Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. September 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die dem Kläger im Jahr 1989 erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) auf eine ihm mWv 1. Juni 2010 übertragene Beschäftigung als Prüfer für Baumaßnahmen im Revisionsamt der Beklagten zu erstrecken bzw ob der Kläger in dieser Beschäftigung versicherungspflichtig in der GRV ist. Streitig ist im Berufungsverfahren noch der Zeitraum ab 1. Juli 2012.
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), bei der der Kläger seit 11. März 1996 als angestellter Architekt, seit 1. Juli 2002 unbefristet, beschäftigt war, hatte den Kläger ab 1. September 1989, dem „Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. der Versicherungspflicht“ aufgrund seiner vom selben Zeitpunkt an bestehenden und seit 7. Juli 1999 freiwillig fortgeführten Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen von der Versicherungspflicht in der GRV befreit (Bescheid vom 21. November 1989); der Kläger war seit 1. September 1989 als angestellter Architekt in einem Architekturbüro in B beschäftigt gewesen. Auf den Befreiungsbescheid wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Zum 1. Juni 2010 übertrug die Beklagte dem Kläger, der seit dem Jahr 2000 daneben als freischaffender Architekt in B tätig und Pflichtmitglied der Brandenburgischen Architektenkammer ist, die Beschäftigung als Prüfer für Baumaßnahmen in ihrem Revisionsamt. Die Beklagte hob mit Bescheid 19. Juni 2012 den Befreiungsbescheid vom 21. November 1989 mWv 1. Juli 2012 auf der Grundlage von § 48 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) auf, weil der Kläger bereits seit 7. Juli 1999 nicht mehr Pflichtmitglied des Versorgungswerkes sei und die seinerzeitige Befreiung nur für das ab. 1. September 1989 begonnene Beschäftigungsverhältnis gegolten habe. Dem Widerspruch des Klägers half die Beklagte insoweit ab, als sie die Aufhebung des Befreiungsbescheides vom 21. November 1989 zurücknahm, eine Erstreckung der Befreiung auf die seit 1. Juni 2010 ausgeübte Beschäftigung indes ablehnte (Bescheid vom 1. Oktober 2012). Den insoweit aufrechterhaltenen Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2013). Die nunmehr ausgeübte Beschäftigung sei keine berufsspezifische Beschäftigung als Architekt.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat unter Änderung der angefochtenen Bescheide festgestellt, dass der Kläger hinsichtlich seiner seit 1. Juni 2010 ausgeübten Beschäftigung in der Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. Juni 2012 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit sei, und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 7. September 2018). Die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage sei teilweise begründet. In der Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. Juni 2012 sei der Kläger von der Versicherungspflicht in der GRV befreit. Die Beklagte sei unter allgemeinen Vertrauensschutzgesichtspunkten nach Treu und Glauben gehindert, die Versicherungspflicht des Klägers rückwirkend für den genannten Zeitraum festzustellen. Sie habe die Befreiung von der Versicherungspflicht seit Beschäftigungsbeginn im Jahr 1996 durchgehend beachtet und nicht überprüft, zunächst auch nicht nach der Aufgabenübertragung zum 1. Juni 2010. Dieser Vertrauensschutz gelte indes nicht für die Zukunft, dh ab 1. Juli 2012. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die seit 1. Juni 2010 ausgeübte Beschäftigung. Er sei, was für die Anwendung von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – GRV – (SGB VI) maßgebend sei, nicht aufgrund seiner Beschäftigung bei der Beklagten Pflichtmitglied der Architektenkammer, sondern wegen seiner Tätigkeit als freischaffender Architekt im Land Brandenburg. Ob es sich bei der Beschäftigung bei der Beklagten um eine berufsspezifische Tätigkeit eines Architekten handele, könne daher dahinstehen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Aufgrund der Befreiungsentscheidung aus dem Jahr 1989 habe er davon ausgehen dürfen, dass diese Befreiung solange gelte, wie er als Architekt tätig sei. Dies sei nach wie vor der Fall.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. September 2018 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2012 in der Fassung des Bescheides vom 1. Oktober 2012 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2013 aufzuheben und festzustellen, dass er auch hinsichtlich seiner bei der Beklagten ausgeübten Beschäftigung ab 1. Juli 2012 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihn auch für die Zeit ab 1. Juli 2012 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Im Übrigen habe die im Jahr 1989 erteilte Befreiung, wie das Bundessozialgericht (BSG) in gleichgelagerten Fällen bereits mehrfach entschieden habe, nur für die seinerzeit am 1. September 1989 aufgenommene Beschäftigung in einem Architekturbüro in B gegolten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem angefochtenen Urteil des SG bei verständiger Würdigung (nur) noch das zulässig mit einer Anfechtungs- und Feststellungsklage geltend gemachte Begehren des Klägers, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide der Beklagten festzustellen, dass er in der Beschäftigung bei der Beklagten ab 1. Juli 2012 aufgrund des Bescheides vom 21. November 1989 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit ist. Darüber hinaus ist das prozessuale Begehren dahingehend auszulegen, dass der Kläger hilfsweise eine Verpflichtung der Beklagten gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI zur Erstreckung der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV auf die Beschäftigung bei der Beklagten mWv 1. Juli 2012 begehrt; insoweit ist die Klage als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 11. März 2021 – B 5 RE 2/20 R – juris – Rn 14 mwN).
