L 19 AS 1129/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 186 AS 16646/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 AS 1129/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Kläger wird der Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2014 aufgehoben und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2017 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern 492,26 Euro zu zahlen.

 

Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Betriebs- und Heizkosten für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 in Höhe von 492,26 Euro.

 

Die 1969 geborene Klägerin zu 1) und ihr 1997 geborener Sohn, der Kläger zu 2), beziehen von dem Beklagten seit längerem laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).

 

Die Kläger bewohnten zunächst eine Wohnung in B, A Straße , für die zuletzt eine Miete in Höhe von 438,00 Euro monatlich zu zahlen war. Am 9. Juni 2010 teilte der Beklagte auf einen kurz zuvor gestellten Antrag der Kläger mit, dass er dem Umzug der Kläger zustimme und zukünftig Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht würden, soweit diese angemessen seien und ein Leistungsanspruch bestehe. Der Mietzins inclusive Betriebskosten und Kosten für Heizung und Warmwasser solle für zwei Personen 444,00 Euro monatlich nicht übersteigen.

 

Zum 1. September 2010 mieteten die Kläger ihre jetzige Wohnung in der L A ,  B. Diese wird zentral mittels Fernwärme beheizt, wobei die beheizte Gebäudefläche 1000 qm übersteigt und zentral mit Warmwasser versorgt wird. Die Wohnungsgröße beträgt 62,68 qm. Hierfür war zunächst eine monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von 510,84 Euro zu zahlen (Grundmiete 344,74 Euro, Vorauszahlung für Betriebskosten 103,42 Euro und für Heizkosten 62,86 Euro), ab dem 1. Juni 2013 in Höhe von 527,50 Euro (Grundmiete wie zuvor, Vorauszahlungen für Betriebskosten monatlich 110,08 Euro, Vorauszahlungen für Heizkosten monatlich 72,68 Euro).

 

Der Beklagte berücksichtigte seit dem Umzug bei der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II einen Bedarf der Kläger für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 444,00 Euro. Er übernahm Nachzahlungen aus der Betriebskostenabrechnung vom 10. Mai 2012 in Höhe von 221,00 Euro (Abrechnungszeitraum 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011) und aus der Betriebskostenabrechnung vom 6. Mai 2013 in Höhe von 110,14 Euro (Abrechnungszeitraum 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2012).

 

Für den streitigen Leistungszeitraum gewährte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 16. Mai 2012 für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis 30. November 2012 Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung in monatlicher Höhe von 444,00 Euro; ebenso mit Bescheid vom 26. Oktober 2012 für den Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis 31. Mai 2013.

 

Mit Änderungsbescheid vom 21. Mai 2013 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass nach § 22 Abs. 1 SGB II i. V. m. der Wohnaufwendungsverordnung (WAV) die Unterkunftskosten für zwei Personen ab dem 1. Juni 2013 auf 486,00 Euro festgelegt worden seien. Ab dem 1. Juni 2013 berücksichtigte der Beklagte monatliche Bedarfe für Unterkunft und Heizung in dieser Höhe.

 

Am 8. Mai 2014 erstellte der Vermieter über die Betriebs- und Heizkosten für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 eine Betriebskostenabrechnung, daraus ergab sich für die Kläger eine Nachzahlung in Höhe von 492,26 Euro, fällig zum 1. Juli 2014.

 

Die Klägerin beantragte daraufhin am 21. Mai 2014 die Übernahme der Kosten.

 

Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Nachzahlungen für Zeiträume, in denen die Kosten der Wohnung nach Durchführung des Kostensenkungsverfahrens auf das angemessene Maß reduziert worden seien, seien nicht zu übernehmen. Bei den Klägern seien die Kosten der Unterkunft ab dem 1. September 2010 festgesetzt worden (Bescheid vom 22. Mai 2014).

 

Mit Bescheid vom 4. Juni 2014 und Änderungsbescheid vom 12. Juni 2014 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2014 unter Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 518,00 Euro.

