteil an einem definierten Volumen, nämlich eine jeweils fixe Größe. Als Bezugsgröße müssten dafür nicht die in Satz 1 geregelten abgerechneten Vergütungen gelten. Dies ergebe sich aus der in Satz 3 gewählten Wortwahl „anstelle“. Die Satzung lasse grundsätzlich offen, welche Form eines alternativen Berechnungsweges zugrunde gelegt werden dürfe. Es sei deshalb auch unschädlich, wenn ein Anteil an Verwaltungskosten generiert werde, der im Ergebnis dem Betrag entspreche, der sich ergäbe, wenn das Bereinigungsvolumen Bestandteil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung sei.

Bei dem streitigen Beitrag handele es sich um einen „differenzierten Grundbeitrag“ i.S. der Satzung. Dieser erfordere (lediglich), dass er sich aus einer Multiplikation eines bestimmten Betrages mit der Anzahl der Mitglieder ergebe. Somit handele es sich formal um einen Grundbeitrag je Mitglied. Müsse dieser differenziert sein, so stellten sowohl der Beitrag pro Mitglied als auch die Multiplikation mit der Anzahl der Mitglieder jeweils einen „differenzierten Grundbeitrag“ dar, denn beide Werte seien zwischen den einzelnen KV unterschiedlich. Für jede KV ergebe sich bereits deshalb ein anderer Wert.

 

Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip bestehe nicht. Jeder Vertragsarzt/jede Vertragsärztin beanspruche die volle Infrastruktur der KV, auch wenn eine Teilnahme an Selektivverträgen vorliege. Dazu gehöre die gesamte Regelungsstruktur auf Bundesebene. Insbesondere erwüchsen der Beklagten aus den Selektivverträgen weitere Aufgaben, so nach §  87a Abs. 5 Satz 7 SGB V. Der Nutzen der Klägerin sei nicht vergleichbar mit dem Nutzen, den Vertragsärzt*innen aus der Tätigkeit ihrer KV zögen, denn letzterer lasse sich präziser bestimmen. Ein Vorteil könne zudem auch in einer potenziellen Inanspruchnahme der Tätigkeit der KV bestehen (B 6 KA 2/11 R Rn. 13, 18). Beiträge bezögen sich – im Unterschied zu Gebühren – nicht konkret auf einen Vorgang, sondern auf eine gesamthafte Aufgabenwahrnehmung. Die Beklagte habe regelmäßig keinen Einfluss darauf, wie viele Mitglieder der KV an Selektivverträgen teilnähmen. Schließlich liege selbst dann kein grobes Missverhältnis zwischen Beitrag und Nutzen vor, wenn die Klägerin überhaupt keinen Nutzen aus der Tätigkeit zöge. Der streitgegenständliche Bestandteil der Verwaltungskosten betrage – ausgehend vom gesamten Verwaltungskostenumfang von 5,5 Mio Euro – lediglich in etwa 6 %. Auch zahlten die KV mit höheren Bereinigungsvolumen deswegen keine höheren Verwaltungskosten. Wenn ein niedriges Bereinigungsvolumen vorliege, so stelle sich demgegenüber der Anteil der von der KV abgerechneten Vergütungen höher dar, der nach § 14 Abs. 2 Satz 1 der Satzung zur Berechnung herangezogen werden könne.

 

Die Beklagte beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

 

