L 7 AS 266/22 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 32 SF 337/19 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 266/22 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde des Erinnerungsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 27.09.2021 wird als unzulässig verworfen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe der iRv Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Landeskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG) für ein Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Duisburg.

Mit den zwei Klagen (S 32 AS 3922/15/ S 32 AS 3923/15) vom 05.10.2015 wendeten sich die Kläger der Ausgangsverfahren, eine Mutter und ihr minderjähriger Sohn, bei dem Sozialgericht Duisburg gegen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 15.05.2015 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14.09.2015 für den Leistungszeitraum 23.02.15 bis 31.03.2015. Die Erstattungsforderungen gegen den hiesigen Kläger iHv insgesamt 256,14 € 256,14 € hatte der Beklagte bereits mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2015 erlassen, sodass der Kläger nur noch die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten aus dem Widerspruchsverfahren mit seiner Klage geltend machte. Den Klägern wurden in beiden Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt. In einem Erörterungstermin vom 30.04.2018, in dem beide Klageverfahren behandelt wurden und der insgesamt 30 Minuten dauerte, schlossen die Beteiligten einen widerruflichen Vergleich, der in der Folgezeit zur unstreitigen Erledigung beider Verfahren führte.

Nach Abschluss der Verfahren hat der Beschwerdeführer in dem Verfahren S 32 AS 3922/15 eine PKH-Vergütungsfestsetzung iHv brutto 1.020,07 € (Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV/RVG iHv 300,00 €, abzüglich Geschäftsgebühr 2302 VV RVG -105 €, Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV/RVG iHv 280 €, Einigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV/RVG iHv 300 €, Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV/RVG iHv 20,00 €, Fahrtkosten gemäß Nr. 7003 VV RVG iHv 37,20 €, Tage-/Abwesenheitsgeld gemäß Nr. 7005 VV RVG iHv 25 €, Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV/RVG iHv 162,87 €) und in dem Verfahren S 32 AS S 32 AS 3923/15 eine PKH-Vergütungsfestsetzung von 953,19 € (Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV/RVG iHv 300,00 €, abzüglich Geschäftsgebühr 2302 VV RVG -105 €, Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV/RVG iHv 280 €, Einigungs-/Aussöhnungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV/RVG iHv 300 €, Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV/RVG iHv 20,00 €, Kopieauslagen gemäß Nr. 7000 VV RVG iHv 6 €, Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV/RVG iHv 152,19 €), insgesamt (1.020,07 € + 953,19 € =) 1.973,26 € beantragt.                                                            

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) des Sozialgerichts hat die PKH-Vergütung in dem Verfahren S 32 AS 3922/15 antragsgemäß auf insgesamt 1.020,07 € und in dem Verfahren S 32 AS 3923/15 auf lediglich 708,05 € (Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV/RVG iHv 200,00 €, abzüglich Geschäftsgebühr 2302 VV RVG -105 €, Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV/RVG iHv 280 €, Einigungsgsgebühr gemäß Nr. 1006 VV/RVG iHv 200 €, Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV/RVG iHv 20,00 €, Umsatzsteuer gemäß
Nr. 7008 VV/RVG iHv 113,05 €), insgesamt (1.020,07 € + 708,05 € =) 1.728,12 € festgesetzt. In dem Verfahren S 32 AS 3923/15 seien die Verfahrens- und Einigungsgebühr jeweils wegen Synergieeffekte von 300 € auf 200 € zu reduzieren. Auslagen für Kopien seien nicht ersichtlich; hierdurch reduziere sich insgesamt die Umsatzsteuer.

Auf die hiergegen eingelegte Erinnerung des Beschwerdegegners vom 18.11.2019, der der UdG nicht abhalf, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 27.09.2021 die Gesamterstattung für die Verfahren S 32 AS 3922/15 und S 32 AS 3923/15 auf insgesamt 1.043,87 € reduziert. Es sei von einer identischen Angelegenheit auszugehen, die kostenrechtlich zusammenzulegen sei und lediglich Gebühren und Auslagen iHv insgesamt 1.043,87 € auslöse. In der Rechtsmittelbelehrung wies das Sozialgericht darauf hin, dass gegen den Beschluss „binnen eines Monats nach Bekanntgabe“ Beschwerde eingelegt werden könne.

