L 9 KR 534/17

Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 122 KR 3827/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 534/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des

Sozialgerichts Berlin vom 17. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

 

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

           

 

Tatbestand

 

Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers in der Kranken- und Pflegeversicherung der Künstlersozialversicherung (KSV) über den 31. August 2014 hinaus.

 

Der Kläger ist Mitglied der Musikgruppe T. Diese ist als Gesellschaft Bürgerlichen Rechts GbR T  organisiert, bestehend aus dem Kläger und den drei weiteren Band-Mitgliedern. Die drei Gründungsmitglieder der GbR T, darunter der Kläger, sind Mitglieder in einer weiteren GbR, der R. Deren Zweck ist der Verkauf von Tonträgern und - seit 2007 – der Verwertung der Einnahmen aus den damals bereits bestehenden Lizenzen (Verwertungsrechten) von T. Bis Ende 2014 vermarktete die R auch Kleidungsstücke (Fan-T-Shirts) von T („Merchandising“). Für diese GbR gibt es keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag. Der Kläger ist darüber hinaus Mitgesellschafter in zwei weiteren GbRs, nämlich in der gleichnamigen GbR für die Musikgruppe „Das B“ und der GbR des Musikverlags „M und F GbR“.

 

Mit Gesellschaftsvertrag vom 2. Dezember 2014 und Eintragung ins Handelsregister am 23. Dezember 2014 wurde die R ( = Unternehmergesellschaft, „Kleine GmbH“) mit dem Kläger und zwei weiteren Mitgliedern der Musikgruppe T als Gesellschaftern zu gleichen Teilen (jeweils 1/3 Kapitalanteil) gegründet und der Kläger im Gesellschaftsvertrag zu ihrem alleinigen Geschäftsführer bestellt. Einen schriftlichen Geschäftsführeranstellungsvertrag gibt es nicht. Gegenstand des Unternehmens der UG ist der Verkauf von Merchandisingprodukten. Die UG meldete die seit dem 1. Januar 2014 erzielten gewerblichen Umsätze der R, d.h. die aus dem Verkauf von Tonträgern und Merchandising-Produkten erzielten Einnahmen, dem Finanzamt als eigene an. Die R meldete ihrerseits nur noch die Einnahmen aus Lizenzverwertung gegenüber der Steuerverwaltung an (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung).

 

Die Beklagte stellte auf Antrag des Klägers ab dem 13. Januar 2003 Versicherungspflicht in allen Zweigen der KSV (d.h. Krankenversicherung, Rentenversicherung und Pflegeversicherung) als selbständiger Künstler (Autor und Musiker der Musikgruppe T) fest (Bescheid vom 31. März 2003). In seinem Antrag hatte der Kläger angegeben, monatlich 400 Euro aus nichtkünstlerischer Tätigkeit zu erzielen.

 

Im Rahmen einer Stichprobenprüfung forderte die Beklagte den Kläger am 20. September 2013 auf, seine Einkünfte aus selbständiger künstlerischer/publizistischer Tätigkeit und weitere Einkünfte aus nichtkünstlerische/publizistischer selbständiger Tätigkeit anzugeben und die Einkommensteuerbescheide für 2008 – 2011 vorzulegen.

 

Der Kläger legte daraufhin die Einkommensteuerbescheide für die Kalenderjahre 2008 bis 2010 sowie den vorläufigen Einkommensteuerbescheid für 2011 vor. Auf die Anhörung der Beklagten, wonach sie beabsichtige, die Versicherungspflicht des Klägers in der Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (KSVG) zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beenden, da der Kläger ausweislich der Einkommensteuerbescheide einer anderen selbständigen, nichtkünstlerischen Tätigkeit mehr als geringfügig nachgehe (29. April 2014), übersandte er zunächst den Jahresabschluss der für 2012. Dazu trug er vor, aus diesem ergebe sich, dass im Jahr 2012 seine Einnahmen aus Gewerbebetrieb ganz erheblich unter der Grenze von 450 Euro pro Monat gelegen hätten. Außerdem sei für die vom Finanzamt als gewerblich eingestuften Einkünfte zu prüfen, ob sie auch tatsächlich gewerblich seien. Sie enthielten in erheblichem Umfang Lizenzeinnahmen, damit künstlerische Einnahmen. Er erziele Einkünfte aus den beiden Musikgruppen „“ und T  GbR sowie aus dem Musikverlag „M und F GbR“ und aus der . Aus den Einnahmen der R fließe ihm ein Drittel des Gewinns zu. Allein dieser Gewinnanteil führe zu den in den Einkommensteuerbescheiden enthaltenen Einkünften aus Gewerbebetrieb. Dabei habe der Bilanzgewinn dieser GbR im Jahr 2012 nur 13.109,20 Euro betragen und der Gewinnanteil des Klägers demgemäß unter 5.400 Euro gelegen. Jedoch seien seitens der Steuerverwaltung dem Gewinnanteil des Klägers aus der  auch die nicht abzugsfähigen Gewerbesteuerzahlungen und der nicht abziehbare Anteil der Steuerberatungskosten wieder hinzugerechnet worden. Dies hätte zwar steuerrechtlich zu einem höheren Gewinn geführt. Der Gewinn sei für die Künstlersozialversicherung jedoch nicht zu berücksichtigen, da dem Kläger die Einnahmen tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden hätten. Selbst wenn aber (statt des Bilanzgewinns) der steuerliche Gewinn der Rmit einem Gesamterlös in Höhe von 28.631,81 Euro im Jahr 2012 berücksichtigt werden müsse, sei zu beachten, dass darin Lizenzeinnahmen, damit nicht originär gewerbliche, sondern künstlerische Einnahmen in Höhe von 14.795 Euro enthalten seien (ausweislich der Kontenliste). Daraus folge, dass allein die („echten“) gewerblichen Einnahmen die maßgebende Grenze nicht überschritten. Die Einnahmen der GbR aus Lizenzen verhielten sich zu den übrigen Einnahmen aus Verkäufen im Verhältnis 60:40. Diese Einordnung als gewerbliche Einkünfte durch das Finanzamt beruhe darauf, dass die Lizenzeinnahmen zusammen mit den tatsächlichen gewerblichen Einnahmen in einem Unternehmen zusammengefasst würden.

 

Die Beklagte forderte den Kläger daraufhin auf, endgültige Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2011 und 2012 sowie den Gesellschaftsvertrag für die R vorzulegen und seine Tätigkeiten in der Gesellschaft darzulegen (Aufforderung vom 10. Juni 2014). Der Kläger übersandte darauf den Bescheid des Finanzamtes Friedrichshain-Kreuzberg über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 für die R vom 10. Februar 2014 und die der Entwicklungsübersicht für die GbR für das Jahr 2014 mit Umsätzen bis Juli 2014.

 

Die Einnahmesituation war vor dem Erlass eines Bescheides aus den Unterlagen wie folgt dokumentiert:

 

Jahr

Bescheid/Unterlagen

Einkünfte selbständige Tätigkeit

Einkünfte Gewerbebetrieb

Bl.

