Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. Juli 2021 aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die mit Bescheid vom 5. November 2020 festgestellte Regelaltersrente für die Zeit ab 27. April 2021 in voller Höhe zu zahlen.
Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im gesamten Verfahren.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Die Antragsgegnerin war in Gestalt einer gerichtlichen Regelungsanordnung iSv § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, für die Zeit ab Eingang des Rechtsschutzantrags (27. April 2021) die bestandskräftig festgesetzte Regelaltersrente (RAR) vorläufig weiter in voller Höhe an den Antragsteller auszuzahlen. Ein Anordnungsgrund kommt für die Zeit vor dem Eingang des Antrags aber nicht in Betracht. Sinn der einstweiligen Anordnung ist es, für die Zukunft eine Regelung zu treffen, bei Geldleistungen für die Vergangenheit, also für Zeiten vor Eingang des Antrags bei Gericht, fehlt deshalb in aller Regel der Anordnungsgrund (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn 35a mwN aus der Rspr). Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn ein Nachholbedarf erkennbar ist, was hier nicht der Fall ist.
Der Anordnungsanspruch des Antragstellers folgt unmittelbar aus der bindenden (vgl § 77 SGG) Bewilligung von RAR, die bislang weder aufgehoben noch geändert worden ist. Dabei ist ohne Belang, ob der zuletzt verlautbarte und bis 31. Dezember 2020 ausgezahlte Wert des Rechts auf RAR möglicherweise objektiv rechtswidrig zu hoch festgesetzt worden ist, weil der Antragsteller nach dem 31. Dezember 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Polen begründet haben könnte. Eine Rechtsgrundlage für die verfügte teilweise, dh die Versicherungszeiten in Polen betreffende, Zahlungseinstellung ist jedenfalls nicht ersichtlich.
Soweit die Antragsgegnerin sich – zutreffend - auf die Mitwirkungspflichten des Antragstellers gemäß § 60 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) beruft, kommt eine (teilweise) Entziehung nur nach Maßgabe von § 66 Abs. 1 und Abs. 3 SGB I in Betracht. Eine den Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 SGB I entsprechende Rechtsfolgenbelehrung lässt sich indes weder dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 2. März 2021 noch dem vom 9. April 2021 entnehmen. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur (versagt oder) entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist. Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin die Leistung zunächst ganz, dann teilweise eingestellt, ohne den Antragsteller zuvor schriftlich darauf hingewiesen zu haben, welche Folgen eine unterbliebene Mitwirkung in Bezug auf die Rentengewährung haben wird. Angesichts des klaren Wortlautes des Gesetzes, wie er in § 66 Abs. 3 SGB I formuliert ist, kann die "nachträgliche" Aufforderung, eine Mitwirkungshandlung vorzunehmen, eine vorher vorgenommene Entziehung der Rente nicht sanktionieren und zur Rechtmäßigkeit der Entziehung führen.
Es liegt für die getroffene Anordnung auch ein Anordnungsgrund iS eines unaufschiebbar eiligen Regelungsbedürfnisses vor. Ein möglicher Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII) steht dem nicht entgegen, weil der Antragsteller weder im SGB XII-Leistungsbezug steht noch einen entsprechenden Antrag gestellt hat (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl, § 86b Rn 29e,29f mwN aus der Rspr).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).