Zur Verfassungskonformität der zum 1. Juli 2012 erfolgten Reform der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung in der Fassung der von der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen am 13. Dezember 2014, 14. März und 30. Mai 2015 beschlossenen und von dem aufsichtsführenden Sozialministerium des Landes Hessen am 18. Juni 2015 genehmigten Satzungsänderung (Anschluss an Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 53/17 –).
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. November 2014 abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit sie sich nicht durch das angenommene Teilanerkenntnis und den Bescheid vom 5. Februar 2016 in der Hauptsache erledigt hat.
Die Klage gegen den Bescheid vom 5. Februar 2016 wird abgewiesen.
Von den Kosten der Berufung haben der Kläger 2/5, die Beklagte 3/5 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs auf Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung (EHV) der Beklagten für den Zeitraum 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 und hierbei um die fehlende Einbeziehung des Honorars aus Selektivverträgen im Aufsatzjahr 2010. Nach einer Satzungsänderung und zwei Teilabhilfebescheiden steht nunmehr insbesondere noch die Einbeziehung von Einnahmen aus Selektivverträgen zur Berechnung der Höhe des Anspruchs im Streit.
Der 1939 geborene Kläger war zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in Hessen zugelassen. Als solcher unterlag er den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung (GEHV) der Beklagten. Auf seine Zulassung verzichtete er zum 31. Oktober 2002. Nach Beendigung seiner Zulassung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 25. August 2003 den Anspruch des Klägers an der Erweiterten Honorarverteilung ab 1. November 2002 auf 14,7082 % fest. Dies entsprach einem vierteljährlichen EHV-Honorar von seinerzeit ca. 5.640,00 €. Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 7. April 2008 mit, es sei korrekt, dass aufgrund der Satzungsregelung zum 1. Juli 2006 der Anspruchssatz gem. dem Bescheid vom 26. Juni 2007 von 14,7082 % auf 15,5710 % geändert worden sei.
Die Beklagte wandelte mit Bescheid vom 29. Juni 2012 aufgrund der Neuregelung der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung den Anspruchssatz von 15,5710 % mit dem Umrechnungsfaktor 666,666 in einen EHV-Anspruch in Höhe von 10.381 Punkten zum 1. Juli 2012 um. Bei einem Auszahlungspunktwert in Höhe von 0,1867 Euro errechnete sie hieraus einen monatlichen Anspruch von 1.938,13 Euro, gültig für ein Jahr und vor Abzug von Verwaltungskosten und möglicher Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.
Hiergegen legte der Kläger am 9. Juli 2012 Widerspruch ein. Die Umrechnung des EHV-Anspruchs beruhe auf dem Leistungsniveau im Jahr 2010. Entgegen der gesetzlichen Vorgabe seien die Honorare aus Selektivverträgen nicht berücksichtigt worden. Der Nachhaltigkeitsfaktor sei rechtswidrig. Ab dem Jahr 2006 müssten Neuberechnungen erfolgen, weshalb es auch einer Neuberechnung des Punktwerts bedürfe. Die Verwaltungskostenumlage sei in der Höhe unzulässig. Sie stehe in keinem Verhältnis zu den Verwaltungskosten, die die Abrechnung der aktiven Vertragsärzte verursachten. Es dürfe allenfalls eine verringerte Verwaltungskostenumlage zum Abzug gebracht werden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Ihre Vertreterversammlung habe in ihren Sitzungen am 10. März 2012 und 12. Mai 2012 die Neufassung der GEHV beschlossen, die am 1. Juli 2012 in Kraft getreten sei. Eine Reform der EHV sei angesichts einer wachsenden Anzahl von EHV-Empfängern und einer gleichzeitig abnehmenden Anzahl von Einzahlern erforderlich geworden. Mit der Übergangsregelung nach § 10 GEHV sei der Anspruchssatz in Prozenten in eine Punktzahl umzurechnen. Die maximal erreichbare Punktzahl betrage nach der bisher gültigen Normalstaffel 12.000 Punkte, der maximale EHV-Anspruch entspreche 18 %. Ein Prozentpunkt entspreche damit 12.000: 18 = 666,666 Punkte. Darin geregelt werde auch, dass erstmalig ein Punktwert festzulegen sei. Ausgangswert hierfür sei der Jahresbetrag des Durchschnittshonorars 2010 nach den bis zum 30. Juni 2012 gültigen Grundsätzen der EHV. Der Wert eines Punktes werde auf der Basis der bisher gültigen Normalstaffel ermittelt. In § 10 Abs. 4 sei festgelegt, dass die EHV-Empfänger zum 1. Juli 2012 einen Anpassungsbescheid erhielten. Das Hessische LSG halte den „Nachhaltigkeitsfaktor“ zwar für rechtswidrig, das Verfahren sei jedoch noch nicht abgeschlossen. Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 14. Dezember 2009 sei in dem neugefassten § 8 die Grundlage für die Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen außerhalb der Gesamtvergütung in die EHV geschaffen worden. Dieser Gesetzesänderung sei sie durch Aufnahme des § 11 „Ergänzende Bestimmungen zur Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen außerhalb der Gesamtvergütung“ in die GEHV nachgekommen. Darin werde eine Mitteilungspflicht für Sonderverträge ab dem Quartal III/11 eingeführt. Die Änderungen hätten der Behandlung in der Vertreterversammlung bedurft, die am 20. Februar, 29. Mai und 28. August 2010 stattgefunden hätten. Sodann hätte noch die Genehmigung des Ministers abgewartet werden müssen, die mit Schreiben vom 10. Juni 2011 erfolgt sei. Eine Veröffentlichung in „EHV Aktuell“ sei in der Ausgabe vom 6. Juli 2011 erfolgt. In der Neufassung werde die Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen in § 3 GEHV fortgeführt. Hinsichtlich der Verwaltungskostenumlage verweise sie auf das rechtskräftige Urteil des SG Marburg vom 21. Dezember 2011 - S 12 KA 172/11 -. Das SG halte die Erhebung von Verwaltungskosten für rechtmäßig.
Hiergegen hat der Kläger am 19. Februar 2013 Klage erhoben.
Er hat erstinstanzlich vorgetragen, der Nachhaltigkeitsfaktor sei unverhältnismäßig. Dies gelte auch für den entsprechend abgesenkten Punktwert als Grundlage der Berechnung gem. der Übergangsregelung nach § 10 GEHV. Unberücksichtigt seien Sondervergütungen bei der Berechnung seiner EHV-Ansprüche und bei der Berechnung der EHV-Ansprüche nach § 10 GEHV geblieben. Sog. Bestandsrentner, also Personen, die EHV-Leistungen schon vor dem 1. Juli 2012 bezogen hätten, würden niemals eine Versorgung erhalten, die sich auch nach den Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen außerhalb der Gesamtvergütung richte. Dies verstoße gegen das Gesetz über die Kassenärztliche Vereinigung. Anders als seit Jahren seitens der Beklagten vorgetragen, sei ein Problem der Demographie nicht aufgetreten, jedenfalls nicht in dem Umfang wie vermutet. Die Zahl der Vertragsärzte habe zugenommen. Die Gesamtvergütung habe ebenfalls zugenommen, sodass die aktiven Vertragsärzte in den letzten Jahren - unbeschadet der Umlage für die EHV - höhere Honorareinnahmen hätten verbuchen können. Die Belastung der aktiven Vertragsärzte mit Beiträgen bzw. Umlagen zu Gunsten der EHV-Leistungen bewegten sich ab 1. Juli 2012 zwischen 5% und 6 %. Die Beklagte habe daraus auch schon Rücklagen gebildet für den Fall, dass sie an klagende EHV-Bezieher Nachzahlungen leisten müsse -- auch dies ohne finanzielle Nachteile für die aktiven Vertragsärzte. Die Honorare aus den Selektivverträgen müssten ab dem Quartal IV/11 dem Durchschnittshonorar hinzugerechnet werden, welches für die Berechnung der EHV-Leistungen herangezogen werde. Wer die Verzögerung zu verantworten habe, sei unerheblich. Maßgeblich sei das Gesetz, welches ab 1. Januar 2010 umzusetzen gewesen sei. Nach der Entscheidung des BSG vom 19. Februar 2014 müsse die Beklagte nun prüfen, welche Regelung an die Stelle der beanstandeten Grundsätze der EHV trete. Eine Korrektur habe zur Folge, dass der Startpunktwert abzuändern sei. Weiterhin wandte er sich gegen die Höhe der Verwaltungskostenumlage.
Die Beklagte hat gegenüber dem Sozialgericht auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Weiter hat sie vorgetragen, im Verfahren vor dem Bundessozialgericht werde die Frage der Rechtmäßigkeit des Nachhaltigkeitsfaktors generell geprüft. Soweit das Sozialgericht seinerzeit eine Absicherung gegen eine mögliche zunehmende Entwertung der Anwartschaften gerügt habe, habe die Vertreterversammlung in ihren Sitzungen am 27. August und 29. Oktober 2011 eine Satzungsänderung u.a. zu § 8 Abs. 1 GEHV beschlossen. Die Beklagte verteidigte ihren Rechtsstandpunkt zum Nachhaltigkeitsfaktor. Der Verpflichtung zur Einbeziehung der Honorare aus Sonderverträgen sei sie nachgekommen. Dem § 8 KVHG könne nicht der gesetzgeberische Wille entnommen werden, dass sich die Honorare aus Sonderverträgen steigernd auf die EHV-Ansprüche auswirken sollten. Klarstellend merke sie an, dass die Honorare aus Sonderverträgen nicht zur Beitragssenkung bei aktiven Ärzten verwandt worden seien. Auch nach der Neuregelung habe sich der Verwaltungskreislauf und -aufwand nicht verringert. Den konkreten Einfluss der Entscheidung des Bundessozialgerichts auf die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Anpassungspunktwertes könne sie erst nach Erhalt der schriftlichen Urteilsgründe beurteilen. Sie habe zwischenzeitlich einen Beirat für die EHV eingerichtet.
Die Vertreterversammlung der Beklagten beschloss am 30. Mai 2015 eine Neufassung der § 8 Abs. 1, § 10 GEHV und schaffte den Nachhaltigkeitsfaktor ab. Die Neufassung wurde mit Schreiben des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration vom 18. Juni 2015 genehmigt (zum Normtext Bl. 311 ff. d.A.).
Unter dem Datum vom 5. Februar 2016 erließ die Beklagte einen Umsetzungsbescheid auf der Grundlage der neuen Satzung, der zu einer Nachvergütung i.H.v. 4.156,02 € für den Zeitraum 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 führte (Bl. 337 ff. d.A.).
