Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19.08.2020 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 300,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Anspruch der klagenden Krankenhausträgerin (Klägerin) auf Zahlung einer Aufwandspauschale von 300 € nach von der beklagten Krankenkasse (Beklagte) veranlassten Überprüfung und einer infolgedessen erhöhten Krankenhausabrechnung.
In dem nach § 108 SGB V zugelassenem Krankenhaus der Klägerin wurde die bei der Beklagten versicherte L, geb. 00.00.1931, im Zeitraum vom 07.07.2017 bis zum 14.07.2017, an dem die Versicherte verstarb, behandelt. Für diesen Behandlungsfall stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 23.05.2018 ursprünglich insgesamt 9.843,28 € in Rechnung. Hierbei kodierte sie bei Ansteuerung der DRG I08D u.a. den OPS 8-812.56 (Transfusion von Plasma und anderen Plasmabestandteilen und gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen, Prothrombinkomplex 6500 I.E. bis unter 7500 I.E.) mit dem Zusatzentgelt (ZE) 76ZE30.05.
Die Beklagte beglich zunächst die Rechnung und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) am 25.05.2018 mit einer Prüfung des Behandlungsfalles („Ist/Sind die Prozedur(en) korrekt; Kodierprüfung: OPS 8-812.56 korrekt kodiert? Sind die abgerechneten Zusatzentgelte korrekt? […] Wir bitten um Überprüfung des ZE 30.05 nach medizinischer Indikation und Mengenangabe!“). Der MDK forderte bei der Klägerin u.a. den Entlassungsbericht, den OP-Bericht sowie die Patientenakte in Auszügen an. Auf dieser Grundlage kam er in seinem Gutachten vom 14.02.2019 zu dem Ergebnis, dass der OPS 8-812.56 sowie das ebenfalls zu überprüfende Zusatzentgelt 30.05 nicht hätten kodiert werden dürfen. Vielmehr hätte der OPS 8-812.57 (Transfusion von Plasma und anderen Plasmabestandteilen und gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen: Prothrominkomplex 7500 I.E. bis unter 8500 I.E.) kodiert werden müssen. Denn es seien exakt 7500 I.E. verabreicht worden. In der Folge sei der höherwertige OPS 8-812.57 zu kodieren. Daraus resultiere auch nicht das Zusatzentgelt ZE30.05, sondern das höherwertige Zusatzentgelt ZE30.06.
Daraufhin stellte die Klägerin der Beklagten nunmehr 10.066,20 € in Rechnung, die von der Beklagten beglichen wurden. Ferner berechnete sie der Beklagten eine Aufwandspauschale für die „erfolglose MDK-Prüfung“ in Höhe von 300,00 €. Diese lehnte die Zahlung ab (Schreiben vom 05.04.2019). Aus dem Gutachten des MDK gehe hervor, dass die übermittelten Daten nach § 301 SGB V nicht alle relevanten (Neben-)Diagnosen enthielten bzw. die Kodierung des Falles nicht korrekt vorgenommen worden sei. Bei korrekter Kodierung/Übermittlung der Daten wäre eine Überprüfung des Falles vermeidbar gewesen und nicht eingeleitet worden.
Am 28.02.2020 hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben und ihr auf die Zahlung der Aufwandspauschale gerichtetes Begehren weiterverfolgt. Diese sei im vorliegenden Fall zu leisten, weil deren gesetzliche Voraussetzungen nicht verlangten, dass es auf die Richtigkeit der Abrechnung ankomme. Entscheidend sei allein, dass die Abrechnung nicht zu einer Minderung geführt habe, was hier der Fall gewesen sei. Sowohl nach dem Wortlaut als auch Sinn und Zweck der Regelung bezüglich der Pauschale komme es nicht darauf an, ob das Krankenhaus im Sinne eines Verursacherprinzips irgendeinen Anlass zur Prüfung gegeben habe. Hätte dies der Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG so gewollt, wäre dies in der gesetzlichen Neufassung der entsprechenden Norm eindeutig klargestellt worden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 300,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.05.2019 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Eine Aufwandspauschale sei nicht zu leisten, denn aufgrund der fehlerhaften Datenübermittlung bzw. Kodierung habe die Klägerin Veranlassung zur Prüfung des Behandlungsfalles gegeben. Unstreitig sei der kodierte OPS fehlerhaft gewesen. In der Folge sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Aufwandsentschädigung zu leisten. Hinzu komme, dass die Begutachtung für die Klägerin sogar vorteilhaft gewesen sei, da sie statt ursprünglich 9.843,28 € nun eine Rechnung in Höhe von 10.066,20 € habe geltend machen können, die die Beklagte auch beglichen habe.