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Bereits der Rechenweg zeige, dass entgegen § 14 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Beklagten keine „grundlegende Alternative“ der Beitragserhebung vorliege, sondern eine Umgehung von § 14 Abs. 2 Satz 1 der Satzung. Die außerhalb der Satzung stehenden Beschlüsse der Vertreterversammlung stünden im Widerspruch zu § 14 Abs. 2 der Satzung. Ein Grundbeitrag je Mitglied im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 3 der Satzung könne offensichtlich nicht ein jährlich an die Bereinigungsvolumina rechnerisch angepasster Beitrag sein, der lediglich der Wiederherstellung der Umlageverteilung diene, wie sie sich bei Berechnung der Beiträge nach § 14 Abs. 2 Satz 1 unter Hinzurechnung der Bereinigungsbeträge ergäbe. Weder liege eine Finanzierung vor, die „an die Stelle“ der Finanzierungsweise nach den Sätzen 1 und 2 trete noch ein „Grundbeitrag je Mitglied“. Dies werde insbesondere deutlich durch die zur 7. Sitzung der Vertreterversammlung der Beklagten vorgelegten Unterlagen aus 2010 mit den Alternativmodellen 2 und 3. Für diese sei damals gerade moniert worden, dass es zu Umverteilungen unter den Mitgliedern der Beklagten gegenüber dem bisherigen Finanzierungsmodell komme. Es liege auch deshalb kein differenzierter Grundbeitrag vor, weil seine Höhe nicht abhängig von der Anzahl an Mitgliedern der KV sei. Gemäß den Grundsätzen des BSG zur Beitragserhebung der KV von den Vertragsärzt*innen spiegele ausschließlich die über die Klägerin abgerechnete Gesamtvergütung den Nutzen wider, den diese von der Tätigkeit der Beklagten habe. Der Nutzen verringere sich durch eine bereinigte Gesamtvergütung, das Bereinigungsvolumen sei in keiner Weise geeignet, den Umfang des Nutzens zu repräsentieren. Die Klägerin als KV profitiere weder von der Teilnahme ihrer Mitglieder an Selektivverträgen noch der Mitnutzung der Regelungen auf Bundesebene. Von der Einschränkung des Versorgungsauftrags durch Abschluss von Selektivverträgen sei die Beklagte im Übrigen genauso betroffen wie die Klägerin. Eine vermeintliche weitere Aufgabe der Beklagten im Zusammenhang mit Selektivverträgen sei von der regulären Verwaltungskostenumlage abgegolten. Da das Bereinigungsvolumen (überhaupt) nicht zur Deckung der Verwaltungskosten der Beklagten herangezogen werden dürfe, komme es auf die konkrete Höhe der daraus ermittelten Kopfbeiträge nicht an. Auf den abgaberechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz könne sich die Klägerin nach der Rechtsprechung des BVerfG auch als Körperschaft des öffentlichen Rechts berufen.

 

Das „Modell 6“, welches die Vertreterversammlung der Beklagten am 8.12.2011 zur Erhebung der Verwaltungskostenumlage beschlossen und mit dem angefochtenen Bescheid auch umgesetzt habe, führe zu einer Belastung der Klägerin. Bereits ausweislich der Ergebnisse, welche der Vertreterversammlung für dieses Modell vorgelegen hätten, habe sich gezeigt, dass für die Klägerin eine um 147.135,30 € höhere Verwaltungskostenumlage entstehen werde. Wie sich aus den der Vertreterversammlung seinerzeit vorgestellten Alternativmodellen 2 und 3 ergebe, (z.B. Modell 2 mit einem Mitgliedsbeitrag je abgerechneten Arzt einer KV sowie Modell 3, welches ein Mischsystem zwischen Mitgliedsbeitrag und einer Umlage in Promille skizziert habe), habe die Beklagte von vornherein das Ziel verfolgt, die Auswirkungen der Minderung der Gesamtvergütungen durch die Teilnahme an Selektivverträgen auszugleichen. Dabei habe sich die Belastung der einzelnen KV durch die Umlagen nicht verändern sollen. Sachwidrig sei es, einerseits eine unveränderte Belastung der Mitglieder entsprechend dem Maßstab des § 14 Abs. 2 S. 1 der Satzung anzustreben, aber gleichzeitig durch die Reduzierung der über die Klägerin abgerechneten Vergütungen und den Zugriff auf die Selektivverträge ein tatsächlich abweichendes Ergebnis für sie zu erreichen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2013 aufgehoben. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die mit ihm erfolgte Festsetzung einer Verwaltungskostenumlage in Gestalt der „Jahressumme der Kopfbeiträge“ in Höhe von 343.564,62 Euro hat keine ausreichende Rechtsgrundlage.

 

A. Der Senat ist zur Entscheidung über die Berufung in der sich aus §§ 12 Abs. 3 Satz 2, 33 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebenden Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte berufen, da ein Streit über die Festlegung der Verwaltungsumlage gegenüber einer Kassenärztlichen Vereinigung durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung eine Angelegenheit der Vertragsärzte betrifft.

 

 

B. Die Klage der Klägerin ist zulässig und begründet.

 

1. Rechtsgrundlage für die Festsetzung einer Verwaltungskostenumlage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gegenüber einem Mitglied, hier der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, ist § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5         SGB V i.V.m. § 14 Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der hier maßgeblichen Fassung der Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 22. April 1956 sowie der nachfolgenden Beschlüsse, zuletzt vom 2. März 2012.

 

§ 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ermächtigt die Körperschaften, Beiträge zur Aufbringung ihrer Mittel von den Mitgliedern zu erheben. In dieser Regelung liegt die Ermächtigung für die Vorschriften über die Festsetzung von Verwaltungskosten (allgemein: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 6 KA 1/13 R, Rn. 13). Der Beitragsbegriff einer darauf beruhenden Satzung ist weit auszulegen (Steinmann-Munzinger in: Schlegel/Voelzke, § 81 SGB V Rn. 29 m.w.N.). § 81 SGB V enthält keine expliziten Regelungen über die Beitragsfindung zu den Verwaltungskosten der Kassenärztlichen Vereinigungen. Er überlässt die Art und Weise dem Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers (Schirmer, ZGMR 2009, 145, 152 f.). Davon hat die Beklagte mit § 14 ihrer Satzung Gebrauch gemacht.

