L 3 AS 1623/20

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 50 AS 4565/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 AS 1623/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

 

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 29. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.

 

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Gründe

 

I.

Die Beteiligten streiten über die endgültige Gewährung und Erstattung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum vom 01. August 2010 bis zum 31. Januar 2011.

 

Die 1955 und 1974 geborenen Kläger waren nach ihren Angaben im Verwaltungsverfahren miteinander verheiratet und standen beim Beklagten im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Der Kläger zu 2) war selbstständig als Markthändler tätig und von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreit. Die Klägerin zu 1) ging auf Grund eines mit dem Kläger zu 2) geschlossenen Arbeitsvertrages vom 27. März 2010, abgeändert am 27. Juni 2010, gekündigt zum 31. Dezember 2010, einer unselbstständigen Tätigkeit nach, die ab Juli 2010 mit monatlich 160 Euro in bar vergütet wurde. Für die von den Klägern bewohnte Wohnung waren monatlich eine Bruttokaltmiete von 182 Euro, eine Nebenkostenvorauszahlung i. H. v. 40 Euro und Heizkosten i. H. v. 130 Euro zu zahlen.

 

Im Juli 2010 beantragten sie die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II für den am 01. August 2010 beginnenden Bewilligungszeitraum. Der Beklagte wies sie bereits mit Schreiben vom 26. Juli 2010 darauf hin, dass es für die Berechnung des für die Leistungsbewilligung nach dem SGB II maßgeblichen Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nicht auf steuerliche Aspekte ankomme, sondern nur die nachgewiesenen, notwendigen und tatsächlichen Ausgaben berücksichtigungsfähig seien. In ihrer daraufhin eingereichten vorläufigen Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) gaben die Kläger an, dass der Kläger zu 2) aus einer selbständigen Tätigkeit im Zeitraum August 2010 bis Januar 2011 Einnahmen von 5.700 Euro und kumulierte Ausgaben i. H. v. 5.230 Euro erwarte. Der Beklagte gewährte den Klägern mit bestandskräftigem Bescheid vom 16. August 2010 vorläufige Leistungen in Höhe von jeweils 414,75 Euro (299 Euro Regelbedarf, 115,75 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung – KdUH -) und für September 2010 bis Januar 2011 monatlich 449 Euro (299 Euro Regelsatz zzgl. 150 Euro KdUH). Dabei legte er seiner Leistungsberechnung einen Regelbedarf von jeweils 323 Euro, Einnahmen der Klägerin zu 1) aus der unselbstständigen Tätigkeit beim Kläger zu 2) i. H. v. 160 Euro sowie Einkommen des Klägers zu 2) aus seiner selbständigen Tätigkeit i. H. v. monatlich 92,50 Euro zu Grunde, wovon nach Abzug der Freibeträge ein anrechenbares Einkommen der Klägerin zu 1) in Höhe von 48 Euro verblieb. Die Heizkosten berücksichtigte der Beklagte mit dem von ihm für angemessen gehaltenen Wert von monatlich 78 Euro. Im August brachte er ein Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2009 in Höhe von 64,50 Euro in Abzug. Mit Änderungsbescheid vom 26. März 2011 setzte der Beklagte die rückwirkende Erhöhung der Regelbedarfssätze zum 01. Januar 2011 um und gewährte den Klägern nunmehr für den Monat Januar 2011 Leistungen i. H. v. jeweils 478 Euro (328 Euro Regelbedarf, 150 Euro KdUH). Die bereits ergangene Bewilligungsentscheidung wurde insoweit nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch aufgehoben. Der Bescheid enthielt auf Seite 2 folgenden Zusatz unter Nr. 4: „Soweit Ihnen die Leistungen bisher vorläufig (§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II i. V. m. § 328 SGB III) bewilligt wurden, bleibt die Vorläufigkeit bestehen“.    