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 5. November 2014 die Beklagte unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 29. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2013 verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Klage sei zulässig. Streitgegenstand seien auch die Kontoauszüge vom 22. Mai 2013 (Bl. 236 d.A.) und 12. März 2014, soweit darin die Verwaltungskosten für den strittigen Zeitraum festgesetzt worden seien. Diese ändern den angefochtenen Ausgangsbescheid als Dauerverwaltungsakt insoweit ab, als sie monatsweise den Zahlbetrag durch die festgesetzten Verwaltungskosten verringerten. Die Kontoauszüge, die nach Klageerhebung ergangen seien, würden dadurch Gegenstand des Klageverfahrens (§ 96 Abs. 1 SGG).
Die Klage sei auch weitgehend begründet. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Er sei daher abzuändern gewesen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Neubescheidung über seinen EHV-Anspruch ab dem 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Abänderungsbescheide durch die Kontoauszüge vom 22. Mai 2013 und 12. März 2014, soweit darin die Verwaltungskosten für den strittigen Zeitraum festgesetzt worden seien, seien rechtmäßig. Sie seien daher nicht abzuändern gewesen. Die Klage sei daher im Übrigen abzuweisen gewesen.
Die strittige Festsetzung im angefochtenen Bescheid sei rechtswidrig, soweit die Beklagte bei der Festsetzung des maßgeblichen Punktwerts ein durch den sog. Nachhaltigkeitsfaktor verringertes Jahresdurchschnittshonorar 2010 zugrunde gelegt habe (wird weiter ausgeführt).
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Teilnahme an der EHV in dem streitbefangenen Zeitraum seien die GEHV in der durch Beschluss der Vertreterversammlung der Beklagten in den Sitzungen vom 10. März 2012 und 12. Mai 2012 mit Wirkung zum 1. Juli 2012 verabschiedeten und von dem aufsichtführenden Sozialministerium des Landes Hessen mit Schreiben vom 25. Mai 2012 genehmigten Fassung, veröffentlicht in info.doc Nr. 3, Juni 2012, sowie als EHV-Aktuell Rundschreiben vom Juni 2012. Nach der Neufassung der GEHV würden die über die Beitragszeit erworbenen Punkte mit einem festen Punktwert in Euro multipliziert. Aus der Multiplikation ergebe sich die Höhe des monatlichen EHV-Bezugs. Es würden maximal 14.000 Punkte berücksichtigt. Der Punktwert werde erstmalig für den 1. Juli 2012 nach § 10 Abs. 1 und 2 festgesetzt (§ 4 Abs. 2 GEHV). Der Punktwert werde mit vier Dezimalstellen festgelegt. Soweit sich rechnerisch mehr Dezimalstellen ergeben, erfolge eine kaufmännische Rundung (§ 4 Abs. 3 GEHV). Der Anspruch werde jährlich zum 1. Juli neu festgestellt und gelte unverändert für ein Jahr (§ 4 Abs. 5 GEHV). Für den erstmalig zum 1. Juli 2012 festgelegten Punktwert sei der Ausgangswert der Jahresbetrag des Durchschnittshonorars 2010 nach den bis zum 30. Juni 2012 gültigen Grundsätzen der EHV maßgebend. Der Wert eines Punktes werde auf der Basis der bisher gültigen Normalstaffel ermittelt. Die maximal erreichbare Punktzahl betrage nach der bisher gültigen Normalstaffel 12.000 Punkte, der maximale EHV-Anspruch entspreche 18%. Ein Prozentpunkt entspreche damit 12.000 : 18 = 666,666 Punkten. Der Wert eines Punktes ergebe sich aus folgender Formel: Ein Prozent des Jahresdurchschnittshonorars 2010: (12.000 [maximale Punkte nach der bisherigen Fassung]: 18 [Anspruchshöchstsatz]) x 12 [Monate] = Punktwert 2012/2013 (§ 10 GEHV).
Nach der Einlassung der Beklagten im Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 sei davon auszugehen, dass diese veröffentlichte Formel der verabschiedeten Formel entspreche. Offensichtlich handele es sich aber um ein Redaktionsversehen, was vor einer Neubescheidung der Beklagten durch Beschluss der Vertreterversammlung durch Änderung der Formel klarzustellen sei. Die Kammer gehe von einem Redaktionsversehen aus, da nach der verabschiedeten Formel der Punktwert, der sich auf einen monatlich zu bestimmenden Anspruch bezieht, nicht durch den Monatsfaktor 12 dividiert, sondern mit diesem Faktor multipliziert werde. Hierdurch ergibt sich das 144-fache des offensichtlich gewollten Werts eines Punkts. Soweit die Beklagte im Rahmen der Neubescheidung an dieser Formel festhalte, sei die runde Klammer nach „[Anspruchshöchstsatz]" hinter „12 [Monate]“ zu setzen oder sei - worauf die Beklagte hinweist - das Multiplikationszeichen „x“ vor „12 [Monate]“ durch das Divisionszeichen zu ersetzen. Soweit der Vortrag des Klägers im parallel verhandelten Verfahren zum Az. S 12 KA 84/13 in der mündlichen Verhandlung zutreffen sollte, er habe bereits in der Vergangenheit auf die Fehlerhaftigkeit der Formel bei der Beklagten hingewiesen, habe sich damit aber mit dem Hinweis, die Formel habe ihre Richtigkeit, kein Gehör verschaffen können, sei für die Kammer nicht verständlich, weshalb die Beklagte die Klarstellung nicht bereits in der Vergangenheit vorgenommen habe. Nach der so verstandenen Vorgabe werde der sich im Jahr 2010 ergebende Punktwert auf der Grundlage einer 12.000 Punkte umfassenden Normalstaffel nach den zuvor geltenden GEHV ermittelt und würden die bisherigen EHV-Bezüge bzw. Anwartschaften auf dieser Grundlage umgerechnet. Aufgrund der nunmehr maximal erreichbaren Punktzahl von 14.000 Punkten, was auf der Grundlage der Beitragsklasse 4 erst in 35 Jahren erreicht werden könne, gegenüber vormals 12.000 Punkten, was aber zuvor nach 30 Jahren auf der Grundlage des Durchschnittshonorars möglich gewesen sei, könne zukünftig aufgrund der höheren Beitragsklassen ein um 16,7 % höhere Anwartschaft erreicht werden. Als sog. Bestands-EHV-Bezieher betreffe den Kläger aber dieser Teil der Neuregelung nicht. Das Durchschnittshonorar 2010 sei nach § 3 Abs. 1 Buchstabe a GEHV a. F. zu bestimmen. Danach werde für jedes Quartal nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 5 das Prozentverhältnis der anerkannten Honorarforderung aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen des einzelnen Vertragsarztes zur Durchschnittshonorarforderung aller Vertragsärzte im Bereich der KV Hessen im gleichen Quartal festgestellt. Dabei seien auch von Versicherten direkt an den Vertragsarzt geleistete Zahlungen (honoraräquivalente Zahlungen, z. B. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V) mit einzubeziehen. Die Berücksichtigung der Kostenanteile bzw. die Berücksichtigung der Vergütung „technischer Leistungen“ nach § 5 GEHV a.F. i. V. m. den dazu beschlossenen Anlagen sei rechtmäßig (vgl. BSG, Urt. v. 19. Februar 2014 - B 6 KA10/13 R - juris Rn. 36 ff.). Soweit die Beklagte das Durchschnittshonorar 2010 nach Anwendung des sog. Nachhaltigkeitsfaktors berechnet habe, wovon nach den Einlassungen der Beklagten auszugehen sei und was die mündliche Verhandlung bestätigt habe, entspreche dies bereits nicht der Satzungsgrundlage (wird weiter ausgeführt).