 

2. Auf § 14 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Satzung kann sich die streitige Beitragserhebung der Beklagten deshalb nicht stützen, weil nach dieser Regelung Bemessungsgrundlage der Verwaltungskostenumlage allein die „über die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung abgerechneten Vergütungen“ waren. Das ergibt sich hinreichend klar aus dem Wortlaut. Die Bereinigungsvolumina, welche die Beklagte zur Festsetzung der „Jahressumme der Kopfbeiträge“ herangezogen hat, waren gerade keine „über die Klägerin abgerechnete Vergütung“ i.S. der Satzungsbestimmung. Die ärztlichen Leistungen der Versorgungsformen der integrierten Versorgung (§§ 140a bis 140c in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung), der hausarztzentrierten Versorgung sowie der besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung (§§ 73b und 73c SGB V) erfolgten auf der Grundlage besonderer Verträge mit den Krankenkassen („Selektivverträge“). Soweit die Versorgung der Versicherten durch diese sichergestellt war, war der Sicherstellungsauftrag der einzelnen KV eingeschränkt (§ 73b Abs. 4 Satz 6 SGB V, §  73c Abs. 3 Satz 4, § 140a Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung vom 26. März 2007 bzw. 22. Dezember 2011). Auch die Vergütung der Ärzte/Ärztinnen basierte auf den Selektivverträgen (§ 73b Abs. 5, § 73c Abs. 4 Satz 1 SGB V in der ab dem 1. Januar 2012 geltenden Fassung vom 22. Dezember 2011, § 140c SGB V in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung). Die Gesamtvergütung war in der Folge um den Umfang der Selektivverträge zu bereinigen (§ 73b Abs. 7 Satz 2 i.V.m. Satz 1 SGB V in der Fassung vom 22. Dezember 2011, § 73c Abs. 6 Satz 1 und 2 SGB V in der Fassung vom 26. März 2007, § 140d Abs. 1 in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung,     § 87a Abs. 3 Satz 2 SGB V). Die Ermittlung der Bereinigungsvolumina gehörte zwar zur Aufgabe der (einzelnen) KV. Eine Verteilung an die Vertragsärzte und -ärztinnen und somit eine Abrechnung der Vergütungen für ärztliche Versorgung i.S. von § 14 Abs. 2 Satz 1 der Satzung hatte die KV damit aber nicht vorzunehmen.

 

3. Auf § 14 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Beklagten kann sich die Verwaltungskostenumlage „Jahressumme der Kopfbeiträge“ ebenso wenig stützen, weil die Regelung hierfür keine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage darstellt. Das Bestimmtheitsgebot als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips verlangt, dass Ermächtigungen zur Vornahme belastender Verwaltungsakte nach Inhalt, Gegenstand und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sind, so dass die Eingriffe messbar und im gewissen Umfang für den Betroffenen voraussehbar und berechenbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 1958 - 2 BvL 4, 26, 40/56 -, BVerfGE 8, 274, 325).

 

a. Auch die Satzungsbestimmungen, die in Ausübung des Gestaltungsspielraumes einer Körperschaft (dazu oben) zur Erhebung von Verwaltungskostenumlagen von KV`en erlassen werden, müssen dem Bestimmtheitsgebot entsprechen. Allgemein verfolgt der Bestimmtheitsgrundsatz für abgaberechtliche Vorschriften das Ziel auszuschließen, dass in Folge ihrer Unbestimmtheit die Körperschaft die Möglichkeit erhält, schlicht willkürlich Beiträge von den Mitgliedern zu erheben. Für Abgaben und Beiträge soll die Kostenerhebung außerdem für die Mitglieder vorhersehbar sein. Es muss sich aus der Satzung kalkulieren lassen, mit welchen Beiträgen Mitglieder zu rechnen haben, zumindest aber, was Grundlage der Beitragsbemessung sein kann und was nicht. Für die Mitglieder einer KV, die einzelnen Vertragsärzte/Vertragsärztinnen, ist das deshalb bedeutsam, weil die Höhe des Beitrags zur KV unmittelbar die Höhe ihres Gewinns im Sinne des (Rein-)Ertrags aus ihrer ärztlichen Tätigkeit beeinflusst. Je höher die Verwaltungskostenumlage ist, desto niedriger ist der Reinertrag pro Vertragsarzt/Vertragsärztin. Im Bereich des § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V dient der Bestimmtheitsgrundsatz einer Satzungsregelung auch dazu, die Erhebung einer Verwaltungskostenumlage einer aufsichtsrechtlichen Prüfung u.a. daraufhin zu unterziehen, ob die Grenzen der Satzungsermächtigung eingehalten werden (vgl. zum Erfordernis der aufsichtsrechtlichen Genehmigung, § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V, dazu BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 6 KA 1/13 R –, Rn. 19).