 

Den gegen den Bescheid vom 22. Mai 2014 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück. Die Kläger seien ohne Zusicherung des Beklagten in ihre jetzige Wohnung umgezogen. Der Umzug sei zum damaligen Zeitpunkt nicht zwingend erforderlich gewesen, denn in der bisherigen Wohnung seien keine beengten Wohnverhältnisse gegeben gewesen. Es seien daher gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nur die Kosten der bisherigen Unterkunft in Höhe von 444,00 Euro zu übernehmen (Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2014).

 

Dagegen haben die Kläger am 11. Juli 2014 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, dass der Umzug wegen Mängeln in der alten Wohnung erforderlich gewesen sei. Eine Begrenzung auf „angemessene“ Werte setze voraus, dass sie zuvor Kenntnis über die Angemessenheit von Nachzahlungsbeträgen gehabt hätten oder der Beklagte sie entsprechend belehrt hätte; beides sei nicht der Fall gewesen. Sie seien vielmehr im guten Glauben gewesen, dass der Beklagte – wie bereits nach dem Umzug in den Jahren zuvor – die Betriebskostennachforderung übernehmen werde. Bei Kenntnis der Begrenzung der Nachforderung auf angemessene Beträge hätten sie die Möglichkeit gehabt, ihr Nutzungsverhalten anzupassen, um unangemessene Nachzahlungen zu vermeiden. Die Mitteilung des Beklagten vom 9. Juni 2010 über die Angemessenheitskosten in Höhe von 444,00 Euro für einen Zwei-Personen-Haushalt habe ihnen keine Kenntnis über die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten verschaffen können, weil es sich um einen falschen Wert nach der seinerzeitigen WAV gehandelt habe.

 

Mit Urteil vom 25. April 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Anspruch auf Übernahme der Betriebskostennachforderung gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht bestehe. Danach seien Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit diese angemessen seien. Dies erfasse auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung. Soweit eine Nachforderung von Unterkunfts- und/oder Heizkosten in einer Summe fällig werde, gehöre sie nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 – B 14 AS 40/14 R -, juris, Rdnr. 14) zu dem im Fälligkeitsmonat aktuellen Bedarf. Die Übernahme der Kosten scheitere bei den Klägern indes daran, dass diese nicht angemessen seien. Die Angemessenheit einer Betriebs- und Heizkostennachforderung beurteile sich nicht nach den Verhältnissen im Fälligkeitsmonat - hier Juli 2014 -, sondern nach den tatsächlichen Verhältnissen des Zeitraumes, dem diese Forderung nach ihrer Entstehung im tatsächlichen Sinne zuzuordnen sei – hier also im Zeitraum von Juli 2012 bis Juni 2013. Die Leistungsberechtigten hätten nur zu diesem Zeitpunkt ihre Unterkunfts- und Heizkosten beeinflussen können, deshalb könne nur diese Betrachtungsweise der Schutzfunktion der Regelung von § 22 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SGB II entsprechen. Zwar werde in der Rechtsprechung teilweise die Angemessenheit der Nebenkostennachforderung bezogen auf das Abrechnungsjahr insoweit bestimmt, als die vom Grundsicherungsträger in diesem Jahr berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft und Heizung ermittelt und sodann den angemessenen Bedarfen gegenübergestellt würden. Verbleibe danach ein monatlicher Rest, weil der Grundsicherungsträger die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu niedrig bestimmt habe, sei in Höhe dieser Differenz die Nebenkostennachforderung angemessen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. September 2013 – L 18 AS 1218/12 -, juris, Rdnr. 23 ff).

 