Mit Urteil vom 19.08.2020 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale gem. § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V in der am Aufnahmetag der Versicherten geltenden Fassung. Die Beklagte habe eine Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V durchgeführt. Hierbei sei nach der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung des § 275 Abs. 1c Satz 4 SGB V zu berücksichtigen, dass sämtliche Prüfungen, bei denen der MDK involviert werde und entsprechende Unterlagen vom Krankenhaus anfordere, Prüfungen nach § 275 Abs. 1 c SGB V darstellten und mithin eine Aufwandspauschale ausgelöst werden könne. Die Prüfung habe hier nicht zu einer Minderung des Rechnungsbetrages, sondern gar einer Erhöhung geführt, da für die verabreichten 7500 I.E. Prothrominkomplex der OPS 8-812.57 zu kodieren und ein höheres Zusatzentgelt zu berücksichtigen gewesen sei. Dies führe jedoch nicht dazu, dass die Aufwandspauschale nicht entstanden sei. Weitere Tatbestandsvoraussetzungen als der Eintritt einer Minderung des Abrechnungsbetrages sehe die Norm nicht vor. Soweit das BSG zu der bis 31.12.2015 gültigen Fassung des § 275 Abs. 1c SGB V vertreten habe, es handele sich bei dem Anspruch auf die Aufwandspauschale um eine eng auszulegende Ausnahmeregelung, die nur auf die Einschränkung von solchen Prüfungen abziele, die die Krankenkassen ohne berechtigten Anlass, ggf. gar durch missbräuchliche Prüfungsbegehren eingeleitet hätten, nicht aber auf Verfahren, die durch eine fehlerhafte Abrechnung des Krankenhauses veranlasst worden seien, lasse sich diese Ansicht weder für die ab dem 01.01.2016 geltende Neufassung des § 275 Abs. 1c SGB V noch im Übrigen für die Vergangenheit aufrecht erhalten oder bestätigen. Der Wortlaut der Regelung gebe hierfür nichts her. Auch der Einwand des BSG, dass die zur Prüfung verpflichteten Krankenkassen selbst bei nachgewiesener Fehlerhaftigkeit der Abrechnung eines Leistungserbringers der Gefahr ausgesetzt wären, gleichwohl die Aufwandspauschale zahlen zu müssen, sofern die Rechnungshöhe zutreffend war, greife nicht durch. Diese Folge der Regelung sei erkennbar vom gesetzgeberischen Willen getragen. Hätte der Gesetzgeber für bestimmte Fälle ein Verursacherprinzip hinsichtlich des Anspruchs auf die Aufwandspauschale bestimmen wollen, hätte er dies in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG mit der Neufassung des Gesetzes umgesetzt.
