L 2 SO 2937/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SO 2380/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 2937/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Zur Frage der Angemessenheit von Bestattungskosten und ob bzw. inwieweit bei der Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Antragstellers Versicherungsbeiträge, Beiträge zu Lebensversicherungen und Kreditverpflichtungen bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens abzuziehen sind.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. August 2020 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Übernahme von Bestattungskosten.

Am 2. Januar 2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme von Bestattungskosten für seinen am 22. Dezember 2016 verstorbenen Vater. Zur Begründung führte der Kläger insbesondere aus, der Nachlass sei überschuldet, weshalb er die Erbschaft nach seinem Vater ausgeschlagen habe. Er selbst habe sich nach langer Arbeitslosigkeit selbstständig gemacht, der Aufbau des Geschäfts stelle sich indessen als langjährig dar. Seine Ehefrau verfüge zwar über ein regelmäßiges Einkommen, jedoch gebe es keine Rücklagen und auch hohe Kreditverpflichtungen. Die gemeinsame Eigentumswohnung sei finanziert. Der Kläger legte in dem Zusammenhang auf Nachfrage des Beklagten Nachweise zur Einkommens- und Vermögenssituation vor, insbesondere einen Kontoauszug zu dem Versicherungsschein Nr. * über eine fondsgebundene Lebensversicherung bei der E AG mit einem Rückkaufswert von 7.646,97 € zum 30. Dezember 2016 (Bl. 531 Verwaltungsakte – VA -).

Mit Bescheid vom 15. Januar 2019 lehnte der Beklagte die Übernahme der Bestattungskosten ab und führte zur Begründung aus, die maßgebliche Vermögensfreigrenze betrage 3.214,00 €, weshalb der Rückkaufswert der Lebensversicherung Nr. * bei der E-AG ausreiche, die Bestattungskosten in Höhe von 4.153,79 € zu begleichen.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, es läge ein Missverhältnis zwischen dem Substanzwert und dem Rückkaufswert vor, weshalb eine Verwertung des Vermögens offensichtlich unwirtschaftlich wäre. Auch diene die Lebensversicherung zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung. Im Rahmen der Härtefallprüfung sei gleichermaßen noch zu prüfen, dass zum 1. April 2017 das zu schützende Barvermögen auf 5.000,00 € angehoben worden sei, weshalb aktuell von einer Härte auszugehen sei.

In einem Aktenvermerk vom 5. Februar 2019 wurde die Einschätzung abgegeben, dass hier tatsächlich eine Verwertung des Vermögens wohl nicht in Betracht kommen dürfte, da zwischen den Beiträgen und dem Rückkaufswert ein Missverhältnis im Sinne der Rechtsprechung des BSG vorliegen dürfte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2019 (Bl. 627 VA) hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Gestützt hat der Beklagte nunmehr seine ablehnende Haltung nicht mehr auf verwertbares Vermögen, sondern darauf, dass hier ausreichend Einkommen verfügbar sei. Letztlich bestünden unter Berücksichtigung des Einkommens der Ehefrau des Klägers ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 1.231,04 €, dem ein Aufwand – ausgehend von den angemessenen Bestattungskosten – von 3.402,79 € gegenüberstehe. Insoweit sei es dem Kläger zuzumuten, die anerkennungsfähigen Bestattungskosten über einen mehrmonatigen Einkommensüberhang zu tilgen, sei es durch eine Kreditaufnahme (gegebenenfalls über einen Dispositionskredit) oder durch eine Ratenzahlungsvereinbarung. Es wurde insoweit auf das Urteil des BSG vom 4. April 2019 (B 8 SO 10/18 R) verwiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 22. Oktober 2019 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, es seien Einäscherungskosten in Höhe von 475,79 €, entsprechende Gebühren in Höhe von 1.316,00 € sowie Kosten für das Bestattungshaus in Höhe von 2.360,00 € angefallen, insgesamt 4.151,79 €. Der Kläger sei selbstständig und erziele nur sehr geringe Einnahmen. Daneben bestünden hohe Kreditverpflichtungen. Die Eigentumswohnung sei finanziert und zur Absicherung des diesbezüglichen Darlehens zwei Lebensversicherungen abgetreten. Eine weitere Lebensversicherung sei bereits bis zum Rückkaufswert beliehen. Auf den Girokonten bestünden Verpflichtungen in Höhe von 4.500,00 € und 3.000,00 €. Die Kraftfahrzeuge seien über zehn Jahre alt. Bei der Einkommensprüfung sei zu Unrecht eine Garagenmiete von 50,00 € monatlich angesetzt worden, welche lediglich ein durchlaufender Posten sei. Bei den Darlehensverpflichtungen seien lediglich zwei Darlehensraten berücksichtigt worden, nicht jedoch die Raten für die Lebensversicherungsdarlehen in Höhe von monatlich 460,03 € sowie die Zinsraten für die Vorauszahlungsdarlehen aus der Lebensversicherung mit monatlich 49,50 €, 82,88 € und die monatlichen Zinsen für die in Anspruch genommenen Dispositionskredite auf beiden Girokonten. Ebenso wenig seien sonstige Versicherungsbelastungen berücksichtigt worden. Auch seien die monatlichen Raten für die beiden beliehenen Lebensversicherungen, welche an die Hausbank zur Eigenheimfinanzierung abgetreten worden seien, nicht berücksichtigt. Die Berechnung der Unterkunftskosten sei auch nicht nachzuvollziehen. Unabhängig davon seien die vorgenommenen Abzüge von den Bestattungskosten auf für angemessen erachtete 3.402,79 € nicht plausibel und rechnerisch in der Höhe auch nicht nachvollziehbar.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass im Wege der Ratenzahlung mittlerweile die Rechnung in Höhe von 2.360,00 € (Anmerkung: betrifft das Bestattungsunternehmen) bezahlt worden sei, was die Annahme in dem Urteil des BSG vom 4. April 2019 (B 8 SO 10/18 R) bestätige. Aufgrund des Einkommensüberhanges sei es dem Kläger damit auch bei gegebenenfalls noch weiter zu berücksichtigenden Belastungen möglich gewesen, die sonstigen Bestattungskosten im Wege einer Ratenzahlungsvereinbarung zu begleichen.