 

Die Kläger reichten am 25. Juni 2012 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 ein. Daraus ergaben sich Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit des Klägers zu 2) in Höhe von 4.848 Euro. Am 31. Januar 2013 übermittelten sie eine von ihrem Steuerberater erstellte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) für den Zeitraum vom 01. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010, die Betriebseinnahmen i. H. v. 16.001,96 Euro und Betriebsausgaben i. H. v. 11.153,07 Euro, mithin einen (steuerrechtlichen) Gewinn i. H. v. 4.848,89 Euro, auswies. Der Beklagte zog von den Betriebsausgaben die darin enthaltenen Abschreibungen für ein KfZ in Höhe von 249 Euro ab, errechnete einen Jahresgewinn in Höhe von 5.097,89 Euro und nahm 1/12 davon, mithin 424,83 Euro, als monatliches Einkommen für den Zeitraum von August 2010 bis Dezember 2010 an, wovon nach Abzug der Freibeträge 259,86 Euro verblieben. Zum Nachweis ihrer Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit im Jahr 2011 reichten die Kläger eine von ihrem Steuerberater erstellte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) für den Zeitraum vom 01. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 ein, die für 2011 Betriebseinnahmen i. H. v. 23.970 Euro und Betriebsausgaben i. H. v. 9.477,97 Euro, mithin einen (steuerrechtlichen) Gewinn i. H. v. 14.492,03 Euro, auswies. Der Beklagte nahm 1/12 davon, mithin 1.207,67 Euro als monatliches Einkommen für den Januar 2011 an, wovon nach Abzug der Freibeträge 907,67 Euro als anrechenbares Einkommen verblieben.

 

Mit Bescheid vom 19. Mai 2014 bewilligte der Beklagte auf der Grundlage der beschriebenen Einkommensermittlung die der Klägerin zu 1) zustehenden Leistungen für August 2010 bis Januar 2011 endgültig. Für den Monat August 2010 setzte er die Leistungen auf 284,82 Euro (169,07 Euro Regelleistung und 115,75 Euro KdUH), für September bis Dezember 2010 auf monatlich jeweils 319,07 Euro (169,07 Euro Regelleistung und 150 Euro KdUH) und für Januar 2011 auf 24,17 Euro (KdUH) fest. Er forderte einen Erstattungsbetrag von insgesamt 1.103,48 Euro. Mit weiterem Bescheid vom 19. Mai 2014 erfolgten die endgültige Bewilligung und Festsetzung der Erstattungsbeträge für den Kläger zu 2) für den streitbefangenen Zeitraum. Gegenüber den für die Klägerin zu 1) getroffenen Regelungen wichen nur die Bewilligung für den Januar 2011 mit 24,16 Euro und die Festsetzung des Erstattungsbetrages in Höhe von 1.103,49 Euro ab.

 

Auf die am 04. Juni 2014 erhobenen Widersprüche änderte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. September 2014 die Bescheide vom 19. Mai 2014 ab. Die Höhe der endgültig bewilligten Leistungen betrug für August 2010 jeweils 310,82 Euro (169,07 Euro Regelleistung und 141,75 Euro KdUH), für September bis Dezember 2010 monatlich jeweils 345,07 Euro (169,07 Euro Regelleistung und 176 Euro KdUH) und für Januar 2011 40,17 Euro (KdUH). Die Erstattungsforderung setzte der Beklagte auf jeweils 957,48 Euro fest. Dabei berücksichtigte er nunmehr die tatsächlichen Heizkosten. Zudem berichtigte er für Januar 2011 die Bereinigung des Einkommens des Klägers zu 2) aus selbständiger Tätigkeit um die Freibeträge und brachte 927,67 Euro in Ansatz. Im Übrigen wies der Beklagte die Widersprüche zurück und verfügte eine Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren zu 13%.

