Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 08.10.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten, auch der Beigeladenen, sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status als abhängig Beschäftigter für die Tätigkeit in der Firma R (im Folgenden R), deren Inhaberin die Beigeladene ist.
Der am 27.12.1947 geborene Kläger beantragte am 02.01.2013 Regelaltersrente. Er machte gegenüber der Beklagten unter anderem geltend, in der Zeit vom 01.01.1999 bis 14.04.2008, in der er nach der Auskunft der D bei dieser als Selbstständiger bzw. nicht Erwerbstätiger freiwillig versichert war, im Unternehmen seiner früheren Ehefrau (Ehezeit 01.05.1988 – 31.08.2003), der Firma R, in Vollzeit abhängig beschäftigt gewesen zu sein. Mit Bescheid vom 17.04.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab 01.02.2013. Sie lehnte es unter anderem ab, die Zeit vom 04.08.1998 bis 14.04.2008 als Beitragszeit anzuerkennen, weil weder in den vorhandenen Versicherungsunterlagen Beiträge bescheinigt seien noch die Beitragseinzahlung glaubhaft erscheine und Beiträge auch nicht als gezahlt gälten. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 10.03.2014). Die hiergegen vom Kläger erhobene Klage (S 4 R 1785/14, nach Abtrennung S 4 R 2679/14) wies das Sozialgericht Freiburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 01.12.2014 ab. Mit Bescheid vom 04.06.2015 stellte die Beklagte wegen Übermittlung neuer Arbeitsentgelte (01.02.1997 bis 28.02.1998) die Regelaltersrente ab 01.02.2013 neu fest und nahm den Bescheid vom 17.04.2013 ab diesem Zeitpunkt zurück. Die vom Kläger gegen den Gerichtsbescheid vom 01.12.2014 und gegen andere dem Kläger gegenüber ergangene Gerichtsbescheide eingelegten Berufungen (zuletzt zum Verfahren L 4 R 19/15 verbunden) und die Klage gegen den Bescheid vom 04.06.2015 wies das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 09.12.2016 zurück bzw. ab.
Den Vortrag des Klägers im Klageverfahren S 4 R 2679/14, von 1999 bis 2008 bei seiner geschiedenen Ehefrau in Vollzeit abhängig beschäftigt gewesen zu sein und die Beklagte habe die Firma seiner geschiedenen Ehefrau hinsichtlich der Scheinselbstständigkeit zu überprüfen, wertete das SG als weitere Klage des Klägers (S 4 R 5505/14). Der Kläger beantragte am 28.01.2015 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG im Verfahren S 4 R 5505/14 bei der Beklagten „die Statusfeststellung für die Tätigkeit bei der Firma R in den Jahren 1997 bis 2010“ und erklärte das Klageverfahren S 4 R 5505/14 für erledigt. Der Antrag ging am 09.03.2015 bei der zuständigen Clearingstelle der Beklagten ein.
Auf an die R und den Kläger unter dem 18.03.2015 gerichtete Anfragen der Beklagten zum sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers teilte die Beigeladene am 29.04.2015 mit, der Kläger sei ihres Wissens nach in den Jahren 1997/1998 bei der Firma O Transporte N angestellt gewesen. Daneben habe er freiberuflich als Selbstständiger für ihr Unternehmen auf Honorarbasis gearbeitet und in den Jahren 1999/2000 drei weitere Firmen in B bzw. R gegründet. Dort sei er ihres Wissens nach als Geschäftsführer tätig. Ein sozialversicherungspflichtiges Verhältnis habe zu keinem Zeitpunkt in ihrem Unternehmen bestanden. Im August 2002 habe sie sich vom Kläger getrennt. Im September 2002 hätten sie faktisch und zum 31.03.2003 rechtlich ihre berufliche Zusammenarbeit beendet. Aufgrund der abgelaufenen Aufbewahrungsfrist verfüge sie über keine Unterlagen mehr und könne keine weiteren Angaben machen.