2008

29.10.2010

(EKStB)

75.563 Euro

14.194 Euro

86 VA

2009

8.7.2011

(EKStB)

35.491 Euro

12.477 Euro

88 VA

2010

10.8.2012

(EKStB)

128.943 Euro

9.816 Euro

90 VA

2011

22.4.2013

(EKStB vorläufig, geschätzt)

30.241 Euro

18.682 Euro

91 VA

2012

10.2.2014

(Feststellungsbescheid

Anteile aus R GbR)

 

 

 

Unbekannt

Unbekannt

6.479,52Euro aus

 

136 VA

 

Gewinnermittlung/Jahresabschluss

Jahr

Betriebseinnahmen

Erlöse Lizenzen

Erlöse T-Shirt

Verkauf

 

2012

28.631,81

14.795

13.838,81 Euro

119/120 VA

2014 (bis Juli)

25.456,95

15.352,40

10.104,55 Euro

139 VA

 

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 8. August 2014 stellte die Beklagte fest, dass die Versicherungspflicht des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in der Kranken- und Pflegeversicherung am 31. August 2014 ende. Der Bescheid über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sei gemäß §   48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben. Sämtliche bis zum Jahr 2012 eingereichten Unterlagen würden die Prognose tragen, dass Einkommen aus nichtkünstlerischer Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze von 450,00 Euro monatlich erzielt werde. Ein Rückgang dieser Einkünfte sei vom Kläger nicht nachgewiesen. Die Einkommensprognose der Beklagten orientiere sich an sämtlichen vorgelegten Unterlagen. Es sei danach plausibel, dass auch 2014 sich die nichtkünstlerischen Einkommen oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze bewegten. Der Kläger bleibe dagegen rentenversichert, weil die o.g. Einkünfte die Hälfte der für 2014 geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (35.700,00 Euro) nicht erreichten.

 

Auf den Widerspruch des Klägers, mit dem er u.a. auf eine beabsichtigte Auslagerung der weiteren Einkünfte (aus Merchandising) aus der R auf eine zu gründende R verwies, gewährte die Beklagte mehrfach Fristverlängerung zur Einreichung von Unterlagen. Der Kläger teilte zunächst mit, Dokumente zur Gründung der UG und zur rückwirkenden Verlagerung der Geschäfte der GbR auf die UG einzureichen, so dass in den Einkünften der R keine gewerblichen Einkünfte mehr enthalten seien. Am 8. März 2015 übersandte er den Handelsregisterauszug über die Eintragung der UG und teilte mit, die Jahresabschlüsse für 2014 zu erstellen, aus denen sich dann ergeben werde, dass die gewerblichen Einnahmen ausschließlich von der UG erzielt würden, der GbR dagegen nur noch Lizenzeinnahmen zuflössen. Aus dem Handelsregisterauszug ergab sich zum einen, dass Gegenstand des Unternehmens der „Verkauf von Merchandisingprodukten“) sei und zum anderen, dass der Kläger zum Geschäftsführer der UG bestellt war. Weitere Unterlagen reichte der Kläger entgegen seiner Ankündigung bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides nicht ein.

 

Die Beklagte wies sodann mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2015 den Widerspruch zurück.

 

Der Kläger hat am 22. Oktober 2015 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben und die Einkommensteuerbescheide für 2014 und 2015 sowie Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die vier verschiedenen GbRs vorgelegt, deren Mitglied er ist. Er habe 2014 überhaupt keine einer Versicherungspflicht entgegenstehenden gewerblichen Einkünfte mehr gehabt. Er habe nach dem Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie aus Beteiligungen im Umfang von 47.364 Euro erzielt. Diese speisten sich aus seiner Beteiligung an der G(41.051,00 Euro) sowie aus der R(6.425,66 Euro) und der Musikgruppe „D B“ (-112,40 Euro). Diese Einkünfte seien allesamt freiberuflich. Ab Gründung der RUG müsse er deren Einkünfte nicht mehr offenlegen, denn Einkünfte dritter Personen (so der UG) und Kapitaleinkünfte seien für die KSV und § 5 KSVG ohne Belang. Wenn er Einkünfte als Gesellschafter der Geschäftsführer der UG erzielen würde, seien das entweder Kapitalerträge (Ausschüttung nach § 20 Abs. 1 Einkommensteuergesetz - EStG) oder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger beziehe kein Geschäftsführergehalt und habe 2014 und 2015 keine Ausschüttungen aus der UG erhalten. Die steuerrechtliche Behandlung der Gewinne der juristischen Person sei für die KSV irrelevant.

Mit Urteil vom 17. Oktober 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung der KSV sei versicherungsfrei, wer neben seiner selbständigen künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeit eine andere nichtkünstlerische oder nicht publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig ausübe, es sei denn, diese sei geringfügig i.S. des § 8 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung sei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung habe sich die Einkommenssituation des Klägers wie folgt dargestellt: Es habe der Bescheid vom 10. Februar 2014 für die R GbR vorgelegen. Aus diesem hätten sich für den Kläger als Gesellschaftereinkünfte i.H.v. 6.479,52 € ergeben. Diese Einnahmen stammten nach Auskunft des Klägers aus Lizenzverträgen und dem Verkauf von Tonträgern und Kleidungsstücken. Die in dem Steuerbescheid zutreffend als Einnahmen aus Gewerbebetrieb festgesetzte Summe überschreite die Geringfügigkeitsgrenze. Die Einnahmen stellten kein Arbeitseinkommen aus selbständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeiten dar, da es sich beim Verkauf von Merchandisingprodukten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts um keine künstlerische Tätigkeit handele (Verweis auf Urteile des BSG vom 26. Januar 2006 – B 3 KR 3/05 R – und vom 2. April 2014 – B 3 KS 3/12 R). Da es sich bei dem Verkauf der Merchandisingprodukte sowie der Beteiligung an der Vermarktung nicht eigener Tonträger um eine von der künstlerischen Tätigkeit abtrennbare Tätigkeit handele, sei dieser Verkauf als Nebentätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG anzusehen. Diese Wertung stehe auch im Einklang mit dem Normzweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG, wonach diejenigen von der Versicherungspflicht ausgeschlossen werden sollten, für die die künstlerische bzw. publizistische Tätigkeit nicht die wirtschaftliche Existenz darstelle.

 

Selbst wenn die im Gerichtsverfahren vom Kläger eingereichten Unterlagen berücksichtigt würden, zeige sich, dass die künstlerische Tätigkeit jedenfalls nicht mehr seine wirtschaftliche Existenz präge. Allein die Kreativität des Klägers, seine Einnahmen unter dem „Deckmantel“ einer UG zu tarnen, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er sei, führe zu keiner anderen Betrachtung. Nach Überzeugung der Kammer seien die Einkünfte der Kapitalerträge aus der UG entgegen der steuerrechtlichen Bewertung aufgrund der Schutzrichtung des KSVG ganz klar dem Kläger als Person zuzuordnen und keine Einkünfte eines Dritten. Als alleiniger Gesellschafter der UG habe der Kläger jederzeit über die Gewinnausschüttungen entscheiden können. Es bleibe ihm unbenommen, bei Änderung der Einkünfte bei der Beklagten einen neuen Antrag zu stellen.

 

Gegen das ihm am 20. November 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Dezember 2017 Berufung eingelegt.

 

Er habe bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen, dass der auf ihn entfallende Anteil der Einkünfte der R im Jahr 2012 unterhalb der maßgeblichen Grenze von 5.400 Euro läge. Die Einkommensgrenze sei nur deshalb überschritten, weil das Finanzamt die gezahlte Gewerbesteuer nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen habe. Die Beklagte hätte bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens bereits Kenntnis haben können, dass von den Einkünften der GbR in 2012 rund 70 % originär künstlerische Einkünfte gewesen seien und diese lediglich aus steuerlichen Gründen vom Finanzamt in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert worden seien. Konkret sei zu beachten, dass gemäß § 15 Abs. 3 EStG die Tätigkeit einer Personengesellschaft schon dann als in vollem Umfang gewerblich i.S. des Steuerrechts gelte, wenn diese auch eine originär gewerbliche Tätigkeit ausübe. Daraus ergebe sich, dass die Tätigkeit einer Musikgruppe steuerrechtlich schon deshalb als gewerblich gelten könne, weil sie das übliche Merchandising betreibe und auch Einnahmen aus dem Verkauf z.B. von T-Shirts generiere. Das gelte jedenfalls dann, wenn es sich nicht um nur ganz geringfügige gewerbliche Einnahmen handele (sog.  Infektions-/Abfärbetheorie).