Das Gericht folge diesem Ansatz nicht. Denn er berücksichtige nicht, dass über die Bedarfe in dem Abrechnungszeitraum (hier Juli 2012 bis Juni 2013) bis zur Höhe der damals monatlich geschuldeten Vorauszahlung durch die Bewilligungsbescheide entschieden worden sei bzw. diese im Rahmen eines anderen Rechtsstreits zu überprüfen seien. Bis zur Höhe der Vorauszahlung gehe es um Ansprüche aus § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II für die Abrechnungsmonate, bei denen der Nachforderung hingegen um einen Anspruch für den Fälligkeitsmonat. Es seien somit getrennte Streitgegenstände gegeben. Die Angemessenheit von Nebenkostennachforderungen müsse vielmehr im Einzelfall durch eine klare Trennung zwischen Vorauszahlungs- und Nachforderungsbedarf einerseits und der Angemessenheit von Betriebs- und Heizkosten andererseits bestimmt werden. Diese Berechnung erfolge in vier Schritten. In einem ersten Schritt sei die Nebenkostenabrechnung in Betriebs- und Heizkosten aufzuteilen. In einem zweiten Schritt müsse für die Angemessenheitsprüfung verdeutlicht werden, wie sich die im Abrechnungsjahr verursachten Kosten zusammensetzen. In einem dritten Schritt sei die Angemessenheitsgrenze zu bestimmen. Schließlich sei zu ermitteln, ob oberhalb der Vorauszahlungsbedarfe, über die der Grundsicherungsträger schon entschieden habe, noch Raum für weitere angemessene Aufwendungen sei.

 

Nach diesen Maßstäben ergebe sich, dass die Nebenkostennachforderung nicht angemessen sei. Von der Nachforderung in Höhe von 492,26 Euro entfielen 84,76 Euro auf die Betriebs- und 407,52 Euro auf die Heizkosten. Aufgeteilt auf zwölf Monate ergebe sich für Betriebskosten ein monatlicher Betrag in Höhe von 7,07 Euro und für Heizkosten in Höhe von monatlich 33,96 Euro. Angemessen sei im Abrechnungszeitraum eine Bruttowarmmiete in Höhe von 470,00 Euro bestehend aus einer Bruttokaltmiete in Höhe von 387,00 Euro sowie angemessenen Heizkosten in Höhe von (maximal) 83,00 Euro. Diese seien abstrakt zu bestimmen, da die Wohnaufwendungsverordnung des Landes Berlin rechtswidrig gewesen sei. Nach Überzeugung des Gerichts sei für einen Zweipersonenhaushalt eine Bruttokaltmiete von 387,00 Euro abstrakt angemessen. Diese berechne sich aus dem Produkt der für die Haushaltsgröße höchstens angemessenen Wohnungsgröße (= 60 qm) und der angemessenen Bruttokaltmiete in Höhe von 6,47 Euro/qm (Nettokaltmiete 4,91 Euro/qm zuzüglich Betriebskosten 1,54 Euro/qm). Diese Werte seien anhand des im Abrechnungszeitraum aktuellen qualifizierten Berliner Mietspiegels des Landes Berlin vom 3. Juni 2011 zu berechnen. Dabei seien die Kaltmiet- und Betriebskostenwerte jeweils nach dem Verhältnis der den Wohnungsangaben zugrundeliegenden Wohnungsanzahl zu dem insgesamt vom Berliner Mietspielgel erfassten Wohnungsbestand zu gewichten. Die Gewichtung auch der Betriebskosten sei notwendig, da die Anteile am Wohnungsbestand der einzelnen Mietspiegeltabellen stark voneinander abwichen, so dass eine Berücksichtigung zum gleichen Anteil nicht möglich sei. Wegen der Einzelheiten der Berechnungsmethode und den Quellenangaben verwies das Gericht auf die Darstellung von Schifferdecker/Silbermann/Irgang, Einheitliche Kosten der Unterkunft in Berlin, in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit Nr. 1/2010, 28 – 42.

 

Zusätzlich seien angemessene Heizkosten zu übernehmen. Der Grenzwert betrage nach der Entscheidung des BSG vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R – nach Maßgabe des Bundesdeutschen Heizkostenspiegels 2012 für Fernwärme bei einer zu beheizenden Gebäudefläche von mehr als 1000 qm maximal 83,00 Euro pro Monat. Danach seien die tatsächlichen Vorauszahlungen in Höhe von 62,68 Euro angemessen. Da im Abrechnungszeitraum bereits die geschuldeten Vorauszahlungen in Höhe von 510,84 Euro die Angemessenheitsgrenze von 470,00 Euro überstiegen, sei die Nachforderung unangemessen.