 

Die Kläger haben am 06. Oktober 2014 vor dem Sozialgericht (SG) Cottbus Klage gegen die Bescheide vom 19. Mai 2014, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. September 2014, erhoben. Die angegriffenen Bescheide seien nicht nachvollziehbar. Ihnen stünden höhere Leistungen zu, die sie allerdings selbst nicht genau beziffern könnten. Mit Änderungsbescheid vom 26. März 2011 seien ihnen für Januar 2011 bereits endgültige Leistungen bewilligt worden, mit der Folge, dass keine erneute endgültige Bewilligungsentscheidung hätte mehr ergehen dürfen. Die  Anrechnung des Betriebskostenguthabens im August 2010 sei zu Unrecht erfolgt. Die Höhe des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit sei unzutreffend bestimmt. So seien Kosten der Kfz-Haftpflichtversicherung bei der Gewinnermittlung nicht vollständig berücksichtigt worden und die Kosten für die täglichen Fahrten zwischen Wohnort und jeweiligem Marktort in Abzug zu bringen. Weiter sei nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger zu 2) Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung i. H. v. monatlich 175,17 bzw. 189,11 Euro gezahlt habe. Vor dem SG hat am 14. März 2018 ein Erörterungstermin stattgefunden, in dem die Kläger darauf hingewiesen worden sind, dass Ausgaben zu belegen seien. Mit schriftlichem Hinweis des Kammervorsitzenden vom 11. Mai 2020 ist den Klägern unter anderem die Einkommensberechnung anhand der Vorgaben der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) umfassend erläutert und darauf hingewiesen worden, dass es nicht auf die steuerlichen Unterlagen und nicht auf den Jahreszeitraum ankomme, sondern die für den Bewilligungszeitraum anfallenden Einnahmen und Ausgaben durch Beleglisten zu erfassen und zu belegen seien. Nachdem in  einem weiteren Erörterungstermin vom 23. Juni 2020 eine gütliche Einigung nicht zu Stande gekommen ist, hat der Vorsitzende den Klägern mit Schreiben vom 01. Juli 2020  unter Hinweis auf § 106a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) u.a. aufgegeben, zum Nachweis der Einkünfte des Klägers zu 2) die Anlage zur abschließenden Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) für die Zeit vom 01. August 2010 bis zum 31. Januar 2011 auszufüllen und mit sämtlichen Belegen über die Einnahmen und Ausgaben bis zum 15. August 2020 vorzulegen. Auf diese Aufforderung erfolgte keinerlei Reaktion der Kläger. In der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2020 hat der Kläger zu 2) angegeben, sich wegen des Zeitablaufs nicht in der Lage zu sehen, Unterlagen beizubringen. Die Kläger haben beantragt, die Bescheide des Beklagten vom 19. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. September  2014 aufzuheben, soweit sie rechtswidrig sind, und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Zeitraum vom 01. August 2010 bis zum 31. Januar 2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für KdUH nach dem SGB II zu gewähren.

 

Das SG Cottbus hat die Klage mit Urteil vom 29. Oktober 2020 abgewiesen und den Klägern Verschuldenskosten i. H. v. 150 Euro auferlegt. Die Einkommensberechnung des Beklagten sei zwar rechtswidrig erfolgt, weil die steuerliche Gewinnermittlung nach der maßgeblichen ALG II-V nicht für die Ermittlung des Einkommens heranzuziehen sei. Dies beschwere die Kläger jedoch nicht, denn sie hätten ihre Hilfebedürftigkeit überhaupt nicht nachgewiesen, weil sie die angeforderte Anlage EKS nicht ausgefüllt und keinerlei Ausgaben belegt hätten.

 

