L 1 KR 246/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 210 KR 2095/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 246/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. April 2017 wird zurückgewiesen.

 

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in der Zeit vom 15. April 2011 bis zum 4. Dezember 2012 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 1) gestanden hat.

 

Der Ehemann der Klägerin war zusammen mit J K zu je 49,5 v.H. und D Mc zu 1 v.H. Gesellschafter der Beigeladenen zu 1), zu deren alleinigem Geschäftsführer Jürgen Kunze bestellt war. Gegenstand des Unternehmens war der Erwerb von Grundstücken zum Zwecke der Beplanung, Sanierung und Bebauung einschließlich Verwaltung, ohne Geschäfte nach § 34c GewO. Die Beigeladene zu 1) war Eigentümerin der Grundstücke N. , T.  und A . Die Grundstücke N.  und T.  waren mit Wohnhäusern bebaut, auf dem Grundstück A wurde eine Gaststätte („Fährhaus Spandau“) betrieben.

 

Die Klägerin war der Beklagten vom 27. April 2010 bis zum 20. März 2011 und dann wieder seit dem 15. April 2011 als versicherungspflichtig Beschäftigte der Beigeladenen zu 1) gemeldet worden. Ab dem 5. März 2012 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Die Arbeitsunfähigkeit endete schließlich am 4. Dezember 2012.

 

Wegen rückständig gebliebener Beitragszahlungen für die Klägerin betrieb die Beklagte als Beitragseinzugsstelle gegen die Beigeladene zu 1) die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Daraufhin erklärte der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 21. Mai 2012, dass mit der Klägerin kein Beschäftigungsverhältnis bestehe. Die Klägerin sei durch ihren Ehemann eigenmächtig als Beschäftigte der Beigeladenen zu 1) angemeldet worden. Dieser habe dabei als Geschäftssitz der Beigeladenen zu 1) eine falsche Adresse angegeben. Die Klägerin werde rückwirkend abgemeldet und eine Überprüfung der Beschäftigung beantragt.

 

Die Klägerin legte der Beklagten zwei schriftliche Arbeitsverträge vor. Der erste datierte vom 1. Juni 2005 und sah ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der Beigeladenen zu 1) ab dem 1. Juni 2005 vor. Die Klägerin wurde als Reinigungspersonal mit Bürotätigkeit angestellt, die regelmäßige Arbeitszeit sollte 15 Stunden wöchentlich betragen, als Entgelt waren 420,00 € monatlich vereinbart. Der zweite Arbeitsvertrag datierte vom 29. März 2011 und regelte eine Änderung des Arbeitsverhältnisses als Reinigungspersonal mit Bürotätigkeit zum 1. April 2011. Die regelmäßige Arbeitszeit sollte nunmehr 40 Stunden wöchentlich betragen, die monatliche Vergütung 3.200,00 € brutto. Als Beschäftigungsorte für ihre Tätigkeit gab die Klägerin die Grundstücke A  sowie T.  und N.  an. Sie legte weiter Lohnabrechnungen für die Zeit vom 15. April 2011 bis 15. April 2012 sowie Kontoauszüge mit entsprechenden Gutschriften vor.

 

Der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) erklärte dazu, dass die Klägerin in den Häusern T.  und N.  das Treppenhaus gereinigt habe, wofür sie von ihrem Ehemann eigenmächtig mit einem monatlichen Gehalt von 410,- € angemeldet worden sei. Nachdem das Haus N.  veräußert worden sei, habe die Klägerin ab Februar 2011 nur noch in der T.  gearbeitet. Ihre Vergütung habe mit der Miete verrechnet werden sollen. Die schriftlichen Arbeitsverträge seien ihm unbekannt. Der Arbeitsvertrag vom 1. Juni 2005 trage eine unbekannte Unterschrift, der Arbeitsvertrag vom 29. März 2011 sei von dem Ehemann der Klägerin unterschrieben worden. Vorhandene Anträge auf Erstattung nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz seien von einer Mitarbeiterin des Ehemannes der Klägerin aus dessen Baugesellschaft unterschrieben worden. Die Beigeladene zu 1) habe ein Konto bei der Berliner Bank ausschließlich für den Gaststättenbetrieb am A, für das der Ehemann der Klägerin eine Kontovollmacht habe.

