1. Trotz gewisser Ähnlichkeit zu einer Entsendung bzw. Abordnung nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BEEG, ist eine Entsendung gem. § 4 SGB IV einer Auslandsdienstlehrkraft bei Lehrtätigkeit an einer Auslandsschule und Abschluss eines eigenen Dienstvertrags mit dieser Schule bei gleichzeitiger Beurlaubung von dem öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnis bzw. eine Abordnung, Versetzung oder Kommandierung im Rahmen des in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses nicht gegeben.
2. Eine erweiternde Auslegung des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BEEG ist nicht möglich.
3. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 19. September 2018 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin (die Bezeichnungen der Beteiligten aus der 1. Instanz wird beibehalten) begehrt in diesem Verfahren die Gewährung von Elterngeld für ihre am 28.09.2016 geborene Tochter M.
Die Klägerin beantragte am 23.10.2016 (die Daten beziehen sich jeweils auf den Eingang) die Gewährung von Basis-Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter. Vor der Geburt war sie in Vollzeit bis zum 31.08.2016 nichtselbstständig erwerbstätig. Der Ehemann der Klägerin war ab dem 10.08.2016 zunächst befristet bis zum 09.08.2019 als Lehrer bei dem deutsch-schweizerischen internationalen Schulverein in H angestellt. Für diese Zeit war er vom deutschen Dienstherrn (Freistaat Bayern, Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst) unter Fortfall des Anspruchs auf Leistungen des Dienstherrn beurlaubt worden. Für die Tätigkeit an der deutsch-schweizerischen internationalen Schule H (DSIS) erhielt der Ehemann der Klägerin Zuwendungen aus Haushaltsmitteln der Bundesrepublik Deutschland gemäß den Richtlinien des Auswärtigen Amtes/Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA; § 23 Bundeshaushaltsordnung). Ausweislich des Vermittlungsbescheides der ZfA vom 05.11.2015 war der Ehemann der Klägerin verpflichtet, neben der Unterrichtsverpflichtung weitere schulstrukturtragende Aufgaben gemäß Weisung des deutschen Leiters bzw. Koordinators oder der ZfA wahrzunehmen (I.2). Auch konnte der Ehemann der Klägerin auf Anordnung des deutschen Leiters bzw. Koordinators oder der ZfA während der Auslandstätigkeit zur Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen verpflichtet werden (I.3). Die Klägerin meldete sich zum 22.10.2016 aus der bislang bewohnten Wohnung in A ab, ebenso ihr Ehemann.
Vorgelegt wurde eine Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2016 für die Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin in H. Danach erhielt er vom Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 21.013,87 €. Der Lohn wurde versteuert, Beiträge zur Sozialversicherung wurden nicht gezahlt. Auf Nachfrage teilte die Klägerin mit, dass eine Zuweisungsverfügung von der ZfA nicht vorhanden sei. Vorgelegt wurde eine Bescheinigung der ZfA vom 20.02.2017, wonach bestätigt wurde, dass der Ehemann der Klägerin auf Vermittlung der ZfA als Auslandsdienstlehrkraft in H tätig sei. Es handele sich dabei um ein öffentlich-rechtliches Zuwendungsverhältnis. Zuwendungsgeber sei die ZfA. Arbeitgeber sei die Schule im Gastland. Die Zuwendungen würden aus Mitteln, die das Auswärtige Amt im Rahmen seiner Kulturpolitik der ZfA zur Verfügung stelle, gezahlt.
