L 29 AS 904/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 AS 10384/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 904/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 2018 wird als unzulässig verworfen.

 

 

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

 

I.

 

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Gewährung einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget für doppelte Haushaltsführung.

 

Am 29. Mai 2017 stellte der in B wohnhafte Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten für die doppelte Haushaltsführung für eine Beschäftigung vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2017 im Café seiner Mutter auf R. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31. Mai 2017 ab und wies den hiergegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2017 als unbegründet zurück.

 

Der Kläger hat sein Begehren mit der am 9. August 2017 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. Februar  2018 abgewiesen. Laut Postzustellungsurkunde (PZU) vom 17. April 2018 ist das Urteil dem Kläger an eben diesem Tag persönlich übergeben worden.

 

Der Kläger hat mit am 23. Mai 2018 beim SG eingegangenem Schreiben Berufung eingelegt und vorgetragen, dass ihm das Urteil erst am 17. April 2018 zugestellt und ihm wegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung außerhalb Berlins der Erhalt des Urteils und die Berufungseinlegung erschwert worden seien. Weiterhin habe der Mai viele Feiertage gehabt, wodurch er hoffe, dass die Frist der Berufung trotzdem gewahrt worden sei. Mit Schreiben vom 31. Juli 2018 hat der Kläger vorgetragen, dass er außerhalb Berlins einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehe und es ihm daher sehr schwer falle, Fristen einzuhalten. Die Postzustellung sei nach Berlin erfolgt. Und die Bearbeitung auf Rügen stelle sich als erschwert dar, da er nicht komplette Einsicht in seine Akten habe. Mit Schreiben vom 18. August 2018 hat er vorgetragen, das Urteil sei ihm während seiner beschäftigungsbedingten Abwesenheit am 17. April 2018 zugestellt worden. Der gelbe Brief sei ihm nicht persönlich übergeben worden, sondern nur in seinen Briefkasten geworfen worden. Der tatsächliche Erhalt auf Rügen sei wesentlich später gewesen.

 

Dem Vorbringen des Klägers lässt sich der Antrag entnehmen,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 2018 sowie den Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der doppelten Haushaltsführung für die Beschäftigung vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2017 beim Arbeitgeber „C  P S“, K-L-S   D in Höhe von 500,00 € monatlich zu übernehmen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält die Berufung für verfristet.

 

Dem Kläger ist mit Schreiben der vormaligen Berichterstatterin vom 24. Juli 2018 Gelegenheit zum Vortrag von Gründen gegeben worden, warum die Berufung so spät erhoben worden ist. Mit – dem Beklagten zur Kenntnis gegebenem - Schreiben der vormaligen Berichterstatterin vom 14. August 2018 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass ihm das Urteil des SG am 17. April 2018 per PZU zugestellt worden, die Berufung erst am 23. Mai 2018 und damit nach Ablauf der einmonatigen Rechtsmittelfrist eingegangen sei, ohne dass Wiedereinsetzungsgründe angeführt worden seien. Es sei beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

 

II.

 

Der Senat kann die Berufung durch Beschluss gemäß § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig verwerfen, nachdem die Beteiligten hierzu mit Schreiben vom 14. August 2018 angehört worden sind.

 

Die Berufung ist schon deshalb unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden ist. Nach § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht (SG) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 S. 1 SGG).

 

Vorliegend ist dem Kläger das Urteil des SG vom 22. Februar 2018 ausweislich der PZU am 17. April 2018 gemäß § 63 Abs. 2 S. 1 SGG i.V.m. § 182 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) durch Übergabe an ihn persönlich zugestellt worden. Soweit er erstmals mit Schreiben vom 18. August 2018 vorträgt, dass ihm das Urteil nicht persönlich ausgehändigt wurde, steht diesem zu seinem vorangegangenen Vorbringen in Widerspruch stehenden Vortrag gemäß § 182 Abs. 1 S. 2 ZPO i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO die Beweiskraft der PZU als öffentlicher Urkunde entgegen. Soweit § 418 Abs. 2 ZPO dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, den Beweis für die Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsache – hier der persönlichen Übergabe an ihn - im Sinne des vollen Nachweises eines anderen Geschehensablaufs anzutreten, muss jede Möglichkeit der Richtigkeit der in der Urkunde bezeugten Tatsachen entkräftet werden; erforderlichenfalls ist zwar von Amts wegen zu ermitteln, wobei jedoch als Voraussetzung für diese Pflicht des Gerichts ein qualifiziertes Bestreiten und die Mitteilung näherer Umstände, die den Fehler verständlich machen, notwendig sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG – Kommentar, § 63 Rn. 19 i.V.m. § 118 Rn. 13b).

 

Eben dies ist dem Kläger mit seinem widersprüchlichen, zudem viel zu pauschalen und damit unsubstantiierten Vorbringen ohne schlüssige Darlegung etwa eines Fehlverhaltens des Zustellers bei der Zustellung und damit einer Falschbeurkundung in der PZU bereits im Ansatz nicht gelungen, so dass sich der Senat auch eingedenk der ihm aus § 103 SGG obliegenden Untersuchungsmaxime zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen nicht gedrängt sieht.

 

Die Berufungsfrist begann mithin gemäß § 64 Abs. 1 SGG am 18. April 2018 und endete nach § 64 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 SGG mit Ablauf des 17. Mai 2018 (einem Donnerstag), ohne dass der Kläger innerhalb dieser Frist Berufung eingelegt hat.

 

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG kann dem Kläger nicht gewährt werden. Die Vorschrift bestimmt: Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 64 Abs. 1 SGG). Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen, die Tatsachen zur Begründung des Antrages sollen glaubhaft gemacht werden und innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 67 Abs. 2 S. 1, 2 und 3 SGG). Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 67 Abs. 2 S. 4 SGG).

 

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Insbesondere hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass er ohne Verschulden an der fristgerechten Berufungseinlegung gehindert gewesen ist. Vielmehr ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, indem er erst am 23. Mai 2018 Berufung eingelegt hat. Das Gericht hat ihn bereits mit Schreiben vom 24. Juli 2018 darauf hingewiesen, dass seine Berufung verfristet sein könnte, und ihm Gelegenheit gegeben, hierzu vorzutragen. Hierauf hat der Kläger mit Schreiben vom 31. Juli 2018 lediglich vorgetragen, außerhalb Berlins einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen zu sein, dass es ihm daher sehr schwer gefallen sei, Fristen gerecht einzuhalten, die Postzustellung nach Berlin erfolgt sei und die Bearbeitung auf Rügen sich als erschwert dargestellt habe, da er nicht komplette Einsicht in seine Akten gehabt habe. Warum all dies ihn bei Anlegung eines allgemein üblichen Sorgfaltsmaßstabs tatsächlich davon abgehalten haben soll, fristgerecht Berufung einzulegen, erschließt sich dem Senat nicht.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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