 

Der Ehemann der Klägerin erklärte dazu, dass dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) die langjährige Beschäftigung der Klägerin und auch die Arbeitsverträge bekannt gewesen seien. Dessen Gedächtnislücken seien aus einer Alkoholerkrankung zu erklären. Die Erhöhung des Arbeitsentgelts rechtfertige sich durch den gestiegenen Arbeitsaufwand. Der Vertrag sei von ihm mit Billigung des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) unterschrieben worden. Auch die Gehaltzahlungen an die Klägerin seien mit dem Einverständnis des Geschäftsführers erfolgt.

 

Nach Anhörung stornierte die Beklagte durch Bescheid vom 10. Mai 2013 die Mitgliedschaft der Klägerin als versicherungspflichtige Arbeitnehmerin für den Zeitraum ab dem 15. April 2011. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 1) für den Zeitraum vom 15. April 2011 bis 4. Dezember 2012 könne nicht anerkannt werden.

 

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Regelungsgehalt des Bescheides vom 10. Mai 2013 unklar sei. Sie habe in der Zeit vom 15. April 2011 bis zum 4. Dezember 2012 auf der Grundlage des schriftlich geänderten Arbeitsvertrags gearbeitet. Ihr Ehemann sei zur Unterzeichnung des Arbeitsvertrags berechtigt gewesen, er habe auch Arbeitsverträge mit anderen Mitarbeitern unterschrieben. Sie sei vertragsgemäß entlohnt worden. Nach Abschluss des Änderungsvertrages habe sie Reinigungs- und Hausmeistertätigkeiten in dem Objekt T.  übernommen. Dafür sei ein Zeitaufwand von 16 Stunden wöchentlich im Winter und 12 Stunden im Sommer erforderlich gewesen. Auch habe sie sämtliche Reinigungsarbeiten in der Gaststätte „Fährhaus Spandau“ übernommen, die einen Zeitaufwand von 8 Stunden wöchentlich erfordert hätten. Darüber hinaus seien ab April 2011 sämtliche Umsätze der Gaststätte „Fährhaus Spandau“ von ihr - der Klägerin - im Interesse einer verbesserten Buchhaltung und eines verbesserten Wareneinkaufs in Heimarbeit von der Kassenrolle in eine Excel-Tabelle übertragen worden. Das habe auch für eine geübte und erfahrene Kraft einen wöchentlichen Zeitaufwand von 15 bis 20 Stunden erfordert.

 

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 5. September 2013 zurück. Aus dem Bescheid vom 10. Mai 2013 ergebe sich eindeutig, dass nicht aufgrund einer Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht eingetreten und eine Mitgliedschaft begründet worden sei. Die Klägerin habe aber die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung. Durch ihre Mitarbeit bei der Beigeladenen zu 1) habe sie keine andere Arbeitskraft ersetzt. Das Arbeitsverhältnis sei vielmehr Ausdruck einer Gefälligkeit gewesen. Der Arbeitsvertrag sei von dem Ehemann der Klägerin unterzeichnet worden. Vertretungsberechtigt für die Beigeladene zu 1) sei aber nur deren Geschäftsführer gewesen. Dessen Einverständnis mit dem Abschluss des Arbeitsvertrags sei nicht belegt. Zudem liege die Vermutung nahe, dass mit Hinblick auf die bereits bestehenden Rückenbeschwerden beabsichtigt gewesen sei, der Klägerin einen wirtschaftlichen Vorteil durch höheres Krankengeld zu verschaffen. Das vereinbarte Entgelt von 3.200,00 € brutto liege weit über dem tarifvertraglichen Lohn für Gebäudereiniger. Auch die Erfassung von Geschäftseinnahmen in einer Excel-Übersicht rechtfertige den Anstieg des Arbeitsentgelts nicht. Selbst die erfolgte Zahlung und Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen reiche nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. April 1991 – 7 R/Ar 32/90 - nicht für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses aus. Wegen der erheblichen begründeten Zweifel am Zustandekommen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sei die Mitgliedschaft der Klägerin mit Recht storniert worden.

 

Dagegen richtet sich die am 9. Oktober 2013 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage, mit der die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie vom 15. April 2011 bis zum 4. Dezember 2012 bei der Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist. Die Beklagte hat durch Bescheid vom 19. Mai 2015 festgestellt, dass die Klägerin bei ihr in der Zeit vom 21. März 2011 bis 31. Mai 2014 pflichtversichert nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V; Auffangpflichtversicherung) in der Kranken- und Pflegeversicherung gewesen ist.

