§ 40 Abs. 4 Satz 2 SGB II in der bis 31. Juli 2016 geltenden Fassung war verfassungsgemäß.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Januar 2014. Der Kläger begehrt eine verfassungskonforme Auslegung des § 40 Abs. 4 S. 2 des Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der ab dem 1. April 2011 bis 31. Juli 2016 gültigen Fassung (im Weiteren: § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F.).
Der im Jahr 1980 geborene Kläger stand aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 5. August 2013 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 5. November 2013, 23. November 2013 und 10. Dezember 2013 im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Für den im Streit stehenden Monat Januar 2014 waren dem Kläger mit dem zuletzt genannten Bescheid Grundsicherungsleistungen in Höhe von 778,34 Euro, bestehend aus 391,00 Euro Regelbedarf sowie Kosten der Unterkunft und Heizung (im Folgenden: KdU) in Höhe von insgesamt 387,34 Euro (Grundmiete: 247,34 Euro + 63,00 Euro kalte Betriebskosten + 77,00 Euro Heizkosten) ohne die Berücksichtigung von Erwerbseinkommen bewilligt worden, da sein Beschäftigungsverhältnis gekündigt und Arbeitslosengeld I zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewilligt worden war.
Am 14. Januar 2014 ging auf dem Konto des Klägers Arbeitslosengeld I für den Zeitraum vom 19. November 2013 bis 31. Dezember 2013 in Höhe von 449,40 Euro ein. Am 31. Januar 2014 erfolgte der Zufluss von Arbeitslosengeld I in Höhe von 321,00 Euro für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis 31. Januar 2014. Zudem erhielt der Kläger am 29. Januar 2014 eine Gutschrift des Energieversorgungsunternehmens GASAG in Höhe von 74,73 Euro.
Nach vorheriger Anhörung hob der Beklagte die vorgenannten Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis 31. Januar 2014 in Höhe von 391,00 Euro Regelleistung und 349,40 Euro KdU, gestützt auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), mit dem Bescheid vom 11. November 2014 teilweise auf und forderte die Erstattung des sich hieraus ergebenden Gesamtbetrages von 740,40 Euro. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 28. November 2014 hat der Kläger gegen die vorgenannte Entscheidung Widerspruch erhoben. Zur Begründung führte dieser aus, dass die Regelung des § 40 Abs. 4 SGB II zugunsten des Klägers zur Anwendung gelangen müsse, da dieser andernfalls in unzulässiger Weise benachteiligt werde. Danach seien abweichend von § 50 SGB X 56 Prozent des bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes berücksichtigten Bedarfs für Unterkunft nicht zu erstatten. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2015 wies der Beklagte unter näherer Erläuterung des Rückforderungsbetrages den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Norm des § 40 Abs. 4 SGB II nicht zur Anwendung komme, da die Bewilligungsentscheidung lediglich teilweise aufgehoben worden sei.
Am 4. März 2015 hat der Kläger gegen die vorgenannte Entscheidung des Beklagten Klage erhoben. Diese hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers ergänzend dahingehend begründet, dass nicht nachvollziehbar sei, welches Einkommen angerechnet werde. Zudem sei seitens des Beklagten nicht ermittelt worden, wann dieses zugeflossen sei. Der Bescheid sei daher schon nicht ausreichend begründet.
Im Verhandlungstermin vom 14. Juni 2017 hat der Beklagte anerkannt, dass die Forderung von 740,40 Euro auf 680,40 Euro reduziert wird. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis nicht angenommen, da er anderer Rechtsauffassung bezüglich der Gesamtberechnung sei. Er halte es für möglich, dass der Beklagte unter Berücksichtigung des GASAG-Guthabens zu einer Gesamtaufhebung kommen und dann die Regelung des §§ 40 Abs. 4 SGB II a.F. anwenden müsse. Diese Regelung müsse der Beklagte aber ohnehin auch in Fällen der teilweisen Aufhebung berücksichtigen.
Mit Urteil vom 14. Juni 2017 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 11. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2015 insoweit aufgehoben, als der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag 680,40 Euro übersteigt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Teilaufhebung hat es ausgeführt, dass der Beklagte zunächst zu Unrecht die Nachzahlung des Arbeitslosengelds I als einmalige Einnahme berücksichtigt habe, dann jedoch dieses Einkommen im gerichtlichen Verfahren zu Recht als laufende Einnahme mit der Folge der Berücksichtigung der Freibeträge entsprechend den Nachzahlungsmonaten eingestuft habe. Mithin seien lediglich 680,40 Euro als Einkommen auf den Bedarf des Klägers anzurechnen. Somit verbleibe diesem ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 97,94 Euro, welcher selbst unter Berücksichtigung des GASAG–Guthabens nicht zu einer Gesamtaufhebung der Leistungen führen würde.
