L 9 KR 424/20

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 210 KR 2443/18
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 424/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. September 2020 wird zurückgewiesen.

 

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 8.075,38 Euro festgesetzt.

Gründe

 

I.

 

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Vergütung von stationärer Krankenhausbehandlung.

 

Das H Klinikum B-B behandelte in der Zeit vom 29. Mai 2016 bis zum 7. Juni 2016 im Rahmen eines stationären Aufenthalts den bei der Klägerin versicherten H-H H. Die Klägerin beglich die von dem Krankenhaus erstellte Rechnung in Höhe von 15.985,35 Euro vollständig. Sie veranlasste eine Einzelfallbegutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Frage, ob Haupt- und Nebendiagnose gerechtfertigt waren und die korrekten Prozeduren korrekt kodiert wurden, konkret, ob OPS 9-200.0  abgerechnet werden durfte. Der MDK kam zu der Auffassung, die Hauptdiagnose C 83.1 sei nicht plausibel, es hätte stattdessen A51.51 als Haupt- und C83.1 als Nebendiagnose kodiert werden müssen. Außerdem sei der OPS Kode 9-200.0 in 8-800f.2 und 8-800g.2 zu ändern, schließlich seien die Voraussetzungen für das Zusatzentgelt (ZE) 130.01 nicht gegeben. Unter Berufung darauf bat die Klägerin das Krankenhaus ohne Erfolg um eine Korrekturmeldung. Im Ergebnis mehrerer Widersprüche und MDK-Stellungnahmen stimmte die Klinik der Auffassung der Beklagten teilweise zu, der Änderung der Hauptdiagnose widersprach das Krankenhaus weiter.

 

Mit der am 7. November 2018 beim Sozialgericht Berlin gegen die „H Kliniken GmbH als Trägerin des H Klinikums B-B, vertreten durch den Geschäftsführer F S, Fstraße, B, IK Nr.“ gerichteten Zahlungsklage hat die Klägerin beantragt, die o.g. Beklagte zu verurteilen, an sie den Betrag von 8.075,38 € nebst Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2019 beantragte sie eine Berichtigung des Passivrubrums mit der Maßgabe, als Beklagte „H Klinikum B-B GmbH, S Chaussee, B“, einzutragen. Zwar müsse gemäß dem Sozialgerichtsgesetz die Klage neben dem Kläger und dem Gegenstand des Klagebegehrens auch den Beklagten bezeichnen, die gemachten Angaben seien jedoch der Auslegung fähig. Sie habe die Klage mit der Institutionskennzeichen-Nummer (IK-Nr.) versehen und auch den Klagegegenstand sowie den Namen und das Geburtsdatum des Versicherten, ferner den konkreten Zeitraum des stationären Aufenthalts im Haus der H Klinikum B-B GmbH angegeben wie auch die Rechnungsnummer. Entscheidend für die Parteibezeichnung sei, wie diese bei objektiver Deutung aus Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen sei. In einem entsprechenden Rechtsstreit vor dem Bundesgerichtshof (BGH) habe dieser ausgeführt, bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung sei grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden sollte. Bei der Auslegung der Parteibezeichnung seien nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich beigefügter Anlagen zu berücksichtigen. Die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei dürfe nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen ließen. Dies gelte auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung tatsächlich existierender juristischer oder natürlicher anderer Person gewählt worden sei, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich werde, welche Partei tatsächlich gemeint sei. Von einer solchen fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden sei die irrtümliche Benennung der falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei. Der BGH habe es insoweit für ausreichend gehalten, dass aus etwaigen Anlagen zur Klageschrift oder der vorgerichtlichen Korrespondenz eindeutig die in Wahrheit gemeinte GmbH hervorgegangen sei. Das sei auch Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

 

So liege der Fall auch hier. Der Versicherte der Klägerin sei im Hause der wahren Beklagten, der H Klinikum B-B GmbH, behandelt worden und die Klägerin habe auch von dieser die Behandlung in Rechnung gestellt bekommen. Die gesamte vorgerichtliche Korrespondenz sei ausschließlich zwischen der Klägerin und dieser GmbH erfolgt. Das ergebe sich aus der beiliegenden Verwaltungsakte. Auch die angegebene Institutionskennziffer weise eindeutig die wahre GmbH aus. Nach alldem sei die fehlerhafte Bezeichnung der Beklagten unschädlich. Einen Beklagtenwechsel lehne sie ab.

