L 14 AL 112/20 NZB

Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 9 AL 120/15 WA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AL 112/20 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Eine Betreibensaufforderung ist im Hinblick auf die mit einer (fiktiven) Rücknahme verbundenen Bindungswirkung (§ 77 SGG) – rechtswidrig, wenn sie sich bei noch unklarem Streitgegenstand auf eine allge-meine Aufforderung zur Klagebegründung beschränkt.

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Oktober 2020 geändert und die Berufung gegen diese Entscheidung zugelassen.

 

Das Verfahren wird als Berufungsverfahren unter einem noch zu vergebenden Aktenzeichen fortgeführt, ohne dass es der Einlegung der Berufung bedarf.

 

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgen der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

 

Gründe

 

 

Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuzulassen, weil ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Der Verfahrensmangel (vgl. insoweit Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 5. Juli 2018 – B 8 SO 50/17 B – juris -) besteht darin, dass das Sozialgericht durch seine Feststellung, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache durch Rücknahme der Klage erledigt, durch Prozessurteil entschieden hat, aber durch Sachurteil hätte entscheiden müssen (hierzu sogleich). Diesen Verfahrensmangel hat der Kläger geltend gemacht. Er hat auch dargelegt, warum auf diesem Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

 

Die Annahme des Sozialgerichts, die Hauptsache sei durch eine fiktive Rücknahme nach § 102 Abs. 2 SGG erledigt worden, war nicht gerechtfertigt. Eine den Anforderungen dieser Vorschrift genügende Betreibensaufforderung lag nicht vor. Zwar kann auch nur die Aufforderung, eine Klage bzw. eine Berufung zu begründen, zulässiger Inhalt einer Betreibensaufforderung sein (BSG, Beschluss vom 08. Dezember 2020 – B 4 AS 280/20 B –, juris, Rn. 13). Die Betreibensaufforderung muss aber auch den bisher erreichten und dem Gericht bekannten Verfahrensstand ausreichend berücksichtigen (BSG, Beschluss vom 28. November 2019 – B 7 AY 2/18 B –, juris, Rn. 9). Aufgrund der mit einer (fiktiven) Klagerücknahme verbundenen Erledigung des Rechtsstreits darf insbesondere nicht offen bleiben, welche Bescheide infolge der Erledigung in Bestandskraft erwachsen, wie weit demgemäß die Bindung der Beteiligten reicht (§ 77 SGG).

 

Dem genügt die Betreibensaufforderung des Sozialgerichts vom 1. April 2014 nicht. Zum damaligen Zeitpunkt war unklar, wogegen sich die Klage richtete. Während sie sich nach der Klageschrift „gegen den Bescheid vom 03.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2013, W 963/13“ richtete und die Mitteilung enthielt, dass die Aufhebung eines Sanktionsbescheids und die Erstattung von Kosten des Vorverfahrens begehrt werde, war der Klageschrift beigefügt ein Bescheid vom 3. April 2013, mit dem Leistungen ab dem 19. Februar 2013 bewilligt, für davorliegende Zeiträume aber wegen zweier, auf unterschiedliche Tatbestände gestützter Sperrzeiten abgelehnt worden waren, sowie ein Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2013 mit dem Aktenzeichen W 1776/13, der eine der beiden Sperrzeiten betraf. Bei dieser Sachlage war nicht nur der Streitgegenstand unklar, sondern auch, welche(r) Bescheid(e) im Falle einer fiktiven Rücknahme bestandskräftig würde(n). Der Senat lässt offen, ob angesichts dessen eine Betreibensaufforderung zum damaligen Zeitpunkt nicht grundsätzlich ausgeschlossen war. Jedenfalls hätte sie die Unklarheit hinsichtlich des Streitgegenstands berücksichtigen müssen, indem sie der Klägerseite eine entsprechende Klarstellung aufgibt.

 

Gemäß § 145 Abs. 5 SGG wird das Verfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt, ohne dass seitens des Klägers noch eine Berufung einzulegen ist.

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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