 

Ungeachtet dessen habe die Beklagte auch die gebotene Prognose unrichtig vorgenommen. Zwar spielten die Umstände der Vergangenheit für die Prognose im Rahmen des § 5 KSVG eine Rolle. Es seien grundsätzlich alle Verhältnisse heranzuziehen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten und Einfluss auf das voraussichtliche Arbeitseinkommen hätten. Eine abweichende Einschätzung sei demgemäß geboten, wenn Verhältnisse dargelegt würden, die das Erzielen abweichender Einnahmen nahe legten. Entsprechend der Rechtsprechung des BSG stelle die Übertragung der beruflichen Tätigkeit in eine Kapitalgesellschaft und die Änderung der Einkunftsart eine zulässige steuerliche Gestaltungsmöglichkeit dar, die im Rahmen des KSVG beachtlich sei. Davon sei bei ihm, dem Kläger, auszugehen. Er habe bereits im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, dass er in Anbetracht der möglichen Auswirkungen der steuerlichen Festsetzung auf die Versicherungspflicht in der KSV eine qualitative Änderung der Einkünfte im Rahmen der steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten mit der Verlagerung von nichtkünstlerischen originär gewerblichen Einnahmen beabsichtige.

 

Infolge der Gründung der RUG bereits am 23. Dezember 2014, also noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides, habe die R GbR 2014 nur noch Einkünfte aus Lizenzverwertung erzielt. Die UG habe 2014 Einkünfte aus dem Verkauf von T-Shirts sowie Tonträgern und Merchandise-Einnahmen anlässlich von Auftritten erzielt. Die Einnahmen der UG könnten ihm nicht zugerechnet werden. Einnahmen in Gestalt von Kapitaleinkünften ergäben sich für ihn nur, wenn Gewinnausschüttungen erfolgten. Er sei entgegen der Annahme des Sozialgerichts nicht Alleingesellschafter der UG, er könne demgemäß auch nicht allein über Gewinnausschüttungen entscheiden. Im Unterschied zur Gewinnausschüttung für Gesellschafter einer Personengesellschaft stellten die Kapitaleinkünfte der Gesellschafter der UG auch keine Einkünfte von Mitunternehmern dar. Die Prognoseentscheidung der Beklagten lasse nicht erkennen, inwieweit sie die Auslagerung der ehemals gewerblichen Einkünfte in eine UG als relevant erkannt habe.

 

Die künstlerische Tätigkeit stelle ausweislich der Einkommensteuerbescheide für 2014 und 2015 seine wirtschaftliche Existenz dar. Das Sozialgericht habe zu Unrecht keine Ermittlungen auch hinsichtlich der Einkünfte der UG vorgenommen.

 

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Oktober 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2015 über das Ende der Versicherungspflicht bzw. Zuschussberechtigung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz aufzuheben.

 

 

 

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich.

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

 

Maßgebender Zeitpunkt für die Prognose sei zwar der Widerspruchsbescheid. Erst im Widerspruchsverfahren vorgelegte Unterlagen seien aber nicht in der Lage, die versicherungsrechtliche Stellung in die Vergangenheit hinein zu verändern. Müsse eine vorausschauende Betrachtungsweise nachträglich vorgenommen werden, müsse sie unter Zugrundelegung des ursprünglichen Kenntnisstandes erfolgen, denn die Frage der Versicherungspflicht sei zu Beginn einer Tätigkeit zu klären. Das Urteil des BSG vom 2. April 2014 (B 3 KR 4/13 R) sei so zu verstehen, dass zwar neue Unterlagen und Erkenntnisse bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides zu berücksichtigen seien. Dies könne aber nur für eine etwaige zukunftsbezogene Prognose erfolgen. Umfasse dagegen die Widerspruchsentscheidung einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, könnten nach Ablauf des Zeitraums vorgelegte Unterlagen nicht mehr zur Korrektur der ursprünglichen Entscheidung herangezogen werden. Die Beantwortung einer statusrechtlichen Frage könne nicht davon abhängen, wie lange im Einzelfall ein Widerspruchsverfahren dauere (Hinweis auf Urteil des Bayerischen LSG vom 27. Februar 2020 – L 20 KR 538/18). Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Widerspruchsentscheidung habe lediglich der Bescheid des Finanzamtes Friedrichshain-Kreuzberg vom 10. Februar 2014 für die R GbR vorgelegen. Der Kläger habe trotz Aufforderung durch die Beklagte nicht nachgewiesen, dass es sich bei den Merchandising-Einnahmen durch die nachträgliche Umwandlung der GbR in eine UG, deren alleiniger Geschäftsführer er sei, nur noch um Kapitaleinkünfte handele. Nach der Rechtsprechung des BSG zählten zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, wenn ein Gesellschafter als Mitunternehmer des Betriebs anzusehen sei (Hinweis auf Urteil vom 7. Mai 2020 – B 3 KS 3/18 R Rn. 28). Gemessen daran dürften auch die Ausschüttungen aus der UG im Fall des Klägers Einkünfte sein, deren Höhe er auch im Berufungsverfahren nicht dargelegt habe. Das sei aber mit Blick auf den o.g. maßgebenden Entscheidungszeitpunkt letztlich nicht entscheidend.

 

Am 19. Juni 2020 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Der Kläger hat die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen für die RGbR und für die RUG für das Jahr 2014 und den Gesellschaftsvertrag für die RUG, die Lizenzabrechnungen für 2014 und zuletzt Korrespondenz mit dem Finanzamt Zehlendorf vom 30. Dezember 2015 eingereicht.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung des Senates gewesen ist.

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

A. Der Senat durfte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind (§ 124 Abs. 2 i.V.m. §  153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

 

B. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat seine Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

 

I. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig (§ 54 Abs. 1 SGG), einer zusätzlichen Verpflichtungs- oder Feststellungsklage bedarf es nicht. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. August 2014 die Versicherungspflicht des Klägers in der Kranken- und Pflegeversicherung nach dem KSVG beendet. Diese hatte sie zuvor mit Bescheid vom 31. März 2003 ab dem 13. Januar 2003 festgestellt. Sie beendete und begrenzte diese Feststellung im Tenor des Bescheides vom 8. August 2014. Darüber hinaus hob sie den früheren Bescheid über die Feststellung zum 31. August 2014 zumindest am Ende der Begründung des Bescheides unter Berufung auf § 48 SGB X auch explizit auf (S. 2 des Bescheides). Der Feststellungsbescheid vom 31. März 2003 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (dazu BSG, Urteil vom 28. November 2013 - B 3 KS 2/12 R - juris Rn. 19). Der Kläger kann sein Anliegen, weiter in der KSV in den genannten Zweigen der Sozialversicherung versichert zu sein, allein durch die Aufhebung des Bescheides vom 8. August 2014 erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R –, Rn. 10; Urteil vom 7. Mai 2020 – B 3 KS 3/18 R Rn. 11). Dies gilt auch dann, wenn der Bescheid vom 8. August 2014 mit seinem Tenor nur eine gegenteilige Feststellung zum Bescheid vom 31. März 2003 trifft, den früheren Bescheid zwar nicht explizit, aber konkludent aufhebt. Auch dann genügt die schlichte Anfechtung, um dem Begehren des Klägers zu entsprechen. Denn die Kassation des neueren Bescheides wirkt zurück (ex tunc, vgl. Keller, in: Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer/B. Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 131 Rn. 3a). Die frühere Feststellung aus dem Jahr 2003, die durch die gegenteilige Feststellung mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wurde, lebt automatisch wieder auf.