 

Regelungen über eine Erhebung von Verwaltungskostenabgaben einer KV müssen entweder in der Satzung selbst getroffen werden oder diese muss eine entsprechende – wirksame – und bestimmte Ermächtigung für die Vertreterversammlung enthalten (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 6 KA 1/13 R –, Rn. 16). § 81 SGB V bestimmt insoweit zwar keinen Numerus Clausus der Finanzierungsformen. Zu den grundlegenden und unverzichtbaren Bestimmungen gehört jedoch die ausdrückliche Benennung der für die Aufbringung der Mittel in Frage kommenden Finanzierungsmodelle in der Satzung selbst. Es genügt nicht, wenn eine Satzung der Vertreterversammlung insoweit eine unbestimmte Globalermächtigung erteilt (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 6 KA 1/13 R –, Rn. 18/19). Mit anderen Worten: Erforderlich aber auch ausreichend ist es, wenn die Satzung die grundlegenden Bestimmungen über die Aufbringung der Mittel enthält; die genaue Höhe des Betrags kann sie dagegen der Vertreterversammlung zur normativen Regelung vorbehalten (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 84/03 R –, Rn. 98, juris).

 

Von diesen strengen Anforderungen an die den Eingriff tragende Satzungsermächtigung sind nicht deshalb Abstriche zu machen, wenn und weil die Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft selbst Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, wie es bei der Beklagten im Verhältnis zu den einzelnen KV`en der Fall ist. Auch die einzelnen KV`en sind, nicht anders als ihre einzelnen Mitglieder, die Vertragsärzt*innen, auf eine Vorhersehbarkeit der möglichen Abgabepflichten angewiesen. Sie müssen ihrerseits die zu erbringenden Verwaltungsumlagen als Verwaltungskosten in ihre Haushaltsplanung einstellen und über eine Umlage auf ihre Mitglieder entscheiden. Knüpfen die satzungsrechtlichen Abgabebestimmungen der Körperschaft auf Bundesebene ihrerseits an die Vergütungen der Vertragsärzt*innen der einzelnen KV`en an, besteht das Bestimmtheitserfordernis schließlich auch in deren Interesse. Zum einen wird die Verwaltungskostenumlage, die die einzelne KV schuldet, unmittelbar durch die Höhe der vertragsärztlichen Vergütungen bestimmt. Zum anderen wird, soweit die KV sie auf die einzelnen Vertragsärzt*innen umlegt, die Verwaltungskostenumlage der Beklagten – je nach Ausgestaltung der Haushalte der KV – an die Vertragsärzt*innen durchgereicht.

 

b. § 14 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Beklagten wird diesen Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit einer Satzungsregelung zur Überzeugung des Senats nicht gerecht. Aus dem in ihm eingangs verwendeten Begriff „anstelle“ lässt sich ersehen, dass die Vertreterversammlung ermächtigt werden soll, ein anderes Finanzierungsmodell als dasjenige der Sätze 1 und 2 zu bestimmen. Das meint grundsätzlich ein alternatives Finanzierungsmodell. Nicht entschieden ist damit, ob diese (alternative) Beitragserhebung in Abkehr von einem Promillesatz (nach Satz 2) oder von der (über die KV) abgerechneten Vergütung (Satz 1) oder in Abkehr von beiden erfolgen kann. Satz 3 setzt im Folgenden zwei Finanzierungsmodelle ihrerseits in ein Alternativverhältnis zueinander. Zum einen benennt er die Erhebung eines „Grundbeitrags je Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung“, zum anderen eine „Kombination der Verfahrensweisen nach Sätzen 1 bis 3“, damit wohl ein Mischmodell. Dieses Kombinationsmodell wäre im Ergebnis keines, welches „anstelle“ (= vollständig an die Stelle) des nach Satz 1 und 2 bestimmten Finanzierungsmodells treten würde, sondern könnte ein Modell nach Satz 1 als einen Teil einschließen. Gleichzeitig ergibt sich aus Satz 3, 1. Alternative, dass der zweite (notwendige) Bestandteil eines Mischmodells nur ein Modell mit einem „gegebenenfalls differenzierten Grundbeitrag“ sein kann. Ein daneben noch anderes Modell wäre nicht Teil einer Kombination. Bezugnehmend darauf geht auch die Beklagte davon aus, mit den zwei Arten von Verwaltungskostenumlagen, anknüpfend zum einen an das über die KV abgerechnete Honorarvolumen, andererseits an das Bereinigungsvolumen, im Ergebnis ein Mischmodell i.S. des Satz 3 angewandt zu haben.

