L 6 VG 2424/21 ZVW

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 VG 6304/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 2424/21 ZVW
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Januar 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in allen drei Instanzen nicht zu erstatten.

 

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach dem Gesetz über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten (OEG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) aufgrund sexuellen Missbrauchs in der Kindheit durch den zweiten Stiefvater.

Sie ist 1974 in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) geboren und mit ihren Geschwistern in B aufgewachsen. Ihre Mutter wurde 1981 von ihrem zweiten Ehemann B1 geschieden und heiratete, nachdem die Familie im Oktober 1989 über U in den Westen geflohen war, im Februar 1990 den wegen Republikflucht zu einer 22-monatigen Haft verurteilten Erzieher W, mit dem sie bereits seit 1981 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammengewohnt hatte. Gegen diesen wurde Ende 1990 ein Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs ihres Bruders (J.B., geb. 1978) eingeleitet. Er wurde schließlich wegen sexuellem Missbrauchs an seinem Stiefsohn in Tateinheit mit fortgesetztem sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit fortgesetzten homosexuellen Handlungen mit Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten (Az.: 10 Ju Js 4691) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die während des laufenden Verfahrens von der Mutter eingereichte Scheidung wurde zurückgezogen. Diese zog nach der Entlassung ihres Ehemannes aus der U-Haft wieder mit diesem zusammen und mit ihm im Juli 1991 nach Westdeutschland.

Die Klägerin absolvierte nach dem Abschluss der mittleren Reife 1990 bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse Berlin (AOK) eine Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten und schloss diese 1994 erfolgreich ab. Von April 1994 bis April 1995 war sie als Kundenberaterin beim Arbeitsamt P und, nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit, von Juni 1995 bis März 1996 als Mitarbeiterin in einem Personalbüro tätig. Nach einem Bewerbungstraining mit PC-Zertifikatskurs zu Lasten des Arbeitsamtes begann sie im April 1997 eine Tätigkeit bei der BKK P und wechselte 2010 – intern – zur Siemens Betriebskrankenkasse (SBK) nach B. Von 2001 bis 2006 war sie in Elternzeit und danach auf geringfügiger Basis tätig. Seit 2010 arbeitete sie wieder in Vollzeit als Kundenberaterin, bis das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2012 im beiderseitigen Einverständnis aufgehoben wurde. Seitdem ist sie keiner Tätigkeit mehr nachgegangen und bezieht zwischenzeitlich Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer. Bei ihr ist seit dem 8. Dezember 2011 ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 anerkannt (Bescheid des Landratsamts B-H vom 18. Dezember 2014 [Funktionseinschränkungen: Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), depressive Störung, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, operierter Bandscheibenschaden, Rückenmarksschädigung auf Höhe C4/5, Schulter-Arm-Syndrom, Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform]).

Am 12. Juni 2012 beantragte sie bei dem Landesamt für Gesundheit und Soziales – Versorgungsamt B (nachfolgend: Landesamt) Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Beigezogen wurden die Ermittlungsakten des Amtsgerichts P (Az.: 43 Js 792/96) sowie Behandlungsunterlagen.

Aus der Ermittlungsakte über den anzeigten sexuellen Missbrauch der Klägerin und ihres Bruders durch den Stiefvater gingen die Zeugenvernehmungen der Klägerin, ihres Bruders sowie der Mutter hervor. Die Klägerin berichtete damals, dass ihr Stiefvater sie ab dem 10. Lebensjahr ca. drei- bis viermal im Monat zunächst nur im Intimbereich gestreichelt und sie dann im weiteren Verlauf oral befriedigt habe, wobei er jeweils an seinem eigenen Glied teilweise bis zum Samenerguss manipuliert habe. Der Stiefvater ließ sich dahingehend ein, dass die Vorwürfe nicht zutreffend seien. Merkwürdig an dem behaupteten Missbrauch seiner Stieftochter sei insbesondere, dass sie mit ihrem Freund seiner Frau hinterhergezogen sei und immer die Nähe gesucht habe. Dies hätte sie sicherlich dann nicht getan, wenn sie von ihm missbraucht worden wäre. Bis vor kurzem habe seine Ehefrau die Angaben der Klägerin für völlig unglaubwürdig erachtet, zumal sie ihm gegenüber erklärt habe, dass er praktisch nie mit der Klägerin allein gewesen sei. Erst als er seiner Frau erklärt habe, dass er nach diesen Vorwürfen mit der Klägerin nicht mehr sprechen werde, habe sich seine Frau endgültig von ihm getrennt. Mit Urteil des Landgerichts Paderborn vom 31. Oktober 1997 (Az.: 1 Kls 43 Js 792/96) wurde der Stiefvater im Hinblick auf den Bruder wegen sexuellen Missbrauchs eines Schutzbefohlenen in 41 Fällen, davon in 15 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt (vgl. die Änderung des Schuldausspruchs wegen teilweiser Verjährung durch Beschluss des BGH vom 5. Mai 1998 [4 StR 151(98]).

Im Entlassungsbericht der V-klinik über die im Zeitraum vom 31. August bis 12. Oktober 2004 durchgeführte stationäre Rehabilitation wurde eine mittelschwere depressive Episode sowie eine PTBS diagnostiziert und ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für die letzte berufliche Tätigkeit sowie für den allgemeinen Arbeitsmarkt gesehen. Zur Anamnese wurde dargelegt, dass sich die Klägerin als psychisch ausgebrannt beschrieben habe. Sie fühle sich durch ihren hyperaktiven Sohn überfordert und habe häufig psychisch bedingte Kopfschmerzen. Sie sei oft frustriert und überreizt, esse aus Frust Schokolade. Sie arbeite bei der BKK in der Rechnungsprüfung und befinde sich derzeit im Erziehungsurlaub. Die Rehabilitationsmaßnahme sei arbeitsfähig angetreten worden, im psychischen Befund sei sie bewusstseinsklar, zu allen Qualitäten orientiert bei unauffälliger Konzentration und Aufmerksamkeit gewesen. Die Erfahrung der sexuellen Traumatisierung habe zur Ausbildung einer unsicheren Bindung geführt. Sie könne das Bedürfnis nach befriedigender Bindung kaum ausleben, das Gefühl der intimen Nähe erzeuge bei ihr ein Spannungsgefühl. Die Forderung von den anderen nach noch mehr Nähe werde als sehr belastend erlebt. Hinsichtlich der Therapieziele hätten deutliche Fortschritte erarbeitet werden können. Die Entlassung sei in deutlich gebessertem arbeitsfähigen Zustand erfolgt.

Die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. C-B beschrieb diagnostisch eine PTBS mit rezidivierenden depressiven Stimmungen, Angstzuständen und zeitweiligen Dissoziationen. Es seien Antidepressiva eingesetzt worden, Psychotherapie und ein Aufenthalt in einer Fachklinik für Psychosomatik erfolgt. Die erste Behandlung sei 2000 nach vier Jahren und 50 Sitzungen abgeschlossen worden. Eine Wiederaufnahme sei nach der Dekompensation durch die Geburt der beiden Kinder erfolgt. Eine folgenlose Ausheilung liege nicht vor, eine Stressanfälligkeit und rezidivierende Depressionen seien möglich.

Die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie B2 gab eine Behandlung vom 10. Juli 2008 bis 26. Februar 2010 an. Diese sei aufgrund der Diagnosen einer wiederkehrenden depressiven Störung bei einer komplexen PTBS erfolgt. Ergänzend legte sie unter anderem den Befundbericht vom 23. Februar 2010 vor, wonach die Klägerin angegeben habe, dass es ihr schlecht gehe, da eine Partnerschaftskrise bestehe. Sie sei unsicher, wie sie sich verhalten solle. Sie fühle sich an Kränkungs- und Ablehnungserlebnisse aus der Vergangenheit erinnert.

Die Fachärztin für Nervenheilkunde Dr. B3 beschrieb rezidivierende depressive Episoden, zuletzt mittelgradig. Seit der Trennung vom Partner 2011 bestünden anhaltend wechselnde körperliche Beschwerden.

Vom 2. März bis 1. Juni 2012 befand sich die Klägerin in der naturheilkundlichen-internistischen Tagesklinik des I-Krankenhauses-B. Zur Anamnese wurde im Entlassungsbericht ausgeführt, dass die Klägerin seit Mai 2011 schwere Rückenschmerzen im Rahmen einer Belastungssituation auf der Arbeit wegen ihres kranken Sohnes beklagt habe. Sie sei belastet durch ihre Arbeitssituation, die Trennung vom Ehemann sowie die ADHS-Erkrankung des Sohnes. Wegen der Gesamtsituation habe sie starke Albträume und komme nicht zur Ruhe. Im Rahmen der Psychotherapie sei es vor acht Wochen zu einer Re-Traumatisierung bei einer bekannten PTBS im Alter von 10 Jahren gekommen. Am Arbeitsplatz habe es Schwierigkeiten im Team mit einer Mobbing-Situation gegeben, sodass seit August 2011 Arbeitsunfähigkeit bestehe.

Weiter veranlasste das Landesamt das aussagepsychologische Gutachten des Prof. Dr. S nach Aktenlage vom 21. Januar 2013. Danach überwögen aus aussagepsychologischer Sicht positive Hinweise auf einen Erlebnisgehalt des im Antrag genannten sexuellen Missbrauchs durch den Stiefvater, sodass eine positive Substantiierung der Angaben der Antragstellerin aus 1996 möglich erscheine. Nach Aktenlage bestünden keine Hinweise auf frühere oder gegenwärtige Einschränkungen der Aussagetüchtigkeit. Zur Suggestionshypothese sei festzustellen, dass sich aus der Akte keine Hinweise auf persönlichkeits- oder störungsbedingte autosuggestive Prozesse für die Zeit vor der Anzeigeerstattung im Oktober 1996 befänden. Die Psychotherapie von September bis November 1996 könne die Entstehung unbewusster falscher Überzeugungen, vor zehn Jahren sexuell missbraucht worden zu sein, bei der damals 22-jährigen Klägerin nicht ausreichend erklären. Dass eine bewusste Falschaussage vorliege, sei sehr unwahrscheinlich. Die Problemlage des vorliegenden Falles sei nicht in der Beurteilung der Faktizität des sexuellen Missbrauchs durch den Stiefvater zu sehen, sondern angesichts späterer biografischen Belastungen im kausalen Zusammenhang zwischen den psychischen Störungen der Klägerin und den vorangegangenen biografischen Gegebenheiten.

Anschließend holte das Landesamt das aussagepsychologische Gutachten der Dipl. Psych. Dr. E aufgrund ambulanter Untersuchung vom 19. April 2013 ein. Dieser gegenüber gab die Klägerin an, dass sie in der Wochenkrippe habe betreut werden müssen, da ihre Mutter im Schichtdienst gearbeitet und ihr Vater sich nicht an ihrer Betreuung beteiligt habe. Dies könne sie ihrem leiblichen Vater nicht verzeihen, der abends lieber mit Kollegen weggegangen sei. Seit ihre Mutter 1976 ihren zweiten Mann, den Vater ihres 1978 geborenen Halbbruders, kennengelernt habe, habe diese nur tagsüber gearbeitet, sodass die Betreuung in einer Tageseinrichtung erfolgt sei. Ihr leiblicher Vater habe später erneut geheiratet, zu diesem habe zeitweise Kontakt bestanden, seit 2004 jedoch nicht mehr. Über die Ehe mit dem zweiten Mann (bis 1980) habe man ihr immer erzählt, dass es ein schöner Teil ihrer Kindheit gewesen sei. Nachdem sie während der Therapie das Gespräch mit ihrer Mutter gesucht habe, habe sie erfahren, dass dieser Mann zwei Jahre eine Parallelbeziehung geführt und ihre Mutter versucht habe, sich das Leben zu nehmen, als sie hiervon erfahren habe. Die Klägerin sei im Nachhinein traurig darüber gewesen, dass sie damals als vierjähriges Kind nicht in der Lage bzw. wichtig genug gewesen sei, ihre Mutter davon abzuhalten. Sie wisse nur noch, dass sich ihre Mutter und der erste Stiefvater an ihrem Einschulungstag getrennt hätten, später hätten sie und ihr Halbbruder noch Kontakt zu ihm gehabt.

Der zweite Stiefvater sei der Vater ihrer 1985 geborenen Halbschwester. Vor und während der Schwangerschaft sei die Mutter oft im Krankenhaus gewesen und der zweite Stiefvater habe die Abwesenheit ausgenutzt. Da hätten die ersten Probleme begonnen. Ganz schlimm sei es geworden, als sie mit 13 Jahren ihren ersten Freund und späteren Mann kennengelernt habe. Da sei der Stiefvater eifersüchtig gewesen und habe sie kontrolliert. Als sie einmal nicht zum FKK habe mitkommen wollen, weil es ihr unangenehm gewesen sei sich nackt zu zeigen, habe ihr Stiefvater sie im Zimmer eingeschlossen und ihre Mutter habe sie als „blöde Kuh“ beschimpft. In der Schule sei sie ein ruhiges, ängstliches und schüchternes Kind gewesen, habe sich im Unterricht kaum getraut, etwas zu sagen, auch wenn sie sonst gute schulische Leistungen erbracht habe. Sie sei wie blockiert gewesen, wenn sie etwas habe sagen sollen. Später habe ihre Cousine mit im Haushalt gelebt. Ihr späterer Ehemann habe mit seinen Eltern im gleichen Haus gewohnt. Es habe eine Weile gedauert, bis sich eine intime Beziehung entwickelt habe und sie Sex gehabt hätten. Als sie 15 Jahre alt gewesen sei, hätten sie sich für ein Jahr getrennt. Ihr Stiefvater habe das toll gefunden und versucht sie zu trösten.

Der Wechsel von Ost- nach Westberlin sei für sie sehr schlimm gewesen, da sie aus ihrem vertrauten Umfeld herausgerissen und vorher immer ein negatives Bild vom Westen aufgezeigt worden sei. Sie habe als Ostkind für das letzte halbe Jahr in eine neue Klasse gehen müssen, wo sich alle jahrelang gekannt hätten. Das sei für sie die schlimmste Zeit und die Hölle auf Erden gewesen. Sie habe so viel aushalten müssen, sei belächelt und beguckt worden, als sei sie ein Wesen aus dem All. Nach der Maueröffnung hätten sie nicht zurückziehen können. Sie hätten erst in H gewohnt, wo es ihr sehr gut gefallen habe. Dann sei der Schock für sie gekommen, als sie Anfang 1990 nach N gezogen seien. Sie sei in der Schule in H geblieben und täglich dorthin gefahren. N habe sie als grausam erlebt.

Nach ihrem Umzug in den Westen habe sich ihr späterer Ehemann wieder gemeldet. Sie seien seit 1990 bis zu ihrer Trennung vor einem Jahr durchgängig zusammen gewesen. Nachdem der Missbrauch des zweiten Stiefvaters an ihrem Bruder bekannt geworden sei, habe sie nur noch Streit mit diesem gehabt, da sie seine Rechthaberei und Dominanz nicht abgekonnt habe. Im Juli 1991 sei ihre Familie nach P gezogen, da insbesondere ihre Mutter in B keine berufliche Zukunft für sich gesehen habe. Ihre Eltern hätten ihre Wohnung in B gegen ein Haus in P getauscht. Sie habe sofort gesagt, nicht mit umzuziehen, sondern ihre Ausbildung beenden zu wollen. Sie habe nicht noch einmal gegen ihren Willen umziehen wollen. Aufgrund des ständigen Streits mit dem Stiefvater sei es kein Thema gewesen mit umzuziehen. Bei späteren Besuchen habe es immer gleich Streit gegeben.

Sie sei in eine betreute WG gezogen und ihr späterer Ehemann zur Bundeswehr eingezogen worden. Ihre Schwester sei durch die Berufstätigkeit beider Eltern auf der Strecke geblieben und der Missbrauch an ihrem Bruder sei weiter gegangen. Ihre eigene Ausbildung sei nicht gut gelaufen, da sie sich häufig krankgemeldet und nicht auf ihre Ernährung geachtet habe, was zu einer starken Gewichtszunahme geführt habe. Ihr Leben sei komplett aus den Fugen geraten, da sie völlig selbstständig habe sein müssen. Damit und mit der Ausbildung sei sie überfordert gewesen. Es habe sie enttäuscht, dass ihre Mutter mit dem zweiten Stiefvater, der ein halbes Jahr vorher wegen Missbrauchs ihres Halbbruders und von Patienten einer Behinderteneinrichtung verurteilt worden sei, nach P gezogen sei. Nach der Ausbildung habe sie noch drei Monate bei der AOK gearbeitet und sei dann mit ihrem Mann nach P in das Haus der Mutter gezogen. Ihnen habe die ländliche Umgebung gefallen und sie hätten nicht gewollt, dass ihre Kinder in B aufwüchsen.

