L 3 AS 1622/20

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 50 AS 1351/17 WA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 AS 1622/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

 

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 29. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.

 

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Gründe

 

I.

Die Beteiligten streiten über die endgültige Gewährung und Erstattung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum vom 01. August 2011 bis zum 31. Dezember 2011.

 

Die 1955 und 1974 geborenen Kläger waren nach ihren Angaben im Verwaltungsverfahren miteinander verheiratet und standen beim Beklagten im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Der Kläger zu 2) war selbstständig als Markthändler tätig und von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreit. Für die von den Klägern bewohnte Wohnung waren monatlich eine Bruttokaltmiete von 182 Euro, eine Nebenkostenvorauszahlung i. H. v. von 40 Euro und Heizkosten i. H. v. 130 Euro zu zahlen.

 

Im Juli 2011 beantragten sie die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II für den am 01. August 2011 beginnenden Bewilligungszeitraum. In der dem Antrag beigefügten vorläufigen Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) gaben die Kläger an, dass der Kläger zu 2) aus einer selbständigen Tätigkeit im Zeitraum August 2011 bis Januar 2012 Einnahmen von 8.400 Euro und kumulierte Ausgaben i. H. v. 4.135 Euro erwarte. Der Beklagte gewährte den Klägern mit bestandskräftigem  Bescheid vom 01. August 2011 vorläufige Leistungen in Höhe von monatlich jeweils 228,83 Euro (78,83 Euro Regelbedarf, 150 Euro KdUH). Dabei legte er seiner Leistungsberechnung einen Regelbedarf von jeweils 328 Euro und Einkommen des Klägers zu 2) aus seiner selbständigen Tätigkeit i. H. v.  monatlich 722,92 Euro zu Grunde, wobei er die Betriebseinnahmen aus der vorläufigen EKS übernahm, die Ausgaben aber auf 4.062,50 Euro kürzte und 1/6 des so ermittelten Gewinns als monatliches Einkommen in Ansatz brachte. Nach Abzug der Freibeträge verblieb ein  anrechenbares Einkommen des Klägers zu 2) i. H. v. 498,34 Euro. Die Heizkosten berücksichtigte der Beklagte mit dem von ihm für angemessen gehaltenen Wert von monatlich 78 Euro.

 

Zum Nachweis ihrer Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit im Jahr 2011 reichten die Kläger eine von ihrem Steuerberater erstellte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) für den Zeitraum vom 01. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 ein, die für 2011 Betriebseinnahmen i. H. v.  23.970 Euro und Betriebsausgaben i. H. v.  9.477,97 Euro, mithin einen (steuerrechtlichen) Gewinn i. H. v.  14.492,03 Euro, auswies. Der Beklagte nahm 1/12 davon, also 1.207,67 Euro,  als monatliches Einkommen für den Zeitraum von August 2011 bis Dezember 2011 an, wovon nach Abzug der Freibeträge 907,67 Euro als anrechenbares Einkommen verblieben. Hinsichtlich der Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit im Jahr 2012 reichten die Kläger die von ihrem Steuerberater für das Jahr 2012 nach § 4 Abs. 3 EStG erstellte Gewinnermittlung ein, die Betriebseinnahmen i. H. v.  15.365 Euro, und Betriebsausgaben i. H. v.  10.355,48 Euro, mithin einen (steuerrechtlichen) Gewinn i. H. v.  5.009,52 Euro, auswies.

 

Mit Bescheid vom 19. Mai 2014 setzte der Beklagte auf der Grundlage der beschriebenen Einkommensermittlung die der Klägerin zu 1) endgültig zustehenden Leistungen für August 2011 bis Dezember 2011 auf monatlich 24,17 Euro (KdUH) und den Erstattungsbetrag auf monatlich 204,66 Euro (insgesamt 1.023,30 Euro) fest. Mit weiterem Bescheid vom 19. Mai 2014 erfolgten die endgültige Bewilligung für den Kläger zu 2) für August 2011 bis Dezember 2011 i. H. v.  monatlich 24,16 Euro (KdUH) und die Festsetzung des Erstattungsbetrages auf monatlich 204,67 Euro (insgesamt 1.023,35 Euro).

 

Auf die am 04. Juni 2014 erhobenen Widersprüche änderte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2014 die Bescheide vom 19. Mai 2014 ab. Die Höhe der endgültig bewilligten Leistungen betrug für August 2011 bis Dezember 2011 nunmehr monatlich jeweils 50,17 Euro (KdUH). Die Erstattungsforderung setzte der Beklagte auf jeweils 893,30 Euro fest. Dabei berücksichtigte er die tatsächlichen Heizkosten. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch zurück und verfügte eine Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren zu 13%.