 

Indes ist das von Satz 3, 1. Alternative umschriebene Finanzierungsmodell, einer „Umlage, die nach einem gegebenenfalls auch differenzierten Grundbeitrag je Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung“ bemessen werden darf, nicht hinreichend bestimmt. So wird der Begriff eines „Grundbeitrags“  (je Mitglied) in der Satzung nicht (legal-)definiert. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe in einer Ermächtigung ist unter Bestimmtheitsaspekten unbedenklich, solange ihr Sinn mittels Auslegung ermittelt werden kann. Der Rechtsbegriff des Grundbeitrags findet sich an keiner anderen Stelle der Satzung. Er findet sich aber z.B. in den Vorschriften zur Berechnung des Beitrags zur Unfallversicherung, so in §  182 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII). Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften werden in Abs. 2 dieser Vorschrift ermächtigt, in der Satzung zu den Berechnungsgrundlagen für die Beiträge zur Unfallversicherung in den Unternehmen deren Unfallrisiken, insbesondere durch die Bildung von Risikogruppen zu berücksichtigen. Die Satzung kann dazu auch einen Gefahrtarif aufstellen (Abs. 2 Satz 2). Hintergrund ist, dass sich der Beitrag damit am Unfallrisiko des jeweiligen Betriebes orientieren soll. Die Satzung kann zusätzlich zu diesen Berechnungsgrundlagen Mindestbeiträge und Berechnungsgrundlagen für Grundbeiträge festlegen (§ 182 Abs. 2 Satz 4 SGB VII). Der Grundbeitrag ist nach diesem Verständnis einheitlich in der Höhe und unabhängig von der Art und der Größe des Unternehmens. Er dient der Deckung der mit jeder Veranlagung zur Unfallversicherung verbundenen Verwaltungskosten. Grundbeiträge werden somit erhoben, um allgemeine Verwaltungskosten und ein allgemeines Arbeitsunfall- und Berufskrankheitenrisiko, also ein allgemeines Grundrisiko abzudecken (Düsing/Martinez/Scheer, SGB VII § 182 Rn. 4; Jochem Schmitt, SGB VII § 182 Rn. 7; KassKomm/Ricke, SGB VII § 182 Rn. 5). Übertragen auf die Satzungsbestimmung der Beklagten könnte ein Grundbeitrag – davon ausgehend – noch als ein solcher bestimmt werden, der in seiner Höhe nicht an ein Honorar oder eine Vergütung oder an eine andere Variablen anknüpft. Aus seiner weiteren  Umschreibung „je Mitglied“ lässt sich zudem annehmen, dass ein kopfbezogener Beitrag (d.h. pro Mitglied der KV) gemeint sein könnte. Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte, wie sie sich aus den Folien ergibt, welche der Vertreterversammlung der Beklagten am 8./9. Dezember 2011 vorlagen und die die Klägerin mit Schriftsatz vom 22. März 2021 eingereicht hat (dazu näher 4.).

 

Vollends unbestimmt wird das Finanzierungsmodell des Satzes 3 jedenfalls unter Berücksichtigung der weiteren attributen Adjektive, mit denen der Grundbeitrag näher umschrieben wird. Die Formulierung, dass die Umlage nach „einem gegebenenfalls auch differenzierten Grundbeitrag“ erhoben werden kann, bestimmt nicht, was genau differenzierend sein soll. Die Formulierung „gegebenenfalls auch differenziert“ erscheint unvertretbar weit und lässt unvorhersehbare Ergebnisse zu, kann also verstanden werden als Ermächtigung zur Festlegung eines „irgendwie gearteten“ Grundbeitrages. Die Formulierung kann die Höhe des Grundbeitrags je Mitglied oder die Gruppe der Mitglieder meinen, die den Grundbeitrag zu tragen haben. Mit dem Einschub „gegebenenfalls“ ist vor allem offen gelassen, welches die „Gegebenheiten“ sind, die zu einer Differenzierung in der einen oder anderen Art berechtigen. Es fehlt eine nähere Bestimmung oder eine z.B. regelhafte Aufzählung der für den Grundbeitrag maßgebenden Gegebenheiten. Satz 3 lässt somit weder erkennen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Grundbeitrag je Mitglied der KV erhoben werden soll noch, wie ein solcher ausgestaltet wird, konkret was die Parameter für seine Höhe sind. Dabei wäre eine nähere Bestimmung umso notwendiger gewesen, als Satz 3 auch gerade eine „Kombination der Verfahrensweisen“ aus dem Modell der Sätze 1 und 2 sowie Satz 3 eröffnet (dazu oben). Ist schon nicht hinreichend bestimmt, was der „gegebenenfalls auch differenzierte“ Grundbeitrag je Mitglied der KV sein soll, so lässt sich der Satzungsbestimmung in keiner Weise zuverlässig entnehmen, ob es eine „Kombination“ der Finanzierungsmodelle i.S. der Satzung darstellt, wenn eine Verwaltungskostenumlage neben dem abgerechneten vertragsärztlichen Honorar als weitere Bemessungsgrundlage die Bereinigungsvolumina und einen für beide identischen Promillesatz verwendet. Im Gegenteil wirkt die überraschende Anknüpfung des Grundbeitrags an das Bereinigungsvolumen willkürlich. Dass hier eine in der Satzungsbestimmung selbst angelegte begriffliche Unwucht vorliegt, zeigen nicht zuletzt der hier vorliegende Rechtsstreit und die ihn ihm geführten unterschiedlichen Argumentationen der Beteiligten sehr deutlich.