Der Kläger führte auf die Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 03.06.2015 aus, Gerichte und das Finanzamt hätten festgestellt, dass er von 1997 bis 2010 selbstständiger Handelsvertreter gewesen sei. Er habe im nationalen und internationalen Handelsbereich Maschinen, Anlagen, Logistik und Dienstleistungen für die R akquiriert. Ferner sei er im Einkauf für die R tätig gewesen, habe Projekte geplant, Beteiligungen im Ausland organisiert, teilweise selbst die Arbeiten vor Ort ausgeführt oder überwacht. Er habe dabei im Auftrag der R im Einzelnen für die Jahre 1997 bis 2002 aufgelistete Umsätze erzielt. Beispielhaft für 1999 und 2000 führte er wöchentliche Arbeitsstunden für einzelne Projekte auf. Im Ergebnis habe er für Büro- und Reisetätigkeit für die Beigeladene 1999 wöchentlich im Durchschnitt 102,77 Stunden und 2000 106,33 Stunden aufgewendet. Mit Schreiben vom 17.07.2015 bekräftigte er, bei R abhängig beschäftigt gewesen zu sein. Er habe in seinem Schreiben vom 03.06.2015 Ausführungen über Tätigkeiten, Leistungen und Orte seiner Tätigkeit für die Beigeladene gemacht. Die Beigeladene habe über alle Tätigkeiten, Zwischenergebnisse und Verhandlungsfortschritte genau informiert werden wollen. So habe er mehrmals täglich mit ihr telefoniert. Er sei 1997/1998 in Teilzeit für die Firma O bis zu deren Insolvenz tätig gewesen. Bei R habe er ein Büro mit Computer und allen Arbeitsmitteln gehabt. Er habe Kundenwerbung für die Beigeladene und teilweise auch für deren Geschäftspartner betrieben. Er habe eigenes Kapital für Reisekosten und Spesen eingesetzt. Als Entlohnung seien 6 bis 10% vom erzielten Umsatz festgelegt worden.
Am 20.07.2015 erhob er Klage beim SG unter dem Aktenzeichen S 4 R 3244/15 „wegen mangelhafter Bearbeitung, bzw. Untätigkeit“ der Beklagten „bei der Statusfeststellung [seiner] Tätigkeit bei der [R] in den Jahren 1970 bis 2010“ mit den Anträgen, die Beklagte zu verurteilen, „qualifizierte Bearbeitung vorzunehmen“ sowie Betriebsprüfungsberichte und Unterlagen der Betriebsprüfung vorzulegen.
Mit an den Kläger und die R gerichteten Bescheiden vom 20.08.2015 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 09.03.2015 auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status ab. Für die Zeit von 1997 bis 2010 lägen lediglich handgeschriebene Reisekostenabrechnungen vor. Aus diesen ergäben sich jedoch keine Hinweise auf die Tätigkeit für die R. Es lägen keine Nachweise vor, die geeignet seien, ein Vertragsverhältnis zu belegen.
Auf den richterlichen Hinweis im Verfahren S 4 R 3244/15, dass die Untätigkeitsklage durch den Bescheid vom 20.08.2015 erledigt sein dürfte, erklärte der Kläger, mit einer Rücknahme der Klage sei er nicht einverstanden. Die Beklagte verlange von ihm immer wieder neue Unterlagen, obwohl sie die alten, von ihm vorgelegten und mehr als 200 Seiten umfassenden Unterlagen noch nicht bearbeitet habe. Die Statusfeststellung habe entscheidende Auswirkungen auf seine weiteren Klagen und seine Rentenbezüge.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.12.2015 wies das SG im Verfahren S 4 R 3244/15 die Klage ab. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sei die Untätigkeitsklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, da die Beklagte unter dem 20.08.2015 den begehrten Bescheid erlassen habe. Inhaltliche Einwendungen gegen den Bescheid seien im Rahmen des Widerspruchsverfahrens und nicht im Wege der Untätigkeitsklage geltend zu machen.
Hiergegen legte der Kläger am 15.01.2016 Berufung beim LSG Baden-Württemberg ein (L 4 R 194/16) und erklärte auf richterlichen Hinweis zur Unzulässigkeit der Untätigkeitsklage, die Berufung nicht zurückzunehmen. Er legte Reisekostenabrechnungen und weitere Unterlagen für die Zeit ab 1997 vor. Mit rechtskräftigem Urteil vom 09.12.2016 wies das LSG Baden-Württemberg die Berufung des Klägers zurück. Soweit der Kläger die Bescheidung eines Statusfeststellungsantrags bzgl. seiner Tätigkeit für R in den Jahren 1970 bis 1996 begehre, sei die Klage mangels entsprechenden Antrags bei der Beklagten unzulässig. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 28.01.2015 gestellte Antrag habe sich ausdrücklich (nur) auf die Jahre 1997 bis 2010 bezogen. Für den Zeitraum 1997 bis 2010 sei die Untätigkeitsklage durch den Erlass des Bescheides vom 20.08.2015 in der Sache erledigt. Die Untätigkeitsklage sei auf Verurteilung der Behörde (allein) zur Bescheidung gerichtet, nicht auf Erlass eines Verwaltungsaktes mit bestimmtem Inhalt und auch nicht auf die Prüfung der materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs oder die Bewilligung einer Leistung. Daher sei die Untätigkeitsklage in der Hauptsache auch dann erledigt, wenn die Behörde den Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ablehne. Die mit der Untätigkeitsklage allein begehrte Bescheidung sei auch dann erfolgt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 88 Rn. 2, 9 und 12 m.w.N.; Bundessozialgericht <BSG>, Beschluss vom 16.10.2014 - B 13 R 282/14 B -, in juris). Für eine aufrechterhaltene Untätigkeitsklage bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Der Kläger habe die Untätigkeitsklage weder für erledigt erklärt noch umgestellt.