 

Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Übernahme der Betriebskostennachforderung aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der bis zum 31. Juni 2016 geltenden Fassung vom 13. Mai 2011. Danach seien die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang überstiegen, als Bedarf solange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar sei, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Diese Vorschrift finde auf die Kläger keine Anwendung, denn sie erfasse nur solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessen teuren Wohnung wohnten bzw. deren Unterkunftskosten während des Leistungsbezuges, etwa durch eine Mieterhöhung, unangemessen geworden seien.

 

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Sozialgericht zugelassene Berufung der Kläger vom 1. Juni 2017. Zu deren Begründung haben sie unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen ergänzend ausgeführt, dass es nicht ersichtlich sei, warum die Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. September 2013, Az.: L 18 AS 1218/12) zur Angemessenheit von Heizkostennachforderungen nicht auch im vorliegenden Fall gelte.

 

Die Kläger beantragen,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2017 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern die im Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 angefallene Nebenkostennachzahlung in Höhe von 492,26 Euro zu erstatten.

 

Der Beklagte beantragt seinem schriftsätzlichen Vorbringen nach, 

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine Nebenkostennachforderung für eine Unterkunft, bei der die Kosten für Unterkunft und Heizung auf das zulässige Höchstmaß festgesetzt worden seien, sei nicht erstattungsfähig, sofern dieser Höchstwert überschritten werde. Bei einem Umzug in eine unangemessen teure Unterkunft seien nur die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen. Zudem fehle es – im Gegensatz zum Urteil des BSG vom 3. September 2020 - vorliegend an einer vorherigen Zusicherung des Beklagten zum Umzug der Kläger.

 

Der Senat hat die Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 11. Januar 2021 auf die Entscheidung des BSG vom 3. September 2020 (Az.: B 14 AS 40/19 R) hingewiesen und die vorläufige rechtliche Würdigung des Senats dargelegt. 

 

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die Gerichts- und Verwaltungsakten.

 

                                                 Entscheidungsgründe

 

Der Senat konnte trotz des Nichterscheinens des Beklagten gemäß § 153 Abs. 1, § 110 Abs. 1 Satz 1, § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die mündliche Verhandlung durchführen und entscheiden (dazu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 126 Rn. 4, § 111 Rdnr. 6d), weil dieser in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 111 Abs. 1 Satz 2 SGG).

 

Die Berufung der Kläger, mit der diese mit der statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage die Verurteilung des Beklagten zur Erstattung der im Juli 2014 fälligen Nebenkostenforderung für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013 begehren, ist zulässig und begründet. Die streitigen Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 492,26 Euro sind zu erstatten.

 

Gegenstand des Rechtstreits sind lediglich die allein geltend gemachten weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU), weil die Kläger in ihrem Antrag den Streitstoff ausdrücklich auf höhere KdU beschränkt haben (zur Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung siehe schon BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).

 

Die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides misst sich an § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X), weil der Beklagte bei der Leistungsbewilligung mit Bescheiden vom 16. Mai 2012, 26. Oktober 2012 und 8. Mai 2013 Unterkunftskosten in monatlicher Höhe von 444,00 Euro bzw. 486,00 Euro (ab 1. Juni 2013) für den hier streitigen Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 bewilligt hat und die Fälligkeit der Nebenkostennachforderung zeitlich in diesen Bewilligungsabschnitt fällt. Ob den Klägern entsprechende weitere KdU zustehen, richtet sich nach § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt.

 

1. Mit der Nebenkostennachforderung durch den Vermieter ist eine rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten. § 22 Abs. 1 SGB II erfasst nicht nur laufende, sondern auch einmalige KdU (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 14/7b AS 58/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 16). Soweit eine Nachforderung in einer Summe fällig wird, ist sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (vgl. BSG, a.a.O.). Nachzahlungen gehören demzufolge zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat - hier also im Juli 2014 - (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010 - B 4 AS 62/09 R -). Nach der Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, ist nunmehr auch geklärt, dass die Fälligkeit der Nebenkostenforderung am 1. Juli 2014 nicht dazu führt, diesen Bedarf auch materiell diesem Monat zuzuordnen. Vielmehr beurteilt sich die Rechtslage, also Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruchs, allein nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums, dem die fragliche Forderung nach ihrer Entstehung im tatsächlichen Sinne zuzuordnen ist, mithin hier den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013. Für eine derartige Auslegung spricht schon die Überlegung, dass der Leistungsberechtigte allein in diesem Zeitraum die Unterkunfts- und Heizungskosten im Sinne seiner Obliegenheit zur Kostensenkung beeinflussen konnte. Nur eine derartige Deutung des § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II wird der den Vorschriften innewohnenden Schutzfunktion gerecht (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 12/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 45).