Mit Gerichtsbescheid vom 31. August 2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der Bestattungskosten nicht bestehe. Gemäß § 74 SGB XII würden die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, sofern dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden könne, die Kosten zu tragen. Dem Kläger sei es indessen zumutbar, die Bestattungskosten nach seinem Vater zu tragen. Die Bestimmung des § 74 SGB XII verlange insoweit eine Zumutbarkeitsprüfung, welche die Bedürftigkeitsprüfung nach § 19 Abs. 3 SGB XII überlagere, nachdem der Begriff der Zumutbarkeit nach den Umständen des Einzelfalles auszulegen sei und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bestattungspflichtigen zu betrachten seien, welche sich an den Kriterien der §§ 85 bis 91 SGB XII orientierten. Im Rahmen dessen habe der Kläger über verwertbares Vermögen in Höhe von 7.646,97 € verfügt, welches seinen zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Freibetrag von 3.214,00 € mithin um 4.432,91 € überstiegen habe. Insoweit habe der Kläger zwar insgesamt 9.868,09 € an Beiträgen eingezahlt und hätte damit einen Wertverlust bei der Verwertung hinnehmen müssen. Insoweit sei gegenüber Versicherungen zwar anerkannt, dass bei einem deutlichen Missverhältnis zwischen den Beiträgen und dem zu erzielenden Rückkaufswert von einer Unwirtschaftlichkeit der Verwertung auszugehen sei. Demgegenüber sei vorliegend zu berücksichtigen, dass es sich um eine fondsgebundene Lebensversicherung handele, mithin ein erheblich größeres Risiko innewohne, welches dem Spekulationscharakter der in dem Fonds enthaltenen Aktienanteile entspringe, weshalb größere Verluste bei einem Verkauf hinzunehmen seien. Daneben sei zu berücksichtigen, dass vorliegend kein aktuell zu deckender Notbedarf anfalle, es folglich nicht eine gegenwärtige Notlage zu beseitigen gelte, sondern im Ergebnis die Übernahme von Schulden anstehe, weshalb sich nicht lediglich die Frage stelle, ob aktuell der Bedarf gedeckt werden könne, sondern vielmehr weitergehend, ob der Verpflichtete unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei einer Bank einen Ratenkredit erhalte, den er in angemessener Zeit tilgen könne, oder ob die Gläubiger eine entsprechende Stundungsvereinbarung abzuschließen bereit seien (mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R -). Nachdem die Gläubiger vorliegend sowohl eine Ratenzahlungsvereinbarung teilweise, als auch eine Stundungsvereinbarung abgeschlossen hätten, sei es dem Kläger folglich möglich, entweder den Rückkaufswert zu einem wirtschaftlich günstigeren Zeitpunkt nach einem Kursanstieg zu realisieren oder aber durch Darlehensaufnahme zu verwerten, ohne dass sich der Wertverlust realisiert hätte. Damit könne nicht von einer Unverwertbarkeit des Vermögens ausgegangen werden, weshalb es dem Kläger zumutbar sei, die Bestattungskosten zu tragen.

Der Kläger hat gegen den seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 7. September 2020 zugestellten Gerichtsbescheid am 14. September 2020 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Der Klägerbevollmächtigte macht zur Begründung geltend, fehlerhaft sei die Auffassung des SG, der Kläger habe über ein verwertbares Vermögen von 7.646,97 € verfügt, welches den Freibetrag von 3.214,00 € um 4.432,97 € überstiegen habe. Tatsächlich hätte das SG von einem Freibetrag von insgesamt 10.000,00 € ausgehen müssen, sodass das vom SG zugrunde gelegte Vermögen von 7.646,97 € den Freibetrag nicht überstiegen und daher nicht hätte verwertet werden müssen.

So sei in einem Rundschreiben Soz Nr. 10/2016 zu Änderungen des SGB XII zum 1. Januar 2017 u.a. darauf hingewiesen worden, dass im Hinblick auf die neuen Schonvermögensgrenzen mit 5.000,00 € ab dem 1. April 2017 schon bei Erstanträgen ab dem 1. Januar 2017 der künftige Schonbetrag von 5.000,00 € im Rahmen einer Härtefallentscheidung zugrunde zu legen sei. Bei der Bedarfsgemeinschaft des Klägers und seiner Ehefrau hätten damit insgesamt 10.000,00 € zugrunde gelegt werden können und müssen mit der Folge, dass kein einsetzbares Vermögen vorhanden gewesen wäre.

Soweit das SG im Weiteren davon ausgehe, dass dem Kläger eine Verwertung der Lebensversicherung zumutbar gewesen sei, weil es sich um eine fondsgebundene Versicherung handele, weshalb größere Verluste beim Verkauf hinzunehmen seien, sei dies unzutreffend. Das SG übersehe den Zweck der Versicherung, deren Verkauf vom SG verlangt werde. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass hier ein Härtefall nach § 90 Abs. 3 SGB XII deshalb vorliege, weil die Lebensversicherung Nr. 39004530 zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung diene. Der Ablauf der Versicherung sei am 1. Juni 2026, zu dem Zeitpunkt sei der Kläger 60 Jahre alt. Die am 1. Juni 2000 abgeschlossene Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 26 Jahren diene aufgrund ihrer langen Laufzeit und dem Ablaufdatum mit Blick auf das Alter des Klägers ersichtlich der Altersvorsorge. Der Kläger verfüge auch nicht über eine ausreichende Altersvorsorge aus anderen Quellen. Die Regelaltersrente beginne am 1. Mai 2033, wobei nach heutigem Stand lediglich eine monatliche Rente von 767,85 € erreicht werde, was nicht zur Existenzsicherung ausreichend sei.

Das SG habe auch nicht berücksichtigt, dass ein Härtegrund nach § 90 Abs. 3 SGB XII auch deshalb vorliege, weil die Verwertung der Versicherung offensichtlich unwirtschaftlich sei.

Schließlich gehe das SG auch zu Unrecht davon aus, eine Kostentragung sei dem Kläger deshalb zuzumuten, weil er die Kosten durch einen Ratenkredit oder durch den Abschluss einer Stundungsvereinbarung hätte aufbringen können. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit nach § 74 SGB XII sei aber der Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung des Bestattungsunternehmens.

Im Übrigen sei zwar die Rechnung des Bestattungsunternehmens zwischenzeitlich ratenweise in Höhe von 100,00 € pro Monat bezahlt worden, aber nicht vom Kläger, sondern von der Ehefrau des Klägers. Der Kläger sei finanziell hierzu gar nicht in der Lage gewesen. Die Ehefrau des Klägers wiederum habe überobligatorisch mangels Rücklagen die Ratenzahlung vom Debetsaldo ihres Girokontos geleistet und nur deswegen, da ansonsten eine Zwangsvollstreckung gegen den Kläger gedroht habe, was den Gewerbebetrieb des Klägers in seiner Existenz bedroht hätte. Ferner sei die Ratenzahlung durch die Ehefrau des Klägers alleine deshalb erfolgt, weil das Beerdigungsinstitut nicht länger bereit gewesen sei, den Betrag zu stunden und eine Klage gegen den Kläger angedroht habe. Hinsichtlich der übrigen Kostenposition (Krematorium, Grabgebühren, Kosten Stadtverwaltung) seien diese im Übrigen nur lediglich gestundet. Eine Zahlung sei noch nicht erfolgt.

 

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. August 2020 sowie den Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Bestattungskosten in Höhe von 4.151,79 € zu zahlen.

