L 29 AS 2420/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 130 AS 20273/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 2420/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 24/22 B
Datum
-
Kategorie
Urteil

            Die Berufung wird zurückgewiesen.

 

 

            Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

 

            Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

 

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB Il).

 

Die 1963 geborene Klägerin ist seit dem Jahr 2011 selbstständig beruflich tätig. Sie hatte mit der V Versicherung bereits mit Wirkung vom 1. März 1991 eine Kapitallebensversicherung mit ihr als im Erlebensfall und ihrer Mutter L K im Sterbensfall Begünstigter sowie einer Laufzeit bis zum 1. März 2021 geschlossen. Die von der Klägerin tatsächlich gezahlten Versicherungsbeiträge beliefen sich ab 2011 nach einer vorausgegangenen Progression konstant auf 67,87 € monatlich. Laut Mitteilung der später unter E firmierenden Versicherung vom 11. August 2015 betrug der Rückkaufswert zum 1. Oktober 2015 13.807,00 € und beliefen sich die gezahlten Beiträge bis zum 1. September 2015 auf 14.252,70 €. Die garantierte Versicherungssumme bei Vertragsablauf wurde auf 21.223,00 € beziffert, die bereits für den Ablauf garantierten Leistungen aus Überschussanteilen auf 1.743,28 €. Laut Auskunft der E vom 23. November 2015 bzw. nach § 5 Satz 1 i.V.m. § 6 Nr. 1 der dem Versicherungsvertrag zugrunde gelegten Versicherungsbedingungen konnte der Vertrag mit Frist von einem Monat zum Schluss eines jeden Ratenzahlungsbeschnitts gekündigt werden. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 der Versicherungsbedingungen war eine Abtretung oder Verpflichtung der Versicherung gegenüber nur und erst dann wirksam, wenn sie ihr vom bisherigen Berechtigten schriftlich angezeigt worden ist.

Die Klägerin bezog bis zum 31. August 2015 zunächst zusammen mit ihrem 1994 geborenen Sohn vom Beklagten ergänzende Leistungen vom Beklagten. Im Zuge ihres am 3. August 2015 gestellten Weiterbewilligungsantrags für die Zeit ab September 2015, demzufolge keine weitere Personen mehr in ihrem Haushalt lebte, legte Sie zum Nachweis ihrer Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) eine Mietbescheinigung ihrer Vermieterin vom 8. November 2012 (Nettokaltmiete 326,88 €, Betriebskostenumlage 49,23 €, Be-/Entwässerung 18,00 €, Heizkosten 44,00 €, insgesamt 438,11 €) und neben der o.g. Mitteilung der E ein Schreiben der Allianz Lebensversicherungs-AG vom 5. Januar 2015 über eine Riesterrente und die Entwicklung ihres Altersvorsorgevermögens bis zum 31. Dezember 2014, ferner die o.g. Mitteilung der Evom 11. August 2015 vor. Auf eine entsprechende Anfrage des Beklagten teilte die Klägerin mit, dass laut einer Nachricht der E ein Verwertungsausschluss nicht möglich sei. 

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11. September 2015 die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit der Begründung ab, dass die Klägerin über verwertbares Vermögen in Höhe von 5.407,00 € verfüge, das die Vermögensfreibeträge in Höhe von 8.400,00 € übersteige, weshalb sie nicht hilfebedürftig sei. Die Klägerin erhob hiergegen am 6. Oktober 2015 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass allenfalls von einem verwertbaren Vermögen von 2.149,24 € ausgegangen werden könne, weil die während des vorangegangenen vierjährigen Leistungsbezugs gezahlten Versicherungsbeiträge in Höhe von 3.257,94 € von vornherein nicht berücksichtigt werden dürften. Die Verwertung der Kapitallebensversicherung sei unwirtschaftlich, da bei Rückkauf der Versicherung ein Wertverlust von fast 40 % eintrete. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2015 als unbegründet zurück. Dem Vermögen von 5.407,00 € stehe ein monatlicher Bedarf von 399,00 € Regelleistung und 438,11 € Bedarf für Unterkunft und Heizung gegenüber.

 

Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 30. Dezember 2015 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt.