 

Die Beklagte hat mitgeteilt, die Klage sei unbegründet, denn sie sei nicht passivlegitimiert. Eine Berichtigung des Rubrums sei nicht statthaft. Als juristische Person sei sie nicht mit dem Träger des Krankenhauses identisch. Träger des Krankenhauses sei die H Klinikum B-B GmbH. Die Beklagte, die H K GmbH, sei in Abgrenzung zur H Klinikum B-B GmbH eine eigenständige juristische Person, die weder Trägerin des H Klinikums B-B noch in sonstiger Weise mit dem Betrieb von Krankenhäusern betraut sei. Sie sei ins Handelsregister mit Sitz in B eingetragen. Unter diesem Sitz werde kein Krankenhaus betrieben. Der Klägerin sei auch die zutreffende Trägergesellschaft jedes Krankenhauses aufgrund langjähriger Geschäftsbeziehungen bekannt. Auch durch die Angaben im Impressum der Homepage www.h-g.de werde kein Rechtsschein für eine Trägerschaft der Beklagten gesetzt. Die Internetseite selbst weise daraufhin, dass es sich dabei nicht um Angaben zur Trägerschaft der Krankenhäuser handele. Schließlich seien die Angaben letztlich über das “Deutsches Krankenhaus Verzeichnis“ (DKV), welches im Internet einsehbar sei, für jeden öffentlich einsehbar. Eine Zustimmung zur Klageänderung erteile die Beklagte nicht, denn diese sei nicht prozessökonomisch. Die Klägerin habe offenbar eine falsche Beklagte gewählt und möge ihre Klage zurücknehmen.

 

Das Sozialgericht hat die Klage zunächst der H Verwaltung GmbH als Vertreterin der Beklagten, diese als Trägerin des Krankenhauses zugestellt und diese später aus dem Stammdatensatz gelöscht.

 

Mit Urteil vom 16. September 2019 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen, weil sie sich gegen die falsche Beklagte richte. Beklagte des Rechtsstreits sei die H Kliniken GmbH als Trägerin des H Klinikums B-B. Als solche sei die Beklagte nicht passivlegitimiert. Anspruchsgegnerin des mit der Klage geltend gemachten Erstattungsanspruchs der Klägerin sei vielmehr die H Klinikum B- GmbH. Eine von der Klägerin begehrte Berichtigung des Rubrums komme nicht in Betracht. Diese sei nur möglich, wenn dadurch die Identität desjenigen, zu dem das Prozessrechtsverhältnis begründet worden sei, gewahrt bleibe. Das sei hier nicht der Fall, denn die ausdrücklich beklagte H Kliniken GmbH sei eine eigenständige juristische Person. Die Klageschrift ermögliche keine Auslegung, wonach bei objektiver Würdigung ihres Erklärungsgehaltes die H Kliniken B-B GmbH Beklagte sein sollte. Bei der Auslegung gelte zwar der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern dürfe, wenn diese Mängel in Anbetracht der Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen ließen. Der Grundsatz greife auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person gewählt werde, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich werde, welche Partei tatsächlich gemeint sei. Die vorliegende Klage richte sich nach der Klageschrift unzweifelhaft gerade nicht gegen die H Kliniken B-B GmbH. Auch die ergänzende Angabe des Namens, Geburtsdatums, Aufenthaltszeitraum, Versichertennummer sowie des zutreffenden Institutskennzeichens des Krankenhauses ließen einen solchen unzweifelhaften Schluss nicht zu. Die Patientendaten und der Aufenthaltszeitraum ergäben lediglich, dass die Behandlung im H Klinikum B-B stattgefunden habe, aber nicht, wen die Klägerin als vermeintliche Trägerin dieser Klinik habe in Anspruch nehmen wollen. Auch lasse sich die IK-Nr. zwar mit der H Klinikum B-B GmbH in Verbindung bringen. Es verbleibe jedoch dabei, dass die Beklagte ausdrücklich als Träger genannt worden sei. Die Klägerin habe sich insoweit im Irrtum über die Trägerschaft der Klinik befunden. Ob der Grund dafür in einer intern falschen Zuordnung der IK-Nummer ausgelöst worden sei, könne das Gericht nicht beurteilen. Es lasse sich nicht durch Auslegung ermitteln, dass entgegen der ausdrücklichen Bezeichnung der Beklagten als Trägerin tatsächlich die H Klinikum B-B GmbH habe beklagt werden sollen. Verbleibende Zweifel gingen zu Lasten der Klägerin. Eine Klageänderung sei von der Klägerin ausdrücklich nicht gewünscht. Es könne daher dahinstehen, was daraus folge, dass dieser im Übrigen weder zugestimmt worden sei noch ob diese in Anbetracht der Neuregelung in §  325 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) überhaupt sachdienlich sei.