Hinsichtlich der Erstattung im Rahmen des § 50 SGB X komme § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. nicht zur Anwendung, da nur eine teilweise Aufhebung vorliege. Verbleibe wie im Fall des Klägers ein Restbetrag an bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II, sei der Anspruch auf Wohngeld ausgeschlossen und für den Ausgleich entsprechend der vorgenannten Norm bestehe kein Anlass. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. bestünden nicht. Es handele sich um eine Typisierung, die sich im Rahmen des gesetzgeberischen Spielraums bewege. Die Erwägungen des Bundessozialgerichts zur Verfassungskonformität der Norm aus seiner Rechtsprechung zu einer Betriebskostengutschrift ließen sich auch auf andere Fälle übertragen. Die Berufung wurde nicht zugelassen.
Mit Beschluss vom 9. März 2018 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers vom 18. August 2017 (Bl. 118 GA) die Berufung zugelassen (Blatt 150 GA).
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Berufung ergänzend dahingehend begründet, dass die Norm des § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II nach ihrem Wortlaut keine Anwendung finde. Im Fall einer vollen Aufhebung hätte der Kläger jedoch nur 56 % der für die Unterkunft berücksichtigten Bedarfe, also 247,34 Euro, zu erstatten. Mithin wäre ein Betrag von 138,51 Euro nicht zu erstatten. Im Ergebnis sei der Kläger also im Vergleich zur Rückzahlung eines um 100,57 Euro höheren Betrages verpflichtet. Hätte er ein so hohes Einkommen erzielt, dass die Bescheide in vollem Umfang aufgehoben worden wären, müsste er weniger zurückzahlen. Ein verfassungsrechtlich legitimer Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich. Selbst wenn man jedoch davon ausgehe, dass eine Vereinbarkeit der Vorschrift dem Grundgesetz anzunehmen sei, dürfte der Beklagte dazu verpflichtet gewesen sein, den Kläger dahingehend zu beraten, dass er auf den restlichen Leistungsbetrag in Höhe von 37,94 Euro verzichten könne. Bei einem solchen Verzicht würde sich die Erstattungsforderung um 100,57 Euro vermindern.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 11. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2015 unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2017 aufzuheben, soweit der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag 213,54 Euro übersteigt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung abzuweisen.
Der Beklagte verweist darauf, dass ein Verzicht auf Leistungen rückwirkend nicht möglich sei. Es sei auch dem Beklagten klar, dass durch die Regelung des § 40 Abs. 4 SGB II a.F. rechnerisch Ungleichbehandlungen entstehen können. Er sei jedoch an eine klare Regelung des Gesetzes gebunden. Er sei auch nicht befugt, Leistungen unrechtmäßig in voller Höhe aufzuheben, damit dem Berufungskläger dadurch rein rechnerisch ein geringerer Erstattungsanspruch zusteht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wir auf die Gerichtsakten sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die dem Senat vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2017 ist auf Grund der Zulassung der Berufung durch den Beschluss des Landessozialgerichts vom 9. März 2018 gemäß § 145 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Die Klage wurde auch im Übrigen in zulässiger Weise als Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs.1 SGG erhoben.
II.
Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat, soweit es der Klage nicht stattgegeben hat, diese zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 11. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2015 in Gestalt der Änderung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2017 ist rechtmäßig.
1.