 

Unterdessen erwirkte die Klägerin im Eilverfahren S 130 AS 20273/15 ER vor dem SG eine einstweilige Anordnung vom 27. November 2015, mit welcher dem Antragsgegner unter Ablehnung des Eilantrags im Übrigen aufgegeben wurde, der Klägerin ab dem 5. Oktober 2015 vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache längstens bis zum 31. Januar 2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 837,11 € monatlich als Darlehen zu gewähren. Der Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 3. Dezember 2015 – insoweit unter Aufhebung des Bescheids vom 10. (gemeint 11.) September 2015 – als Darlehen für September 2015 bis Dezember 2015 Leistungen in Höhe von insgesamt 837,11 € (Regelleistung i.H.v. 399,00 € und KdU i.H.v. 438,11 €) und für Januar 2016 Leistungen in Höhe von insgesamt 842,11 € (Regelleistung i.H.v. 404,00 € und KdU i.H.v. 438,11 €). Der auf die Zahlung eines Zuschusses gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2016 als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen zum SG erhobene Klage der Klägerin ist zunächst unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 66 AS 4608/16 geführt und mit Beschluss vom 5. Juli 2016 zum vorliegenden Verfahren verbunden worden.

Während des Laufs des vorliegenden Klageverfahrens stellte die Klägerin, nachdem ein weiterer Leistungsantrag vom 28. Juli 2016 mit Bescheid vom 27. Dezember 2016 abgelehnt worden war, beim SG am 6. Januar 2017 einen weiteren Eilantrag, der unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 123 AS 235/17 ER geführt wurde. Erstmals in diesem Verfahren legte sie eine unter  dem 22. November 2015 von ihr und ihrer Mutter Liesel unterzeichnete Vereinbarung vor, in welcher es unter anderem wörtlich heißt:

 

„Abtretungsvereinbarung

zwischen

A K, …

und

L K, …, geb. 1932

 

Hiermit tritt A K (Forderungsinhaberin und -abtretende) ihre Forderung aus der Kapitallebensversicherung Nr. gegen die V Versicherung AG,… an L K (künftige Forderungsinhaberin und Empfängerin der Abtretung) ab. L K nimmt die Abtretung an und verpflichtet sich im Gegenzug an die Abtretende einen Kaufpreis in Höhe von 14.000 EUR zu zahlen. Frau L K erklärt mit Blick auf die Kaufpreiszahlung die Aufrechnung mit dem ihr zustehenden Darlehenszinszahlungsanspruch aus dem am 6. Oktober 2015 gezahlten Darlehen in Höhe von 2.000 EUR.

 

Weitere 4.000 EUR des Kaufpreises sollen in 2 Raten wie folgt ausgezahlt werden: Die erste Rate soll innerhalb der nächsten Tage ausgezahlt werden. Die 2. Rate soll fällig werden, wenn die Abtretende Aussicht hat zum Aufbau ihrer Berufstätigkeit eine Küche einzurichten, nicht jedoch vor Februar 2016.

 

Der darüber hinausgehende Betrag in Höhe von 8.000 EUR soll bei Auszahlung der Lebensversicherung an die Abtretende fällig werden."

 

Die Klägerin hat im o.g. Eilverfahren vorgetragen, insgesamt 4.000,00 € in zwei Raten Ende 2015 und Anfang 2016 aus der geschlossenen Abtretungsvereinbarung erhalten zu haben; die hiernach noch offene Forderung von 8.000,00 € sei bis zur Auszahlung der Lebensversicherung gestundet worden.

 

Die monatlichen Beiträge für die Kapitallebensversicherung leistete - auch nach der Vereinbarung – zunächst die Klägerin. Sie zeigte die Abtretung der Versicherung im vierten Quartal 2016 an, vgl. hierzu die Schreiben der Versicherung vom 28. Dezember 2016 (gerichtet an die Mutter der Klägerin) und 4. Januar 2017 (gerichtet an die Klägerin selbst), nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 eine entsprechende Bestätigung der Versicherung angefordert hatte.

Das SG gab dem Eilantrag mit Beschluss vom 30. Januar 2017 teilweise statt. Die gegen die Teilablehnung gerichtete Beschwerde der Klägerin wies das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 1. März 2017 – L 5 AS 257/17 B ER - zurück.