 

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2019 und den Gerichtsbescheid des SG. Ergänzend führt der Beklagte aus, eine Verwertung der Lebensversicherung stelle keinen Härtefalltatbestand dar, weil der – jederzeit zu realisierende – Rückkaufswert bei Weitem nicht mehr als die Hälfte hinter den eingezahlten Versicherungsbeiträgen zurückbleibe. Im Übrigen sei es irrelevant, ob die ratenweise bezahlten Rechnungen vom Einkommen des Klägers oder dessen Ehefrau geleistet worden seien, weil insoweit für den Einkommenseinsatz § 19 Abs. 3 SGB XII anwendbar sei. Dem Kläger könne entgegen der Auffassung seines Bevollmächtigten zugemutet werden, die Verbindlichkeiten ratenweise abzuzahlen. Es werde insoweit auf das Urteil des BSG vom 4. April 2019 verwiesen.

In der Folge des Erörterungstermins vom 22. April 2021 hat die Klägerseite mit Schreiben vom 30. April und 25. Mai 2021 noch weitere Unterlagen zu den Einkommensverhältnissen vorgelegt zum Zwecke der Berücksichtigung bei der Errechnung des anzusetzenden Einkommens.

Dem ist der Beklagte mit Schreiben vom 17. Mai 2021 (mit Berechnung des verfügbaren Einkommens in Höhe von noch 463,38 € – siehe Bl. 63 LSG-Akte) und vom 8. Juni 2021entgegen getreten und hat im Einzelnen wie folgt ausgeführt:

1.         Der Senat möge entscheiden, ob Betriebsausgaben des Klägers (bei negativem Betriebsergebnis) im Rahmen des § 85 SGB XII bei der Ehefrau berücksichtigt werden könnten, nach Ansicht der Beklagten sei dies nicht möglich.

2.         Die vertauschten Krankenversicherungsbeiträge in der Anlage habe man korrigiert. Die Verwechslung habe keine Auswirkung auf das Gesamtergebnis, da sowohl die KV/PV des Klägers als auch die seiner Ehefrau berücksichtigt worden seien, nur jeweils an anderer Stelle.

3.         Tilgungen gehörten nach dem BSG-Urteil vom 22. August 2012 (B 14 AS 1/12 R) in den Bereich der Vermögensbildung und seien daher bei der KdU nicht hinzuzurechnen.

4.         Müllgebühren und Grundsteuer seien in die neue Berechnung eingepflegt worden.

5.         Im Bereich der Grundsicherung habe man Unfallversicherungen nur bis zur Höhe von 10,00 € angesetzt. Diesen Betrag habe man in die neue Berechnung eingestellt.

6.         Es sei nicht sozial üblich, dass bei negativem Einkommen des Klägers eine Altersvorsorge angespart werde.

7.         Wenn ein Ehepaar netto ca. 3.700,00 € monatliches Einkommen (4.231,79 abzüglich KV/PV) zur Verfügung habe, ergebe sich normalerweise keine Notwendigkeit, Dispokredite aufzunehmen. Von daher sei es nicht angebracht, die Zinsen für den Dispokredit zu berücksichtigen. Hierüber möge letztlich der Senat befinden.

8.         Die Bildung von Rücklagen sei seit 2005 aus dem Regelbedarf vorgesehen, von dem die doppelte Höhe hier berücksichtigt werde.

9.         Hinsichtlich der Frage von welchem Einkommen der Freibetrag nach der Sozialhilferichtlinie (SHR) 87.16 zu berechnen sei, werde dies in das Ermessen des Gerichts gestellt.

10.       Abschließend wolle man nochmals auf die Sozialüblichkeit hinweisen. Bei einem Nettoeinkommen eines Ehepaars von ca. 3.700,00 € stünden genügend Mittel für die Selbsthilfe zur Verfügung. Es sei einem Geringverdiener nicht zu vermitteln, dass bei einem Einkommen in dieser Höhe öffentliche Leistungen gerechtfertigt seien.

Dieser Stellungnahme legte der Beklagte eine weitere Neuberechnung zum zu berücksichtigenden Einkommen bei, ausweislich dessen noch 436,79 € zum Einsatz zur Verfügung stünden (siehe Bl. 73 LSG-Akte). 

Dem ist der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 10. Juni 2021 entgegengetreten und hat unter anderem geltend gemacht, der Beklagte habe entgegen den Richtlinien den Absetzbetrag von 20 % erst nach Berücksichtigung der Belastungen vorgenommen, hätte dies jedoch nach klägerischer Auffassung schon vor Abzug der Belastungen tun müssen.

Im Weiteren hat die Klägerseite noch mit Schreiben vom 24. November 2021 Unterlagen zu den Darlehensverträgen vorgelegt und ergänzend ausgeführt, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden sei, dass hier gegebenenfalls auch die Tilgung bei den Darlehen etwa hätte ausgesetzt werden müssen um die Beerdigungskosten zu decken. Außerdem sei dem Kläger bekannt gewesen, dass eine Aussetzung der Raten hinsichtlich der Lebensversicherungen wegen der erfolgten Abtretungen und der Beleihung der Lebensversicherungen nicht möglich gewesen sei. Beim Hauskredit habe der Kläger schon vor Jahren eine Aussetzung der Tilgung veranlasst und danach die Raten auf die Mindesttilgung heruntergesetzt. Außerdem sei der Kläger auch deshalb vom Bemühen um eine Aussetzung der Tilgungsraten abgehalten worden, weil von Seiten des Beklagten zuerst „nur“ eine Ablehnung wegen angeblich zu hohen Vermögens und erst, nachdem Widerspruch erfolgt sei, dieser Einwand fallen gelassen worden sei, dafür aber die Einkommensprüfung erfolgt und zur Ablehnung herangezogen worden sei.

Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 2. August 2021 (Beklagter) und 17. August 2021 (Kläger) einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Der Senat hat noch Auskünfte bei den verschiedenen Versicherungen und Banken des Klägers und seiner Ehefrau zu der Frage eingeholt, inwieweit es seinerzeit möglich gewesen wäre, die Kreditzahlungen bzw. die Zahlung der Versicherungsbeiträge zu reduzieren bzw. auch zeitweise ganz auszusetzen (Bl. 131 ff. Senatsakte).

Im Einzelnen wäre laut Auskunft des B eine maximal eine Stundung von 6 Monaten möglich gewesen, eine solche sei aber nicht beantragt worden (Bl. 131 Senatsakte). Nach Angaben der D-Bank wäre auch dort eine Reduzierung der monatlichen Raten möglich gewesen (Bl. 133 Senatsakte). Laut Auskunft der P-Versicherungen wäre eine Reduzierung der Beiträge auf 15 € monatlich möglich gewesen (Bl. 134 Senatsakte). Ebenso wäre hinsichtlich der Beiträge bei der E/V Versicherung ganz oder teilweise eine Befreiung von den Beiträgen grundsätzlich möglich gewesen (Bl. 136 Senatsakte). Bei der B Bank handelte es sich nach dortiger Auskunft um einen befristeten Kontokorrentkredit, hinsichtlich dessen ohnehin während der gesamten Laufzeit bezüglich der Inanspruchnahme bzw. Rückzahlung die Ehefrau des Klägers in vollem Umfang flexibel gewesen sei (Bl. 137 Senatsakte). Auch bei der D wäre grundsätzlich eine Beitragsfreistellung bzw. Herabsetzung der Beiträge möglich gewesen, allerdings wäre in dem Zusammenhang im Hinblick auf eine Sicherungsabtretung eine Zustimmung des Gläubigers notwendig gewesen (Bl. 141 Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug.

