L 3 U 179/21 B

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 12 U 12/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 179/21 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

 

Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Juli 2021 abgeändert und der  Streitwert für das Verfahren vor dem Sozialgericht auf 10.000 Euro festgesetzt.

 

            Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe

 

I.

 

Die Beteiligten streiten über Festsetzung des Streitwertes für eine Klage bei dem Sozialgericht (SG) Potsdam (S 12 U 12/15).

 

Der Kläger ist niedergelassener Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie in einer Gemeinschaftspraxis und bemühte sich seit September 2012 bei der Beklagten um eine Beteiligung am Durchgangsarztverfahren. Die Beklagte erlaubte es dem Kläger mit Schreiben vom 01. April 2014, für die Zeit vom 01. April 2014 bis zum 30. Juni 2015 außerhalb des Durchgangsarztverfahrens mit allen Rechten und Pflichten eines Durchgangsarztes tätig zu sein.  Mit Schreiben vom 20. August 2014 widerrief die Beklagte diese vorläufige Genehmigung mit sofortiger Wirkung. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 23. Januar 2015 zurück. Mit seiner am 11. Februar 2015 erhobenen Klage hat der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 20. August 2014 beantragt. Zudem hat er die Verurteilung der Beklagten zur (vorläufigen) Genehmigung der Ausübung der Durchgangsarzttätigkeit und zu seiner entsprechenden Zulassung begehrt. Den vorläufigen Streitwert hat der Kläger mit 40.000 Euro angegeben. Das SG hat den Streitwert zunächst vorläufig auf  40.000 Euro festgesetzt. In einer am 30. September 2015 durchgeführten Güteverhandlung hat der Kläger angegeben, dass er mit der Beteiligung am Durchgangsarztverfahren keine finanziellen Interessen verfolge, sondern es ihm vorrangig um die Behandlung frisch Unfallverletzter gehe, worin er seine Berufung sehe. Nach Beendigung des Verfahrens durch übereinstimmende Erledigungserklärung am 20. Juni 2016 hat das SG auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 29. Juli 2021 unter dessen Ziffer 1. eine Kostenentscheidung getroffen, wonach die Beteiligten die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte tragen, und unter Ziffer 2. den Streitwert endgültig in Höhe von 40.000 Euro festgesetzt.

 

Gegen den ihr am 08. September 2021 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 23. September 2021 Beschwerde erhoben. Sie ist der Meinung, der Streitwert sei zu hoch bemessen. In dem auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Parallelverfahren S 12 U 95/15 ER sei der Streitwert auf 10.000 Euro festgesetzt worden.

 

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

 

den Beschluss vom 29. Juli 2021 aufzuheben und den Streitwert auf 10.000 Euro festzusetzen.

 

Der Kläger beantragt,

 

die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Er weist darauf hin, dass die geringere Streitwertfestsetzung in dem Eilverfahren auf der damit verfolgten vorläufigen Rechtsschutzgewährung beruht habe.

 

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zum vorliegenden Verfahren verwiesen, die bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben.

 

 

II.

Die Beschwerde ist statthaft und zulässig. Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG findet gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Abs. 2 GKG), die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes - wie hier - 200 Euro übersteigt.

 

Die Beschwerde ist begründet. Die unter Ziffer 2 des Beschlusses des SG Potsdam erfolgte Streitwertfestsetzung ist rechtswidrig und verletzt die Beklagte in ihren Rechten. Die  Beklagte hat einen Anspruch auf eine geringere Festsetzung des Streitwerts. Ein Streitwert über 10.000 Euro ist nicht gerechtfertigt.

 

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Dabei ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes geregelt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). Nur wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5.000 Euro (Auffangstreitwert) anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).

 

Die Bedeutung der Sache im Sinne des § 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich nach dem Gegenstand des konkreten Prozesses (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 17. Mai 2011 – B 2 U 18/10 R –, juris). Gegenstand der Klage war zum einen der mit der Klage angefochtene Widerruf der für die Zeit vom 01. April 2014 bis zum 30. Juni 2015 erteilten Erlaubnis,  außerhalb des Durchgangsarztverfahrens mit allen Rechten und Pflichten eines Durchgangsarztes tätig zu sein, vom 20. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2015. Darüber hinaus hat der Kläger – wie sich bereits aus der Klageschrift und auch aus dem weiteren Verfahrensverlauf ergibt -  die Verpflichtung der Beklagten zur (vorläufigen) Genehmigung der Ausübung der Durchgangsarzttätigkeit und zu seiner entsprechenden Zulassung begehrt.

 

Die begehrte Aufhebung des Widerrufs der Genehmigung und die Erteilung einer vorläufigen Genehmigung zur Teilnahme am Durchgangsarztverfahren betreffen keine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.

 

Die Bedeutung der Sache für den Kläger könnte sich in einem erhöhten Gewinn aus seiner ärztlichen Tätigkeit durch die Teilnahme am Durchgangsarztverfahren widerspiegeln. In welcher Höhe zusätzliche Gewinne des in einer Gemeinschaftspraxis tätigen Klägers für den im Zeitpunkt der Klageerhebung noch verbleibenden Zeitraum bis zum Ende der widerrufenen vorläufigen Genehmigung, mithin für knapp fünf Monate, bzw. für die Zukunft auf Grund der nur vorläufig begehrten Zulassung zur Teilnahme am Durchgangsarztverfahren zu erwarten waren, ist dem Senat nicht bekannt. Der Kläger hatte die Tätigkeit als Durchgangsarzt in seiner aktuellen Niederlassung auch erst für kurze Zeit ausgeübt und im vorliegenden Verfahren zum zu erwartenden Gewinnen keinerlei Angaben gemacht. Er hat vielmehr ausgeführt, dass sein Interesse an der Teilnahme am Durchgangsarztverfahren nicht finanzieller Art sei, sondern er es als seine Berufung ansehe, frisch verunfallte Personen zu versorgen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass mit dem Verpflichtungsbegehren nur eine vorläufige Zulassung mit einer nicht bestimmten Dauer der Möglichkeit der Ausübung der Tätigkeit als Durchgangsarzt in Streit stand, an der das Interesse wesentlich geringer ist als an einer (endgültigen) Zulassung. Der Senat kann vor diesem Hintergrund einen konkreten Streitwert nicht bestimmen. Im Hinblick auf beide Begehren ist daher jeweils vom Auffangwert in Höhe von 5.000 Euro auszugehen (Landessozialgericht <LSG> Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Januar 2019 – L 17 U 90/17 –, Rn. 36, juris; vgl. für die Zulassung zum Notdienst auch Ziffer 16.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/ 01.Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen, https://www.bverwg.de/user/data/media/streitwertkatalog.pdf), so dass der Streitwert insgesamt auf 10.000 Euro festzusetzen war.

 

Das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gebührenfrei.

 

Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG.

 

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

 

 

Rechtskraft
Aus
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