L 9 R 1485/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 4119/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1485/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. März 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten streitig ist die Berücksichtigung einer vom Bevollmächtigten des Klägers im Verwaltungsverfahren vorgelegten Vollmacht im Zusammenhang mit der Bekanntgabe behördlicher Schreiben.

Unter dem 06.02.2020 beantragte der 1956 geborene Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation, die mit Bescheid vom 14.04.2020 bewilligt und in der Zeit vom 11.08.2020 bis 11.09.2020 durchgeführt wurde.

Mit Schreiben an die Beklagte vom 06.08.2020 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers unter Vorlage einer Vollmacht die Erteilung einer aktuellen Rentenauskunft. Die beigefügte, vom Kläger unter dem 05.08.2020 unterschriebene Vollmacht umfasst nach ihrem Wortlaut u.a. das Verhandeln, die Abgabe und Entgegennahme von Erklärungen, Bescheiden und sonstigen Rechtsmitteln und enthält am Ende den Satz: „Die Vollmacht gilt für alle Instanzen und erstreckt sich auf Neben- und Folgeverfahren aller Art. Jeglicher Schriftwechsel hat nur mit dem Bevollmächtigten zu erfolgen.“

Mit Schreiben vom 10.08.2020 bestätigte die Beklagte den Antragseingang und erteilte unter dem 15.09.2020 die Rentenauskunft, die an den Bevollmächtigten übersandt wurde.

Mit Schreiben vom 15.10.2020, welches an den Kläger persönlich übersandt wurde, teilte die Beklagte diesem mit, dass der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe in bestimmten Fällen als Rentenantrag gelte. Dies könne der Fall sein, wenn Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen sind (Rentenantragsfiktion gemäß § 116 Abs. 2 Nr. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches <SGB VI>). Ob der Kläger tatsächlich vermindert erwerbsfähig sei und ihm eine Rente zustehe, könne nur geprüft werden, wenn er einen Rentenantrag stelle. Diesem Schreiben sei ein Informationsblatt beigefügt. Darin erfahre der Kläger, wie und wo er seinen Rentenantrag stellen könne und welche Unterlagen er dafür benötige.

Mit weiterem Schreiben vom 12.11.2020, wieder an den Kläger persönlich übersandt, unterrichtete die Beklagte diesen, dass sein Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Rentenantrag gelte, weil die Maßnahme nicht erfolgreich gewesen sei (§ 116 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI). Der Kläger sei darauf hingewiesen worden, wie und wo er den Rentenantrag stellen könne. Die Rentenantragsformulare seien jedoch bisher nicht eingegangen. Das Rentenfeststellungsverfahren könne daher nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden. Es werde darum gebeten, die Antragsformulare innerhalb von zwei Wochen ausgefüllt und unterschrieben einzusenden. Sofern die erforderlichen Antragsformulare innerhalb dieser Zeit nicht eingingen, werde der Vorgang nach Aktenlage abschließend bearbeitet. Sofern der Kläger die Durchführung eines Rentenverfahrens nicht wünsche, werde innerhalb der genannten Frist um eine entsprechende Mitteilung gebeten.