 

Entscheidungsgründe

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Übernahme der Bestattungskosten verneint.

Gegenstand des mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) geführten Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2019, mit dem der Beklagte als sachlich und örtlich zuständiger Sozialhilfeträger (§§ 97 Abs. 1, 98 Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 2 Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – AGSG Baden-Württemberg) die Übernahme von Bestattungskosten für den verstorbenen Vater des Klägers in Höhe von 4.151,79 € abgelehnt hat.

1.

Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist § 74 SGB XII (in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 – Bundesgesetzblatt I Seite 3022). Danach werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

Der Kläger ist zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet und damit Anspruchsberechtigter nach § 74 SGB XII. Der Kläger hat zwar das Erbe ausgeschlagen, sodass er nicht als Erbe bereits zur Tragung der Kosten der Bestattung verpflichtet wäre, er ist allerdings gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 Bestattungsgesetz Baden-Württemberg als Angehöriger verpflichtet für die Bestattung zu sorgen und damit auch die entsprechenden Kosten zu tragen.

Als nächstes ist festzustellen, dass die vom Kläger insgesamt geltend gemachten Bestattungskosten nur zum Teil als angemessene und erforderliche Kosten im Sinne von § 74 SGB XII anerkannt werden können.

Dabei ist den angemessenen Wünschen des bestattungspflichtigen Klägers (§ 9 Abs. 2 SGB XII) und ggf des Verstorbenen (§ 9 Abs. 1 SGB XII) Rechnung zu tragen und unter Beachtung religiöser Bekenntnisse (Art 4 Grundgesetz <GG>) mit Rücksicht auf die auch nach dem Tod zu beachtende Menschenwürde eine den Individualitätsgrundsatz berücksichtigende Entscheidung zu treffen (BSG vom 25. August 2011 - B 8 SO 20/10 R - BSGE 109, 61 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 2, Rn. 18 mwN). Übernahmefähig sind dabei allerdings nur die Bestattungskosten selbst, zu denen im Sinne eines Zurechnungszusammenhangs, aber auch nach dem Wortlaut, nur die Kosten gehören, die unmittelbar der Bestattung (unter Einschluss der ersten Grabherrichtung) dienen bzw. mit der Durchführung der Bestattung untrennbar verbunden und angemessen sind (vgl. im Einzelnen BSG, aaO, Rn, 19 ff). Bei der Frage, ob diese Bestattungskosten erforderlich sind, sind die ortsüblichen Preise zu ermitteln und dabei zu berücksichtigen, dass dem Bestattungspflichtigen im Hinblick auf die ihm üblicherweise zur Verfügung stehende nur kurze Zeit und die besondere (Belastungs-)Situation keine umfassende Prüfungspflicht abverlangt werden kann, welches der vor Ort oder im erweiterten Umkreis ansässigen Bestattungsunternehmen die günstigsten Bedingungen bieten kann (BSG, aaO, Rn. 22).

Im Einzelnen sind anzuerkennen in vollem Umfang die Kosten für die Einäscherung i.H.v. 445,79 € (Rechnung der Stadt V-S vom 5. Januar 2017 – Bl. 5 VA). Hinsichtlich der Kosten für die Grabstelle (vergleiche Gebührenbescheid der Stadt V-S vom 19. Januar 2017 – Bl. 9 VA) ist festzustellen, dass dort als Grabart ein Urnen-Familiengrab gebucht ist, dies aber im Verhältnis zu einem Urnen-Einzelgrab doppelt so teuer ist, weshalb insoweit der Beklagte zutreffend die dort anfallende Grabberechtigungsgebühr für 15 Jahre nur in Höhe der Kosten für ein Einzelgrab und damit nur 465 € anstelle von 930 € berücksichtigt hat. Auf der anderen Seite hat der Beklagte hier für die Grababräumung (nach Ablauf bzw. Rückgabe des Nutzungsrechts) anstelle der angesetzten 43 € 94 € berücksichtigt, so dass insoweit insgesamt anstelle der geltend gemachten 1.316 € nur 902 € als angemessene Kosten zu übernehmen sind. Hinsichtlich der vom Bestattungsinstitut geltend gemachten Gesamtkosten von 2.360 € hat der Beklagte zutreffend hinsichtlich der dort aufgeführten Positionen die Kosten für Danksagung Karten sowie Satzkosten und Druck in dem Zusammenhang in Höhe von insgesamt 115 € nicht anerkannt, insoweit handelt es sich nämlich nicht um Kosten die unmittelbar mit der Bestattung verbunden sind, sondern nur anlässlich des Todes entstehen (siehe BSG Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 20/10 R – juris Rn. 20). Ebenso sind hinsichtlich des Blumenschmucks anstelle der ausgewiesenen 320 € nur 100 € als angemessen und ausreichend anzusehen. Darüber hinaus ist aber aus Sicht des Senates auch der weitere Betrag in Höhe von 225 €, der in der Rechnung des Bestattungsinstitutes für die „Erledigung aller Formalitäten“ (Standesamt, Friedhofsverwaltung, Krematorium etc.), sowie Hilfe bei der Vorbereitung der Trauerfeier aufgeführt ist, ebenfalls zu streichen. Der Kläger war zwar zum damaligen Zeitpunkt selbstständig tätig, allerdings tendierte die selbständige Tätigkeit gegen Null, denn Einnahmen wurden in dieser Zeit fast keine erzielt, sodass aus Sicht des Senates nicht ersichtlich ist, weshalb der Kläger sich um diese Dinge nicht hätte selber kümmern können.

Damit sind insgesamt als angemessene und erforderliche Kosten der Bestattung des verstorbenen Vaters des Klägers lediglich 3.177,79 € anzuerkennen.

2.

Als nächstes ist zu prüfen, ob es dem Kläger zumutbar ist, die erforderlichen Kosten der Bestattung zu tragen. Der Beurteilungsmaßstab dafür, was dem Verpflichteten zugemutet werden kann, bestimmt sich zunächst nach den allgemeinen Grundsätzen des Sozialhilferechts (siehe BSG Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R – juris Rn. 13 mit Hinweis auf BSG vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 1, Rn. 14; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand Mai 2013, K § 74 Rn. 10; Gotzen, ZfF 2006, 1, 3). Dabei sind stets die Umstände des Einzelfalls entscheidend (BT-Drs 03/1799 S 40; Greiser/Eicher/Siefert in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 74 Rn. 60; Berlit in Lehr- und Praxiskommentar <LPK> SGB XII, 10. Aufl 2015, § 74 Rn. 7). Da § 74 SGB XII den Anspruch auf Kostenübernahme nicht zwingend an die Bedürftigkeit des Verpflichteten knüpft, sondern die eigenständige Leistungsvoraussetzung der Unzumutbarkeit verwendet (Bundesverwaltungsgericht <BVerwG> vom 5.6.1997 - 5 C 13/96 - BVerwGE 105, 51 ff), nimmt er im Recht der Sozialhilfe eine Sonderstellung ein. Die Regelung unterscheidet sich von anderen Leistungen des Fünften bis Neunten Kapitels u.a. dadurch, dass der Bedarf bereits vorzeitig (vor Antragstellung) gedeckt sein kann, eine Notlage, die andere Sozialhilfeansprüche regelmäßig voraussetzen, also nicht mehr gegeben sein muss. Die Verpflichtung des zuständigen Trägers der Sozialhilfe setzt nach § 74 SGB XII nur voraus, dass die (ggf bereits beglichenen) Kosten "erforderlich" sind und es dem Verpflichteten nicht "zugemutet" werden kann, diese Kosten (endgültig) zu tragen (BSG vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R – juris Rn. 14; BSG vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 1, Rn. 14). Daraus folgt, dass der Umstand, dass der Kläger bzw. seine Ehefrau in der Zwischenzeit im Rahmen einer Ratenzahlung die Rechnung des Bestattungsinstitutes bezahlt haben, einem Anspruch nach § 74 SGB XII nicht automatisch entgegensteht.

a.)

Neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten (dazu gleich) können im Rahmen der Zumutbarkeit aber auch Umstände eine Rolle spielen, die im Allgemeinen sozialhilferechtlich unbeachtlich sind, denen jedoch vor dem Hintergrund des Zwecks des § 74 SGB XII Rechnung getragen werden muss (H. Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 74 Rn. 10; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl 2018, § 74 Rn. 37). Selbst wenn die Kostentragung nicht zur Überschuldung oder gar zur Sozialhilfebedürftigkeit des Kostenverpflichteten führt, kann deshalb der Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Auswirkungen einer Kostenbelastung beachtlich sein (BSG aaO juris Rn. 15; BVerwG vom 29. Januar 2004 - 5 C 2.03 - BVerwGE 120, 111, 114; BSG vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 1, Rn. 14). Der Begriff der Zumutbarkeit ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls auszulegen (BVerwGE aaO; BSG, aaO, Rn. 16). Er ist wie der Begriff der Erforderlichkeit ein gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff (H. Schellhorn, aaO, Rn. 10; Berlit in LPK-SGB XII, 10. Aufl 2015, § 74 Rn. 7). Dabei macht das Wort "soweit" in § 74 SGB XII deutlich, dass in Fällen, in denen dem Verpflichteten die Kostentragung nur teilweise zuzumuten ist, die Sozialhilfe die Restkosten zu übernehmen hat (H. Schellhorn aaO). Eine besondere Bedeutung kommt gleichwohl im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit zunächst den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten zu (BSG, aaO, Rn. 17). Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII (oder Arbeitslosengeld II <Alg II> nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - <SGB II>) vor, ist nämlich regelmäßig von Unzumutbarkeit auszugehen (BSG vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 1, Rn. 17; BSG vom 25. August 2011 - B 8 SO 20/10 R - BSGE 109, 61 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 2, Rn. 25).

b.)

Liegt - wie hier - keine Bedürftigkeit im Sinne des SGB II oder des Dritten oder Vierten Kapitels des SGB XII vor, dienen die Bedürftigkeitskriterien der §§ 85 bis 91 SGB XII als Orientierungspunkte für die Beurteilung der Zumutbarkeit (BSG aaO juris Rn. 16; BSG vom 25. August 2011 - B 8 SO 20/10 R - BSGE 109, 61 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 2, Rn. 25; BSG vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 1, Rn. 17; H. Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 74 Rn. 12). Dies ergibt sich aus § 2 iVm § 19 Abs. 3 SGB XII, wonach u.a. Hilfen in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74 SGB XII) nur geleistet werden, soweit den Leistungsberechtigten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. Kapitels des SGB XII nicht zugemutet werden kann. Dabei kann zu berücksichtigen sein, dass unter den Voraussetzungen des § 88 SGB XII auch der Einsatz von Einkommen unter der Einkommensgrenze verlangt werden kann, etwa wenn mit dem Nachlass bereits der größte Teil der Bestattungskosten gedeckt werden kann und zur Deckung des verbleibenden Bedarfs nur noch geringfügige Mittel erforderlich sind (§ 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII). Nur bei (auch danach) fehlender Bedürftigkeit kommen sonstige Zumutbarkeitsgesichtspunkte zum Tragen, die es rechtfertigen können, auch unter Berücksichtigung der Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII einsetzbares Einkommen zu schonen.

c.)

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Bedürftigkeit bzw. Unzumutbarkeit aus anderen Gründen ist nach Sinn und Zweck der Regelung des § 74 SGB XII sowie nach allgemeinen sozialhilferechtlichen Grundsätzen die Fälligkeit (vgl. § 271 BGB) der jeweiligen Forderungen, die den Bestattungskosten zugrunde liegen; denn der "Leistungsfall" ist die Verbindlichkeit, nicht die erforderliche Bestattung selbst (BSG vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 1, Rn. 17; BSG vom 25. August 2011 - B 8 SO 20/10 R - BSGE 109, 61 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 2, Rn. 25). Die Bestattungskosten (Rechnung des Bestattungsinstituts) wurden allesamt im Januar 2017 in Rechnung und auch fällig gestellt, die Rechnung bzw. der Gebührenbescheid der Stadt V-S (für Einäscherung und Grabstelle) sind ebenfalls im Januar 2017 ergangen, jeweils mit Fälligkeit im Februar 2017.

d.)

Der Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII gegenüberzustellen ist das bereinigte Einkommen, das dem Verpflichteten tatsächlich zur Verfügung steht, und nach §§ 82 bis 84 SGB XII bestimmt wird (BSG Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R – juris Rn. 20; BSG vom 28. Februar 2013 - B 8 SO 1/12 R - BSGE 113, 92 = SozR 4-3500 § 65 Nr. 4, Rn. 22-23; Giere in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 85 Rn. 15). Zum Einkommen gehören demnach alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme bestimmter, in § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII abschließend aufgezählter Leistungen.