 

Die Klägerin hat im ausgangsgerichtlichen Verfahren vorgetragen, dass die Ansprüche aus der Lebensversicherung ihrer Mutter abgetreten worden seien. Hintergrund der Abtretung sei gewesen, dass eine Verwertung durch Kündigung einen Verlust des bei weiterer Zahlung zu erfolgenden Wertzuwachses bedeutet habe. Durch die Abtretung an die Mutter habe die Klägerin die Lebensversicherung verwerten können, ohne den ersparten Wertzuwachs zu verlieren. Soweit die Klägerin auch nach der Abtretung die Beiträge für die Kapitallebensversicherung weiter zahle, sei auf die besondere Familiensituation abzustellen. Auch sei der Schutzzweck, bei dem die Abtretungsvereinbarung einem Fremdvergleich gegenübergestellt werde, zu beachten. Dieser sei darin zu sehen, dass Leistungsberechtigte nicht vorhandenes Vermögen vorenthielten, um Leistungen zu erhalten, was bei der Klägerin nicht gegeben sei. Die während des Leistungsbezuges zur Kapitallebensversicherung geleisteten Beiträge seien nicht im Rahmen der Vermögensverwertung zu berücksichtigen, da dies dem Sinn und Zweck des § 20 Abs. 1 S. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB Il) widerspreche. Im Übrigen sei die Verwertung der Kapitallebensversicherung offensichtlich unwirtschaftlich und stelle eine besondere Härte dar.

 