Zwischenzeitlich hatte der Kläger bei der Beklagten mit Schreiben vom 16.09.2015 auch Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.08.2015 eingelegt. Zur Begründung führte er aus, für die Beigeladene weisungsgebunde Tätigkeiten in großem zeitlichen Umfang verrichtet zu haben und hierfür eine Vergütung beanspruchen zu können. Hierzu habe er bereits zahlreiche Unterlagen vorgelegt, die von der Beklagten entsprechend zu werten seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, aus den Schreiben des Klägers im Rahmen der verschiedenen Verfahren ergäben sich widersprüchliche Angaben zu Anfang und Ende seiner Tätigkeit für die Beigeladene sowie zu Vergütungsmodalitäten. Zudem habe er zur Ausgestaltung und zum Inhalt seiner Tätigkeit nicht hinreichend vorgetragen. Er habe angegeben, nicht formell Handelsvertreter aber gegebenenfalls Mitinhaber der Innengesellschaft zu 50 % gewesen zu sein, wofür ihm eine Vergütung nicht als Provision aber eventuell als Ausgleichszahlung für die Leistungen und Einlagen (Lagerbestände) zustünde. Arbeitsleistungen habe der Kläger nach seinen eigenen Angaben in Form von Büroarbeit und Reisetätigkeit erbracht. Aus den vorgelegten Unterlagen ergäben sich keine hinreichend präzisen Tatsachen und Beweismittel zur Ausgestaltung (vertraglich/tatsächlich) und der Dauer der Tätigkeit sowie zur konkreten Höhe des Vergütungsanspruchs für die einzelnen Monate bzw. Jahre. Nachvollziehbare Angaben zu den konkret seinerzeit zwischen dem Kläger und R bestehenden Absprachen zur Tätigkeit und Mitinhaberschaft am Unternehmen sowie schriftliche Unterlagen zu den relevanten Sachverhalten (z.B. Vergütungsabrechnungen, Rechnungen) und die zur Ermittlung der Versicherungspflicht zwingend erforderlichen Angaben habe der Kläger nicht gemacht. Aus den Angaben bezüglich der Spesen- und Reisekostenabrechnungen sowie der generierten Umsätze ergäben sich ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte zur Ausführung der Tätigkeit oder zur genauen Höhe der Vergütung. Ferner sei nicht hinreichend zum Umfang und der Art und Weise des Weisungsrechts der R vorgetragen worden. Dies gelte auch für die Frage der Höhe und auf welcher Berechnungsgrundlage der Kläger für die Tätigkeit Geldleistungen tatsächlich erhalten habe. Eine verbindliche Entscheidung zum sozialversicherungsrechtlichen Staus der Tätigkeit des Klägers für R sei daher nicht möglich.
Hiergegen hat der Kläger am 18.06.2017 Klage beim SG erhoben. Unter Wiederholung seines bisherigen Vortrags trägt er vor, er sei für R als leitender Angestellter tätig gewesen. Dies sei durch entsprechend vorgelegte Belege, Reisekostenabrechnungen und Rechnungen nachgewiesen.
