L 5 BA 2420/21 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 BA 1654/21 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 BA 2420/21 ER-B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 23.06.2021 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird endgültig auf 14.825,00 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Freiburg (SG), mit dem die beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2021, soweit damit die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen im Zeitraum vom 04.07.2016 bis zum 31.12.2019 und die für diesen Zeitraum erhobene Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 59.302,00 € festgestellt wird, abgelehnt worden ist.

Die Antragstellerin ist eine seit 1992 bestehende Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gegenstand und Zweck des Unternehmens sind Handelsvertreter- und Handelsmaklertätigkeiten im Konsumgüterbereich. Im notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 08.09.1992 waren die Stimmrechte der Gesellschafter entsprechend ihrer Stammeinlage und die Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit festgelegt. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, bestimmt der Gesellschaftsvertrag, dass die Antragstellerin durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen vertreten wird. Die Geschäftsführerbefugnis erstreckt sich laut Gesellschaftsvertrag auf den gewöhnlichen Geschäftsverkehr, für alle darüber hinaus gehenden Geschäfte ist ein einstimmig gefasster Gesellschafterbeschluss erforderlich. Der Beigeladene ist von Beginn an Gesellschafter und Geschäftsführer der Antragstellerin. Im streitgegenständlichen Zeitraum waren W (im Folgenden W.) mit einer Einlage von 8.900,00 € (14,47 %) sowie der Beigeladene und H (im Folgenden H.) mit jeweils 26.300,00 € (je 42,7642 %) an der Gesellschaft beteiligt (Gesellschafterliste vom 11.03.2008). Als Geschäftsführer waren zunächst der Beigeladene und H. und ab 2008 zusätzlich W. bestellt. Alle drei Geschäftsführer waren vom Selbstkontrahierungsverbot befreit.

Mit notariell beglaubigter Urkunde vom 04.07.2016 wurde die Veräußerung der Anteile von H. und W. nebst ihrer Abberufung als Geschäftsführer per Gesellschafterbeschluss beschlossen und der Verkauf und die Abtretung der Gesellschaftsanteile vertraglich vereinbart. Als Erwerber dieser Anteile wurden der Beigeladene (Anteil von H. im Nennbetrag von 14.800,00 €, entspricht 24,0650 %) und der neue Gesellschafter B (im Folgenden B.) bestimmt, der zugleich zum weiteren Geschäftsführer bestellt wurde. Die dingliche Abtretung erfolgte mit der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung. Am 08.07.2016 wurde der Wechsel in der Geschäftsführung im Handelsregister eingetragen. Am 21.08.2020 wurde der auf 66,83 % erhöhte Gesellschaftsanteil des Beigeladenen im Handelsregister eingetragen (Gesellschafterliste vom 21.08.2020).

Vom 01.10.2019 bis 05.02.2020 führte die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung durch.

Mit Bescheid vom 06.08.2020 stellte die Beklagte für den Prüfzeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2019 die Versicherungspflicht des H. und des Beigeladenen wegen ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der Antragstellerin in der Renten- und Arbeitslosenversicherung fest. In der Kranken- und Pflegeversicherung bestehe Versicherungsfreiheit. Zur Begründung führte sie aus, beide Geschäftsführer hätten wegen ihres Stimmanteils keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben können. Daher habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur Antragstellerin bestanden. Bezogen auf den Beigeladenen forderte die Antragsgegnerin die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen in Höhe von 83.281,80 € für den gesamten Prüfzeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2019.

