1. Es kommt bei der Auslegung der Verordnung über die zusätzliche Altersver-sorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleich-gestellten Betrieben (AVI tech) weder auf die praktische Handhabung der Versorgungsordnung durch DDR-Behörden noch auf deren Verwaltungs-praxis noch auf den seinerzeit herrschenden Produktionsbegriff an. 2. Ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens liegt nur dann vor, wenn der Betrieb von der unmittelbaren industriellen Bauproduktion geprägt war. 3. Gesetzesauslegung darf nicht zu Differenzierungen führen, die dem Gesetz-geber verwehrt wären. Bei der Überleitung von DDR-Renten besteht hierbei ein besonders weiter Spielraum. 4. Die Rentenbewilligung nach dem Anspruchs- und Anwart-schafts¬überführungsgesetz (AAÜG) nach einem sehr engen Verständnis eines DDR-Produktionsbetriebs verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundge-setz. Es stellt einen sachlichen Grund dar, nur an - typisiert - eintönigste In-genieurtätigkeit zusätzliche Rentenzahlungen zu knüpfen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 29. Januar 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger sieht seine Tätigkeit in der Zeit vom 6. Juni 1977 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz der DDR an.
Der 1952 geborene Kläger ist berechtigt, die Berufsbezeichnung Diplomingenieur zu führen. Er arbeitete ab dem 6. Juni 1977 im VEB Bau- und Montagekombinat (BMK) Industrie- und Hafenbaukombinatsbetrieb N, zuletzt als Leiter Technik. Der Produktionsbereich 5 (T) des Unternehmens wurde mit Wirkung vom 31. März 1990 aus dem BMK ausgegliedert und als eigenständiger Betrieb mit der Bezeichnung VE T Tiefbauunternehmen weitergeführt.
Eine Versorgungszusage für die Altersversorgung der technischen Intelligenz ist ihm bis zum 30. Juni 1990 nicht erteilt worden.
Der VE T Tiefbauunternehmen wurde im Sommer 1990 von Gesetzes wegen (Gesetz vom 17. Juni 1990) in die T Tiefbau GmbH umgewandelt. Am 12. Juli 1990 firmierte das Unternehmen bereits unter „GmbH i. A.“.
Ende November 2016 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) bei der Beklagten.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2017 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Das AAÜG finde bei dem Kläger keine Anwendung. Er sei seinerzeit nicht ausdrücklich in das Versorgungssystem einbezogen gewesen. Ein Fall nachträglicher Rehabilitierung sei ebenfalls nicht gegeben und ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach den Kriterien, die das Bundessozialgericht (BSG) aufgestellt habe, bestehe gleichfalls nicht.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2017 als unbegründet zurückwies. Der Betrieb des Klägers sei kein Volkseigener Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) im Sinne der Versorgungsordnung gewesen; gleichgestellt sei dieser Betrieb einem Produktionsbetrieb ebenfalls nicht. Hauptzweck des Unternehmens sei nicht die Massenproduktion von Bauwerken gewesen, die industrielle Fertigung von Sachgütern stehe ohnehin nicht in Rede.
Am 25. September 2017 hat der Kläger Klage erhoben. Bei dem Unternehmen habe es sich von Beginn an um einen Baubetrieb gehandelt. Dies lasse sich schon aus dem Namen und der Firmierung der damaligen Zeit ablesen. Wenn die Beklagte annehme, dass der Betrieb des Klägers nicht auf die Errichtung von Bauwerken in Großserienverfahren gerichtet sei, treffe dies schlechterdings nicht zu.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das VE T Tiefbauunternehmen habe Erschließungsarbeiten im Straßenwesen vorgenommen sowie weitere Tiefbauleistungen erbracht, wie sich schon aus dem Handelsregisterauszug des späteren Nachfolgeunternehmens ergebe.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2019 die Klage abgewiesen. Bei dem Unternehmen des Klägers habe es sich nicht um ein Bauunternehmen im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes gehandelt. Vielmehr habe es sich Aufgaben des Spezialtiefbaues und des kommunalen Tiefbau gewidmet, auch Fertigbeton hergestellt und verkauft und Baustoffhandel betrieben. Der Betrieb gehöre auch nicht zu den gleichgestellten Betrieben im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung (DB) vom 24. Mai 1951.
Der Gerichtsbescheid ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unter dem 30. Januar 2019 übersandt worden. Nachdem ein Empfangsbekenntnis hierzu nicht eingegangen war, wurde der Gerichtsbescheid am 29. März 2019 mit Zustellungsurkunde zugestellt.