 

Die Kläger haben am 13. Oktober 2014 vor dem Sozialgericht (SG) Cottbus Klage gegen die Bescheide vom 19. Mai 2014, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2014, erhoben. Die angegriffenen Bescheide seien nicht nachvollziehbar. Ihnen stünden höhere Leistungen zu, die sie allerdings selbst nicht genau beziffern könnten.  Die Höhe des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit sei unzutreffend bestimmt. So seien Kosten der Kfz-Haftpflichtversicherung bei der Gewinnermittlung nicht vollständig berücksichtigt worden und die Kosten für die täglichen Fahrten zwischen Wohnort und jeweiligem Marktort in Abzug zu bringen. Weiter sei nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger zu 2) Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung i. H. v. monatlich 189,11 Euro gezahlt habe. Vor dem SG hat am 14. März 2018 ein Erörterungstermin stattgefunden, in dem die Kläger darauf hingewiesen worden sind, dass Ausgaben zu belegen sind. Mit schriftlichem Hinweis des Kammervorsitzenden vom 11. Mai 2020  ist den Klägern unter anderem die Einkommensberechnung anhand der Vorgaben der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) umfassend erläutert worden. Es ist darauf hingewiesen worden, dass es nicht auf die steuerlichen Unterlagen und nicht auf den Jahreszeitraum ankomme, sondern die für den Bewilligungszeitraum anfallenden Einnahmen und Ausgaben durch Beleglisten zu erfassen und zu belegen seien. Nachdem in  einem weiteren Erörterungstermin vom 23. Juni 2020 eine gütliche Einigung nicht zu Stande gekommen ist, hat der Vorsitzende den Klägern mit Schreiben vom 01. Juli 2020 unter Hinweis auf § 106a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) u.a. aufgegeben, zum Nachweis der Einkünfte des Klägers zu 2) die Anlage zur abschließenden Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) für die Zeit vom 01. August 2011 bis zum 31. Januar 2012 auszufüllen und mit sämtlichen Belegen über die Einnahmen und Ausgaben bis zum 15. August 2020 vorzulegen. Auf diese Aufforderung erfolgte keinerlei Reaktion der Kläger. In der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2020 hat der Kläger zu 2) angegeben, sich wegen des Zeitablaufs nicht in der Lage zu sehen, Unterlagen beizubringen. Die Kläger haben beantragt, die Bescheide des Beklagten vom 19. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2014 aufzuheben, soweit sie rechtswidrig sind, und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Zeitraum vom 01. August 2011 bis zum 31. Dezember 2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für KdUH nach dem SGB II zu gewähren.

 

Das SG Cottbus hat die Klage mit Urteil vom 29. Oktober 2020 abgewiesen und den Klägern Verschuldenskosten i. H. v. 150 Euro auferlegt. Die Einkommensberechnung des Beklagten sei zwar rechtswidrig erfolgt, weil die steuerliche Gewinnermittlung nach der maßgeblichen ALG II-V nicht für die Ermittlung des Einkommens heranzuziehen sei. Dies beschwere die Kläger jedoch nicht, denn sie hätten ihre Hilfebedürftigkeit überhaupt nicht nachgewiesen, weil sie die angeforderte Anlage EKS nicht ausgefüllt und keinerlei Ausgaben belegt hätten.

 

Die Kläger haben gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 04. November 2020 zugestellte Urteil am 04. Dezember 2020 Berufung eingelegt, mit der sie ihre Begehren weiterverfolgen und darüber hinaus eine Verzinsung der von ihnen begehrten höheren Leistungen nach § 44 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verlangen. Sie sind der Auffassung, das SG habe die gezahlten Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu Unrecht nicht berücksichtigt. In dem parallel geführten Klageverfahren S 25 AS 4504/14 habe der Kläger zu 2) eine CD mit Standbelegen für die Jahre 2010 bis 2012 vorgelegt, aus denen sich die Kosten für die Marktstände ergeben würden und sich die Fahrkosten ermitteln ließen. Die Kostenentscheidung sei zu beanstanden, denn sie berücksichtige nicht das teilweise Obsiegen im Widerspruchsverfahren. Auch seien ihnen keine Verschuldenskosten aufzuerlegen. Die Kläger hätten mitwirken wollen und daher in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine Fristverlängerung bis zum 31. Januar 2021 begehrt. Unterlagen zum Einkommen des Klägers zu 2) im streitgegenständlichen Zeitraum haben die Kläger auch im Berufungsverfahren nicht beigebracht.