 

Das Sozialgericht hat durch Beschluss vom 25. Juli 2014 der Klägerin wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Durch Urteil vom 4. April 2017 hat es die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe in der Zeit vom 15. April 2011 bis zum 4. Dezember 2012 nicht bei der Beigeladenen zu 1) in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden und nicht der Krankenversicherungspflicht unterlegen. Die Begründung eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitsvertrag und die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nach Abschluss des Änderungsvertrags ab dem 15. April 2011 bestimme sich nicht nur nach den Angaben und Erklärungen der Betroffenen, sondern auch danach, ob die tatsächlichen Verhältnisse den Schluss auf eine ernsthafte Absicht rechtfertigten, die mit einem Arbeitsverhältnis verbundenen Verpflichtungen einzugehen. Eine lediglich zur Erlangung von Versicherungsleistungen vorgetäuschte Beschäftigung begründe kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Dazu sei auf das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt v. 19. Mai 2011 – L 10 KR 52/07 - zu verweisen. Vorliegend sprächen die Umstände des Falles stark gegen eine tatsächlich gewollte und gelebte Beschäftigung. Für die Begründung eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses reiche der Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht aus, die Beschäftigung müsse auch tatsächlich im vereinbarten Umfang ausgeübt worden sein. Aus den Angaben der Klägerin und der Vernehmung ihres Ehemannes sowie der des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) ergebe sich aber, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt mehr als geringfügig gearbeitet habe. Gegen die Glaubhaftigkeit der von der Klägerin angegebenen Arbeitszeiten spreche, dass es keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe gebe, welche die Beigeladene zu 1) hätten bewegen können, die Zahl der Wochenstunden von 15 auf 40 zu erhöhen. Zudem enthalte der Vertrag vom 1. April 2011 mit einem Stundenlohn von etwa 18,46 € kein realistisches Entgelt für eine ungelernte Reinigungskraft. Weiter sei die Notwendigkeit einer Erstellung von Excel-Tabellen nicht hinreichend dargetan. Auch habe die Klägerin nicht glaubhaft darlegen können, wie sie bei den bestehenden krankheitsbedingten Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit in der Lage war, körperlich anstrengende Reinigungsarbeiten im Umfang von 40 Sunden in der Woche zu verrichten. Zudem sei es der Klägerin und ihrem Ehemann bei Abschluss des Änderungsvertrags allein darum gegangen, für einen geplanten Immobilienerwerb kreditwürdig zu erscheinen. Überzeugend seien dagegen die Aussagen des Vertreters der Beigeladenen zu 1). Dieser habe glaubhaft ein Zerwürfnis zwischen ihm und dem Ehemann der Klägerin anlässlich eines geplanten Grundstücksverkaufs berichtet. Zudem habe er anschaulich geschildert, welche Reinigungsarbeiten die Klägerin verrichtet und dass sie keine Hausmeister- oder Elektrikertätigkeit ausgeführt habe. Er habe weiter spontan und sichtlich betroffen Gedächtnislücken sowie die mangelnde Überwachung der von dem Ehemann der Klägerin getätigten Lohnzahlungen mit seiner damals akuten Alkoholerkrankung erklärt.

 