Am 25. April 2019 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er sei Mitglied der freiwilligen Zusatzversicherung (FZR) gewesen. Damit sei klar, dass er, der Kläger, auch der technischen Intelligenz angehört habe. Bereits vor dem 30. Juni 1990 seien für ihn Anwartschaften entstanden. Diese seien durch den Einigungsvertrag geschützt.
Abgesehen davon würde auch ein fiktiver Anspruch greifen. Die betriebliche Voraussetzung sei gegeben, anders als die Beklagte annehme. Die Auslegung des Sozialgerichtes sei unzutreffend. Es komme nicht darauf an, was im Register des Vertragsgerichtes Neubrandenburg gestanden habe, sondern auf die tatsächlich ausgeführte Produktion. Diese sei als Massenproduktion zu verstehen. Das Unternehmen des Klägers sei in Wohnungsbau, Gesellschaftsbau, Industriebau und für sonstige Bauleistungen tätig gewesen. Es sei im Regelwerk der DDR im Übrigen darum gegangen, die „gesamte technische Intelligenz“ zu erfassen. Diese habe eine Intelligenzrente erhalten sollen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Neuruppin vom 29. Januar 2019 und des Bescheides der Beklagten vom 4. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2017 die Beklagte zu verurteilen, die Zeit seiner Beschäftigung vom 6. Juni 1977 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz anzuerkennen und die entsprechenden Arbeitsverdienste festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der angefochtene Gerichtsbescheid sei zutreffend. Er entspreche der Sach- und Rechtslage. Der Hinweis des Klägers auf seine freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) sei verfehlt. Die freiwillige Zusatzrentenversicherung und die zusätzliche Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem seien zwei völlig unterschiedlich ausgestaltete rechtliche Institute zur Altersversorgung in der DDR. Das Unternehmen des Klägers zähle in Anbetracht seines Hauptzwecks nicht zu den Produktionsdurchführungsbetrieben des Bauwesens im Sinne der vom Bundessozialgericht geprägten Definition. Der Einsatz wiederkehrender Technologien und die Verwendung gleichartiger Materialien seien für die Subsumtion unerheblich. Welche baulichen Objekte oder Anlagen auftragsgemäß erstellt worden seien, sei rechtlich nicht maßgeblich, es komme auf die Art und Weise an, mit der die Bauten errichtet worden sind. Die Ausführungen der Gegenseite zeigten, dass der Klägervertreter mit der Judikatur des BSG zu den Voraussetzungen eines fiktiven Anwartschaftserwerbs in der Altersversorgung der technischen Intelligenz nicht in der nötigen Tiefe vertraut sei.
Nach Anhörung hat der Senat mit Beschluss vom 27. November 2020 die Berufung dem Berichterstatter übertragen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 153 Abs. 5 SGG entscheidet nach Übertragung der Berufung der Berichterstatter mit den ehrenamtlichen Richtern.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch, dass die Beklagte seine Beschäftigungszeit vom 6. Juni 1977 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz anerkennt und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Verdienste feststellt.
Der Kläger leitet seinen Anspruch aus dem Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG -) vom 25. Juli 1991 ab. Dieses regelt Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme im Sinne der Anlage 1 und 2) im Beitrittsgebiet bestehen.
Der Kläger hat weder einen Anspruch im Sinn von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG (nachfolgend zu 1.) noch eine fiktive Anwartschaft gemäß Satz 2 inne (nachfolgend zu 2.) und ihm kam am 1. August 1991 aus bundesrechtlicher Sicht auch keine aufgrund der Zugehörigkeit zur AVI tech "erworbene" Anwartschaft zu (nachfolgend zu 3.).
1. Der Begriff „Anspruch“ umfasst das (Voll-) Recht auf Versorgung, wie die in § 194 BGB umschriebene Berechtigung, an die auch § 40 SGB I anknüpft, vom Versorgungsträger (wiederkehrend) Leistungen, nämlich die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags zu verlangen. Dagegen umschreibt "Anwartschaft" eine Rechtsposition unterhalb der Vollrechtsebene, in der alle Voraussetzungen für den Anspruchserwerb bis auf den Eintritt des Versicherungs- bzw. Leistungsfalls (Versorgungsfall) erfüllt sind.
Ausgehend von diesem Verständnis hat der Kläger keinen "Anspruch" auf Versorgung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG erworben. Denn bei ihm ist bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 kein Versorgungsfall eingetreten (Alter, Invalidität).