Gegen dieses ihr am 31.08.2020 zugestellte Urteil hat sich die Beklagte mit der am 23.09.2020 eingelegten und von dem Sozialgericht zugelassenen Berufung gewandt. Soweit der Gesetzeswortlaut des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V nur von einer Minderung des Rechnungsbetrages spreche, habe der Gesetzgeber den seltenen Fall, dass die Prüfung zu einer Erhöhung führe, bei der Gesetzesformulierung nicht im Blick gehabt. Die Klägerin habe zwar durch Zusammenstellung und Vorlagen ihrer Unterlagen für den MDK einen Aufwand gehabt, dieser sei jedoch durch den aus der Prüfung resultierenden höheren Vergütungsanspruch ausgeglichen worden. Der Wille des Gesetzgebers nach einer einfachen, unbürokratischen Lösung werde bei Berücksichtigung einer Erhöhung im Gegensatz zu einer Minderung auch nicht konterkariert. Entweder hätte die Klägerin die ursprüngliche Rechnung gegen sich gelten lassen müssen und dann einen Anspruch auf die Aufwandspauschale gehabt, oder sie korrigiere die Rechnung, erhalte die höhere Vergütung und könne dann aber nicht noch zusätzlich die Aufwandspauschale erhalten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19.08.2020 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Urteil des Sozialgerichts stehe im Einklang mit dem Wortlaut des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V. Weitere Voraussetzungen enthalte das Gesetz nicht und es bleibe unklar, worauf die Beklagte diese stützen wolle. Auch stelle die Erhöhung der Rechnung keineswegs einen Ausgleich für den Aufwand dar, da sie – die Klägerin – dadurch lediglich den Betrag erhalten habe, der ihr von Anfang an zugestanden habe. Der Extraaufwand durch die Prüfung des MDK sei noch hinzugekommen und bestehe unabhängig von dem konkreten Anspruch.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Patientenakte sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere nach Zulassung durch das Sozialgericht statthafte und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts ist begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung von 300,00 € zuzüglich Zinsen verurteilt.
Das aufgrund des zwischen den Beteiligten bestehenden Gleichordnungsverhältnisses zulässigerweise mit der echten Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) verfolgte Zahlungsbegehren der Klägerin ist unbegründet.
§ 275 Abs. 1c SGB V (hier in der ab dem 01.01.2016 gültigen Fassung des Krankenhausstrukturgesetzes – KSHG – vom 10.12.2015 <BGBl. I 2229> – a.F. –, jetzt § 275c Abs. 1 SGB V) regelt das Prüfverfahren bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V. Bei letzterer ist eine Prüfung durch den MDK nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zeitnah durchzuführen (§ 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V a. F.). Diese Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen (§ 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V a.F.). Daran anschließend bestimmt § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F.: "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten." Ferner regelt § 275 Abs. 1c Satz 4 SGB V a.F., dass als Prüfung nach Satz 1 jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen ist, mit der die Krankenkasse den medizinischen Dienst beauftragt und die eine Datenerhebung durch den medizinischen Dienst beim Krankenhaus erfordert.
Der Anspruch auf die Aufwandspauschale setzt danach voraus, dass (1) die Krankenkasse eine Abrechnungsprüfung durch den MDK i.S. des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V veranlasst hat, (2) dem Krankenhaus durch eine Anforderung von Sozialdaten durch den MDK gemäß § 276 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB V ein Aufwand entstanden ist und (3) die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hat. Darüber hinaus verlangt die Rechtsprechung, dass das Prüfverfahren nicht durch eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung seitens des Krankenhauses veranlasst wurde (s. nur BSG, Urteil vom 28.11.2013 – B 3 KR 4/13 R – Rn. 13, juris; eingehend BSG, Urteil vom 22.06.2010 – B 1 KR 1/10 R – Rn. 12 ff., 18 ff., juris). Hier scheitert der Anspruch der Klägerin zum einen an letztgenannter Voraussetzung, weil es sich um den (Ausnahme-)Fall einer unstreitig oder nachgewiesen fehlerhaften Abrechnung gehandelt und dies ein Prüfverfahren seitens der Beklagten veranlasst hat. Zum anderen ist § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F. teleologisch zu reduzieren, soweit die durch die Krankenkasse veranlasste Prüfung des MDK nicht nur nicht zu einer Minderung, sondern zur Erhöhung des Rechnungsbetrages geführt hat.