Hiergegen legte die Antragstellerin am 09.09.2020 Widerspruch ein. Der Beigeladene müsse im Prüfzeitraum sozialversicherungsrechtlich als zu 66,83 % an der Handelsagentur Moog GmbH beteiligt gelten. Sachenrechtlich ergebe sich diese Beteiligung aktuell aus einer beigefügten Bescheinigung des Notariats vom 21.08.2020. Demnach entspreche diese Beteiligung den Veränderungen, an denen der beglaubigende Notar mit seiner Urkunde vom 04.07.2016 mitgewirkt habe. Schuldrechtlich ergebe sich Entsprechendes bereits ab 04.07.2016 aus dem notariellen Vertrag 04.07.2016 und für den vorausgehenden Zeitraum 01.01.2015 bis 03.07.2016 aus der tatsächlichen Handhabung. Die mit Kaufpreiszahlung aufschiebend bedingte sachenrechtliche Übertragung habe sich aus Umständen verzögert, die der Beigeladene weder vorhergesehen noch zu vertreten habe. Bereits ab 04.07.2016 sei ihm der erworbene Geschäftsanteil zuzurechnen. Schuldrechtlich sei der Veräußerer bereits mit Abschluss des Kaufvertrags, der ein Treueverhältnis begründet habe, verpflichtet gewesen, mit dem verkauften Anteil bis zur Übertragung an den Käufer im Sinne des Käufers zu verfahren. Gleiches folge aus seiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht. Die verzögerte Erfüllung des Kaufvertrags habe an seiner Wirksamkeit nichts geändert, insbesondere sei kein Rücktritt erklärt worden. Der Beigeladene sei daher ab 04.07.2016 als beherrschender Mehrheitsgesellschafter anzusehen. Auch im übrigen Prüfzeitraum ab 01.01.2015 gelte nichts anderes, weil H. seinen später veräußerten Geschäftsanteil bereits zu dieser Zeit im Hinblick auf die laufenden Verkaufsverhandlungen ausschließlich im Sinne des späteren Käufers ausgeübt habe.

Auf den Antrag der Antragstellerin setzte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 23.10.2020 den Vollzug der Beitragsforderung in Höhe von 83.281,80 € im Hinblick auf gegebenenfalls noch notwendige Nachermittlungen bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens aus.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2021 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Gesellschaftsanteil des H. nicht bereits ab 05.07.2016 dem Beigeladenen zuzurechnen. Inhaber eines Geschäftsanteils sei derjenige, der in der Liste der Gesellschafter im Handelsregister eingetragen sei. Er gelte als Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten. Vorliegend sei der Eintrag ins Handelsregister am 04.09.2020 erfolgt. Wann der Gesellschafterbeschluss gefasst worden sei, sei unbeachtlich. Der Beigeladene habe aufgrund fehlender Rechtsmacht in der GmbH in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer im streitbefangenen Zeitraum in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden.