Gegen den ihm am 30.09.2021 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts vom 27.09.2021 hat er Beschwerdeführer am 26.10.2021 sowohl für die Mutter des Klägers als auch den hiesigen Kläger (isoliert) Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

In dem Parallelverfahren der Mutter des Klägers hat der erkennende Senat nach Anhörung des Erinnerungsführers die Beschwerde mit Beschluss vom 14.02.2022 (L 7 AS 1685/21 B) als unzulässig verworfen.

Auf den Hinweis des Senats vom 25.02.2022, dass die Beschwerdefrist nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 5 Satz 1 RVG auch im hiesigen Verfahren nicht eingehalten worden sei, hat der Beschwerdeführer nicht reagiert und auch keine Wiedereinsetzung beantragt.

 

II.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG, 33 Abs. 4 Satz 1 RVG). Die Beschwerde, über die der Senat mangels besonderer Schwierigkeiten und grundsätzlicher Bedeutung gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 1 RVG in der alleinigen Besetzung durch den Berichterstatter entscheidet, ist unzulässig.

Zwar ist die Beschwerde gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft, weil der Wert der Beschwerde 200 € übersteigt. Der Beschwerdeführer begehrt weiterhin die Festsetzung der Gebühren und Auslagen iHv insgesamt 1.973,26 €, die ihm lediglich iHv 1.043,87 € zuerkannt wurden.

Die Beschwerde ist jedoch unzulässig, weil der Beschwerdeführer die Beschwerdefrist nicht eingehalten hat. Der Beschwerdeführer hat erst am 26.10.2021 gegen den ihm am 30.09.2021 zugestellten Beschlusses eingelegt und damit die Zweiwochenfrist gemäß nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG versäumt.

Die Beschwerde auch nicht deswegen als fristgemäß anzusehen, weil in der Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts über die Beschwerdefrist unzutreffend belehrt wurde. Zwar wäre gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG die Beschwerde wegen der falschen Rechtsmittelbelehrung noch fristgemäß, weil sie innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe erfolgt ist, jedoch ist § 66 Abs. 2 SGG für die RVG-Kostenbeschwerde nicht anwendbar. Da sich die Möglichkeit einer RVG-Kostenbeschwerde nicht aus dem SGG, sondern allein dem RVG ergibt, ist es allein systemgerecht, auch die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer solchen Beschwerde aus dem RVG abzuleiten (LSG NRW Beschlüsse vom 08.08.2017 – L 6 AS 1636/16 B, vom 03.08.2020 – L 19 AS 879/20 B und vom 24.02.2021 – L 21 AS 1631/18 B). So gehen nach § 1 Abs. 3 RVG die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor. § 33 RVG enthält dabei nicht nur Regelungen über die Höhe des erforderlichen Beschwerdewertes und die Rechtsmittelfrist, sondern in § 33 Abs. 5 Satz 2 RVG - eingefügt mit Wirkung ab dem 01.01.2014 durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 05.12.2012 (BGBl I 2012, Seite 2418, 2423) - auch eine Regelung für den Fall, dass aufgrund einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung die Beschwerdefrist nicht eingehalten wurde. Ein Rückgriff auf § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG scheidet daher aus (so mwN: Beschluss des Senats vom 14.02.2022 – L 7 AS 1685/21 B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 24.02.2021 – L 21 AS 1631/18 B). Insoweit ist insbesondere § 33 Abs. 5 RVG vorrangig (LSG NRW Beschlüsse vom 08.08.2017 – L 6 AS 1636/16 B, vom 03.08.2020 – L 19 AS 879/20 B und vom 24.02.2021 – L 21 AS 1631/18 B), weil andernfalls eine Ausschlussfrist für die Wiedereinsetzung von einem Jahr (§ 33 Abs. 5 Satz 3 RVG) keinen Sinn machen würde, wenn innerhalb dieser Jahresfrist ohnehin eine Beschwerde fristgerecht eingelegt werden könnte (hierzu: LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 24.02.2021 – L 21 AS 1631/18 B). Eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung eröffnet daher im RVG-Kostenbeschwerdeverfahren keine verlängerte Frist von einem Jahr, sondern begründet allenfalls die Vermutung des Fehlens von Verschulden im Rahmen des Wiedereinsetzungsverfahrens (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 03.08.2020 – L 19 AS 879/20 B).