 

Die Klägerin hat „in dem Rechtsstreit ….gegen H Kliniken GmbH“ gegen das ihr am 12. Oktober 2020 zugestellte Urteil am 6. November 2020 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe es fehlerhaft unterlassen, die von ihr beantragte Berichtigung des Passivrubrums vorzunehmen und darauf beruhend wegen der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten die Klage als unbegründet abgewiesen. Es sei nicht zutreffend, eine Auslegung der Klage und eine Rubrumsberichtigung mit der Begründung abzulehnen, der Klageschrift seien keine Anlagen beigefügt gewesen. Bei der Klageerhebung sei es, gemessen an § 92 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), nicht erforderlich, dass dieser bereits irgendwelche Anlagen beigefügt seien. Es sei nicht einmal eine Begründung des Klagebegehrens erforderlich. Die Klägerin sei den Mindestanforderungen einer Klageschrift mit den in ihrer Klageschrift vom 7. November 2018 enthaltenen Angaben nachgekommen. Aus dieser sei der Anspruch der Klägerin identifizierbar gewesen, es sei erkennbar um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aufgrund der Zahlung einer konkret genannten Rechnung für einen konkret genannten stationären Aufenthalt in der benannten H Klinik B-B gegangen. Durch diese Benennungen habe nur die H Klinikum B-B GmbH Beklagte sein sollen, da die H GmbH nur eine Gesellschaft sei, welche selbst keine Patienten stationär behandele.

 

Das Verständnis des Sozialgerichts widerspreche der gerichtlichen Pflicht zur Prozessförderung (§ 92 Abs. 2 Satz 1 SGG) und dem Grundsatz, wonach eine Berichtigung einer offensichtlichen unrichtigen Parteibezeichnung während des gesamten Verfahrens möglich sei. Demgemäß hätte die Kammer des Sozialgerichts auch die sich aus der Verwaltungsakte ergebende vorgerichtliche Korrespondenz, so auch die von der H Kliniken B-B GmbH ausgestellte Rechnung, bei Auslegung der Klageschrift zur Ermittlung des zutreffenden Beklagten heranziehen müssen. Aus dieser sei unzweideutig zu entnehmen gewesen, dass die vorgerichtliche Korrespondenz nur mit dem H Klinikum B-B stattgefunden hätte. Außerdem sei es allgemein bekannt, dass die Krankenkassen, so auch die Klägerin, Anfang November 2018 in sehr kurzer Zeit, aufgrund der durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) geplanten Änderungen der Verjährungsfristen eine Vielzahl von Krankenhausabrechnungsprüfungsklagen hätten erheben müssen. In anderen gleich gelagerten Fällen hätten die Sozialgerichte die entsprechend von der Klägerin erhobenen Klagen bei gleicher Sachlage direkt an den tatsächlichen Träger der Klinik zugestellt und das Rubrum berichtigt. Außerdem habe die tatsächlich gemeinte Beklagte in vergleichbaren Fällen ohne Klageverfahren die streitgegenständlichen Rechnungen korrigiert. Der Fall sei vergleichbar mit einem Fall des BGH, in dem eine GmbH in einer Klage auf Schadensersatz fehlerhaft bezeichnet worden war, sich die wahre Beklagte aber unter Heranziehung des Liefervertrags und der vorgerichtlichen Korrespondenz als Vertragspartnerin bestimmbar gewesen sei. Auch bei einer Auswechslung der Partei habe der BGH die Rubrumsberichtigung für zulässig erachtet, die Wahrung der Identität sei keine Voraussetzung (Hinweis auf BGH, Urteil vom 27. November 2007 – X ZR 144/06). Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) vertrete die Auffassung, bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung sei grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die nach der Rechtslage die „richtige“ sei und mit der Parteibezeichnung erkennbar gemeint sein sollte (Hinweis auf Az.: 2 AZR 535/05). Gemessen daran habe die Klägerin ersichtlich den Träger des behandelnden Krankenhauses in Anspruch nehmen wollen.