Ab 2010 habe sie eine Vollzeitstelle bei der SBK bekommen, die mit einer internen Versetzung nach B verbunden gewesen sei. Sie sei dann für drei bis vier Monate allein nach B gezogen, bis ihre Familie nachgekommen sei. Da sei sie das erste Mal in ihrem Leben allein gewesen, was ihr sehr gut getan habe. Bei der Arbeit habe es ihr anfangs gefallen, einen eigenen Bereich und Verantwortung zu haben und gefordert zu werden. Missstände habe sie zunächst ausgeblendet. Sie sei in ein eingeschweißtes Team aus älteren Kolleginnen gekommen, es sei permanent schlechte Stimmung gewesen, es hätten ein gereizter Umgang mit den Kunden und räumlich schlechte Arbeitsbedingungen bestanden. Ihr Chef und ihre Teamleiterin hätten ihr zugestimmt, dass es schwierig sei, mit den Kolleginnen zusammen zu arbeiten. Es sei zu viel Arbeit gewesen und sie hätten im Sommer über mehrere Wochen samstags arbeiten müssen. Es sei ein Prozess über ein halbes Jahr gewesen, in dem es ihr immer schlechter gegangen sei. Sie habe versucht, mit den Bedingungen zurecht zu kommen, aber sie habe es schließlich nicht geschafft. Im Mai 2011 sei sie in der Dusche vor Erschöpfung fast umgekippt (langer Fahrweg, Vollzeitstelle, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern). Sie sei drei Wochen krankgeschrieben worden und habe eine Therapeutin und Neurologin in B gesucht. Bereits im Herbst 2010 habe sie erneut Antidepressiva verordnet bekommen. Seit Mai 2011 sei sie krankgeschrieben gewesen, gleichzeitig mit ihren beruflichen Problemen sei ihr Mann in B beruflich unzufrieden gewesen und im März 2011 zu seinem alten Arbeitgeber nach P zurückgekehrt. Seither sei er nur noch am Wochenende in B gewesen. Mit dem Umzug nach B hätten sie sich räumlich verkleinert, was die Beziehung belastet habe. Sie habe sich seit Beginn der Beziehung stärker entwickelt als er, insbesondere durch die psychotherapeutischen Behandlungen seit 1996.

Seit Sommer 2012 sei sie alleinerziehend und habe im August 2012 aus finanziellen Gründen in eine kleinere Wohnung ziehen müssen. Ihr Sohn sei ein Schreikind und leide unter ADHS. Nach neun Jahren sei sie nun mit ihm in guter Therapie, zuvor habe sie keine angemessene Unterstützung und Behandlung bekommen.

Im Jahr 1990 sei der Missbrauch an ihrem Bruder bekannt geworden, nachdem ihre Mutter dies mitbekommen habe. Für sie selbst sei der Missbrauch damals schon beendet gewesen, aber dass es auch ihren Bruder betreffe, damit sei sie nicht klargekommen. Sie habe sich nicht vorstellen können, dass man das mit einem Jungen mache. Sie habe mitbekommen, was der Strafprozess für ihren Bruder bedeutet habe und dann einfach mit ihrem Geheimnis weitergelebt. Von ihren eigenen Missbrauchserfahrungen habe sie ihrem Mann erstmals 1991 erzählt. Das sei im Zusammenhang mit dem großen Streit mit ihrem Stiefvater gewesen, als sie nicht mit zum Baden gewollt habe. Sie habe ihrer Mutter dann alles berichtet, wobei sie nicht mehr wisse, was sie ihrer Mutter gesagt habe. Sie sei im Jahr 1996 gerade sechs Wochen nach ihrer Tätigkeit beim Arbeitsamt arbeitslos gewesen. Sie habe gebügelt und dabei im Fernsehen eine Talkshow geschaut. Da sei es um erwachsene Frauen gegangen, die in der Kindheit missbraucht worden seien. Daraufhin habe sie im Telefonbuch nach einem Therapeuten gesucht und einen gefunden. Die Therapeutin habe versucht sie zu stabilisieren. Da sie im selben Haus gewohnt hätten, sei die Atmosphäre angespannt gewesen. Eine Anzeigeerstattung habe sie sich damals nicht getraut. Sie habe Angst gehabt, dass man ihr nicht glaube, und sei nicht stabil genug gewesen, was erst durch die Therapie gelungen sei. Nach der Anzeigeerstattung habe sie schriftliche Aufzeichnungen für ihre Therapeutin gefertigt, anstatt es dieser zu erzählen. Von ihrem Rechtsanwalt habe sie erfahren, dass die Taten ihr gegenüber verjährt seien, sie aber im Verfahren betreffend den Missbrauch an ihrem Bruder als Zeugin geladen werde. Der Tag der Gerichtsverhandlung sei ein schlimmer Tag für sie gewesen. Es sei ein herber Schlag für sie gewesen, als sie erfahren habe, dass ihre Mutter nach der Haftentlassung des Stiefvaters noch Kontakt zu ihm gehabt habe.

Zur Bewertung führte die Gutachterin aus, dass sich Hinweise auf eine starke Identifikation als Opfer ergeben hätten. Ihre psychischen Probleme, vielfältigen psychosomatischen Schwierigkeiten sowie ihre Arbeitsunfähigkeit führe die Klägerin primär auf Missbrauchserfahrungen und andere belastende Kindheitserfahrungen zurück. Ferner habe sie sich eines Jargons bedient, der auf umfangreiche therapeutische Erfahrungen schließen lasse. Im Rahmen dieser Behandlungen seien – nachvollziehbar – vor allem depressive Störungsbilder sowie eine Somatisierungsstörung diagnostiziert worden. Deren Genese könne aber nicht eindeutig geklärt werden, da sowohl die familiären Umstände im Kindes- und Jugendalter als auch die späteren Belastungsfaktoren wie Konflikte am Arbeitsplatz, Überlastungserleben durch Arbeit und Familie sowie Trennung vom Ehemann als Ursachen bzw. verstärkende Faktoren in Betracht kämen. Die Identifikation als Opfer und die Neigung, eigene psychische Probleme primär auf ihre Erfahrungen im Elternhaus und auf die fraglichen Missbrauchserfahrungen zu attribuieren, könne zu einer Neubewertung ursprünglicher Erfahrungen und somit zu Erinnerungsverzerrungen beigetragen haben. Im Übrigen verfüge die Klägerin über im Altersdurchschnitt liegende kognitive Fähigkeiten. Nach dem langen Zeitablauf und dem damals jungen Alter der Klägerin sei aufgrund entwicklungs- und gedächtnispsychologischer Regelmäßigkeiten von einem Verblassen der Erinnerungsspuren auszugehen. Dadurch wiesen derartige Erinnerungen eine größere Störanfälligkeit durch Kontaminationen mit nachträglichen Informationen und innerpsychischen Verarbeitungsprozessen auf als an solche an kürzere Zeit zurückliegende Ereignisse. Ob die Missbrauchserfahrungen bereits im Jahr 1991 zur Sprache gekommen seien, bleibe nach der Aktenlage offen, jedenfalls sei dies im Jahr 1996 erfolgt. Anhaltspunkte für eine Einflussnahme Dritter bestünden keine. Vor dem Hintergrund verschiedener persönlicher Probleme und möglicherweise belastender Lebenssituationen könne die Klägerin bestrebt gewesen sein, außerhalb ihrer Person zu verankernde Erklärungen zu finden. Ihre selbstunsichere, eher introvertierte Persönlichkeit sowie ihre damalige starke Labilisierung durch verschiedene Lebensumstände (mehrere Umzüge innerhalb kurzer Zeit, verbunden mit Schulwechsel) könne dazu beigetragen haben, dass sie eigene Erfahrungen lieber für sich behalten habe als diese offenzulegen. Daneben sei eine ambivalente Haltung dem Beschuldigten gegenüber ein durchaus häufig zu beobachtendes Phänomen bei Opfern sexuellen Missbrauchs. Die Klägerin habe ein durchaus differenziertes Bild von ihrem zweiten Stiefvater vermittelt. Die Schilderungen wiesen in den fraglichen Kerngeschehnissen insofern eine hohe Komplexität auf, als verschiedene Handlungsabläufe unterschiedlichen Kontexten zugeordnet bzw. einzelne Vorfälle konkretisiert worden seien. Das Einräumen von Wissens- und Erinnerungslücken in der eigenen Befragung seien ebenso wie der Verzicht auf Mehrbelastungen als Indikator für einen realen Erlebnishintergrund zu betrachten. Bedeutsame Widersprüche, die als Hinweise auf eine absichtliche Falschbezeichnung zu werten seien, stellten die aus der Aktenlage ersichtlichen Abweichungen bei den Schilderungen nicht dar. Sie ließen sich vielmehr nachvollziehbar mit Vergessens- und Überlagerungsprozessen vor dem Hintergrund des sehr langen Zeitablaufs und des Umstandes, dass es sich um wiederholte Vorfälle ähnlicher Art gehandelt haben solle, erklären. Zusammenfassend sei daher davon auszugehen, dass die antragsrelevanten Bekundungen einen realen Erlebnishintergrund hätten.

Das Landesamt holte den weiteren Befundschein der Dr. B3 vom 27. Dezember 2013 ein, in dem diese ausführte, dass die Klägerin ihren Gesundheitszustand teilweise auf den sexuellen Missbrauch zurückgeführt habe. Die Beschwerden verstärkten sich zeitweise bei äußeren Belastungsfaktoren.

Im Wege der Amtshilfe wurde über das Regierungspräsidium Stuttgart bzw. das Landratsamt F-H das Gutachten aufgrund ambulanter Untersuchung vom 25. Juni 2014 des Facharztes für Psychiatrie E1 eingeholt. Dieser führte zum psychischen Befund aus, dass die Klägerin als selbstbestimmte, psychotherapieerfahrene Frau aufgetreten sei. Während der Untersuchung sei sie wach, bewusstseinsklar, örtlich und zeitlich sowie zur Situation voll orientiert gewesen. Aufmerksamkeit und Wahrnehmung seien ungestört, die konzentrative Belastbarkeit im Rahmen des 120-minütigen Gesprächs kaum nachlassend gewesen. Der Gedankengang sei in formaler Hinsicht adäquat gewesen, anamnestisch hätten sich Hinweise auf Ich-Störungen sowie auf Zwänge ergeben. Wahrnehmungsstörungen oder Halluzinationen hätten nicht festgestellt werden können. Die Stimmung sei deutlich niedergestimmt, depressiv, mit Traurigkeit und Enttäuschung gewesen. Die affektive Resonanzfähigkeit sei eingeengt, die emotionale Schwingungsfähigkeit erhöht gewesen. In der Anamnese seien sowohl Symptome einer PTBS als auch einer depressiven Episode eruiert worden, so dass neben der PTBS eine sekundäre bzw. reaktive rezidivierende depressive Störung festzustellen sei. Als Schädigungsfolge sei eine „Psychische (psychoreaktive) Störung: posttraumatische Belastungsstörung“ anzunehmen. Der Ausprägungsgrad entspreche einer mittelgradigen Störung, die mit einem GdS von 30 zu bewerten sei. Zwar sei sie zu einer selbstständigen Lebensführung in der Lage, Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen seien aber mit Misstrauen, Rückzug, Motivationsverlust, Entfremdung, Vermeidungsverhalten, Ängsten, depressiven Symptomen, Schlafstörungen und dissoziativen Symptomen vorhanden. Insgesamt bestehe ein deutlich reduziertes psychosoziales Funktionsniveau. Die rezidivierende depressive Störung mit somatischem Syndrom müsse als Nachschaden angesehen und mit einem GdB von 30 bewertet werden. Im Schwerbehindertenrecht folge – unabhängig von ihrer Ursache – daraus ein GdB von 50 für das gesamte psychische Beschwerdebild. In der Biographie seien multiple Ereignisse bekannt, die als Ursache für die aktuelle depressive Symptomatik in Frage kämen, sodass der Missbrauch in der Kindheit sicher nicht als alleinige Ursache der aktuellen depressiven Störungen gesehen werden könne. Die somatischen Symptome „HWS-Beschwerden, Kopfschmerzen“ stünden nicht in kausalem Zusammenhang mit dem Missbrauch.

Mit Bescheid vom 17. Oktober 2014 lehnte das Landesamt den Antrag auf Versorgung wegen der geltend gemachten schädigenden Ereignisse in der Zeit von März 1983 bis 1987 ab. Nach § 10a OEG erhielten Personen, die im Beitrittsgebiet während des Zeitraums bis 3. Oktober 1989 geschädigt worden seien, auf Antrag Versorgung, solange sie allein infolge dieser Schädigung schwerbehindert und bedürftig seien. Nach versorgungsärztlicher Begutachtung vom 25. Juni 2014 betrage der GdS infolge der Schädigung lediglich 30. Schon aus diesem Grund seien die Voraussetzungen nicht erfüllt.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, dass bei ihr ein GdB von 70 anerkannt worden sei. Das Landesamt zog die Schwerbehindertenakte bei und holte Befundscheine der behandelnden Ärzte ein.

Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie H1 gab an, dass die Klägerin bei Erstvorstellung Schwierigkeiten bei der Eingewöhnung nach dem Umzug von B nach B4 angegeben habe. Es seien Rückzugstendenzen und Medikamentennebenwirkungen beklagt worden. Diagnostisch wurden eine rezidivierende depressive Störung und eine PTBS benannt.

Die Ärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. W-S beschrieb, dass die Klägerin über eine seit Jahren bestehende einschränkte Leistungsfähigkeit, schnelle Ermüdbarkeit und Erschöpfung sowie depressive Verstimmungen und Kopfschmerzen berichtet habe. Sie leide unter schwer kontrollierbaren, phasenweisen autoaggressiven Handlungen, indem sie sich im Gesicht, Hals und Armen kratze. Die Symptomatik werde ausgelöst und verstärkt nach Kontakten zu Mitgliedern der Primärfamilie, vor allem zur Mutter, zum Bruder und der jüngeren Schwester, die ein leibliches Kind des Täters sei. Dann könnten Schlafstörungen und Albträume hinzukommen. Die autoaggressiven Handlungen bringe die Klägerin direkt in Verbindung mit Erinnerungen an das Gewaltgeschehen. Sie habe von ihren Ängsten berichtet, ihr Leben und vor allem die Betreuung und Erziehung ihrer beiden Kinder zu bewältigen, mit der sie sich vom Exmann weitestgehend allein gelassen fühle. Die Operation an der Halswirbelsäule Anfang August 2014 habe eine cervikale Myelopathie mit anhaltenden Schmerzen und neurologischen Störungen zur Folge gehabt.

Hierzu nahm Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S1 dahingehend Stellung, dass die psychischen Schädigungsfolgen in den oberen Bereich der stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit unter Ausschöpfung des Bewertungsrahmens eingeordnet werden könnten, wobei die Symptome der PTBS Berücksichtigung fänden. Die medizinischen Unterlagen belegten, dass neben der PTBS eine rezidivierende depressive Störung vorliege, die als Nachschaden anzusehen sei. Es könne ein GdS von 40 zur Anerkennung empfohlen werden.

Den Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2015 zurück und führte zur Begründung aus, dass nach dem Ergebnis der psychiatrischen Stellungnahme vom 3. November 2015 zwar davon auszugehen sei, dass die psychischen Gesundheitsstörungen, die allein auf die erlittene Schädigung zurückzuführen seien, nunmehr mit einem GdS von 40 zu bewerten seien. Die beigezogenen Unterlagen belegten, dass die Klägerin neben der PTBS an einer rezidivierenden depressiven Störung leide, die weiterhin nicht auf die Gewalttaten zurückzuführen sei. Ein GdS von 50 allein aufgrund der OEG-Schädigung liege weiterhin nicht vor.

Am 28. Dezember 2015 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die versorgungärztliche Stellungnahme der Dr. A vorgelegt, wonach der Missbrauch nicht die wesentliche Ursache für die rezidivierende depressive Störung sei. Das Krankheitsbild der PTBS bilde bereits depressive Symptome ab, die mit dem GdS von 40 berücksichtigt seien. Zwar könnten Auswirkungen des sexuellen Missbrauchs auf die Entwicklung der rezidivierenden depressiven Störungen nicht vollkommen ausgeschlossen werden, jedoch sei dieser nicht hauptursächlich und stehe in der Zusammenschau mit den weiteren Ereignissen im Hintergrund. Die Klägerin habe in den ersten Lebensjahren eine Ablehnung durch den leiblichen Vater erfahren, zu dem keine Beziehung mehr bestehe. Der Kontakt zum ersten Stiefvater, der zweiten männlichen Bezugsperson, sei ebenfalls abgebrochen. 1981 habe die Mutter ihren dritten Mann kennengelernt, sodass die Klägerin bereits bis zum Alter von sieben Jahren keine Beziehungskontinuität erlebt habe. Das Familienleben mit dem jetzigen Stiefvater und späteren Täter sei als harmonisch beschrieben worden, jedoch angeklungen, dass die Mutter oft nicht anwesend gewesen sei. Der Akte sei weiter zu entnehmen, dass es teilweise durch die Mutter zur körperlichen Bestrafung gekommen sei und der Stiefvater mit Liebesentzug reagiert habe, wobei es sich um Faktoren handele, die eine Belastung darstellten und eine spätere depressive Entwicklung begünstigen könnten. Durch den Umzug nach West-Berlin sei die Klägerin aus ihrem vertrauten Umfeld herausgerissen worden und habe als Ostkind in eine neue Klasse gehen müssen. Dies habe einen ebenso enormen, nicht gewollten Einschnitt in ihrem Leben bedeutet wie der weitere Umzug nach N. Die Familie der Klägerin sei, als diese circa 16 Jahre alt gewesen sei, nach P und die Klägerin alleine in eine WG gezogen. Die Mutter sei bei dem Stiefvater geblieben, obwohl dessen Missbrauch an dem Stiefbruder zu diesem Zeitpunkt schon bekannt gewesen sei. Es sei als einschneidendes, aber schädigungsunabhängiges Lebensereignis zu werten, dass die Mutter mit dem Mann wegziehe, der den eigenen Bruder missbraucht habe und die noch in Ausbildung befindliche Klägerin alleine lasse. Nach Beendigung der Ausbildung sei sie mit ihrem Mann nach P in das Haus der Mutter gezogen und mehrere Jahre in der Lage gewesen, in Vollzeit zu arbeiten. Für das Scheitern der Arbeitstätigkeit hätten zahlreiche belastenden Faktoren eine wesentlich größere Rolle gespielt als der Missbrauch. Die Klägerin blende sämtliche anderen Faktoren aus und wolle alle Symptome allein auf den Missbrauch zurückführen. Insbesondere seien die Trennung von dem Ehemann, mit dem sie seit dem 13. Lebensjahr zusammen gewesen sei, die fehlende berufliche Perspektive und die Schwierigkeiten mit den Kindern zu berücksichtigen, ebenso, dass die Erkrankung des Sohnes die depressive Entwicklung begünstigt habe. Dem Entlassungsbericht der V-Klinik von 2004 sei zu entnehmen, dass sie 2001 und 2003 unter einer Wochenbettdepression gelitten habe, wobei es sich um depressive Episoden handele, die völlig schädigungsunabhängig entstanden seien. Die Angabe, dass die Mutter und die Schwester ebenfalls depressiv erkrankt seien, sei ein Hinweis auf eine genetische Disposition. Der sexuelle Missbrauch sei nicht ausschlaggebend für die Entwicklung der rezidivierenden depressiven Störung gewesen, sondern schädigungsunabhängige Ereignisse. Der GdS mit 40 aufgrund der PTBS sei bereits maximal bemessen.