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet aber vorliegend aus. Die dafür nach Maßgabe der §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 5 Satz 1 RVG erforderlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Diese Bestimmungen sind über § 73a Abs. 1 Satz 4 SGG anwendbar und gehen im Beschwerdeverfahren nach dem RVG als spezialgesetzliche Regelungen den allgemeinen Bestimmungen zur Wiedereinsetzung vor (Beschluss des Senats vom 13.07.2009 – L 7 AS 2/09 SB; LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 08.08.2017 – L 6 AS 1636/16 B, vom 03.08.2020 – L 19 AS 879/20 B und vom 24.02.2021 – L 21 AS 1631/18 B, jeweils mwN). Danach ist auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und er die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht.

 

Der Erinnerungsführer hat in diesem Sinne keine Wiedereinsetzung beantragt. Eine Wiedereinsetzung scheitert zudem daran, dass der Beschwerdeführer nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Verfahrensfrist einzuhalten. Zwar war dem Beschluss des Sozialgerichts eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung beigefügt, der folgend er das Rechtsmittel fristgerecht eingelegt hat. Die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung war aber nicht der Grund dafür, dass er die Beschwerdefrist versäumt hat. Auch wenn § 33 Abs. 5 Satz 2 RVG bestimmt, dass fehlendes Verschulden vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist, kann sich der Beschwerdeführer hierauf nicht berufen. Nach dem eindeutigen Wortlaut wird das fehlende Verschulden nicht fingiert, sondern lediglich vermutet. Diese Vermutung dürfte nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei Rechtsanwälten regelmäßig widerlegt sein (vgl. Beschluss des Senats vom 14.02.2022 – L 7 AS 1685/21 B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 08.08.2017 – L 6 AS 1636/16 B unter Verweis auf BR-Drs. 308/1/12 Ausschussempfehlungen; BT-Drs. 17/10490, Seite 25 ff. insbesondere Seite 30; vgl. auch BGH Beschluss vom 27.02.2013 – XII ZB 6/16). Zwar darf sich ein Rechtsanwalt im Grundsatz auf die Richtigkeit einer gerichtlichen Belehrung verlassen. Allerdings muss von einem Rechtsanwalt, zu dessen Pflichten es gehört, seinen Mandanten zutreffend über die formellen Voraussetzungen des gegebenen Rechtsmittels zu belehren, erwartet werden, dass er die Grundzüge des Verfahrensrechts und das Rechtsmittelsystem in der jeweiligen Verfahrensart kennt. Das Vertrauen in die Richtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung kann er deshalb nicht uneingeschränkt, sondern nur in solchen Fällen in Anspruch nehmen, in denen die inhaltlich fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung zu einem unvermeidbaren, zumindest aber zu einem nachvollziehbaren und daher verständlichen Rechtsirrtum des Rechtsanwalts geführt hat. An einem entschuldbaren Rechtsirrtum fehlt es hingegen, wenn die durch das Gericht erteilte Rechtsbehelfsbelehrung offenkundig falsch gewesen ist und sie deshalb - ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand - nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte (vgl. Beschluss des Senats vom 14.02.2022 – L 7 AS 1685/21 B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 03.08.2020 – L 19 AS 879/20 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.03.2019 -
L 32 AS 2265/18 B ER PKH m.w.N.). Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen in Kostenangelegenheiten äußerst versierten Rechtsanwalt, der vor den nordrhein-westfälischen Sozialgerichten regelmäßig auftritt, in den überwiegenden Verfahren im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet wird und als Beschwerdeführer eine Vielzahl von Gebührenbeschwerden nach dem RVG betrieben hat (vgl. Beschluss des Senats vom 14.02.2022 – L 7 AS 1685/21 B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 08.08.2017 – L 6 AS 1636/16 B). Der Beschwerdeführer erhebt – wie gerichtsbekannt ist - seit Jahren fristgerecht, dem im RVG vorgesehenen Verfahren entsprechende Beschwerden nach § 56 Abs. 2 RVG. Gründe für einen entschuldbaren Rechtsirrtum sind im vorliegenden Einzelfall nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer bedurfte aufgrund seines Kenntnisstandes über seine Rechtsmittel keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung, zumal ihm – wie ebenfalls gerichtsbekannt ist - die vorliegende RVG-Wiedereinsetzungsproblematik aus früheren Verfahren bekannt ist.