Mit Bescheid vom 13.03.2017 wurde der Antrag auf Gewährung von Elterngeld abgelehnt. Der Anspruch auf Elterngeld setze einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland voraus. Bei einem Auslandswohnsitz käme ein Anspruch nur über § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 bzw. Nummer 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in Betracht. Diese Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Der Ehemann der Klägerin sei durch die ZfA nach H vermittelt worden. Die rechtliche Stellung sei dadurch gekennzeichnet, dass die Auslandsdienstlehrkraft in einem Zuwendungsverhältnis zum Bundesverwaltungsamt/ZfA und andererseits in einem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis zum Träger der Bildungseinrichtung im Ausland, hier dem deutsch-schweizerische internationalen Schulverein in H, stehe. Der Ehemann der Klägerin sei vom deutschen Dienstherrn für die Dauer des Vertrages beurlaubt worden. In diesem besonderen Rechtsverhältnis seien Arbeits- oder Dienstpflichten gegenüber der ZfA dem Grunde nach nicht zu erbringen. Diese seien vielmehr auf der Grundlage des vereinbarten Dienst- oder Arbeitsvertrags mit der ausländischen Bildungseinrichtung zu erbringen. Damit lägen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 bzw. Nummer 3 BEEG nicht vor, sodass Elterngeld nicht bewilligt werden könne.
Hiergegen legte die Klägerin am 31.03.2017 Widerspruch ein. Sie habe einen Wohnsitz in Deutschland. Auch das Finanzamt A habe entschieden, dass ein Wohnsitz in Deutschland bestehe und die Einkünfte (des Ehemannes) unbeschränkt der Einkommensteuerpflicht in Deutschland unterlägen. Im Übrigen bestehe auch nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 BEEG ein Anspruch auf Elterngeld. Ausweislich des Vermittlungsbescheides würden den eingesetzten Lehrkräften spezielle Pflichten auferlegt, die sie im Auftrag und im Interesse der Bundesrepublik Deutschland zu erfüllen hätten.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2017 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 14.08.2017 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG). Die Klägerin und ihr Ehemann hätten zum 01.09.2016 die bisherige Wohnung in A verlassen und seien in 3 Zimmer in dem von der Schwiegermutter der Klägerin alleine bewohnten Reihenhaus gezogen. Der gesamte Hausrat sei in den neuen Wohnraum verlagert worden. Geplant sei, dass die Klägerin und ihr Ehemann nach Rückkehr aus H eine im Jahr 2016 erworbene Eigentumswohnung beziehen. Die Klägerin habe damit ihren Wohnsitz in Deutschland. Im Übrigen sei auch § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 BEEG einschlägig. Bei einem Vergleichsfall eines Kollegen an der DSIS sei der Anspruch auf Elterngeld positiv verbeschieden worden. Vorgelegt wurden Nachweise über Flüge der Klägerin am 15.11.2016 von A nach H, am 02.08.2017 von H nach A sowie eine Überlassungsvereinbarung vom 06.08.2016 über 3 Räume im Wohnhaus der Schwiegermutter zur exklusiven Nutzung.
Mit Urteil vom 19.09.2018 wies das SG die Klage gegen den Bescheid vom 13.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2017 ab. Die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter M. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus einem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen, da die Regelungen des deutsch-chinesischen Abkommens über soziale Sicherheit vom 12.07.2001 nur die deutschen Rechtsvorschriften über die gesetzliche Rentenversicherung und die Arbeitsförderung beträfen. Eine analoge Anwendung des Abkommens auf Elterngeld scheide aus. Ein Anspruch der Klägerin scheitere daran, dass die Klägerin ab dem 15.11.2016 bis zum 27.09.2017 weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe. Die Klägerin habe im Zeitraum 15.11.2016 bis 27.09.2017 keinen inländischen Wohnsitz gehabt. Der Ehemann der Klägerin habe ab spätestens 10.09.2016 in H gelebt. Die Klägerin und ihre Tochter seien dem Ehemann am 15.11.2016 nach H gefolgt. Der Lebensmittelpunkt habe sich während der streitigen Zeit und darüber hinaus bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 19.09.2018 in H befunden. Die Klägerin habe zwar ihre Wohnung in A bei der Schwiegermutter beibehalten. Die Wohnung sei jedoch nur für vorübergehende Aufenthalte von 31 Tagen genutzt worden. Demgegenüber habe sich die Klägerin 149 Tage in H aufgehalten. Auch unter Berücksichtigung der Zeit des Aufenthalts nach der Geburt der Tochter