Zu beanstanden gewesen sei von der Kammer auch das Fehlen einer Übergangsregelung zur Einbeziehung der Einnahmen zur EHV aus Sonderverträgen für die Festsetzung der EHV-Ansprüche. lm Unterschied zu den Vorgängerregelungen erfolge die Finanzierung der EHV nicht durch einen festen Prozentsatz des aktuellen KV-Honorarumsatzes abzüglich im Einzelnen aufgeführter besonderer Kostensätze, sondern durch feste Beiträge der aktiven Vertragsärzte aufgrund des Honorarumsatzes im Vorvorjahr einschließlich der Honorare aus Selektivverträgen (§ 3 Abs. 1 GEHV). Sachkosten, die nicht innerhalb der Gebührenordnungspositionen des EBM abgegolten seien oder Kapitel 40 entsprächen, sowie Medikamentenkosten oder Erstattungen für Heil-/Hilfsmittel seien abzuziehen (§ 3 Abs. 5 Satz 2 GEHV). Die Regelung gehe im Grundsatz zurück auf die GEHV in der geänderten Fassung ab Juli 2011. Der neu eingeführte § 11 GEHV a. F. „Ergänzende Bestimmungen zur Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen außerhalb der Gesamtvergütung" habe vorgesehen, dass zur Finanzierung der Erweiterten Honorarverteilung ergänzend zu der Quotierung der Gesamtvergütung nach § 8 Abs. 1 GEHV sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbrächten und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt würden, herangezogen würden. Dies habe unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung (Abs. 1) gegolten. Die auf ein Quartal entfallenden Einnahmen von Vertragsärzten aus Umsätzen ärztlicher Tätigkeit nach Abs. 1 seien mit der nach 5 8 Abs. 2 für das entsprechende Quartal errechneten Quote rechnerisch belastet und zur Finanzierung der EHV herangezogen worden. Dieser Finanzierungsbeitrag sei bei der Auszahlung des Quartalshonorars aus der Gesamtvergütung einzubehalten gewesen. Habe der jeweilige Vertragsarzt im Quartal weniger Honorar über die KVH abgerechnet, als sein Finanzierungsbeitrag zur EHV aus Sonderverträgen nach dieser Vorschrift betragen habe, sei er verpflichtet gewesen, den nicht verrechenbaren Betrag unverzüglich nach Erhalt eines entsprechenden Zahlungsbescheides an die KVH zu zahlen (Abs. 2). Damit trügen die Einnahmen aus Selektivverträgen seit dem Quartal III/11 zur Finanzierung der EHV bei. Die Ausrichtung des EHV-Anspruchs auf das Aufsatzjahr 2010 führe dazu, dass sowohl im ersten als auch in den Folgejahren nach der Neuregelung der GEHV die EHV-Bezieher von diesem Teil der vertragsärztlichen Honorarentwicklung abgekoppelt würden. Für die Folgejahre folge dies aus den Anpassungsregelungen. Die Anpassung des Punktwerts zum 1. Juli eines Jahres erfolge auf der Basis des Prozentsatzes, um den sich die für das Jahr der Anpassung geltende Bezugsgröße des § 18 Abs. 1 SGB IV im Vergleich zur Bezugsgröße des Vorjahres verändert habe. Der Veränderungsprozentsatz werde mit einem Mengenfaktor multipliziert. Dieser errechne sich, indem der Prozentsatz, der sich aus dem Verhältnis ergebe, in dem die Gesamtforderung der EHV-Empfänger im zweiten Jahr vor der Anpassung (t -2) zu der des Jahres vor der Anpassung (t-1) stehe, durch den Prozentsatz dividiert werde, der angebe, wie sich die gewichtete Zahl der Beitragszahler im zweiten Jahr vor der Anpassung (t -2) zu der des Jahres vor der Anpassung (t-1) verhalte. Die gewichtete Zahl der Beitragszahler ergebe sich, indem die Beitragssumme des jeweiligen Jahres durch den jeweiligen Durchschnittsbeitrag (Beitragsklasse 4) dividiert werde (§ 4 Abs. 4 GEHV). Der Veränderungsprozentsatz falle damit geringer aus, wenn in den beiden Vorjahren eine Steigerung des Umfangs der EHV-Leistungen zu verzeichnen sei und/oder die Zahl der beitragspflichtigen Ärzte abnehme, er falle höher aus, soweit der Umfang der EHV-Leistungen abgenommen habe und/oder die Zahl der beitragspflichtigen Ärzte gestiegen sei. In jedem Fall sei er aber unabhängig von der Entwicklung der ärztlichen Einkommen, die nicht zwingend mit der Veränderung der Bezugsgröße korrelieren müssten, und auch von den Einnahmen aus den Selektivverträgen. Die Beiträge aus den Einnahmen aus den Selektivverträgen dienten auch in der Folgezeit ausschließlich der Finanzierung der EHV und seien ohne Auswirkung auf das Versorgungsniveau der EHV-Bezieher. Nur bei dem einzelnen Vertragsarzt könnten sie zur Erhöhung der individuellen Anwartschaft führen. Auswirkungen der Beiträge aus den Einnahmen aus den Selektivverträgen auf das EHV-Versorgungsniveau bestünden nur indirekt vermittelt über den sog. paritätischen Defizitausgleich nach § 5 GEHV, der nur einen weiteren Anwartschaftsverlust beschränke. Ergebe eine vorab vorzunehmende Schätzung, dass die EHV-Ausgaben durch die Beitragseinnahmen nicht gedeckt seien, erfolge der „paritätische Defizitausgleich“. Die Hälfte des prognostizierten Fehlbetrages sei durch eine Beitragserhöhung aufzubringen, die andere Hälfte durch Absenkung des Punktwerts, wobei den bisherigen EHV-Beziehern der zuvor gezahlte Punktwert in jedem Fall garantiert werde, für sie also keine Verringerung eintrete, aber eine Erhöhung geringer ausfallen oder ganz wegfallen könne. Lediglich die erstmaligen EHV-Bezieher erhielten den neu errechneten Punktwert. Der verbleibende Fehlbetrag sei durch eine weitere Erhöhung der Beitragssätze auszugleichen. (§ 5 GEHV). Müsse eine in Höhe von 7% der zu erwartenden Beitragseinnahmen der folgenden 12 Kalendermonate bestehende Schwankungsreserve angegriffen werden, so seien für die folgenden 12 Kalendermonate abweichend zu §§ 4 und 5 der Punktwert und die Beitragssätze so festzusetzen, dass zusätzlich zur Finanzierung der Leistungen aus den Beiträgen die Schwankungsreserve auf den Sollwert aufgefüllt werde (§ 6 GEHV). Entsprechend sei auch für die Überführung der Schwankungsreserve zu verfahren (§ 10 Abs. 4 GEHV). Dabei komme es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber oder die Beklagte verspätet die Rechtsgrundlagen zur Einbeziehung der Einnahmen aus den Selektivverträgen zur Finanzierung der EHV geschaffen hätten. Insofern kämen dem Landesgesetzgeber und der Beklagten als Normgeber Gestaltungsspielräume zu. Ein Anspruch des Klägers auf ein bestimmtes Tätigwerden der Normgeber oder ein Tätigwerden zu einem bestimmten Zeitpunkt sei nicht ersichtlich. Maßgeblich sei allein, dass die Normgeber die Einbeziehung der Einnahmen aus den Selektivverträgen zur Finanzierung der EHV geschaffen hätten. Nur der Landesgesetzgeber sei befugt gewesen, die hier erfolgten Anpassungen auf die sich verändernden Versorgungsstrukturen vorzunehmen, nicht die Beklagte als Satzungsgeberin, da die strittigen Honoraranteile außerhalb des Kompetenzbereiche der Beklagten erzielt würden. § 11 GEHV a.F. sei durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung der KV Hessen in den Sitzungen vom 20. Februar 2010, 29. Mai 2010 und 28. August 2010 verabschiedet und gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V vom Hessischen Sozialministerium mit Schreiben vom 10. Juni 2011 genehmigt und veröffentlicht worden durch das Mitgliederrundschreiben der Beklagten „EHV Aktuell" vom 6. Juli 2011. § 11 GEHV a.F. mit der Einbeziehung der Honorare aus Selektivverträgen wiederum beruht auf § 8 KVHG in der Fassung des Hessischen Landesgesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 14. Dezember 2009, GVBl. 2009, Teil I, 662, in Kraft getreten am 23. Dezember 2009.
Die in der dargelegten Form durch die Neufassung der GEHV vorgenommene Abkopplung von den Ärzteeinkommen, im strittigen Zeitraum neben der Einrechnung des sog. Nachhaltigkeitsfaktors durch die Nichtberücksichtigung der Einnahmen aus Sonderverträgen bei der Festsetzung des Versorgungsniveaus, halte die Kammer für unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestehe ein Anspruch des EHV-Beziehers auf Teilhabe an der Honorarverteilung in einem bestimmten Umfang. Die Anwartschaft aus der EHV schütze aber gerade den Anspruch auf Teilhabe an der Honorarentwicklung und nicht lediglich ein Existenzminimum (Hinweis auf BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 - B 6 KA10/13 R - juris Rn. 51 und 54 m.w.N.). Von daher komme es nicht auf die Motive des Landesgesetzgebers an, weshalb er § 8 KVHG neu gefasst habe. Im Übrigen hab er als Problem benannt, dass aus der Gesamtvergütung herausgebrochene Teile nicht ohne weiteres in die Berechnung der Umlage für die EHV zur Deckung der bereits erworbenen Ansprüche und Anwartschaften der Altersversorgung einbezogen werden könnten, was im Ergebnis die Bemessungsgrundlage für die EHV deutlich verringert habe. Der Landesgesetzgeber habe damit auch auf das sinkende Niveau der Bemessungsgrundlage und damit letztlich der Bezugsgröße für die EHV-Ansprüche verwiesen. Daraus könne keineswegs gefolgert werden, er habe allein fiskalische Interessen der Beklagten in den Blick genommen. Die Neufassung der GEHV gebe aber die bisherige Bindung an die allgemeine Honorarentwicklung auf, was offensichtlich ausdrücklich beabsichtigt sei (vgl. Ruland, Gutachten, Stand: 26. Juli 2011, Rn. 41). Es komme nicht darauf an, ob die Ankoppelung an die Bezugsgröße tatsächlich, gemessen an den Steigerungsraten, zu einer Entkoppelung von der allgemeinen Honorarentwicklung der hessischen Vertragsärzte führe. Im Übrigen sei die Beklagte der Anfrage der Kammer, in welchem Umfang Honoraranteile außerhalb der Gesamtvergütung bisher erfasst wurden, jeweils bezogen auf die Zeiträume Juli 2012 bis Juni 2013 bzw. Juli 2013 bis Juni 2014 und ob Zeiträume davor erfasst würden, nicht nachgekommen. Soweit die Beklagte vortrage, Honorare außerhalb der Gesamtvergütung würden nicht abgefragt werden, sei dies der Kammer nicht nachvollziehbar, da ihr aus zahlreichen EHV-Beitragsstreitigkeiten bekannt sei, dass eine Erhebung erfolge. Insofern bestehe nach § 11 Abs. 6 Satz 1 GEHV a.F. bzw. § 5 Abs. 4 Satz 1 GEHV auch eine Nachweispflicht des einzelnen Vertragsarztes. Für die Quartale III/11 bis II/12 sei die Beklagte zudem nach § 11 Abs. 6 Satz 2 GEHV a.F. befugt gewesen, bei Nichtangabe die Quartalseinkünfte zu schätzen. Es habe der Verwaltungspraxis entsprochen, eine Schätzung in Höhe einer Durchschnittseinnahme von 25.000,00 € im Quartal vorzunehmen. Allerdings habe die Beklagte sich bisher in Verfahren gegen entsprechende Festsetzungen geweigert, dem Gericht die Datengrundlage für die Durchschnittseinnahme anzugeben. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die gemeldeten Umsätze und die Gesamtsumme der aus Schätzbescheiden sich ergebenden Festbeträge für das Quartal III/11 mit 11.313.339,05 € angegeben habe und für die Folgequartale lV/11 bis II/12 angegeben habe, sie habe entsprechend hohe Meldungen erhalten, entbehrten diese Angaben jeglicher Nachvollziehbarkeit. Auch habe sich der Beklagtenvertreter geweigert, die ihm vorliegende schriftliche Unterlage zur Gerichtsakte zu reichen. Letztlich sei es für die Kammer hierauf nicht angekommen, weshalb sie von einer Durchsetzung ihres Auskunftsanspruchs auch im Hinblick auf weitere Verfahrensverzögerungen abgesehen hat, da bereits die strukturelle und grundsätzliche Abkopplung der Einnahmen aus Sonderverträgen rechtswidrig sei. Im Übrigen seien auch die von der Beklagten genannten Zahlen, ihre Richtigkeit unterstellt, nicht unerheblich. Bei einem Quartalsvolumen von 11,3 Mio. € und einem sich daraus ergebenden Jahresvolumen von 45,2 Mio. € würde sich der Jahresumsatz bei 9.000 Ärzten um ca. 5.022,22 € erhöhen. Auf der Grundlage des früheren Anspruchshöchstsatzes von 18 % ergibt dies einen EHV-Mehrbetrag von 904 € im Jahr. Gemessen am maximalen EHV-Jahresbetrag im strittigen Zeitraum von 26.884,80 € (12 x 2.240,40 €) bewege sich der strittige Mehrbetrag damit in einer Größenordnung von 3,4 %. Zu beachten sei hierbei auch, dass es sich um eine Dauerleistung handele. Insgesamt sei daher davon auszugehen, dass ein nicht zu vernachlässigender Honoraranteil der außerhalb der an die KV zu leistende Gesamtvergütung von den Krankenkassen zu zahlen sei, nicht in die Berechnung der EHV-Ansprüche einbezogen werde. Bei den Einnahmen aus Sonderverträgen handele es sich auch um Teile der vertragsärztlichen Vergütung. Das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26. März 2007 propagierte zur Stärkung bzw. Schaffung von Wettbewerbsstrukturen die Abkehr vom Kollektiv- zum Selektivvertragssystem. Die bereits zuvor bestehende, aber eher bescheidene und wenig angenommene Tendenz des Gesetzgebers, die Vertragskompetenz der Krankenkassen unter Ausschaltung der KVen zur Schaffung neuer Versorgungsstrukturen zu erweitern, sei erheblich ausgebaut worden, insbesondere durch die §§ 73b, 73c und 73d SGB V in der damaligen Fassung. Entsprechend sei die Gesamtvergütung zu verringern (§§ 73b Abs. 7, 73c Abs. 6 SGB V). Von daher sei die Einschätzung des Landesgesetzgebers zutreffend, hierdurch würden Leistungen, die bisher von zugelassenen Vertragsärzten im System der gesetzlichen Krankenversicherung für die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten erbracht und über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen als Gesamtvergütung abgerechnet worden seien, aus diesem Abrechnungskreislauf ausgegliedert werden. Soweit die Befugnis der Beklagten damit aus den veränderten Strukturen der Versorgungs- und Abrechnungswege folge, bedeute dies aber auch, dass jedenfalls dann, wenn die Beklagte Zugriff auf diese Vergütungsanteile zur Finanzierung der EHV erhalte, diese Vergütungsanteile aber auch nach den Vorgaben der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung bei Bemessung des Versorgungsniveaus im Rahmen der erforderlichen Anwartschaftserhaltung der EHV-Bezieher zu berücksichtigen seien. Dies werde die Beklagte nach Änderung ihrer Satzungsgrundlagen bei einer Neubescheidung ebenfalls zu beachten haben. Soweit sie weiterhin am Aufsatzjahr 2010 festhalte, sei durch eine Übergangsregelung zu gewährleisten, dass die Festsetzung des Durchschnittshonorars auch die Einnahmen aus den Sonderverträgen angemessen berücksichtige. Soweit der Beklagten Daten für das Jahr 2010 nicht vorlägen, habe sie auf der Datengrundlage der Folgejahre eine entsprechende Schätzung vorzunehmen.