Der Beklagte war gestützt auf die Ermächtigungsnorm des § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch und § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) berechtigt, die Leistungsbewilligung des Klägers aus den Bescheiden vom 5. August 2013 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 5. November 2013, 23. November 2013 und 10. Dezember 2013 für den Monat Januar 2014 in Höhe von 680,40 Euro aufzuheben, da dem Kläger nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 10. Dezember 2013 mit dem Zufluss von Arbeitslosengeld I im Januar 2014 in Höhe von insgesamt 770,40 Euro Einkommen im Sinne des § 11 SGB II zugeflossen ist, welches nach erfolgter Einkommensbereinigung nach § 11b SGB II bedarfsmindernd zu berücksichtigen war. Sowohl bei dem Zufluss des für den Monat Januar 2014 gezahlten Arbeitslosengeldes I am 31. Januar 2014 wie auch bei der dem Kläger ebenfalls im Januar 2014 zugeflossenen Nachzahlung von Arbeitslosengeld I für die Monate November 2013 und Dezember 2013 handelt es sich entsprechend der damals noch geltenden Rechtslage vor Einführung des § 11 Abs. 3 S. 2 SGB II zum 1. August 2016 um laufendes Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 2 SGB II, da es auf demselben Rechtsgrund, nämlich einer Leitungsbewilligung der Bundesagentur für Arbeit, beruht und nach diesem Rechtsgrund nicht als Einmalleistung, sondern regelmäßig monatsweise zu erbringen gewesen wäre (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24. April 2015, Aktenzeichen B 4 AS 32/14 R, Rn 17, sämtliche Rechtsprechung zitiert nach JURIS). Dieses Einkommen war damit nach § 11 Abs. 2 S. 1 SGB II in voller Höhe im Zuflussmonat Januar 2014 zu berücksichtigen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Januar 2009, Aktenzeichen B 14/7b AS 14/07, Rn 21f.). Das Sozialgericht hat ferner in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zutreffend entschieden, dass dieses Einkommen mit Rücksicht darauf, dass Arbeitslosengeld I für insgesamt drei Monate zufloss, um drei Versicherungspauschalen nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG-II VO in Höhe von jeweils 30,00 Euro zu bereinigen ist, da es rechtsdogmatisch zu Lasten des Hilfebedürftigen keinen Unterschied machen kann, ob das Einkommen aus einer Sozialleistung laufend oder wie im Fall des Klägers nachgezahlt wird (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Juli 2014, Aktenzeichen B 14 AS 25/13, Rn 11ff; Landessozialgericht Berlin–Brandenburg, Urteil vom 17. September 2015, Aktenzeichen L 31 AS 1571/15, Rn 28ff), so dass für den Monat Januar 2014 ein anrechenbares Einkommen des Klägers von 680,40 Euro verbleibt. Da zuvor kein Einkommen auf dessen grundsicherungsrechtlichen relevanten Bedarf im Monat Januar 2014 angerechnet worden war, entspricht der Betrag von 680,40 Euro der nachträglich eingetretenen rechtswidrigen Überzahlung.
Die Aufhebungsentscheidung des Beklagten ist somit nach der durch das Sozialgericht bereits herbeigeführten Korrektur nicht weiter zu beanstanden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Januar 2014 zugeflossenen Betriebskostenguthaben des Klägers bei der GASAG, da dieses gemäß der Norm des § 22 Abs. 3 1. Halbsatz SGB II auf dessen Bedarf im Februar 2014 anzurechnen und damit nicht bedarfsmindernd als Einkommen im Monat Januar 2014 zu berücksichtigen ist.
2.
Auch die im Streit stehende auf § 50 Abs. 1 SGB X gestützte Rücknahmeentscheidung des Beklagten ist nach der Abänderung auf eine Höhe von 680,40 Euro durch das Sozialgericht nicht mehr zu beanstanden.
Nach § 50 Abs. 1 SGB X sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. sieht abweichend hiervon vor, dass 56 Prozent der bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes berücksichtigen Bedarfe für Unterkunft nicht zu erstatten sind. § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. bestimmt, dass der Satz 1 des § 40 Abs. 4 SGB II a.F. in den Fällen des § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X und § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 4 SGB X sowie dann nicht gilt, wenn eine Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird. Ob eine vollständige Aufhebung oder eine lediglich teilweise Aufhebung im Sinne von § 40 Abs. 4 Satz 2 SGB II vorliegt, ist anhand der Höhe der monatlich bewilligten Leistung zu beurteilen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 2. Dezember 2014, Aktenzeichen B 14 AS 56/13 R, Rn 13; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 8. Oktober 2015, Aktenzeichen L 3 AS 303/15, Rn 14ff). Da dem Kläger von der ursprünglich bewilligten Leistung zur Sicherung des Lebensbedarfs für den Monat Januar 2014 nach dem streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2015 noch ein Betrag von 37,94 Euro an Kosten der Unterkunft und Heizung verbleibt, handelt es sich bei der streitgegenständlichen Aufhebungsentscheidung nur um eine Teilaufhebung im Sinne des § 40 Abs. 4 S. 2 am Ende SGB II a.F., so dass die Regelung des § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. nicht zu Gunsten des Klägers zur Anwendung gelangt.