 

Das Sozialgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich um eine Klageänderung handele. Im Übrigen sei das Sozialgericht selbst davon ausgegangen, dass die Klage sich gegen die H Klinikum B-B gerichtet habe, indem es die Klage zunächst an die H Verwaltung M-N GmbH zugestellt habe. Diese richtige Beklagte habe in ihrer Erwiderung an das Gericht das Rubrum H Klinikum B-B angegeben. Auch die in der Klage angegebene Rechnungsnummer weise eindeutig die H Klinikum B-B GmbH aus.

 

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. September 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.075,38 € nebst Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. November 2018 zu zahlen.

 

Die Beklagte stellt keinen Antrag.

 

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

 

II.

 

Der Senat darf über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGG). Die Beteiligten wurden vorher gehört (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

 

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die zutreffend begründete erstinstanzliche Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Zu ergänzen und zu betonen bleibt unter Berücksichtigung des klägerischen Berufungsvorbringens:

 

Wer Beklagter i.S. des § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG ist, entscheidet sich danach, wie die in der Klage(-schrift) gewählte Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus Sicht des Gerichts zu verstehen ist. Eine bloße Falschbezeichnung des Beklagten ist von einem Beklagtenwechsel, d.h. die Ersetzung einer natürlichen oder juristischen Person durch eine andere, zu unterscheiden. Entscheidend ist die Wahrung der rechtlichen Identität: Bleibt die Partei nicht dieselbe, liegt keine Berichtigung vor, sondern ein gewillkürter Beteiligtenwechsel (BeckOGK/Jaritz, 1.1.2021, SGG § 92 Rn. 24, 25). Eine Klageänderung nach § 99 SGG ist erst dann gegeben, wenn ein Austausch von rechtlich eigenständigen juristischen Personen, also ein echter Beteiligtenwechsel erfolgt, weil dann schützenswerte Rechte des anderen Verfahrensbeteiligten betroffen sind (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28. August 2009 – L 8 SO 16/07, beck-online). Entscheidend ist die Wahrung der rechtlichen Identität (BAG, Urteil vom 21. September 2006 – 2 AZR 573/05 –, Rn. 24, juris). Bleibt die rechtliche Identität gewahrt, ist eine Berichtigung des Rubrums nach Erhebung der Klage, so auch noch in der Berufung, jederzeit möglich. Im anderen Fall liegt dagegen eine Klageänderung i.S. des § 99 SGG vor, die entweder sachdienlich sein muss oder mit einer Einwilligung des Prozessgegners verknüpft sein muss, damit sie zulässig ist. Die Auffassung des BGH und des BAG, auf welche sich die Beklagte zuletzt noch einmal berufen hat, weicht davon nicht ab. Der BGH weist darauf hin, dass bei einer eindeutigen, aber unrichtigen Bezeichnung einer Partei in Gestalt einer real existierenden (anderen) juristischen Person gleichwohl eine Rubrumsberichtigung und keine Klageänderung vorliegen kann. Allerdings war im Fall des BGH bereits aus der Lektüre der Klageschrift und deren Anlagen zu erkennen, dass lediglich eine irrtümliche Bezeichnung einer AG (statt einer anderen GmbH mit gleichem Namen nur in anderer Rechtsform) vorlag (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2007 - X ZR 144/06). Kenntnisse über eine Rechtsträgerschaft außerhalb des Verfahrens waren hierfür nicht notwendig. Selbiges gilt im Fall des BAG, den die Beklagte in Bezug nimmt.