Gegen das ihr am 11. Mai 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 6. Juni 2017 bei dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Für die versicherungspflichtige Beschäftigung komme es nicht darauf an, ob sie – die Klägerin – die Änderung ihres Arbeitsvertrags zum 1. April 2011 nachweisen könne. Sie sei bereits ab dem 1. Juni 2005 versicherungspflichtig mit einem Arbeitsentgelt in Höhe von 420,- € beschäftigt gewesen. Das Sozialgericht habe sich mit dem Fortbestehen dieser Beschäftigung nicht auseinandergesetzt, obwohl es der Auffassung gewesen sei, dass die Änderung des Arbeitsvertrags nicht ausreichend belegt sei. Nach der bis zum 1. Januar 2013 geltenden Rechtslage seien Beschäftigungen bereits ab einer monatlichen Bruttovergütung von 400,01 € versicherungspflichtig gewesen. Auch bei einer Vergütung in Höhe von 410,- €, wie sie von dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestätigt worden sei, habe danach Versicherungspflicht bestanden. Es seien teilweise auch noch Lohnabrechnungen aus dem Jahr 2010 vorhanden. Das seit dem 1. Juni 2005 bestehende Arbeitsverhältnis sei unstreitig weder gekündigt noch sonst beendet worden, so dass die Berufung bereits aus diesem Grund begründet sei. Sie – die Klägerin - habe über den 1. April 2011 hinaus auf der Grundlage des Änderungsvertrages über die bisherigen Aufgaben hinaus zusätzliche Arbeiten ausgeführt. Sie sei auf der Grundlage des bisherigen Arbeitsvertrags bis zu der ab dem 5. März 2012 eingetretenen dauerhaften Arbeitsunfähigkeit weiter tätig gewesen. Dass sie ab April 2011 Reinigungs- und Hauswarttätigkeiten in dem Objekt T. erledigt habe, könne ihre Tochter bestätigen, die sie bei diesen Tätigkeiten und bei der Erstellung von Statistiken aus dem Restaurantbetrieb unterstützt habe. Der Vertreter der Beigeladenen zu 1) behaupte wahrheitswidrig eine Reduzierung ihres Lohns auf 273,- € im Monat. Soweit im Februar 2011 ein Verdienst in Höhe von 273,- € abgerechnet worden sei, habe das seinen Grund darin, dass die Klägerin in diesem Monat nur bis zum 20. Kalendertag arbeitsfähig gewesen sei. Die Beigeladene zu 1) habe auch in dem zum Az 14 O 49/15 vor dem Kammergericht geführten Zivilprozess wahrheitswidrig vorgetragen, dass es zu einer Reduzierung des Entgelts gekommen sei. Das Kammergericht habe mit Urteil vom 13. Oktober 2018 – 23 U 74/16 - in einem zwischen der Beigeladenen zu 1) auf der einen und dem Ehemann der Klägerin sowie der Klägerin auf der anderen Seite geführten Rechtsstreit ebenso wie vorher schon das Landgericht Berlin rechtskräftig entschieden, dass der Änderungsvertrag vom 11. April 2011 wirksam gewesen sei und einen Rechtsgrund für die von der Klägerin erhaltene Arbeitsvergütung abgebe. Der zum 15. April 2011 geschlossene Änderungsvertrag habe das ursprüngliche Arbeitsverhältnis unberührt gelassen, da er vom Sozialgericht als Scheinvertrag eingeordnet worden sei. Der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) habe Kenntnis von dem Änderungsvertrag gehabt, so dass nicht von einem zwischen Verwandten oder Ehegatten geschlossenen Vertrag ausgegangen werden könne.

 

Die Klägerin beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. April 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2013 und des Bescheides vom 19. Mai 2015 aufzuheben und festzustellen, dass sie in der Zeit vom 15. April 2011 bis zum 4. Dezember 2012 als versicherungspflichtig Beschäftigte Mitglied der Beklagten war.

 

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 4) beantragen,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

 

Die Beigeladene zu 1) führt aus, dass die Klägerin noch über den im Februar 2011 wirksam gewordenen Verkauf des Hauses N.  hinaus weiter für sie tätig gewesen sei und das Haus T.  betreut habe. Jedoch sei das Arbeitsentgelt auf 273,- € monatlich reduziert worden und habe mit der Miete für die von der Klägerin und ihrem Ehemann in dem Haus bewohnten Wohnung verrechnet werden sollen. Nach dem im Mai 2012 erfolgten Verkauf des Hauses T.  habe die Klägerin nicht mehr für sie – die Beigeladene zu 1) – gearbeitet. Eine besondere schriftliche Kündigung sei entbehrlich gewesen, da die Klägerin selbst ihre Arbeit eingestellt habe. Vor dem Kammergericht sei die Tätigkeit der Klägerin nicht weiter erörtert worden. Es sei ausschließlich auf die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen ihres – der Beigeladenen zu 1) - Geschäftsführers von dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag und den Gehaltszahlungen abgestellt worden. Das Urteil des Kammergerichts erlaube daher nicht den Schluss auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Die Klägerin sei bereits vor Abschluss des Änderungsvertrags erkrankt und behandlungsbedürftig gewesen, so dass ihr eine mehr als geringfügige Arbeit nicht möglich gewesen sei. Auch die Höhe des über das Maß des Üblichen hinausgehenden Entgelts spreche für ein Scheinarbeitsverhältnis. Die Klägerin habe nur bis Februar 2012 in einem Arbeitsverhältnis gestanden. Danach sei das Beschäftigungsverhältnis wegen eines schweren Zerwürfnisses zwischen ihrem – der Beigeladenen zu 1) – Geschäftsführer und dem Ehemann der Klägerin beendet worden. Die Reinigungsarbeiten seien daraufhin durch den im Haus T.  wohnenden I K durchgeführt worden.