2. Zu seinen Gunsten begründet auch nicht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG eine (gesetzlich) fingierte Anwartschaft. Soweit danach die Regelungen der Versorgungssysteme (der DDR) einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten. Der Kläger war indes in der DDR nie konkret in ein Versorgungssystem einbezogen worden und konnte deshalb diese nie vorhandene Rechtsposition auch nicht „vor Eintritt des Leistungsfalls“ wieder verlieren.
3. Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft im Sinne der erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG des Bundessozialgerichts (BSG) war der Kläger am 1. August 1991 (Inkrafttreten des AAÜG) ebenfalls nicht (vgl. in diesem Zusammenhang: BSG, Urteile vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R -; vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R -; vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R -; vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R -; vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R -; vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R -; vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R -; vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R -; vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R – und vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R -; alle nach Juris).
a. Voraussetzung dafür ist, dass der Betreffende am 30. Juni 1990 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Dies ist nicht der Fall.
Maßgeblich für die Beurteilung ist die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVI tech) vom 17. August 1950 (GBl I Nr. 93 S. 844) und die Zweite Durchführungsbestimmung zu dieser Verordnung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl Nr. 62 S. 487). Diese gelten, soweit sie nicht gegen vorrangiges Bundesrecht oder sonstiges höherrangiges Recht verstoßen, gemäß Anl. II Kap VIII Sachgebiet H Abschn. III Nr. 9 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889) mit dem Beitritt am 3. Oktober 1990 als Bundesrecht fort.
Nach § 1 AVI tech und der dazu ergangenen 2. DB hängt das Bestehen einer fingierten Versorgungsanwartschaft von drei Voraussetzungen ab:
- von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),
- von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung),
- und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Der Kläger erfüllt zwar die Voraussetzungen der Nrn. 1 und 2., die betriebliche Voraussetzung der Nr. 3 hingegen nicht. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers am Stichtag 30. Juni 1990 war kein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens.
In Betracht kommt hier nur ein Betrieb des Bauwesens. Ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens liegt nur vor, wenn er von der die Bauwirtschaft geprägt war, d. h. nach der Rechtsprechung des BSG von der unmittelbaren industriellen Bauproduktion (vgl. BSG, Urteile vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R – und vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R -), wobei es sich um Massenproduktion im Sinne eines massenhaften Ausstoßes standardisierter Produkte gehandelt haben muss, die hohe Effektivitätsgewinne nach den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft ermöglichen sollten (vgl. Urteil vom 28. April 2011 – L 17 R 525/07 -; BSG, Urteile vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R -; vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R -; vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R -; vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R -; vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R – und vom 20. März 2013 – B 5 RS 27/12 R –, jeweils Juris).
Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers war weder am Stichtag noch zuvor durch die massenhafte industrielle Bauproduktion gekennzeichnet. Es handelte sich vielmehr um einen Betrieb, dem freilich komplexe, anspruchsvolle Aufgaben zukamen, der aber nach seiner Ausgliederung aus dem Kombinat geprägt sein sollte durch die von dem Betrieb selbst am 12. Juli 1990 dem Registergericht in Neubrandenburg mitgeteilten Zwecke. Das im ersten Halbjahr 1989 aus dem Kombinat herausgelöste Unternehmen sollte kommunalen Tiefbau realisieren, Fertigbeton herstellen und veräußern sowie daneben auch im Baustoffhandel tätig sein. Anhaltspunkte, dass der seinerzeit geschäftsführende Betriebsdirektor gegenüber dem Registergericht falsche Angaben zu dem Unternehmensziel gemacht hätte, bestehen nicht; es ist auch kein Grund ersichtlich, warum er dies hätte tun sollen.
Selbst wenn man auf den früheren Kombinatsbetrieb 5 des VEB BMK abstellte, wie es der Kläger wohl verlangt, ergibt sich kein anderes Bild. Die Aufgaben des Betriebes - und hier ist isoliert auf den einzelnen Betrieb, d. h. auf den Kombinatsbetrieb abzustellen, nicht auf das Kombinat als „Konzern“ - lagen nicht in der unmittelbaren Massenproduktion, sondern im Bereich der gesamten Bauwirtschaft. Das Unternehmen des Klägers war im Wohnungsbau, im Gesellschaftsbau, im Industriebau und für sonstige Bauleistungen tätig. So sind etwa in der Stadt L Wohnungen gebaut worden, ebenso in B (U), in der Sstraße B-L, es ist eine Sonderschule in T errichtet worden, eine Kinderkombination und ein FDGB Ferienheim in T. Ferner war der Betrieb auch eingesetzt bei der Errichtung des Kernkraftwerks Nord L, bei der Umrüstung eines Heizkraftwerkes, bei dem Neubau eines Fermentationsbetriebes, im neuen Hafen S-M, der Betrieb hat ein Heizkraftwerk und Heizungstrassen für Schloss B errichtet, eine Kartoffellagerhalle in T, ein Betriebsgebäude für Kraftverkehr in T, Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude für das Hotel am Lsee T, eine Ferienanlage am Fsee in A, außerdem auch eine Konsumbäckerei in T erreichtet, im Armaturenwerk P Produktionshallen erbaut etc. Die Auflistung belegt, dass der Betrieb sehr unterschiedliche, gerade von ihren jeweiligen Eigenheiten geprägte Bauten gefertigt hat, und es sich nicht um Massenproduktion im Sinne eines massenhaften Ausstoßes standardisierter Produkte gehandelt hat.