Das SG hat das Sachverständigengutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H1 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 26. Januar 2018 erhoben. Diese hat zusammenfassend ausgeführt, dass noch erhebliche typische Symptome einer PTBS nach Missbrauch über mehrere Jahre in der Kindheit durch den Stiefvater bestünden. Diese hätten einschränkende Auswirkungen im beruflichen und im privaten Bereich. Die bestehende depressive Symptomatik sei als mittelgradig anzusehen, was aber in Anteilen Folge einer erneuten Belastungsreaktion sei. Es sei von einer durchgehend leichten bis mittelgradigen depressiven Symptomatik mit intermittierenden Verschlechterungen auszugehen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die depressive Symptomatik auch ohne die sexuelle Traumatisierung in demselben oder in einem ähnlichen Umfang aufgetreten wäre. Unabhängig von der Kindheitsgeschichte seien die postpartalen Depressionen zu bewerten. Diese könnten nach jeder Geburt auch bei psychisch gesunden Frauen auftreten. Es handele sich hierbei nicht um eine chronische Erkrankung, diese schweren depressiven Episoden seien abgeschlossen. Es fände sich eine ganze Reihe von Symptomen, die letztlich zu Schwierigkeiten in allen Lebensbereichen führten. Es liege eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen und dissoziativen Anteilen vor. Es bestünden Störungen im Bereich der Konfliktverarbeitung, des Verhaltens und des Selbstwertgefühls. Diese führten in sozialen Situationen zu Problemen. Folgen seien das Scheitern von Beziehungen und der Wechsel von Arbeitsstellen sowie ein sozialer Rückzug. Diese Störungen könnten nicht mit hinreichender Sicherheit alleine oder hauptsächlich auf den sexuellen Missbrauch in der Kindheit zurückgeführt werden. Vernachlässigung und familiäre Probleme in Kindheit und Jugend könnten als mindestens gleichwertige Faktoren als Ursache in Frage kommen. Die familiären Zustände hätten für die wiederholten Traumatisierungen allerdings erst den Boden bereitet. Geschildert würden Probleme mit Nähe und Bindung, Erkennen eigener Grenzen und eigener Belastbarkeit. Die Klägerin habe beschrieben, bereits ihr Leben lang dissoziative Zustände zu kennen und diese vor allem während ihrer Partnerschaften gekannt zu haben. Das sexuelle Erleben sei dadurch glaubhaft massiv beeinträchtigt bzw. gar nicht möglich. Ohne die vorangegangenen sexuellen Traumatisierungen wäre es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer besseren und funktionierenden Beziehungsfähigkeit, zu besserer sozialer Interaktion, besserem Selbstwertgefühl und besseren Ressourcen gekommen. Wiederholte Probleme mit Beziehungen, unbefriedigenden Partnerschaften, Trennungen und berufliches Scheitern zögen sich durch das Leben der Klägerin. Zur Herkunftsfamilie bestehe quasi kein Kontakt, unterstützende Sozialkontakte unterhalte sie praktisch nicht. Diese Störungen, die sich trotz mehrerer und langjähriger Therapien nicht wesentlich gebessert hätten, erfüllten die diagnostischen Kriterien einer Persönlichkeitsstörung, da sie erhebliche Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereich hätten und chronisch bestünden. Dass Vollbild einer PTBS sei nicht mehr vorhanden, sondern nur noch Teilsymptome. Die Traumatisierungen in der Kindheit hätten erhebliche und anhaltende psychische Störungen verursacht. Es handele sich dabei nicht nur um Depressionen, vielmehr seien die depressiven Episoden beziehungsweise die Verschlechterung einer depressiven Grundstimmung im Kontext mit einer Persönlichkeitsveränderung zu sehen. Die Persönlichkeitsmerkmale mit emotional instabilen Anteilen und Dissoziationen seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die kindlichen sexuellen Traumatisierungen zurückzuführen. Sie hätten erhebliche Auswirkungen auf die berufliche und private Lebenssituation. Die Bindungsfähigkeit sei einschränkt, das sexuelle Erleben stark reduziert bzw. unmöglich. Eine zufriedenstellende Partnerschaft sei praktisch unmöglich, erhebliche Schwierigkeiten gäbe es in allen zwischenmenschlichen Situationen, zum Beispiel am Arbeitsplatz. Das mangelnder Erkennen eigener Grenzen führe oft zu Überforderung mit anschließender Überreaktion, Probleme bereite das Suchen nach Nähe mit gleichzeitigem Abbruch von Beziehungen oder Freundschaften aus Furcht vor zu viele Nähe. Diese vielfältigen und schwerwiegenden Einschränkungen im Alltag könnten nur kurz geschildert werden. Sie seien trotz jahrelanger Therapie, sehr guter Introspektionsfähigkeit und hoher Intelligenz der Klägerin immer noch als schwer zu bezeichnen. Sie erhalte aufgrund ihrer psychischen Situation Erwerbsunfähigkeitsrente, was aus fachärztlicher Sicht nachzuvollziehen sei. Der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Dr. A sei entgegenzuhalten, dass diese das Gutachten E1 zitiere, ohne sich kritisch damit auseinander zu setzen, dass Erkrankungen, Symptome und Lebenssituationen wild vermischt und ohne schlüssige Begründung in Kontext zueinander gesetzt würden. Mit den unlogischen Schlussfolgerungen im Gutachten Dr. E finde ebenfalls keine Auseinandersetzung statt. Zuzustimmen sei Dr. A darin, dass ein Umzug nicht in Zusammenhang mit einer sexuellen Traumatisierung stehe, es sei ihr aber nicht bekannt, dass ein Umzug einer Familie bei einem normal intelligenten Kind ein so eingreifendes und psychisch schädigendes Ereignis darstelle, dass damit lebenslang depressive Episoden erklärt werden könnten. Fachärztlich falsch sei es, dass die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung und Wahrnehmung eigener Bedürfnisse schädigungsunabhängig seien. Unter Würdigung des Gutachtens erscheine es nicht ausgeschlossen, dass einseitig nach Beweisen gesucht worden sei, um die Depressionen auf andere Ursache als den Missbrauch zurückzuführen. Es bestehe eine schwere psychische Erkrankung in Form einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit dissoziativen und emotional instabilen Anteilen und Teil-Symptomen einer PTBS. Ein GdS von 50 für die chronisch anhaltenden Symptome sei gerechtfertigt.

Der Beklagte ist dem Sachverständigengutachten durch die versorgungsärztliche Stellungnahme der Dr. A entgegengetreten. Diese hat dargelegt, dass eine Auseinandersetzung mit dem Gutachten E1, das Grundlage des Bescheides gewesen sei, nicht stattfinde. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen des Sachverständigengutachtens auf eine erneute Schilderung des Missbrauchs verzichtet worden sei. Eine berufliche Anamnese müsse vollständig erhoben werden, insbesondere werde vernachlässigt, dass die Klägerin durchaus viele Jahre vollschichtig gearbeitet habe. Bei der Lebensgeschichte würden fast ausschließlich Fakten wiedergegeben, aber nicht herausgearbeitet, welche Probleme und Unterstützungen es gegeben habe und welche schwierigen Situationen. Völlig ohne Zusammenhang und Zeitangaben werde dann angegeben, dass sich die Klägerin einen neuen Partner gewünscht habe. Über das Internet habe sie mit einem Mann geschrieben und telefoniert. Es sei dann zu einem Treffen in dessen Wohnung gekommen und zu sexuellen Handlungen, die sie nicht gewollt habe. Die Klägerin habe vermutet, dass sie Erinnerungslücken habe, möglicherweise seien ihr K.o.-Tropfen verabreicht worden. Welche Auswirkungen dieser Vorfall habe, sei von der Sachverständigen nicht thematisiert worden. Die angenommene mittelgradige depressive Symptomatik werde von den Testergebnissen nicht gestützt. Die Klägerin habe sich nahezu durchgehend in stabilen Beziehungen über Jahre befunden, keine ständig wechselnden Partnerschaften und keine losen Beziehung geführt. Von 2011 bis 2017 habe eine neue Partnerschaft bestanden, zuvor eine langjährige mit dem ersten Freund, den sie geheiratet habe. Die Ehe sei hauptsächlich aus beruflichen Gründen gescheitert, die letzte Beziehung daran, dass der Mann 14 Jahre älter gewesen sei und sie wie ein Vater behandelt habe. Sie sei auch jahrelang bei demselben Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Aktuell beschreibe sie bestehende Freundschaften und Kontakte, sodass in diesem Bereich keine persönlichkeitsbedingten Einschränkungen erkennbar seien. Es sei keine Differenzierung erfolgt, welche Verhaltensweisen auf die PTBS bzw. auf die Teilsymptome hiervon zurückzuführen seien. Die beschriebenen dissoziativen Zustände seien bereits im Rahmen der anerkannten PTBS abgebildet. Zur Diagnosestellung einer Persönlichkeitsstörung sei notwendig, dass diese bereits im Kindes-/Jugendalter bestehe und sich durchziehe. Zu den Allgemeinkriterien zähle auch der Punkt, dass es Abweichungen in der Impulskontrolle und Bedürfnisbefriedigung gäbe. Wie diese beiden Punkte erfüllt seien sollten, sei nicht klar. Die kombinierte Persönlichkeitsstörung sei in keiner Weise belegt, vielmehr sei die Klägerin trotz schwieriger familiärer Verhältnisse und Umzügen in der Lage gewesen, einen Schulabschluss zu erreichen, eine Ausbildung zu absolvieren, viele Jahre vollschichtig erfolgreich zu arbeiten und eine Ehe mit Kindern ohne ausgeprägte Beziehungsprobleme einzugehen. Dass trotz jahrelanger Therapie nie eine Persönlichkeitsstörung beschrieben worden sei, spreche ebenfalls gegen die Diagnose. Die Sachverständige hinterfrage andere Ursachen nicht, sondern schließe diese mit dem Hinweis, dass sämtliche Verhaltensweisen und damit einhergehende Probleme auf den Missbrauch zurückzuführen seien, aus. Ihr Hinweis auf die schulischen Erfahrungen habe keinen Hinweis auf eine Depression liefern, sondern lediglich die schon vor der Schädigung bestehende Selbstunsicherheit verdeutlichen sollen. Der Umzug sei nur als stark belastendes Ereignis wiedergegeben und keinesfalls als schädigendes Ereignis eingestuft worden. Die Sachverständige berücksichtige nicht, dass die Klägerin selbst angegeben habe, dass es aus beruflichen Gründen zu der Beziehungskrise gekommen sei und dass später durch fehlende Zahlungen des Ehemannes noch enorme Schulden aufgelaufen seien. Warum diese Faktoren keinen Einfluss auf das psychische Befinden haben sollten, bleibe völlig unklar. Der GdS von 50 sei nicht nachvollziehbar, da auf Nachschäden überhaupt nicht eingegangen werde. Anfangs habe die Sachverständige noch beschrieben, dass die Vernachlässigungen und die familiären Probleme in der Kindheit und Jugend mindestens gleichwertige Faktoren seien, die als Ursache in Frage kämen. Dementsprechend widerspreche sie sich in ihrer eigenen Beurteilung sowohl bezüglich der Ursache der Depression wie auch bezüglich der Persönlichkeitsstörungen.

Die Sachverständige H1 hat ergänzend gehört darauf verwiesen, dass die Stellungnahme aus einer Ansammlung von Kritikpunkten bestehe, die teils nicht überprüfbar oder für das Ergebnis der Beurteilung nicht relevant seien. Sofern eine Beurteilung des Gutachtens E1 relevant erscheine, müsse dieses nochmals vorgelegt werden. Ob der Stiefvater bereits 1990 in U-Haft gekommen sei oder 1991 oder zweimal, sei für ihre Beurteilung unerheblich. Einen Widerspruch in sich oder eine schwerwiegende bewusst falsche Angabe durch die Klägerin könne sie nicht erkennen. Möglicherweise stimme beides, nämlich, dass der Stiefvater 1990 nach der Anzeige durch den Sohn und nach der erneuten Anzeige durch die Klägerin erneut in U-Haft gekommen sei. Eine erneute detaillierte Schilderung der Missbrauchsfälle sei nach Kenntnis der Aktenlage für die Einschätzung der derzeitigen psychischen Situation nicht notwendig und verzichtbar. Gegenstand des Gutachtens sei die psychische Situation beziehungsweise Erkrankungen der Klägerin und nicht wie in einem Strafprozess die Glaubwürdigkeit der Schilderung der Taten. Mit der Strafprozessakte würden sehr detaillierte und ausführlichste Schilderungen vorliegen, die nicht in Zweifel zu ziehen seien. Die berufliche Vorgeschichte sei bei der Beurteilung ausreichend berücksichtigt worden. Eine jahrelange gute Leistungsfähigkeit sei kein Beweis für oder gegen die Schwere einer Schädigung zu einem späteren Zeitpunkt. Bei erheblichen traumatischen Schädigungen könnten die Folgen erst Jahre bis Jahrzehnte später sichtbar werden. Ob die Klägerin „quasi alleinerziehend“ gewesen sei, sei unerheblich. Die direkten Auswirkungen eines Vorfalls mit einem Mann, den sie über das Internet kennengelernt hatte, seien schädigungsunabhängig und würden daher nicht berücksichtigt. Der Vorfall sei aber insofern relevant, da häufig Personen mit einer Vorgeschichte wie die der Klägerin sich in ähnlichen Lagen wiederfänden, ohne Grenzen setzen zu können, so dass er die Schwere der Schädigung im Alltag und in der sozialen Interaktion untermauern könne. Eine validierte und aussagekräftige Testung zu Aggravation, Dissimulation oder Kooperationsbereitschaft existiere nicht. Zur Beurteilung würden verschiedene Kriterien herangezogen, so die Beobachtung von Verhaltensweisen, erneutes und wiederholtes Nachfragen um Widersprüche aufzudecken, mögliche Widersprüchlichkeiten in den Angaben im Vergleich zur Aktenlage und ähnliches. Die Einschätzung einer depressiven Symptomatik erfolge nicht nur durch (verschiedene) Testverfahren, sondern durch die Exploration (psychiatrisches Interview).

In einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme hat Dr. A ausgeführt, dass sich keine neuen Aspekte ergäben. So sei immer noch nicht klar, weshalb die Sachverständige die erste sein solle, die nach jahrelanger Behandlung die richtige Diagnose stelle, zumal diese nicht ausreichend fachlich begründet sei. Darauf gehe die Sachverständige nicht ein und verkenne, dass es zahlreiche Literatur zum Thema Beschwerdevalidierung gebe. Die Diagnosen seien weiterhin ebenso wenig begründet wie die Einschätzung des GdS mit 50.

In der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2019 hat das SG die Klägerin persönlich gehört. Sie hat angegeben, dass das erste, woran sie sich erinnern könne, der Tag der Einschulung gewesen sei. Die Geschehnisse bis zum sechsten Lebensjahr kenne sie nur aus Erzählungen ihrer Mutter. Sie sei immer noch wöchentlich in Therapie, die aufgeführten weiteren Aspekte ihrer Beeinträchtigungen habe sie verarbeitet und abgeschlossen. Diese seien nicht die wesentliche Ursache, dies gelte insbesondere für die Geschehnisse mit dem ersten Stiefvater. Da ihre Schwester das leibliche Kind von ihrem zweiten Stiefvater sei, habe sie den Kontakt zu ihr abbrechen müssen. Sie habe sich dadurch immer wieder getriggert gefühlt. Es stimme zwar, dass sie nach dem Wegzug ihrer Eltern eine Ausbildung begonnen habe, diese aber von einem hohen Krankenstand gekennzeichnet gewesen sei. Sie habe sich aufgrund der Schmerzsymptomatik häufig krankmelden müssen. Während der Ausbildung sei dies tageweise geschehen, als sie später gearbeitet habe, habe sie sich auch wochenweise krankschreiben lassen müssen.