2. Der Anspruch auf KdU ist dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010 - B 4 AS 62/09 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 38). Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden im Rahmen der Bewilligung von Alg II und Sozialgeld in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die Prüfung der Angemessenheit des Bedarfs für die Unterkunft und der des Bedarfs für die Heizung haben grundsätzlich getrennt voneinander zu erfolgen (vgl. nurBSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 RBSGE 104, 41= SozR 4-4200 § 22 Nr. 23, Rdnr. 18 m.w.N.), unbeschadet der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II) und der zwischenzeitlich eingeführten Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II i. d. F. des Neunten SGB-II-Änderungsgesetzes.

 

Zur Bestimmung des anzuerkennenden Bedarfs für die Unterkunft und für die Heizung ist von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 8/09 RBSGE 104, 179SozR 4-4200 § 22 Nr. 24, Rdnr. 15 ff) Will das Jobcenter nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkennen, weil es sie für unangemessen hoch hält, muss es grundsätzlich ein Kostensenkungsverfahren durchführen und der leistungsberechtigten Person den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang der Aufwendungen mitteilen (zuletztBSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 RBSGE 127, 214) Bei dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der "Angemessenheit" in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff (st. Rspr.; vgl. zuletztBSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 RBSGE 127, 214= SozR 4-4200 § 22 Nr. 101, Rdnr. 16), das die Leistungspflicht des Jobcenters begrenzt (vglBSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 14/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 20, RdNr. 26)Gegen die Verwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs bestehen keine durchgreifenden Bedenken, zumal zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Angemessenheit des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch die Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB II zu berücksichtigen sind (BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 2017 - 1 BvL 2/151 BvL 5/15Rdnr.17BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 - B 4 AS 33/16 RBSGE 125, 29SozR 4-4200§ 22 Nr. 93, Rdnr. 17 f;BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 RBSGE 127, 214SozR 4-4200 § 22 Nr. 101, Rdnr. 17)

a. Die abstrakt angemessene Bruttokaltmiete belief sich im streitigen Leistungszeitraum vorliegend auf 478,50 Euro monatlich.

 

aa. Wiedas BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, hat die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen unter Anwendung der Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen: (1) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), (2) Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, (3) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept, (4) Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten (vgl. zur Produkttheorie grundlegend BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 RBSGE 97, 254= SozR4-4200 § 22 Nr. 3, Rdnr. 20; zuletztBSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 RBSGE 127, 214= SozR 4-4200 § 22 Nr. 101, Rdnr. 20) Zudem ist nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zu prüfen, ob angemessener Wohnraum tatsächlich zur Verfügung steht und in hinreichender Zahl auf dem Markt allgemein zugänglich angeboten wird (s. BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 37/19 R –, Rdnr. 27f, juris).

 