Auf Anfrage des SG führte die mit Beschluss vom 09.07.2019 Beigeladene am 25.06.2019 aus, der Kläger sei zu keinem Zeitpunkt in ihrem Unternehmen angestellt gewesen. Lediglich in den Jahren 1998 bis Mitte 2002 habe er auf Honorarbasis bei ihr gearbeitet. Für die getätigten Umsätze im In- und Ausland habe er Provisionsgutschriften erhalten. Im August 2002 habe sie einen Scheidungsantrag gestellt. Die Scheidung sei erst 2010 rechtskräftig gewesen. In den dazwischenliegenden Jahren habe der Kläger sie in allen Streitpositionen, die es geben könne, verklagt. Alle Klagen seien zu ihren Gunsten ausgegangen, sowohl beim Arbeitsgericht, den Amts-, Land- und Bundesgerichten als auch bei den Finanz- und Sozialgerichten. Neben seiner beruflichen Tätigkeit für ihr Unternehmen habe der Kläger im Ausland mindestens drei Unternehmen in R und B gegründet. In jedem Unternehmen habe der Kläger als Inhaber, Teilinhaber und/oder Geschäftsführer tituliert. Zumindest in der Zeit von 1997 bis 2002 sei der Kläger bei der D O1 krankenversichert gewesen. Auch dort habe er sich als selbstständiger Unternehmer eintragen lassen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.10.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Das Gericht folge hinsichtlich der rechtlichen Bewertung des vorliegenden Sachverhalts der ausführlichen Begründung im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 18.05.2017, auf die es Bezug nehme. Ergänzend sei auszuführen, dass sich auch im Klageverfahren keinerlei Anhaltspunkte für eine Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen ergeben hätten. Der Kläger habe in der Klagebegründung lediglich sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Konkrete Nachweise für eine vertragliche und tatsächliche Ausgestaltung seiner Tätigkeit habe er nicht vorgelegt. Auch aus der Stellungname der Beigeladenen ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung des Klägers.
Gegen den ihm am 10.10.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 01.11.2019 Berufung zum LSG Baden-Württemberg erhoben. Unter vielfacher Wiederholung und Ergänzung seines bisherigen Vortrags bekräftigt er, in der Firma der Beigeladenen abhängig beschäftigt gewesen zu sein. Hierzu legt er in der mittlerweile über 5000 Seiten umfassenden Akte im Berufungsverfahren Unterlagen vor, die seine Beschäftigung für die R – seiner Auffassung nach – belegen. Hierzu zählen Reisekostenabrechnungen, Telefonrechnungen, Skizzen von Projekten, Rechnungen an Kunden der R sowie diversen Kunden unterbreitete Angebote und deren Reaktionen hierauf aus den Jahren 1997 bis 2002. Die Arbeit im Unternehmen sei dergestalt aufgeteilt gewesen, dass die Beigeladene alle wichtigen Entscheidungen im Unternehmen getroffen habe und er alle anderen Aktivitäten in der Firma erledigt und für Arbeit gesorgt habe. Er habe in allen Geschäftsvorfällen die Akquisition der Kunden durchgeführt, die Ware beschafft, den Transport, die Lagerung und die Logistik organisiert, bei Bedarf den Auf- und Abbau vorgenommen, die Ware dem Kunden am Standort präsentiert, die Verkaufsverhandlungen mit dem Verkäufer durchgeführt, die Kaufverhandlungen mit dem Käufer durchgeführt, sei Ansprechpartner in sämtlichen Verhandlungen, die in Zusammenhang mit den jeweiligen Geschäftsvorfällen angefallen seien gewesen, und habe im Auftrag und Namen der Beigeladenen teilweise Zahlungen geleistet und Geld entgegengenommen. Er sei im Unternehmen auch Ansprechpartner für Kunden gewesen (z.B. für Versteigerungstermine, Verhandlungen mit Mitarbeitern ausländischer Regierungen, Abgabe von Angeboten) und habe hierzu Schreiben mit dem Briefkopf der Klägerin verwendet. Die Beigeladene habe auch seine persönlichen Finanzen betreut. Sie habe insoweit die Beiträge für seine bei der D bestehende Krankenversicherung als hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger von ihrem Konto überwiesen und privat verbucht. Rentenversicherungsbeiträge seien für ihn nicht abgeführt worden. Sämtliche Einnahmen aus Geschäften, die er akquiriert habe, seien in die Firma R geflossen und von der Beigeladenen vereinnahmt worden. Die auf seine Tätigkeit entfallenen Kosten seien dann im Rahmen der Bilanz als Ausgaben verbucht worden. Da die Firma R nur aus der Beigeladenen, ihm selbst und einem geringfügig Beschäftigten bestanden habe, könnten die zahlreichen, mittels Telefonrechnung nachgewiesenen Telefonate nur von ihm selbst oder der Beigeladenen getätigt worden sein. Die Beigeladene habe immer die gesamte Buchhaltung und Steuern mit entsprechenden Vollmachten des Klägers und seiner Mutter für alle Firmen der Familie B1 selbstständig durchgeführt. Nur sie habe die Einkommensteuererklärungen unterschrieben. Den Bescheiden des Finanzamts K von 1996 bis 2002 sei zu entnehmen, dass hierin keine Einnahmen aus Gewerbebetrieb für ihn selbst ausgewiesen seien. Er habe damit von 1996 bis 2002 kein Einkommen erzielt. Nicht erklärbar sei, wie er auf Honorarbasis - wie von der Beigeladenen behauptet - tätig gewesen sein könne und eine Firma betrieben haben könne, ohne eigene Firma, ohne amtliche Anmeldung, ohne eigenen Firmensitz und Adresse, ohne Büro, ohne Telefon, ohne Computer, ohne Fax, ohne Visitenkarte, ohne Firmenpapier, ohne