Mit Urteil vom gleichen Tag hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar außer Frage stehe, dass die Klägerin Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden sei, jedoch sei sie nicht schwerbeschädigt. Für die Beurteilung seien allein die Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet entscheidend. Die für die Feststellung des GdB von 70 relevanten Beschwerden seien vorrangig dem orthopädischen Fachgebiet zuzuordnen und nicht mit einzubeziehen. Die abweichende Diagnosestellung durch die Sachverständige Hartmann sei nicht entscheidend, da es nur auf die funktionellen Einbußen ankomme, die aus der Erkrankung folgten. Mit Ausnahme einer Feststellungsklage sei es daher nicht zwingend notwendig, die Erkrankung oder Behinderung auf Grund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel zu bezeichnen. Der Klägerin sei es derzeit nicht möglich, in ihrem bisherigen Beruf zu arbeiten. Sie beziehe eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Weiter bestünden im Alltag deutliche Auswirkungen. Zwar sei sie zu einer selbstständigen Lebensführung in der Lage, es bestünden aber Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen mit Misstrauen, Rückzug, Motivationsverlust, Entfremdung, Vermeidungsverhalten, Ängsten, depressiven Symptomen, Schlafstörungen und dissoziativen Symptomen. Weiter werde eine eingeschränkte Bindungsfähigkeit, ein stark reduziertes sexuelles Erleben und damit einhergehend eine unmögliche zufriedenstellende Partnerschaft beschrieben. Erhebliche Schwierigkeiten gebe es in zwischenmenschlichen Situationen, insbesondere am Arbeitsplatz. Das mangelnde Erkennen eigener Grenzen führe oft zu Überforderung mit anschließender Überreaktion, Probleme bereite das Suchen nach Nähe bei gleichzeitigem Abbruch von Beziehungen oder Freundschaften aus Furcht vor zu viel Nähe. In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgutachten sei davon auszugehen, dass eine schwere Beeinträchtigung vorliege, die für sich genommen, mit einem GdB von 50 zu bewerten sei. Schädigungsbedingt sei der Anteil hieran aber nicht mit einem GdS von höher als 40 anzunehmen. Hinsichtlich der festgestellten depressiven Störung bestehe kein Ursachenzusammenhang, da dafür verschiedene andere Lebensereignisse in Betracht kämen. Die Klägerin sei in schwierigen Verhältnisse aufgewachsen, bereits als kleines Kind habe sie in der Wochenkrippe betreut werden müssen. Aufgrund der wechselnden Lebenspartner der Mutter habe es keine männliche Bezugsperson gegeben, daneben habe der Suizidversuch ihrer Mutter im vierten Lebensjahr verarbeitet werden müssen. Durch die Flucht vom Osten in den Westen sei sie aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen worden. Im Alter von 17 Jahren sei die Familie aus B weggezogen und sie habe in eine betreute Wohngemeinschaft ziehen müssen, um ihre Ausbildung beenden zu können. Als Erwachsene sei es zu weiteren Konfliktsituationen am Arbeitsplatz, der Trennung vom langjährigen Partner, der Vater ihrer beiden Kinder sei, die Situation als alleinerziehende Mutter, der Erkrankung des Sohnes sowie zu finanziellen Schwierigkeiten gekommen. Die depressive Symptomatik könne daher nicht wesentlich auf den sexuellen Missbrauch im Kindesalter zurückgeführt werden. Die Klägerin sei in ihrem Leben mit zahlreichen Belastungssituationen konfrontiert gewesen, die für die Entwicklung der depressiven Störung rechtlich überragende Bedeutung hätten. Zwar folge die Kammer im Ergebnis nicht der Einschätzung der Sachverständigen, wonach ein GdS von 50 gerechtfertigt sei, aber aus dem Gutachten folge, dass die Vernachlässigung und familiäre Probleme in Kindheit und Jugend sowie die beruflichen und privaten Belastungssituationen für die Entwicklung der depressiven Symptomatik erhebliche Bedeutung hätten. Auf eine Bedürftigkeitsprüfung komme es daher nicht an.

Am 8. Mai 2019 hat die Klägerin beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass die Schädigung nicht die einzige Ursache für die vorliegenden Gesundheitsschäden sein müsse. Jedenfalls seien die vom SG benannten weiteren Umstände für die Schädigungsfolgen nicht kausal, da für diese als allein wesentliche Ursache der Missbrauch durch ihren Stiefvater in den Jahren 1984 bis 1987 anzusehen sei. Daneben sei eine besondere berufliche Betroffenheit gegeben, da sie bis 2013 als Sozialversicherungsfachangestellte angestellt gewesen sei, den Arbeitsvertrag aber habe auflösen müssen, da sie seit 2011 ununterbrochen arbeitsunfähig gewesen sei. Die psychischen Beeinträchtigungen führten zu erheblichen Schwierigkeiten in allen zwischenmenschlichen Situationen, auch am Arbeitsplatz. Ferner bestehe eine Schlafstörung, die Konzentrationsfähigkeit sei herabgesetzt, sie fühle sich rasch überfordert. Dies zeige sich bei ihrer im Rahmen eines „Minijobs“ nachmittags ausgeübten Tätigkeit als Schulbetreuerin über sieben Wochenstunden. Montags sei sie vier Stunden tätig, was sie regelmäßig völlig erschöpfe.

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hat auf die angefochtene Entscheidung verwiesen. Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2019 hat er ausgeführt, dass eine berufliche Betroffenheit anerkannt werden könne. Da sich für den Zeitraum des Bezugs von Krankengeld keine Bedürftigkeit ergebe, könne die Frage dahinstehen, ob die Klägerin bereits in diesem Zeitraum beruflich betroffen gewesen sei. Da die Gewährung der EU-Rente mindestens gleichwertig auf die Schädigungsfolge zurückgehe, liege mindestens seit deren Bewilligung eine besondere berufliche Betroffenheit (bbB) vor. Der GdS sei daher spätestens ab Gewährung der EU-Rente um 10 auf dann insgesamt 50 zu erhöhen, sodass ab November 2012 eine Schwerbeschädigung mit einem GdS von 50 im Sinne des § 10a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OEG anerkannt werde. Es könne für den Zeitraum November 2012 bis September 2014 eine Bedürftigkeit festgestellt und anerkannt werden, die nach dem Wegfall der geringfügigen Beschäftigung möglicherweise wieder eintrete. Ab Oktober 2015 könne aufgrund der Beschäftigung voraussichtlich keine Bedürftigkeit mehr anerkannt werden.

Der Senat hat die Akte der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) betreffend die Erwerbsminderungsrente beigezogen. Das Kompetenzzentrum für seelische Gesundheit B (AHG) hat im Entlassungsbericht über die in der Zeit vom 8. Januar bis 27. Februar 2013 durchgeführte ganztägige ambulante Rehabilitation eine Leistungsfähigkeit von sechs Stunden und mehr für die letzte Tätigkeit als Sozialversicherungsfachangestellte wie für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gesehen. Aufgrund der chronisch-depressiven Symptomatik und der PTBS mit Problemen der Stress- und Schmerzverarbeitung sei auf einen ausgeglichenen Tag-Nacht-Rhythmus zu achten und keine Tätigkeit in Nachschicht zu verrichten. Die Klägerin habe große Angst vor dem anstehenden Scheidungstermin, der Partner, den sie seit dem 13. Lebensjahr kenne, sei verbittert und mache sie schlecht. Es gebe zwar eine neue Beziehung, der Partner lebe jedoch weit weg und sei ebenfalls noch verheiratet. Sie mache sich große Sorgen um ihre Kinder, ihr Sohn sei ein Schreikind gewesen und leide unter ADHS. Ihren Haushalt schaffe sie nur mühsam und fühle sich allein gelassen. Vorangegangen seien längere Auseinandersetzungen nach einer gewünschten Versetzung in eine andere Geschäftsstelle ihrer Arbeitgeberin. In dem Team habe schlechte Stimmung geherrscht, sie habe sich nicht gesehen und mit ihrem Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung nicht ernst genommen gefühlt. Ihre ehemaligen Vorgesetzten hätten sie laut ihrer Psychotherapeutin retraumatisiert und ihr die Freude an der langjährigen beruflichen Tätigkeit genommen. Aufgrund der Trennung habe ein Wohnungswechsel stattgefunden, die beiden Kinder lebten bei ihr. Die Wohnsituation sei für sie sehr belastend, die beiden Kinder hätten jeder ein eigenes Zimmer, sie selbst schlafe auf der Couch im Wohnzimmer, wo sie nie abschalten könne und keine Rückzugsmöglichkeit habe. Aus der Ehe bestünden Schulden in Höhe von 53.000 €, die sie mitzutragen habe. Eine Privatinsolvenz sei vom Rechtsanwalt bereits empfohlen worden. Psychopathologisch sei sie wach, allseits sicher orientiert, bei vermindertem Antrieb und psychomotorischer Anspannung gewesen. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei eingeschränkt und die Stimmung als etwas verbessert angegeben worden. Situative oder ungerichtete Ängste hätten ebenso wenig bestanden wie dissoziatives Erleben, dafür aber multiple somatoforme Schmerzen und Einschränkungen. Es hätten spezifische Kriterien für das Vorliegen einer PTBS vorgelegen. Die dissoziative Symptomatik, die mit dem Fragebogen erhoben worden sei, sei unspezifisch und lasse eine erhöhte Vulnerabilität in Bezug auf dissoziatives Erleben vermuten. Einschränkend müsse aber erwähnt werden, dass dieses Erleben nur in Bezug auf wenige der abgefragten Ereignisse beschrieben worden sei, sodass sich kein Anlass biete, von einer ausgeprägten dissoziativen Symptomatik auszugehen. Die Rehabilitationsmaßnahme sei für die Klägerin dadurch erschwert worden, dass sie sich weiterhin um Termine für die Kinder, insbesondere die Therapie des Sohnes habe kümmern müssen, weshalb sie häufig unter Druck gestanden habe. Therapeutisch sei dies als Übungsfeld genutzt worden, sodass erfolgreich daran habe gearbeitet werden können, sich von den Bedürfnissen anderer abzugrenzen und zu erkennen, dass sie häufig in die Rolle der „Helferin“ verfallen sei und Verantwortung für Gruppenprozesse übernommen habe. Während der Maßnahmen seien Themen aktualisiert, die mit der posttraumatischen Belastung in Zusammenhang stünden und auf den Umgang mit auftretenden Problemen und der Notwendigkeit, Grenzen zu setzen, hingewiesen worden. Gegen Ende der Maßnahme seien Fragen der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung und der Fortführung der Erwerbsbiographie in den Fokus gerückt, worauf sie verunsichert reagiert habe und die Maßnahme zunächst habe abbrechen wollen. Durch die Heilbehandlung mit Steigerung der antidepressiven Medikation hätten bestehende Beeinträchtigungen überwiegend abgebaut werden können, sodass wieder vollschichtige Leistungsfähigkeit bestehe. Die Klägerin habe die Einschätzung geteilt und sich wieder vorstellen können, als Sozialversicherungsfachangestellte arbeiten zu können.

In der Rehabilitationsnachsorge-Dokumentation (14. März bis 31. Oktober 2013) hat das AHG ausgeführt, dass sich die Klägerin sehr engagiert in die Gruppe eingebracht und zeitweilig sehr viel Raum für ihre Problematik beansprucht habe. Es habe sich oft ein regressives Verhalten, auch im Sinne eines sekundären Krankheitsgewinns gezeigt. Sie sei introspektionsfähig gewesen und habe die erlernten Strategien in den Alltag integrieren können.

Gegenüber der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K hat die Klägerin bei der ambulanten Untersuchung am 1. April 2014 angegeben, dass es von 1984 bis 1987 zu sexuellen Übergriffen durch den Stiefvater gekommen sei. Nachdem sie mit 13 Jahren ihren ersten Freund und späteren Ehemann kennengelernt habe, habe sie sich von den Forderungen des Stiefvaters distanziert. Daraufhin habe dieser den Bruder sexuell missbraucht, wobei unklar sei, ob ihre Schwester belästigt worden sei. Die Mutter habe sich von dem Stiefvater nicht trennen können, sondern erst auf die Anzeige hin. Der Stiefvater sei drei Jahre ins Gefängnis gekommen. Sie sei nach wie vor belastet wegen des Missbrauchs, habe einen Suizidversuch der Mutter noch in Erinnerung. Die Ehe mit ihrem ersten Freund sei im Mai 2013 geschieden worden, nachdem sie sich auseinandergelebt hätten. Jetzt sei sie enttäuscht, dass sich der geschiedene Mann nicht um die Kinder kümmere und den Unterhaltspflichten nicht ausreichend nachkomme. Es bestünden hohe gemeinsame Schulden, ihr Sohn sei an ADHS erkrankt und müsse viele Therapietermine wahrnehmen. Nach dem Umzug von B nach F müsse sie sich in ein neues soziales Umfeld einfügen. Das Arbeitsverhältnis bei der SBK habe sie beenden müssen, da sie häufig Überstunden zu leisten gehabt, ein Arbeitsweg von 90 Minuten bestanden habe und die Doppelbelastung von Familie und Beruf nach der Trennung zu viel gewesen sei. Seit sechs Monaten bewerbe sie sich im Breisacher Raum, eine Krankschreibung bestehe aktuell nicht. Psychiatrisch sei die Klägerin allseits orientiert und im formalen Denken weitschweifig gewesen, verbunden mit Grübelneigung und Rededrang. Im inhaltlichen Denken habe sich kein Anhalt für produktiv paranoides Erleben gezeigt, affektiv sei sie immer wieder herabgestimmt oder gereizt gewesen. Diagnostiziert worden sei eine chronifizierte, mittelgradig ausgeprägte Depression, eine PTBS und eine Somatisierungsstörung. Ein positives Leistungsbild bestehe für mittelschwere körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung einer verminderten geistig-psychischen Belastbarkeit. Im letzten Beruf als Kundenberaterin wie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

Die DRV hat ihr befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 18. August 2011 bis 31. Oktober 2015 gewährt. Auf den Weitergewährungsantrag hat die Sozialmedizinerin Dr. B5 kein positives Leistungsvermögen gesehen, da sich nach der Wirbelsäulen-Operation 2014 zusätzlich eine Rotatorenmanschettenschädigung und eine Chronifizierung des Schmerzsyndroms eingestellt habe.

Mit Urteil vom 3. Dezember 2020 hat der Senat die Berufung zurückgewiesen, da ein GdS von 50, der Voraussetzung für die Gewährung einer Beschädigtenrente sei, nicht erreicht werde (L 6 VG 1651/19).

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt, dass mit Beschluss vom 10. Juni 2021 das Urteil wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hat (B 9 V 1/21 B).

Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen L 6 VG 2424/21 ZVW weitergeführt.

Die Klägerin beantragt,

das Verfahren auf Grund des Anerkenntnisses des Beklagten einzustellen,

hilfsweise,

den Beklagte zu verurteilen, einen Abänderungsbescheid nach § 96 Sozialgerichtsgesetz mit dem Inhalt zu erlassen, dass bei ihr ein schädigungsbedingter Grad der Schädigung in Höhe von 50 vorliegt und ihr für den Zeitraum von November 2012 bis Februar 2020 Beschädigtenrente in Höhe von mindestens 9.712,77 € zustehen.

weiter hilfsweise,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Januar 2019 sowie den Bescheid vom 17. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigung von mindestens 50 zu gewähren,

hilfsweise, ein Sachverständigengutachten von Amts wegen,

höchst hilfsweise gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz bei der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie E2 zu folgenden Beweisthemen einzuholen:

- Die bei ihr vorliegenden psychischen Gesundheitsstörungen, die durch den sexuellen Missbrauch durch ihren Stiefvater in den Jahren 1984 bis 1987 entstanden sind, sind mit einem Grad der Schädigung  von 50 zu bewerten.

- Die (Teil) Aufgabe ihrer Berufstätigkeit ab dem Jahre 2011 wegen qualitativer und quantitativer Minderung ihres Leistungsvermögens ist auf den vorgenannten Missbrauch zurückzuführen,

weiter hilfsweise sie persönlich anzuhören.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat mit Verfügung vom 3. August 2021 darauf hingewiesen, dass das Verfahren zur erneuten Terminierung vorgesehen ist.

Das Ablehnungsgesuch gegen den Senat und gegen den Berichterstatter ist mit Beschluss vom 21. September 2021 abgelehnt worden (L 6 SF 2694/21 AB).

Mit Verfügung vom 21. September 2021, zugestellt am 22. September 2021, hat der Senat zur Stellung eines Antrages nach § 109 SGG eine letzte Frist bis zum 11. Oktober 2021 gesetzt. Mit am 11. Oktober 2021 eingegangenem Schriftsatz vom 8. Oktober 2021 hat die Klägerin mitgeteilt, dass eine weitere Beweisaufnahme ihres Erachtens derzeit noch nicht anstehe. Vorsorglich nehme sie das Anerkenntnis des Beklagten hinsichtlich der im Zeitraum November 2012 bis Februar 2020 von dem Beklagten bezifferten Anspruchs zuzüglich des noch zu beziffernden Ehegattenzuschlags während der nachgewiesenen Elternzeit an. Der Beklagte sei aufzufordern bzw. ihm Gelegenheit zu geben, den angekündigten Änderungsbescheid nach Maßgabe seiner früheren beim LSG eingereichten Schriftsätze zu erlassen. An diese damalige Zusicherung sei der Beklagte gebunden (§ 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X). Sollte es der Beklagte ablehnen, einen entsprechenden Bescheid zu erteilen, werde im Wege der Klageerweiterung eine entsprechende Verurteilung beantragt. Es werde in erster Linie angeregt, erneut Beweis durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 106 SGG zu erheben. Ausweislich Seite 30 des aufgehobenen Berufungsurteils habe sich der Senat bisher bei der Bewertung der Höhe des GdS vor allem auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten E1 gestützt, das als „überzeugend“ bezeichnet werde. Der Beklagte selbst sei der dort vorgenommenen Bewertung allerdings nicht gefolgt, sondern habe diese aufgrund der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S1 korrigiert und einen GdS in Höhe von 40 angesetzt. Das Gutachten lasse schon nicht erkennen, von welchem Kausalitätsmaßstab es hinsichtlich der Verwendung des Begriffs Nachschadens ausgehe. Auch im Opferentschädigungsrecht gelte die Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung. Hiernach sei in dem hier vorliegenden Zusammenhang maßgebend, ob der Missbrauch wesentlich für den festgestellten Gesundheitsschaden sei, was nur dann zu verneinen sei, wenn anderen Ursachen überragende Bedeutung zukomme. „Wesentlich“ sei also nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“, auch eine (rechnerisch) verhältnismäßig niedrig bewerte Ursache könne wesentlich sein. Diese Auffassung habe der Gutachter zu Grunde legen müssen. Es sei nicht ersichtlich, dass dies geschehen sei. Gerichtlich bestellte Sachverständige würden regelmäßig vor der Erstellung der Gutachten vom Gericht über die im Sozialgericht anzuwendende Kausalitätstheorie unterrichtet. Es sei nicht einmal erkennbar, ob der Gutachter gewusst habe, dass es beim Begriff des Nachschadens nicht auf ein zeitliches Moment ankomme, sondern, bei Zugrundelegung des vorgenannten Kausalitätsmaßstabs, allein maßgebend sei, ob die Gesundheitsstörungen unabhängig von der Schädigung oder den Schädigungsfolgen entstanden seien und sich entwickelten. Nur vorsorglich und hilfsweise werde weitere Beweiserhebung nach § 109 SGG beantragt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Klägerin persönlich zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, nachdem auf diese Möglichkeit mit der Ladung hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Unabhängig davon, war sie durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten und ihr persönliches Erscheinen nicht angeordnet. Es wäre ihr unbenommen gewesen, persönlich an der mündlichen Verhandlung im Gerichtsgebäude teilzunehmen oder sich während der Verhandlung bei ihrem mittels Videokonferenz (vgl. Beschluss des Senats vom 20. Oktober 2021) zugeschalteten Prozessbevollmächtigten aufzuhalten.