Am 20.05.2021 hat die Antragstellerin beim SG Klage erhoben (Az. S 16 BA 1657/21) und zugleich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Zur Begründung hat sie ihren Vortrag aus dem Vorverfahren wiederholt und ergänzend ausgeführt, der Beigeladene habe im maßgeblichen Zeitraum keinem Weisungsrecht der GmbH bzw. der Gesellschafter unterlegen. Vielmehr sei ihm Kraft des notariellen Kaufvertrags über die Geschäftsanteile vom 04.07.2016 eine Rechtsmacht zugekommen, die es ihm ermöglicht habe, ihm nicht genehme Weisungen jederzeit zu verhindern. Dies folge bereits aus der bedingten Übertragung des Geschäftsanteils vom 04.07.2017 (richtig: 2016), durch die der Beigeladene ein Anwartschaftsrecht bezüglich dieses Geschäftsanteils erworben habe. Ihm sei ab diesem Zeitpunkt möglich gewesen, den Rechtserwerb durch vollständige Zahlung des Kaufpreises zu vervollständigen und damit, ohne jeglichen Zwischenschritt, Mehrheitsgesellschafter zu werden. Gleiches ergebe sich aus der schuldrechtlichen, einem Treuhandverhältnis „inhaltlich ähnelnden“ Beziehung zwischen dem Beigeladenen und dem Veräußerer des Geschäftsanteils H. Als Nebenpflicht des Kaufvertrags habe H. - wie jeden Verkäufer - die Schutzpflicht getroffen, mit dem verkauften Gegenstand bis zur (vollständigen) Übertragung auf den Käufer im Sinne des Käufers zu verfahren. In dieser Weise habe H. auch tatsächlich agiert. Der Beigeladene habe im Gegensatz zu schuldrechtlichen Stimmbindungsvereinbarungen und Vetorechten gegen Weisungen eine stärkere, weil unwiderrufliche Rechtsposition innegehabt, die eine Anwendung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu den schuldrechtlichen Stimmbindungsvereinbarungen ausschlösse. Im Übrigen bestätigten die tatsächlich gelebten Verhältnisse die Rechtsbeziehung der Beteiligten im Sinne einer Weisungsfreiheit des Beigeladenen.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 23.06.2021 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung bestünden nicht. Im Gegenteil erscheine diese bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage als voraussichtlich rechtmäßig. Die von der Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid angeführten Gründe gegen die Gleichsetzung des Beigeladenen mit einem Mehrheitsgesellschafter im streitbefangenen Zeitraum seien zutreffend. Bei der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung einer Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer sei nach der bereits seit längerem etablierten ständigen Rechtsprechung des BSG weder die tatsächlichen Verhältnisse noch schuldrechtliche Vereinbarungen, sondern die Rechtsmacht des Geschäftsführers ausschlaggebend. Für die eine Abhängigkeit ausschließende Rechtsmacht sei entweder eine dem Geschäftsführer in seiner Person zustehende Stimmenmehrheit oder eine gesellschaftsrechtlich verankerte Sperrminorität erforderlich. Beides fehle vorliegend im streitbefangenen Zeitraum.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 23.06.2021 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 23.07.2021 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend wird ausgeführt, es ergäben sich ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts. Dies begründe sich damit, dass der Beigeladene im streitgegenständlichen Zeitraum keinerlei Weisungen der Gesellschaft bzw. Gesellschafterversammlung unterlegen habe und mithin nicht abhängig beschäftigt gewesen sei. Kraft des notariellen Kaufvertrags vom 04.07.2016 sei ihm eine Rechtsmacht zugekommen, welche es ihm ermöglicht habe, ihm nicht genehme Weisungen jederzeit zu verhindern. Diese Rechtsmacht gründe sich auf der aus der notariellen Urkunde vom 04.07.2016 entstandenen Anwartschaft und dem aus dem notariellen Kaufvertrag erwachsenen Treueverhältnis und werde auch durch die in der Gesellschaft gelebten tatsächlichen Verhältnisse bestätigt. Die vom SG herangezogene neuere Rechtsprechung des BSG zu den schuldrechtlichen Treuhandverhältnissen unterscheide sich maßgeblich von der vorliegenden Konstellation. Denn es handele sich vorliegend nicht um schuldrechtlich, sondern sachenrechtlich wirkende Rechtsbeziehungen, welche sogar gesetzlich fingiert werden könnten. Zur gelebten Rechtsbeziehung, wonach der Beigeladene in Bezug auf die Willensbildung der Gesellschaft zu jeder Zeit frei habe schalten und walten und seine eigene Tätigkeit als Geschäftsführer völlig autonom habe gestalten können, hat die Antragstellerin eine eidesstattliche Versicherung des Beigeladenen vorgelegt.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 23.06.2021 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 20.05.2021 (Az. S 16 BA 1657/21) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2021 anzuordnen, soweit dieser die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen im Zeitraum vom 04.07.2016 bis zum 31.12.2019 und die für diesen Zeitraum erhobenen Nachforderungen feststellt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den Beschluss des SG für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge, auch der Hauptsache mit Az. S 16 BA 1657/21, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

 

II.

Die form- und fristgerecht (vgl. § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft (vgl. § 172 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie führt jedoch für die Antragstellerin inhaltlich nicht zum Erfolg. Das SG hat den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2021 anzuordnen, zu Recht abgelehnt.

Einstweiliger Rechtsschutz ist im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 86b SGG zu gewähren. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, soweit ein Fall des Absatz 1 nicht vorliegt, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Als Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG ist der Antrag darauf gerichtet, einen bestehenden Zustand aufrechtzuerhalten, wobei wegen des Vorrangs des § 86b Abs. 1 SGG, der Eingriff in einen bestehenden Zustand nicht durch einen anfechtbaren Verwaltungsakt erfolgt sein darf. Die Abgrenzung zwischen den beiden Formen des einstweiligen Rechtsschutzes (Abs. 1 und Abs. 2) ist danach zu treffen, welche Rechtsschutzform in der Hauptsache gegeben ist. Im Falle einer (reinen) Anfechtungsklage ist einstweiliger Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG zu gewähren (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b, Rn. 24, 26). Da im Hauptsacheverfahren eine Anfechtungsklage gegen die Beitragsnachforderung der Antragsgegnerin erhoben wurde, ist vorläufiger Rechtsschutz in der vorliegenden Konstellation nach § 86b Abs. 1 SGG zu gewähren. Da bei der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten, worunter auch die vorliegend streitbefangene Beitragsforderung rechnet, nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage entfällt, ist der von der Antragstellerin begehrte vorläufige Rechtsschutz anhand der Regelung des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu beurteilen.