Die Klägerin hat im ausgangsgerichtlichen Verfahren in der Sache zuletzt beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des Beklagten vom 11. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2015 sowie unter Aufhebung des Darlehensbescheids des Beklagten vom 3. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2016 zu verpflichten, der Klägerin von September 2015 bis Februar 2016 Leistungen nach dem SGB Il in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25. September 2017 abgewiesen. Es hat im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt, bei der besagten Kapitallebensversicherung handele es sich um verwertbares Vermögen der Klägerin. Insbesondere fehle es an einer wirksamen Abtretung an ihre Mutter. Die von der Klägerin vorgelegte Abtretungsvereinbarung sei ein nichtiges Scheingeschäft, weil sie einem Fremdvergleich nicht standhalte. Die Abtretung stelle ein derart unwirtschaftliches Geschäft dar, welches mit einem Dritten nicht abgeschlossen worden wäre. Hierfür sprächen mehrere Indizien: Höhe und Fälligkeit der für die Abtretung vereinbarten Gegenleistung seien nicht nachvollziehbar. Nach der Vereinbarung erhalte die Klägerin als Gegenleistung für die Abtretung eine Summe von 14.000 €, wovon 2.000 € mit einem zuvor gezahlten Darlehen aufgerechnet, weitere 4.000 Euro in zwei Raten zu je 2.000 € ausgezahlt würden. Der weitere Betrag von 8.000 € werde mit Auszahlung der Versicherungssumme an die Abtretungsempfängerin fällig. Ein gesondertes Kündigungsrecht sei hierfür mit der Folge nicht vereinbart, dass der ausstehende Betrag von 8.000 € im Zweifel erst bei Vertragsende am 1. März 2021 fällig werde. Auch wenn aus der so geschlossenen Vereinbarung bislang 6.000 € von der Mutter der Klägerin an die Klägerin gezahlt worden seien, seien 50 % der Gegenleistung für die Abtretung noch nicht ausgezahlt. Auch der Fälligkeitszeitpunkt für die verbleibende Gegenleistung, der über 15 Jahre nach dem Zeitpunkt der geschlossenen Vereinbarung liege, ohne dass Sicherheiten bestellt worden seien, lasse erhebliche Zweifel aufkommen, ob die Vereinbarung einem Fremdvergleich standhalt. Hinzu komme, dass die Mutter der Klägerin zum Zeitpunkt der Fälligkeit im März 2021 bereits 88 Jahre alt sei. Auch wenn gerichtsbekannt sei, dass die Lebenserwartung kontinuierlich seit Jahrzehnten zunehme und insbesondere bei Frauen höher als bei Männern liege, dürfte sich ein fremder Dritter nicht auf ein entsprechend ungewisses Ereignis der vollständigen Leistung seiner Forderung einlassen. Stelle man schließlich den garantierten Auszahlungsanspruch, den die Mutter der Klägerin im März 2021 gegen die E Versicherung in Höhe von 21.223 € zzgl. Überschussanteile habe, der in der Abtretungsvereinbarung versprochenen Gegenleistung von 14.000 € gegenüber, folge daraus ein Gewinn der Mutter aus diesem Geschäft in Höhe von über 7.000 €. Denn die Mutter der Klägerin leiste nicht die monatlich fälligen Beiträge zur Kapitallebensversicherung, da es ihr nach Angaben der Klägerin finanziell sehr schlecht gehe. Dies vorangestellt stelle die Abtretung der Kapitallebensversicherung auch vor dem Hintergrund der vorgetragenen Hilfebedürftigkeit der Klägerin ein derart unwirtschaftliches Geschäft dar, dass es mit einem Dritten nicht abgeschlossen worden wäre. Denn ein Dritter hätte sich bereits nicht hinsichtlich einer verbleibenden Forderung von 50 % auf einen derart späten Fälligkeitszeitpunkt eingelassen, ohne sich hierfür Sicherheiten bestellen zu lassen. Dies gelte umso mehr, als die Mutter der Klägerin nicht die finanziellen Möglichkeiten gehabt habe, die Gegenleistung sofort zu erbringen. Zumindest wäre es im Rechtsverkehr üblich gewesen, eine Ratenzahlung - auch vor dem Hintergrund des Lebensalters der Mutter - zu vereinbaren. Hinzu komme, dass die Klägerin die laufenden Beiträge zur Kapitallebensversicherung leiste, ohne eine Gegenleistung ihrer Mutter hierfür zu erhalten. Schließlich spreche für ein reines Scheingeschäft auch der Zeitpunkt der „Abtretungsvereinbarung", die kurz nach dem Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2015 geschlossen worden sei. Auch der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass nur durch das familiäre Geschäft der noch zu ersparende Wertzuwachs der Lebensversicherung erhalten werden könne, verfange nicht, da die Klägerin von diesem Wertzuwachs - die Wirksamkeit der Abtretung unterstellt - nicht profitiere. Im Gegenteil erleide sie nur Nachteile, da sie selbst die Ansparung vornehme, jedoch keine Vorteile aus der Kapitallebensversicherung ziehe. Eine Nichtberücksichtigung als Vermögen gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II scheide aus, weil die Klägerin nicht von der Rentenversicherungspflicht befreit sei. Die Verwertung der Versicherung sei auch nicht gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II offensichtlich unwirtschaftlich, weil hier nur eine Verslustquote von rund 3 % vorliege. Die Verwertung stelle für die Klägerin auch keine besondere Härte dar. Weder gehe es vorliegend um eine nur vorübergehende Gewährung von Fürsorgeleistungen noch lägen besondere Gründe vor, welche die Schutzwürdigkeit des mit der Versicherung verbundenen Versorgungsgedankens als vorrangig erscheinen ließen. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass die Versicherung zur Altersversorgung bestimmt sei. Zudem werde die Versicherung deutlich vor dem zu erwartenden Renteneintritt der Klägerin fällig. Auch scheide mangels Verwertungsausschlusses eine Vermögensabsetzung nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II aus. Dass die Klägerin einen Teil des in der Versicherung liegenden Vermögens aus ihrem Regelbedarf angespart habe, stehe der Verwertung im Ganzen nicht entgegen. Eine Differenzierung nach Herkunft von Einkommen und Vermögen sei nach der Systematik des SGB II fremd.

 

Die Klägerin hat gegen das ihr am 26. Oktober 2017 zugestellt Urteil am 24. November 2017 Berufung eingelegt. Sie vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Das SG habe unzutreffend die Grundsätze zur Anwendung eines Fremdvergleichs herangezogen. Sie habe zunächst die Raten weiter gezahlt und zwar als Ausdruck ihrer Dankbarkeit gegenüber ihrer Mutter, die selbst auch dazu in der Lage gewesen wäre, die Raten zu zahlen. Die Klägerin habe aber nunmehr die Zahlung eingestellt, um dadurch nochmals die Ernsthaftigkeit der Forderungsabtretung zu unterstreichen. Der aus § 11a Abs. 1 Nr. 1 SGB II folgende Rechtsgedanke stehe einer Berücksichtigung des aus dem Regelbedarf angesparten Vermögens entgegen. Sie ist zudem der Auffassung, dass mit der Anzeige der Abtretung beim Versicherer die zwischen der Klägerin und ihrer Mutter bis dahin schwebend unwirksame Abtretung wirksam geworden sei und auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Abtretungsvereinbarung zurückwirke. Der Forderungsübergang gelte dann „als zum Zeitpunkt der Abtretungsvereinbarung (22.11.2017) als bewirkt“ und die Lebensversicherung könne ab diesem Zeitpunkt nicht mehr dem Vermögen der Klägerin zugeordnet werden.