in A vom 28.09.2016 bis zum Abflug nach H am 15.11.2016 und damit einem Zeitraum von 48 Tagen habe der Aufenthalt der Tochter im ersten Lebensjahr schwerpunktmäßig in China gelegen (149 Tage in China und 79 Tage in Deutschland). Eine horizontale Aufteilung der Lebensverhältnisse habe nicht vorgelegen. Mehr als ein besuchsweiser Aufenthalt in A sei nicht ersichtlich. Die Klägerin habe vielmehr die ganze Zeit mit ihrer Familie in China gelebt. Sie habe damit ihren Lebensmittelpunkt an den Arbeitsort ihres Ehemannes nach H verlagert. Für das Vorliegen eines Doppelwohnsitzes fehle es an intensiven Beziehungen zum Inland. Auch im zweiten Lebensjahr der Tochter habe der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse der Familie in China gelegen, da 332 Tage dieses Lebensjahres in H verbracht worden seien und lediglich 42 Tage in Deutschland. Auch die Voraussetzungen eines gewöhnlichen Aufenthaltes der Klägerin in Deutschland seien nicht erfüllt. Ebenso seien die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 BEEG nicht erfüllt. Der Ehemann der Klägerin sei nicht im Rahmen eines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert worden. Der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses des Ehemannes der Klägerin habe im streitgegenständlichen Zeitraum in H gelegen. Er sei von seinem Dienstherrn, dem Freistaat Bayern, für die Zeit vom 10.08.2016 bis 09.08.2019 beurlaubt worden. Weisungen des Freistaats Bayern sei der Ehemann in diesem Zeitraum nicht ausgesetzt gewesen. Arbeitgeber sei die Schule im Gastland China. Weisungen hätten in dem gesamten Zeitraum primär vom Schulleiter der DSIS erfolgen können. Leistungen habe der Ehemann der Klägerin nicht mehr vom bayerischen Dienstherren, sondern von der ZfA, erhalten. Maßgeblich habe damit der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses des Ehemannes der Klägerin in H in China gelegen und nicht in Deutschland. Auch eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 BEEG auf den vorliegenden Fall scheide aus. Das Bundessozialgericht (BSG) habe für den Bereich des Beschäftigungsverhältnisses im privatrechtlichen Bereich entschieden, dass ein zu dem inländischen Arbeitgeber noch bestehendes Rumpfarbeitsverhältnis für die Bejahung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 BEEG nicht ausreiche. Auch im öffentlichen Bereich habe das BSG eine "Quasi-Entsendung" als nicht ausreichend gewertet (vgl. Urteil des BSG zum Bundeserziehungsgeldgesetz vom 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R).
Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 BEEG lägen ebenfalls nicht vor.
Auch für den Zeitraum vom 28.09.2016 bis 14.11.2016 sei der Klägerin kein Elterngeld zu gewähren. Im ersten Lebensmonat der Tochter ergebe sich aufgrund der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes kein rechnerischer Zahlanspruch auf Elterngeld. Im zweiten Lebensmonat der Tochter hätten die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 BEEG nicht im ganzen Monat vorgelegen, sondern nur vom 28.10.2016 bis 14.11.2016, vergleiche § 4 Abs. 2 Satz 3 BEEG in der Fassung vom 18.12.2014.
Gegen das am 10.10.2018 zugestellte Urteil des SG legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 07.11.2018 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) ein.
Das Finanzamt habe bescheinigt, dass die Einkünfte des Ehemannes der Klägerin unbeschränkt der Einkommensteuerpflicht in Deutschland unterliegen würden. Ferner erhielten die Eltern auch für ihre Tochter Kindergeld. Somit sei hier von einem Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt ausgegangen worden. Die Klägerin habe auch nach dem 15.11.2016 eine Wohnung genutzt, sie habe dort längere Zeit gewohnt und sei ihren Alltagsaufgaben und Beschäftigungen nachgegangen. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 BEEG vor. Der Ehemann der Klägerin erhalte als Gegenleistung für seine Dienste Zuwendungen der Bundesrepublik Deutschland, die der Auslandsdienstlehrkraft vom ZfA in Deutschland ausgezahlt würden. Im Vermittlungsbescheid würden ihm spezielle Pflichten auferlegt. Es sei nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber den Willen habe, aus der konkret vorliegenden Vertragsgestaltung eine Schlechterstellung gegenüber den in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 BEEG unmittelbar angesprochenen Personengruppen zuzulassen. Auch könne von einer "Quasi-Entsendung" ausgegangen werden.