Der Einwand des Klägers, der Begriff „Produktion“ sei seinerzeit in einem anderen, viel umfassenderen Sinn verstanden worden, verfängt nicht. Sein Befund trifft zwar zu. Der Kläger übersieht indes, dass das BSG seinen Entscheidungen nicht den in der DDR gebrauchten Produktionsbegriff zugrunde legt, sondern ein eigenes, engeres Verständnis, wenn es in verfassungskonformer Auslegung den Kreis der Berechtigten erweitert. Ziel dieser die Zahl der Leistungsberechtigten ausweitenden Auslegung ist es, die willkürliche Handhabung der versorgungsrechtlichen Regelungen des Versicherungsrechtes in der Praxis der DDR nicht fortzusetzen, sondern vielmehr abzuschwächen (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R -, Juris, Rn. 21 ff). Diese verfassungskonforme Auslegung will zugleich aber ausdrücklich vermeiden, den Kreis der einbezogenen Versorgungsberechtigten unabsehbar und mit unkalkulierbaren finanziellen Folgen zu erweitern (BSG, a.a.O., Rn. 24).
Aus diesem Grund ist die AVI tech und die 2. DB strikt am Wortlaut auszulegen und dieser Wortlaut wiederum nach dem spezifischen Verständnis des Bundessozialgerichts. Es kommt deshalb weder auf die praktische Handhabung der Versorgungsordnungen durch DDR-Behörden noch auf deren Verwaltungspraxis noch auf die seinerzeit herrschenden Produktionsbegriffe an. Denn es soll ausgeschlossen werden, dass Umstände außerhalb des Rahmens, den die Texte der Versorgungsordnungen vorgeben, bei der Auslegung herangezogen werden. Diese Umstände lassen sich, so jedenfalls das BSG, mangels gesicherter faktischer Beurteilungsgrundlage nicht willkürfrei erschließen (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 34/01 R – Juris, Rn. 24).
b. Ebensowenig ist das VE T Tiefbauunternehmen ein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. Gleichgesellt waren danach wissenschaftliche Institute, Forschungsinstitute, Laboratorien, Konstruktionsbüros, Technische Hochschulen, Bauakademien und Bauschulen, Werkakademien und Bergbauschulen, Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, der Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens, Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie) Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien. In einer derartigen Einrichtung hat der Kläger nicht gearbeitet.
c. Die erweiternde Auslegung der betrieblichen Voraussetzungen verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
aa. Dies folgt nicht schon aus der sich aus § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) ergebenden gesetzlichen Bindung an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts.
Das Bundesverfassungsgericht hat freilich bereits entschieden, dass die Rechtsprechung des BSG zum AVI tech nicht gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) verstößt (Beschlüsse der 3. Kammer des 1. Senats vom 20. Juni 2007 - 1 BvR 861/07 – Juris und vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/05 – Juris). Beschlüssen von Kammern des Bundesverfassungsgerichts, mit denen Verfassungsbeschwerden, wie hier, nicht zur Entscheidung angenommen werden, kommt jedoch keinerlei gesetzliche Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG zu. Denn sie beinhalten keine Sachentscheidung, sondern handeln lediglich die prozessualen Annahmevoraussetzungen nach dem BVerfGG ab (vgl. BVerfGE 92, 91, 107; 23, 191, 207; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Loseblattsammlung, Stand Januar 2020, § 31 Rn. 83 m. w. N.; Heusch, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Kommentar zum BVerfGG, § 31 Rn. 53).
bb. Die Rentengewährung nach einem sehr engen Verständnis eines DDR-Produktionsbetriebs ist jedoch in der Sache nicht willkürlich. Den Kreis der zusätzlich Begünstigten auf Mitarbeiter von Betrieben industrieller und baulicher Massenproduktion zu begrenzen, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Auch der Rechtsprechung ist nach Art. 3 Abs. 1 GG eine willkürliche Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund verboten. Bei Auslegung und Rechtsanwendung muss Art. 3 Abs. 1 GG beachtet werden (BVerfGE 84,197, 199; 101, 239, 269). Die Auslegung darf nicht zu Differenzierungen führen, die dem Gesetzgeber verwehrt wären (BVerfGE 69, 188, 205; 70, 230, 240). Bei der Überleitung von DDR-Renten besteht hierbei ein besonders weiter Spielraum (BVerfGE 112, 368, 401).