Dass vorliegend angemessener Wohnraum tatsächlich zur Verfügung stand und damals in hinreichender Zahl auf dem Markt allgemein zugänglich angeboten wurde, lässt sich nicht feststellen. Aus den Verwaltungsvorgängen und dem Vorbringen der Beteiligten ergeben sich hierzu keinerlei Erkenntnisse. Die auch vom Senat in der Vergangenheit - anhand des sog. Schifferdecker Modells - zur Bestimmung der Angemessenheitswerte herangezogenen Datensammlungen enthalten keine Aussagen zu der Frage der tatsächlichen Verfügbarkeit. Aus anderen Verfahren hat der Senat für den sehr lange zurückliegenden streitigen Leistungszeitraum 2012/2013 ebenfalls keine belastbaren Erkenntnisse, um eine Verfügbarkeit preiswerteren Wohnraums im Vergleich zu dem konkret in Rede stehenden Wohnraum auf dem außerordentlich dynamischen und deshalb nach Ablauf von so vielen Jahren regelmäßig nicht mehr rekonstruierbaren Wohnungsmarkt von Berlin zu prüfen, zumal hier nicht nur auf ein einzelnes Angebot, sondern aus materiell-rechtlichen Gründen auf eine hinreichende Anzahl von Wohnungen sowie (wg. der tatsächlichen Verfügbarkeit) auf die Zahl der Nachfragenden in dem entsprechenden Preissegment abgestellt werden muss. Eine entsprechende Unterstützung zu dieser Frage durch den Beklagten bzw. die Verwaltung (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 20. August 2009, Az.: B 14 AS 65/08 R, Rdnr. 21, juris) ist trotz des Hinweisschreibens des Senats vom 11. Januar 2021, das aus Sicht des Senats nunmehr auf die Werte der Wohngeldtabelle zurückzugreifen sei, ausgeblieben. Auch aus der mündlichen Verhandlung haben sich keinerlei Anknüpfungspunkte für weitere Ermittlungen ergeben, da eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter des Beklagten an dieser nicht teilgenommen hat. Schriftlich sind vom Beklagten irgendwelche anderen Ermittlungsansätze, denen der Senat hätte nachgehen können, ebenfalls nicht aufgezeigt worden. Die Erkenntnisse des Beklagten sind jedoch der Ansatzpunkt, um der Frage der Verfügbarkeit von entsprechendem Wohnraum nachgehen zu können (BSG, Urteil vom 20. August 2009, Az.: B 14 AS 65/08 R, Rdnr. 21, juris: „Logik der Verteilung der Verantwortung“).

 

bb. Mangels eines in rechtlich zulässiger Weise bestimmbaren Angemessenheitswerts sind deshalb die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft dem Bedarf für die Unterkunft zugrunde zu legen, jedoch begrenzt durch die Werte nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) plus Zuschlag von 10 Prozent. Die Beträge ergeben sich aus § 12 des WoGG. Die Tabellenwerte nach § 12 WoGG zuzüglich des Sicherheitszuschlags fungieren dabei als "Angemessenheitsobergrenze", die die Finanzierung extrem hoher und per se unangemessener Mieten verhindert (so BSG, Urteile vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, Rdnr. 30 und vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 50/09 R, juris).

 

Die danach abstrakt angemessene Bruttokaltmiete belief sich im streitigen Leistungszeitraum nach dem WoGG für einen Zwei-Personen-Haushalt auf 478,50 Euro monatlich zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von zehn Prozent (435,00 Euro + 43,50 Euro).

 

b. Hinsichtlich der Heizkosten gilt: Leistungen für die Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen übernommen, soweit diese angemessen sind (vgl. grundlegend hierzu das Urteil des BSG vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R). Die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten ist an den Wohnverhältnissen der Hilfesuchenden im jeweiligen Einzelfall auszurichten. Es ist ein konkret-individueller Maßstab anzulegen.

Die am Einzelfall orientierte Angemessenheitsprüfung hat grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R).

 

Die tatsächlichen Heizkosten sind als angemessen anzusehen, sofern nicht besondere Umstände Anlass zu einer abweichenden Bewertung geben. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, können daraus gewonnen werden, dass Richtwerte, die sich aus der Anwendung repräsentativer kommunaler oder - soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen - bundesweiter Heizspiegel ergeben, signifikant überschritten werden. Dabei kommen die Werte des (von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund und gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erstellten) "Bundesweiten Heizspiegel" in Betracht (so BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R), der beginnend mit dem Jahr 2005 Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der Größe der Wohnanlage bereithält und der hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch" differenziert (vgl. http://www.heizspiegel.de).