Die ZfA teilte auf Nachfrage mit, dass der deutsch-schweizerische internationale Schulverein seinen Sitz in H habe. Er betreibe keine anderen Schulen auf der Welt. Der deutsche Leiter bzw. Koordinator sei die deutsche Schulleitung der Schule in H. Deutsche Auslandsvertretung sei das deutsche Generalkonsulat in H. Das deutsche Generalkonsulat sei gegenüber dem Ehemann der Klägerin nicht weisungsbefugt. Dies sei grundsätzlich die Schulleitung. Bei Auslandsdienstlehrkräften handele es sich um beurlaubte Landesbeamte oder -angestellte, die einen Vertrag mit der jeweiligen Auslandsschule abschlössen und von der ZfA eine Zuwendung erhielten. Die Bundesrepublik Deutschland sei nicht der Dienstherr der Auslandsdienstlehrkräfte. Bei dem Vertrag zwischen Auslandsschule und Lehrkraft handele es sich um einen privatrechtlichen Vertrag. Der Ehemann der Klägerin stehe nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnis zur Bundesrepublik Deutschland oder der ZfA.
Die Klägerin führte ergänzend aus, dass der vorliegend gewählte Weg eine Abordnung ersetze, mit ihm werde das identische Ziel erreicht. Der Einfluss des Auswärtigen Amts bzw. seiner nachgeordneten Dienststellen auf die Auslandsschulen und das Lehrpersonal sei nicht geringer als im Falle einer Abordnung, Versetzung oder Entsendung. Eine derartige Verfahrensweise im Auslandsschulwesen sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Es sei völlig verfehlt, aus dem Wortlaut des Gesetzes den Willen des Gesetzgebers abzuleiten, die deutschen Auslandsdienstlehrkräfte von den Leistungen des BEEG auszuschließen. Hier sei die Annahme einer "Quasi-Entsendung/Abordnung" sachgerecht.
Nach Hinweis auf das Urteil des BSG vom 23.03.2020 (B 10 EG 7/18 R) erklärte die Klägerin, dass sie den Leistungsanspruch gestützt auf § 1 Abs. 1 BEEG nicht weiterverfolge. Jedoch sehe sie den Anspruch gestützt auf § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 BEEG weiterhin als begründet an. Auslandsdienstlehrkräfte seien der ausschließlichen Weisungsbefugnis der deutschen Schulleitung unterstellt, die ihrerseits durch Dienstvertrag verpflichtet sei, die Schule im Sinne der deutschen auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zu leiten. Folgerichtig würden die Auslandsdienstlehrkräfte vom Auswärtigen Amt bezahlt.
In der mündlichen Verhandlung am 29.06.2021 beantragte die Klägerin:
1. Das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.09.2018 wird aufgehoben.
2. Der Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 13.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2017 wird aufgehoben.