Die Beklagte hat, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist und sich aus den aktenkundigen Unterlagen ergibt, eine Abrechnungsprüfung durch den MDK nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V hinsichtlich der Kodierung sowie der Zusatzentgelte des Behandlungsfalls L mit dem Ziel der Abrechnungskürzung durchgeführt. Der mit dieser Prüfung beauftragte MDK forderte über die Datensätze des Krankenhauses nach § 301 SGB V hinaus Sozialdaten in Form des OP-Berichts, des Entlassungsberichts sowie von Auszügen der Patientenakte an. Hierdurch, d.h. aufgrund des Heraussuchens, Zusammenstellens und Vorlegens dieser Unterlagen, ist dem Krankenhaus – regelhaft – auch ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden (BSG, Urteil vom 28.11.2013 – B 3 KR 4/13 R – Rn. 14 ff., 17, juris).
Schließlich hat die Überprüfung zwar zu einer Änderung (Erhöhung), nicht aber zu einer Minderung des Rechnungsbetrages, wie es dem Wortlaut des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F. entspricht, geführt. Trotz des anscheinend insoweit eindeutigen Wortlauts ist es nach Sinn und Zweck der Norm geboten, ihren Anwendungsbereich in diesem Fall zu beschränken (zur Auslegungsbedürftigkeit der Regelung vgl. schon BSG, Urteil vom 22.06.2010 – B 1 KR 1/10 R –, Rn. 18, juris; a.A. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 09.07.2009 – L 5 KR 90/09 NZB – Rn. 12, juris; zustimmend Seifert, in: Becker/Kingreen, SGB V, 7. Aufl. 2020, § 275c Rn. 19).
Der Gesetzgeber dachte ersichtlich bei Schaffung dieser Regelung nicht an eine Konstellation, in der sich durch eine von der Krankenkasse veranlasste Prüfung der Abrechnung von Krankenhausbehandlungen nicht nur keine Minderung, sondern sogar eine Erhöhung des Abrechnungsbetrages ergeben könnte. Es handelt sich daher um eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes im Sinne einer verdeckten Regelungslücke, was zu einer „überschießenden“ Rechtsfolge bei wortlautgetreuer Anwendung (Erhöhung als „Nicht-Minderung“) des Satzes 3 führte (vgl. zur teleologischen Reduktion und ihren Voraussetzungen nur BGH, Urteil vom 21.12.2011 – VIII ZR 70/08 – Rn. 31 ff., juris). Der telos der Regelung, wonach die Pauschale die Zahl der Einzelfallprüfungen durch den MDK und den damit für die Krankenhäuser verbundenen Aufwand begrenzen soll und eine fehlende Detailgerechtigkeit in jedem Einzelfall durch die hiermit verbundene vereinfachte, unbürokratische Regelung in Kauf zu nehmen ist (BSG Urteil vom 28.11.2013, Rn. 16 f., a.a.O. unter Berufung auf BT-Drucks. 16/3100 S. 171), ist mit dem insoweit überschießenden Wortlaut bei einer Erhöhung des Abrechnungsbetrages als Ergebnis der Prüfung des MDK nicht in Einklang zu bringen. Mit der Pauschale sollen die Aufwendungen des Krankenhauses abgegolten werden, die ihm aufgrund der Prüfung des MDK auf der 3. Stufe der Sachverhaltserhebung entstehen. Führt die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages, entspricht also die ursprüngliche Abrechnung des Krankenhauses auch dem Ergebnis der Prüfung, schmälern die konkreten Aufwendungen, die dem Krankenhaus durch Anforderung von Unterlagen über die Datensätze nach § 301 SGB V hinaus entstehen, letztlich den Vergütungsanspruch, weil das Krankenhaus durch die „erfolglose“ Prüfung im Ergebnis einen Verlust erlitten hat, welcher durch Satz 3, wenn auch in pauschaler Form, ausgeglichen wird. Die Aufwendungen haben sich dann im Ergebnis als unnütz bzw. überflüssig