Der Senat hat ferner keine Möglichkeit, die Norm des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. teleologisch oder verfassungskonform dahingehend auszulegen oder zu reduzieren, dass der Kläger nur 44 Prozent seiner Unterkunftskosten zu erstatten hat und ihn damit so zu stellen, wie er stehen würde, wenn seine SGB II–Leistungsbewilligung wegen nachträglichem Einkommenszufluss nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II vollständig und nicht nur teilweise aufgehoben worden wäre mit der Folge der Anwendbarkeit des § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. Das ist ausgeschlossen, da der Wille des Gesetzgebers, dass bei Teilaufhebungen unabhängig von ihrer Höhe die Norm des § 40 Abs. 4 S.1 SGB II a.F. nicht anzuwenden ist, durch den eindeutigen Wortlaut des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. klar zum Ausdruck kommt.
Zur Überzeugung des Senats war die Regelung des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. auch verfassungskonform. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen der ihm zustehenden Typisierung mit § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. eine allgemeine Regelung zum Ausschluss der Reduzierung des Erstattungsbetrages der Unterkunftskosten nach § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. erlassen, ohne gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs.1 Grundgesetz (GG) zu verstoßen.
Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs.1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen aber vorenthalten wird. Dabei ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Werden bei der Gewährung einer bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistung die Empfänger anderer Sozial- oder Entschädigungsleistungen in unterschiedlicher Weise der Einkommensanrechnung unterworfen, so müssen zwischen den Empfängern einer nicht als Einkommen zu berücksichtigenden Leistung und den Empfängern einer nichtprivilegierten Leistung Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 2. Dezember 2014, a.a.O., Rn 20 unter ausführlicher Darlegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
Dieses zu Grunde gelegt, war die Norm des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a. F., welche die Reduzierung der Erstattung der Unterkunftskosten nicht nur für die nach § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X und § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 4 SGB X ohnehin nicht schutzwürdigen Personen sondern auch für diejenigen Leistungsempfänger ausschließt, gegenüber denen die Leistungsbewilligung nur teilweise aufgehoben wurde, nicht zu beanstanden. Sinn und Zweck der Norm des § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a. F. zur Einschränkung der Erstattungspflicht bezüglich der Unterkunftskosten war es, dem nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Wohngeldgesetz in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung (WoGG) geltenden Ausschluss von Empfängern von Arbeitslosengeld II–Leistungen von Wohngeldleistungen Rechnung zu tragen und diese so zu stellen, als hätten sie einen Mietzuschuss erhalten, der nach dem bis zum 31. August 2014 geltenden Wohngeldrecht nur in sehr begrenztem Umfang einer Rückerstattung unterlag (vgl. Aubel in jurisPK-SGB II, zu § 40 SGB II, 5. Auflage 2020, Werkstand 29. Juni 2021, Rn 282 m.w.N.). Den Beziehern von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld sollte ein Ausgleich dafür gewährt werden, dass einerseits ihre Unterkunftskosten nachträglich im System des SGB II keine Berücksichtigung mehr finden und sie andererseits wegen der ursprünglichen Bewilligung von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld für die Vergangenheit von Wohngeld trotzdem ausgeschlossen sind (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O., Rn 13 m.w.N.). Diese Problematik kann indes nur dann entstehen, wenn eine SGB II–Leistungsbewilligung auf Grund nachträglichen Einkommenszuflusses nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X vollständig aufgehoben wird. Verbleibt indes auch nach der Einkommensanrechnung nach dem SGB II ein Restanspruch, so wird der Leistungsempfänger durch die Erstattungspflicht in Höhe der Teilaufhebung nicht benachteiligt, da er SGB II-Leistungen in der Höhe erhält, die ihm zugestanden hätten, wenn er sogleich Leistungen in der richtigen Höhe erhalten hätte und er andererseits weiterhin von Leistungen nach dem Wohngeldgesetz ausgeschlossen wäre (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O., Rn 14f.).