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Nach Art. 4 Abs. 2 OEG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und des Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetzes vom 15. April 2020 (BGBl. I S. 812) ist für die Entschädigung ab dem 1. Juli 2020 dasjenige Land zuständig, in dem die berechtigte Person ihren Wohnsitz hat. Durch den somit kraft Gesetzes eingetretenen Beteiligtenwechsel war das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 9 V 1/15 R –, juris, Rz. 14) und als neuer Beklagter das Land Baden-Württemberg aufzunehmen. Der (neue) Beklagte muss sich dabei das Handeln des Vorgängers zurechnen lassen (BSG, a.a.O.).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 31. Januar 2019, mit dem die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) auf Gewährung einer Beschädigtenrente unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 7. Dezember 2015 abgewiesen worden ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rz. 34). Nicht Streitgegenstand des Verfahrens ist ein Anspruch auf Ausgleichsrente nach § 32 BVG, da der Beklagte über einen solchen Anspruch nicht entschieden hat und diese beim SG nicht beantragt worden ist. Eine solche hat die Klägerin zwischenzeitlich beim Beklagten beantragt.

Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Der Bescheid vom 17. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Der Senat hatte über die Berufung insgesamt in der Sache zu entscheiden. Ein (Teil-)Anerkenntnis des Beklagten, welches durch eine Annahme seitens der Klägerin zu einer (teilweisen) Erledigung des Rechtsstreits hätte führen können, liegt nicht vor. Ein solches hat der Beklagte im Schriftsatz vom 13. Dezember 2019 nicht erklärt. Die Erklärung des Beklagten geht prozessual ins Leere, denn die Ankündigung eines Rentenbewilligungsbescheids hat zwar nach ihrem materiellen Gehalt Ähnlichkeit mit einem Anerkenntnis, kann aber nicht als Prozesserklärung verstanden werden.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nämlich die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach einem GdS von wenigstens 50. Nur hierauf könnte sich ein (Teil-)Anerkenntnis beziehen, da nach § 101 Abs. 2 SGG nur Teil-Ansprüche anerkannt werden können, ein Teilanerkenntnis zu Berechnungselementen aber ausgeschlossen ist (vgl. BSG, Urteil vom 20. September 2012 – B 8 SO 4/11 R –, juris, Rz. 13). Auf solche Berechnungselemente haben sich die Ausführungen des Beklagten indessen bezogen, als er seine Rechtsauffassung zur bbB dargelegt und die Konsequenzen für den (Gesamt-)GdS, der ebenfalls nicht isoliert festgestellt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 2017 – L 6 VH 789/15 –, juris, Rz. 55), beschrieben hat. Gleiches gilt für die Frage der Bedürftigkeit, was im Übrigen daraus deutlich wird, dass die jeweiligen Normen für die einzelnen Berechnungselemente zitiert worden sind. Unabhängig davon ist in dem Schriftsatz einleitend ausgeführt, dass eine fiktive Berechnung durchgeführt worden sei und weitere Unterlagen zur Prüfung des Anspruchs benötigt würden. Auch vor diesem Hintergrund scheidet die Annahme, dass der prozessuale Anspruch anerkannt werden sollte, aus. Mit dem weiteren Schriftsatz vom 31. Januar 2020 ist lediglich eine aktualisierte Prüfung der Bedürftigkeit übersandt worden, jedoch ebenfalls keine Anerkennung des prozessualen Anspruchs erfolgt. Letztlich ist mit dem Schriftsatz des Beklagten vom 21. September 2020 nur darauf hingewiesen worden, dass, wenn eine Neuberechnung der Versorgungsbezüge wegen Heirat der Klägerin erforderlich werden sollte, diese vom LRA durchzuführen sei, sodass diesem die Akten übersandt werden müssten. Abgesehen davon, dass der Beklagte, nach dem Wechsel der Zuständigkeit, wohl übersehen hat, dass noch gar keine Versorgungsbezüge gewährt worden sind, hat er lediglich in den Raum gestellt, dass eine Neuberechnung erforderlich werden könnte. Hierdurch ist schon keine Prozesserklärung abgegeben worden, wobei selbst eine solche keine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X darstellt, da sie der Prozessführung und damit den prozessualen Zwecken dienen und deshalb prozessualen Regelungen folgen. Selbst die Erklärung im Prozess, eine bestimmte Maßnahme demnächst zu erlassen, die der Beklagte nicht abgegeben hat, unterfällt daher nicht den Bestimmungen des § 34 SGB X (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 7. Februar 1986 – 4 C 28/84 –, juris, Rz. 14; Littman in: Hauck/Noftz, SGB X, § 34 Rz. 11; Dreher, jurisPR-SozR 24/2021 Anm. 6). Eine Einstellung des Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 102 Satz 3 SGG mit der Folge, dass ein für die Vollstreckung ausreichender Vollstreckungstitel hergestellt wird (vgl. BSG, Urteil vom 27. November 1980 – 5 RKn 11/80 –, juris, Rz. 23), kommt daher auch nicht teilweise in Betracht. Der Hauptantrag ist daher unbegründet.

Aus Vorstehendem folgt gleichzeitig, dass der erste Hilfsantrag unbegründet ist. Die Klägerin verkennt, dass § 96 SGG eine der Prozessökonomie dienende Vorschrift ist (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a. a. O., § 96 Rz. 1a), die die Einbeziehung tatsächlich ergangener Verwaltungsakte im laufenden Klage-/Berufungsverfahren regelt, aber keinen materiellen Anspruch auf Erlass eines Bescheides begründet. Nachdem der Beklagten bereits kein (Teil-)Anerkenntnis abgegeben hat, das zur (teilweisen) Erledigung des Verfahrens hätte angenommen werden können, kann hieraus kein Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsaktes folgen. Abgesehen davon handelt es sich um eine Frage des Vollstreckungsrechts.

Im Übrigen besteht ein materieller Anspruch der Klägerin nicht, sodass die Verurteilung zu einer Leistungsgewährung weder im Sinne des ersten noch des zweiten Hilfsantrages beansprucht werden kann.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1, § 30, § 31 BVG. Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, unter anderem auch Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs. 1 BVG, wer im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Die Versorgung umfasst nach dem insoweit entsprechend anwendbaren § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG die Beschädigtenrente (§§ 29 ff. BVG). Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der GdS – bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl I S. 2904) am 21. Dezember 2007 als Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bezeichnet – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, welche durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25 besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2014 – L 6 VS 413/13 –, juris, Rz. 42; Dau, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 31 BVG Rz. 2).

Für einen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG sind folgende rechtlichen Grundsätze maßgebend (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 – B 9 V 1/12 R –, BSGE 113, 205 <208 ff.>):

Ein Versorgungsanspruch setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG gegeben sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. April 2009 – B 9 VG 1/08 R –, juris, Rz. 27 m. w. N). Danach erhält eine natürliche Person („wer“), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind. In Altfällen, also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 und dem Inkrafttreten des OEG am 16. Mai 1976 (BGBl I S. 1181), müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 Satz 2 OEG in Verbindung mit § 10a Abs. 1 Satz 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in diesem Zeitraum geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und bedürftig sind sowie im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Eine Schwerbeschädigung liegt nach § 31 Abs. 2 BVG vor, wenn ein GdS von mindestens 50 festgestellt ist.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffes „vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen, wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht, hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VG 2/10 R –, SozR 4-3800 § 1 Nr. 18, Rz. 32 m. w. N.). Dabei sind je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben worden. Leitlinie ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffes hat das BSG daher aus der Sicht von objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist es in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger oder rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer – jedenfalls versuchten – vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (st. Rspr.; vgl. nur BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 9 VG 1/09 R –, SozR 4-3800 § 1 Nr. 17, Rz. 25 m. w. N.). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 Strafgesetzbuch (StGB) zeichnet sich der tätliche Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VG 2/10 R –, SozR 4 3800 § 1 Nr. 18, Rz. 36 m. w. N.). Ein solcher Angriff setzt eine unmittelbar auf den Körper einer anderen Person zielende, gewaltsame physische Einwirkung voraus; die bloße Drohung mit einer wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung reicht hierfür demgegenüber nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 1/13 R –, juris, Rz. 23 ff.).

In Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Sinne von §§ 176, 176a StGB hat das BSG den Begriff des tätlichen Angriffes noch weiter verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Es ist allein entscheidend, dass die Begehensweise, also eine sexuelle Handlung, eine Straftat war (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 9 VG 1/09 R –, SozR 4 3800 § 1 Nr. 17, Rz. 28 m. w. N.). Auch der „gewaltlose“ sexuelle Missbrauch eines Kindes kann demnach ein tätlicher Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG sein (vgl. BSG, Urteile vom 18. Oktober 1995 – 9 RVg 4/93 –, BSGE 77, 7, <8 f.> und – 9 RVg 7/93 –, BSGE 77, 11 <13>). Diese erweiternde Auslegung des Begriffes des tätlichen Angriffs ist speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG geboten.

Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennen das soziale Entschädigungsrecht und damit auch das OEG drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs. 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der gemäß § 6 Abs. 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben der Antragstellenden, die sich auf die mit der Schädigung, also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrunde zu legen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.

Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller, a. a. O., § 128 Rz. 3b m. w. N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R –, juris, Rz. 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Keller, a. a. O.).

Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, S. 14 m. w. N.). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 6/13 R –, juris, Rz. 18 ff.) angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein „deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.

Bei dem „Glaubhafterscheinen“ im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Keller, a. a. O., Rz. 3d m. w. N.), also der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3 3900 § 15 Nr. 4, S. 14 f. m. w. N.). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, also es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl. Keller, a. a. O.), weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses, aber kein deutliches Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Tatsachengericht ist allerdings mit Blick auf die Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) im Einzelfall grundsätzlich darin nicht eingeengt, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, S. 15). Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ in ihrer am 1. Oktober 1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend – seit Juli 2004 – den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1. Januar 2009 durch die Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (Teil C, Nrn. 1 bis 3 der Anlage zu § 2 VersMedV; vgl. BR-Drucks 767/1/08 S. 3, 4) inhaltsgleich ersetzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 6/13 R –, juris, Rz. 17).

Die Klägerin macht eine schädigende Handlung im Beitrittsgebiet vor dem 2. Oktober 1990 geltend, sodass nach der Übergangsvorschrift des § 10 Satz 5 OEG Versorgung nur nach Maßgabe des § 10a OEG zu gewähren ist. Danach erhalten Personen auf Antrag Versorgung, solange sie allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt (Nr. 1) und bedürftig sind (Nr. 2) sowie im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (Nr. 3). Eine Schwerbeschädigung liegt nach § 31 Abs. 2 BVG vor, wenn ein GdS von mindestens 50 vorliegt, wobei eine Erhöhung des GdS wegen besonderer beruflicher Betroffenheit (bbB) nach § 30 Abs. 2 BVG zu berücksichtigen ist (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2002 – B 9 VG 5/01 R –, juris, Rz. 13).

Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor, da sich der Senat ebenso wie der Beklagte und ihm folgend das SG nicht von dem Bestehen schädigungsbedingter Gesundheitsstörungen, die mit einem GdS von 50 zu bewerten wären, überzeugen konnte und eine bbB ebenfalls nicht vorliegt. Dass bei ihr ein GdB von 70 anerkannt ist, steht dieser Beurteilung nicht entgegen, da dieser unter anderem nicht schädigungsbedingte orthopädische Funktionseinschränkungen berücksichtigt. Dem Sachverständigengutachten H1 konnte sich der Senat weder in diagnostischer Hinsicht noch hinsichtlich der Kausalitäts- oder der GdS-Beurteilung anschließen.

Die Missbrauchshandlungen durch ihren zweiten Stiefvater erfüllen nach den dargelegten Maßstäben den Tatbestand eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs. Dieser steht zur Überzeugung des Senats im Vollbeweis fest, der Missbrauch hat so stattgefunden, wie sie dies zunächst im Strafverfahren und dann gegenüber der Dipl. Psych. E berichtet hat. Diese hat, auch für den Senat, schlüssig dargelegt, dass die Schilderungen der Klägerin in sich komplex, schlüssig und nicht von Belastungstendenzen geprägt und deswegen glaubwürdig gewesen sind.

Schädigungsbedingt ist bei der Klägerin allein eine PTBS eingetreten. Zwar hält der Senat im Grundsatz daran fest (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 12. Januar 2017 – L 6 VH 2746/15 – juris Rz. 54 ff.), dass für die Feststellung des GdS nicht zwingend zu entscheiden ist, welche Erkrankung dem zugrunde liegt. Für die Beurteilung des GdS ist nicht die Bezeichnung der genauen medizinischen Diagnose, sondern sind vielmehr die dadurch begründeten Funktionseinschränkungen ausschlaggebend (so auch BayLSG, Urteil vom 10. Dezember 2018 – L 15 VG 29/17 –, juris, Rz. 83).

Diese Überlegungen führen im Falle der Klägerin jedoch deshalb nicht weiter, da bei ihr verschiedene, jeweils nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 zu beurteilende, Krankheitsbilder vorliegen, die, auch nach Überzeugung des Senats, nicht ausnahmslos auf das schädigende Ereignis zurückgeführt werden können und deswegen nur teilweise für den GdS relevant sind. Dementsprechend kommt eine anderweitige Abgrenzung, entgegen der Auffassung des SG, als über die Diagnose nach einem anerkannten Diagnosesystem nicht in Betracht.

Schädigungsbedingt ist – entgegen der Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen – nur die PTBS (ICD-10-F43.1), während die rezidivierende depressive Störung (ICD-10-F33.1) nicht kausal auf den Missbrauch zurückgeführt werden kann. Der Senat weist bereits an dieser Stelle darauf hin, dass selbst die Sachverständige H1 davon ausgeht, dass bei der Klägerin das Vollbild einer PTBS nicht mehr vorhanden ist, sondern nur noch Teilsymptome, was sie bei ihrer GdS-Bewertung hätte berücksichtigen müssen. Ebenso meint sie, dass die Vernachlässigung und familiäre Probleme in Kindheit und Jugend gleichwertige Faktoren für die Depression sind. Auch diese zentralen Aussagen müssen dann aber in der Bewertung der Gesundheitsstörungen berücksichtigt werden, woran es ebenfalls fehlt.

Was als psychische Folge tatsächlich kausal auf die Schädigung zurückgeführt werden kann, entnimmt der Senat dem Gutachten E1, welches er im Wege des Urkundsbeweises (§ 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]) verwertet. Dabei hat der Senat bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt, dass ärztliche Gutachten, die nicht als gerichtliche Sachverständigengutachten erstellt wurden, grundsätzlich eine andere Aussagekraft haben und damit einen anderen Beweiswert als gerichtliche Sachverständigengutachten besitzen (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Juni 2015 – B 9 V 45/14 B –, juris, Rz. 6). Zwar definiert das Gesetz den Begriff des Gutachtens selbst nicht, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch fällt darunter aber nur die umfassende wissenschaftliche Bearbeitung einer im konkreten Fall relevanten Fragestellung (vgl. BSG, Urteil vom 11. April 2013 – B 2 U 34/11 R –, juris, Rz. 26), wie sie der Gutachter E1 vorgenommen hat. Sein Gutachten erfüllt die zu stellenden formalen Anforderungen, nachdem es von dem beauftragten Gutachter erstellt und die Begutachtung nicht unberechtigt auf einen Dritten übertragen worden ist (vgl. auch § 407a Abs. 2 ZPO in der bis 14. Oktober 2016 geltenden Fassung bzw. § 407a Abs. 3 ZPO in der ab 15. Oktober 2016 geltenden Fassung). Die für die Begutachtung maßgeblichen Einzelkriterien sind in einem sorgfältigen Verfahren erhoben worden, das die Auswertung des Aktenmaterials, die eingehende Untersuchung und die schriftliche Aufzeichnung des Gesprächsinhaltes und des psychischen Befundes umfasst hat und dessen Ergebnisse in einen Gesamtzusammenhang eingestellt worden sind (vgl. zu diesen Kriterien: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerschluss vom 14. Januar 2015 – 2 BvR 983/04 –, juris, Rz. 15). Der Gutachter hat seinem Gutachten lege artis eine Zusammenfassung der Aktenlage vorangestellt und die einschlägigen Befunde referiert, hat davon abgesetzt seine eigenen Untersuchungen getrennt nach den eigenen Angaben der Klägerin und seinen Untersuchungen dargestellt und auf dieser Grundlage dann seine fachliche Beurteilung vorgenommen. Das Gutachten Ehinger hat daher die aufgezeigten Maßstäbe an ein Sachverständigengutachten erfüllt. Seine Expertise hat den Senat mehr überzeugt als das – in sich widersprüchliche (siehe bereits oben) – Sachverständigengutachten H1, sodass er sich ersterem angeschlossen hat.