Die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung setzt in der Sache (grundsätzlich) voraus, dass das Aufschubinteresse des Betroffenen, vorliegend der Antragstellerin, das Interesse der Allgemeinheit oder eines Beteiligten an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Soweit es um die Fälle des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG, namentlich die Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben, geht, soll die Aussetzung der Vollziehung gemäß § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG durch die Verwaltungsbehörde nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Nach diesen Maßgaben richtet sich auch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Gerichte (vgl. u.a. Beschluss des Senats vom 15.04.2019 - L 5 BA 611/19 ER-B -, n.v.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b, Rn. 12b). Die in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gesetzlich angeordnete sofortige Vollziehbarkeit von Abgabenbescheiden soll sicherzustellen, dass der öffentlichen Hand (hier den Sozialversicherungsträgern) die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Einnahmen kontinuierlich zufließen. Deswegen ist das Vollzugsrisiko solcher Bescheide (verfassungsrechtlich unbedenklich) dem Abgabenpflichtigen auferlegt worden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b, Rn. 27a). Das ist (im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip) jedoch nicht gerechtfertigt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheids bestehen (§ 86a Abs. 3 Satz 2 1. Alt. SGG) oder wenn (im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) durch die sofortige Vollziehung des Abgabenbescheids eine unbillige nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte eintreten würde (§ 86a Abs. 3 Satz 2 2. Alt. SGG). Ernstliche Zweifel i. S. d. § 86a Abs. 3 Satz 2 1. Alt. SGG bestehen dann, wenn der Erfolg des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung (vgl. u.a. Beschluss des Senats vom 15.04.2019 - L 5 BA 611/19 ER-B -, n.v.) wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (st.Rspr. des erkennenden Senats, u.a. Beschluss vom 19.07.2010 - L 5 KR 1153/10 ER-B -, n.v., m.w.N.; Beschluss vom 15.04.2019 - L 5 BA 611/19 ER-B -, n.v.).

Gemessen an diesen Vorgaben überwiegt vorliegend das Aufschubinteresse der Antragstellerin nicht das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Beitragsbescheides der Antragsgegnerin vom 06.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2021, da an dessen Rechtmäßigkeit nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Überprüfung keine ernstlichen Zweifel bestehen.

Der angefochtene Bescheid beruht auf § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe u.a. in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge u.a. zur Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Hieraus folgt eine Beitragspflicht für das aus dem Beschäftigungsverhältnis erzielte Arbeitsentgelt (§ 14 Abs. 1 SGB IV i.V.m. § 162 Nr. 1 SGB VI, § 342 SGB III).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist dabei jeweils § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insb. in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur „dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein (dazu BSG, Urteil vom 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -, in juris). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urteil vom 19.06.2001, - B 12 KR 44/00 R -, in juris). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R -, in juris). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen. Das für eine selbstständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschluss vom 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -, in juris). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 25.04.2012, - B 12 KR 24/10 R -, in juris).

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ausgangspunkt der Prüfung sind die (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen, die die Beteiligten - schriftlich oder ggf. auch nur mündlich - getroffen haben. Behörden und Gerichte müssen den Inhalt dieser Vereinbarungen feststellen. Sind die Vereinbarungen schriftlich getroffen worden, muss dabei auch geklärt werden, ob sie durch mündlich getroffene (Änderungs-)Vereinbarungen oder durch schlüssiges Verhalten rechtswirksam abgeändert worden sind. Steht der Inhalt der Vereinbarungen danach fest, ist zu prüfen, ob die Vereinbarungen (mit dem festgestellten Inhalt) wirksam oder wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht unwirksam sind, wobei bei gegebenem Anlass auch die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen geklärt werden muss, um auszuschließen, dass ein „Etikettenschwindel“ bzw. ein Scheingeschäft vorliegt und die Vereinbarung deswegen gemäß § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig ist; ist letzteres der Fall, muss der Inhalt des durch das Scheingeschäft verdeckten Rechtsgeschäfts festgestellt werden. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder zum Typus der selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen. Danach ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere (tatsächliche) Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015, - B 12 KR 16/13 R -; Urteile vom 29.07.2015, - B 12 R 1/15 R - und - B 12 KR 23/13 R -, alle in juris).

Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 24.05.2012, - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -, beide in juris).

Von diesen allgemeinen Grundsätzen ausgehend ist auch der sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH zu beurteilen. Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige Tätigkeit generell aus (BSG Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 13/17 R -; Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R -, beide in juris; auch im Fall einer Treuhandvereinbarung BSG, Urteil vom 10.12.2019 - B 12 KR 9/18 R -, in juris). Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist dagegen grundsätzlich abhängig beschäftigt (BSG, Urteil vom 19.09.2019 - B 12 R 25/18 R -, in juris). Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er exakt 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine „unechte“, auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 11.11.2015 - B 12 R 2/14 R -; Urteil vom 29.06.2016 - B 12 R 5/14 R -; Urteil vom 07.07.2020 - B 12 R 17/18 R -; alle in juris). Außerhalb des Gesellschaftsvertrags bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden oder Veto-Rechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben (BSG, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 13/17 R -, in juris). Der Annahme einer die abhängige Beschäftigung ausschließenden gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht steht deshalb ein Treuhandvertrag mit Dritten über die im Fall der Beendigung dieses Treuhandvertrags erfolgende Abtretung des überwiegenden Teils seiner Gesellschaftsanteile nicht entgegen (BSG, Urteile vom 12.05.2020 - B 12 R 11/19 R, B 12 R 5/18 R und B 12 R 30/19 R -, alle in juris).

Unter Zugrundelegung dieser Gesetzeslage und Rechtsprechung ist die Tätigkeit des Beigeladenen als Geschäftsführer bei der Antragstellerin im streitbefangenen Zeitraum nach summarischer Gesamtwürdigung aller Einzelfallumstände als abhängige Beschäftigung – mit daraus folgender Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung – einzustufen.

In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht spricht gegen die Einstufung des Beigeladenen als selbstständigen Erwerbstätigen maßgeblich seine fehlende Rechtsmacht im Unternehmen. Er war im streitgegenständlichen Zeitraum vom 04.07.2016 bis zum 31.12.2019 lediglich zu 42,7642 % an der Antragstellerin beteiligt. Die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung erfolgte mit einfacher Mehrheit. Folglich fehlte es dem Beigeladenen aufgrund der Anteilsminderheit an der Rechtsmacht, ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen waren ihm durch den Gesellschaftsvertrag im streitgegenständlichen Zeitraum nicht eingeräumt. Zwar waren ihm mit notariell beglaubigter Urkunde vom 04.07.2016 weitere Anteile von H. im Umfang von 24,0650 % veräußert und (aufschiebend bedingt) abgetreten worden, eine Eintragung in das Handelsregister ist jedoch erst am 21.08.2020 und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt, für den im angefochtenen Bescheid keine Beiträge erhoben werden. Allein der notariell beurkundete Erwerb der weiteren Gesellschaftsanteile durch den Beigeladenen führt statusrechtlich nicht dazu, dass der Beigeladene bei der Beurteilung des Bestehens der Rechtsmacht im oben umschriebenen Sinne bereits mit dem Datum der Urkunde als selbstständig Erwerbstätiger einzustufen wäre. Denn nach Wirksamwerden jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ist eine entsprechende Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen (§ 40 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung <GmbHG>). Nach § 16 Abs. 1 GmbHG in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 (BGBl. I 2026) gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils im Verhältnis zur Gesellschaft nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Ohne Eintragung in das Handelsregister fehlt es an der erforderlichen Publizität der Änderung in den Beteiligungen an der Gesellschaft. Die Eintragung im Handelsregister soll Rechtssicherheit für den Rechtsverkehr im Außenverhältnis der Gesellschaft bieten. Die mit der Aufnahme der Gesellschafterliste in das Handelsregister einhergehende Fiktion der Gesellschafterstellung schafft eine klare Zäsur, nach der sich die Rechte und Pflichten zwischen einer GmbH einerseits und Veräußerer sowie Erwerber des Gesellschaftsanteils andererseits bestimmen; die in § 16 Abs. 1 GmbHG verankerte unwiderlegbare Vermutung der Gesellschafterstellung dient sowohl dem Schutz der Gesellschaft vor Unsicherheit im Hinblick auf die Person des neuen Gesellschafters als auch dem Schutz der an dem Gesellschafterwechsel Beteiligten (BSG, Urteil vom 12.05.2020 - B 12 R 5/18 R -, in juris, Rn. 21; zur rechtsbekundenden Wirkung der Handelsregistereintragung vgl. auch BSG, Urteil vom 05.03.2014 - B 12 KR 1/12 R -, in juris, Rn. 28). Dem entspricht das in § 15 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) geregelte Publizitätsprinzip, wonach eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache, solange sie nicht eingetragen und bekanntgemacht ist, von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegengesetzt werden kann, es sei denn, dass sie diesem bekannt war. Der Rechtssicherheit dient auch die Prüfung der Eintragung durch das Registergericht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.04.2020 - L 4 BA 825/20 ER-B -, in juris, Rn. 18, m.w.N.). Demgemäß ist der Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister auch für die statusrechtliche Beurteilung der maßgebliche Zeitpunkt (zur Eintragung als Geschäftsführer BSG, Urteil vom 29.07.2015 - B 12 KR 23/13 R -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.11.2020 - L 8 BA 889/20 -, beide in juris; zum Treuhandverhältnis BSG, Urteil vom 12.05.2020 - B 12 R 11/19 R -, Rn. 22; zu einer schuldrechtlichen Poolvereinbarung BSG, Urteil vom 07.07.2020 - B 12 R 17/18 R -, in juris, Rn. 24). 