 

c. § 14 Abs. 2 Satz 3 der Satzung wurde nicht durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung konkretisiert. Es kann offen bleiben, ob diese Beschlüsse inhaltlich geeignet wären, eine Konkretisierung herbeizuführen. So hat zwar mit Beschluss der Vertreterversammlung von 8./9. Dezember 2011 diese das vom Finanzausschuss der Beklagten vorgestellte „Modell Nr. 6“ als Berechnungsgrundlage des jeweiligen Beitrags gemäß § 14 der Satzung beschlossen. Diesem auch grafisch aufbereiteten Modell lassen sich aber nur  Grundzüge eines Berechnungs- und damit Finanzierungsmodells entnehmen. Es bezieht sich nach dem Beschluss der Vertreterversammlung auf § 14 der Satzung insgesamt und knüpft z.B. auch in „Schritt 3“ in keiner Weise an den Begriff des „Grundbeitrags“ nach § 14 Abs. 2 Satz 3 an. Der Beschluss der Vertreterversammlung vom 6./7. Dezember 2012 zum Haushaltsplan der Beklagten für das Jahr 2013 legt fest, mit welchem Promillesatz die Verwaltungskostenumlage, ausgehend von den über die KV abgerechneten Vergütungen, festgesetzt wird (TOP 4.2 Anhang 1, Ziff. 3 Satz 1). Ziff. 3 Satz 2 benennt als Basis einer „definitiven“ Verwaltungskostenumlage auch das arztbezogene Bereinigungsvolumen und bezieht sich auf den Beschluss der Vertreterversammlung vom 8./9. Dezember 2011. Im Unterschied zu Ziff. 3 Satz 1 wird für die Bereinigungsvolumina aber explizit kein maßgeblicher Promillesatz bestimmt.

 

Beschlüsse der Vertreterversammlung können eine unbestimmte Satzung nicht wirksam ergänzen und den Mangel damit „heilen“. Sie haben nicht die Qualität von Satzungsbeschlüssen, insbesondere Satzungsänderungsbeschlüssen und damit nicht automatisch die Qualität von Rechtsnormen. Änderungen der Satzung der Beklagten bedürfen zwar nur einer Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder der Vertreterversammlung (§ 20 Satz 2, 2. Halbsatz der Satzung). Sie unterliegen aber – wie auch allgemein Satzungsbeschlüsse – der Pflicht zur Veröffentlichung (§ 20 Satz 2 und Satz 1 der Satzung der Beklagten) und außerdem der Genehmigungspflicht der Aufsichtsbehörden gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V (§ 20 Satz 1 der Satzung der Beklagten). Die Richtlinie des Vorstandes vom 14. März 2013 dagegen, die ein konkretes Berechnungsmodell für den Kopfbetrag in § 1 Abs. 2, § 2 Satz 3 und vor allem § 3 Abs. 2 errichtet, entzieht sich einer Prüfung durch die Aufsichtsbehörde und ist nur Verwaltungsbinnenrecht. Sie findet in §  81 SGB V keine Grundlage und fußt ihrerseits auf § 14 Abs. 3 Satz 4 der Satzung, wonach der Vorstand eine Berechnung zur Deckung der Verwaltungskosten vorlegt.

 