Die Kläger haben gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 04. November 2020 zugestellte Urteil am 04. Dezember 2020 Berufung eingelegt, mit der sie ihre Begehren weiterverfolgen und darüber hinaus eine Verzinsung der von ihnen begehrten höheren Leistungen gemäß § 44 Sozialgesetzbuch (SGB I) verlangen. Sie sind der Auffassung, das SG habe die gezahlten Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu Unrecht nicht berücksichtigt. In dem parallel geführten Klageverfahren S 25 AS 4504/14 habe der Kläger zu 2) eine CD mit Standbelegen für die Jahre 2010 bis 2012 vorgelegt, aus denen sich die Kosten für die Marktstände ergeben würden und sich die Fahrkosten ermitteln ließen. Ferner handele es sich bei dem Änderungsbescheid vom 26. März 2011 um eine endgültige Bewilligung. Die Kostenentscheidung sei zu beanstanden, denn sie berücksichtige nicht das teilweise Obsiegen im Widerspruchsverfahren. Auch seien ihnen keine Verschuldenskosten aufzuerlegen. Sie hätten mitwirken wollen und daher in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine Fristverlängerung bis zum 31. Januar 2021 begehrt. Unterlagen zum Einkommen des Klägers zu 2) im streitgegenständlichen Zeitraum haben die Kläger auch im Berufungsverfahren nicht beigebracht.

 

Die Kläger beantragen,

 

  1. das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 29. Oktober 2020 aufzuheben sowie
  2. a. seitens der Klägerin zu 1(), den Bescheid des Beklagten vom 19. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. September 2014 zu ändern, soweit sie rechtswidrig sind, und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin zu 1) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Zeitraum vom 01. August 2010 bis zum 31. Januar 2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu gewähren und diese auch nach § 44 SGB I zu verzinsen und
  3. seitens des Klägers zu 2), den Bescheid des Beklagten vom19. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. September 2014 aufzuheben, soweit sie rechtswidrig sind, und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger zu 2) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Zeitraum vom 01. August 2010 bis zum 31. Januar 2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu gewähren und diese auch nach § 44 SGB I zu verzinsen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil des SG Cottbus.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, ergänzend Bezug genommen.

 

 

II.

Der Senat kann die Berufung der Kläger gegen das Urteil des SG Cottbus vom 29. Oktober 2020 gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu mit gerichtlichem Schreiben vom 21. März 2022 gehört worden.

 

Die frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig, aber unbegründet. Das SG Cottbus hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil zutreffend abgewiesen.

 

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft, soweit die Kläger die endgültige Bewilligung von Leistungen in der Höhe begehren, in der ihnen zuvor Leistungen vorläufig bewilligt worden waren. Soweit sie höhere Leistungen als zuvor vorläufig bewilligt geltend machen, ist für ihr Begehren die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) statthaft. Soweit sie sich gegen die in den angegriffenen Bescheiden ebenfalls erfolgte Festsetzung der Erstattungsbeträge wenden, handelt es sich um eine reine Anfechtungsklage.

 

Die Klage erweist sich aber vollumfänglich als unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf höhere Leistungen.

 

Rechtsgrundlage für die endgültigen Bewilligungs- und Erstattungsbescheide vom 19. Mai 2014 ist § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des SGB II vom 13. Mai 2011 - a. F.) i. V. m. § 328 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Danach sind aufgrund einer vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird.

 

Der Beklagte hat mit den angegriffenen Bescheiden eine endgültige Bewilligungsentscheidung getroffen. Dass diese zu Lasten der Kläger fehlerhaft gewesen sein könnte und sie beschwert, ist nicht ersichtlich, denn ein Anspruch der Kläger auf die begehrte endgültige Bewilligung bzw. Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II für den streitgegenständlichen Zeitraum ist nicht erkennbar. Dementsprechend ist auch die Festsetzung der Erstattungsforderungen, mit denen der Differenzbetrag zu den ursprünglich vorläufig gewährten Leistungen zurückgefordert worden ist, nicht zu beanstanden.

 

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen Leistungen nach diesem Buch, die 1. das 15 Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

 