Hieran ändert das mit dem aufschiebend bedingten Erwerb der Gesellschaftsanteile verbundene Anwartschaftsrecht und damit einhergehende Treueverhältnis zwischen dem Beigeladenen und H. nichts. Der Beigeladene galt trotzdem erst ab dem Tag der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) in das Handelsregister als Mehrheitsgesellschafter und damit als in der Gesellschafterversammlung entsprechend stimmberechtigt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Bis zu diesem Zeitpunkt stand weiterhin H. das aus dem Geschäftsanteil resultierende Stimmrecht zu. Bis zur Eintragung der Veränderung konnte er weiterhin die Gesellschafterrechte wahrnehmen und haftete für die bis dahin fällig werdenden Gesellschafterpflichten; der Beigeladene war demgegenüber bis zur Eintragung rechtlich gehindert, Gesellschafterrechte mit einem Anteil von 66,83 % auszuüben und haftete grundsätzlich auch nicht für Pflichten aus dem Geschäftsanteil (zu schuldrechtlichen Treuhandverträgen vgl. BSG, Urteil vom 12.05.2020 - B 12 R 5/18 R -, in juris, Rn. 24 m.w.N.). Er konnte somit im maßgeblichen Zeitraum ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung nicht verhindern.

Auch die tatsächlichen Gegebenheiten, wonach H. nach den glaubhaft gemachten Angaben der Antragstellerin ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausschließlich im Interesse des Beigeladenen gehandelt habe und der Beigeladene seine Tätigkeit als Geschäftsführer völlig autonom habe gestalten können, führen vorliegend nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Es wäre mit dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht vereinbar, auf rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten der Beteiligten abzustellen (BSG, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 13/17 R -, in juris; BSG, Urteile vom 12.05.2020 - B 12 R 11/19 R, B 12 R 5/18 R und B 12 R 30/19 R -, alle in juris).

Insgesamt bestehen nach der gebotenen summarischen Überprüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Da solche auch nicht darin gründen, dass die Antragsgegnerin offensichtlich weitere für oder gegen eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen sprechende Indizien fehlerhaft bewertet hätte, überwiegt für den Senat vorliegend das Interesse am Vollzug des Bescheides vom 06.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2021 das Aufschubinteresse der Antragstellerin.

Die Härteklausel des § 86a Abs. 3 Satz 2 2. Alt. SGG, in deren Rahmen aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht auf die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren abzustellen ist, führt nicht dazu, dass die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen ist. Zwar ist das Gericht stets gehalten, die nachteiligen Folgen (vor allem für grundrechtlich geschützte Rechtspositionen), die der Antragstellerin aus der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts erwachsen sowie die Frage, ob bzw. wie diese ggf. rückgängig gemacht werden können, zu berücksichtigen, indes ist vorliegend bereits nicht (substantiiert) vorgetragen, dass der Antragstellerin gerade durch den Vollzug des Bescheides vom 06.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2021 maßgebliche nachteilige Folgen drohen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
Saved