erwiesen. Ergibt sich jedoch eine Erhöhung des Rechnungsbetrages, sind die Aufwendungen des Krankenhauses bei hinsichtlich der Gesetzesanwendung notwendiger abstrakter Betrachtungsweise nicht frustran, sondern nützlich und gehen daher in dem höheren Vergütungsanspruch auf. Wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat, wird hierdurch auch der Wille des Gesetzgebers nach einer einfachen, unbürokratischen Lösung bei einem fehlenden Anspruch auf die Aufwandspauschale infolge einer Erhöhung des Rechnungsbetrages im Gegensatz zu einer Minderung nicht konterkariert. Denn es handelt sich um absolute Ausnahmefälle, denen, so wie hier, meist nachweislich bzw. unstreitig fehlerhafte Abrechnungen zu Grunde liegen, was den bürokratischen Aufwand für solche Prüfungen regelmäßig gering erscheinen lässt. Hingegen würde sich die pauschale Entschädigungsregelung des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F. im Falle ihrer wortlautgetreuen Anwendung bei einer Erhöhung des Vergütungsanspruchs als eine die Aufwendungen abstrakt überkompensierende „Gewinnregelung“ auswirken, was dem gesetzgeberischen Willen nicht entspricht, sondern gerade widerspricht. Da sich der Gesetzgeber hier für eine – seitens der Gerichte zu respektierende – „Pauschallösung“ entschieden hat, kommt es für die teleologisch gebotene Einschränkung des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F. schließlich auch nicht darauf an, in welcher Differenz sich der aus der MDK-Prüfung erwachsene „Mehrbetrag“ im Vergleich zur ursprünglichen Abrechnung zu dem Betrag von 300,00 € bewegt, insbesondere ob dieser (mindestens) die Höhe der Pauschale erreicht.
Auch der weitere Zweck der Pauschale, eine Minderung der Prüfquote zu veranlassen und damit zu einem Bürokratieabbau beizutragen (BT-Drucks. 16/3100 S.171), wird bei dieser Gesetzesinterpretation nicht unterlaufen, weil zum einen bei regelmäßiger Erhöhung der Rechnungen infolge der Prüfungen die Krankenkassen Anlass hätten, von diesen Abstand zu nehmen, und zum anderen dieser Prüfaufwand gerade im Interesse des Krankenhauses und damit für dieses wünschenswert ist.
Dem Anspruch der Klägerin steht ferner entgegen, dass sie das Prüfverfahren durch eine nachweislich und unstreitig fehlerhafte Abrechnung veranlasst hat, was der Geltendmachung der Aufwandspauschale im Wege des Einwandes rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegengehalten werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2013 – B 3 KR 4/13 R – im Anschluss an das Urteil des 1. Senats des BSG vom 22.06.2010 – B 1 KR 1/10 R–, beide unter juris).
Insoweit ist zu beachten, dass die für das Prüfverfahren, zu dessen Einleitung die Krankenkassen nach pflichtgemäßem Ermessen bei entsprechenden Anhaltspunkten verpflichtet sind, entstehenden Kosten Teil der Kosten der Leistungserbringung sind. Daher ist es nicht gerechtfertigt, diese einseitig den Krankenkassen zuzuweisen, wenn das Krankenhaus durch sein fehlerhaftes Verhalten Anlass für die Prüfung gegeben hat (BSG, Urteil vom 22.06.2010, Rn. 19, a.a.O.). Die Außerachtlassung dieses Gesichtspunktes widerspreche der besonderen Beziehung zwischen Krankenkasse und Krankenhaus (BSG, Urteil vom 22.06.2010, Rn. 20, a.a.O.). Schließlich würde insbesondere bei den hier gegebenen Fall der Erhöhung der Rechnung infolge deren Überprüfung das fehlerhafte Verhalten des Krankenhauses zusätzlich ohne jede Rechtfertigung honoriert (BSG, Urteil vom 22.06.2010, Rn. 21, a.a.O.)