Am 25.11.2020 hat der Prozessbevollmächtigten im Namen des Klägers „Unterlassungsklage“ beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und beantragt, „die Beklagte dazu zu verpflichten, unter Androhung eines Zwangsgeldes von 2.500,- Euro, die Vollmacht, die für den Kläger bei ihr hinterlegt worden ist, nicht weiterhin zu missachten“. Der Bevollmächtigte habe unter dem 06.08.2020 seine Bevollmächtigung angezeigt. Unter Beachtung der Vollmacht sei dann entsprechend der Rentenauskunftsantrag bestätigt und unter dem 15.09.2020 die Rentenauskunft übersandt worden. Unter dem 15.10.2020, in den Dingen wo es wieder darauf ankomme, sei dann plötzlich wieder die Rechtstreue der Beklagten entgleist und diese habe in einer sehr wichtigen Umdeutungsfrage eines Rehabilitationsantrages den Mandanten unmittelbar angeschrieben. Dies sei unter demselben BKZ gelaufen. So gehe es nicht weiter. Er werde in jedem einzelnen Verfahren, wo die Vollmachten missachtet werde, eine Klage führen. Es sei Aufgabe der Gerichtsbarkeit, die Rentenversicherungsträger und die Sozialversicherungsträger zu domestizieren und auf die Rechtstreue aufmerksam zu machen, und auf die Anwendung der rechtlichen Vorschriften und die Beachtung der Vollmacht. Es sei immer schon in den letzten Jahren ein leidiges Thema mit der Vollmachtsbeachtung im Hause der Beklagten gewesen und gewinne in der Entwicklung, wie er es immer schon prophezeit habe, an System. Es sei seitens der Beklagten eine systematische Vollmachtsmissachtung zu verzeichnen. Man müsse sich vor allen Dingen fragen, warum immer gerade dann die Vollmachten nicht beachtet werden, wenn es um kostenauslösende Ausführungs-, Anerkenntnis- oder Vergleichsbescheide oder gar rechtsgestaltende Briefe gehe. Der Bevollmächtigte habe bereits außergerichtlich alles versucht, die Beklagte dazu zu bekommen, die Vollmachten zu beachten und er habe auch zuletzt der Geschäftsführung mit entsprechenden Klageverfahren gedroht.

Einen Tag nach Klageerhebung am 26.11.2020 hat der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten mitgeteilt, dass diese erneut und wiederholt die Vollmacht missachtet und er deswegen ein Klageverfahren eingeleitet habe. Er bitte um Akteneinsicht und stelle hiermit für den Kläger einen Rentenantrag auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit einem gewünschten Rentenbeginn zum 01.02.2021. Er beantrage hiermit einen Vorschuss auf die Altersrente spätestens zum 01.02.2021 und weise darauf hin, dass er im Falle der Missachtung entsprechend einstweilige Anordnung auf Zahlung des Geldbetrages einleiten werde.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass die vom Klägervertreter behauptete Verletzung eine Verfahrensregelung, nämlich § 13 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) betreffe. Nach § 56a Sozialgerichtsgesetz (SGG) könnten Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen jedoch nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Hier werde jedoch überhaupt nicht gegen eine Sachentscheidung vorgegangen. Für den Klageantrag liege somit auch kein Rechtsschutzbedürfnis vor. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass Rechtsbehelfsfristen nicht zu laufen begonnen hätten oder Dokumente ihn nicht erreicht hätten oder dem Kläger rechtliche Nachteile entstanden seien. Zudem bestimme das SGB X gerade nicht, dass im Falle der Bevollmächtigung sämtliche Verfahrenshandlungen über den Bevollmächtigten erfolgen müssten. Vielmehr sehe § 13 Abs. 3 Satz 2 SGB X ausdrücklich vor, dass sich die Behörde an den Beteiligten selbst wenden könne, soweit er zur Mitwirkung verpflichtet ist. Der Bevollmächtigte sei zu verständigen, § 13 Abs. 3 Satz 3 SGB X. Sollte dies unterblieben sein, sei dieser Umstand für sich genommen aber nicht angreifbar (§ 56a SGG). Des Weiteren würde auch § 13 Abs. 3 Satz 4 SGB X eine differenzierte Betrachtung verlangen. Danach bleiben die Vorschriften der Zustellung an Bevollmächtigte unberührt.

Mit Urteil (ohne mündliche Verhandlung) vom 23.03.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg habe im Beschluss vom 20.11.2020 (L 11 KR 2616/20 ER-B, juris) bereits zutreffend und überzeugend dargelegt, dass sich zwar ein Sozialleistungsträger grundsätzlich an den für das Verwaltungsverfahren nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X bestellten Bevollmächtigten wenden müsse (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 26.07.2016 - B 4 AS 47/15 R -). Ein Verstoß gegen diese „Kommunikationsverpflichtung“ könne der Versicherte indes nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend machen. Denn nach § 56a Satz 1 SGG könnten Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen eingelegt werden. Ein (Ausnahme-)Fall des § 56 Satz 2 SGG liege nicht vor. Denn der Bevollmächtigte beanspruche Rechtsschutz nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Klägers (unter Verweis auf SG Freiburg, Gerichtsbescheid vom 21.12.2020 - S 4 R 2095/20 -).

Gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 29.03.2021 zugestellte Urteil richtet sich die am 27.04.2021 erhobene Berufung zum LSG Baden-Württemberg. Die Berufung ist weder innerhalb der gesetzten Frist von einem Monat noch danach begründet worden. Ein Berufungsantrag ist nicht gestellt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. März 2021 aufzuheben und die Beklagte dazu zu verpflichten, unter Androhung eines Zwangsgeldes von 2.500,- Euro, die Vollmacht, die für den Kläger bei ihr hinterlegt worden ist, nicht weiterhin zu missachten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Verfügung vom 21.05.2021 hat der Senat die Beteiligten zu einer möglichen Entscheidung des Rechtsstreits durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört. Die Beteiligten haben sich hierzu nicht geäußert

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.

 

II.

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat durch Beschluss entschieden hat (§ 153 Abs. 4 SGG), ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 23.03.2021 ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 21.05.2021 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Der erkennende Senat teilt die Auffassung des SG. Wie der erkennende Senat auch im Parallelverfahren durch Urteil vom 19.10.2021 (L 9 R 1944/21) für Recht erkannt hat, ist die erhobene Unterlassungsklage unzulässig. Nach § 56a SGG können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen eingelegt werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen. Die Regelung in § 56a Satz 1 SGG dient der Verfahrens- und Prozessökonomie (hierzu Luik in: Hennig, SGG, § 56a Rn. 4). Von ihr werden alle unselbstständigen Verfahrenshandlungen erfasst, mit denen eine Sachentscheidung erst vorbereitet und noch keine verbindliche Regelung getroffen wird (vgl. Luik a.a.O. Rn. 10). Es handelt sich um eine eigenständig zu prüfende (negative) Zulässigkeitsvoraussetzung für Rechtsbehelfe, unter anderem für alle Klagearten. Liegen die Voraussetzungen des § 56a Satz 1 SGG vor, ist der Rechtsbehelf unzulässig (Axer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl, 2017, § 56a Rn. 9).

Eine Ausnahme folgt auch nicht über § 56a Satz 2 SGG. Denn im vorliegenden Fall wendet sich der Bevollmächtigte nicht gegen seine förmliche Zurückweisung nach § 13 Abs. 5 bis 7 SGB X – gegen die Rechtsschutz im eigenen Namen möglich wäre -, sondern gegen die „Missachtung“ seiner hinterlegten Vollmacht, womit offenbar die behördliche Bekanntgabe und Zustellung von Schreiben und Bescheiden direkt an den Kläger gemeint sein soll. Inwieweit diesbezüglich ein eigenständiger Rechtsschutz des Bevollmächtigten möglich wäre, bedarf keiner Entscheidung, da er diesen vorliegend nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Klägers in Form einer Unterlassungsklage beansprucht (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2020 – L 11 KR 2616/20 ER-B -, juris).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich die Unzulässigkeit der Klage auch aus dem fehlenden Rechtschutzbedürfnis ergibt. Am Rechtsschutzbedürfnis fehlt es grundsätzlich, wenn sich der Betreffende vor Anrufung des Gerichts mit seinem Anliegen nicht zuvor an die Behörde gewandt hat (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.06.2019 - L 7 AS 1916/19 ER-B -, juris Rn. 5; Sächsisches LSG, Beschluss vom 17.12.2015 - L 3 AS 710/15 B ER -, Juris Rn. 35 und vom 27.02.2017 - L 7 AS 1281/16 B ER -, juris Rn. 15/16; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.09.2018 - L 2 AS 1143/18 B ER -, juris Rn. 15; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 86b Rn. 7a; Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 86b Rn. 308). Die Gerichte haben die Aufgabe, den Bürgern und der Verwaltung zu ihrem Recht zu verhelfen, soweit dies notwendig ist. Soweit eine Möglichkeit besteht, das Recht außerprozessual durchzusetzen, besteht kein Anlass, die Hilfe des Gerichts in Anspruch zu nehmen (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., vor § 51 Rn. 16). Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere, wenn das angestrebte Ereignis auf einfachere Weise erreicht werden kann (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., vor § 51, Rn. 16a).