Sonstige Verwertungshindernisse für sein Gutachten bestehen nicht. Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen den Datenschutz in den Raum stellt, liegt ein solcher nicht vor. Vielmehr stellt der Senat fest, dass die Klägerin gegenüber dem Beklagten bzw. dem vormals zuständigen Land Berlin (vgl. zum Zuständigkeitswechsel oben) schriftlich folgende Erklärung abgegeben hat (vgl. Blatt 3 VerwAkte):

„Ich erkläre mich damit einverstanden, dass das Versorgungsamt die für die Entscheidung über den vorstehenden Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem OEG erforderlichen Einkünfte einholt und die über mich bei Ärzten, Krankenanstalten, Behörden und Trägern der Sozialversicherung geführten Unterlagen (Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Untersuchungsbefunde, Röntgenbilder), auch soweit sie von anderen Ärzten oder Stellen erstellt sind, zur Einsicht beizieht.
Ich entbinde die beteiligten Ärzte von ihrer Schweigepflicht und stimme der Verwertung der Auskünfte und Unterlagen im Verwaltungsverfahren und im Verfahren zur Durchsetzung der auf das Land Berlin übergegangenen Schadensersatzansprüche zu“.

Somit hat die Klägerin sowohl der Erhebung der Daten wie auch deren Verwendung im Verwaltungsverfahren ausdrücklich zugestimmt, sodass es auf die Ausnahmevorschrift des § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X, die die Übermittlung ebenfalls zulässt, nicht ankommt (vgl. zu Vorstehendem insgesamt auch BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 10/07 R –, juris, Rz. 21 ff.). Die Klägerin hat bereits im erstinstanzlichen Verfahren Akteneinsicht beantragt und unter dem 25. Januar 2016 (Rückgabe der Akten mit Schriftsatz vom 21. April 2016) gewährt bekommen, sodass ihr die Vorgänge und der schriftliche Antrag, den sie selbst unterschrieben hat, bekannt gewesen sind.

Das Gutachten E1 ist ohnehin bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens und seine – vermeintliche – Unverwertbarkeit wäre dort zu rügen gewesen. Denn auch wenn es im Verwaltungsverfahren an einer Rechtsgrundlage für die Annahme eines Rügeverlustes mangelt (so BSG, Urteil vom 7. Mai 2019 – B 2 U 25/17 R –, juris, Rz. 22), gilt im erstinstanzlichen Verfahren § 202 SGG i. V. m. § 295 ZPO, auf den sich die Klägerin aber erstmals im Berufungsverfahren berufen hat. Vom SG ist mit Verfügung vom 5. Dezember 2016 eine Nachfrage an den Beklagten hinsichtlich des Gutachtens Ehinger gerichtet worden und Dr. A hat sich hierzu versorgungsärztlich ausführlich geäußert. In ihren nachfolgenden Stellungnahmen hat sie das Gutachten E1 jeweils in Bezug genommen. Aus dem Verfahrensverlauf ist somit deutlich und damit für die Klägerin erkennbar gewesen, dass dem Gutachten Bedeutung im gerichtlichen Verfahren zukommt. Selbst wenn das Gutachten verfahrensfehlerhaft zustande gekommen wäre, was, wie dargelegt nicht der Fall ist, hätte seine Verwertbarkeit bereits erstinstanzlich gerügt werden müssen. Das ist nicht geschehen, vielmehr wurde beim SG nur der Sachantrag gestellt, sodass der Hinweis der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf § 295 ZPO nicht weiterführt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin begründet es keine Besorgnis der Befangenheit des Gutachters E1, wenn in einem laufenden Verwaltungsverfahren im Wege der Amtshilfe ein Gutachten durch einen Gutachter der Verwaltung erstattet wird. Dass im gerichtlichen Verfahren im Rahmen des Sachverständigenbeweises etwas anderes gelten mag (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 1992 – 9a RV 6/92 –, juris, Rz. 11), kann dahinstehen. Vielmehr spricht dieser Umstand dafür, dass die datenschutzrechtlichen Einwände der Klägerin nicht nur aus den oben aufgezeigten Umständen heraus, sondern auch deshalb unbegründet sind, weil keine Datenweitergabe an „Dritte“ im Sinne der Vorschriften erfolgt ist.

In der Sache hat der Gutachter E1 schlüssig herausgearbeitet, dass die Diagnosekriterien einer PTBS bei der Klägerin erfüllt sind und daneben eine rezidivierende depressive Störung besteht, wie sie auch von sämtlichen behandelnden Ärzten und Kliniken gesehen worden ist. Hinsichtlich der Diagnose hat er ausgeführt, dass nach dem aktuellen medizinischen Erkenntnisstand bei psychischen Erkrankungen immer eine Kombination von biologischer Veranlagung und Stressfaktoren eine Rolle spielt. Weiterhin beschreibt er eine Vielzahl von Ereignissen, die als Auslöser für die aktuelle depressive Symptomatik in Frage kommen. Soweit die Sachverständige H1 als Einzige die diagnostische Einordnung in Frage stellt, kann dem nicht gefolgt werden. Auf die nachvollziehbaren versorgungsärztlichen Vorhalte der Dr. A konnte die Sachverständige ihre Ausführungen in keiner Weise plausibilisieren und diagnostisch belegen. Ihre Darlegungen zu einer vermeintlich fehlenden Objektivität der Versorgungsärztin führen nicht weiter, zumal diese in keiner Weise unsachlich argumentiert, sondern schlüssig argumentative Schwächen des Sachverständigengutachtens H1 aufgezeigt hat.

Bereits Prof. Dr. S hat in seinem urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten, das die formalen Anforderungen ebenfalls erfüllt (zu den Kriterien vgl. oben), darauf hingewiesen, dass vor dem Hintergrund mehrerer späterer biographischer Belastungen in erster Linie die Kausalität des Missbrauchs für die psychischen Beeinträchtigungen geklärt werden muss. Diese geforderte Abgrenzung des schädigenden Ereignisses von in der Biographie liegenden Verursachungsfaktoren ist durch den Gutachter Ehinger erfolgt (vgl. oben).

Dabei hat der Gutachter die gültigen Kausalitätskriterien, insbesondere die im sozialen Entschädigungsrecht geltenden Besonderen beachtet (dazu siehe oben). Eine potentielle Ursache begründet dann einen wahrscheinlichen Zusammenhang, wenn ihr nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 1977 – 10 RV 15/77 –, SozR 3900 § 40 Nr. 9). Oft wird diese Wahrscheinlichkeit auch als hinreichende Wahrscheinlichkeit bezeichnet, wobei das Wort „hinreichend“ nur der Verdeutlichung dient (vgl. Keller, a.a.O., § 128 Rz. 3c). Nicht ausreichend ist dagegen eine bloße – abstrakte oder konkrete – Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs (vgl. BSG, Urteil vom 26. November 1968 – 9 RV 610/66 –, juris, Rz 14). Haben mehrere Ursachen zu einem Schaden beigetragen, ist eine vom Schutzbereich des BVG umfasste Ursache dann rechtlich wesentlich, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges – verglichen mit den mehreren übrigen Umständen – annähernd gleichwertig ist. Das ist dann der Fall, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 6/13 R –, juris, Rz. 20). Im Einzelnen bedarf es dazu der wertenden Abwägung der in Betracht kommenden Bedingungen. Im Einzelfall muss die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder Mitursache zu gelten haben und welche nicht, aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. BSG, a.a.O.). Die Problematik der Kausalität begegnet auf dem Gebiet des sozialen Entschädigungsrechts bei zahllosen vergleichbaren Fallgestaltungen und stellt Verwaltung und Rechtsprechung zum Beispiel gerade bei allen erforderlichen Abgrenzungen hinsichtlich verschiedener Mitverursachungsbeiträge und Vorschäden vor nicht unerhebliche, jedoch auch nicht unbekannte Herausforderungen (vgl. dazu BayLSG, Urteil vom 12. Februar 2019 – L 15 VH 1/15 –, juris, Rz. 62). Dass dem vom Gesetzgeber gewollten System der Kausalitätsbeurteilungen auch gewisse geringe Unschärfen innewohnen, ist dabei hinzunehmen und korreliert ferner mit der Problematik grundsätzlicher Unsicherheiten medizinischer Einschätzungen und Beurteilungen. So stellen medizinische Erfahrungssätze „Generalisierungen dar, die auf einer begründeten Anzahl von Beobachtungen (Erfahrungsbasis) beruhen und deren Geltungsbereich über diese Erfahrungsbasis hinausgeht“ (vgl. Kater, Das ärztliche Gutachten im sozialgerichtlichen Verfahren, 2. Aufl. 2011, S. 49); solche Erfahrungssätze sind – abhängig von ihrer Erfahrungsbasis – nur als „mehr oder minder gesichert zu bezeichnen“ (a.a.O.). Verwaltung und Rechtsprechung müssen sich daher auch mit der Sicherheit begnügen, die die medizinische Wissenschaft bieten kann (vgl. Kater, a.a.O., S. 51, m.w.N.).

Ausgehend von diesen Kriterien hat der Gutachter die Depression schlüssig nicht kausal auf die Missbrauchserfahrungen der Klägerin zurückgeführt. Nach ausführlicher Aufarbeitung der Aktenlage hat sich die Versorgungsärztin Dr. A, für den Senat überzeugend, den Ausführungen des Gutachters E1 angeschlossen. Die versorgungsärztliche Stellungnahme verwertet der Senat als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen, da die Beteiligten schon nicht gehindert sind, eigene Gutachten in das Verfahren einzubringen, sodass für eine versorgungsärztliche Stellungnahme, die sich mit dem eingeholten Gutachten insbesondere im Hinblick auf Schlüssigkeit, Überzeugungskraft und Beurteilungsgrundlage auseinandersetzt und damit selbst kein Gutachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R –, juris, Rz. 26), nicht anderes gilt (so auch BSG, Urteil vom 6. Oktober 2016 – B 5 R 45/16 B –, juris, Rz. 19). Zwar handelt es sich bei der versorgungsärztlichen Stellungnahme um kein Beweismittel im Sinne des Beweises durch Sachverständige, sie ist aber im Rahmen des Gesamtergebnisses des Verfahrens zu würdigen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Oktober 2016 – B 5 R 45/16 B –, juris, Rz. 19; BSG, Urteil vom 23. September 1957 – 2 RU 113/57 –, juris, Rz. 8).

Dr. A hat für den Senat schlüssig herausgearbeitet, dass der sexuelle Missbrauch nicht die wesentliche Ursache für die Entwicklung der rezidivierenden Störung gewesen ist, sondern nur nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann, dass die angeschuldigten Taten sich in gewissem Maße ausgewirkt haben. Das bedeutet rechtlich, dass nicht mehr als eine bloße, nicht für eine Verurteilung ausreichende ursächliche Möglichkeit für die Ausprägung der psychischen Störung besteht.

Dafür hat die Versorgungsärztin Dr. A den Werdegang der Klägerin mit vielfach möglichen Ursachen für ihre psychischen Erkrankungen genau analysiert. Ebenso wie der Gutachter E1 knüpft sie dafür an die Anamnese der Dipl.-Psych. E an, die die Belastungssituationen im Einzelnen, insbesondere im zeitlichen Kontext, beschrieben hat. Diese sind mit dem Suizidversuch der Mutter, dem Fehlen einer männlichen Bezugsperson als Kind, dem Umzug mit Verlust des gewohnten Umfeldes, Schulwechsel, Ausgrenzung als andersartig, Trennung von Familie mit früher Selbstverantwortung, schwerer Enttäuschung über ihre Mutter, Wochenbettdepressionen, Scheidung, Alleinerziehende mit finanziellen Schwierigkeiten benannt worden.

So ergibt sich aus ihrem urkundbeweislich zu verwertenden Gutachten, dass die formalen Anforderungen ebenfalls erfüllt (zu den Kriterien vgl. oben), im Einzelnen, dass sich die Mutter der Klägerin früh von dem leiblichen Vater getrennt und auch die zweite Ehe – mit dem Vater des Halbbruders der Klägerin – nur bis zum 13. Lebensjahr der Klägerin bestanden hat, bevor die Mutter dann den zweiten Stiefvater heiratete. Das hat Dr. A als Hinweis auf eine fehlende männliche Bezugsperson gewertet. Weiter legt Dr. E dar, dass es infolge therapeutischer Aufarbeitung zu Schuldgefühlen der Klägerin im Hinblick auf den Suizidversuch der Mutter gekommen ist, der sich – so der Bericht im Rahmen der Therapie – im vierten Lebensjahr ereignet hat. Mit dem Umzug von Ost- nach Westberlin, durch den die Klägerin zum einen aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen wurde und der zum anderen mit einem Schulwechsel verbunden war, ist ein weiterer Belastungsfaktor gesichert. Insoweit hat die Klägerin berichtet, dass die neue Schule für sie die Hölle auf Erden gewesen ist, da sie als Ost-Kind belächelt und beguckt worden ist. Ebenso belastend hat sie den weiteren Umzug der Familie innerhalb B nach N erlebt. Dementsprechend ist sie – insbesondere wegen ihrer begonnenen Ausbildung – 1991 nicht mit ihrer Familie nach P umgezogen, sondern als Minderjährige alleine in einer betreuten Wohngemeinschaft in B wohnen geblieben. Dabei hat sie selbst berichtet, dass sie mit der Verantwortung für sich alleine und der Ausbildung überfordert gewesen ist, ihr Leben aus den Fugen geriet und sie nicht mehr auf ihre Ernährung geachtet hat, was für den Senat schon allein aufgrund ihres Lebensalters schlüssig ist. Dass dies Auswirkungen auf ihre Ausbildung gehabt haben mag, ist nachvollziehbar, ändert aber nichts daran, dass sich ein Zusammenhang mit dem Missbrauch nicht erkennen lässt, zumal sie diese dennoch erfolgreich abgeschlossen hat. Hinzu kommt, wie aus ihren Angaben ebenfalls folgt, dass sie es ihrer Mutter verübelt hat, dass diese mit dem Mann, der kurz zuvor wegen des sexuellen Missbrauchs ihres Halbbruders verurteilt worden ist, zusammen umgezogen ist und sie allein zurückgelassen hat. Nach zwischenzeitlicher Heirat, Umzug – ebenfalls – nach P und den Geburten der Kinder, die jeweils mit Wochenbettdepressionen einhergingen, musste die Klägerin aus beruflichen Gründen zunächst alleine zurück nach B. Ihr Ehemann zog ihr zwar zunächst nach, nahm dann aber wieder eine Tätigkeit in P auf, sodass er sich zunächst nur am Wochenende in B aufhielt. Dadurch wurde die nun lediglich als Wochenendbeziehung fortgeführte Ehe belastet. Zeitgleich traten Probleme mit den Kindern auf, mit denen sie sich allein gelassen fühlte, so dass es schließlich zur Trennung von ihrem Ehemann kam. Daneben bestanden Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, die aufgrund der alleinigen Erziehungsverantwortung für die Kinder, die nach der Trennung beschriebenen finanziellen Probleme infolge gemeinsamer Schulden aus der Ehe, wie dem Ausbleiben von Unterhaltszahlungen, verstärkt worden sind.

Vor diesem Hintergrund verweist die Versorgungsärztin Dr. A schlüssig darauf, dass der sexuelle Missbrauch in der Zusammenschau mit den weiteren Ereignissen deutlich im Hintergrund steht. Daneben hat sie herausgearbeitet, dass die Angaben der Klägerin, dass sowohl die Mutter als auch die Schwester depressiv erkrankt sind, auf eine zusätzliche genetische Disposition hindeuten und die Wochenbettdepressionen nach den Geburten ebenfalls schädigungsunabhängig sind. Dies korrespondiert mit den diagnostischen Darlegungen des Gutachters E1, der ebenfalls unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes auf die Rolle genetischer Dispositionen verwiesen hat. Seine medizinischen Erhebungen tragen somit die Einordnung der rezidivierenden depressiven Störung als „Nachschaden“, womit er gleichzeitig die Kausalitätsfrage nach den zu seinem Begutachtungszeitpunkt am 25. Juni 2015 geltenden Maßstäben beantwortet hat. In den bis 19. Dezember 2019 geltenden Fassungen war der Nachschaden in den VG, Teil C, Nr. 12 b dahingehend definiert, dass er eine Gesundheitsstörung ist, die zeitlich nach der Schädigung eingetreten ist und nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Schädigung steht. Weiter wurde bestimmt, dass eine solche Gesundheitsstörung bei der Feststellung des GdS nach § 30 Abs. 1 BVG nicht berücksichtigt werden kann, auch dann nicht, wenn sie zusammen mit Schädigungsfolgen zu besonderen Auswirkungen führt, bei denen die Schädigungsfolgen eine gleichwertige oder überwiegende Bedeutung haben. Es trifft daher nicht zu, wenn die Klägerin meint, der Gutachter habe die Kausalitätsmaßstäbe nicht berücksichtigt. Soweit er die Formulierung „sollte“ wählt, kommt darin keineswegs ein Zweifel des Gutachters zum Ausdruck. Deutlich wird lediglich, dass dem Gutachter die Grenze zwischen medizinischer Feststellung und rechtlicher Wertung deutlich gewesen ist, was einerseits seine Ausführungen gerade nicht in Frage stellt und andererseits auch keinen Zweifel daran begründet, von welchem Begriffsverständnis der Gutachter ausgegangen ist, wie die Klägerin meint. In der seit dem 20. Dezember 2019 geltenden Fassung verwenden die VG den Begriff des Nachschadens nicht mehr, sondern sprechen von einer nachfolgenden Gesundheitsstörung (VG, Teil C, Nr. 6.4). Bestimmt ist aber weiterhin, dass eine Gesundheitsstörung, die zeitlich nach der Schädigungsfolge eingetreten ist und nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Schädigung steht, bei der Bewertung des Grades der Schädigungsfolgen nicht berücksichtigt wird. Inhaltlich haben sich der Gutachter und nachfolgend die Versorgungsärztin mit dieser Frage ausdrücklich beschäftigt und überzeugend aufzeigen können, dass die depressive Störung nicht in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der PTBS gesehen werden kann, sondern lediglich eine bloße Möglichkeit besteht, dass diese Auswirkungen darauf hat.