 

 

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

 

den Bescheid des Beklagten vom 11. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2016 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihr von September 2015 bis Februar 2016 Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

 

Der Beklagte beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2021 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats ohne (weitere) mündliche Verhandlung erklärt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

 

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

 

Gegenstand vorliegenden Verfahrens ist allein schon nach den erstinstanzlich gestellten Anträgen, die das SG seiner angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt hat, die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von September 2015 bis Februar 2016. Die hierfür maßgeblichen Bescheide sind derjenige vom 11. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2015 und (in Umsetzung einer zwischenzeitlich ergangenen einstweiligen Anordnung des SG) der Bescheid vom 3. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2016, indem der Beklagte hiermit Leistungen im Darlehenswege gewährte und damit zugleich wiederum eine zuschussweise Gewährung ablehnte.

 

Die Klägerin hat im verfahrensgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB Il. Ein Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 7, 19 SGB Il. Denn Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist - neben weiteren Voraussetzungen (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB Il) – die bei der Klägerin nicht vorliegende Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 und 4 SGB Il). Nach § 9 Abs. 1 SGB Il ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern könne und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungsträgern, erhält. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände - nach Abzug eines Vermögensfreibetrages im Sinne des § 12 Abs. 2 SGB Il - zu berücksichtigen, vgl. § 12 Abs. 1 SGB Il in der hier maßgeblichen Fassung vom 13. Mai 2011.

Die Klägerin verfügte im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum über Vermögen im vorgenannten Sinne. Sie hatte einen seit 1991 laufenden Lebensversicherungsvertrag bei der ERGO Versicherung. Der für die Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Vermögens nach § 12 Abs. 4 S. 1 SGB II maßgebliche Verkehrswert stellt sich durch den Rückkaufswert der Lebensversicherung dar (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 11. Dezember 2012 – B 4 AS 29/12 R -, zitiert nach juris Rn. 13), der hier zum 1. Oktober 2015 13.807,00 € betrug und damit den Vermögensfreibetrag der am Anfang des verfahrensgegenständlichen Zeitraums 52 Jahre alten Klägerin in Höhe von 8.550,00 € (150 € je Lebensjahr gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB Il nebst Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB Il in Höhe von 750,00 €) um 5.257,00 überstieg.

 

Das Vermögen war damals gemäß § 12 Abs. 1 SGB II verwertbar. Dies ist in Anlehnung  an die in § 6 Abs. 2 S. 1 der Arbeitslosenhilfeverordnung von 1974 enthaltene Aussage der Fall, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können (vgl. BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 – B 14/7b AS 46/06 R –, zitiert nach juris Rn. 11). Hiervon ausgehend stand der Klägerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit offen, die Lebensversicherung zu kündigen und den aktuellen Rückkaufswert zu realisieren. Eine Kündigung war nach § 5 S. 1 i.V.m. § 6 Nr. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung im Falle der von der Klägerin vereinbarten Ratenzahlung mit einer Frist von einem Monat zum Schluss eines jeden Ratenzahlungsabschnitts, mithin bei der hier vereinbarten monatlichen Zahlungsweise mit einer Monatsfrist zum Ende eines jeden Monats und somit innerhalb des Regelbewilligungszeitraums von (damals, vgl. § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II in der Fassung vom 13. Mai 2011) sechs Monaten möglich (vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 10/13 R – zitiert nach juris Rn. 32).