Firmenkonto, ohne Reisekostenabrechnung, ohne Hotelbelege, ohne Reisekostenbelege, ohne Belege für Einladungen, ohne Belege für Flugreisen, ohne Belege für Auslandsaufenthalte, ohne Kraftfahrzeugkostenabrechnung, ohne Kassenabrechnung, ohne Eingangsrechnungen, ohne eine einzige Rechnung zu stellen, ohne eine einzige Provisionsgutschrift zu erhalten, ohne eigenes Handy, ohne eigene Steuernummer für seine Firma, ohne eigene Steuererklärung für seine Firma, ohne Bezahlung und ohne Einkommen. All seine Kosten (Reisekosten, Bewirtungsbelege, Einladungen, Hotelrechnungen, Übernachtungskosten, Kilometergeld, Kosten für Flüge, Auslandsspesen, Kosten für Hilfsdienste plus Umsatzsteuer) seien von der Beigeladenen als Kosten der Firma R in den Steuererklärungen beim Finanzamt O1 K eingereicht worden. Das Finanzamt O1 K habe die Kosten des Klägers in vollem Umfang als Betriebsausgaben der Firma R steuerlich berücksichtigt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 08.10.2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2017 aufzuheben und festzustellen, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit für die Firma R in der Zeit von 1997 bis 2010 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung des SG sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Das SG habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. In der Berufungsbegründung würden keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen, die eine Änderung der von ihr vertretenen Auffassung rechtfertigten. Die seitens des Klägers eingesandten Unterlagen belegten zwar, dass er für die Beigeladene tätig gewesen sei bzw. in deren Namen gegenüber Dritten (Kunden der Beigeladenen) aufgetreten sei und dass die Beigeladene Reisekosten und sonstige Auslagen des Klägers übernommen habe. Anhaltspunkte zu vertraglichen Absprachen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen, zur konkreten Ausgestaltung der Tätigkeit sowie der Höhe der Vergütung ergäben sich hieraus jedoch weiterhin nicht.
Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt. Nach Durchsicht der eingereichten Unterlagen des Klägers habe sie keine neuen Erkenntnisse gewinnen können, die sie nicht bereits in den vergangenen Prozessjahren kommentiert habe.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten, die Akten des SG, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Akten des LSG Baden-Württemberg in den Verfahren L 4 R 19/15 und L 4 R 194/16 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß § 143 SGG statthaft und zulässig. Sie bedarf nicht der Zulassung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG, da die Klage weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, sondern Feststellungen zur Sozialversicherungspflicht betrifft.
Die Berufung des Klägers ist in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, § 56 SGG) zulässige Klage zur Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 20.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat die dagegen erhobene Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klage ist zulässig. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass die Beklagte im Bescheid vom 20.08.2015 ausgeführt hat, es erfolge keine Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status über die Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen, da das vom Kläger behauptete Vertragsverhältnis nicht nachgewiesen sei. Der Senat sieht in der generellen Ablehnung einer Feststellung des Status auch eine konkludente Ablehnung der Feststellung, dass die Tätigkeit des Klägers als leitender Angestellter bei der Beigeladenen zwischen 1997 und 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und in diesem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind im Ergebnis rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Senat kann nicht feststellen, dass der Kläger einen Anspruch auf Feststellung hat, dass er im Unternehmen der Beigeladenen in der Zeit von 1997 bis 2010 als leitender Angestellter in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat und dementsprechend der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung und der sozialen Pflegeversicherung unterlegen ist.
Der Bescheid der Beklagten vom 20.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2017 ist formell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage des Bescheids ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Nach § 7 a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28 h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund (§ 7 a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Der Kläger hat sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten (Clearingstelle) nach § 7 a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden. Ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden (zur Verfahrenskonkurrenz vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 22.07.2020 - L 5 BA 4158/19 - n.v.). Dem widerspricht auch nicht die Einstufung des Klägers als hauptberuflich Selbstständiger bzw. nicht Erwerbstätiger bei der D. Denn Krankenkassen nehmen bei der Beitragseinstufung von Versicherten regelmäßig keine Prüfung der Sozialversicherungspflicht vor. Entsprechendes wird auch von den Beteiligten nicht behauptet.