Neben den Einkünften des Klägers ist nach dem Wortlaut der §§ 19 Abs. 3 und 85 Abs. 1 SGB XII auch das Einkommen der Ehefrau zu berücksichtigen, da die Eheleute nicht getrennt leben (BSG Urteil vom 4. April 2019 – juris Rn. 21). Beide Vorschriften beziehen ausdrücklich und ohne Ausnahme Leistungen nach dem Neunten Kapitel des SGB XII (Hilfe in anderen Lebenslagen) ein, zu denen die Bestattungskosten gehören. Aus dem Begriff der Zumutbarkeit in § 74 SGB XII ergeben sich insoweit keine Besonderheiten (BSG aaO mit Hinweis auf: Greiser/Eicher/Siefert in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 74 Rn. 69). Hinsichtlich des einzusetzenden Einkommens und Vermögens ist der Kläger deshalb nicht anders zu behandeln als bei anderen Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII (H. Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 74 Rn. 12; Berlit in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 74 Rn. 9). Die Gegenauffassung (unter Hinweis darauf, dass die Pflicht zur Tragung der Bestattungskosten nur den Bestattungspflichtigen treffe: Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 74 Rn. 38; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand Mai 2013, K § 74 Rn. 12 mwN; Gotzen, ZfF 2006, 1, 4) hätte zur nicht hinnehmbaren Konsequenz, dass ein Ehegatte, der kein eigenes Einkommen bezieht, selbst dann als Bestattungspflichtiger Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII hätte, wenn der Ehepartner ein überdurchschnittlich hohes Monatseinkommen erzielt. Dies widerspräche dem in § 19 Abs. 3 SGB XII und § 85 Abs. 1 SGB XII zum Ausdruck kommenden und alle Leistungen erfassenden sozialhilferechtlichen Grundsatz, wonach widerleglich (vgl. etwa § 19 Abs. 5 SGB XII, sog unechte Sozialhilfe) vermutet wird, dass ein dort genannter Familienangehöriger nicht nur für die eigenen Bedarfe Sorge trägt, sondern in Not- und Wechselfällen auch den Bedarf der Einstandsgemeinschaft insgesamt - im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit - aus dem ihm und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden gemeinsamen Einkommen und Vermögen deckt. Dies entspricht der Erfahrung, dass in einer ehelichen Haushaltsgemeinschaft "aus einem Topf" gewirtschaftet wird und die Bedürfnisse des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten aus dem "Familieneinkommen" ohne Rücksicht auf gesetzliche Unterhaltsansprüche oder andere rechtliche Verpflichtungen befriedigt werden.

e.)

Bei der Ermittlung des Einkommens gilt, wie sich aus dem Wortlaut des § 85 Abs. 1 SGB XII entnehmen lässt ("monatliches Einkommen"), das Monatsprinzip. Zu vergleichen ist also das erzielte Einkommen im Monat der Fälligkeit der Bestattungskosten (BSG Urteil vom 4. April 2019 aaO juris Rn. 22 mit Hinweis auf: BSG vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 1, Rn. 17; BSG vom 25. August 2011 - B 8 SO 20/10 R - BSGE 109, 61 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 2 Rn. 25; Gutzler in juris PK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 85 Rn. 23; Conradis in LPK-SGB XII, 11. Aufl. 2018, § 85 Rn. 27; Giere in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 85 Rn. 14). Soweit die Rechnungen in unterschiedlichen Monaten fällig geworden sind, hat eine Gegenüberstellung der jeweiligen Monatseinkommen und der jeweiligen Rechnungsbeträge in allen Bedarfsmonaten zu erfolgen.

Die Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau sind um die Absetzbeträge nach § 82 Abs. 2 SGB XII zu mindern. Dies sind u.a. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (§ 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII). Dabei ist aber für die Höhe der Absetzbeträge von Bedeutung, ob sie in dem Monat tatsächlich und rechtlich angefallen sind, weil Versicherungsbeiträge das zu berücksichtigende Einkommen nur dann mindern können. Eine Aufteilung der Kosten für abzugsfähige Versicherungen auf mehrere Monate ist hingegen nicht vorzunehmen, weil es insoweit an einer rechtlichen Grundlage fehlt (Giere in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 82 Rn. 89; Gutzler, aaO, Rn. 59.1).

f.)

Dies heißt aber, dass die Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung ebenso wenig wie die Beiträge zur Hausratversicherung, die jeweils zum 1. Januar 2017 fällig wurden, und wie der Beitrag zum BSW, der im August fällig wird, zu berücksichtigen sind. Auf der anderen Seite wird der Beitrag zum Beamtenbund am 15. Februar und damit im selben Monat wie die hier maßgeblichen Gebührenbescheide bzw. Rechnungen fällig, so dass dieser in voller Höhe zu berücksichtigen ist.

Die geltend gemachten Aufwendungen für eine Kfz-Haftpflichtversicherung - können ggf. als mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Aufwendungen i.S. des § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII Berücksichtigung finden. Dass die Kfz-Haftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben ist, genügt hingegen für die Absetzfähigkeit in Fällen, in denen der Anspruchsberechtigte bei eigener Bedürftigkeit zum Personenkreis des SGB XII gehören würde, nicht. Anders als im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II; dazu BSG vom 18. März 2008 - B 8/9b SO 11/06 R - BSGE 100, 139 = SozR 4-3500 § 82 Nr. 4, Rn. 16 ff) fehlt im SGB XII der den Abzug rechtfertigende Zusammenhang zwischen der Vermögensprivilegierung eines angemessenen Kfz (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II) und den Kosten für die Kfz-Haftpflichtversicherung, solange keine gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt (dazu BSG vom 25. April 2013 - B 8 SO 8/12 R - BSGE 113, 221 = SozR 4-3500 § 87 Nr. 1, Rn. 24). Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist insoweit keine "gesetzlich vorgeschriebene Versicherung" i.S. des § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII (Schmidt in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 82 Rn. 73; ebenso zu Bundessozialhilfegesetz <BSHG> § 76 Abs. 2 Nr. 3 BVerwG vom 4. Juni 1981 - 5 C 12.80 - BVerwGE 62, 261, weil der Abschluss der Kfz-Haftpflichtversicherung die Folge des Haltens eines Kfz sei, was dem Einzelnen aber freigestellt sei). Eine Berücksichtigung der Beiträge über die Öffnungsklausel des § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XII kommt - wenn hier § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII keine Anwendung findet - nur in Betracht, wenn mit der Zahlung sozialhilferechtlich anerkannte Zwecke verfolgt werden (Schmidt aaO).

g.)

Die vom Kläger und seiner Ehefrau angegebenen Darlehensrückzahlungen mindern das zu berücksichtigende Einkommen nicht. Derartige Schuldverpflichtungen, auf die der Betroffene freiwillig leistet, sind bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R – juris Rn. 25 mit Hinweis auf: Giere in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 82 Rn. 37). § 82 Abs. 2 SGB XII regelt abschließend, welche Positionen vom Einkommen in Abzug zu bringen sind. Dies gilt - wenn das Einkommen keiner Pfändung unterliegt (vgl. dazu BSG vom 10. Mai 2011 – B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr. 2) - selbst dann, wenn der Betroffene dadurch außer Stande ist, bestehende vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen (BSG vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, Rn, 19). Es würde dem Zweck der Sozialhilfe zuwiderlaufen, zur Tilgung von Schulden des Hilfeempfängers beizutragen (Giere aaO).

 

h.)

Im Rahmen der Zumutbarkeit ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass es sich bei den Bestattungskosten in der Regel um einen einmaligen Bedarf handelt, der regelmäßig nicht als aktuell zu deckender (Not-)Bedarf anfällt, es also nicht um die Abwendung einer gegenwärtigen Notlage, sondern im Ergebnis um die Übernahme von Schulden geht (BSG Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R – juris Rn. 27).