 

Dem stand die zwischen der Klägerin und ihrer Mutter geschlossene „Abtretungsvereinbarung" nicht entgegen. Es spricht schon Einiges dafür, dass diese ein Scheingeschäft nach § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist, was zur Nichtigkeit der Abtretung führt. Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob eine wirksame Abtretung erfolgt ist können einzelne Kriterien des so genannten Fremdvergleichs herangezogen werden (vgl. zur Prüfung eines wirksamen Darlehensvertrags BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, zitiert nach juris Rn. 21). Entsprechend der Grundsätze, die für die Gewährung eines Familiendarlehens entwickelt wurden, sind an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Geschäfts unter Verwandten strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BSG, ebd.). Hieran gemessen hält die zwischen der Klägerin und ihrer Mutter geschlossene „Abtretungsvereinbarung" einem Fremdvergleich wohl in der Tat nicht stand. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hier zunächst abgesehen und auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil verwiesen.

 

Für den Senat entscheidend ist indessen, dass die Abtretungsvereinbarung allein schon deshalb im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unwirksam war, weil es an einer Anzeige gegenüber der Versicherung fehlte. Selbst wenn zwischen der Klägerin und ihrer Mutter ernsthaft eine Abtretung der Forderungen aus dem Versicherungsvertrag vereinbart wurde, war diese Abtretung wegen ihrer Nichtanzeige gegenüber dem Versicherungsunternehmen unwirksam. Nach § 15 Abs. 4 der Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung, die Vertragsbestandteil gewesen sind, ist eine Abtretung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag gegenüber dem Versicherungsunternehmen erst dann wirksam, wenn sie von dem bisherigen Berechtigten schriftlich angezeigt wurde. Diese Klausel in den Versicherungsbedingungen stellt einen eingeschränkten Abtretungsausschluss i.S.d. § 399 2. Alt. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar. Eine abredewidrig nicht angezeigte Abtretung ist absolut unwirksam (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2011 – L 13 AS 3083/10 -, zitiert nach juris Rn. 21; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. Januar 2012 – L 19 AS 17/11 –, zitiert nach juris Rn. 35 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs <BGH>, vgl. etwa Urteil vom 10. März 2010 - IV ZR 207/08 -, zitiert nach juris Rn. 13). Die Verfügungsbefugnis muss grundsätzlich in dem Augenblick vorhanden sein, in dem die Verfügung wirksam werden soll. Auf den Zeitpunkt der Verfügungserklärung kommt es hingegen nicht an (vgl. BGH, a.a.O., zitiert nach juris Rn. 14).

 

Hieran gemessen wurde die vorgelegte Abtretungsvereinbarung frühestens mit der Anzeige gegenüber der Versicherung zum Jahreswechsel 2016/2017 und damit deutlich nach Ablauf des verfahrensgegenständlichen Zeitraum wirksam. Eine Rückwirkung ist entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin allein schon nach dem unmissverständlichen Wortlaut der Versicherungsbedingungen („erst“) bzw. nach den vorstehenden Maßstäben ausgeschlossen.

 

Eine Vermögensschonung im Sinne des § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB Il kommt nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind vom Vermögen geldwerte Ansprüche abzusetzen, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann. Ein Verwertungsausschluss ist nach Angaben der ERGO Versicherung jedoch weder möglich noch wurde ein solcher mit der Klägerin vereinbart.

 

Der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB Il greift – wie bereits das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat - nicht zu Gunsten der Klägerin ein. Nach dieser Vorschrift sind vom Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichneten Vermögensgegenstände in angemessenen Umfang nicht als Vermögen zu berücksichtigen, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Für eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.

 

Der Verwertung der Kapitallebensversicherung steht auch nicht § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB Il entgegen, wonach als Vermögen nicht Sachen und Rechte zu berücksichtigen sind, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist (1. Alt.) oder für den Betroffenen eine besondere Härte (2. Alt.) darstellt. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung im Sinne der ersten Alternative liegt vor, wenn der im Zeitpunkt der Antragstellung zu erzielende Verkehrswert (vgl. § 12 Abs. 4 S. 1 und 2 SGB II) in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert (Substanzwert) liegt (vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 100/11 R – zitiert nach juris  Rn. 23). Soweit der Verkehrswert hinter dem Substanzwert zurückbleibt, entsteht ein Verlust, dessen Höhe darüber entscheidet, ob die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist. Bei Versicherungen besteht der Verkehrswert nicht aus der Versicherungssumme, die bei Vertragsende gezahlt wird, sondern im Rückkaufswert zuzüglich der Überschussbeteiligung - hier Gesamtwert genannt (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 29/12 R -, zitiert nach juris Rn. 13). Der Substanzwert („wirklicher Wert“) richtet sich nach der Art des Vermögensgegenstandes (BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 - B 14 AS 100/11 R -, zitiert nach juris Rn. 23). Bei der Kapitallebensversicherung ergibt sich der Substanzwert grundsätzlich aus den eingezahlten Beiträgen (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 29/12 R -, zitiert nach juris Rn. 29).