3. Der Beklagte wird verurteilt, antragsgemäß Elterngeld für das Kind A an die Klägerin zu zahlen.
Der Beklagte beantragte,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Vervollständigung des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 13.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2017 abgewiesen.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 13.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2017. In der Sache wendet sich die Klägerin gegen die Ablehnung von Elterngeld und begehrt dessen Gewährung für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer am 28.09.2016 geborenen Tochter. Statthaft ist damit eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht gemäß § 151 SGG am 07.11.2018 gegen das am 10.10.2018 zugestellte Urteil des SG beim LSG eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 SGG, die Klägerin hat zwar das von ihr begehrte Elterngeld nicht beziffert, da sie jedoch für 12 Lebensmonate Elterngeld begehrt, wird der Wert des Beschwerdegegenstandes bereits bei Annahme des Mindestbetrags von 300.- Euro monatlich den Grenzwert von 750.- Euro weit übersteigen.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zutreffend hat das SG dargestellt, dass ein Anspruch der Klägerin nach der Abreise nach H nicht aus einem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen ableitbar ist. Weiterhin zutreffend hat das SG dargestellt, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nach ihrer Abreise weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte und damit die Anspruchsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 BEEG nicht erfüllt. Ebenfalls zutreffend hat das SG ausgeführt, dass sich ein Anspruch auch nicht aus § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 BEEG ergeben kann. Im Zeitraum vor der Abreise nach H bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld i. H. v. 73,85 Euro kalendertäglich, so dass aus diesem Grund kein Anspruch auf Elterngeld bestand. Diesbezüglich wird vollumfänglich gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die umfassende Begründung des SG verwiesen.
Es wird nicht verkannt, dass eine gewisse Ähnlichkeit zu einer Entsendung bzw. Abordnung nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BEEG dem vorliegenden Fall nicht abgestritten werden kann. Denn der Ehemann der Klägerin wurde durch Vermittlungsbescheid vom 05.11.2015 durch das ZfA als deutsche Auslandsdienstlehrkraft an die DSIS verpflichtet. Auch übernahm die ZfA die Gehaltszahlungen in Form von Zuwendungen. Auch ergibt sich aus dem Gesetz über die Förderung deutscher Auslandsschulen (Auslandsschulgesetz), dass der Bund die Schulaufsicht führt und den deutschen Auslandsschulen Weisungen erteilen kann (§ 4 Auslandsschulgesetz). In § 11 Auslandsschulgesetz wird geregelt, dass die erforderlichen Lehrkräfte den deutschen Auslandsschulen durch den Bund auf bestimmte Zeit vermittelt werden und der Bund sicherstellt, dass die deutschen Auslandsschulen nicht aus eigenen Mitteln für die Kosten der Vergütung der vermittelten erforderlichen Lehrkräfte aufkommen müssen.
Dennoch ist diese Vermittlung durch die ZfA weder eine Entsendung gemäß § 4 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) noch eine Abordnung, Versetzung oder Kommandierung im Rahmen des in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 BEEG. Denn der Ehemann der Klägerin ist gerade nicht im Rahmen seines bestehenden Arbeitsverhältnisses bzw. öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses vorübergehend ins Ausland gesandt worden. Das öffentlich-rechtliche Zuwendungsverhältnis zwischen dem Ehemann der Klägerin und der Bundesrepublik Deutschland stellt kein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis i. S. v. § 7 SGB IV dar, denn er war der Bundesrepublik Deutschland nicht zur Leistung nichtselbständiger Arbeit verpflichtet und hat auch nicht auf deren Weisung und unter Eingliederung in deren Arbeitsorganisation gearbeitet (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.2003, B 4 RA 15/03 R, RdNr. 23). Vielmehr hat der Ehemann der Klägerin mit dem Träger der Auslandsschule einen eigenen Dienstvertrag abgeschlossen. Von seinem öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnis mit dem Freistaat Bayern war er in dieser Zeit ohne Dienstbezüge beurlaubt. Nur Fachberater schließen mit der ZfA direkt einen Arbeitsvertrag ab (vgl. Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bundesminister des Auswärtigen und den Kultusministern der Länder der Bundesrepublik Deutschland zum Einsatz von Lehrkräften im deutschen Auslandsschulwesen und zum Gesetz über die Förderung Deutscher Auslandsschulen vom 05.12.2013, 2.1.1(Rechtlicher Status)). In dem mit dem Träger der Schule geschlossenen Arbeitsvertrag ist auch geregelt, dass der Schulleiter als Vorgesetzter entsprechende Weisungsbefugnisse für die innere Ordnung der Schule und die schulrechtlichen Vorschriften des Gastlandes hat. Ausgenommen von der Weisungsbefugnis des Schulleiters sind nur Angelegenheiten, die den Bestand des Arbeitsverhältnisses betreffen. Der Ehemann der Klägerin ist damit nicht im Rahmen eines bestehenden Dienstverhältnisses ins Ausland entsandt worden, sondern hat in H einen neuen Dienstvertrag geschlossen, der unabhängig von seinem Beamtenverhältnis im Freistaat Bayern galt. Damit unterliegt diese Fallkonstellation nicht dem in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 vorausgesetzten Sachverhalt (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.2020, B 10 EG 7/18 R, RdNr. 48 f. für ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis; danach genügt ein verbliebenes Rumpfarbeitsverhältnis, das ruhend gestellt wurde, bei Begründung eines neuen Beschäftigungsverhältnisses mit einem anderen Arbeitgeber nicht für die Annahme des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BEEG).