Bei der Prüfung der Umstände des Einzelfalls (BSG vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 = SozR 4-3500 § 74 Nr. 1, Rn. 16; Berlit in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 74 Rn. 7) ist insbesondere das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen Bestattungspflichtigem und Verstorbenem zu berücksichtigen. Je enger das Verwandtschaftsverhältnis, desto geringer sind in der Regel die Anforderungen an die Zumutbarkeit des Einkommens- und Vermögenseinsatzes. Umgekehrt können aber zerrüttete Verwandtschaftsverhältnisse höhere Anforderungen an die Zumutbarkeit begründen. Darüber hinaus können auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der nicht unerheblichen Schuldverpflichtungen des Klägers für die Frage der Zumutbarkeit des Mitteleinsatzes eine Rolle spielen. Insoweit ist zu ermitteln, ob und inwieweit es dem Kläger möglich war, seine Darlehensverpflichtungen auszusetzen bzw. mit welchen wirtschaftlichen Folgen eine Aussetzung der Zahlungen verbunden (gewesen) wäre (BSG Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R juris Rn. 28).

Der Beklagte geht nun bezüglich des zur Verfügung stehenden Einkommens des Klägers und seiner Ehefrau noch von folgenden Zahlen aus:

 

Einkommen

Besoldung Ehefrau

Nebenjob Ehefrau

Summe

 

 

3.881,16 €

   350,63 €

4.231,79 €

 

 

 

4.231,79 €

 

Absetzbeträge nach § 82 Abs. 2 SGB XII:

Arbeitsmittelpauschale für die Ehefrau

Fahrtkosten

KV-Beitrag Ehefrau

1/12 Jahresbeitrag Haftpflichtversicherung

1/12 Jahresbeitrag Beamtenbund und BSW

1/12 Jahresbeitrag Hausratversicherung

 

5,20 €

129,80 € 275,31 € 9,28 €

10,32 € 11,17 €

 

 

Summe

441,08 €

-441,08 €

 

 

 

 

 

einzusetzendes Einkommen

 

 

 

3.790,71 €

3.790,71 €

 

Einkommensgrenze § 85 SGB XII

 

Zinsen für das Bauspardarlehen bei der B

Hausgeld (einschl. darin enthaltener Heizkosten) Müll + Grundsteuer (238,04+40,80) : 12 = Kosten der Unterkunft und Heizung

Zwischensumme (§ 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII)

 

 

483,60 € 325,00 €

 

 23,24 € 831,84 €

 

 

 

 

 

 

831,84 €

 

Grundbetrag Hilfeempfänger (doppelter Regelsatz § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII)

Zuschlag Ehefrau (§ 85 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII)

 

818,00 €

 

+287,00 €

1.936,84 €

 

 

-1.936,84€

 

 

 

 

Überschreitung der Einkommensgrenze

 

 

 

1.853,87 €

Besondere Belastungen § 87 SGB XII

 

KV-Beitrag Kläger

Unfallversicherung

Darlehensrate LV (PB-Vers.)

Darlehen BBank

Darlehen DSL

Zinsrate Vorausdarlehen LV Ehefrau

Zinsrate Vorausdarlehen LV Kläger

 

Zwischenergebnis

 

 

244,34 € 10,00 € 461,14 € 200,00 € 260,03 € 82,88 € 49,50 €

1.307,89 €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

-1.307,89€

545,98 €

weitere Absetzung, da der Einkommenseinsatz nur über die Ehefrau erfolgt, Abzug von 20 % (s. SHR §§ 85,87 Rn. 87.16)

 

 

 

-109,20 €

Einsatz über der Einkommensgrenze

 

 

436,79 €

3.)

Hinsichtlich der Einwendungen der Klägerseite hiergegen und der damit verbundenen Forderung weitere Positionen zu berücksichtigen, aufgrund derer letztlich kein mehr einsetzbares Einkommen vorhanden wäre, ist im Einzelnen folgendes festzustellen:

a.)

Soweit die Klägerseite bei den Fahrtkosten von einem höheren Betrag auf der Grundlage einer Fahrtstrecke von 29 km einfach ausgeht, ist festzustellen, dass laut Google Maps die Entfernung zwischen der Wohnung der Ehefrau des Klägers und ihrem Arbeitsort beim Landratsamt Landkreis R 23 km beträgt, weshalb der vom Beklagten angesetzte Wert von 129,80 € anstelle der von Klägerseite geforderten 150,80 € nicht zu beanstanden ist.

b.)

Berücksichtigt hat der Beklagte bei den Versicherungsbeiträgen sowohl die Haftpflicht-, als auch die Hausratversicherung als auch den Beitrag zum Beamtenbund und BSW. Allerdings ist hier nur der Beitrag zum Beamtenbund, der im Februar 2017 fällig wurde zu berücksichtigen, und zwar nicht nur in Höhe eines Zwölftels, sondern in Höhe des Gesamtbetrages von 87,00 €.

Die Gewerbehaftpflichtversicherung mit einem Jahresbeitrag in Höhe von 720 € ist hingegen nicht zu berücksichtigen, da dieser Beitrag offensichtlich - jedenfalls ist dem vorgelegten Versicherungsschein wie auch den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsverfahren vorgelegten Kontoauszügen nichts Anderes zu entnehmen - wie bei den allermeisten Versicherungsbeiträgen üblich zum 1. Januar 2017 fällig geworden sein dürfte.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sind aus Sicht des Senates allerdings die Unfallversicherung des Klägers in voller Höhe (98,19 € monatlich statt 10,00 €) als auch die Steuerberaterkosten (77,35 €, fällig laut Rechnung zum 21. Februar 2017) im Zusammenhang mit seiner selbstständigen Tätigkeit in vollem Umfang zu berücksichtigen, auch wenn er seinerzeit aus dieser Tätigkeit so gut wie keine Einnahmen generierte.

c.)

Entgegen der Auffassung des Klägers sind allerdings die Kosten für die monatliche Tilgung des B-Bauspardarlehens für die Eigentumswohnung in Höhe von 216 € nicht zu berücksichtigen, denn die Sozialhilfe dient nicht dazu, die Bildung von Kapital zu ermöglichen (vergleiche hierzu auch SHR SGB XII § 87 Rn. 87.09 Ziff. 1.1). Hier wäre vom Kläger gegebenenfalls die Aussetzung dieser Raten zu prüfen gewesen (siehe oben BSG aaO).

Soweit die Klägerseite über die vom Beklagten bereits berücksichtigten Darlehensraten noch Beiträge zu den Kapitallebensversicherungen des Klägers bzw. seiner Ehefrau (jeweils abgetreten an die Bank zur Sicherung von Darlehen für das Eigenheim) in Höhe von 170,21 € bzw. 449,04 € (insgesamt 619,25 €) geltend macht, ist auch hier zu berücksichtigen, dass es sich letztlich bei diesen Beiträgen zu einer Lebensversicherung um Kapitalbildung handelt, die im Ergebnis dazu dienen soll Kreditverpflichtungen abzusichern bzw. dann zum Vertragsende zu tilgen. Damit aber wären diese Zahlungen Tilgungsleistungen durchaus vergleichbar, die wie bereits oben ausgeführt grundsätzlich nicht zu berücksichtigen wären und wäre damit auch die Frage einer Aussetzung der Tilgung zu prüfen (siehe BSG Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R – juris Rn. 28). Nichts Anderes gilt im Übrigen für die vom Beklagten als LV Darlehensrate noch berücksichtigten Zahlungen in Höhe von monatlich 461,14 € (PB-Versicherungen), die nach Ablauf des Darlehensvertrages zur Tilgung des Darlehens über 58.000 € bei der DSL-Bank dient (260,03 € monatliche Zinsen). Eine Aussetzung der Darlehensraten (ganz oder auch teilweise) wie auch der Beiträge zu den Lebensversicherungen wäre ausweislich der Auskünfte der Versicherungen und Banken grundsätzlich möglich gewesen (siehe Bl. 131 ff. Senatsakte).

