Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. September 2020 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
G r ü n d e :
I
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Umstritten ist die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts, der eine Eingliederungsvereinbarung (EinglVb) ersetzte.
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Der Kläger bezog vom beklagten Jobcenter Alg II. Nachdem es nicht zum Abschluss einer EinglVb gekommen war, erließ der Beklagte einen die EinglVb ersetzenden Verwaltungsakt (Bescheid vom 1.8.2019, dem Kläger zugestellt am 6.8.2019; Widerspruchsbescheid vom 18.11.2019). Gegenstand des ersetzenden Verwaltungsakts war die Beauftragung eines Maßnahmeträgers und die Verpflichtung des Klägers zur Teilnahme an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung mit dem Titel "Richtungswechsel - Neue Wege gehen". Die Maßnahme begann am 7.8.2019 und endete am 14.5.2020 (9,25 Monate). Der Verwaltungsakt sollte "bis auf weiteres" gelten und enthielt eine Regelung zur "Fortschreibung des ersetzenden Verwaltungsakts", wonach die Inhalte des Bescheids regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten, zu überprüfen und im Falle näher beschriebener Änderungen der Verhältnisse mit einem neuen ersetzenden Verwaltungsakt fortzuschreiben seien. Der Widerspruchsbescheid enthielt zusätzlich Ausführungen zum Ermessen im Hinblick auf die Geltungsdauer.
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Der Beklagte bot dem Kläger die Maßnahme noch einmal durch ein weiteres Schreiben an und erklärte zugleich, notwendige Kosten im Zusammenhang mit der Teilnahme wie Fahrkosten könnten übernommen werden (Schreiben vom 2.8.2019). Der Kläger trat die Maßnahme nicht an. Der Beklagte minderte daraufhin - unter Berufung auf § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II (Nichtantritt einer zumutbaren Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit) - das Alg II des Klägers in Höhe von 30 % des Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten (Bescheid vom 31.10.2019; Widerspruchsbescheid vom 9.12.2019). Die hiergegen erhobene Klage ist noch anhängig (Klageverfahren S 6 AS 98/20 beim SG Köln).
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Der Kläger hat gegen den die EinglVb ersetzenden Verwaltungsakt am 22.11.2019 und damit noch vor Ablauf der Maßnahme (Anfechtungs-)Klage erhoben, mit der er insbesondere rügt, die Geltungsdauer sei nicht von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen. Der Verwaltungsakt hätte zudem bis zum Ende der Maßnahme am 14.5.2020 befristet werden müssen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 5.5.2020). Das LSG hat die Berufung, mit der der Kläger sein Anfechtungsbegehren weiterverfolgt hat, zurückgewiesen (Urteil vom 23.9.2020). Die Festlegung des Geltungszeitraums des Verwaltungsakts durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Ermessensfehler seien insoweit nicht ersichtlich. Der im Bescheid vorgesehene Überprüfungsmechanismus entspreche den gesetzlichen Anforderungen.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 15 SGB II insoweit, als hinsichtlich der Geltungsdauer ein Ermessensnichtgebrauch vorliege. Im Ergebnis habe sich der Beklagte wegen der Geltung "bis auf weiteres" für gebunden gehalten. Selbst unter der Annahme, der Beklagte habe sein Ermessen erkannt, fehle es jedenfalls an der Mitteilung hinreichender Ermessenserwägungen iS von § 35 Abs 1 Satz 3 SGB X. Der Verwaltungsakt sei zudem nicht hinreichend bestimmt. Er enthalte keine Angaben zum zeitlichen Umfang der Maßnahme und zur Möglichkeit der Übernahme weiterer Kosten.
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Auf den gerichtlichen Hinweis, dass die Anfechtungsklage unzulässig geworden sein dürfte, weshalb Gelegenheit zur Stellung eines Fortsetzungsfeststellungsantrags und zur Darlegung eines Feststellungsinteresses gegeben werde, hat der Kläger zuletzt vorgetragen, ein Interesse an der Feststellung bestehe im Hinblick auf das noch anhängige Sanktionsverfahren unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität.
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Der Kläger beantragt (schriftsätzlich) nunmehr,
1) das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. September
2020 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 5. Mai 2020 sowie
den Eingliederungsverwaltungsakt vom 1. August 2019 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 18. November 2019 aufzuheben,
2) hilfsweise festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 1. August
2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2019
rechtswidrig war.
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Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
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Die zulässige Revision des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 SGG), ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die auf Aufhebung des die EinglVb ersetzenden Verwaltungsakts gerichtete Anfechtungsklage ist ebenso unzulässig (4.) wie die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage (5.).