 

II. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 22. September 2015. Die Anfechtungsklage ist auf die Überprüfung behördlicher Entscheidungen gerichtet. Das bedingt, dass auch die Überprüfung auf der Grundlage und Perspektive erfolgt, die spätestens der Widerspruchsbehörde zur Verfügung stand. Für die Beurteilung eines Verwaltungsaktes, der die Feststellung der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG beendet, gilt nichts anderes. Vergleichbar einem Verwaltungsakt, der die Versicherungsfreiheit nach § 3 KSVG, damit ein Versicherungsverhältnis negativ und damit gerade kein fortdauerndes Rechtsverhältnis mit Leistungs- und Beitragspflichten feststellt, entfaltet auch die Beendigung der Versicherungspflicht zu einem bestimmten Datum grundsätzlich keine rechtliche Wirkung über den Zeitpunkt der Bekanntgabe hinaus (BSG, Urteil vom 02. April 2014 – B 3 KS 4/13 R –, Rn. 11). Der Kläger konnte und kann jederzeit einen neuen Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht stellen, über den zunächst die Beklagte neu zu entscheiden hätte. Ein solcher Antrag kann nach der Rechtsprechung des BSG unter Umständen auch konkludent, z.B. durch die Vorlage neuer Einkommensbelege gestellt werden. Die Prüfung, ob der Kläger zwischenzeitlich bereits einen neuen Antrag auf Pflichtmitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung gestellt hat, ist Aufgabe der Beklagten (BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R – Rn. 11, dazu S. 27).

 

III. Die Klage bleibt erfolglos, weil die Beklagte ihre im Jahre 2003 getroffene Feststellung der Versicherungspflicht der Klägers in der Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung (§ 1 KSVG) nach § 8 Abs. 2 KSVG (i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes und anderer Gesetze <2. KSVG-ÄndG> vom 13. Juni 2001, BGBl. I, 1027) i.V.m. § 48 Abs. 1 S 1 SGB X wegen Änderung der Verhältnisse rechtmäßig aufgehoben hat.

 

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Infolge der Eigenart der künstlerischen und publizistischen Tätigkeit findet § 48 SGB X nach § 8 Abs. 2 KSVG nur eine modifizierte Anwendung, denn nur in den in § 8 Abs. 2 Satz 1 KSVG aufgeführten Fällen lässt sich genau feststellen, wann eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. In den übrigen Fällen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KSVG) ist daher der Bescheid über die Versicherungspflicht bei Änderung der Verhältnisse nur mit Wirkung vom Ersten des Monats an aufzuheben, der auf den Monat folgt, in dem die Künstlersozialkasse (KSK) von der Änderung Kenntnis erhält, es sei denn, der Versicherte hat vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben gemacht.

 

1. Der Bescheid der Beklagten ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, die Beklagte hat den Kläger vor seinem Erlass angehört (§ 24 Abs. 1 SGB X).

 

2. Der frühere Bescheid vom 31. März 2003 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung i.S. des § 48 SGB X, da er in die Zukunft gerichtet die Versicherungspflicht des Klägers in der Kranken- und Pflegeversicherung festgestellt hatte.

 

3. In den tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass dieses feststellenden Verwaltungsaktes vorgelegen haben, ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt vor, wenn sich die für den Erlass des Verwaltungsaktes entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände so erheblich verändert haben, dass sie rechtlich anders zu bewerten sind und daher der Verwaltungsakt unter Zugrundelegung des geänderten Sachverhalts so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte.

 

Nach 5 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 KSVG in der seit dem 13. Juni 2001 insoweit unveränderten Fassung ist in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung nach dem KSVG versicherungsfrei, wer eine nicht unter § 2 fallende selbständige Tätigkeit erwerbsmäßig ausübt, es sei denn, diese ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV).

 

a) Ausgehend vom Antrag des Klägers übte er zum Zeitpunkt der Feststellung der Versicherungspflicht im März 2003 jedenfalls ab April 2003 eine für die KSVG geringfügige und damit unschädliche Tätigkeit nichtkünstlerischer Art ausgeübt. Er hatte zwar in seinem Antrag angegeben, seit Januar 2003 neben der künstlerischen Tätigkeit als (Rock-)Musiker eine nichtkünstlerische selbständige Tätigkeit mit einem voraussichtlichen Gewinn von 400 Euro auszuüben. Dabei handelte es sich aber jedenfalls für die Zeit ab April 2003 um eine für die Versicherungspflicht i.S. des § 1 KSVG unschädliche geringfügige Tätigkeit.

 

Die selbständige und erklärtermaßen nichtkünstlerische Nebentätigkeit des Klägers überschritt die Geringfügigkeitsgrenze von monatlich 400 Euro des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in der ab 1. April 2003 geltenden Fassung vom 23. Dezember 2002 nicht, ob das bereits für die Zeit ab Antragstellung (13. Januar 2003) galt, kann offen bleiben. Ausgehend vom Feststellungsbescheid vom 31. März 2003 betrug für die Zukunft, die Zeit ab April 2003, die monatliche Grenze für geringfügige Tätigkeiten 400 Euro und war der Bescheid rechtmäßig (zur bis 31. März 2003 noch niedrigeren Grenze vgl. § 8 SGB IV in der bis zum 31. März 2002 geltenden Fassung vom 21. Dezember 2000).

 

b) Der Bescheid vom 31. März 2003 mit der Feststellung der Versicherungspflicht in der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung hätte jedenfalls mit Ablauf des August 2014 nicht mehr erlassen dürfen. Entscheidungserheblich i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind nur die bei Erlass des Ausgangsbescheides vorliegenden Umstände. Lediglich diese bilden die Vergleichsgrundlage für den Eintritt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse, die zum Erlass des Aufhebungsbescheides geführt hat. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Kläger bereits zu einem früheren Zeitpunkt vor August 2014 die maßgebliche Grenze des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG überschritt und die Beklagte möglicherweise die Versicherungspflicht schon vorher hätte beenden können.

 

Geringfügig i.S. des § 8 SGB IV (in der ab dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung vom 5. Dezember 2012) ist die nicht künstlerische selbständige Tätigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 1 KSVG, wenn das aus ihr erzielte Einkommen regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt. Dem Versicherungsfreiheitstatbestand des § 5 KSVG liegt die Erwägung zugrunde, dass Künstler oder Publizisten, die zusätzlich eine anderweitige selbständige Erwerbstätigkeit in nicht nur geringfügigem Umfang ausüben, wegen der Einkünfte aus dieser Tätigkeit typischerweise für den Krankheits- und Pflegefall abgesichert sind und deshalb des sozialversicherungsrechtlichen Schutzes der KSV nicht mehr bedürfen. (BSG, Urteil vom 18. Februar 2016 – B 3 KS 1/15 R –, BSGE 120, 282-289, Rn. 12, juris).

 

aa) Das KSVG definiert im Wortlaut des § 5 nicht, was das maßgebliche Einkommen aus der anderweitigen Tätigkeit ist. § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG definiert hingegen das für die Mindestgrenze maßgebliche Einkommen aus selbständiger künstlerischer Tätigkeit mit dem bekannten Begriff des Arbeitseinkommens (vgl. § 15 SGB IV). Die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 SGB IV ergibt sich für § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG aus dessen Bezugnahme auf die Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 SGB IV. Auch § 8 Abs. 3 SGB IV stellt hinsichtlich der Geringfügigkeit einer selbständigen Tätigkeit auf das Arbeitseinkommen i.S. des §  15 SGB IV ab. Maßgeblich für die Einordnung als Arbeitseinkommen ist nach § 15 Abs. 1 SGB IV alles, was nach dem Einkommensteuerrecht als Einkommen bewertet wird. Dabei ist der Begriff des Arbeitseinkommens i.S. des § 15 SGB IV aber nicht stets deckungsgleich mit demjenigen der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. §  18 EStG, sondern ist weiter zu verstehen. Ausnahmsweise sind z.B. Einkünfte, die zivilrechtlich aus Vermietung und Verpachtung resultieren, dann als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu werten (und somit Arbeitseinkommen), wenn die Vermietung und Verpachtung sich als unselbständiger Teil einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit darstellt und von dieser nicht zu trennen ist, z.B. weil auch der Gewerbebetrieb mit dem verpachteten Gegenstand "wirtschaftet" (BSG, Urteil vom 18. Februar 2016 – B 3 KS 1/15 R –, BSGE 120, 282-289, Rn. 15, juris). Steht danach fest, dass Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit stammen, also Arbeitseinkommen vorliegt, ist dieses nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften festzustellen und soll aus dem Steuerbescheid übernommen werden (BT-Drs. 12/5700, 92). § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG verengt den Begriff für die KSV dergestalt, dass das maßgebliche Arbeitseinkommen nur das nicht künstlerische Einkommen ist, also dasjenige, was nicht § 2 KSVG unterfällt.