Bei den Klägern ist die für den geltend gemachten höheren Leistungsanspruch erforderliche weitere Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Da der Kläger zu 2) über Einnahmen aus einer selbständigen Verkaufstätigkeit auf Märkten verfügt hat, ist sein diesbezügliches Einkommen geeignet, die Hilfebedürftigkeit entfallen zu lassen. Es bedarf daher einer Ermittlung dieses Einkommens – wie vom SG richtig dargestellt - anhand der Maßstabe des § 3 AlG II-V (in der bis zum 31. März 2011 gültigen Fassung vom 18. Dezember 2008). Danach sind zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Maßgeblich sind daher die tatsächlichen Betriebseinnahmen und -ausgaben in dem Bewilligungszeitraum von August 2010 bis Januar 2011. Da die Umstände, aus denen sich die Betriebseinnahmen und –ausgaben ergeben, allein in der Sphäre der Kläger liegen, bedarf es der vollständigen Mitteilung und des Nachweises aller hierfür relevanten Tatsachen durch sie, verbunden mit Belegen, die eine Überprüfung auch im Hinblick auf Vermeidbarkeit oder Angemessenheit der getätigten Ausgaben (vgl. § 3 Abs. 3 Alg II-V) erlauben. Eine solche Erklärung haben die Kläger weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren eingereicht, obschon sie mehrfach dazu aufgefordert worden sind. Die von ihnen stattdessen im Verwaltungsverfahren eingereichten, von ihrem Steuerberater für die Kalenderjahre 2010 und 2011 nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts erstellten Gewinnermittlungen könne eine Erklärung für den Zeitraum August 2010 bis Januar 2011 nicht ersetzen, da der Zeitraum nicht deckungsgleich ist und auch die Vorschriften der Gewinnermittlung in § 4 Abs. 3 EStG von den hier maßgeblichen Einkommensermittlungsvorschriften des § 3 Alg II-V abweichen. Es kann aus dem jährlichen steuerrechtlich ermittelten Gewinn nicht auf die Einnahmen- und Ausgabensituation im Bewilligungszeitraum geschlossen werden, weil nicht angenommen werden kann, dass die Erlössituation im sechsmonatigen Bewilligungszeitraum identisch ist mit der Erlössituation im ganzen Jahr, die es erlauben würde, aus einem jährlichen Gewinn einen gleichbleibenden monatlichen Gewinn zu errechnen und diesen wiederum bezogen auf sechs Monate zu Grunde zu legen. Auch mit der in einem Parallelverfahren eingereichten CD, mit der nach den Angaben der Kläger die Standgebühren auf unterschiedlichen Märkten und damit ein Teil der Betriebsausgaben belegt worden sein sollen, sind die Kläger ihrer Mitwirkungsobliegenheit nicht ausreichend nachkommen, denn es fehlt weiterhin an detaillierten Angaben über die gesamten Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum. Damit kann auch offen bleiben, ob die Kläger mit der Übermittlung eines Datenträgers ihren Mitwirkungspflichten in Bezug auf die auf dem Datenträger enthaltenen Informationen überhaupt nachgekommen sind oder ob insoweit aufgrund der Schriftlichkeit des gerichtlichen Verfahrens ein geordneter schriftlicher Vortrag erforderlich ist (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Mai 2012 – 5 AZR 347/11 -, juris).     

 

Insgesamt liegen damit nicht ansatzweise prüffähige Angaben der Kläger zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen vor. Die Kläger haben ihrer Darlegungslast in keiner Weise genügt (zur materiellen Beweislast und der Sphärentheorie: vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteile vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R -, Rn. 21, und vom 28. März 2013 – B 4 AS 42/12 R –, Rn. 21, juris). Entsprechender Vortrag und die Einreichung von Belegen für die Betriebseinnahmen und -ausgaben ist auch in dem bereits seit weit über einem Jahr dauernden Berufungsverfahren nicht erfolgt. In dieser Situation besteht kein Anlass für Ermittlungen von Amts wegen.

 

Die Frage nach der Höhe der anzuerkennenden Bedarfe im Hinblick auf die Kosten der privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers zu 2) oder die Höhe der Bedarfe für KdUH kann dahinstehen, da mangels Ermittlung der anrechenbaren Einkünfte die Höhe der nach Einkommensanrechnung ungedeckten Bedarfe nicht bestimmt werden kann. Auf Grund der Angaben zu den Einnahmen in der steuerlichen Gewinnermittlung kann vielmehr nicht einmal ausgeschlossen werden, dass die Kläger mit dem Einkommen aus der Erwerbstätigkeit des Klägers zu 2) – auch unter Berücksichtigung etwaiger Beträge für die Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers zu 2) – im Bewilligungszeitraum in geringerem Maße als vom Beklagten angenommen, hilfebedürftig gewesen sind.