Nachdem die Versorgungsärztin Dr. A somit den sexuellen Missbrauch überzeugend als deutlich im Hintergrund stehend beschrieben und der Gutachter E1 die Kausalität ebenfalls verneint hat, kann dahinstehen, dass die Rechtsauffassung der Klägerin, wonach auch eine nicht gleichwertige, sondern eine rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache für den Erfolg rechtlich wesentlich sein kann, solange andere Ursachen keine überragende Bedeutung haben, für die gesetzliche Unfallversicherung zutreffen mag (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R –, juris, Rz. 15 = BSGE 96, 196). Demgegenüber ist das soziale Entschädigungsrecht durch andere Strukturen gekennzeichnet und in der Regel die Beurteilung der Folgen einer einmaligen schädigenden Einwirkung vorzunehmen, sodass sich die Bestimmung der Wesentlichkeit nach der „annähernden Gleichwertigkeit“ bewährt hat, auch wenn in Einzelfällen auch im sozialen Entschädigungsrecht auf Wertungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zurückgegriffen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 6/13 R –, juris, Rz. 21).

Nach Vorstehendem ist somit allein die PTBS schädigungsbedingt. Diese führt zu einem deutlich reduzierten psychosozialen Funktionsniveau, was Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen verbunden mit Misstrauen, Rückzug und Vermeidungsverhalten begründet, wie der Senat dem Gutachten E1 entnimmt. Gegen die Feststellung der Diagnose einer PTBS spricht nicht, dass das Vermeidungsverhalten fraglich erscheint. Zwar hat sich die Klägerin selbst in die konkrete Gefährdungssituation begeben, als sie mit ihrem Ehemann zunächst zu der Herkunftsfamilie nach Paderborn nachgezogen, dort im selben Haus wie die Mutter und der zweite Stiefvater gelebt hat, was bereits im Strafverfahren thematisiert wurde, primär aber, weil sie ihre Kinder nicht in B aufwachsen lassen wollte. Die darin zum Ausdruck kommende ambivalente Haltung gegenüber dem Schädiger hat aber als typisch zu gelten, wie Dr. E aufzeigen konnte.

Der GdS ist in Übereinstimmung mit den Gutachter E1 nur in Höhe von 30 begründet. Ob seiner Gesamtbewertung der psychischen Beeinträchtigungen auf 50 gefolgt werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Wie dargelegt, hat der Gutachter überzeugend die schädigungsbedingten Einschränkungen abgegrenzt und nur diese sind für den GdS relevant, nicht aber eine Bewertung des Gesamtzustandes unter Berücksichtigung nicht schädigungsbedingter Anteile. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Sachverständige H1 bei ihrer GdS-Bewertung nicht berücksichtigt, dass sie selbst von einer teilremittierten PTBS ausgeht, ohne ihren eigenen Befund bei der Bewertung des GdS zu berücksichtigen.

Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 begründen Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen in Form leichterer psychovegetativer oder psychischer Störungen einen GdB von 0 bis 20, stärkere Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) einen GdB von 30 bis 40, schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 80 bis 100. Die funktionellen Auswirkungen einer psychischen Erkrankung, insbesondere wenn es sich um eine affektive oder neurotische Störung nach F30.- oder F40.- ICD-10 GM handelt, manifestieren sich dabei im psychisch-emotionalen, körperlich-funktionellen und sozial-kommunikativen Bereich (vgl. Philipp, Vorschlag zur diagnoseunabhängigen Ermittlung der MdE bei unfallbedingten psychischen bzw. psychosomatischen Störungen, MedSach 6/2015, S. 255 ff.). Diese drei Leidensebenen hat auch das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung angesprochen (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Juli 2017 – B 9 V 12/17 B –, juris, Rz. 2). Dabei ist für die GdB-Bewertung, da diese die Einbußen in der Teilhabe am Leben in der (allgemeinen) Gesellschaft abbilden soll, vor allem die sozial-kommunikative Ebene maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2017 – L 6 VH 2746/15 –, juris, Rz. 61). Bei dieser Beurteilung ist auch der Leidensdruck zu würdigen, dem sich der behinderte Mensch ausgesetzt sieht, denn eine „wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit“ meint schon begrifflich eher Einschränkungen in der inneren Gefühlswelt, während Störungen im Umgang mit anderen Menschen eher unter den Begriff der „sozialen Anpassungsschwierigkeiten“ fallen, der ebenfalls in den VG genannt ist.

Davon ausgehend verfügt die Klägerin trotz der Schädigung noch über ausreichende Ressourcen, die ihr ein zwar reduziertes, aber durchaus selbstbestimmtes Leben ermöglichen, so dass der vorgegebene Bewertungsrahmen nicht nach oben auszuschöpfen ist. Dass dies versorgungsärztlich anders bewertet und ein GdS von 40 gesehen worden ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, da es sich bei der Einschätzung des GdS um eine rechtliche und keine medizinische Frage handelt, die durch die Versorgungsärzte zu beurteilen ist. Ohnehin hat der Beklagte aufgrund dieser Bewertung keine Leistungen gewährt und hätte den GdS auch nicht isoliert feststellen können (vgl. oben).

Die der Klägerin nach der Trennung zugesprochenen minderjährigen Kinder werden von ihr selbstständig versorgt, sie hat zusätzlich noch zwei Hunde, einen wenn auch kleinen Freundeskreis und sogar mit ihrer Herkunftsfamilie unregelmäßigen Kontakt, was sie zuletzt der Sachverständigen H1 geschildert hat. Der Gutachter E1 hat überzeugend festgestellt, dass die Klägerin noch zu einer solchen selbstbestimmten Lebensführung in der Lage ist, damit einhergehend ist sie im psychischen Befund wach, bewusstseinsklar, örtlich, zeitlich und zur Situation voll orientiert gewesen. Auch Aufmerksamkeit und Wahrnehmung waren ungestört, die konzentrative Belastbarkeit hat bei formal adäquaten Gedankengang kaum nachgelassen, so dass sie schon mental einen Normalbefund aufweist. Die von der Klägerin beschriebenen Konzentrationsstörungen konnten somit in der länger andauernden Untersuchung nicht objektiviert werden. Allerdings war die affektive Resonanzfähigkeit eingeengt und die emotionale Schwingungsfähigkeit erhöht, sodass er zur Einschätzung einer mittelgradigen Störung gelangt ist, dabei aber ausdrücklich nochmals auf daneben – schädigungsunabhängig – bestehende depressive Anteile verweist.

Eine Ausschöpfung des Bewertungsrahmens rechtfertigt sich, entgegen den versorgungsärztlichen Stellungnahmen, nicht, insbesondere nicht aufgrund der im Widerspruchsverfahren eingeholten Befundberichte, auf die sich der Versorgungsarzt Dr. S1 im Wesentlichen stützt. Die Versorgungsärztin Dr. A hat im Übrigen selbst darauf hingewiesen, dass der angenommene GdS von 40 eine Maximalbewertung darstellt. Sowohl der Arzt für Neurologie H1 wie die Ärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. W-S sind zwar zum aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin befragt worden, jedoch haben diese die Behandlung erst nach dem Umzug nach B4 aufgenommen und sind jeweils von den anamnestischen Angaben der Klägerin ausgegangen. Eine erkennbare Auseinandersetzung mit den biographischen Belastungen und somit zur Ursächlichkeit hat nicht stattgefunden, was auch nicht Inhalt der Behandlung sein kann. Beide gehen jedoch, übereinstimmend mit dem Gutachten E1, von den Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung und einer PTBS aus, sodass die diagnostische Abgrenzung durch den Gutachter E1 dadurch nicht in Frage gestellt wird. Daneben muss berücksichtigt werden, dass die Behandlung durch Dr. W-S nach dem – schädigungsunabhängigen – Bandscheibenvorfall begonnen worden ist, infolge dessen es zu anhaltenden Schmerzen und neurologischen Störungen kam, wie die Ärztin beschreibt, die ebenfalls Auswirkungen auf die nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 zu beurteilenden Gesundheitsstörungen haben.

Ein höherer GdS lässt sich letztlich nicht damit begründen, dass nach Dr. E sich die Klägerin als Opfer identifiziert und ihre vielfältigen Probleme primär auf Missbrauchserfahrungen zurückführt, was sich in den Angaben bei der persönlichen Anhörung durch das SG widerspiegelt. Abgesehen davon, dass dadurch die differentialdiagnostischen Erwägungen des Gutachters E1 nicht in Frage gestellt werden, weist Dr. E selbst darauf hin, dass der Jargon der Klägerin auf umfangreiche therapeutische Erfahrungen hat schließen lassen, der Gutachter E1 beschreibt die Klägerin ebenfalls als therapieerfahren. In diesem Zusammenhang muss weiter berücksichtigt werden, dass sich aus den Erhebungen der Dr. E ergibt, dass erst durch die Therapie Umstände wie der Suizidversuch der Mutter sowie die Parallelbeziehung des ersten Stiefvaters der Klägerin überhaupt bekannt geworden sind und diese zusätzlich belastet haben. Insoweit ist auch die Möglichkeit suggestiver Einflüsse insbesondere bei intensiven Gesprächen, Befragungen und Nachforschungen durch andere Autoritätspersonen mit entsprechenden Vorstellungen und Erwartungen sowie das mitunter bestehende Bedürfnis, die massiven psychischen und körperlichen Beschwerden erklären zu können (vgl. Senatsurteil vom 12. Februar 2018 – L 6 VG 1745/15 –, juris, Rz. 52 auch zur Problematik der „false memory“), gegeben. Hierfür spricht vorliegend einerseits, dass die Klägerin gegenüber die Gutachterin Dr. K von dem für sie belastenden Suizidversuch der Mutter als Kindheitserinnerung berichtet hat, obwohl sie von diesem erst durch die Therapie erfahren hat. Letzteres ist schon deshalb plausibel, da von einem hinreichenden Erinnerungsvermögen der vierjährigen Klägerin nicht ausgegangen werden kann (vgl. zur infantilen Amnesie Senatsurteil vom 22. September 2016 – L 6 VG 1927/15 –, juris, Rz. 87). Andererseits liegt ihre Angabe gegenüber der AHG vor, dass es laut ihrer Therapeutin durch die Vorgesetzten am letzten Arbeitsplatz zu eine Retraumatisierung gekommen sein soll, was sich mit dem schädigenden Ereignis in keinen Zusammenhang bringen lässt.

Das gerichtliche Sachverständigengutachten H1 überzeugt den Senat daher, ebenso wie das SG, nicht. Zwar beschreibt diese zunächst die vielfältigen Belastungsfaktoren, die mit dem Missbrauch selbst in keinem Zusammenhang stehen, zieht dann jedoch die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung heran, um letztlich zu einer monokausalen Betrachtungsweise zu gelangen, bei der sie stark auf allgemeine Erfahrungen bei Missbrauchsopfern abstellt und die tatsächlichen Verhältnisse der Klägerin, also den konkreten Einzelfall, zu wenig berücksichtigt. Abgesehen davon, dass keiner der Vorbehandler bei der Klägerin eine Persönlichkeitsstörung gesehen hat, sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die dafür erforderlichen diagnostischen Kriterien bei ihr erfüllt sind, wie Dr. A versorgungsärztlich überzeugend herausgearbeitet hat.

Diesen Ausführungen vermochte die Sachverständige in ihrer ergänzenden Stellungnahme nichts Erhebliches entgegenzusetzen. So hat sie die Klägerin schädigungsbedingt als nicht bindungsunfähig eingestuft. Soweit die gerichtliche Sachverständige insoweit nämlich auf Beeinträchtigungen der Beziehungsfähigkeit abstellt, wiederholte Probleme mit Beziehungen und Trennungen beschreibt, verhält es sich tatsächlich so, dass die Klägerin langjährige Beziehungen aufrechterhalten konnte. So war sie seit ihrem 13. Lebensjahr, von einer zwischenzeitlichen einjährigen Trennung abgesehen, bis 2011 mit demselben Mann zusammen, mit diesem auch verheiratet und hat mit ihm zwei Kinder, was eindrucksvoll die Grundannahmen der Sachverständigen widerlegt. Das letztliche Scheitern der Ehe war nicht schädigungsbedingt. Ihr Ex-Partner war vielmehr über die Missbrauchsvorgänge in der Familie informiert, seine Beziehung zur Klägerin ist, nach deren eigener Darstellung, daran gescheitert, dass dieser in B beruflich unzufrieden war, nach P zum alten Arbeitgeber zurückgegangen ist und die Fernbeziehung mit Besuchen in B nur am Wochenende zu einem Auseinanderleben geführt hat. Bezeichnenderweise hat die Klägerin in diesem Zusammenhang beschrieben, dass sie sich während der Beziehung, was sich durch die Therapie entwickelt habe, weiterentwickelt habe als ihr Ehemann, was letztlich der Trennungsgrund gewesen sein soll. Die weitere siebenjährige Beziehung zu einem älteren Mann, also ebenfalls langjährig, scheiterte nach Bekunden der Klägerin daran, dass sie sich von ihrem Partner wie ein Kind behandelt fühlte.

Soweit die Sachverständige H1 auf eine angeblich fehlende Abgrenzungsfähigkeit verweist, übersieht sie, dass die Klägerin selbst gegenüber der Dr. K dargelegt hat, dass sie sich erst als sie ihren ersten Freund kennengelernt hat, gegenüber den Forderungen des Stiefvaters abgrenzen konnte, was zeitlich mit dem Beginn des Missbrauchs gegenüber dem Bruder korrespondiert. Gleiches gilt für den berichteten ungewollten Geschlechtsverkehr mit einer flüchtigen Internetbekanntschaft, zumal die Klägerin selbst über den Einsatz von K.o.-Tropfen spekuliert, diesen also nicht auf ihre fehlende Abgrenzungsfähigkeit zurückführt. Insoweit wäre, wie von Dr. A zu Recht bemängelt, eine ausreichende Validierung des Vorbringens angezeigt gewesen, die aber seitens der Sachverständigen unterblieben ist. Eine taugliche Basis für verallgemeinernde Rückschlüsse bietet der – behauptete – einmalige Vorfall somit nicht.

Woraus die Sachverständige meint, ein wiederholtes berufliches Scheitern der Klägerin ableiten zu können, erschließt sich dem Senat nicht. Tatsache ist vielmehr, dass die Klägerin eine Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen und in ihrem Beruf in Vollzeit gearbeitet hat. Nicht gelungen ist ihr lediglich die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess nach der Elternzeit, wobei die geschilderten familiären Umstände einen wesentlichen Belastungsfaktor gebildet haben. Dies wird aus der Anamnese des I-Krankenhauses B deutlich, wonach vermehrt Rückenprobleme durch familiäre Probleme und Belastungen am Arbeitsplatz aufgetreten sind. Weiter lässt sich den Befundberichten der behandelnden Ärzte entnehmen, dass die Krankschreibungen im Zusammenhang mit der Zunahme von Beschwerden nach der Trennung vom Ehemann standen. Zwar werden am letzten Arbeitsplatz in B Konflikte beschrieben, jedoch lässt sich aus diesen konkret beschriebenen Problemen nicht auf generell erhebliche Schwierigkeiten in allen zwischenmenschlichen Situationen schließen. Bei ihrer Wertung übersieht die Sachverständige überdies gänzlich, dass in den Rehabilitationsberichten jeweils beschrieben wird, dass die Klägerin an den Gruppentherapieprogrammen erfolgreich teilgenommen und zeitweise sogar eine Art Helferrolle eingenommen hat, in dem sie sich mit Gruppenproblemen beschäftigte. Dass sie vor diesem Hintergrund grundsätzlich nicht in der Lage sein sollte, sich in ein Arbeitsumfeld zu integrieren, wie die Sachverständige glauben machen möchte, überzeugt nicht. Letztlich wird bei der Beurteilung der beruflichen Situation schließlich nicht berücksichtigt, dass die Klägerin durch den Bandscheibenvorfall und seine Folgen in ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, woraus sich, wie die Erwerbsminderungsrente zeigt, Einschränkungen im Beruf ergeben. Schon diese Ausführungen tragen die Annahme eines schädigungsbedingten GdS von 50 nicht. Ergänzend ist hinsichtlich der von der Sachverständigen gesehenen dissoziativen Symptomatik darauf hinzuweisen, dass die Erhebungen der AHG ergeben haben, dass diese nicht ausgeprägt ist und Dr. A hinsichtlich der Bewertung überzeugend aufgezeigt hat, dass diese bei der PTBS mit abgebildet wird.