d. Speziell hinsichtlich des Begriffs „Grundbeitrag“ in § 14 Abs. 2 Satz 3 der Satzung lässt sich dieses Ergebnis auch aus einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze des BSG zum gleichlautenden Begriff in § 182 Abs. 2 Satz 4 SGB VII begründen (dazu bereits oben). Im Gegensatz zu dem risikobezogenen Beitrag i.S. des § 182 Abs. 2 Satz 2 SGB VII gilt für den Grundbeitrag in der Unfallversicherung, dass dieser in der Satzung der Berufsgenossenschaft selbst festgelegt werden muss. Das BSG begründet dieses Erfordernis für § 182 Abs. 2 Satz 4 SGB VII nicht nur mit dem Wortlaut der Vorschrift, sondern sieht es als Gebot der Bestimmtheit. Die Merkmale, nach denen sich dieser Beitrag (in der Unfallversicherung) bemisst, müssen im Rahmen des Möglichen in der Satzung so genau bestimmt werden, dass die Beitragslast vorausberechnet werden kann. Von dieser Verpflichtung kann ein weiter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, den das Gesetz der Selbstverwaltung hinsichtlich der Beitragsgestaltung einräumt, nicht entbinden. Dies gilt insbesondere dann, wenn Berufsgenossenschaften unter zahlreichen Beitragsmaßstäben wählen und diese nach ihrem Ermessen mit einem Grundbeitrag oder einem Mindestbeitrag kombinieren können. Es besteht in dieser Situation, so das BSG, verstärkt die Notwendigkeit, die maßgebenden Berechnungsgrundlagen in der Satzung hinreichend klar festzulegen, damit die Beitragserhebung für die Betroffenen transparent und nachvollziehbar ist. Delegieren darf der Satzungsgeber lediglich solche Festlegungen, die er selbst nicht treffen kann, weil z.B. eine für die Beitragsberechnung benötigte Berechnungsgrundlage im Vorhinein nicht bekannt ist (BSG Urteil vom 7. Dezember 2004 – B 2 U 43/03 R). Ausgehend davon war im Fall der Beklagten die Delegation der maßgebenden Entscheidungen i.S. der näheren Bestimmung des Grundbeitrags auf die Vertreterversammlung nicht deshalb geboten, weil dem Satzungsgeber eine dafür benötigte Berechnungsgrundlage im Vorhinein nicht bekannt war. Es war dem Satzungsgeber vielmehr gerade möglich und unbenommen, das „Ob“ und „Wie“ eines Grundbeitrags in der Satzung selbst zu bestimmen.

 

4. § 14 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Beklagten ist vor diesem Hintergrund nichtig. Eine geltungserhaltende Reduktion der Norm scheidet aus. Würde sie im Sinne eines „Grundbeitrags je Mitglied“ interpretiert, würde damit aus Sicht des Senats in die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers eingegriffen.

 

Selbst wenn aber eine solche geltungserhaltende Reduktion für zulässig erachtet würde, stehen die Beschlüsse der Vertreterversammlung der KBV vom 8./9. Dezember 2011, vom 6./7. Dezember 2012 und die „Richtlinie zur Festlegung der Bemessungsgrundlage und Zahlung der Verwaltungskostenumlage für die Kassenärztliche Bundesvereinigung“ vom 14. März 2013 jeweils im Widerspruch zum „Grundbeitrag je Mitglied der KV“ i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 3 der Satzung. Der Begriff geht davon aus, dass die Grundbeiträge mitglieds- und damit  kopfbezogen ausgestaltet werden sollten. Dies ergibt sich semantisch aus der Formulierung „Beitrag je Mitglied“ der KV. Das Wort „je“ steht für einen mitgliederbezogenen Beitrag. Mitgliederbezogen ist nach überkommener Auffassung ein Beitragsaufkommen dann, wenn die einzelnen Beiträge pro Mitglied erhoben werden und damit die Gesamthöhe von der Zahl der Mitglieder abhängig ist. Für ein solches Verständnis spricht im Fall der Satzung der Beklagten die Entstehungsgeschichte. Wie sich aus den Folien ergibt, die der Vertreterversammlung der Beklagten 2011 zu den sechs verschiedenen Finanzierungsmodellen vorlagen, erfolgten die Satzungsänderung in § 14 und die Auswahl des Modells 6 vor dem Hintergrund eines Vorschlags von Vertretern der „KV Niedersachsen (KVN) am 1. Oktober und 3. Dezember 2010“. Die Neufassung von §  14 Abs. 2 der Satzung in der schließlich in Kraft getretenen Form erfolgte auf Antrag der KVN. Diese verfolgte das Ziel, dass die KBV künftig eine Verwaltungskostenumlage in Euro je Mitglied der KV erhebt [„pro-Kopf-Umlage“, vgl. Bl. 181 der Gerichtsakte „Hintergrund (V)“].