Vorliegend hatte sich die Beklagte mit Schreiben vom 15.10.2020 und 12.11.2020 direkt an den Kläger gewandt wegen der Umdeutung seines Rehabilitationsantrages und einer möglichen Rentenantragstellung. Ob die direkte Kommunikation mit dem Kläger versehentlich oder möglicherweise vor dem Hintergrund erfolgte, dass die vom Bevollmächtigten des Klägers vorgelegte Vollmacht (allein) im Kontext mit einem Antrag auf Erteilung einer Rentenauskunft vorgelegt worden war, bedarf keiner Vertiefung. Denn selbst wenn die Beklagte gehalten gewesen sein sollte, sich (auch) wegen der Umdeutung des Rehabilitationsantrages und der möglichen Rentenantragstellung an den Bevollmächtigten des Klägers zu wenden, rechtfertigt dies nicht die Klageerhebung ohne vorangegangene Mitteilung an die Beklagte, dass der Bevollmächtigte den Kläger weiterhin vertritt. Dem Kläger bzw. seinem Bevollmächtigten wäre es ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen, den Fortbestand der Vollmacht auch für das weitere Verfahren mitzuteilen und darauf hinzuweisen, dass sämtlicher Schriftwechsel auch zukünftig über den Bevollmächtigten geführt werden möge. Dies ist unterblieben, stattdessen ist am 25.11.2020 Klage beim SG erhoben und die Beklagte erst danach mit Schreiben vom 26.11.2020 über den Fortbestand der Vollmacht und die erfolgte Erhebung der Klage in Kenntnis gesetzt worden.

Eine diesbezügliche Mitteilung der Kläger-Seite wäre zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung auch nicht deswegen obsolet oder unzumutbar gewesen, weil im - stets verwendeten - Vollmachtsformular des Bevollmächtigten vermerkt ist, dass sich diese auf Neben- und Folgeverfahren aller Art bezieht und jeglicher Schriftwechsel nur mit dem Bevollmächtigten zu erfolgen hat. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es der Kläger-Seite nicht freisteht, über gesetzliche Bekanntgabe- und Zustellungsvorschriften zu disponieren oder behördliches Ermessen von Vornherein zu determinieren. Für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten regelt § 37 Satz 2 SGB X, dass dann, wenn ein Bevollmächtigter bestellt ist, die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts ihm gegenüber vorgenommen werden kann. Die Vorschrift räumt der Behörde damit grundsätzlich Ermessen ein. Dieses behördliche Ermessen ist entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers nicht bereits wegen der standardisierten Fassung seiner Verfahrensvollmacht von vornherein auf Null reduziert im Sinne einer zwingend (nur) an ihn zu erfolgenden Bekanntgabe von Verwaltungsakten. § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X stellt nach herrschender Meinung eine Spezialregelung zu der von der Kläger-Seite zitierten Bestimmung des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X dar, nach dem die Behörde sich (zwingend) im Verwaltungsverfahren an einen bestellten Bevollmächtigten wenden muss (BSG, Urteil vom 21.02.1985 - 11 RA 6/84, SozR 1300 § 37 Nr. 1; BVerwG, Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35/96, BVerwGE 105, 288; Krasney in Kasseler Kommentar, SGB X § 37 Rz 5; Engelmann in v. Wulffen § 37 Rz. 10; Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, § 37 Rn. 24; nach a.A. wird von § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X die Bestimmung des § 13 Abs. 3 Satz 3 SGB X nicht berührt; hiernach muss die Behörde den Bevollmächtigten jedenfalls verständigen, wenn sie sich an den Beteiligten wendet, was auch dann gelten soll, wenn die Behörde den Verwaltungsakt trotz Bestehens einer Vollmacht unmittelbar dem Betroffenen bekanntgibt, Pattar in juris-PK SGB X, 2. Aufl. 2017, § 37 Rn. 86).

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers in beiden Instanzen.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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