Letztlich stellt die Annahme der Sachverständigen, dass die Erwerbsminderungsrente wegen der psychischen Beeinträchtigungen gewährt würde, eine reine Mutmaßung dar, die durch die Unterlagen des Rentenverfahrens widerlegt wird. Diese Unterlagen hat der Senat im Rahmen der Sachaufklärung beigezogen (§ 106 Abs. 3 Nr. 2 SGG), wobei sich die Klägerin ausdrücklich damit einverstanden erklärt hat, dass gerichtliche und behördliche Akten sowie Versicherungs- und Versorgungsakten auch dann beigezogen werden, wenn in ihnen ärztliche Unterlagen enthalten sind (vgl. die von Klägerin unterschriebene Entbindungserklärung [Blatt 9 SG-Akte]).

Den urkundsbeweislich zu verwertenden Unterlagen entnimmt der Senat, dass sowohl die stationäre Rehabilitation im Kompetenzzentrum für Seelische Gesundheit B mit der Feststellung eines vollschichtigen Leistungsvermögens endete, wie es auch die Gutachterin Dr. K in ihrem unter Auswertung der Aktenlage und Erhebung einer umfänglichen Anamnese erstatteten Gutachten gesehen hat. Nachdem der Facharzt für Neurologie Dr. H2 anhaltende Schmerzen nach Wirbelsäulenoperation beschrieb, nahm die beratende Ärztin Dr. B5 eine nach Wirbelsäulenoperation und zusätzlicher Rotatorenmanschetten-Schädigung eingetretene Chronifizierung des Schmerzsyndroms an und sah deshalb ein unter dreistündiges Leistungsvermögen. Somit belegen die medizinischen Unterlagen des Rentenverfahrens einerseits, dass jedenfalls die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente auf den Wirbelsäulenschäden beruhte und andererseits, dass das chronifizierte Schmerzsyndrom seine Ursache darin hat.

Eine bbB liegt bei der Klägerin nicht vor. Hierbei handelt es sich um keinen selbstständigen Anspruch, sondern der GdS im allgemeinen Erwerbsleben nach § 30 Abs. 1 BVG und das berufliche Betroffensein nach § 30 Abs. 2 BVG sind als einheitliche Faktoren des einheitlichen Rentenanspruchs anzusehen. Die bbB ist lediglich ein Umstand, der ebenso wie andere – medizinische – Bemessungsfaktoren für den GdS in Betracht kommen soll, sodass in einem Gerichtsverfahren nur insgesamt über die Höhe der Grundrente entschieden werden kann (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 2017 – L 6 VH 789/15 –, juris, Rz. 64; vgl. auch BSG, Urteil vom 13. Dezember 1979 – 9 RV 56/78 –, juris, Rz. 19), sodass diese bereits vom SG zu prüfen gewesen wäre.

Der GdS ist unter anderem höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird (§ 30 Abs. 2 Satz 1 BVG). Das ist insbesondere der Fall, wenn auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BVG), zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BVG), oder die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BVG).

Der Ursachenzusammenhang zwischen den Schädigungsfolgen und der bbB ist nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen, wie der der haftungsbegründenden und -ausfüllenden Kausalität. Für den Anspruch auf bbB genügt es dabei, wenn die Schädigungsfolgen allein oder aber im Vergleich mit den Nichtschädigungsfolgen und anderen schädigungsunabhängigen Umständen etwa gleichwertig zu dem Erfolg beigetragen haben. Kommt dagegen einer Nichtschädigungsfolge eine überragende Bedeutung für den Erfolg zu, so ist dieser nicht schädigungsbedingt im Rechtssinne, denn die Nichtschädigungsfolge verdrängt die anderen und ist allein als Ursache im Rechtssinne anzusehen. Im Einzelfall muss die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder Mitursache zu gelten haben und welche nicht, aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 – B 9a V 1/05 R –, juris, Rz. 33 ff.).

Nach diesen Maßstäben liegt bei der Klägerin eine bbB nach § 30 Abs. 2 BVG nicht vor. Es bestehen zunächst keine Anhaltspunkte dafür, dass ein von ihr nachweisbar angestrebter Beruf nicht erreicht worden ist. Für die Zeit von 1990 (Ausbildungsbeginn) bis zum 8. Dezember 2011 sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie aufgrund der Schädigungsfolge in ihrer Erwerbsbiografie in irgendeiner Weise beeinträchtigt war. Sie hat vielmehr nach dem Schulabschluss eine Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten begonnen und diese „mit Erfolg“ abgeschlossen, wie der Senat dem Zeugnis der AOK B vom 10. Februar 1994 entnimmt. Weiterhin ergibt sich aus dem Entlassungsbericht über die – arbeitsfähig und während des Erziehungsurlaubs – angetretene Rehabilitation in der V-Klinik 2004, dass bereits dort ein vollschichtiges Leistungsvermögen für die letzte Tätigkeit als Sozialversicherungsfachangestellte gesehen worden ist, was durch das AHG aufgrund der Behandlung 2013 und damit nach Beendigung der letzten beruflichen Tätigkeit, bestätigt wurde. Darin ist zur sozialmedizinischen Epikrise ausdrücklich festgehalten, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit besteht und es wird beschrieben, dass sich die zur Zeit arbeitssuchende Klägerin vorstellen kann, wieder in der alten Tätigkeit zu arbeiten. Letztlich hat die Gutachterin Dr. K in ihrem für die Rentenversicherung, und damit unter beruflichen Gesichtspunkten, erstellten Gutachten ausgeführt, dass die Klägerin für die letzte Tätigkeit als vollschichtig arbeitsfähig einzustufen ist. Dieser hat die Klägerin sogar über Bewerbungsbemühungen seit sechs Monaten im B4 Raum berichtet und eine aktuelle Krankschreibung verneint.

Die Arbeitsunfähigkeitszeiten am letzten Arbeitsplatz waren, wie sich den Angaben der Klägerin gegenüber der Rehabilitationsklinik und der Dr. E entnehmen lässt, allein dadurch bedingt, dass sie durch die räumliche Trennung vom Ehemann faktisch alleinerziehend war, eine Vollzeitstelle bewältigen sollte und einen langen Fahrweg zur Arbeitsstelle hatte, mithin eine erhebliche Überforderungssituation vorgelegen hat, die durch andere Umstände, nämlich die von der Klägerin ausdrücklich benannten, bedingt gewesen ist, jedoch nicht mit dem schädigenden Ereignis in Verbindung stand. Diese Überforderungssituation scheint nach der Trennung vom Ehemann durch finanzielle Probleme wegen gemeinsamer Schulden und ausbleibenden Unterhaltszahlungen für die Kinder noch verstärkt worden zu sein. Daneben wird ein manifester Arbeitsplatzkonflikt mit permanent schlechter Stimmung im Team, langen Arbeitszeiten und häufiger Samstagsarbeit beschrieben, weiter, dass ihrem Wunsch nach einer Arbeitszeitreduzierung nicht entsprochen worden ist.

Das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben war nicht durch die Schädigungsfolgen erzwungen, es fehlt also an einer schädigungsbedingten Verkürzung der Berufstätigkeit (vgl. dazu Dau in: Knickrehm, a.a.O., § 30 BVG, Rz 18). Die Rentengewährung ist ausschließlich aus orthopädischen Ursachen begründet gewesen, wie der Senat der sozialmedizinischen Stellungnahme der Dr. B5 entnimmt, nämlich im Hinblick auf die zusätzliche Rotatorenmanschettenschädigung nach Wirbelsäulen-Operation 2014 und die Chronifizierung des Schmerzgeschehens (vgl. bereits oben). Die Schädigungsfolgen sind somit nicht mindestens gleichwertig ursächlich für die Rentengewährung. Vielmehr stand der psychische Befund insgesamt weder der letzten beruflichen Tätigkeit noch einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegen, wie insbesondere dem Gutachten der Dr. K zu entnehmen ist. Die Chronifizierung des Schmerzgeschehens ist allein im Zusammenhang mit der Wirbelsäulenoperation beschrieben worden. Die Erwerbsminderungsrente ist somit, wie aus den weiteren Befundunterlagen des Rentenverfahrens folgt, dem Bandscheibenvorfall C4/5 mit postoperativem Bandscheibenersatz und postoperativem Myelondefekt (vgl. Radiologischer Befundbericht des Dr. D über die Kernspintomographie vom 22. Oktober 2014, Blatt 96/97 Senatsakte) geschuldet. Darauf, dass die Bestimmung des Leistungsfalles, also die Bestimmung des Zeitpunkts des Eintritts der Erwerbsminderung, dennoch rein anhand der Arbeitsunfähigkeitszeiten erfolgt zu sein scheint, kommt es nicht entscheidungserheblich an, da jedenfalls die Weitergewährung der Rente auf Dauer, die zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben geführt hat, aufgrund des Wirbelsäulenbefundes erfolgte, wie der sozialmedizinischen Stellungnahme zu entnehmen ist.

Letztlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin volle Erwerbsminderungsrente auf Dauer bezieht. Denn aus dem Begriff der beruflichen Betroffenheit wird gefolgert, dass eine Höherbewertung des GdS grundsätzlich nur für die Zeit beruflicher Tätigkeit, also während des Erwerbslebens in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 – B 9 V 1/97 R –, juris, Rz. 15; Dau in: Knickrehm, a. a. O., § 30 BVG, Rz. 17). Die Klägerin war jedoch zum Zeitpunkt der Antragstellung im Jahr 2012 bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden, da sie bereits ab August 2011 Erwerbsminderungsrente bezog. Der GdS ist deshalb noch nicht höher zu bewerten, solange noch kein Beruf ausgeübt wird oder auch ohne Schädigungsfolgen noch nicht hätte ausgeübt werden können, er ist nicht mehr höher zu bewerten, nachdem die Berufsausübung mit dem Ende der Erwerbstätigkeit geendet hat. Das Ende der beruflichen Tätigkeit kommt als Grund für die erstmalige Zuerkennung einer beruflichen Betroffenheit dann in Betracht, wenn es durch die Schädigungsfolgen erzwungen worden ist. Beruflich besonders betroffen ist in diesem Fall nur, wessen Berufs- und Erwerbsleben durch die Art der Schädigungsfolgen verkürzt wird und wenn die Schädigungsfolgen zu einer wirtschaftlichen Einbuße bei der Altersversorgung geführt haben (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 – L 6 VS 5037/13 –, juris, Rz. 60; BSG, Urteil 24. Juni 1998 – B 9 V 1/97 R –, juris, Rz. 15; Dau in: Knickrehm, a. a. O., § 30 BVG, Rz. 18). Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor, nachdem ein schädigungsbedingtes Ausscheiden der Klägerin aus dem Erwerbsleben, wie oben dargelegt, nicht gegeben ist, sondern das dauerhafte Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auf ihren Wirbelsäulenproblemen und der damit einhergehenden Schmerzsymptomatik beruhte.

Nachdem die Klägerin durch die volle Erwerbsminderungsrente auf Dauer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, kommt eine bbB auch aus diesem Grund nicht in Betracht. Dass die Rentengewährung nicht auf die Schädigungsfolgen, sondern die Bandscheibenschädigung mit dem daraus folgenden Schmerzsyndrom zurückzuführen ist, wurde oben bereits dargelegt. Ein schädigungsbedingter Minderverdienst bei der Altersversorgung besteht daher ebenfalls nicht.

Liegen somit die Voraussetzungen einer Höherbewertung dem Grunde nach schon nicht vor, kann dahinstehen, dass eine Höherbewertung um mehr als 10 nicht in Betracht kommt, da erst Recht keine außergewöhnlich große Schädigung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 1975 – 10 RV 189/74 –, juris, Rz. 16).

Dementsprechend kann weiter dahinstehen, dass bei der Klägerin ab dem Antragszeitpunkt (vgl. zum Antragsprinzip § 1 Abs. 1 BVG) nach den Berechnungen des Beklagten seit November 2012 mit Ausnahme des Monats November 2019 durchgehend eine Bedürftigkeit im Sinne des § 10a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OEG bestanden hat.

Weiterer Ermittlungsbedarf von Amts wegen hat nicht bestanden. Den – nicht ausdrücklich aufrechterhaltenen – Antrag der Klägerin, die Sachverständige H1 erneut zu hören, hat der Senat abgelehnt, nachdem das Fragerecht der Beteiligten sich nur auf Sachverständigengutachten bezieht, die im selben Rechtszug eingeholt worden sind (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Oktober 2018 – B 2 U 12/18 BH –, juris, Rz. 5). Die Klägerin hat beim SG eine ergänzende Anhörung der Sachverständigen zu keinem Zeitpunkt beantragt, sodass sich die Frage, ob ein zu Unrecht übergangener Antrag vorliegt (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Schmidt, a.a.O., § 118 Rz. 12g), nicht stellt. Abgesehen davon sind die aufgeworfenen Fragen von der Sachverständigen bereits beantwortet worden und auf die Einwände der Versorgungsärztin, die sich ebenfalls auf die diskutierten differentialdiagnostischen und kausalen Überlegungen bezogen haben, ist bereits deren ergänzende Stellungnahme erfolgt, in der sie an ihrer Einschätzung festgehalten hat. Dass unterschiedliche Einschätzungen zur Höhe des GdS vorliegen, begründet schon deshalb keinen weiteren Ermittlungsbedarf, da es sich hierbei um keine medizinische, sondern eine rechtliche, durch den Senat vorzunehmende, Beurteilung handelt. Im Übrigen gehört die Würdigung unterschiedlicher Gutachtensergebnisse wie anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst, welche ureigene Aufgabe des Tatsachengerichtes ist. Insbesondere muss einem Sachverständigengutachten nicht schon deshalb gefolgt werden, weil es vom Gericht eingeholt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. September 1957 – 2 RU 113/57 –, juris, Rz. 10), und kann sogar Beteiligtenvorbringen alleinige Entscheidungsgrundlage sein (vgl. BSG, Beschluss vom 6. Oktober 2016 – B 5 R 45/16 B –, juris, Rz. 19). Eine Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht auch bei einander widersprechender Gutachtensergebnisse im Allgemeinen nicht. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. Hält es eines von mehreren Gutachten für überzeugend, wie hier das im Wege des Urkundsbeweises verwertete Gutachten des Facharztes für Psychiatrie E1, dass durch die versorgungsärztlichen Stellungnahmen der Dr. A gestützt wird, darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres einzuholen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Mai 2015 – B 9 SB 93/14 B –, juris, Rz. 6; Senatsurteil vom 17. März 2016 – L 6 U 1518/14 –, juris, Rz. 61).

Den hilfsweise gestellten Antrag nach § 109 SGG hat der Senat nach § 109 Abs. 2 SGG abgelehnt. Bereits mit Verfügung vom 3. August 2021 ist darauf hingewiesen worden, dass eine erneute Terminierung beabsichtigt ist, sodass die Klägerin erkennen konnte, dass keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen erfolgen. Der Antrag wäre schon von diesem Zeitpunkt aus in angemessener Frist zu stellen gewesen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a. a. O., § 109 Rz. 11). Unabhängig davon hat der Senat der Klägerin mit am 22. September 2021 zugestellter Verfügung eine ausdrückliche Frist zur Stellung eines Antrages bis 11. Oktober 2021 gesetzt. Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin keinen wirksamen Antrag nach § 109 SGG gestellt. Vielmehr hat sie ausdrücklich erklärt (vgl. den Schriftsatz vom 8. Oktober 2021), dass ihres Erachtens eine weitere Beweisaufnahme derzeit noch nicht ansteht und damit gerade keinen unbedingten Antrag nach § 109 SGG gestellt. Nachdem Prozesshandlungen unter einer Bedingung grundsätzlich unzulässig sind (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a. a. O., Vor § 60 Rz. 11), stellt der Hilfsantrag ebenfalls keinen fristgerechten Antrag nach § 109 SGG dar. Der Hilfsantrag wurde auch ausweislich des Schriftsatzes vom 23. November 2021 nur nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 8. Oktober 2021 aufrechterhalten. Nachdem die Klägerin seit der Verfügung vom 3. August 2021 über die Absicht des Senats zu terminieren in Kenntnis gesetzt war, erweist sich die bedingte Antragstellung am 11. Oktober 2021 nach Überzeugung des Senats jedenfalls als grob nachlässiges Verhalten, dass zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen würde. In diesem Zusammenhang hat der Senat mit der Verfügung vom 21. September 2021 bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es das Ablehnungsgesuch gegen den Senat nicht rechtfertigt, das Betreiben des Verfahrens von Seiten der Klägerin auszusetzen, bis darüber entschieden ist.

Unabhängig davon, dass es der Klägerin frei gestanden hat, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und sich so Gehör zu verschaffen (vgl. oben), hat der Senat den ausdrücklichen Antrag, sie persönlich anzuhören abgelehnt. Dieser ist bereits auf kein zulässiges Beweismittel gerichtet. Eine Parteivernehmung kommt weder auf Antrag noch von Amts wegen in Betracht, da § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht auf die §§ 445 ff. ZPO verweist (vgl. BSG, Beschluss vom 1. Juli 2021 – B 9 V 63/20 B –, juris, Rz. 7). Im Übrigen hat die Klägerin keine Gründe aufgezeigt, aus denen sich der Senat zu einer persönlichen Anhörung hätte gedrängt sehen müssen, solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Soweit sie in ihrem Antrag auf § 112 Abs. 2 SGG verweist, normiert dieser in erster Linie die Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses mit den Beteiligten, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung stattgefunden und an der die Klägerin persönlich aus eigenem Entschluss nicht teilgenommen hat (vgl. oben), aber durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten wurde. Soweit sie geltend macht, dass sich die Anhörung auf alle entscheidungserheblichen Umstände, zu denen sie Angaben machen könne, insbesondere auf ihre psychische Beeinträchtigung und die berufliche Betroffenheit beziehen solle, sind keine konkreten tatsächlichen Umstände aufgezeigt worden, die über die bisherige Aktenlage hinaus einer Aufklärung durch eine persönliche Anhörung der Klägerin bedurft hätten.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich aller drei Instanzen folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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