 

Dies vorangestellt besteht keine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit. Zwar liegt der – nach den Vertragsunterlagen nur ohne Überschussanteile realisierbare - Rückkaufswert der Lebensversicherung unter der Summe der eingezahlten Beiträge, was sich aus den Angaben der ERGO Versicherung laut ihrer Mitteilung vom 11. August 2015 ergibt. Die vorliegende Verlustquote von etwa 3,12 % (14.252,70 € an bis zum 1. September 2015 eingezahlten Beiträgen gegenüber einem Rückkaufwert von 13.807,00 € zum 1. Oktober 2015) führt jedoch bei Weitem nicht zu einer Unwirtschaftlichkeit. Eine solche wird nach Auffassung der Rechtsprechung - ohne, dass sich ein genauer Wert verfestigt hat – jedenfalls bei einer Verlustquote von bis zu 12,9 % nicht angenommen (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 66/06 R - , zitiert nach juris Rn. 23).

 

Die Verwertung stellt keine besondere Härte i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 2. Alt. SGB II für die Klägerin dar. Die Härteregelung stellt einen Auffangtatbestand dar, der atypische Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs. 3 S. 1 SGB II und die Absetzbeträge des § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls erforderlich, die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 2017 – B 4 AS 19/16 R –, zitiert nach juris Rn. 29). Da nur außergewöhnliche Umstände maßgebend sind, die nicht schon durch die ausdrücklichen gesetzlichen Freistellungen über das Schonvermögen und die Absetzbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden, setzt die Härteregelung solche Gegebenheiten voraus, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen, als eine einfache Härte und die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 99/11 R –, zitiert nach juris Rn. 28). Umstände, die zu einer besonderen Härte führen können, finden ihre Begründung regelmäßig in der besonderen (atypischen) Lebenssituation des Leistungsberechtigten. Hingegen kann aus der Herkunft des Vermögens regelmäßig nicht auf dessen Schonung geschlossen werden. Auch ein während des Bezugs von Sozialleistungen angespartes Vermögen ist einzusetzen. Denn der Leistungsberechtigte ist in der Art und Weise der Verwendung der ihm erbrachten Sozialleistung frei. Eine andere Entscheidung kann geboten sein, wenn die Herkunft des Vermögens so prägend ist, dass dessen Verwertung eine besondere Härte darstellt. So ist etwa anerkannt, dass die Berücksichtigung eines aus einer Schmerzensgeldzahlung (vgl. § 253 Abs. 2 BGB) stammenden Vermögens für den Betroffenen eine besondere Härte i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 2. Alt. SGB II darstellt, weil die Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion dieses Vermögensgegenstands zu berücksichtigen ist. Demgegenüber ist die Berücksichtigung eines während des SGB II-Leistungsbezugs gebildeten Vermögens für den Betroffenen keine besondere Härte in diesem Sinne. Der gesetzgeberische Grund für die Privilegierung von SGB II-Leistungen nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II führen nicht zu einer Schonung der Lebensversicherung. Durch die Nichtberücksichtigung von „Leistungen nach diesem Buch“ will § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II allein Zirkelschlüsse vermeiden, weil die Berücksichtigung von SGB II-Leistungen bei der Ermittlung von Ansprüchen nach dem SGB II keinen Sinn ergeben würde. Ein weitergehender Zweck kommt der Regelung nicht zu. Anders als im Falle von Schmerzensgeldzahlungen kann ein aus SGB II-Leistungen stammendes Vermögen im Falle seiner Verwertung auch (noch) den Zweck erfüllen, dem die monatlich gezahlten Grundsicherungsleistungen zu dienen bestimmt sind, nämlich das verfassungsrechtlich geschützte Existenzminimum des Klägers zu sichern (§ 1 Abs. 1 SGB II). Dieses Ergebnis entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Denn die Freibeträge des § 12 SGB II korrespondieren mit der gesetzgeberischen Konzeption des Regelbedarfs als pauschalierter Leistung (§ 20 SGB II). Dem Leistungsberechtigten soll es ermöglicht werden, aus dem Regelbedarf Rücklagen für größere Anschaffungen zu bilden (vgl. BT-Drucks. 15/1516, S. 53). Will der Gesetzgeber aber Ansparungen der Leistungsberechtigten von Freibeträgen erfasst sehen, ist dem Regelungskonzept des § 12 SGB II nicht zu entnehmen, dass das aus SGB II-Leistungen angespartes Vermögen in unbegrenzter Höhe von der Anrechnung freigestellt sein soll. Auch wird nur ein solches Verständnis dem Interesse der Allgemeinheit gerecht, Vermögensaufbau, der die Freibetragsgrenzen übersteigt, aus Mitteln der Existenzsicherung zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 2017 – B 4 AS 19/16 R –, zitiert nach juris Rn. 30-33).