 

Zur Ermittlung, wer der in der Klageschrift benannte Beklagte einer Klage ist, sind alle erkennbaren Umstände des Einzelfalls – insbesondere auch die der Klageschrift beigefügten Unterlagen und Bescheide – zu berücksichtigen. Nach Auffassung des BAG ist entscheidend, dass sich aus den gesamten erkennbaren Umständen, etwa aus dem einer Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben, ergibt, wer als beklagte Partei gemeint ist. Lässt sich etwa aus der der Klageschrift beigefügten Unterlagen entnehmen, dass ein Insolvenzverfahren über den Arbeitgeber eröffnet worden ist, so ist die Bezeichnung des Arbeitgebers und nicht des Insolvenzverwalters unproblematisch über eine Rubrumsberichtigung zu ändern. Anderes gilt, so das BAG, wenn sich aus der Klageschrift (oder den beigefügten Anlagen) kein Hinweis auf das eröffnete Insolvenzverfahren (und den bestellten Insolvenzverwalter) entnehmen lässt und der Arbeitgeber eindeutig als Beklagter bezeichnet wurde (BAG, Urteil vom 21. September 2006 – 2 AZR 573/05 –, Rn. 25/26, juris).

 

Die Klageschrift der Klägerin enthielt keine Unterlagen und Bescheide oder sonstige Anlagen, die Aufschluss über die (wahre) Beklagte hätten geben können. Soweit die Klägerin auf die erst am 26. Juni 2019, damit mehr als 6 Monate nach Klageerhebung, eingereichte Verwaltungsakte abstellt und der Auffassung ist, aus dieser habe sich unmissverständlich ergeben, gegen wen sich die Klage von Beginn an gerichtet habe, kann offen bleiben, ob auf Unterlagen, die nach Ablauf der Klagefrist im sozialgerichtlichen Verfahren eingereicht werden, zur Auslegung des bezeichneten Klagegegners überhaupt abgestellt werden kann (in diesem Sinne möglicherweise BSG, Urteil vom 9. August 2006 – B 12 KR 22/05 R –, Rn. 22, juris, Berücksichtigung der später eingereichten anwaltlichen Vollmacht, um den Streitgegenstand zu bestimmen). Denn aus der Verwaltungsakte der Klägerin ist zu ersehen, dass diese vor Klageerhebung ihre Korrespondenz an das „H Klinikum B-B“ unter der Adresse gerichtet hat, die auch diejenige der H Kliniken B-B GmbH ist. Selbst wenn aber diese Korrespondenz berücksichtigt wird, lässt sich daraus gerade nicht der Schluss ziehen, dass sich die Klage gegen die H Klinikum B-B GmbH richten sollte. Die seinerzeit von der Klägerin gewählte Bezeichnung „H Klinikum B-B“ weist vielmehr darauf hin, dass vor Klageerhebung mit der leistungserbringenden Klinik selbst korrespondiert wurde. Vom Krankenhaus selbst hat die Klägerin u.a. die Korrektur der Abrechnung verlangt (Aufforderungen vom 1. Februar 2017, 29. März 2017, 4. August 2017). Dafür spricht auch dessen Bezeichnung in den MDK-Gutachten. Allein der aktenkundige Arztbrief vom 30. Mai 2016 gibt in der Fußzeile einen Hinweis darauf, wer Trägerin des Krankenhauses ist (Bl. 35 Verwaltungsakte) Diese Unterlagen waren der Klageschrift indes nicht beigefügt. Diese benennt als Klagegegner und Anspruchsverpflichteten (erstmals) die Beklagte in ihrer vermeintlichen Funktion als „Trägerin des H Klinikums B-B“. Das spricht, wie das Sozialgericht zutreffend ausführt, dafür, dass die Klägerin mit der Klage gerade nicht das Krankenhaus i.S. der Sachgesamtheit verklagen wollte, sondern dessen Rechtsträger(in). Wer aber Rechtsträger(in) eines Krankenhauses ist, hängt von dessen organisatorisch-rechtlicher Ausgestaltung ab. Es kann somit auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsvorganges allein nicht der Schluss gezogen werden, mit der eindeutigen Bezeichnung der H Kliniken GmbH als Trägerin des H Klinikums B-B, vertreten durch den Geschäftsführer F S, Fstraße, B, sei im Wege der Auslegung für das Gericht (oder Dritte) objektiv erkennbar, dass es sich dabei um die H Klinikum B-B GmbH handeln sollte. Dazu bedurfte es vielmehr der ergänzenden Prozesserklärungen der Klägerin vom 18. Dezember 2018 bzw. 30. Januar 2019.