Die Klage sei aber im Übrigen abzuweisen gewesen. Von der Kammer nicht zu beanstanden sei die Höhe der Verwaltungskostenumlage. Insoweit seien die Festsetzungen in den angefochtenen Kontoauszügen rechtmäßig und daher nicht aufzuheben. Im angefochtenen EHV-Bescheid werde darauf hingewiesen, dass von den errechneten monatlichen EHV-Zahlungen noch die jeweils gültige Verwaltungskostenumlage abgezogen werde. Diese werde in gleicher Höhe wie für die aktiven Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten erhoben und habe im streitbefangenen Zeitraum nach Angaben der Beklagten 2,49 % betragen. Die Festsetzung der Verwaltungskosten sei durch Verwaltungsakt in den genannten und, wie bereits ausgeführt, streitgegenständlichen Kontoauszügen erfolgt. Auch wenn die Kammer grundsätzlich Bedenken habe, dass eine solche Festsetzung lediglich im „Kontoauszug" erfolge, so werde aber hinreichend bestimmt und geregelt, wie hoch die Verwaltungskosten seien. lnsofern handele es sich um eine eindeutige bestimmte Regelung und um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. Rechtsgrundlage für die Erhebung von VerwaItungskostenbeiträgen sei § 81 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 SGB V. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung sehe, reiche es aus, wenn die Satzung die grundlegenden Bestimmungen über die Aufbringung der Mittel enthalte. Eine Satzungsvorschrift auch für den Betrag der Kostenumlage sei nicht erforderlich. Dies könne die-Vertreterversammlung vielmehr in anderer Weise normativ regeln. Diesen Anforderungen werde im vorliegenden Fall durch § 3 Abs. 7 der Satzung der Beklagten entsprochen wird ausgeführt). Auch der konkrete Betrag bzw. Prozentsatz, auf den die Beklagte die Verwaltungsumlage festgelegt habe, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Obergrenze zulässiger Belastung ergebe sich entsprechend allgemeinen Grundsätzen des Beitragsrechts aus dem Kostendeckungsprinzip. D. h., dass eine KV von ihren Mitgliedern Finanzmittel nur insoweit fordern dürfe, als sie diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötige. Die KV habe die hiernach umlegbaren Kosten - ihre eigenen Aufwendungen, vor allem die Kosten der Verwaltung und die Aufwendungen für Maßnahmen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung - grundsätzlich nach einem einheitlichen Maßstab auf alle Vertragsärzte umzulegen. Dabei bedürfe es keiner genauen Bemessung des beitragsrechtlichen Vorteils. Ausreichend seien insoweit Schätzungen und Vermutungen sowie vergröberte Pauschalierungen. Die Höhe der Beiträge dürfe gemäß dem Äquivalenzprinzip lediglich nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil bzw. der Vorteilsmöglichkeit stehen, den bzw. die sie abgelten sollen. Die Beklagte sei im Rahmen ihrer Satzungsbefugnisse berechtigt gewesen, nicht zwischen aktiven und inaktiven Vertragsärzten zu unterscheiden. Dies folge bereits aus dem Umstand, dass die gesamte EHV als Teil der Honorarverteilung geregelt sei. Auch könne ohne die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags durch die aktiven Vertragsärzte und die sich hieraus ergebende Honorarverteilung keine EHV durchgeführt werden.
Gegen das am 11. November 2014 der Beklagten zugestellte Urteil hat diese am 5. Dezember 2014 Berufung eingelegt. Der Kläger hat am 30. März 2015 Anschlussberufung eingelegt.
Wegen Sprungrevisionen in Parallelverfahren zur identischen Regelung, aber späteren Zeiträumen (Az. beim Bundessozialgericht: B 6 KA 52/17 R bis 55/17 R) haben die Beteiligten dem Ruhen des Verfahrens zugestimmt, das der Senat mit Beschluss vom 15. Dezember 2017 angeordnet hat (Bl. 390 d.A.). Das Verfahren ist von Amts wegen am 17. September 2021 wieder aufgerufen worden. Die Beklagte hat einen Rückzahlungsanspruch bezüglich der vereinnahmten Sonderumlage Weiterbildung dem Grunde nach anerkannt (Schriftsatz vom 29. Oktober 2021, Bl. 430 d.A.), der Kläger hat das Teilanerkenntnis mit Schriftsatz vom 8. November 2021 (Bl. 435 d.A.) angenommen. Mit Bescheid vom 15. November 2021 erfolgte eine Rückerstattung in Höhe von 62,35 € (Bl. 692 d.A.).
In der mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2022 hat der Kläger die Anschlussberufung zurückgenommen. Die Beteiligten haben übereinstimmend das Verfahren in der Hauptsache in Bezug auf den Bescheid vom 5. Februar 2016 und bezüglich des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 29. Oktober 2021/ 8. November 2021 für erledigt erklärt.
Die Beklagte trägt vor, das Sozialgericht habe die Beklagte zu Unrecht verurteilt, den Kläger unter Einbeziehung der Einnahmen aus Selektivverträgen neu zu bescheiden und zu diesem Zweck beispielsweise eine Schätzung der Daten für das Jahr 2010 vorzunehmen. Die Orientierung am Vorvorjahr sowohl auf Inaktiven- als auch auf Aktivenseite sei ein Grundsatz der reformierten Satzung. So bauten nicht nur für inaktive Ärzte die streitgegenständliche Ersteinstufung nach § 10 GEHV, sondern auch die Entwicklung des Punktwertes nach § 4 Abs. 4 GEHV, sowie die Einstufung in Beitragsklassen der aktiven Ärzte nach § 3 GEHV auf dem Vorvorjahr auf. § 3 Abs. 1 Satz 1 GEHV regele insoweit, dass die Hohe des zu leistenden Beitrags abhängig sei von dem erzielten Honorar aus ärztlicher Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung im Vorvorjahr des Beitragsjahres, d.h. aller für das Kalenderjahr durch die KV Hessen vergüteten ärztlichen Honorare sowie die Honorare aus Selektiverträgen, die in dem entsprechenden Jahr zugeflossen seien. Die Beiträge aus den Selektivverträgen dienten demzufolge auch in der Folgezeit ausschließlich der Finanzierung der EHV und seien ohne Auswirkung auf das Versorgungsniveau der EHV-Bezieher. Die abgefragten Honoraranteile seien auf der Seite der aktiven Ärzte in die Ermittlung des Jahresdurchschnittshonorars eingeflossen und hätten im 2. Beitragsjahr. d.h. von 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2014, die individuelle Einstufung in eine der neun Beitragsklassen verändert (je nach Höhe des zusätzlichen Umsatzes). Für das nicht streitgegenständliche Beitragsjahr III/2013 bis II/2014 seien Umsätze aus den Quartalen III/2011 und IV/2011 abgefragt worden, denn dies seien die beiden Quartale des Vorvorjahres, in denen die Neufassung des § 8 KVHG auf Satzungsebene umgesetzt gewesen sei. In den beiden vorhergehenden Quartalen I/2011 und II/2011, welche ebenfalls zum Vorvorjahr zählten, sei aus dem gleichen Grund keine Abfrage erfolgt. Für das Beitragsjahr III/2014 bis II/2015 seien die Umsätze aus 2012 komplett abgefragt worden. Da im vorliegend relevanten Vorvorjahr 2010 demnach keine Abfragen stattgefunden hätten, sei es satzungssystematisch konsequent, dass sich Selektivvertragseinnahmen nicht in dem streitgegenständlichen Anpassungspunktwert widerspiegelten.