Dass der in Betracht kommende Personenkreis sich auf Rechtspositionen im Recht der DDR zu keinem Zeitpunkt berufen konnte und ein Anspruch für die durch die erweiternde Rechtsprechung Begünstigten erst durch die gesamtdeutsche Rechtsprechung realisiert wurde, wirkt sich nicht aus. Zwar bestand keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der (gesamtdeutschen) Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen. Entschließt sich jedoch ein Grundrechtsverpflichteter, für alle oder für einen Teil der in Betracht kommenden Personen eine Gleichstellung vorzunehmen, muss er Grundrechte beachten, insbesondere das Willkürverbot nach Art. 3 Abs. 1 GG; er darf den Kreis der Begünstigten nur nach sachlichen Kriterien definieren. Folgerichtig hat das BVerfG in anderem Zusammenhang nach dem 3. Oktober 1990 getroffene Entscheidungen, die Auswirkungen auf Renten mit Zusatzversorgung hatten, ohne weiteres an Art. 3 Abs. 1 GG gemessen (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvR 1926/96 –, BVerfGE 100, 104 Rn. 68 ff). Ebenso unergiebig ist für die Prüfung eines Verfassungsverstoßes, dass das Bestehen eines fiktiven Anspruchs auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem vom Wortlaut der jeweiligen Versorgungsordnung abhängig gemacht worden ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 –, Juris Rn. 47). Fehlte ein sachlicher Grund, einen Teil der Rentenbezieher zu begünstigen und einen anderen nicht, wäre diese nicht etwa gerechtfertigt, weil an den Wortlaut einer Regelung angeknüpft wird.
Die Differenzierung ist jedoch gerechtfertigt, weil die erweiternde Regelung Ingenieure begünstigt, die in der industriellen Massenproduktion und dem komplexen Wohnungsbau tätig waren. Es stellt einen sachlichen Grund dar, an die - typisiert - eintönigste Ingenieurtätigkeit eine zusätzliche Rentenzahlung zu knüpfen. Eine Tätigkeit in der industriellen Massenfertigung und der baulichen Massenproduktion ist in hohem Maße durch monotone, einförmige, ermüdende Arbeitsabläufe gekennzeichnet. Die Personen zu begünstigen, die in diesem Bereich tätig waren, bezieht sich auf Umstände, die auch gegenwärtig erfahrungsgemäß häufig zu zusätzlichen Entgelten führen und sich deshalb rentenrechtlich auswirken können; die seinerzeit herrschenden politisch-ideologischen Kriterien wirken sich damit gerade nicht aus. Dies gilt um so mehr, als dass der Gesetzgeber zu einer typisierenden und pauschalierenden Regelung von Massenerscheinungen befugt ist. Die damit verbundenen Härten wären hier nur unter Schwierigkeiten vermeidbar (vgl. BVerfGE 87, 234, 255 f).
Hinzu kommt, dass die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Spannungen alles andere als intensiv sind (vgl. dazu: BVerfGE 120, 1, 30). Der Kreis der Begünstigten ist nach der Judikatur des BSG nur moderat erweitert worden, die Rechtsfolgen – die Erhöhung des Rentenanspruchs durch die Anerkennung der Zeit des Betreffenden als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz - sind ebenfalls nur gering. Im Fall des Klägers etwa hätte die angestrebte zusätzliche Rentenzahlung monatlich lediglich einen unteren einstelligen Eurobetrag ausgemacht.
Die Tatsache, dass eine andere verfassungskonforme Auslegung möglicherweise dem Gleichheitssatz besser entspricht, kann noch nicht als ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG angesehen werden (BVerfGE 27, 175, 178; 42, 64, 74). Vielmehr ist das Willkürverbot bei der Auslegung einfachen Rechts erst dann verletzt, wenn die Rechtsanwendung unter keinem Aspekt rechtlich mehr vertretbar ist (BVerfGE 85, 50, 63). Dies ist hier aber, wie dargestellt, nicht der Fall.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 und 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 1 und 2 SGG).