 

Die Kläger können sich gegen die Bescheide vom 19. Mai 2014, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. September 2014, auch nicht mit Erfolg mit der Begründung wenden, ihnen seien bereits mit Bescheid vom 26. März 2011 für Januar 2011 endgültige Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden. Diese Begründung trägt nicht. Zwar kann ein mit „Änderungsbescheid" bezeichneter Bescheid nach den allgemeinen Regeln der Auslegung auch eine abschließende Entscheidung darstellen (BSG, Urteil vom 29. November 2012 - B 14 AS 6/12 R -juris).Die Auslegung des Bescheids vom 26. März 2011 ergibt nach dem für das Verständnis maßgebenden objektiven Empfängerhorizont aber mit hinreichender Klarheit, dass der Beklagte darin keine die vorläufige Bewilligungsentscheidung vom 16. August 2010 ersetzende endgültige Leistungsfestsetzung vorgenommen hat. Es gibt zunächst keinen Anhaltspunkt, dass der Beklagte damit eine abschließende Entscheidung zur auf Grund des unklaren Einkommens des Klägers zu 2) erfolgten vorläufigen Bewilligung treffen wollte. Ausweislich der Begründung des Bescheides ging es vielmehr allein um eine Erhöhung der nur vorläufig bewilligten Leistungen auf Grund einer Erhöhung des Regelbedarfs und die entsprechende Nachzahlung. Auch nur „insoweit“ ist eine Aufhebung der in diesen Zusammenhang zuvor ergangenen (vorläufigen) Bewilligungsentscheidung vom 16. August 2010 erfolgt. Auf Seite 2 findet sich zudem unter Nr. 4 der Hinweis auf die Fortdauer der Vorläufigkeit. Vor diesem Hintergrund ist es fernliegend, aus der Sicht des objektiven Empfängerhorizonts von einer endgültigen Entscheidung auszugehen. Es ist vielmehr eindeutig erkennbar, dass der Änderungsbescheid lediglich bescheidtechnisch die Erhöhung des Regelsatzes nachvollziehen und die Bewilligung weiterhin unter dem Vorbehalt ihrer Vorläufigkeit im Hinblick auf die noch ungewissen Einkünfte für den Bewilligungszeitraum stehen sollte.

 

Da die Kläger ihre Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen haben und dementsprechend keine höheren endgültigen Ansprüche auf Arbeitslosengeld II bestehen, erweisen sich auch die Anfechtungsklagen gegen die jeweilige Festsetzung der Erstattungsforderung als unbegründet. Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F.  i. V. m. § 328 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III sind aufgrund einer vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird. Der Beklagte hat dementsprechend mit den angegriffenen Bescheiden gegenüber den Klägern jeweils die Differenz zwischen den vorläufig und den endgültig gewährten Leistungen zur Erstattung festgesetzt. Fehler bei der vom Beklagten vorgenommenen Berechnung sind nicht ersichtlich und werden von den Klägern auch nicht geltend gemacht.

 

Der erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachte Zinsanspruch nach § 44 SGB I scheidet schon allein deshalb aus, weil ein weiterer Auszahlungsanspruch nicht besteht.

 

Soweit die Kläger weiter die Kostenentscheidung in dem angefochtenen Urteil des SG beanstanden, ist auf § 144 Abs. 4 SGG zu verweisen. Danach ist die Berufung ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt. Aus dieser Regelung folgt, dass allein auf eine möglicherweise unzutreffende Kostenentscheidung (auch in Bezug auf eine Entscheidung nach § 192 SGG) eine Berufung nicht gestützt werden kann  (BSG, Beschluss vom 19. Oktober 2017 – B 3 KR 4/17 B –, Rn. 11, juris).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
Saved