Entgegenzuhalten sei dem Gericht darüber hinaus. dass die Anwartschaft und der Anspruch auf Teilhabe an der Honorarverteilung in einem bestimmten Umfang und nicht nur in Höhe eines Existenzminimums mit dem monatlichen EHV-Bezug und dessen Erhalt in der Zukunft tatsachlich erfüllt seien. Ein konkretes Teilhaberecht an den Einnahmen sei weder aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts noch aus der Gesetzeshistorie abzuleiten. Vielmehr sei eine ganzheitliche Betrachtung anzustellen. Diese zeige, dass das EHV-System zu Gunsten der EHV-Bezieher durch die Einkommen aus Sonderverträgen langfristig gestützt werde. Dies entspricht der Vorgabe in dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Juli 2006 – B 6 KA 36/07 R – und der in der Folge neu gefassten Regelung des § 8 Abs. 2 KVHG. Die EHV-Bezieher nähmen also durchaus in den Folgejahren am Einkommen aus Sonderverträgen teil, allerdings nicht in der klägerseits geforderten Art der direkten Bezügeerhöhung. Der Neufassung des § 8 Abs. 2 KVHG könne nicht der gesetzgeberische Wille entnommen werden. dass sich die Honorare aus Sonderverträgen steigernd auf die EHV-Ansprüche auswirken sollten. Die Neufassung ziele vielmehr ausgehend von ihrem Wortlaut und von ihrem Sinn und Zweck auf einen langfristigen Erhalt der Erweiterten Honorarverteilung ab. Entsprechend diesem Zweck hat die Beklagte im Rahmen ihres Gestaltungsermessens das GEHV-System reformiert. Bereits mit Urteil vom 16. Juli 2008 – B 6 KA 38/07 – habe das BSG die normative Gestaltungsfreiheit der Beklagten zur zweckmäßigen Reaktion auf Änderung der tatsächlichen Lebensverhältnisse anerkannt. Das BSG habe daher verschiedene Anpassungsmaßnahmen, welche die Beklagte in der Vergangenheit zur Stabilisierung des Systems der EHV vorgenommen habe, als von der normativen Gestaltungsfreiheit zur Anpassung der EHV an geänderte Lebensverhältnisse gedeckt angesehen.
Die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Regelung sei insbesondere nach gesamtsystematischer Betrachtung gegeben. Es fände sich im Regelungsgeflecht der GEHV eine indirekte positive Auswirkung der Berücksichtigung der Selektivumsätze auf die EHV-Empfänger und damit auch auf die Bestandsrentner: die ermittelten Selektivvertragshonorare führten in den meisten Fällen zu einer Höhereinstufung der aktiven Ärzte. Durch diesen Mechanismus werde zum einen das Eingreifen des paritätischen Defizitausgleiche nach § 5 GEHV verhindert. Zum anderen werde die Schwankungsreserve nach § 6 GEHV erhalten und aufgebaut, sowie zum Dritten der Mengenfaktor nach § 4 Abs. 4 b) GEHV zugunsten der EHV-Empfänger beeinflusst, jedenfalls solange die Einnahmen im Vergleich zu den Ausgaben stiegen. In Ergänzung dazu garantierte § 5 GEHV den Erhalt des Punktwerts, der wiederum bei Fehlbetragen durch die Beitragssätze ausgeglichen werde. Die Steigerung der Bezüge durch die Selektivumsatzberücksichtigung würde dieses Konzept ins Gegenteil kehren und damit dem Wortlaut und dem Zweck der genannten bundessozialgerichtlichen Entscheidung sowie § 8 KVHG n.F. zuwiderlaufen. Die Beklagte sei vielmehr der Ansicht. dass der differenzierte Mechanismus der GEHV n.F. die Selektivertragshonorare auch aus Perspektive der EHV-Empfänger adäquat berücksichtigte. Zu diesem Mechanismus hat die Beklagte im Schriftsatz vom 10. Juni 2015 (Bl. 301 f. d.A. vertiefend vorgetragen.
Auch der Argumentation des Sozialgerichts. dass dem Kläger der Zufluss aus Selektivvertragseinnahmen im Zeitraum 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 zugutekommen müsse, sei nicht zu folgen. §11 Abs. 3 GEHV a.F. enthalte eine entgegenstehende Regelung, die das Sozialgericht übersehen habe.
Die Berücksichtigung der Einnahmen aus Selektivverträgen habe auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in den Urteilen vom 12. Dezember 2018 zu Recht zu keiner weiteren Erhöhung der Leistung aus der EHV geführt. Als Fazit sei für den vorliegenden Rechtsstreit festzuhalten, dass die Beanstandungen des Sozialgerichts mit der Neufassung der GEHV und der Neuberechnung des Anspruchs des Klägers mit Bescheid vom 5. Februar 2016 umgesetzt worden seien. Zugleich seien mit der durch Rundschreiben der Beklagten vom 22. Juni 2015 veröffentlichten Änderungen der GEHV die weiteren Beanstandungen des erstinstanzlichen Gerichts durch Klarstellung der Berechnungsformel behoben worden. Die Umsetzung der Rechtsprechung zum Nachhaltigkeitsfaktor sei in den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 12. Dezember 2018 nicht beanstandet worden. Entgegen der Auffassung des Klägers habe die Beklagte im Abänderungsbescheid auch zu Recht Honorare aus Selektivverträgen unberücksichtigt gelassen. Hierauf bestehe auch nach den Urteilen vom 12. Dezember 2018 kein Anspruch.
Die Beklagte beantragt nunmehr,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. November 2014 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen, soweit das Verfahren nicht aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung vom 16. Februar 2022 seine Erledigung gefunden hat.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und den Bescheid vom 5. Februar 2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Leistungen des Klägers unter Berücksichtigung eines höheren Startpunktwerts neu zu berechnen.
Der Kläger trägt vor, die Behauptung, dass die EHV-Reform auf einer abnehmenden Anzahl an Einzahlenden beruhe, sei falsch; die Zahl der aktiven Mitglieder der Beklagten sei von 2006-2012 von 8.737 auf 9.327 gestiegen. Die Beklagte gehe bezüglich des Klägers von fehlerhaften Daten zum Beginn der EHV und dem Höchstsatz aus; der Kläger beziehe Leistungen seit 1. November 2002 auf der Basis eines Anspruchssatzes von 14,7082 %. Ab 1. Juli 2012 betrage der monatliche Anspruch 1.938,13 €.
Das Sozialgericht Marburg habe die Formulierung in § 10 GEHV zu Recht beanstandet, so wie dies schon Prof. Dr. C. in seinen Gutachten vom 16. Juli 2011, Seite 26, ausgeführt habe. Aus der Entstehungsgeschichte zu § 8 KVHG folge, dass mit der Einbeziehung der Honorare aus Selektivverträgen die Bemessungsgrundlage für die Leistungen, nämlich über das Durchschnittshonorar, habe verbreitert werden sollen. Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2015 hat der Kläger die Ausführungen zur Auslegung von § 8 KVHG auf der Grundlage der Entstehungsgeschichte vertieft (Bl. 305 ff. d.A.). Die Honorare aus Selektivverträgen seien bei den Leistungen deshalb zu berücksichtigen, weil die Teilhabe an der Honorierung der Vertragsärzte eigentumsgeschützt sei. Die Beklagte versuche sich, diesem gesetzlichen Gebot dadurch zu entziehen, dass sie für die Berechnung des Aufsatzpunktwertes ab 1. Juli 2012 auf die Werte im Jahr 2010 zurückgreife. In diesem Jahr habe sie die Honorare aus Selektivverträgen weder auf der Leistungsseite noch auf der Beitragsseite berücksichtigt. Die Behauptung der Beklagten, die EHV-Bezieher würden in den Folgejahren am Einkommen aus den Sonderverträgen teilhaben, sei falsch; im Jahr 2012 habe sie die Höhe der EHV-Leistung ab 1. Juli 2012 ermittelt, ohne Berücksichtigung der Honorare aus Selektivverträgen. In der Folgezeit werde mithilfe der Honorare aus Selektiverträgen die Beitragsbemessungsgrundlage erweitert, nicht aber der Anspruch auf Leistungen geschützt oder erhöht.
Die von der Beklagten vertretene Auffassung, gemäß § 11 Abs. 3 GEHV a.F. seien die Honorare aus Selektivverträgen vor dem 1. Juli 2012 bei der Berechnung der EHV-Leistung nicht zu berücksichtigen, sei unzutreffend.
Zur Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts in den Entscheidungen vom 12. Dezember 2018 trägt der Kläger vor, dass diese Entscheidungen die zutreffende Berechnung des Startpunktwertes nicht präjudiziere. Der Klägerbevollmächtigte beruft sich insoweit auf seinen Vortrag im Parallelverfahren L 4 KA 85/14. Die Ausführungen in Rn. 42 des BSG-Urteils führten zu keiner Bindung des Landessozialgerichts. Diese Ausführungen stünden auch nicht im Einklang mit der Entstehungsgeschichte von § 8 KVHG; zudem sei das Bundessozialgericht nicht befugt, Landesrecht anders auszulegen. Die in Rn. 43 vom 6. Senat formulierte Unterstellung, wonach Vergütungen aus Selektiverträgen typischerweise die Einnahmen nicht erheblich erhöhen würden, sei falsch. Die Beklagte habe zudem durch die Änderung der GEHV klargestellt, dass Honorare aus Selektivverträgen zu berücksichtigen seien, mithin auch konstitutiv für den Leistungsanspruch seien. Soweit es im Urteil des Bundessozialgerichts heiße, das Durchschnittshonorar im Jahr 2010 hätte nicht fiktiv erhöht werden müssen, verkenne diese Überlegung, dass das Eigentum in Form der EHV-Leistungen durch die Berücksichtigung der Honorare aus Selektiverträgen eine definitive Prägung erhalten habe. Die Auffassung des Bundessozialgerichts, es würden solide Daten über den Umfang der Einnahmen der hessischen Vertragsärzte aus Selektivverträgen im Jahr 2010 nicht vorliegen, sei falsch. Die Beklagte habe entsprechend Ermittlungen angestellt.
Die Ermittlung des Startpunktwertes unter Außerachtlassung der Honorare aus Selektivverträgen verletze den Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 14 GG.