 

bb) Ob eine nichtkünstlerische sonstige selbständige Tätigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG nicht geringfügig ist, ist – wie im Fall des § 3 KSVG – anhand einer Prognose zu ermitteln. Im Unterschied zu § 3 KSVG („voraussichtlich“) ergibt sich das Prognoseerfordernis zwar nicht aus dem Wortlaut, aber aus der Systematik sowie aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung. Begründet § 3 KSVG Versicherungsfreiheit für Künstler, wenn ihr Arbeitseinkommen aus künstlerischer Tätigkeit jährlich 3.900 Euro voraussichtlich nicht übersteigt, so ordnet § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG Versicherungsfreiheit an, wenn das sonstige Einkommen mehr als geringfügig ist. Beide Regelungen sind statusbestimmend, damit zukunftsgerichtet. Außerdem ermächtigt § 13 KSVG die Beklagte im Dienste der Prüfung der Voraussetzungen der Versicherungspflicht, im Wege der Stichprobe von den Künstlern Unterlagen der vergangenen vier Jahre zu ihren Einkünften zu verlangen, um die Plausibilität der Meldung des voraussichtlichen Arbeitseinkommens zu überprüfen (BT-Drs. 16/4373, S. 9 – Zu Nummer 2). Statusbestimmende Entscheidungen wie Überprüfungen nach § 3 wie § 5 KSVG erfordern, dass die Behörde das voraussichtliche Arbeitseinkommen selbst schätzt.

 

Eine sachgerechte Prognose beruht auf erhobenen Daten und Fakten und Erkenntnissen der Vergangenheit. Auf deren Basis erfolgt unter Berücksichtigung der erwartbaren Veränderungen eine Vorausschau für die Zukunft. Eine von den Verhältnissen der Vergangenheit abweichende Einschätzung ist dann geboten, wenn Verhältnisse dargelegt werden, die erwarten lassen, dass abweichende Einkünfte erzielt werden. Heranzuziehen sind alle Verhältnisse, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind und Einfluss auf das voraussichtliche Arbeitseinkommen haben. Maßgebend sind – auch für das die behördliche Entscheidung überprüfende Gericht – die Verhältnisse zur Zeit der Prognoseentscheidung. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 KSVG sind Änderungen in den Verhältnissen, die für die Ermittlung des voraussichtlichen Jahreseinkommens maßgeblich waren, auf Antrag für die Zukunft zu beachten. Neue Unterlagen, die eine treffsichere Prognose erlauben oder zeigen, dass das prognostizierte Einkommen tatsächlich in anderer Höhe erzielt wird, können nur zukunftsbezogen berücksichtigt werden. Ein Beurteilungsspielraum steht der Verwaltung nicht zu (näher zu § 3 KSVG ausgeführt von: BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R Rn. 22 ff., 28 - 30).

 

Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens sind bei der Prognose Unterlagen zu berücksichtigen, die bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides eingehen bzw. verfahrensfehlerfrei ermittelt sind. Die von der Beklagten demgegenüber zitierte Auffassung des Bayerischen LSG, wonach der statusbegründende Charakter der zu treffenden Prognose es nicht erlaube, im Widerspruchsverfahren Unterlagen vorzulegen, die einen Zeitraum noch vor dem Widerspruchsbescheid erfassten, ist nicht überzeugend (vgl. dazu auch LSG Hamburg, Urteil vom 26. August 2020 – L 1 KR 14/19). Das Vorverfahren nach § 78 SGG ist ein Verwaltungsverfahren und verpflichtet die Verwaltung im Wege der Selbstkontrolle, eine getroffene Entscheidung auf Recht- und Zweckmäßigkeit zu prüfen. Das umfasst auch Prognoseentscheidungen. Es muss für Betroffene daher möglich sein, noch im Widerspruchsverfahren prognoserelevante neue Unterlagen einzureichen, die die Widerspruchsbehörde auch betreffend den Zeitraum nach der Ausgangsentscheidung eigenständig zu prüfen hat.

 

cc) Ausgehend davon ergibt sich aus den vier Einkommensteuerbescheiden, welche der Beklagten zum Zeitpunkt ihres Bescheides vom 8. August 2014 vom Kläger für die Jahre 2008 – 2011 auszugsweise eingereicht waren, dass der Kläger Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und aus Gewerbebetrieb erzielte, welches  Arbeitseinkommen i. S. des § 15 SGB IV war (vgl. im einzelnen Tabelle S. 4/5).

 

Steuerrechtlich gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) zunächst die charakteristisch mit einer persönlichen Arbeitsleistung verbundenen selbständigen Tätigkeiten, die in § 18 Abs. 1 Nr. 1-3 EStG ausdrücklich genannt sind, oder solche, die diesen Tätigkeiten ähnlich sind. Erfasst werden hiervon u.a. die künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden Tätigkeiten. In Abgrenzung dazu stehen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) zwar neben den Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Zur Einkunftsart aus Gewerbebetrieb gehören die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Personengesellschaft, soweit der Gesellschafter als Mitunternehmer des Betriebes anzusehen ist. (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG, Fischer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. (Stand: 15. April 2020), § 15 SGB IV, Rn. 36 ff).

 

Für § 15 SGB IV gilt im Vergleich dazu aber ein umfassenderer Begriff, der vor allem dazu dient, Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit abgrenzen (Fischer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. (Stand: 15. April 2020), § 15 SGB IV, Rn. 33). Arbeitseinkünfte aus selbständiger Tätigkeit in diesem (sozialversicherungsrechtlichen) Sinne sind in der Regel dann anzunehmen, wenn der Erwerbstätige mit Gewinnerzielungsabsicht nachhaltig auf eigene Rechnung und Gefahr am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Als Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit i.S.d. § 15 SGB IV sind alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten zu berücksichtigen. Von den Einkunftsarten i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG lassen sich so die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-3 EStG) als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit i.S.d. § 15 SGB IV einordnen (Fischer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. (Stand: 15. April 2020), § 15 SGB IV, Rn. 34, anders differenzierend u.U. für stille Gesellschafter, zuletzt für Gewinnentnahmen von Kommanditisten einer GmbH & Co KG, BSG, Urteil vom 7. Mai 2020 – B 3 KS 3/18 R). Eine Zuordnung zum Arbeitseinkommen i.S. des § 15 SGB IV erfolgt für Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 EStG (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4-7 EStG) dagegen nur dann, wenn diese wirtschaftlich als unselbständiger Teil der selbständigen Tätigkeit zu werten und sie steuerrechtlich solchen Einkünften aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit zuzuordnen sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, bleiben diese Einkünfte bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens unberücksichtigt (Fischer, aaO, Rn. 38; vgl. S. 23 ff.).