Rechtsgrundlage für die begehrte Feststellung hinsichtlich der Reichweite der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht ist § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (idF des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995, BGBl I 1824, neu bekanntgemacht durch Bekanntmachung vom 19. Februar 2002, BGBl I 754). Nach dieser Regelung bleiben Personen, die – wie der Kläger - am 31. Dezember 1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, in derselben Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit von der Versicherungspflicht befreit.
§ 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ist im Falle des Klägers grundsätzlich anzuwenden. Auch gehört der Kläger zu dem von der Vorschrift erfassten Personenkreis. Die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm sind jedoch nicht erfüllt, weil die darin geforderte "Identität" zwischen der Beschäftigung des Klägers, die seiner durch Bescheid vom 21. November 1989 erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht zugrunde lag, und der Beschäftigung bei der Beklagten - für die der Kläger nunmehr noch die Befreiung ab 1. Juli 2012 begehrt - nicht gegeben ist. Diesem Ergebnis stehen ein Vertrauensschutz des Klägers und das Gebot von Treu und Glauben nicht entgegen.
Die genannte Vorschrift kommt hier schon deshalb nicht zum Tragen, weil es sich bei der Beklagten um eine andere Arbeitgeberin handelt als das Architektenbüro in B und daher nicht dieselbe Beschäftigung vorliegt, sondern ein ganz anderes Beschäftigungsverhältnis. Anzuknüpfen ist im Rahmen von § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI allein an die konkrete Beschäftigung, für die die Befreiung seinerzeit erteilt worden ist (vgl BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 5/10 R = SozR 4-2600 § 231 Nr 5 – Rn 20-24 mwN). Der Bescheid vom 21. November 1989 bezog sich auch nur auf die seit „1. September 1989“ konkret aufgenommene Beschäftigung. Der Kläger kann auch aus den in dem ursprünglichen Bescheid vom 21. November 1989 enthaltenen Ausführungen - insbesondere zum Fortbestehen der Befreiung von der Versicherungspflicht selbst im Fall einer anschließenden, lediglich freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung - keinen Vertrauensschutz herleiten, weil sie den vorliegenden Fall des Wechsels der Beschäftigung nicht betreffen. Zudem haben der 5. und - ihm folgend - der 12. Senat des BSG hierzu wiederholt entschieden, dass es sich bei entsprechenden Ausführungen in Befreiungsbescheiden lediglich um Hinweise handelt, die nicht Teil des Verfügungssatzes des entsprechenden Verwaltungsaktes geworden sind (BSGE 80, 215, 221 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 17; BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 58). Mit Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem B Architektenbüro hatte sich der Befreiungsbescheid gemäß § 39 Abs. 2 SGB X „auf andere Weise“ erledigt (vgl BSG, Urteil vom 11. März 2021 – B 5 RE 2/20 R – Rn 18 mwN). Der Kläger konnte gerade nicht darauf vertrauen, dass die Befreiung – unbegrenzt - weiter „gilt, so lange er als Architekt tätig ist“. Soweit er erneut auf das Schreiben der Beklagten vom 9. März 2004 rekurriert, das dem Schreiben des Versorgungswerks der Architektenkammer N an die Beklagte vom 29. Mai 2012 beigefügt war und offensichtlich eine andere Person als den Kläger betraf, ergibt sich – worauf bereits das SG hingewiesen hat - ebenfalls keine andere Beurteilung. Im Übrigen enthält auch dieses Schreiben den Hinweis, dass eine Fortgeltung der Befreiung nur die „jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit“ betreffe, was bei dem Kläger gerade nicht der Fall war. Auch eine Erstreckung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI scheidet aus, weil die Beschäftigung des Klägers bei der Beklagten in dem hier nur noch zu prüfenden Zeitraum ab 1. Juli 2012 nicht im Voraus zeitlich begrenzt war bzw ist.
Ein Vertrauen des Klägers in den uneingeschränkten Fortbestand der Befreiungsentscheidung aus dem Gebot von Treu und Glauben bestand auch jedenfalls ab 1. Juli 2012 aus den bereits vom SG aufgezeigten zutreffenden Erwägungen nicht, auf die gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (S 18 letzter Absatz Zeile 1 bis S 19 Absatz 1 letzte Zeile). Denn mit dem Bescheid vom 19. Juni 2012 hatte die Beklagte unmissverständlich klargestellt, dass sie für das bestehende Versicherungspflichtverhältnis von einer Versicherungspflicht ausgeht.
Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI scheidet schließlich aus, weil der Kläger nicht wegen der Beschäftigung bei der Beklagten aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer ist. Er ist vielmehr Mitglied der Brandenburgischen Architektenkammer wegen seiner freiberuflichen Tätigkeit als Architekt im Land Brandenburg. Auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils und die dort zitierte Rechtsprechung des BSG wird auch insoweit Bezug genommen (S 19 Absatz 2 erste Zeile bis S 21 Absatz 2 letzte Zeile).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.