Die gesamten Einnahmen aus Selektivverträgen hätten im Jahr 2010 etwa 40 Millionen Euro betragen. Das Sozialgericht habe ausgehend von den Daten für 2011 eine Leistungsdifferenz durch die Nichtberücksichtigung von 904 € pro Jahr bei einem „Vollrentner“ festgestellt. Im Zeitraum von III/2011 bis II/2012 sei dem Kläger eine Berücksichtigung zugebilligt worden.
Nach § 8 KVHG sei zudem für die EHV nicht der Betrag maßgeblich, um den die Gesamtvergütung bereinigt worden sei, sondern die tatsächlichen Zahlungen. Dass die Kassen im Jahr 2010 Selektivhonorare in etwa gleicher Höhe gezahlt hätten, wie dies im Jahr 2011 der Fall gewesen sei, sei unstreitig.
Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2022 (Bl. 707 ff. d.A.) hat der Kläger sein Vorbringen, soweit es nach der Satzungsänderung und der Entscheidungen des BSG vom 12. Dezember 2018 und nach Annahme des Teilanerkenntnisses noch weiterverfolgt wird, zusammengefasst.
Hinsichtlich des Vorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Wegen des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2022 wird auf den Inhalt des Protokolls Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist – soweit wegen des angenommenen Teilanerkenntnis und der übereinstimmenden Erledigungserklärung auf der Grundlage des Bescheides vom 5. Februar 2016 noch über sie zu entscheiden ist – zulässig und begründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 5. Februar 2016 (Bl. 337 d.A.). Letzterer setzt die Leistungen aus der EHV in der Weise neu fest, dass es durch die Umsetzung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 10/13 R – zum Nachhaltigkeitsfaktor zu einer Satzungsänderung kam, die wiederum zur Erhöhung des Auszahlungspunktwertes (von 0,1867 € auf 0,2210 €) und damit zu einer Erhöhung des Zahlbetrages geführt hat.
Zutreffend sind die Beteiligten davon ausgegangen, dass trotz der rückwirkenden Änderung der Rechtslage durch die Änderungssatzung vom 22. Juni 2015 der Bescheid vom 5. Februar 2016 Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits geworden ist. Die Änderungssatzung lässt das System der EHV im Wesentlichen unverändert, beseitigt rückwirkend u.a. den Nachhaltigkeitsfaktor und die vom Sozialgericht beanstandete Unklarheit in der Formel des § 10 GEHV. Ein Abändern oder Ersetzen i.S.d. § 96 SGG setzt allgemein voraus, dass der Regelungsgegenstand des neu einzubeziehenden Verwaltungsaktes mit dem des früheren identisch ist. Ob dies der Fall ist, muss durch Vergleich der in beiden Verwaltungsakten getroffenen Verfügungssätze festgestellt werden. Zwar kann eine Abänderung oder Ersetzung dann ausscheiden, wenn sich der Streitgegenstand oder die Rechtsgrundlage des Bescheides geändert hat (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 96 Rn. 4a m.w.N.; vgl. zur Relevanz eines veränderten Streitgegenstandes bei einer Leistung für denselben Zeitraum etwa die Unterschiede zwischen steuerrechtlichem und sozialrechtlichem Kindergeld im Rahmen des § 96 SGG LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Februar 2020 – L 3 KG 2/19). Hinreichend ist aber, dass der neue Bescheid – jedenfalls im Wesentlichen – dasselbe Rechtsverhältnis wie der bisherige in einer Weise regelt, dass er den bereits anhängigen Prozessstoff beeinflusst (BSG, Beschluss vom 28. Oktober 2009 - B 6 KA 56/08 B – BeckRS 2009, 74483 Rn. 12 f.).
Das zugrundeliegende Rechtsverhältnis hat sich hier nicht in einer Weise geändert, dass allein wegen der Veränderung der Rechtslage durch die rückwirkende Satzungsänderung kein Fall von § 96 SGG vorliegen würde. Hier besteht der Regelungsgehalt in einer Teilabhilfe wegen der Beseitigung eines verfassungswidrigen Berechnungselements bei Fortbestand des Bescheides der Beklagten vom 29. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 im Übrigen. Da eine Honorarneuberechnung erforderlich wurde, handelt es sich um eine Abänderung, die unter § 96 SGG fällt, wobei der abändernde Bescheid (wie auch die Satzungsänderung) den wesentlichen Streitpunkt der Einbeziehung von Sonderverträgen im Ergebnis unberührt lassen. Insoweit entspricht das Ergebnis einer Einbeziehung dieses Bescheides nach § 96 SGG dem Zweck der Prozessökonomie. Nicht mehr Streitgegenstand ist der auf Sonderumlage zur Förderung der ärztlichen Weiterbildung bezogene Anteil der Umlage. Das diesbezügliche Teilanerkenntnis der Beklagten dem Grunde nach wurde vom Kläger angenommen, was den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache erledigt. Zurückgenommen wurde zudem die Anschlussberufung, die sich insbesondere auf die Festsetzung der Verwaltungskostenumlage erstreckt hatte.
Konsequent hat der Kläger seine Klage geändert. Der Senat geht insoweit wegen der dem neuen Bescheid zugrundeliegenden Satzungsänderung und der damit verbundenen Veränderung des maßgeblichen Lebenssachverhalts von einer Klageänderung i.S.d. § 99 Abs. 1 SGG aus, die sachdienlich ist.
Die in diesem Umfang zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, da das Sozialgericht den Beklagten zur umfassenden Neubescheidung wegen weiterer Mängel der Rechtsgrundlage zur Neubescheidung verpflichtet hat, die aber nicht durchgreifen. Die diesbezügliche Klage ist nach der oben erwähnten Satzungsänderung und Neubescheidung nämlich zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz unbegründet.
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Teilnahme an der EHV in den streitbefangenen Quartalen sind die GEHV in der von der Vertreterversammlung der Beklagten am 13. Dezember 2014, 14. März und 30. Mai 2015 beschlossenen und von dem aufsichtsführenden Sozialministerium des Landes Hessen am 18. Juni 2015 genehmigten Fassung. Maßgeblich für die Höhe des Anspruches sind insbesondere §§ 4, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 GEHV. Hiernach ergibt sich die Höhe des Anspruchs aus der EHV aus den durch die Beiträge gesammelten Punkten. Für den Regelbeitrag erhält der Beitragszahler pro Jahr 400 Punkte. Abweichend davon erhält der Beitragszahler in den Beitragsklassen 1 bis 3 und 5 bis 9 Punkte anhand der nachfolgenden Tabelle:
Beitragsklasse | Punktzahl pro Jahr |
1 | 100 |
2 | 200 |
3 | 300 |
4 | 400 |
5 | 475 |
6 | 540 |
7 | 595 |
8 | 640 |
9 | 675 |
(…)
Nach § 4 Abs. 2 werden die über die Beitragszeit erworbenen Punkte mit einem festen Punktwert in Euro multipliziert. Aus der Multiplikation ergibt sich die Höhe des monatlichen EHV-Bezugs. Es werden maximal 14.000 Punkte berücksichtigt. Der Punktwert wird erstmalig für den 1. Juli 2012 nach § 10 Abs. 1 und 2 festgesetzt. Der Punktwert wird nach Abs. 3 einmal jährlich zum 1. Juli eines Jahres angepasst.
§ 8 Abs. 1 Sätze 1 bis 6 GEHV in der bis 30. Juni 2012 geltenden Fassung, auf die in § 10 GEHV in der ab 1. Juli 2012 geltenden, vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration mit Schreiben vom 18. Juni 2014 rückwirkend geänderten Fassung Bezug genommen wird, lauten wie folgt: Die für die Finanzierung der nach §§ 3 ff. festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel werden durch die Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereitgestellt. Die Quote darf dabei einen Wert von 5,62% nicht überschreiten. Die festgestellten Ansprüche beziehen sich dabei auf das jeweils anerkannte durchschnittliche Honorar aus der Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen gemäß § 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3. Sollten die erforderlichen Mittel (nach Abs. 1 Satz 2) für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichen, ist die verbleibende Differenz zu gleichen Teilen durch die aktiven Ärzte und die EHV-Empfänger zu tragen. Die Finanzierung des festgestellten Anteils der aktiven Ärzte erfolgt durch eine Anhebung der Quotierung nach Abs. 1 Satz 2 der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte, so dass die Hälfte der Differenz gedeckt wird. Weiterhin werden alle Ansprüche der EHV-Empfänger soweit quotiert ausgezahlt, so dass dadurch die verbleibende Hälfte der Differenz abgedeckt ist.
Der Punktwert wird zum 1. Juli 2012 gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 GEHV erstmalig festgelegt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 GEHV ist Ausgangswert der Jahresbetrag des Durchschnittshonorars 2010 unter Berücksichtigung der Quotierung nach § 8 Abs.1 in der bis zum 30. Juni 2012 gültigen Fassung der Grundsätze der EHV. Der Wert eines Punktes wird auf der Basis der bisher gültigen Normalstaffel ermittelt (§ 10 Abs. 1 Satz 3 GEHV). Die maximal erreichbare Punktzahl beträgt nach der bisher gültigen Normalstaffel 12.000 Punkte, der maximale EHV-Anspruch entspricht 18% (§ 10 Abs. 1 Satz 4 GEHV. Ein Prozentpunkt entspricht damit 12.000:18 = 666,666 Punkten (§ 10 Abs. 1 Satz 5 GEHV. Der Wert eines Punktes ergibt sich aus folgender, durch die o.g. Satzungsänderung in § 10 Abs. 1 Satz 6 GEHV hinsichtlich der gesetzten Klammern klargestellten Formel:
Ein Prozent des Ausgangswerts nach Satz 2: (12.000 [maximale Punkte nach der bisherigen Fassung] 18 [Anspruchshöchstsatz] x 12 [Monate]) = Punktwert 2012/2013.
Gemäß § 10 Abs. 5 GEHV werden zum Stichtag 1. Juli 2012 die Ansprüche der EHV-Empfänger, die vor diesem Stichtag Leistungen bezogen haben, von dem Anspruch in Prozent nach der bis zum Stichtag geltenden Normalstaffel in Punkte nach dieser Satzung umgerechnet. Ein Prozent nach der Normalstaffel entspricht 666,666 Punkten. Die hieraus errechneten Punkte werden mit dem Punktwert zum 1. Juli 2012 multipliziert. Die EHV-Empfänger erhalten zum 1. Juli 2012 einen Anpassungsbescheid.