 

Für die Bestimmung des Richtwertes auf Grund dieses bundesweiten Heizspiegels sind zunächst die Heizungsart und die insgesamt zu beheizende Fläche des Hauses zu ermitteln, in dem die betreffende Wohnung gelegen ist. Danach ist ein Produkt zu bilden aus der für den jeweiligen Haushalt angemessenen Wohnfläche, die sich wie bei den Unterkunftskosten nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs. 1 WoFG bzw. § 5 Abs. 2 WoBindG a. F. richtet, und den Werten, ab denen die Heizkosten pro Quadratmeter nach dem (bundesweiten oder kommunalen) Heizspiegel für den jeweiligen Heizträger als "extrem erhöht" (entspricht der oberen Grenze der erhöhten Heizkosten) angesehen werden müssen (rechte Spalte des Heizspiegels).

 

Vorliegend bestehen an der Angemessenheit der tatsächlichen Heizkosten keinerlei Zweifel. Denn die so ermittelten Heizkosten der Kläger – ein kommunaler Heizspiegel existiert für Berlin nicht – liegen unter den oberen Grenzwerten des bundesweiten Heizspiegels 2013 für das Abrechnungsjahr 2012 bzw. des bundesweiten Heizspiegels 2014 für das Abrechnungsjahr 2013 (vgl. BSG, Urteile vom 22. September 2009 – B 4 AS 70/08 R, Rdnr. 19 und vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R, Rdnr. 20 ff., juris). Das Produkt (vgl. BSG, Urteile vom 16. April 2013 – B 14 AS 28/12 R, Rdnr. 43 und vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R, Rdnr. 43, juris) aus der angemessenen Wohnfläche von 60 qm und dem oberen Wert für erhöhte Heizkosten aus dem bundesweiten Heizspiegel 2013 für Fernwärme (für eine Gebäudefläche von mehr als 1000,00 qm) von mehr als 18,60 Euro pro qm liegt bei 1.116,00 Euro/Jahr 2012 bzw. 93,00 Euro/Monat (60,00 qm x 18,60 Euro = 1.116,00 Euro : 12 Monate = 93,00 Euro/Monat). Für das Jahr 2013 errechnet sich ein Wert von 102,00 Euro (60,00 qm x 20,40 Euro = 1224,00 Euro: 12 Monate = 102,00 Euro pro Monat).

 

c. Damit sind die Kosten der Nachforderung in Höhe von 492,26 Euro (41,02 Euro monatlich) vollständig zu übernehmen. Die Angemessenheitsgrenze des monatlichen KdU-Anspruchs wird weder für die im Jahr 2012 (571,50 Euro = 478,50 Euro + 93,00 Euro) noch für die im Jahr 2013 (580,50 Euro = 478,50 Euro +102,00 Euro) liegenden Monate überschritten. Die abstrakt angemessene Bruttokaltmiete belief sich, wie erläutert, im streitigen Leistungszeitraum für einen Zwei-Personen-Haushalt auf 478,50 Euro monatlich, die (noch) angemessenen Heizkosten der von den Klägern bewohnten Unterkunft, wie dargestellt, auf 93,00 Euro monatlich im Jahr 2012 und 102,00 Euro monatlich im Jahr 2013.

 

d. Der Anspruch ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II auf die Aufwendungen für die bisherige Wohnung in Höhe von 444,00 Euro begrenzt. Nach dieser Norm wird nur der bisherige Bedarf anerkannt, wenn sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen. Unabhängig von der hier streitigen Frage nach der Erforderlichkeit des Umzugs der Kläger ist die Deckelung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II dann ausgeschlossen, wenn, wie hier, für den örtlichen Vergleichsraum keine zutreffenden abstrakten Angemessenheitsgrenzen bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 12/15 R –, Rdnr. 18, juris).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor; die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG sind nicht erfüllt. Bei der Prüfung, ob Rechtssätze divergieren, ist auf die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung abzustellen. Der Senat hat, wie dargelegt, auf dieser Grundlage entschieden. Der Umstand, dass andere Tatgerichte in der Vergangenheit zu einer anderen Bewertung gelangt sind, begründet nach der nunmehr vorliegenden höchstrichterlichen Entscheidung keinen Revisionszulassungsgrund mehr.

Rechtskraft
Aus
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