Dennoch wird die Norm des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. in Bezug auf die Pflicht zur vollständigen Erstattung der überzahlten Unterkunftskosten bei Teilaufhebungen als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft. Es wird argumentiert, dass, wer im großen Maßstab zu viel erhalten habe und gar keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II mehr habe, besser gestellt werde, als eine Person, die vergleichsweise weniger zu viel erhalten habe und bei der deshalb ein Restanspruch nach dem SGB II verbleibe. Dieses erscheine willkürlich und verstoße gegen Art. 3 GG (vgl. Conradis in Münder, Kommentar zum SGB II, 5. Auflage 2013, Rn 31). Das Bundessozialgericht hat es in seinem Urteil vom 2. Dezember 2014 mit Ausnahme der Frage der vollen Erstattungspflicht im Fall vom Betriebskostenguthaben, bei welchen es keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs.1 GG sah, offen gelassen, ob es diesen Einwänden folgt (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O., Rn 21).
Der Senat schließt sich diesen Einwänden nicht an, da er die Norm des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. für verfassungskonform erachtet. Die vom Bundesgesetzgeber vorgenommene Differenzierung nach § 40 Abs. 4 S. 1 und 2 SGB II a.F. ist nicht willkürlich, denn sie beruht auf einem sachlichen Grund. Der Gesetzgeber verfolgt mit § 40 Abs. 4 S. 1 und 2 SGB II a.F. das legitime Ziel, die Sozialleistungssysteme nach dem SGB II und dem WoGG voneinander abzugrenzen und Doppelleistungen zu vermeiden (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. Oktober 1997, Aktenzeichen 1 BvL 5/93, Rn 46 zum Ausschluss von Wohngeldleistungen für BaföG-Empfänger mit Volldarlehen). Auch in anderen Fällen, in denen Sozialleistungen zur Deckung von Unterkunftskosten gewährt werden, erfolgt, wie das Beispiel von § 20 WoGG zeigt, eine Trennung der Sozialleistungssysteme durch den Ausschluss vom Wohngeld. Die Leistungsberechtigten nach dem SGB II stehen selbst bei einem Restanspruch auf SGB II insgesamt auch nicht unbedingt schlechter als Wohngeldberechtigte ohne SGB II-Leistungsanspruch. Der SGB II–Leistungsanspruch berücksichtigt die vollen angemessenen Unterkunftskosten als Zuschuss, wohingegen Wohngeld stets nur einen Teil der „kalten“ Aufwendungen für die Unterkunft deckt. Auch geht der SGB II–Leistungsbezug mit weiteren Vorteilen wie dem Pflichtversicherungstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB Fünftes Buch Sozialgesetzbuch und der Befreiung von Rundfunkbeiträgen einher, welche Wohngeldempfänger nicht genießen. In jedem Fall ist es wegen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei grundlegenden Systementscheidungen auf dem Gebiet der sozialen Sicherung und seiner Befugnis, bei der Ordnung von Massenerscheinungen, wie sie hier vorliegen, typisierende Regelungen zu treffen, auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verfassungsrechtlich geboten, Leistungsberechtigte nach dem SGB II in jeder Hinsicht Wohngeldbeziehern gleichzustellen. Ein Gebot, einen Empfänger von Arbeitslosengeld II, dessen Leistungen rückwirkend aufgehoben werden, immer mindestens so zu stellen, als hätte er wie ein Sozialhilfeempfänger nach früherem Recht grundsätzlich nicht rückforderbares Wohngeld erhalten, lässt sich der Verfassung nicht entnehmen. Denn auch vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs.1 GG ist es nicht notwendig, dass der Gesetzgeber für jeden Einzelfall eine Sonderregelung trifft, um Ungleichbehandlungen zu vermeiden. Dabei sind die durch § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. zu befürchtenden Ungleichbehandlungen mit Rücksicht darauf, dass Leistungsempfänger nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch bei erheblichen Änderungen der Tatsachenlage und damit insbesondere auch bei nachträglichem Zufluss von Einkommen nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X verpflichtet sind, diese gegenüber der Behörde unverzüglich anzuzeigen, um Überzahlungen zu vermeiden, zeitlich im Regelfall auf einen Monat begrenzt. Die Norm des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a. F. führt ferner nur dann zu einer Ungleichbehandlung, wenn der betroffene Leistungsempfänger nachträglich Einkommen erzielt hat, welches unter Berücksichtigung der Freibeträge nach § 11b SGB II ausreichend war, um seinen Regelbedarf und gegebenenfalls auch noch den Regelbedarf der weiteren Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft sowie 44 Prozent seiner Unterkunftskosten zu decken, was nur bei einem kleinen Anteil der Leistungsempfänger nach dem SGB II überhaupt der Fall ist (vgl. Landessozialgericht Berlin–Brandenburg, Beschluss vom 8. April 2011, Aktenzeichen L 5 AS 2149/10 B PKH, Rn 13, unter Berufung auf die Statistik der Bundesagentur für Arbeit). Schließlich ist zu beachten, dass dem betroffenen Leistungsempfänger Leistungen in Höhe des SGB II–Hilfebedarfs in jedem Fall verbleiben. Die durch § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. hervorgerufenen Ungleichheiten und die damit einhergehenden - moderaten - Härten stellen daher einen Ausnahmefall dar, der zur Schaffung von einfach anwendbaren Normen, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und zur Vermeidung des parallelen Bezugs von SGB II und Wohngeld und damit einhergehend der Befassung zweier Behörden im Rahmen einer allgemeinen gesetzlichen Regelung noch hinnehmbar ist (vgl. Landessozialgericht Berlin–Brandenburg, Beschluss vom 8. April 2011, Aktenzeichen L 5 AS 2149/10 B PKH, Rn 11ff; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. Februar 2011, Aktenzeichen L 7 AS 724/09, Rn 28ff; Aubel in jurisPK-SGB II, 4. Auflage 2015, zu § 40 SGB II, Rn 149 m.w.N.; Eicher / Greiser in Eicher, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage 2013, zu § 40 SGB II).