 

Der Senat hat die Tochter der Klägerin D R durch den Berichterstatter im Erörterungstermin vom 7. Januar 2020 als Zeugin vernommen. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Bei den behandelnden Ärzten der Klägerin sind Befundberichte eingeholt worden. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2013 und des Bescheides vom 19. Mai 2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin war in der Zeit vom 15. April 2011 bis zum 4. Dezember 2012 nicht bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt und damit auch nicht als versicherungspflichtig Beschäftigte Mitglied der Beklagten.

 

Rechtsgrundlage für die mit der Klage angefochtenen Bescheide ist § 28h Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach hat die Beklagte als Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zu entscheiden. Anlass für die Entscheidung über die Versicherungspflicht bestand auf der Grundlage des von dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) gestellten Antrags auf Überprüfung des Versicherungsverhältnisses. Die Entscheidung der Beklagten ist auch nicht rechtswidrig, weil sie sich auf die Frage der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beschränkt. Das betrifft zwar nur einen Teilbereich der nach § 28h Abs. 2 SGB IV möglichen Entscheidungen. Die abgetrennte Entscheidung ist aber bereits deswegen zulässig, weil die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung anderen Regeln folgen kann als die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung. Insbesondere liegt keine unzulässige Elementenfeststellung vor. Die Beklagte hat nicht nur über das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern auch über das Bestehen von Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung auf der Grundlage dieses Beschäftigungsverhältnisses entschieden.

 

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist in der Sache zutreffend. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken‑ und Pflegeversicherung. Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung liegt vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern.

 

Die Klägerin stand bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 15. April 2011 nicht in einem Arbeitsverhältnis. Der Senat hält es nach dem Ergebnis der Ermittlungen zwar für nachgewiesen, dass die Klägerin (auch) in dieser Zeit Tätigkeiten verrichtete, die im betrieblichen Interesse der Beigeladenen zu 1) lagen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin, den Angaben ihres Ehemannes sowie der Aussage ihrer als Zeugin gehörten Tochter. Selbst der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) hat bestätigt, dass die Klägerin bis März 2012 für die Beigeladene zu 1) Reinigungsarbeiten erbrachte und diese Beschäftigung erst im Zusammenhang mit einem Zerwürfnis zwischen ihm und dem Ehemann der Klägerin endete. Er hat damit nicht die Tätigkeit als solche, sondern deren von der Klägerseite behaupteten Umfang in Frage gestellt. Selbst wenn aber Arbeitszeiten entsprechend dem Vortrag der Klägerin anerkannt und die erfolgten Entgeltzahlungen der Beigeladenen zu 1) zugerechnet werden könnten, lag kein Arbeitsverhältnis und entsprechend auch kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Sozialrechts vor. Denn die vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten halten einem sogenannten Fremdvergleich nicht stand.

 