 

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Sozialgericht selbst keine Rubrumsberichtigung vorgenommen. Zutreffend ist, dass die Klageschrift zunächst vom Gericht an die „H Verwaltung M-N GmbH, Rechtsabteilung Abrechnung Medizincontrolling, S Chaussee, B“, als Prozessbevollmächtigte der H Kliniken GmbH, diese als Trägerin des Klinikums B-B, übersandt wurde. Dabei handelte es sich nach Mitteilung des Gerichts an die Beteiligten um ein Versehen und es wurde die o.g. Rechtsabteilung, nicht dagegen die Beklagte, aus dem Stammdatensatz gelöscht und die Beteiligten informiert (Schreiben vom 22. November 2018). Diese Klarstellung erfolgte, nachdem die H Verwaltung M-N GmbH sich dann am 21. November 2018 in Vertretung der H Klinikum B-B GmbH gemeldet hatte und darauf hingewiesen hatte, es sei unklar, welche Parteirolle der H Klinikum B-B GmbH in dem Rechtsstreit zukomme. Hierin liegt keine aktive Rubrumsberichtigung durch das Gericht. Denn der allein technische Vorgang (Eintragung auf dem Stammdatenblatt) beruhte schon nicht auf einer richterlichen Verfügung, sondern erfolgte zunächst aus Versehen. Das teilte das Sozialgericht durch Verfügung der zuständigen Richterin den Beteiligten auch mit. Im Hinblick auf den Antrag der Klägerin vom 6. März 2019, die H Klinikum B-B als „wahre“ Beklagte in das Rubrum berichtigend einzutragen, gab das Gericht dann sowohl der Beklagten als auch der H Klinikum B-B GmbH Gelegenheit zur Stellungnahme zur beantragten Rubrumsberichtigung (25. März 2019).

 

Kein anderes (Auslegungs-)Ergebnis ergibt sich unter Berücksichtigung der bereits in der Klageschrift angegebenen Rechtsanspruchs oder der IK-Nr.:. Das Institutskennzeichen (IK-Nr.) basiert für Krankenhäuser auf § 293 Abs. 6 SGB V. Dadurch werden der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) verpflichtet, ein Verzeichnis für zugelassene Krankenhäuser und ihre Ambulanzen zu führen. Das Verzeichnis nach Abs. 6 der Vorschrift soll unter anderem Kennzeichen zum Standort und das Institutionskennzeichen der Krankenhäuser enthalten. Die Krankenhäuser verwenden die im Verzeichnis enthaltenen Kennzeichen u.a. zu Abrechnungszwecken, für Datenübermittlungen an die Datenstelle nach § 21 Abs. 1 KHG, die Kostenträger nutzen die Kennzeichen ihrerseits zur Abrechnung (Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 293 SGB V (Stand: 15.06.2020), Rn. 21, 31, 34 f). Aus diesem Inhalt und dem Zweck lässt sich ersehen, dass sich aus der Angabe der IK-Nr. in der Klageschrift zwar zuverlässig das Krankenhaus als Leistungserbringer, aber nicht zweifelsfrei auch sein Rechtsträger entnehmen lässt. Die Bezeichnung eines identifizierbaren Anspruchs lässt (noch) nicht erkennen, gegen welchen Rechtsträger er sich richtet. Nicht zweifelhaft war dagegen anhand der Klageschrift, dass es sich um Ansprüche im Zusammenhang mit einem stationären Aufenthalt eines Versicherten im Klinikum B-B handelte.