3.
Die Kostengrundentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang der Hauptsache. Der Beklagte war unter Einbeziehung des Unterliegens in der ersten Instanz nur geringfügig unterlegen, so dass er in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 Zivilprozessordnung keine Kosten zu erstatten hat.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere kommt der Rechtsfrage der Verfassungskonformität des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG mehr zu.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint. Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 21. Juni 2016, Aktenzeichen B 14 AS 1/16 B, Rn 2 m.w.N.). Bei Rechtsfragen zu bereits außer Kraft getretenem Recht muss für eine grundsätzliche Bedeutung entweder noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des ausgelaufenen Rechts zu entscheiden sein, oder die Überprüfung der Rechtsnorm beziehungsweise ihrer Auslegung muss aus anderen Gründen fortwirkende allgemeine Bedeutung haben. Eine Fortwirkung kann insbesondere dann vorliegen, wenn an die Stelle der bisherigen Regelung eine inhaltsgleiche getreten ist oder sogar die bisherige Regelung im Wortlaut beibehalten und nur formal neu geschaffen wurde (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 19. Juli 2012, Aktenzeichen B 1 KR 65/11 B, Rn 10).
Diese Voraussetzungen liegen für die Norm des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. nicht mehr vor. Zwar hatte das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 2. Dezember 2014 zu der wortgleichen Vorgängernorm des § 40 Abs. 2 S. 2 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung noch angedeutet, dass wegen der verfassungsrechtlichen Einwände in der Literatur gegen die vorgenannte Norm grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Verfassungskonformität des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a. F. für andere Fälle wie beispielsweise bei der teilweisen nachträglichen Aufhebung der Bewilligungsentscheidung bestehen könnte (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 2. Dezember 2014, a.a.O., Rn 21). Diese grundsätzliche Bedeutung ist jedoch inzwischen weggefallen. Der Gesetzgeber hat die Norm des § 40 Abs. 4 SGB II a.F. mit Wirkung zum 1. August 2016 noch wortgleich unter der Norm des § 40 Abs. 9 SGB II a.F. fortgeführt. Mit Wirkung zum 1. Januar 2017 wurde die Norm ersatzlos gestrichen. Nach § 8 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 WoGG in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung gilt der Ausschluss von Wohngeld für den Zeitraum als nicht erfolgt, für den der Bewilligungsbescheid über Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld zurückgenommen oder aufgehoben wird. Damit war die Regelung des § 40 Abs. 4 SGB II a.F. entbehrlich geworden.
Eine Vielzahl offener Verfahren zu der vorgenannten Rechtsfrage gibt es ebenfalls nicht. Das ist bereits daraus zu schließen, dass die Norm des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II / § 40 Abs. 9 SGB II a.F. bereits vor fünf Jahren ersatzlos gestrichen wurde. Einschlägige Rechtsprechung zu der Norm des § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. lässt sich trotz mehrjähriger Gültigkeitsdauer und des weiteren vorgenannten Zeitablaufs in den letzten Jahren nicht ermitteln, was darauf hindeutet, dass es diesbezüglich nur wenige noch offene Rechtsstreite gibt.