 

Die Kläger beantragen,

 

  1. das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 29. Oktober 2020 aufzuheben sowie
  2. a. seitens der Klägerin zu 1), den Bescheid des Beklagten vom 19. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2014 zu ändern, soweit sie rechtswidrig sind, und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin zu 1) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Zeitraum vom 01. August 2011 bis zum 31. Dezember 2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu gewähren und diese auch nach § 44 SGB I zu verzinsen und
  3. seitens des Klägers zu 2), den Bescheid des Beklagten vom 19. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2014 aufzuheben, soweit sie rechtswidrig sind, und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger zu 2) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Zeitraum vom 01. August 2011 bis zum 31. Dezember 2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu gewähren und diese auch nach § 44 SGB I zu verzinsen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil des SG Cottbus.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, ergänzend Bezug genommen.

 

 

II.

Der Senat kann die Berufung der Kläger gegen das Urteil des SG Cottbus vom 29. Oktober 2020 gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu mit gerichtlichem Schreiben vom 21. März 2022 gehört worden.

 

Die frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig, aber unbegründet. Das SG Cottbus hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil zutreffend abgewiesen.

 

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft, soweit die Kläger die endgültige Bewilligung von Leistungen in der Höhe begehren, in der ihnen zuvor Leistungen vorläufig bewilligt worden waren. Soweit sie höhere Leistungen als zuvor vorläufig bewilligt geltend machen, ist für ihr Begehren die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) statthaft. Soweit sie sich gegen die in den angegriffenen Bescheiden ebenfalls erfolgte Festsetzung der Erstattungsbeträge wenden, handelt es sich um eine reine Anfechtungsklage.

 

Die Klage erweist sich aber vollumfänglich als unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf höhere Leistungen.

 

Rechtsgrundlage für die endgültigen Bewilligungs- und Erstattungsbescheide vom 19. Mai 2014 ist § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des SGB II vom 13. Mai 2011 - a. F.) i. V. m. § 328 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Danach sind aufgrund einer vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird.

 

Der Beklagte hat mit den angegriffenen Bescheiden eine endgültige Bewilligungsentscheidung getroffen. Dass diese zu Lasten der Kläger fehlerhaft gewesen sein könnte und sie beschwert, ist nicht ersichtlich, denn ein Anspruch der Kläger auf die begehrte endgültige Bewilligung bzw. Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II für den streitgegenständlichen Zeitraum ist nicht erkennbar. Dementsprechend ist auch die Festsetzung der Erstattungsforderungen, mit denen der Differenzbetrag zu den ursprünglich vorläufig gewährten Leistungen zurückgefordert worden ist, nicht zu beanstanden.

 

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen Leistungen nach diesem Buch, die 1. das 15 Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

 

Bei den Klägern ist die für den geltend gemachten höheren Leistungsanspruch erforderliche weitere Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Da der Kläger zu 2) über Einnahmen aus einer selbständigen Verkaufstätigkeit auf Märkten verfügt hat, ist sein diesbezügliches Einkommen geeignet, die Hilfebedürftigkeit entfallen zu lassen. Es bedarf daher einer Ermittlung dieses Einkommens – wie vom SG richtig dargestellt - anhand der Maßstabe des § 3 AlG II-V (in der bis zum 31. Juli 2016 gültigen Fassung vom 21. Juni 2011). Danach sind zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.  Maßgeblich sind daher die tatsächlichen Betriebseinnahmen und -ausgaben in dem Bewilligungszeitraum von August 2011 bis Januar 2012. Da die Umstände, aus denen sich die Betriebseinnahmen und –ausgaben ergeben, allein in der Sphäre der Kläger liegen, bedarf es der vollständigen Mitteilung und des Nachweises aller hierfür relevanten Tatsachen durch sie, verbunden mit Belegen, die eine Überprüfung auch im Hinblick auf Vermeidbarkeit oder Angemessenheit der getätigten Ausgaben (vgl. § 3 Abs. 3 Alg II-V) erlauben. Eine solche Erklärung haben die Kläger weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren eingereicht, obschon sie mehrfach dazu aufgefordert worden sind. Die von ihnen stattdessen im Verwaltungsverfahren eingereichten, von ihrem Steuerberater für die Kalenderjahre 2011 und 2012 nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts erstellte Gewinnermittlungen vermögen eine Erklärung für den Zeitraum August 2011 bis Januar 2012 nicht zu ersetzen, da der Zeitraum nicht deckungsgleich ist und auch die Vorschriften der Gewinnermittlung in § 4 Abs. 3 EStG von den hier maßgeblichen Einkommensermittlungsvorschriften des § 3 Alg II-V abweichen. Es kann aus dem jährlichen steuerrechtlich ermittelten Gewinn nicht auf die Einnahmen- und Ausgabensituation im Bewilligungszeitraum geschlossen werden, weil nicht angenommen werden kann, dass die Erlössituation im sechsmonatigen Bewilligungszeitraum identisch ist mit der Erlössituation im ganzen Jahr, die es erlauben würde, aus einem jährlichen Gewinn einen gleichbleibenden monatlichen Gewinn zu errechnen und diesen wiederum bezogen auf sechs Monate zu Grunde zu legen. Auch mit der in einem Parallelverfahren eingereichten CD, mit der nach den Angaben der Kläger die Standgebühren auf unterschiedlichen Märkten und damit ein Teil der Betriebsausgaben belegt worden sein sollen, sind die Kläger ihrer Mitwirkungsobliegenheit nicht ausreichend nachkommen, denn es fehlt weiterhin an detaillierten Angaben über die gesamten Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum. Damit kann auch offen bleiben, ob die Kläger mit der Übermittlung eines Datenträgers ihren Mitwirkungspflichten in Bezug auf die auf dem Datenträger enthaltenen Informationen überhaupt nachgekommen sind oder ob insoweit aufgrund der Schriftlichkeit des gerichtlichen Verfahrens ein geordneter schriftlicher Vortrag erforderlich ist (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Mai 2012 – 5 AZR 347/11 -, juris).    