Den zwischenzeitlich in Parallelverfahren angeführten und vom Sozialgericht Marburg aufgegriffenen formellen Bedenken an der Wirksamkeit dieser Satzungsänderungen (vgl. SG Marburg, Urteil vom 31. Mai 2017 – S 12 KA 704/15 -, juris) ist aus den zutreffenden Gründen der Urteile des Bundessozialgerichts vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 53/17 R – u.a., juris Rn. 26 bis 35, die sich der Senat zu Eigen macht, nicht zu folgen.
Die vom Senat festgestellte, die Beitragsseite des Beitragsklassensystems betreffende Verfassungswidrigkeit, die vom Bundessozialgericht jedenfalls im Ausgangspunkt bestätigt wurde (u.a. Senatsurteil vom 11. April 2018 – L 4 KA 2/15 –, juris; Revision der Beklagten zurückgewiesen mit Urteil des BSG vom 11. Dezember 2019 – B 6 KA 12/18 R –, juris) hat für den streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund der nachfolgenden Ausführungen, insbesondere wegen der Punkte- und Punktwertberechnung nach der Übergangsregelung des § 10 GEHV, keine erkennbaren Auswirkungen auf die Leistungshöhe, weshalb der Senat auch in der Sache entscheiden konnte.
Im Ausgangspunkt zutreffend weisen Kläger und Sozialgericht darauf hin, dass der nach § 10 Absatz 1 Satz 2 GEHV maßgebliche, im Jahr 2010 ergebende Punktwert auf der Grundlage einer 12.000 Punkte umfassenden Normalstaffel nach den zuvor geltenden GEHV ermittelt und die bisherigen EHV-Bezüge bzw. Anwartschaften auf dieser Grundlage umgerechnet werden.
Die durch die Anknüpfung an das Jahr 2010 folgende Art und Weise der Berücksichtigung der Einnahmen der Vertragsärzte aus Selektivverträgen allein auf der Einnahmenseite der EHV wurde ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht in der Satzung vom 22. Juni 2015 geregelt.
Rechtsgrundlage der Neuregelung ist § 8 KVHG. Der Gesetzgeber hat mit der auch in diesem Verfahren diskutierten Reform des § 8 KVHG auf die seinerzeit im Raum stehenden Risiken reagiert, die einer Alterssicherung durch „besondere Grundsätze der Honorarverteilung“ (§ 8 KVHG) drohen, wenn größere Teile der Vergütung ursprünglich vertragsärztlicher Leistungen nicht mehr über die KÄV abgewickelt werden. Der Hessische Landtag ergänzte im Dezember 2009 § 8 KVHG dahingehend, dass sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung ausgezahlt werden, der EHV unterworfen werden (Abs. 2). Gegen diese Normänderung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wie der Senat wiederholt entschieden hat (Senatsurteil vom 8. November 2017 – L 4 KA 88/14 –, juris Rn. 33 m.w.N.).
Entgegen der Auffassung des Klägers und des Sozialgerichts sowie in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 53/17 –, juris Rn. 42 ff.) ist die zumindest zeitweise durch § 10 GEHV eingetretene Entkopplung der Leistungshöhe von der Berücksichtigung von Selektivverträgen auf der sog. Beitragsseite von Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Norm gedeckt. Dieser Wortlaut der Norm und der Zusammenhang mit dem Hinweis des Senats im Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Juli 2008 – B 6 KA 38/07 – lassen erkennen, dass jedenfalls allein die „Beitragsseite“ der EHV Anlass für die Reform gewesen ist. Umsätze der Vertragsärzte aus der Behandlung von Versicherten sollten so umfassend wie zuvor dem „Abzug“ für Zwecke der EHV zur Verfügung stehen. Den Gesetzgebern des Jahres 1953 (Land) und 1955 (Bund) konnte nicht bekannt sein, dass die Gesamtvergütung nicht mehr vollständig die Leistungen der Kassen- bzw. (später) Vertragsärzte honoriert, sondern dass diese in unterschiedlichem Umfang unmittelbar von der einzelnen KK über Selektiv- bzw. Einzelverträge vergütet werden. Da aber die Alterssicherung über die EHV nur funktionieren kann, wenn alle Erlöse aus der Behandlung von Versicherten einbezogen werden, hat § 8 Abs. 2 KVHG systemkonform eine Lücke geschlossen. Das gilt auch insoweit, als über die außerhalb der Gesamtvergütung erzielten Einnahmen auch die Anwartschaften auf Leistungen aus der EHV auf- bzw. ausgebaut werden: Die nach § 4 GEHV für Ansprüche aus der EHV maßgebenden Punktzahlen berücksichtigen auch die Vergütung aus Selektivverträgen. Damit wird die Erwartung des hessischen Gesetzgebers, dass ein Vertragsarzt im Zuge seiner Tätigkeit im Rahmen der GKV typischerweise eine Anwartschaft auf die Hälfte seiner Altersversorgung erwerben kann (BSG Urteil vom 16. Juli 2008, a.a.O., Rn. 51), auch für die Zukunft abgesichert.
Dass das Bundessozialgericht bei der vorgenannt sinngemäß wiedergegebenen Auslegung für ein Revisionsgericht sehr weitgehende Aussagen getätigt hat stellt ihrer Richtigkeit aus Sicht eines Berufungsgerichts auf Landesebene nicht in Frage.
Zutreffend weist das Bundessozialgericht auch darauf hin, dass von der Einbeziehung der Honorare aus Selektivverträgen (zunächst auf Beitragsseite) auch die Ärzte profitieren, die – wie der Kläger – aus der vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeschieden sind, ohne selbst Einnahmen aus Selektivverträgen generiert zu haben. Für die Erfüllung ihrer Ansprüche aus der EHV steht künftig – wie in der Vergangenheit – ein Finanzvolumen zur Verfügung, das aus der Vergütung aller ärztlichen Leistungen gegenüber Versicherten der Krankenkassen gespeist wird. Für die vom Kläger verlangte zusätzliche Berücksichtigung von Vergütungen der aktiven Vertragsärzte aus Selektivverträgen unmittelbar bei den laufenden Zahlungen aus der EHV besteht deshalb kein Grund. Die Vergütungen aus diesen Verträgen erhöhen typischerweise die Einnahmen der Vertragsärzte nicht erheblich, sondern ändern vorrangig deren Zusammensetzung: wurden bis Ende 2003 grundsätzlich alle Leistungen der Vertragsärzte von der KÄV honoriert, stehen künftig möglicherweise 80 % der Vergütung seitens der KÄV 20 % von einzelnen Krankenkassen gegenüber. Grundsätzlich ändert sich durch eine solche – unterstellte – Verlagerung von der kollektivvertraglich organisierten zur selektivvertraglichen Versorgung auf der Einnahmenseite der Vertragsärzte nichts. Der Behandlungsbedarf, der statt von den KÄVen nunmehr von den Krankenkassen unmittelbar gegenüber den Ärzten vergütet wird, wird nach § 73b Abs. 7 S 1 und § 140a Abs. 6 S 1 SGB V „bereinigt“. Das bedeutet, dass die Gesamtvergütung um die Summe gemindert wird, die die Krankenkassen hätten zahlen müssen, wenn (auch) die in Selektivverträgen eingeschriebenen Versicherten im herkömmlichen System versorgt worden wären.
Zudem sind Rechte der EHV-Bezieher entgegen der Auffassung des SG auch nicht dadurch verletzt, dass im Zuge der Reform der GEHV zum 1. Juli 2012 für die Ermittlung des Durchschnittshonorars auf das Jahr 2010 abgestellt worden ist, in dem die Einnahmen der aktiven Vertragsärzte aus Selektivverträgen für die EHV noch nicht herangezogen werden konnten (§ 10 Abs. 1 GEHV; zum Folgenden BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 53/17 –, juris Rn. 44 f.).
Zwar ist naheliegend, dass sich für den hier betroffenen Zeitraum auch ein höherer Punktwert für die EHV ergeben hätte, wenn für die erstmalige Festsetzung des Punktwertes nach § 10 Abs. 1 GEHV nicht das quotierte Durchschnittshonorar des Jahres 2010 zugrunde gelegt worden wäre, sondern ein späteres Jahr, in dem (auch) die Umsätze der Vertragsärzte aus Selektivverträgen Bestandteil des EHV-relevanten Durchschnittshonorars waren. Indessen war die Beklagte dazu nicht verpflichtet und auch nicht gehalten, den für die Berechnung des Ausgangspunktwertes maßgeblichen Betrag des Durchschnittshonorars des Jahres 2010 um einen gewissen Zuschlag für Einnahmen aus Selektivverträgen zu erhöhen. Eine (fiktive) Erhöhung des Durchschnittshonorars 2010 um einen Betrag von Einnahmen aus Selektivverträgen wäre allenfalls geboten gewesen, wenn solche Einnahmen die Einkünfte der hessischen Vertragsärzte schon im Jahr 2010 in der Weise geprägt hätten, dass nur bei ihrer Einbeziehung eine realitätsgerechte Erfassung der Einnahmen der Vertragsärzte aus der Behandlung von Versicherten möglich gewesen wäre. Das war jedoch nicht der Fall.
Dabei lässt der Senat offen, ob die in der Entscheidung vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 53/17 –, juris Rn. 45, angestellten Erwägungen zur Kenntnis der Beklagten vom Umsatz aus Selektivverträgen um das Jahr 2010 zutreffend sind oder aus den vom Kläger insbesondere erstinstanzlich vorgetragenen Gründen in Zweifel zu ziehen sind. Hinreichend ist, dass den GEHV eine realitätsgerechte Erfassung der Einnahmen der Vertragsärzte aus der Behandlung von Versicherten nicht abgesprochen werden kann. Dabei können die vom Kläger gemachten Angaben als wahr unterstellt werden, ohne dass sich hieran etwas ändern würde. Es bestand mithin kein weiterer Aufklärungsbedarf.
Dass sich bei der Honorarermittlung Berechnungsgrundlagen nicht auf das aktuelle Quartal beziehen, sondern auf vorherige Referenzquartale o.ä., ist rechtfertigungsfähig. Zwar trägt nicht jede Praktikabilitätserwägung eine damit verbundene Abweichung vom selbstgewählten Umlageprinzip, das, um mit Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar zu sein, eine gewisse Kongruenz der Prinzipien der Einnahmenermittlung und der Leistungsermittlung wahren muss. Umgekehrt garantiert Art. 14 Abs. 1 GG keine optimale Anpassung der Leistungsseite der EHV an veränderte Bedingungen.