Eine erweiternde Auslegung des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BEEG auf den vorliegenden Sachverhalt ist nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, für die entsprechende Regelung des § 1 Abs. 2 S. 1 Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG). Dies gebieten weder Wortlaut, systematische Stellung, Zweck oder Entstehungsgeschichte. Insbesondere, da durch § 1 Abs. 2 BEEG bereits Ausnahmen von der grundsätzlichen Voraussetzung des Vorliegens eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland geregelt werden, ist diese Vorschrift eng zu interpretieren (BSG a. a. O., RdNr. 20 f.).
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nach dem BSG (Urteil vom 27.03.2020, B 10 EG 7/18 R, RdNr. 51 f.; Urteil vom 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, RdNr. 32 zur identischen Regelung in § 1 Abs. 2 BErzGG), dessen Meinung der Senat vorliegend folgt, nicht. Die Anknüpfung der Elterngeldberechtigung an einen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder an ein Fortbestehen des inländischen Sozialversicherungsverhältnisses bzw. öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses ist keine willkürliche Leistungsvorgabe. Der Gesetzgeber hat bei der Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang er Elterngeld als steuerfinanzierte Sozialleistungen gewährt, einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.11.2011, 1 BvR 1853/11; BSG, Urteil vom 21.06,2016, B 10 EG 8/15 R, RdNr. 28). Dies gilt auch für die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Willkürverbot gemäß Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz oder aus anderen Verfassungsnormen ergibt sich nicht die Verpflichtung, im Ausland lebende deutsche Staatsangehörige generell bei der Gewährung von Elterngeld zu berücksichtigen. Durch die Gewährung von Elterngeld grundsätzlich nur an Personen, die in Deutschland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, wird das gesetzgeberische Ziel verfolgt, die Änderung der Lebenssituation infolge der Elternschaft unter den spezifischen wirtschaftlichen Verhältnissen in Deutschland auszugleichen. Durch § 1 Abs. 2 BEEG lässt der Gesetzgeber diese Leistungen auch Personen zukommen, die während eines nur vorübergehenden Auslandsaufenthaltes noch einen hinreichend engen Bezug zur inländischen Arbeitswelt haben. Die Differenzierung danach, ob weiterhin eine inländische Sozialversicherungspflicht besteht bzw. das öffentlich-rechtliche Dienst- oder Amtsverhältnis weiterbesteht, ist ein sachgerechtes Differenzierungskriterium, das insbesondere aufgrund des weiten Gestaltungfreiraums des Gesetzgebers nicht zu beanstanden ist.
Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 und Nummer 3 BEEG werden nicht erfüllt, der Ehemann der Klägerin war nicht als Entwicklungshelfer, Missionar, Mitglied oder Vereinbarungspartner des evangelischen Missionswerks Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft evangelikaler Missionare e. V., des Deutschen Katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen tätig und er war auch nicht in einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig. Auch hat der Ehemann der Klägerin nicht vorübergehend eine nach § 123 a Beamtenrechtsrahmengesetz oder § 29 Bundesbeamtengesetz zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrgenommen.
Die Berufung ist danach nicht begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.