 

In dem vom Vorstand der Beklagten in der Richtlinie (2013) schließlich gewählten und mit dem angefochtenen Bescheid gegenüber der Klägerin auch 1:1 umgesetzten Beitragsberechnungsmodell eines „Kopfbeitrags“ liegt kein mitgliederbezogener Grundbeitrag; im Ergebnis des Berechnungsmodells der Beklagten gilt bundeweit für jede KV ein anderer „Grundbeitrag“. Trotz der Überschrift „Ermittlung des Umlagesatzes und des Kopfbeitrags“ in § 2 wird in dessen Satz 3 allein die Ermittlung des „Umlagesatzes“ u.a. unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 und 2 definiert, der Kopfbeitrag dagegen nicht. Die in § 3 Abs. 2 schließlich konkret rechnerisch vorgegebene Ermittlung des Kopfbeitrags erfolgt ebenfalls nicht mitgliederbezogen. Ausgangspunkt und Berechnungsgrundlage ist danach die Gesamtsumme des Bereinigungsvolumens. Aus dieser soll anteilig  die „Jahressumme der berechneten Kopfbeiträge einer KV“ mittels desselben Promillesatzes ermittelt werden, der auch für die Berechnung des Umlagesatzes gilt. Aus diesem wird nicht dadurch ein (Grund-)Beitrag je Mitglied, dass die Gesamtsumme gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie durch die „durchschnittliche Mitgliederzahl der abrechnenden Ärzte der KV“ dividiert wird. Es ergibt sich aus dem Begriff der durchschnittlich „abrechnenden Ärzte der KV“ nicht eindeutig, ob damit alle über die KV abrechnenden Ärzt*innen gemeint sind oder nur diejenigen, die die im Bereinigungsvolumen enthaltenen Leistungen der Selektivversorgung abrechnen (zur Unzulässigkeit einer Gebühren- oder Beitragserhebung im letzteren Sinne, Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27. Juni 2014 – L 24 KA 10/13, Rn. 22 und 24, juris). Unabhängig von diesen Detailfragen wird die Jahressumme selbst durch den letzten Rechenschritt nicht mitgliederbezogen. Denn die Anzahl der Mitglieder der KV hat keinerlei Auswirkungen auf die Höhe der Beitragsschuld der KV. An den letzten (Divisions-)Rechenschritt knüpfen sich für die einzelne KV überhaupt keine beitragsrelevanten Folgen. Vielmehr wird dadurch unvollkommen kaschiert, dass mit der Verwaltungskostenumlage „Jahressumme der Kopfbeiträge“ schlicht eine Erstreckung der in § 14 Abs. 2 Satz 1 der Satzung vorgesehenen umsatzbezogenen Erhebung stattfindet. Das hat die Beklagte selbst mit ihrem Vortrag, es liege „formal“ ein Grundbeitrag je Mitglied vor, treffend beschrieben.

 

5. Es kann nach obigen Erwägungen im Ergebnis offen bleiben, ob die „Jahressumme der Kopfbeiträge“ auch dem Äquivalenzprinzip widerspricht, wovon das Sozialgericht überzeugt war. Mindestvoraussetzung für eine äquivalenzgerechte Beitragserhebung ist, dass überhaupt ein (messbarer) Vorteil/Nutzen aus einer Mitgliedschaft abgegolten wird. Bezogen auf die Heranziehung der Bereinigungsvolumina als Ausdruck der selektivvertraglichen Leistungen ist entscheidend, was genau der Nutzen ist, den eine einzelne KV von ihrer Mitgliedschaft in der Beklagten hat. Dafür dürfte auf die Körperschaft selbst abzuheben sein, dagegen nicht ihre KV-Mitglieder. Seit dem 23. Juli 2015 kann die Beitragserhebung auf Bereinigungsvolumina an eine gesetzliche Aufgabe der KBV und den Nutzen für die einzelne KV anknüpfen. Seither haben die Beklagte im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen Verfahren zur Honorarbereinigung festzulegen (§ 87b Abs. 4 Satz 2 SGB V in der ab dem 23. Juli 2015 geltenden Fassung) bzw. der Bewertungsausschuss gemäß § 87a Abs. 5 Satz 7 SGB V Vorgaben für das Verfahren zu machen. Für den Zeitraum davor, also auch 2013, erfolgte die Bereinigung des Behandlungsbedarfs zwar auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM). Die Beklagte ist Trägerorganisation des Bewertungsausschusses, der den einheitlichen Bewertungsmaßstab zu vereinbaren hat (§ 87 Abs. 1 SGB V) Der EBM hat aber in erster Linie Bedeutung für den Inhalt der vertragsärztlichen Leistung und deren Vergütung, also die Verteilung der Gesamtvergütung (Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, § 19 Rn. 7). Der Vorteil, den die einzelne zur Bereinigung verpflichtete KV daraus ziehen konnte, war ein nur mittelbarer. Ob das den Zugriff auf das gesamte Bereinigungsvolumen im Rahmen der Beitragserhebung rechtfertigt oder außer Verhältnis zu dem Umfang des tatsächlichen Nutzens stand, muss der Senat nicht entscheiden (vgl. für die Erhebung von Grundbeiträgen, um die durch eine Auslagerung der Honorarumsätze sinkenden Verwaltungskostenbeiträge zu kompensieren, Schiller/Rückeshäuser, HK-AKM Nr. 4835 Rn. 126).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

 

 

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 SGG).

 

 

Rechtskraft
Aus
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