Der Bescheid der Beklagten ist auch materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in subjektiven Rechten. Denn auch der Senat kann nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass der Kläger bei der Beigeladenen in der Zeit von 1997 bis 2010 abhängig beschäftigt war und dementsprechend der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung und der sozialen Pflegeversicherung unterlegen ist.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen auch im hier streitigen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB V>, § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB XI>, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch <SGB VI>, § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch <SGB III>). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist dabei jeweils § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur „dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein (dazu BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R -, in juris). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urteil vom 19.06.2001 - B 12 KR 44/00 R -, in juris). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 13/17 R -, in juris). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Das für eine selbstständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung nicht wesentlich bestimmen (BSG, Beschluss vom 16.08.2010 - B 12 KR 100/09 B -, in juris). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R -, in juris).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vergleiche zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 16.08.2017 - B 12 KR 14/16 R - und Urteil vom 31.03.2017 - B 12 R 7/15 R - ; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht (BVerfG) [Kammer], Beschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96 -, alle in juris). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalles als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 23.05.2017 - B 12 KR 9/16 R -, in juris).
Ausgangspunkt der Prüfung der Statusbeurteilung sind die (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen, die die Beteiligten - schriftlich oder ggf. auch nur mündlich - getroffen haben. Behörden und Gerichte müssen den Inhalt dieser Vereinbarungen feststellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen „Etikettenschwindel“ handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann ggf. den Inhalt des durch das Scheingeschäft verdeckten Rechtsgeschäftes festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der (der jeweiligen Tätigkeit zugrunde liegenden) Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder zum Typus der selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 14.03.2018 a.a.O., Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -, in juris).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend kann der Senat unter Abwägung aller Umstände nicht feststellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Firma der Beigeladenen in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen stand. Vielmehr war er selbstständig tätig. Ob er in der Funktion eines Handelsvertreters, Mitunternehmers oder selbstständigen Beraters für die Firma R tätig geworden ist, kann insoweit dahingestellt bleiben.
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger zumindest im Zeitraum von 1997 bis März 2003 für das Unternehmen der Beigeladenen tätig war. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch selbst so dargestellt. Dies ergibt sich zudem aus der Auskunft der Beigeladenen gegenüber der Beklagten vom 29.04.2015. Darin führt die Beigeladene nachvollziehbar aus, der Kläger habe in dieser Zeit neben der Tätigkeit in anderen Unternehmen für sie gearbeitet. Die berufliche Zusammenarbeit sei zum 31.03.2003 beendet worden. Dabei kann der Vortrag des Klägers als wahr unterstellt werden, dass er im nationalen und internationalen Handelsbereich Maschinen, Anlagen, Logistik und Dienstleistungen für die Beigeladene akquiriert hat. Er war im Einkauf für die Beigeladene tätig, hat Projekte geplant, Beteiligungen im Ausland organisiert, teilweise selbst die Arbeiten vor Ort ausgeführt oder überwacht und dabei überdurchschnittlich viele Arbeitsstunden geleistet. Er hat – so sein Vortrag in der mündlichen Verhandlung des Senats – die Projekte abgewickelt. Auch kann als wahr unterstellt werden, dass er in der Firma der Beigeladenen ein Büro mit Computer und allen Arbeitsmitteln hatte. Er hat Kundenwerbung für die Beigeladene betrieben. Auch als wahr unterstellt werden kann, dass er zumindest teilweise eigenes Kapital für Reisekosten und Spesen eingesetzt hat. Ein festes Gehalt in gleichbleibender Höhe hat der Kläger für seine Tätigkeit für die Firma R nicht erhalten. Dies wird von ihm auch nicht behauptet.
Schriftliche Vereinbarungen zwischen der Beigeladenen und dem Kläger liegen insoweit nicht vor. Dies hat selbst der Kläger nicht behauptet. Auch die Beigeladene hat insoweit mehrfach während des seit 2015 laufenden Verfahrens nachvollziehbar ausgeführt, aufgrund der abgelaufenen Aufbewahrungsfrist nicht mehr über diesbezügliche Unterlagen zu verfügen.