 

Gemessen daran sind die für den Kläger für die Jahre 2008 – 2011 in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und aus Gewerbebetrieb Arbeitseinkommen i.S. des § 15 SGB IV. Für das Jahr 2012 hat der Kläger zwar (bis heute) keinen Einkommensteuerbescheid vorgelegt, aber der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die  R vom 10. Februar 2014 weist für ihn einen Anteil als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ in Höhe von 6.479,52 Euro aus. Dieser Betrag stellt mindestens das Einkommen aus Gewerbebetrieb und damit nach § 15 SGB IV Arbeitseinkommen in diesem Kalenderjahr dar.

 

Für die Jahre 2008 – 2012 ist nicht geklärt, ob sich die Einkünfte aus Gewerbebetrieb tatsächlich allein aus seinem Gewinnanteil der R speisten, wie er es bereits im Verwaltungsverfahren behauptet hat. Für die genannten Jahre ist dieser Vortrag schon deshalb aber nicht nachgewiesen, weil entweder keine Bescheide über die Feststellung des Gewinnanteils aus der R oder kein Einkommensteuerbescheid vorgelegt wurden. So hat der Kläger für das Jahr 2012 zwar den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die R vom 10. Februar 2014 und die Gewinn- und Verlustrechnung noch im Verwaltungsverfahren bei der Beklagten eingereicht. Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung betrug der steuerliche Gewinn der GbR 19.438,55 Euro und deckt sich mit den im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die GbR für das Jahr 2012 ausgewiesenen Einkünften aus Gewerbebetrieb (6.479,52 Euro für den Kläger, vgl. Tabelle S. 4/5). Der Kläger hat aber für 2012 keinen Einkommensteuerbescheid eingereicht, obwohl ihn die Beklagte dazu aufgefordert hatte (Aufforderung vom 10. Juni 2014). Für die übrigen Jahre (2008 – 2011) lagen hingegen keine Bescheide über die gesonderte einheitliche Feststellung für die verschiedenen GbRs vor. Daher war es der Beklagten nicht möglich, den klägerischen Vortrag für die genannten Jahre durch einen Vergleich der Zahlen aus den jeweiligen Bescheiden über die Feststellung des Gewinnanteils mit den Feststellungen der Einkommensteuerbescheide nachzuvollziehen.

 

Wird zugunsten des Klägers unterstellt, dass er als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in allen 5 Jahren (2008 – 2012) nur diejenigen aus der R hatte, so ist sein Anteil an den steuerrechtlich bescheinigten Einkünften aus Gewerbebetrieb der GbR auch im Jahr 2012 in voller Höhe Arbeitseinkommen i.S. des § 15 SGB IV. Es besteht keine Veranlassung, die Gesamteinkünfte der GbR deshalb nur zu einem geringeren Teil zu berücksichtigen, weil ausweislich des insoweit vorläufigen Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 10. Februar 2014 dieser die geltend gemachten Gewerbesteuerausgaben nicht als Betriebsausgaben der GbR anerkannt hat. Es ergäben sich bei Abzug der Gewerbesteuerzahlungen Einkünfte der GbR von lediglich 13.109,20 Euro anstatt 19.438,55 Euro und ein entsprechend geringer Anteil des Klägers (in Höhe von 1/3). Zum einen hat der Kläger aber einen insoweit abweichenden (endgültigen) Steuerbescheid mit niedrigeren Einkünften nicht vorgelegt. Zum anderen kann für das auch nach § 5 KSVG maßgebliche Arbeitseinkommen keine abweichende Betrachtung erfolgen. § 15 SGB IV verweist für die Höhe auf den „nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn“. Maßgeblich für die Einordnung als Arbeitseinkommen ist folglich zunächst alles, was nach dem Einkommensteuerrecht als Einkommen bewertet wird. Ist der sozialversicherungsrechtliche Begriff zwar im Hinblick auf die Berücksichtigung der Einkünfte nicht vollkommen deckungsgleich, so bezieht sich das zwar u.U. auf die Berücksichtigung der Einkommensart (dazu oben), aber nicht auf die steuerrechtlichen Vorschriften zur Gewinnermittlung für die jeweilige Einkommensart. Es besteht auch für die KSV keine Veranlassung, Betriebsausgaben, die das Steuerrecht nicht als abzugsfähig anerkennt, in der KSV abzuziehen. Eine solche Praxis würde gerade die von §  15 SGB IV im Interesse der Verwaltungspraktikabilität erstrebte Parallelität von Sozialversicherungs- und Steuerrecht unterlaufen, ohne dass es dafür einen aus der Eigenart der KSV resultierenden zwingenden Grund gibt. Allein der klägerische Vortrag, das Geld in Gestalt der Gewerbesteuerzahlungen habe ihm tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden, rechtfertigt keine abweichende Betrachtung. § 15 SGB IV unterstellt das grundsätzlich zu berücksichtigende Arbeitseinkommen der Höhe nach allein der Bewertung nach dem Steuerrecht, anders als z.B. § 240 Abs. 1 SGB V mit seinem eigenständigen Begriff der „wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit“.

 

dd) Nach den zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung der Beklagten  bekannten Umständen stand zu erwarten, dass der Kläger die Geringfügigkeitsgrenzen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 KSVG überschreiten würde.

 

Maßgebend ist danach zwar allein das Arbeitseinkommen aus einer erwerbsmäßigen nichtkünstlerischen anderweitigen selbständig ausgeübten Tätigkeit. Eine Tätigkeit ist erwerbsmäßig i.S. des Gesetzes, wenn sie nicht nur aus „Liebhaberei“ erfolgt. Daran gemessen dienen sämtliche Einkünfte aus der Tätigkeit des Klägers dazu, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten (BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R, Rn. 18).

 

Das maßgebliche Einkommen lag aber voraussichtlich über der Grenze von 5.400 Euro. Dabei fallen die in den Einkommensteuerbescheiden bezeichneten „Einkünfte aus selbständiger Arbeit“ von vornherein aus der Betrachtung heraus. Sie resultierten aus selbständiger künstlerischer Tätigkeit i.S. des § 2 Satz 1 KSVG. Künstler in diesem Sinne ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Zu Einkünften aus selbständiger Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören solche aus freiberuflicher Tätigkeit und dabei u.a. künstlerische und schriftstellerische Tätigkeiten. Im Fall des Klägers ergaben sich die Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus seiner Tätigkeit als Mitgesellschafter der drei G, D sowie aus dem Musikverlag M. Diese Personengesellschaften verfolgen alle einen künstlerischen Zweck, der Kläger übt darin als mitarbeitender Gesellschafter Musik aus bzw. schafft Musik i.S. des KSVG.

 

Arbeitseinkommen aus nichtkünstlerischer Tätigkeit konnte der Kläger allein aus seiner Beteiligung an der R erzielen, wenn insoweit zu seinen Gunsten seine Darstellung zugrunde gelegt wird, wonach seine steuerrechtlichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb allein aus dieser GbR resultierten. Ausweislich der vorgelegten Steuerbescheide überschritten zwischen 2008 und 2012 die Einkünfte aus dieser GbR die Grenze für eine geringfügige selbständige Tätigkeit i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 SGB IV. In allen vier Einkommensteuerbescheiden von 2008 bis 2011 wie auch in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der von Besteuerungsgrundlagen für die R(vgl. Tabelle S.4/5)lagen die Einkünfte des Klägers „aus Gewerbebetrieb“ jeweils über der Jahresgrenze von 5.400 Euro (= 450 Euro x 12 Monate).

