Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 01.02.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat den auf Gewährung höherer Regelleistungen (monatlich 540,00 Euro für das Kalenderjahr 2021 und monatlich 644,00 Euro für die Zeit ab dem 01.01.2022) gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat weder das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs noch eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (Anordnungsanspruch), und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (Anordnungsgrund). Eilbedürftigkeit besteht, wenn dem Betroffenen ohne eine schnelle Entscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte unmittelbar droht, die durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 12.05.2005 zum Az. 1 BvR 569/05, Rn. 23 bei juris). Der geltend gemachte (Anordnungs-) Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO –). Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zur Überzeugung des erkennenden Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01, Rn. 5 bei juris).
Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines monatlichen Regelbedarfs für Alleinstehende in Höhe von 446,00 Euro bis zum 31.12.2021 und monatlich 449,00 Euro bis zum 28.02.2022. Die Höhe dieser Leistungen entspricht der gesetzlichen Regelung des § 20 Abs. 2 SGB II i.V.m. dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe (RBEG). i.V.m. § 28a und 40 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m. der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung. Ein Anspruch des Antragstellers auf höhere Regelleistungen ist mangels Rechtsgrundlage nicht gegeben. Die Bemessung der Regelbedarfe für 2021 und 2022 entspricht auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Der Senat verweist diesbezüglich zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Beschluss vom 01.02.2022. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) kommt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Höhe und der Art der Leistungen zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 – 1 BvR 371/11 –, Rn. 38 f. bei juris mwN). Dieser Gestaltungsspielraum führt dazu, dass sich die verfassungsrechtliche Kontrolle der Höhe der Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz auf die Prüfung beschränkt, ob die Leistungen evident unzureichend sind (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 – 1 BvR 371/11, Rn. 40 ff. bei juris). Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur dann, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 – 1 BvR 371/11, Rn. 41 bei juris). Jenseits dieser Evidenzkontrolle wird lediglich überprüft, ob die Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 – 1 BvR 371/11 – Rn. 42 mwN bei juris). Jedenfalls unter Berücksichtigung des einmaligen pauschalierten Leistungsanspruchs nach § 70 SGB II (Gesetz vom 10.03.2021. BGBl I 335) i.H.v. 150,00 Euro für den Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 30.06.2021 zum Ausgleich der pandemiebedingten Sonder- und Mehrbedarfe sowie der nunmehr von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten weiteren Entlastungspaket sind die für 2021 und 2022 festgesetzten Regelleistungen nicht evident unzureichend. Mit diesem am 23.03.2022 im Koalitionsausschuss vereinbarten Entlastungspaket wurde die bereits im Entlastungspaket vom 16.03.2022 beschlossene Einmalzahlung von 100,00 Euro für Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen um weitere 100,00 Euro pro Person erhöht (vgl. bundesfinanzministerium.de). Hierdurch sollen insbesondere die Mehrkosten für Energie und Preissteigerungen im laufenden Jahr ausgeglichen werden. Der Gesetzgeber ist diesbezüglich nicht dazu gezwungen, auf finanzielle Mehrbelastungen mit einer kurzfristigen Sonderanpassung der Regelbedarfe zu reagieren, sondern er kann entsprechende Mehrbelastungen auch mit einer Einmalzahlung decken (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.02.2022 – L 19 AS 1236/21, Rn. 41 bei juris mwN).
Auch eine besondere Eilbedürftigkeit und damit einen Anordnungsgrund hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Soweit er mit seinem am 17.12.2021 beim SG gestellten Antrag auch die rückwirkende Gewährung eines höheren Regelsatzes für das gesamte Jahr 2021 geltend macht, fehlt es bereits an einer gegenwärtigen Notlage. Der Antragsteller hat diesbezüglich zudem vorgetragen, dass er seinen weitergehenden Bedarf durch Aufnahme von Privatkrediten sichern konnte. Das Eilverfahren dient aber nicht der Begleichung von Schulden. Hinsichtlich der für die Zeit ab Eingang des Eilantrags am 17.12.2021 begehrten höheren Leistungen hat der Antragsteller nicht konkret dargelegt, dass er mit dem bewilligten Regelsatz sein Existenzminimum nicht mehr sichern kann und ihm ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist. Dies ist aus Sicht des Senats auch trotz der aktuell bestehenden Preissteigerungen fernliegend.
Auch der Vortrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, ihm seien nach Auslaufen der Leistungsbewilligung bis Februar 2022 für die Zeit ab März 2022 bisher noch keine Leistungen bewilligt worden sind, rechtfertigt keinen Erlass einer einstweiligen Anordnung. Es fehlte diesbezüglich an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller die entsprechende Leistungsbewilligung auch außerhalb des gerichtlichen Eilverfahrens durch Übersendung der von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 08.03.2022 angeforderten Unterlagen erreichen kann. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes ist hierfür nicht erforderlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).