Der Kläger ist von der Beigeladenen in diesem Zeitraum auch entlohnt worden. Der Kläger hat zwar kein festes Gehalt erhalten, er hat aber auf Honorarbasis für die Beigeladene gearbeitet. Für die getätigten Umsätze im In- und Ausland hat er Provisionsgutschriften erhalten. Dies entnimmt der Senat den Angaben der Beigeladenen gegenüber dem SG vom 25.06.2019. Diese Angaben stimmen mit denjenigen des Klägers überein, der auf Nachfrage der Beklagten selbst ausführt hat, für seine Tätigkeit als Entlohnung 6 bis 10 % vom erzielten Umsatz mit der Beigeladenen vereinbart zu haben (Schreiben des Klägers vom 17.07.2015). Die Abrechnung auf der Grundlage von Provisionen steht auch im Einklang mit den nach Angaben des Klägers geführten zivilrechtlichen Rechtsstreitigkeiten. In welcher Höhe Zahlungen erfolgt sind, kann hingegen nicht festgestellt werden. Dies ist für den Senat auch nicht aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen zu entnehmen.
Vertraglich verabredete Bestimmungen über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsansprüche oder Ähnliches kann der Senat nicht feststellen.
Ausgehend von den vorgenannten Feststellungen kann der Senat nicht feststellen, dass der Kläger im Unternehmen der Beigeladenen abhängig beschäftigt gewesen ist. Vielmehr überwiegen die Indizien, die für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers sprechen. Es fehlt an einem Weisungsrecht der Beigeladenen in wesentlichen Bereichen und einer relevanten Eingliederung in eine von der Beigeladenen vorgegebene betriebliche Ordnung.
Die Durchführung der Tätigkeit des Klägers wurde nicht von der Beigeladenen im Sinne einer Weisungsberechtigten bestimmt. Der Kläger war nach seinem eigenen Vortrag zwar in seinen Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf den Ort und die Ausführung seiner Tätigkeit auf die jeweils von ihm für die Firma der Beigeladenen akquirierten Aufträge begrenzt. Dies resultiert jedoch aus den abstrakt-generellen Vertragsbedingungen seines Auftragsverhältnisses und nicht aus arbeitsrechtlichen Einzelweisungen der Beigeladenen. Im Übrigen war er in der Abwicklung frei. Er unterlag hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt seiner Vorbereitungen hierauf keinerlei Vorgaben. Er hatte zwar ein in den Räumlichkeiten der Beigeladenen eingerichtetes Arbeitszimmer, hatte jedoch die vorbereitenden Tätigkeiten nicht in einem Arbeitszimmer in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu erbringen. Dies ergibt sich bereits aus der vom Kläger geschilderten Tätigkeit, die auch im Wesentlichen darin bestand, viel Zeit im Ausland und mit der Betreuung der Projekte vor Ort zu verbringen. Zudem hatte er keine festen Anwesenheits- oder Dienstzeiten. Er war auch an keinerlei Arbeitszeiten gebunden. Vielmehr trägt der Kläger insoweit vor, das Wochenarbeitsstundenkontingent eines Arbeitnehmers zeitweise fast verdreifacht zu haben. Inhaltlich war der Kläger bei der Ausübung seiner Tätigkeit vollständig weisungsfrei. Soweit er vorträgt, sämtliche Schritte bei Verhandlungen und Tätigkeiten im Ausland mit der Beigeladenen abgestimmt zu haben und dies mit einigen hundert Seiten von Telefonnachweisen der Telekom bekräftigt, widerspricht dies seiner Angabe, wonach er in der Abwicklung frei war. Abgesehen davon kann der Senat aber auch nicht feststellen, was Inhalt der Telefonate gewesen ist. Im Übrigen hat der Kläger Unterlagen über Korrespondenz zwischen ihm und Geschäftspartnern der Beigeladenen vorgelegt, die für eine absolute Handlungsfreiheit des Klägers sprechen.
Der Kläger war auch nicht in eine fremde Betriebsordnung – hier der Beigeladenen – im Sinne einer „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ eingegliedert. Anhaltspunkte für eine arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis gegenüber anderen Personen ergeben sich nicht. Die Firma der Beigeladenen bestand ohnehin nur aus insgesamt drei Personen und der Kläger war als einziger für Akquise und Betreuung im operativen Geschäft für die Firma R tätig. Eine Aufsicht über andere Personen war damit nicht verbunden.