 

Soweit der Kläger dazu geltend macht, seine Einkünfte aus der o.g. GbR dürften bereits deshalb nicht zur Gänze berücksichtigt werden, weil sie teilweise aus künstlerischer Tätigkeit, nämlich der Verwertung von Lizenzrechten, stammten, war das für die Jahre 2008 – 2011 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides bereits nicht nachgewiesen. Für diese Jahre lagen allein die Einkommensteuerbescheide vor, die keinerlei Auskunft zur Geschäftstätigkeit der GbR gaben (dazu bereits oben). Lediglich für das Jahr 2012 hatte der Kläger am 30. Mai 2014 noch ergänzende Unterlagen zum Jahresabschluss für die R GbR vorgelegt, aus denen sich zum einen deren Geschäftstätigkeit ersehen ließ, zum anderen eine getrennte Betrachtung nach Lizenzrechteverwertungs- und Merchandising-Einnahmen überhaupt möglich war. Konkret belegte der Kläger mittels der Gewinn- und Verlustermittlung sowie der Kontenliste, dass sich die Gesamtbetriebseinnahmen in Höhe von 28.631,81 Euro in Höhe von 14.795 Euro aus Lizenzvermarktung und nur mit 13.836,81 Euro aus T-Shirt-Verkäufen speisten. Die am 30. Mai 2014 eingereichte Kontenliste über die Umsätze der GbR dokumentierte unterschiedliche Umsatzsteuersätze (7 % und 19 %) und es ergab sich ferner aus dem Buchungstext, dass die Betriebseinnahmen im obigen Verhältnis zueinander erwirtschaftet wurden und damit überwiegend aus Verwertung von Musik und Tonträgerverkäufen und im Vergleich dazu weniger aus dem Verkauf von T-Shirts resultierten. Anhand einer Zusammenschau dieser Gewinnermittlung mit dem ebenfalls noch vor Erlass des angefochtenen Bescheides der Beklagten eingereichten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die GbR für das Jahr 2012 ließ sich auch ersehen, dass das auf den o.g. Betriebseinnahmen beruhende Betriebsergebnis den vom Finanzamt festgesetzten „Einkünften aus Gewerbebetrieb“ der Höhe nach exakt entsprach.

 

Selbst wenn die Geringfügigkeit allein anhand des Arbeitseinkommen aus dem Anteil an der R im Jahr 2012 zu prüfen wäre, stand zu erwarten, dass der Kläger die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten würde. Der Kläger erzielte allein aus seinem Anteil an den Einkünften der GbR auch im Jahr 2012 Einnahmen oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze, nämlich in Höhe von 6.279 Euro (vgl. Tabelle     S. 5).

 

Diese Einkünfte können weder als insgesamt künstlerisch gelten (1), noch lagen für eine mögliche Aufspaltung die notwendigen Unterlagen zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides bereits vor (2).

 

(1) Dass die Einkünfte der R steuerrechtlich zwingend (u.U. nach der vom Kläger angeführten Abfärbetheorie) als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ qualifiziert wurden, spricht nicht dagegen, sie im Rahmen des KSVG (ggf. teilweise) als Einkünfte aus selbständiger künstlerischer Tätigkeit zu werten. Das im Verständnis des § 5 Abs. 1 Nr. 1 KSVG noch verengte Arbeitseinkommen aus „künstlerischer Tätigkeit“ ist ebenso wenig deckungsgleich mit dem steuerrechtlichen Begriff des § 18 EStG wie das Arbeitseinkommen des § 15 SGB IV an sich, schon weil das Steuerrecht eine andere Zielrichtung verfolgt (dazu näher BSG, Urteil vom 21. Juli 2011 - B 3 KS 5/10 R Rn. 22). "Aus selbständiger künstlerischer Tätigkeit" erzielt ist ein Arbeitseinkommen i.S. des KSVG, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der künstlerischen Tätigkeit und den erzielten Einnahmen besteht. Dabei muss es sich nicht - wie z.B. bei den Einnahmen aus der Veräußerung von Liedern und Texten - um einen unmittelbaren Ursachenzusammenhang handeln. Vielmehr reicht ein mittelbarer ursächlicher Zusammenhang aus. Dieser liegt vor, wenn sich Einkünfte im weiteren Sinne als Gegenleistung für eine künstlerische Tätigkeit erweisen (BSG, Urteil vom 21. Juli 2011 – B 3 KS 5/10 R –, Rn. 12 ff.). Einen solchen mittelbaren Zusammenhang hat die Rechtsprechung für einen Journalisten bei Einnahmen aus dem Verkauf von Werbeflächen auf einer Website anerkannt, der ansonsten eigene Texte an andere Website-Betreiber veräußerte. Es stelle sich, so das BSG, in diesem Fall eine einheitliche publizistische Tätigkeit dar, da zwischen den Tätigkeiten ein wirtschaftlicher, inhaltlicher und organisatorischer Zusammenhang bestehe. In wirtschaftlicher Hinsicht sei die Erzielung von Einnahmen aus dem Verkauf von Werbeflächen notwendige Bedingung für die Ausübung journalistischer Tätigkeit unter Verwendung des Trägermediums Internet. Außerdem habe sich bei Online-Publikation eine Gratiskultur entwickelt (BSG, aaO, Rn. 18). Das Geschäftsmodell stelle einen besonderen Fall der Selbstvermarktung dar. Von Selbstvermarktung sei auszugehen, wenn die künstlerische Leistung ohne Zwischenschaltung eines Dritten selbst an den Endabnehmer abgegeben werde (BSG, aaO, Rn. 23 und 27). Speziell zum „Entgelt für ein künstlerisches Werk“ i.S. des § 25 KSVG, welches Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe ist, hat das BSG ausgeführt, das Entgelt, welches Künstler aus einer Merchandise-Vereinbarung erhalte, wonach sie Verwertungsrechte zur Herstellung und Vervielfältigung, Verbreitung von Waren aller Art, z.B. Bekleidungs- und Gebrauchstextilien, Party- und Geschenkartikel, Fan-Artikel, einräumten, unterscheide sich vom absatzsteigernden Merchandising im Rahmen der Vermarktung künstlerischer Werke. Nur Einkünfte, die final für eine künstlerische Leistung und nicht nur kausal wegen der Leistung bezahlt würden, seien Entgelte für ein künstlerisches Werk (BSG, Urteil vom 26. Januar 2006 – B 3 KR 3/05 R –, Rn. 15 f.).

 

Unabhängig davon, ob die zu §§ 24, 25 KSVG vertretene enge Auffassung zur „Gegenleistung für künstlerische Werke und Leistungen“ auf § 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG übertragbar ist (ablehnend, BSG, Urteil vom 7. Mai 2020 – B 3 KS 3/18 R Rn. 34), besteht im Fall des Klägers nur für die Einnahmen aus Lizenzverwertung ein hinreichender Ursachenzusammenhang zu künstlerischen Tätigkeit, nicht hingegen für die Einnahmen aus dem Verkauf der T-Shirts. Die Lizenzverwertung erfolgt unmittelbar für künstlerische (musikalische) Werke. Im Verhältnis dazu ist sowohl der Verkauf von „Band-T-Shirts“ in eigener Regie als auch die Einräumung von Nutzungsrechten an Dritte (Vermarkter) weder eine Vermarktung von Musik noch für die Vermarktung der Musik notwendig, wenngleich mittlerweile üblich. Die Erzielung von Einnahmen aus dem Verkauf von T-Shirts erfolgt lediglich vielmehr aus Anlass und gelegentlich der künstlerischen Tätigkeit der Schaffung oder Ausübung von Musik. Sie steht weder organisatorisch noch wirtschaftlich in unmittelbarem Zusammenhang mit der künstlerischen, kreativen Tätigkeit des Klägers. Dass die Tätigkeitsbereiche des Lizenzvertriebs und des T-Shirt-Vertriebs selbständig nebeneinander stehen, zeigt gerade die Ausgründung der UG im Jahr 2014 und Auslagerung der Wirtschaftstätigkeit des Verkaufs von T-Shirts. Es liegt in der R ein aus mehreren Tätigkeitsbereichen gemischtes Tätigkeitsbild vor.