 

Insgesamt liegen damit nicht ansatzweise prüffähige Angaben der Kläger zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen vor. Die Kläger haben ihrer Darlegungslast in keiner Weise genügt (zur materiellen Beweislast und der Sphärentheorie: vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteile vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R -, Rn. 21, und vom 28. März 2013 – B 4 AS 42/12 R –, Rn. 21, juris). Entsprechender Vortrag und die Einreichung von Belegen für die Betriebseinnahmen und -ausgaben ist auch in dem bereits seit weit über einem Jahr dauernden Berufungsverfahren nicht erfolgt. In dieser Situation besteht kein Anlass für Ermittlungen von Amts wegen.

 

Die Frage nach der Höhe der anzuerkennenden Bedarfe im Hinblick auf die Kosten der privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers zu 2) oder die Höhe der Bedarfe für KdUH kann dahinstehen, da mangels Ermittlung der anrechenbaren Einkünfte die Höhe der nach Einkommensanrechnung ungedeckten Bedarfe nicht bestimmt werden kann. Auf Grund der Angaben zu den Einnahmen in der steuerlichen Gewinnermittlung kann vielmehr nicht einmal ausgeschlossen werden, dass die Kläger mit dem Einkommen aus der Erwerbstätigkeit des Klägers zu 2) – auch unter Berücksichtigung etwaiger Beträge für die Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers zu 2) – im Bewilligungszeitraum in geringerem Maße als vom Beklagten angenommen, hilfebedürftig gewesen sind.

 

Da die Kläger ihre Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen haben und dementsprechend keine höheren endgültigen Ansprüche auf Arbeitslosengeld II bestehen, erweisen sich auch die Anfechtungsklagen gegen die jeweilige Festsetzung der Erstattungsforderung als unbegründet. Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F.  i. V. m. § 328 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III sind aufgrund einer vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird. Der Beklagte hat dementsprechend mit den angegriffenen Bescheiden gegenüber den Klägern jeweils die Differenz zwischen den vorläufig und den endgültig gewährten Leistungen zur Erstattung festgesetzt. Fehler bei der vom Beklagten vorgenommenen Berechnung sind nicht ersichtlich und werden von den Klägern auch nicht geltend gemacht.

 

Der erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachte Zinsanspruch nach § 44 SGB I scheidet schon allein deshalb aus, weil ein weiterer Auszahlungsanspruch nicht besteht.

 

Soweit die Kläger weiter die Kostenentscheidung in dem angefochtenen Urteil des SG beanstanden, ist auf § 144 Abs. 4 SGG zu verweisen. Danach ist die Berufung ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt. Aus dieser Regelung folgt, dass allein auf eine möglicherweise unzutreffende Kostenentscheidung (auch in Bezug auf eine Entscheidung nach § 192 SGG) eine Berufung nicht gestützt werden kann  (BSG, Beschluss vom 19. Oktober 2017 – B 3 KR 4/17 B –, Rn. 11, juris).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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