Ebenso wenig zu berücksichtigen sind die Beiträge zu der weiteren (nicht abgetretenen) Lebensversicherung des Klägers in Höhe von 89,70 €, die zwar zur Altersvorsorge dienen soll, wobei allerdings vom Kläger nichts dazu dargetan worden ist, dass diese als nach dem Einkommensteuerrecht geschützte Altersvorsorge zu qualifizieren wäre.

Sofern man auf der anderen Seite die oben noch als zusätzlich berücksichtigungsfähigen Ausgaben in die Berechnung zum einzusetzenden Einkommen einfügt, verbleibt - wie der folgenden Berechnung zu entnehmen ist - ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 1.023,06 €.

 

Einkommen

Besoldung Ehefrau

Nebenjob Ehefrau

Summe

 

 

3.881,16 €

   350,63 €

4.231,79 €

 

 

 

4.231,79 €

 

Absetzbeträge nach § 82 Abs. 2 SGB XII:

Arbeitsmittelpauschale für die Ehefrau

Fahrtkosten

KV-Beitrag Ehefrau

Jahresbeitrag Beamtenbund

 

 

5,20 €

129,80 € 275,31 €

87,00 €

 

 

 

Summe

497,31 €

-497,31 €

 

 

 

 

 

einzusetzendes Einkommen

 

 

 

3.734,48 €

3.734,48 €

 

Einkommensgrenze § 85 SGB XII

 

Zinsen für das Bauspardarlehen bei der B

Hausgeld (einschl. darin enthaltener Heizkosten) Müll + Grundsteuer (238,04+40,80) : 12 = Kosten der Unterkunft und Heizung

Zwischensumme (§ 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII)

 

 

483,60 € 325,00 €

 

 23,24 € 831,84 €

 

 

 

 

 

 

831,84 €

 

Grundbetrag Hilfeempfänger (doppelter Regelsatz § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII)

Zuschlag Ehefrau (§ 85 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII)

 

818,00 €

 

+287,00 €

1.936,84 €

 

 

 

-1.936,84 €

 

 

 

 

Überschreitung der Einkommensgrenze

 

 

 

1.797,64 €

Besondere Belastungen § 87 SGB XII

 

KV-Beitrag Kläger

Unfallversicherung Kl. monatlich fällig

Steuerberatungskosten Kl.

Zinsrate Vorausdarlehen LV Ehefrau

Zinsrate Vorausdarlehen LV Kläger

 

Zwischenergebnis

 

 

244,34 €

98,19 €

77,35 € 82,88 € 49,50 €

633,82 €

 

 

 

 

 

 

 

 

  -633,82 €

1.163,82 €

weitere Absetzung, da der Einkommenseinsatz nur über die Ehefrau erfolgt, Abzug von 20 % (s. SHR §§ 85,87 Rn. 87.16)

 

 

 

-140,76 €

Einsatz über der Einkommensgrenze

 

 

1.023,06 €

4.

Einsetzbares Vermögen im Sinne von § 90 SGB XII liegt dagegen nicht vor. Hinsichtlich der zur Sicherung von Darlehen abgetretenen Lebensversicherungen scheidet eine Verwertung gerade aus diesen Gründen aus. Die einzige hier in Betracht kommende Lebensversicherung ist die für den Kläger abgeschlossene Altersvorsorge, gestützt auf diese der Beklagte auch zunächst die Gewährung von Leistungen im Ausgangsbescheid versagt hatte. Vom Kläger war zwar nicht dargetan worden, dass es sich hierbei um eine nach dem Einkommensteuergesetz geförderte Altersvorsorge im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII handelt. Allerdings hat hier schon der Beklagte im Widerspruchsverfahren zutreffend festgestellt, dass unter Berücksichtigung der am 1. April 2017 eingetretenen Erhöhung der Schonbeträge eine Verwertung nicht mehr in Betracht gekommen wäre, ganz abgesehen davon, dass hier auch zweifelhaft sein könnte, ob unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG eine Verwertung dieser Lebensversicherung überhaupt wirtschaftlich vertretbar und damit letztlich zumutbar gewesen wäre.

5.

Insgesamt ist damit festzustellen, dass beim Kläger zwar kein einzusetzendes Vermögen, wohl aber zum streitigen Zeitpunkt Februar 2017 ein einzusetzendes Einkommen i.H.v. 1.023,06 € vorhanden gewesen ist. Auf Nachfrage des Senats, ob und inwieweit versucht worden sei, Tilgungsraten bzw. Versicherungsbeiträge auszusetzen um die Bestattungskosten zu bezahlen, hat der Kläger zwar geltend macht, er sei zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass der Versuch einer Aussetzung der Tilgungsraten (ganz oder teilweise) Bedingung dafür sei, um über den Antrag des Klägers entscheiden zu können bzw. er sei auch nicht ansatzweise darauf hingewiesen worden, dass er sich um eine Aussetzung bei den Lebensversicherungen bemühen müsse. Im Übrigen sei ihm bekannt gewesen, dass eine Aussetzung der Raten zu den Lebensversicherungen wegen der erfolgten Abtretungen und der Beleihung nicht möglich sei und beim Hauskredit er schon vor Jahren eine Aussetzung der Tilgung und danach die Raten auf die Mindesttilgung heruntergesetzt habe. Des Weiteren hat der Kläger noch ausgeführt, bei sonstigen Krediten sei maximal eine Aussetzung von ein bis zwei Monaten möglich, was bei Kosten von insgesamt 4.000 € nicht viel bringe. Durch die genehmigte Stundung und Ratenzahlung beim Bestatter habe der Kläger damals auf solche Schritte verzichtet.
Durch die mit dem Bestatter vereinbarte Ratenzahlung hat aber der Kläger genau den auch vom BSG in seinem Urteil vom 4. April 2019 beschriebenen Weg (siehe juris Rn. 31) beschritten. Weshalb der Kläger dann aber nicht auch hinsichtlich der noch offenen Rechnung für die Einäscherungskosten wie auch des Gebührenbescheides für das Urnengrab  geprüft hat, ob und inwieweit eine Aussetzung oder zumindest Reduzierung der Beiträge zu mehreren Lebensversicherungen wie auch der Tilgungsrate bezüglich der verschiedenen Darlehen möglich wäre, ist letztlich nicht schlüssig dargetan worden. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Ehefrau des Klägers selbst auf dem Sozialamt des Landkreises R tätig ist und damit gerade auch hinsichtlich dieser Fragen über entsprechende spezifische Kenntnisse verfügte.

Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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