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1. Die Zulässigkeit der Revision begegnet keinen Bedenken. Dies gilt auch im Hinblick auf den Hilfsantrag. Insbesondere steht § 168 Satz 1 SGG, wonach Klageänderungen im Revisionsverfahren mit der Folge der Verwerfung der Revision unzulässig sind (zur Rechtsfolge nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl 2020, § 168 RdNr 2d), dem erstmalig im Revisionsverfahren gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht entgegen (BSG vom 14.2.2013 ‑ B 14 AS 195/11 R ‑ BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2, RdNr 12 mwN), weil es sich nicht um eine Klageänderung handelt. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag kann zulässig hilfsweise neben dem Aufhebungsantrag für den Fall gestellt werden, dass Erledigung eingetreten ist (vgl nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl 2020, § 131 RdNr 8b mwN).
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2. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der die EinglVb ersetzende Bescheid des Beklagten vom 1.8.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.11.2019 - unabhängig davon, ob die hiergegen erhobene Anfechtungsklage noch zulässig ist. Soweit der Beklagte dem Kläger die Maßnahme, die Gegenstand des Bescheids vom 1.8.2019 war, mit weiterem Schreiben vom 2.8.2019 angeboten hat, handelte es sich bei diesem Angebot - entgegen der Ansicht des LSG, das insoweit von einem "Zuweisungsbescheid" spricht und ungeachtet der vom Kläger im Revisionsverfahren bestrittenen Bekanntgabe dieses Schreibens - nicht um einen Verwaltungsakt, der den Bescheid vom 1.8.2019 ggf hätte abändern oder sogar ersetzen und erledigen können (vgl allgemein zur fehlenden Verwaltungsaktqualität von Maßnahmeangeboten BSG vom 19.1.2005 ‑ B 11a/11 AL 39/04 R ‑ SozR 4‑1300 § 63 Nr 2; BSG vom 27.8.2011 ‑ B 4 AS 1/10 R ‑ BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr 9, RdNr 31). Das Schreiben erweckt nach seiner äußeren Form auch nicht den Anschein, ein Verwaltungsakt zu sein.
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3. Die Revision des Klägers ist bereits deshalb unbegründet, weil einer Sachentscheidung verfahrensrechtliche Hindernisse entgegenstehen, die das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen hat. Dies gilt zwar nicht im Hinblick auf die Zulässigkeit der Berufung, weil die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG im Streit um den eine EinglVb ersetzenden Verwaltungsakt nicht greift (BSG vom 21.3.2019 ‑ B 14 AS 28/18 R ‑ SozR 4-4200 § 15 Nr 7 RdNr 10). Sowohl die Anfechtungsklage als auch die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sind aber unzulässig, weil es jeweils an Sachurteilsvoraussetzungen fehlt.
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4. Die Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) ist unzulässig. Es fehlt an einem wirksamen Verwaltungsakt als Anfechtungsgegenstand. Der die EinglVb ersetzende Verwaltungsakt hat sich durch Zeitablauf erledigt (vgl § 39 Abs 2 SGB X), weshalb er nicht mehr mit rechtsgestaltender Wirkung durch das Gericht aufgehoben werden kann. Die Erledigung eines Verwaltungsakts iS des § 39 Abs 2 SGB X tritt ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BSG vom 14.3.2013 ‑ B 13 R 5/11 R ‑ SozR 4-1200 § 51 Nr 1 RdNr 20 mwN; BSG vom 23.2.2017 ‑ B 4 AS 57/15 R ‑ SozR 4-1300 § 44 Nr 34 RdNr 17; BVerwG vom 11.7.2013 ‑ 5 C 24.12 ‑ BVerwGE 147, 170 RdNr 19 mwN).
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Der streitgegenständliche Bescheid vom 1.8.2019 hat sich erledigt, weil er die Teilnahme des Klägers an einer Maßnahme regelt, die - unbeschadet der Geltung des Verwaltungsakts "bis auf weiteres" - am 14.5.2020 endete. Ein weiterer Regelungsgegenstand ist nicht ersichtlich. Soweit der Beklagte (in seiner Revisionserwiderung) aus den im Bescheid unter Ziffer 3 genannten Zielen ‑ ua der "Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt" ‑ die Notwendigkeit einer über die Maßnahmedauer hinausgehenden Geltung ableiten will und damit eine fortbestehende Regelungswirkung andeutet, haben diese "Ziele" keinen Regelungscharakter, weil mit ihnen keine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt wurde.