 

Dies zugrunde gelegt kann allein dem Umstand, dass die Klägerin die Lebensversicherung aus der Regelleistung ansparte, von vornherein keine besondere Härte abgeleitet werden. In diesem Zusammenhang wird ergänzend auf die Gründe des zwischen den Beteiligten ergangenen Beschlusses des LSG vom 1. März 2017 – L 5 AS 257/17 B ER – und des im vorliegenden Verfahren ergangenen, die Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahrens ablehnenden Beschlusses vom 19. Juni 2018 verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

 

Soweit ferner der Verbrauch von der Altersvorsorge dienendem Vermögen vor dem Eintritt in den Ruhestand zugleich als ein Härtefall anzusehen ist und eben dann, wenn die anderen Schutzmechanismen für dieses Vermögen nicht mehr greifen, es über den „besonderen Härtefall“ trotzdem noch vor der Verwertung geschützt werden können soll (vgl. BT-Drucks. 15/1749, S. 32, wonach ein derartiger Härtefall z.B. vorliegen kann, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsste, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist), führt dies im Fall der Klägerin ebenfalls nicht zur Annahme einer besonderen Härte. Es ist – eben hierauf hat bereits das SG im angefochtenen Urteil zutreffend hingewiesen – weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die von der Klägerin im Jahr 1991 abgeschlossene Lebensversicherung tatsächlich zur Altersvorsorge bestimmt ist. Eine entsprechende Zweckbestimmung zur Altersvorsorge im Rahmen des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 2. Alt. SGB II ist etwa dann zweifelhaft, wenn eine Rentenversicherung bereits erheblich früher als zur üblichen Altersgrenze fällig gestellt ist. Insofern liegt es nahe, im Rahmen des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alt. SGB II, auf das 60. Lebensjahr als frühesten Fälligkeitszeitpunkt einer Lebensversicherung abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 07. Mai 2009 – B 14 AS 35/08 R –, zitiert nach juris Rn. 25). Demgegenüber sollte die Versicherung bereits im März 2021, d.h. vor Vollendung des 58. Lebensjahres, fällig werden. Ausgehend von einem regelmäßigen Renteneintrittsalter von 67 Jahren und einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente frühestens nach Vollendung des 63. Lebensjahrs (vgl. § 36  Sechstes Buch Sozialgesetzbuch <SGB VI>) stand die Klägerin weder im verfahrensgegenständlichen Zeitraum noch zum Zeitpunkt des Vertragsendes der vertraglich vereinbarten Auszahlung kurz vor dem Renteneintrittsalter.

 

Soweit auch der Umstand einer nur absehbar kurzen Leistungsdauer die Annahme einer besonderen Härte der Verwertung einer Lebens- oder Rentenversicherung durch ihre Auflösung gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 2. Alt. SGB II rechtfertigen kann (vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R –, zitiert nach juris Rn. 46), verfängt dies im vorliegenden Fall nicht. Der Klägerin wurden nicht absehbar nur vorübergehend Fürsorgeleistungen gewährt. Vielmehr hatte sie bereits seit geraumer Zeit - mit vorübergehenden Unterbrechungen - im Leistungsbezug gestanden.

 

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

 

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.

Rechtskraft
Aus
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