Soweit das Vorbringen des Klägers gegen die Berufung zuletzt darauf abgezielt hat, die Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts aus den Entscheidungen vom 12. Dezember 2018 grundlegend in Zweifel zu ziehen, weist der Senat auf Folgendes hin:
Entgegen der Auffassung des Klägers ist Prüfungsmaßstab für die hiesige Problematik nicht die Rechtfertigungsprüfung einer nachteiligen Inhaltsbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 GG. Ansprüche und unverfallbare Anwartschaften aus der EHV unterfallen zwar dem Schutz der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG; das Bundessozialgericht hat insofern eine Parallele zu den Betriebsrenten gezogen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 10/13 R –, SozR 4-2500 § 85 Nr. 79, juris Rn. 47 ff. m. w. N. aus seiner früheren Rechtsprechung; siehe zum Folgenden auch Senatsurteil vom 10. Juni 2020 – L 4 KA 45/17 –, juris Rn. 44 ff.). Zudem ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anerkannt, dass hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen der EHV in einem gewissen Rahmen Parallelen zur Gesetzlichen Rentenversicherung gezogen werden können. Die EHV ist zwar kein Teil der Sozialversicherung, sie basiert jedoch auf dem auch eine solche Versicherung tragenden Gedanken einer kollektiven Pflichtversicherung zur Absicherung der Risiken von Invalidität und Alter. Diese Annährung an den Charakter einer solidarischen Pflichtversicherung rechtfertigt es, die seitens des BVerfG für den Bereich der Sozialversicherung aufgestellten Grundsätze sinngemäß auch auf die EHV zu übertragen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 - B 6 KA 8/13 R -, SozR 4-2500 § 85 Nr. 80, Rn. 43; siehe auch Senatsurteil vom 11. April 2018 – L 4 KA 2/15 –, Rn. 72, juris). Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz des Art.14 GG für Rentenanwartschaften schließt deren Umgestaltung durch eine Änderung des Rentenversicherungsrechts nicht schlechthin aus. Unverfallbare Anwartschaften werden nicht in einer konkreten Höhe geschützt (vgl. BVerfGE 131, 66 <80>; BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2012 – 1 BvR 488/10, 1 BvR 1047/10 – juris Rn. 22). Bei der eigentumsrechtlichen Prüfung gesetzlicher Regelungen, die die Höhe von Leistungen beeinflussen, muss dem Gesetzgeber – bzw. hier dem Satzungsgeber – eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben, um das Versorgungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu gewährleisten (BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 10/13 R –, juris Rn. 47). Insbesondere eine Anpassung an veränderte Bedingungen und im Zuge einer solchen Umgestaltung auch eine wertmäßige Verminderung von Anwartschaften lässt die Eigentumsgarantie grundsätzlich zu (BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007 – 1 BvL 10/00 –, BVerfGE 117, 272, juris Rn. 53; vgl. BVerfGE 100, 1 <37f.>). Die konkrete Reichweite des Eigentumsschutzes ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch den Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 53, 257 <292>; 70, 101 <110>; 75, 78 <97>; 100, 1 <37>, stRspr.). Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspricht dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007 – 1 BvL 10/00 –, BVerfGE 117, 272, juris Rn. 53). Eingriffe in rentenrechtliche wie rentenähnliche Anwartschaften müssen allerdings einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007 – 1 BvL 10/00 –, BVerfGE 117, 272, juris Rn. 54 f. m. w. N.).
Die Beanstandungen des Klägers betreffen indes keinen Eingriff in bestehende Anwartschaften, etwa in Gestalt einer konkreten Anspruchsabsenkung, sondern die Frage der zukunftsgerichteten Fortschreibung.
Aus der Natur von Art. 14 Abs. 1 GG als ausgestaltungsbedürftiges Grundrechts folgt, dass nicht jede Veränderung der Leistungsseite der Erweiterten Honorarverteilung für die Zukunft eine am Vertrauensschutzgedanken und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messende Inhalts- und Schrankenbestimmung ist; dies folgt schon aus der Zukunftsgerichtetheit der Inhaltsbestimmung. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung zur Rentenanpassung bislang offen gelassen, wann eine unterlassene oder vermeintlich zu geringfügige Leistungserhöhung nach Art. 14 Abs. 1 GG einen Rechtfertigungsbedarf auslöst und welcher Maßstab hierfür gilt (Senger, in: Modrzejewski/Naumann, Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 5 [2019], S. 231 <240>). So würde einerseits eine Ausklammerung aus dem Grundrechtsschutz mit einer Beschränkung der Eigentumsgarantie auf den bereits bewilligten Zahlbetrag den Eigentumsschutz faktisch leerlaufen lassen, andererseits kann das Unterlassen einer Leistungserhöhung auch bei geschützten Anwartschaften gerade wegen des selbst verfassungsrechtliche Legitimation genießenden Belanges einer nachhaltigen Stabilität des Systems ein gerechtfertigte Inhaltsbestimmung darstellen (vgl. zum erstgenannten Aspekt BVerfGE 64, 87 <97 f.>; zum letztgenannten Gedanken BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2014 – 1 BvR 79/09 –, juris Rn. 54).
Deshalb unterliegt der Prüfungsmaßstab des Bundessozialgerichts für die GEHV aus der Perspektive der früheren Vertragsärzte mit der Maßgabe, dass der Normgeber einen angemessenen Ausgleich der Belange der aktiven und der ehemaligen Vertragsärzte herbeiführen und einseitige und unverhältnismäßige Belastungen der EHV-Bezieher vermeiden muss (BSG Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 53/17 R -, juris Rn. 37; Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 10/13 R –, juris Rn. 50), verfassungsrechtlich keinen grundsätzlichen Bedenken. Nicht anders als in einem umlagefinanzierten System wie der gesetzlichen Rentenversicherung und auch nicht anders als in der steuerfinanzierten Versorgung von Beamten kann sich der wirtschaftliche Erfolg in der aktiven Zeit in der Höhe der Einnahmen in der inaktiven Phase nicht punktgenau, sondern nur prinzipiell widerspiegeln (BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 10/13 R –, juris Rn. 35). Der Prüfungsmaßstab ist insoweit weiter als bei einer eingriffsgleichen Inhaltsbestimmung und beschränkt sich auf Äquivalenzgesichtspunkte sowohl zwischen den Belangen der aktiven und der ehemaligen Vertragsärzte als auch zwischen Beitragsleistung und Vorlageleistung in einer Person (vgl. auch Wehage, MedR 2019, 825 <825>).
Insoweit waren den Differenzen zwischen der Argumentation des Klägers und der des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 53/17 R –, juris Rn. 47) nicht weiter nachzugehen. Selbst wenn man von den hervorgehobenen vom Kläger hervorgehobenen und als unstreitig dargestellten Zahlen aus dem Jahr 2011 ausginge und aus der Argumentation des Bundessozialgerichts lediglich berücksichtigte, dass die Grenze von 1.000.000 € Erträgen aus Selektivverträgen erstmals im Quartal IV/2013 erreicht worden sei und im Quartal I/2016 sich das Bereinigungsvolumen auf 3,4 Mio. € gegenüber einer Gesamtvergütung von ca. 695 Millionen Euro belaufen habe, so bleibt die Argumentation des Bundessozialgerichts nachvollziehbar, dass im Hinblick auf diese Relation die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, den aus den Gesamtvergütungen ermittelten Betrag des Durchschnittshonorars (§ 10 Abs. 1 GEHV) zu erhöhen.
Der Vortrag des Klägers lässt nicht erkennen, dass etwa die Koppelung der Erhöhung an die Bezugsgröße des § 18 Abs. 1 SGB IV zu einer Entwertung der Anwartschaften bzw. zu einer einseitigen und unverhältnismäßigen Belastungsverschiebung führt. Zudem erscheint der Vortrag der Beklagten plausibel, wonach durch den jetzt gewählten Mechanismus das Eingreifen des paritätischen Defizitausgleiche nach § 5 GEHV verhindert werde, die Schwankungsreserve nach § 6 GEHV erhalten und aufgebaut werde sowie der Mengenfaktor nach § 4 Abs. 4 b) GEHV zugunsten der EHV-Empfänger beeinflusst werde, jedenfalls solange die Einnahmen im Vergleich zu den Ausgaben stiegen.
Den verfassungsrechtlichen Maßstab tangiert auch nicht in der mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2022 vertiefte Umstand, dass in den Quartalen III/2011 bis II/2012 nach der früheren Fassung der Satzung die Einnahmen aus Selektivverträgen ihren Niederschlag in der Leistungshöhe gefunden hätten, mithin dem Kläger 2012 etwas genommen worden sei, was ihm 2011 gegeben worden sei. Art. 14 Abs. 1 GG schützt indes bei Anwartschaften nicht einzelne Berechnungselemente einer schon in der Zukunft liegenden Anpassung gegen weitere künftige Reformen. Es lag auf der Hand, dass der Satzungsgeber nach der Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit des Nachhaltigkeitsfaktors das System der Leistungsseite der EHV neu austarieren musste.
Letztlich muss der Kläger erkennen, dass er mit seiner Argumentation eine Optimierung der Leistungshöhe in einem spezifischen Bereich beansprucht, zu dem er selbst nichts beigetragen hat. Die Überlegungen des Bundessozialgerichts, wonach die Grenze der Ausgestaltung des Umlagesystems beim Verlust eine realitätsgerechte Erfassung der Einnahmen der Vertragsärzte liegen soll, sind auch einer Umkehrung zugänglich. Je stärker sich der Beitrag des Klägers zum damaligen System vom heutigen Beitrag der aktiven Ärzte entfernt hat, desto weniger muss der Kläger an den heutigen Besonderheiten der Honorarentwicklung partizipieren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Berufung der Beklagten zum Zeitpunkt ihrer Einlegung überwiegend unbegründet gewesen ist, so dass eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung nicht angezeigt war; zu Lasten der Beklagten geht dabei auch, dass die Erledigungen durch den Bescheid vom 5. Februar 2016 und durch das angenommene Teilanerkenntnis zu ihren Lasten gehen, da sie sich in die Rolle des Unterlegenen begeben hat. Bei der Quotelung ist der Senat näherungsweise vom Wert der Abhilfen und von den Berechnungen des Sozialgerichts des Interesses eines „Vollrentners“ an der Berücksichtigung des Honorars aus Selektivverträgen, welches zugunsten des Klägers mit einem Abschlag berücksichtigt wurde, ausgegangen.
Eine Revisionszulassung kommt angesichts der Klärung aller maßgeblichen Rechtsfragen in den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 12. Dezember 2018 – B 4 KA 53/17 R – u.a. nicht in Betracht.