Insbesondere hat der Kläger aber auch ein unternehmerisches Risiko getragen. Dies resultiert aus der mit der Beigeladenen getroffenen Vergütungsvereinbarung. Nach übereinstimmendem Vortrag von Beigeladener und dem Kläger war der gesamte Verdienst abhängig von der Provision der getätigten Umsätze und damit alleine erfolgsabhängig. Maßgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R -, in juris, Rn. 29). Dabei kommt es nicht allein auf den Einsatz von Kapital an, weil andernfalls Tätigkeiten, bei denen kein oder nur geringes Kapital zu ihrer Durchführung notwendig ist, nicht selbstständig ausgeübt werden könnten. Ein Unternehmerrisiko wird deshalb auch schon dann getragen, wenn der Erfolg des Einsatzes seiner Arbeitskraft ungewiss ist, namentlich, wenn kein Mindesteinkommen garantiert ist (vgl. BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R -, in juris, Rn. 29). Zwar hat der Kläger Reisekosten gegenüber der Klägerin geltend gemacht; unterstellt werden kann, dass er diese zumindest teilweise auch erhalten hat. Dies fällt allerdings nur in geringem Umfang ins Gewicht. Denn ein für Selbstständige typisches Risiko, die eigene Arbeitskraft mit der Ungewissheit eingesetzt zu haben, überhaupt eine Vergütung zu erhalten, besteht aufgrund der alleinigen Abhängigkeit der Zahlung einer Vergütung von erzielten Umsätzen. Die gesamte Vergütung des Klägers war davon abhängig, dass Umsätze erzielt wurden. Diese erfolgsabhängige Vergütung ist nicht vergleichbar mit an Arbeitnehmer gezahlte Tantiemen oder Prämien; denn diese bleiben – anders als vorliegend – in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung i.d.R. deutlich hinter dem vereinbarten Festgehalt zurück (dazu BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R -, in juris). Dem vorliegenden Unternehmerrisiko des Klägers stand auch eine größere Freiheit und Flexibilität bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs seines Einsatzes gegenüber. Er konnte nicht nur die einzelnen Projekte gestalten, sondern auch deren Anzahl bestimmen. Außerdem konnte er die Anzahl der Projekte durch weitere Akquise steigern und so weitere Einkünfte generieren. Für ihn bestand mithin die Chance, durch unternehmerisches Geschick seine Arbeit so effizient zu gestalten, dass er das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu seinen Gunsten beeinflussen konnte.
Für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers spricht des Weiteren, dass er für weitere Firmen – teilweise sogar als Geschäftsführer – tätig war. Die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber ist zwar grundsätzlich kein Abgrenzungskriterium, weil auf die Umstände des konkreten Einzelfalls abzustellen ist. Wenn sie aber wie hier mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit, wie dem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen, zusammentrifft, fällt sie ins Gewicht (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -, in juris, Rn. 28).
Zudem war der Kläger in der Zeit von 1997 bis 2002 bei der D O1 als selbstständiger Unternehmer versichert. Die Tatsache, dass die Beigeladene die Beiträge an die Krankenkasse abgeführt hat, ist nicht offensichtlich dem Umstand geschuldet, dass sie als Unternehmerin die Beiträge für einen potentiellen Arbeitnehmer abgeführt hat; schließlich war ihr der Versicherungsstatus ihres Exmannes bekannt. Vielmehr bleibt zu vermuten, dass dies der internen ehelichen Aufgabenverteilung geschuldet war. Anhaltspunkte dafür, dass die Beiträge von einem reinen Geschäftskonto geleistet wurden, liegen nicht vor. Ferner hat der Kläger in seinem Schreiben vom 03.06.2015 gegenüber der Beklagten selbst ausgeführt, Gerichte und das Finanzamt hätten festgestellt, er sei von 1997 bis 2010 selbstständiger Handelsvertreter gewesen.
Soweit der Kläger vorbringt, dass ihn die Finanzverwaltung in der Vergangenheit nicht als Selbstständigen angesehen habe, vermag dies nicht den klägerischen Rechtsstandpunkt zu stützen, da er insoweit seinem eigenen Vortrag widerspricht, Gerichte und das Finanzamt hätten ihn als selbstständigen Handelsvertreter eingestuft. Im Übrigen vermag selbst die – implizite – Annahme der Finanzverwaltung, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen selbstständigen Unternehmer handele, die Statusprüfung der Beklagten im Rahmen des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV nicht zu präjudizieren. Denn die steuerliche Bewertung einer Tätigkeit durch die Finanzverwaltung ist für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht ausschlaggebend (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.08.2020 - L 5 KR 66/17 -, in juris Rn. 46).
Insgesamt sprechen damit gewichtige Aspekte des Einzelfalls für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene. Die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände fallen vor diesem Hintergrund nicht ins Gewicht; sie kann deshalb nicht festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Nachdem die Beigeladene keine Anträge gestellt und damit auch ein Kostenrisiko nicht übernommen hat, wäre eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten nicht billig.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).