 

Es wird nicht verkannt, dass dieser rechtliche Ansatz den Anwendungsbereich des
§ 33 Abs. 5 Satz 2 RVG deutlich einschränkt und damit die Sinnhaftigkeit der Regelung als solche in Frage stellt. Denn die Gebührenverfahren, für die § 33 Abs. 3, Abs. 5 RVG gilt, werden von Rechtsanwälten als Beschwerdeführer betrieben. Für diesen Personenkreis kommt dann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei den Fällen fehlerhafter und fehlender Rechtsmittelbelehrungen regelmäßig nicht in Betracht, sie läuft de facto leer. Dieser Umstand war dem Gesetzgeber aber bewusst. § 33 Abs. 5 Satz 2 RVG wurde mit Blick auf die wortgleiche Änderung des § 233 Satz 2 ZPO eingefügt und trat mit Wirkung vom 01.01.2014 durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.12.2012 (BGBl I 2012, 2418 - RechtsBehEG) in Kraft. Im Kosten- bzw. Gebührenrecht soll durch diese "Wiedereinsetzungslösung" bei Fristversäumnis infolge unterlassener bzw. fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung einerseits die Rechtskraft kostenrechtlicher Maßnahmen nicht unnötig hinausgezögert, andererseits auch effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 08.08.2017 – L 6 AS 1636/16 B, mwN). Dem Gesetzgeber war ausweislich der Gesetzesmaterialien auch der gesetzestechnisch maßgebliche Unterschied zwischen Fiktion und Vermutung bekannt (vgl. BT-Drs. 17/10490, Seite 1 ff, Seite 14, zu der mit § 233 Abs. 5 Satz 2 RVG neu eingefügten wortgleichen Regelung in § 233 Satz 2 ZPO). Nach seinen Vorstellungen sollte die Wiedereinsetzung ausgeschlossen sein, wenn die Partei wegen vorhandener Kenntnis über ihre Rechtsbehelfe keiner Unterstützung durch eine Rechtsbehelfsbelehrung bedarf (vgl. BR-Drs. 308/12 zu Artikel 14 - Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes RVG, mit Bezug auf die Ausführungen zu Artikel 8 - u.a. betr. § 233 ZPO nF; zur sog. Wiedereinsetzungslösung u.a. in §§ 12c, 33 RVG, § 68 Abs. 2 GKG, § 233 ZPO; s. BT-Drs. 17/10490, S. 1 ff, S. 14, 15). Damit sollte u.a. die geringere Schutzbedürftigkeit rechtskundiger Beteiligter berücksichtigt werden. Darauf aufbauend sah der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich keinen praktischen Bedarf und kein schutzwürdiges Interesse an einer Belehrung des ohnehin rechtskundigen Rechtsanwalts über die Rechtsbehelfsmöglichkeit nach § 56 Abs. 1 RVG (BR-Drs. 308/1/12 Ausschussempfehlungen; BT-Drs. 17/10490, Seite 25 ff., Seite 30).

Der Beschwerdeführer hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumnis ohne eigenes Organisationsverschulden auf das Verschulden einer Hilfsperson zurückzuführen ist. Hierzu hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen. Ob die zum Organisationsverschulden eines Rechtsanwalts entwickelten Grundsätze auch dann anwendbar sind, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt des Ausgangsverfahrens die Kostenfestsetzung nach dem RVG im Beschwerdeverfahren als Rechtsmittelführer selbst betreibt, kann daher offen bleiben (vgl. hierzu: Beschluss des Senats vom 14.02.2022 – L 7 AS 1685/21 B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 08.08.2017 – L 6 AS 1636/16 B; ebenfalls offen lassend: LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 03.08.2020 – L 19 AS 879/20 B).

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

 

Rechtskraft
Aus
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