Die Klägerin trägt vor, sie sei ab dem 15. April 2011 für die Beigeladene zu 1) auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 29. März 2011 tätig geworden. Dieser Arbeitsvertrag ist für die Beigeladene zu 1) auch nach dem Vortrag der Klägerin von ihrem Ehemann geschlossen worden, der Gesellschafter aber nicht Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) war. Nicht aufklärbar und zwischen den Beteiligten streitig geblieben ist aber, ob und wann der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) Kenntnis von diesem Vertrag bekommen hat. Das Kammergericht geht in seinem Urteil vom 7. November 2018 von einer Kenntnisnahme im September/Oktober 2011 aus. Der Ehemann der Klägerin hat in dem vorliegenden Verfahren dagegen vorgetragen, dass er den Vertrag mit seiner Ehefrau von Anfang an mit Kenntnis des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) geschlossen habe. Der Senat weist dazu darauf hin, dass es für die Wirksamkeit des Vertrags vom 29. März 2011 gegenüber der Beigeladenen zu 1) nicht entscheidend darauf ankommt, ob und wann deren Geschäftsführer positive Kenntnis erlangt hat. Denn der Geschäftsführer hat selbst eingeräumt, dass er sich in der fraglichen Zeit nicht mit der gebotenen Sorgfalt um die Geschäfte der Beigeladenen zu 1) gekümmert und insbesondere das geschäftliche Gebaren des Ehemannes der Klägerin nicht genügend überwacht habe. Entsprechend muss die beigeladene GmbH nach den Grundsätzen der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht (vgl. dazu Weinland in jurisPK BGB, 9. Aufl., § 173 Rn. 5 ff.) den Vertragsschluss gegen sich gelten lassen. Jedenfalls steht damit fest, dass die Konditionen des Vertrags nicht durch den Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1), sondern durch den Ehemann der Klägerin verabredet worden sind. Insoweit handelt es sich damit um ein Rechtsgeschäft, das zwischen Ehegatten abgeschlossen worden ist.

 

Rechtsgeschäftlich zwischen Ehegatten begründete Beschäftigungsverhältnisse sind nur dann sozialversicherungsrechtlich erheblich, wenn sie einem sogenannten Fremdvergleich standhalten. Die Vereinbarung muss nach Inhalt und Durchführung dem entsprechen, was auch unter fremden, nicht verwandten Parteien üblich ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Februar 2020 - L 11 EG 23114/19 - juris Rn. 27 mit weit. Nachw.). Der Fremdvergleich als Maßstab für die Wirksamkeit von zwischen Ehegatten begründeten Beschäftigungsverhältnissen entstammt dem Steuerrecht (vgl. Bundesfinanzhof <BFH>, Urteil vom 18. November 2020 - VI R 28/18 - juris Rn. 12 ff.), er gilt aber auch im Sozialversicherungsrecht (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. November 2021 – L 21 AS 2060/18 - juris Rn. 63). Auch das schon vom Sozialgericht zitierte Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 19. Mai 2011 – L 10 KR 52/07 – juris Rn. 23 stellt darauf ab, ob ein eigentliches Beschäftigungsverhältnis begründet oder ein solches nur vorgetäuscht werden sollte.

 

Den an ein ernsthaft gewolltes Beschäftigungsverhältnis zu stellenden Anforderungen genügt weder der Inhalt noch die Durchführung des Vertrages vom 15. April 2011. Der Senat hat bereits nicht aufklären können, welche Tätigkeiten in welchem Umfang die Klägerin ab dem 15. April 2011 für die Beigeladene zu 1) verrichtet hat. Dementsprechend ist offen geblieben, ob die vereinbarten Tätigkeiten tatsächlich in dem vertraglich vereinbarten Umfang ausgeführt worden sind. Während die Klägerin vorträgt, dass sie Reinigungs- und Hausmeistertätigkeiten in den Objekten T. , N.  und A  sowie Büroarbeiten vorgenommen habe, bestätigt der Beigeladene zu 1) nur eine Reinigungstätigkeit in dem Objekt T. Die Aussage der als Zeugin gehörten Tochter der Klägerin zum zeitlichen Umfang der von der Klägerin übernommenen Arbeiten ist letztlich unergiebig geblieben, weil die Zeugin zwar auf der einen Seite bestätigt, dass eine Reinigungstätigkeit in dem Haus N.  irgendwann weggefallen sei, aber nichts dazu angibt, ob dieser Wegfall durch die Übernahme weiterer Aufgaben kompensiert worden ist. Auf den zeitlichen Umfang der erbrachten Arbeitsleistungen kommt es aber nicht entscheidend an. Selbst wenn der Senat entsprechend den Angaben der Klägerin davon ausgeht, dass die Klägerin mit den Arbeiten in der T. , N.  und A  sowie der bei ihr zuhause erledigten Anfertigung von Excel-Tabellen auf eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden gekommen ist, hält der am 15. April 2011 geschlossene Vertrag wegen der Höhe der dort vorgesehenen Entlohnung einem Fremdvergleich nicht stand.