 

(2) Eine Aufspaltung der insoweit „gemischtem“ Einkünfte der GbR und alleinige Berücksichtigung der Einkünfte aus dem Vertrieb der Kleidungsstücke (T-Shirts) im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG war der Beklagten im Rahmen der Prognose nicht möglich. Aus § 13 Satz 2 KSVG ergeben sich zwar deutliche Anhaltspukte dafür, dass die Beklagte im Einzelfall bei §  5 Abs. 1 Nr. 1 KSVG eine Aufspaltung von Arbeitseinkommen berücksichtigen muss, das zwar voraussichtlich dauerhaft in einem einheitlichen Gewerbebetrieb erzielt, aber nur zum Teil Einkommen aus sonstiger Tätigkeit darstellt. Für diese Pflicht spricht die gesetzliche Ermächtigung der Beklagten, nicht nur Angaben zu den verschiedenen Arbeitseinkommen zu fordern, sondern “für den Nachweis der Angaben erforderliche Unterlagen wie Einkommensteuerbescheiden oder Gewinn- und Verlustrechnungen“ zu verlangen (§  13 Satz 3 KSVG). Bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides hatte der Kläger aber – trotz Aufforderung – für 2011 und 2012 keine abschließenden Einkommensteuerbescheide oder von einem Steuerberater testierte  Gewinnermittlungen übersandt. Allein aus den damals vorliegenden Unterlagen zur R für das Jahr 2012 ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass das sonstige Einkommen aus dieser GbR unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze lag. Nach der Gewinnermittlung/Jahresabschluss der R lagen aus dem T-Shirt-verkauf Erlöse in Höhe von 13.838,81 Euro vor (Tabelle S. 5). Ausgehend von einem Anteil von 1/3 (als einer von drei Gesellschaftern) standen dem Kläger daraus Einkünfte von weniger als 5.400 Euro aus nichtkünstlerischer Tätigkeit zu. Bereits für die Jahre zuvor, 2008 – 2011, lagen der Beklagten aber keine Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die GbR vor. Das galt auch für spätere Zeiträume. Denn es lag allein für 2014 die Entwicklungsübersicht der Einnahmen der GbR vor, allerdings nur bis Juli 2014. Eine treffsichere Prognose, dass voraussichtlich zukünftig die Geringfügigkeitsgrenze aus den Verkäufen von T-Shirts nicht überschritten werden würde, war auf dieser schmalen und vor allem unvollständigen Grundlage nicht möglich.

 

ee) Die zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides der Beklagten bekannten Umstände der Gründung der UG rechtfertigten schließlich (noch) keine Prognose, dass deshalb das Arbeitseinkommen des Klägers aus Merchandising-Geschäften künftig geringfügig i.S. des § 8 SGB IV sein und bleiben würde. Noch im Widerspruchsverfahren, konkret im Oktober 2014, hat der Kläger der Beklagten mitgeteilt, er werde für die künstlerischen Einnahmen eine Ausgliederung aus der R vornehmen und diese rückwirkend zum 1. Januar 2014 in die neu zu gründende R verlagern. Die Gründung einer UG sei dagegen für den Fall vorgesehen, dass die Merchandising Einnahmen „in späteren Jahren“ wieder steigen sollte. Nach mehrfach gewährter Fristverlängerung teilte er dann mit, dass in die zu gründende UG rückwirkend zum 1. Januar 2014 die Geschäfte der R verlagert und die Einkünfte der GbR dann keine gewerblichen mehr sein würden. Auf erneute Aufforderung der Beklagten reichte der Kläger allein den Handelsregisterauszug der UG ein (8. März 2015) und erklärte, in der früheren GbR würden nur noch Lizenzeinnahmen vorkommen, während die gewerblichen Einkünfte ausschließlich von der UG erzielt würden. Weitere Unterlagen reichte er danach bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides am 22. September 2015 nicht mehr ein. Zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides war somit lediglich bekannt, dass die UG im Dezember 2014 gegründet und eingetragen war und ihre Geschäftstätigkeit der Verkauf von Merchandisingprodukten war. Der Kläger hatte aber bis September 2015 weder einen Gesellschaftsvertrag noch eine Gesellschafterliste der UG eingereicht, aus der sich sein möglicher Kapitalanteil ergeben hätte. Darüber hinaus hat er auch keine Gewinn- und Verlustrechnung oder Umsatzsteuererklärungen eingereicht, aus denen sich für die Beklagte zweifelsfrei hätte ersehen lassen, was die Geschäftstätigkeit der UG (ab Januar 2014) umfasste sowie eine Prüfung der steuerrechtlichen Einordnung der Einkünfte ermöglicht hätte. Noch am 1. Dezember 2014 hat der Kläger mitgeteilt, er werde neben den Gründungsdokumenten der UG auch die Dokumente zur Verlagerung der Einkünfte aus der GbR einreichen. Dies ist bis zum Widerspruchsbescheid freilich nicht geschehen. Aus den Unterlagen war zudem nicht sicher zu beurteilen, ob der Kläger, der im Handelsregister als alleiniger Geschäftsführer der UG eingetragen war, diese Tätigkeit ausübte und ob er dafür entweder ein Geschäftsführergehalt oder erhöhte Gewinnanteile ausgezahlt erhielt. Diese Umstände sind aber zur Beurteilung, ob die Kapitaleinkünfte des Klägers in Gestalt von Gewinnentnahmen aus der UG tatsächlich kein Arbeitseinkommen i.S. des § 15 SGB IV darstellen, von Bedeutung. Für Arbeitseinkommen ist maßgeblich, ob ein persönlicher Einsatz des Klägers sich auf seine notwendigen Aufgaben als Gesellschafter beschränkte oder darüber hinausging und ob sich die Wahrnehmung von Aufgaben der Geschäftsführung in Gewinnausschüttungen widerspiegelte. Nur wenn die Beklagte ausschließen kann, dass er in der Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, weisen Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG keinen Bezug zur Schutzbedürftigkeit in der Sozialversicherung auf und sind auch in der KSV unbeachtlich (vgl. für die Familienversicherung ausgeführt von BSG, Urteil vom 4. Juni 2009 – B 12 KR 3/08 R Rn. 13 ff). Mit Blick darauf kann dahinstehen, ob die rückwirkende Meldung sämtlicher bis Dezember 2014 entstandener Umsätze der GbR aus Merchandising-Geschäften bereits zum 1. Januar 2014 als Umsätze der UG eine für das Jahr 2014 unzulässige Umgehung oder Manipulation des für § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG maßgeblichen Arbeitseinkommens aus nichtkünstlerischer selbständiger Erwerbstätigkeit darstellte, wie es die Beklagte vertritt. Gegen diese Wertung spricht aus Sicht des Senats zumindest die Parallelität des Steuerrechts, die § 15 Abs. 1 SGB IV für das gesamte Sozialversicherungsrecht anordnet (BSG, aaO, Rn. 16).

 

Die erst im Klage- und Berufungsverfahren eingereichten umfangreichen Unterlagen, insbesondere der Gesellschaftsvertrag der UG, die Einkommensteuerbescheide und weiteren Steuerbescheide für 2014 und 2015 können keine Berücksichtigung finden. Die Beklagte hat allerdings in eigener Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen, ob der Kläger mit seinem frühen Verweis auf die geänderten Verhältnisse (Auslagerung der Geschäftstätigkeiten auf die UG) und der hierzu später im Gerichtsverfahren übersandten detaillierten Unterlagen (u.a. Bilanzen, Kontenliste der Rund der UG, Gesellschaftsvertrag Einkommensteuererklärung sowie Einkommensteuerbescheid für 2014 und 2014) konkludent einen neuen in die Zukunft gerichteten Antrag auf Pflichtmitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung gestellt hat (vgl. in diesem Zusammenhang: BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R Rn. 11).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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