 

Auch der Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung im Lichte des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz verlangt die Korrektur der Klägerbezeichnung nicht dergestalt, dass nicht die in der Klage bezeichnete, sondern eine andere (juristische) Person Beklagte ist. Die Verfassung gebietet es, unklare Anträge - insbesondere bei einem juristisch nicht vorgebildeten Beteiligten - im Zweifel so auszulegen, dass das Ergebnis dem Willen eines verständigen Klägers entspricht (BFH, Urteil vom 8. Januar 1991 – VII R 61/88, BeckRS 1991, 6512 Rn. 25, beck-online). Gemessen daran ist die Bezeichnung der Beklagten schon nicht unklar. Zudem ist die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts juristisch in hohem Maße vorgebildet, so dass das Gericht und andere Beteiligte grundsätzlich davon ausgehen können, dass die Klägerin auch präzise meint, was sie schreibt.

 

Keine andere Beurteilung folgt schließlich aus der von der Klägerin zitierten Kommentierung (Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, zu § 99). Im Unterschied zur dort angeführten Konstellation, wonach eine bloße Berichtigung der Bezeichnung eines Prozessbeteiligten und keine Klageänderung vorliege, wenn einem Leistungsträger mit eigener Rechtspersönlichkeit versehentlich ein Rechtsträger zugeordnet wird, wie bei einer Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die DRV Bund, liegt ein solcher (vergleichbarer) Fall hier nicht vor. Es liegen nicht bloße Leistungsträger mit eigener Rechtspersönlichkeit vor, sondern es ist schlichtweg ein anderer Rechtsträger eines Krankenhauses, eine andere juristische Person, gewählt worden. Dabei war der richtige Rechtsträger für die Beklagte erkennbar. Denn sowohl dem aktenkundigen Krankenhausentlassungsbericht als auch der vorgerichtlichen Korrespondenz der Klägerin mit dem Krankenhaus war dessen Rechtsträgerin klar zu entnehmen. Sie war als solche benannt und mit Adresse und Geschäftsführer angegeben.

 

Die obigen Erwägungen sprechen für die Rechtsauffassung des Sozialgerichts, dass nämlich die Klägerin schlichtweg für ihr Klagebegehren die falsche i.S. einer unzutreffenden Rechtsperson als Träger des Krankenhauses und vermeintlich Anspruchsverpflichtete benannt hat. Die Auswechslung der Rechtsperson durch die H Klinikum B-B GmbH wahrt die rechtliche Identität des (ursprünglichen) Klagegegners nicht. Sie stellt vielmehr einen gewillkürten Parteiwechsel dar. Einer solchen Änderung der Klage haben sowohl die H Klinikum B-B GmbH  als auch die Beklagte nicht zugestimmt (vgl. § 99 Abs. 1 SGG). Sie wäre aus den vom Sozialgericht dargelegten Gründen wohl auch nicht sachdienlich, auch wenn die Regelung in § 325 SGB V zwischenzeitlich aufgehoben ist, denn sie wurde durch den gleichlautenden § 412 SGB V (in der Fassung vom 14. Oktober 2020) ersetzt. Jedenfalls hat die Klägerin eine subjektive Klageänderung, „da nicht erforderlich“, auch ausdrücklich und unmissverständlich „nicht gewollt“, so ihre Erklärung im Verfahren vor dem Sozialgericht. Ein Beteiligtenwechsel gegen den Willen eines Klägers ist prozessual nicht möglich (zu den erhöhten – hier ebenfalls nicht vorliegenden – Anforderungen an eine subjektive Klageänderung in der Berufungsinstanz vgl. BSG, Urteil vom 27. November 2018 – B 2 U 28/17 R, juris).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

 

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz.

 

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

 

 

Rechtskraft
Aus
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