 

Der Senat weist dazu darauf hin, dass der Gegenstand der Tätigkeit der Klägerin in den beiden Verträgen vom 29. März 2011 und 1. Juni 2005 mit der Bezeichnung Reinigungspersonal und Bürotätigkeit gleich geblieben ist. Verändert hat sich der zeitliche Umfang. Statt ursprünglich 15 Stunden sollten nunmehr 40 Stunden in der Woche gearbeitet werden. Die Entgelterhöhung von 420,- auf 3.200,- € geht aber weit über eine Anpassung an die Ausweitung des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit hinaus. Sie wäre unter Fremden nur zu erklären, wenn die Klägerin eine qualitativ höherwertige Tätigkeit übernommen hätte. Dafür indessen ist nichts ersichtlich, zumal die Klägerin über keine Berufsausbildung verfügt. Soweit der Ehemann der Klägerin geltend gemacht hat, dass mit der Entgelterhöhung auch ausgeglichen werden sollte, dass die Klägerin in der Vergangenheit weitaus mehr Stunden als bezahlt gearbeitet habe, ist darauf zu verweisen, dass die Klägerin in dem der Vertragsänderung vorausgehenden Jahr fast durchgehend arbeitsunfähig gewesen ist, nämlich nach den von der Beklagten vorgelegten Aufzeichnungen vom 21. Januar 2010 bis zum 18. Oktober 2010 und vom 10. Januar 2011 bis zum 14. April 2011. Das spricht dagegen, dass in einem nennenswerten Umfang unbezahlte Überstunden angefallen sein könnten. Welchen Sinn die von der Klägerin in Heimarbeit angefertigten Excel-Tabellen für den Geschäftsbetrieb der Beigeladenen zu 1) hatten, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar geworden. Demnach stellt sich die – tatsächlich erfolgte - Zahlung eines Bruttolohns an die Klägerin in Höhe von 3.200,- € monatlich nicht als wirtschaftlich gerechtfertigte Gegenleistung für die Erbringung von Arbeit dar, sondern als eine aus Gunst gewährte Zuwendung. Mit dieser Annahme setzt sich der Senat nicht in einen Gegensatz zu dem Urteil des Kammergerichts vom 13. Dezember 2018. Das Kammergericht ist lediglich davon ausgegangen, dass der Beigeladene zu 1) im Nachhinein Kenntnis von den Zahlungen an die Klägerin gehabt habe, ohne aber festzustellen, dass zwischen den Beteiligten ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis im arbeits- oder sozialversicherungsrechtlichen Sinne vorgelegen habe.

 

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass jedenfalls der ursprüngliche Vertrag vom 1. Juni 2005 ungekündigt weiter fortbestand. Denn dieser Vertrag war ab dem 15. April 2011 nicht mehr die Grundlage ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1). Die für die Erbringung der Dienstleistung geltenden Vereinbarungen sind geändert worden und die bisher geltenden Vereinbarungen damit nicht mehr rechtliche Grundlage der vertraglichen Beziehungen. Das zeigt sich an dem von der Klägerin behaupteten Umfang ihrer Arbeitsleistungen und insbesondere an der nachgewiesenen Höhe der seitdem erfolgten Gehaltszahlungen. Der Änderungsvertrag vom 11. April 2011 begründete zwar kein (neues) Beschäftigungsverhältnis. Das bedeutet aber nicht, dass er insgesamt rechtsunwirksam wäre. Die Klägerin hat auf der Grundlage des geänderten Vertrags Zahlungen erhalten, die sie auch nicht wieder herausgeben muss. Die vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) in Bezug auf die Erbringung von Dienstleistungen und Gewährung von Zahlungen sind als Gesamtheit zu sehen. Sie enthalten Elemente eines Dienstvertrags und einer freigiebigen Zuwendung. Sie sind daher dem Vertragstyp einer gemischten Schenkung zuzuordnen. Ein Arbeitsvertrag und entsprechend ein Beschäftigungsverhältnis lagen damit aber nicht vor.

 

Nur ergänzend, soweit die Klägerin eine Versicherung als Beschäftigte bis zum 4. Dezember 2012 begehrt, weist der Senat darauf hin, dass wegen der ab dem 5. März 2012 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit nach Auslaufen der Lohnfortzahlung gemäß § 190 Abs. 2 SGB V ohnehin keine Versicherungspflicht der Klägerin aufgrund einer Beschäftigung mehr vorliegen konnte. Auf das Fortbestehen des Arbeitsvertrags kommt es insoweit nicht an.

 

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.

 

Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.

Rechtskraft
Aus
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