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Dass im Hinblick auf die Nichtteilnahme des Klägers an dieser Maßnahme ein Sanktionsverfahren anhängig ist, ändert an der Erledigung ebenfalls nichts. Eine fortbestehende Regelungswirkung liegt hierin nicht. Die Rechtmäßigkeit des die EinglVb ersetzenden Verwaltungsakts ist allenfalls Vorfrage für weiteres behördliches Handeln in Form der Leistungsminderung (so im Ergebnis auch BSG vom 14.2.2013 ‑ B 14 AS 195/11 R ‑ BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2, RdNr 5, 13; BSG vom 29.4.2015 ‑ B 14 AS 19/14 R ‑ BSGE 119, 17 = SozR 4-4200 § 31a Nr 1, RdNr 30 zu einer Meldeaufforderung; vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen vom 6.12.2018 ‑ L 7 AS 2151/17 ‑ juris RdNr 40; aA zB LSG Berlin-Brandenburg vom 14.10.2020 ‑ L 32 AS 2354/15 ‑ juris RdNr 48 mwN). Im konkreten Fall kommt hinzu, dass sich der Sanktionsbescheid vom 31.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.12.2019 auf § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II (Nichtantritt einer zumutbaren Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit) und nicht auf § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II (Nichterfüllung von Pflichten, die in einer EinglVb oder einem ersetzenden Verwaltungsakt festgelegt sind) stützt.
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5. Soweit der Kläger im Revisionsverfahren hilfsweise beantragt hat festzustellen, dass der die EinglVb ersetzende Verwaltungsakt vom 1.8.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.11.2019 rechtswidrig war, ist die insoweit statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage gleichwohl unzulässig, weil für ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG) nichts ersichtlich ist. Ein berechtigtes Interesse an der vom Kläger begehrten Feststellung setzt jedenfalls voraus, dass die angestrebte Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers zu verbessern (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl 2020, § 131 RdNr 10a mwN). Es kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein und kommt grundsätzlich in Betracht bei Präjudizialität für andere Rechtsverhältnisse, bei Vorliegen eines Rehabilitierungsinteresses oder wenn Wiederholungsgefahr besteht (statt aller vgl nur BSG vom 8.3.2016 ‑ B 1 KR 19/15 R ‑ BSGE 121, 32 = SozR 4-3250 § 17 Nr 4, RdNr 29 mwN). Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse wird - auch im Revisionsverfahren - von Amts wegen geprüft (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl 2020, § 131 RdNr 10). Dabei hat der Rechtsuchende unter Angabe entsprechender Tatsachen darzulegen, welche dieser Umstände sein Feststellungsinteresse begründen; hohe Anforderungen an die Substantiierungspflicht sind nicht zu stellen (BSG vom 28.8.2007 ‑ B 7/7a AL 16/06 R ‑ SozR 4-1500 § 131 Nr 3 RdNr 12 mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl 2020, § 131 RdNr 10; ähnlich BVerwG vom 4.3.1976 ‑ I WB 54.74 ‑ BVerwGE 53, 134, 137 f; BVerwG vom 15.11.1990 ‑ 3 C 49.87 ‑ juris RdNr 25). Naturgemäß ist nur der Kläger selbst in der Lage vorzutragen, welches Interesse er an der gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts hat, von dem keine Regelungswirkung mehr ausgeht (BSG vom 24.7.1996 ‑ 7 KlAr 1/95 ‑ BSGE 79, 71, 78 = SozR 3-4100 § 116 Nr 4 S 137, juris RdNr 44). Nicht ausreichend ist insoweit, dass der Kläger nur seine Rechtsauffassung bestätigt sehen oder einen "Prinzipienstreit" führen möchte (BSG vom 27.1.2004 ‑ B 11 AL 169/03 B ‑ RdNr 11; Berkemann, jM 2014, 421, 426; Hübschmann in BeckOGK, SGG, § 131 RdNr 52, Stand 1.8.2021).
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Der Kläger macht (ausschließlich) geltend, er habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung aus Gründen der Präjudizialität, weil der Beklagte ihn wegen Nichtantritts der im Eingliederungsverwaltungsakt genannten Maßnahme sanktioniert habe. Der Sanktionsbescheid sei Gegenstand eines noch anhängigen Klageverfahrens, in dem es auf die Rechtmäßigkeit des vorliegend streitgegenständlichen, die EinglVb ersetzenden Bescheids ankomme. Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil sich der Sanktionsbescheid vom 31.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.12.2019, wie bereits dargelegt, auf § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II und nicht auf § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II stützt. Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger den Zugang des Maßnahmeangebots vom 2.8.2019 bestreitet. Kenntnis von der Maßnahme hatte er vor deren Beginn jedenfalls durch die förmliche Zustellung des die EinglVb ersetzenden Bescheids vom 1.8.2019, ohne dass es auf die Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts anhand des Normprogramms des § 15 SGB II ankommt. Für das Sanktionsverfahren ohne Bedeutung ist insbesondere, ob die vom Kläger geltend gemachten Ermessensfehler im Hinblick auf die Festlegung des Geltungszeitraums des hier streitgegenständlichen Bescheids vorliegen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Es entspricht der Billigkeit, dass die außergerichtlichen Kosten des Klägers nicht zu erstatten sind. Seine Klage ist in drei Instanzen erfolglos geblieben. Entgegen der Ansicht des Klägers sind keine Gründe ersichtlich, bei der Kostenentscheidung vom Grundsatz abzuweichen, dass derjenige die Kosten trägt, der unterliegt.