Hier ist der beschriebene Ausnahmefall einer nachgewiesenen und unstreitig fehlerhaften Abrechnung seitens der Klägerin gegeben. Sie hat in ihrer ursprünglichen, die Prüfung durch den MDK auf Geheiß der Beklagten auslösenden Abrechnung vom 23.05.2018 mit der Kodierung des OPS 8-812.56 (Transfusion von Plasma und anderen Plasmabestandteilen und gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen, Prothrombinkomplex 6500 I.E. bis unter 7500 I.E.) und dem Zusatzentgelt (ZE) 76ZE30.05 fehlerhafte Angaben gemacht, indem sie hinsichtlich der bei der Versicherten vorgenommenen Transfusion von Plasma (zum Zwecke einer besseren Blutgerinnung) „unter 7.500 Einheiten“ angegeben hat, obwohl der Versicherten exakt 7.500 Einheiten verabreicht worden sind, was sich, ohne dass es weiterer medizinischer Ermittlungen bedurft hätte (in einer derartigen Konstellation kann keine nachweislich fehlerhafte Abrechnung und damit ein Ausnahmefall von § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F. vorliegen, s. BSG, Urteil vom 28.11.2013 – B 3 KR 4/13 R – Rn. 26, juris) aus den angeforderten Unterlagen, namentlich der Patientenakte, ergibt. Hierdurch waren sowohl die Kodierung (richtig: OPS 8-812.57) als auch das Zusatzentgelt (richtig: ZE 30.06) unzutreffend. Dies hat die Klägerin auch unstreitig gestellt, indem sie der Beklagten unter dem 02.04.2019 nunmehr 10.066,20 € statt (wie ursprünglich) 9.843,28 € in Rechnung stellte.
An den Voraussetzungen für den Anspruch auf die Pauschale hat sich mit der Änderung des § 275 Abs. 1c SGB V zum 01.01.2016 durch das KSHG in Form der Anfügung des Satzes 4 nichts geändert. Soweit dort als Prüfung nach Satz 1 nunmehr jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen ist, mit der die Krankenkasse den MDK beauftragt hat, reagierte der Gesetzgeber auf die frühere Rechtsprechung des 1. Senats des BSG, wonach strikt zwischen einer Auffälligkeitsprüfung und der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung zu unterscheiden war und für Letztere die Regelungen der Prüfung nach Abs. 1c und damit die Vorschriften zur Fristeinhaltung und zur Zahlung der Aufwandspauschale nicht gelten sollten (s. BSG, Urteil vom 01.07.2014 – B 1 KR 29/13 –, juris). Nur diese Differenzierung wollte der Gesetzgeber mit der Regelung des Satzes 4 (im Wege der Klarstellung) beseitigen, aber keine darüber hinausgehende Gesetzesänderung vornehmen (s. BT-Drs. 18/6586, S. 110). Auf die Rechtsprechung des BSG zum Ausnahmefall der unstreitig oder nachgewiesen fehlerhaften Abrechnung geht die Gesetzesbegründung an keiner Stelle auch nur andeutungsweise ein, so dass die Einfügung von Satz 4 in § 275 Abs. 1c SGB V in keinem Zusammenhang mit dieser Einschränkung des Anspruchs auf Zahlung der Aufwandspauschale steht. Da der Gesetzgeber gewillt war, das BSG in einer streitigen Frage (hier der Differenzierung zwischen Auffälligkeitsprüfungen und Prüfungen der sachlich-rechnerische Richtigkeit) zu korrigieren, hätte er auch die Gelegenheit gehabt, die (damals) von beiden Senaten des BSG vertretene inhaltliche Einschränkung des Anspruchs nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F.zu negieren und ebenfalls eine entsprechende Änderung bzw. „Klarstellung“ vorzunehmen. Da er dies in Kenntnis dieser Rechtsprechung, anders als bei den Prüfungsgegenständen, gerade nicht getan hat, spricht nichts dafür, diese Rechtsprechung, von deren dogmatischer Herleitung und inhaltlicher Richtigkeit der Senat weiterhin überzeugt ist, seit dem 01.01.2016 als gegenstandslos anzusehen. Auch stand und steht die Einschränkung des Anspruchs auf die Aufwandspauschale wegen vom Krankenhaus verursachter fehlerhafter Abrechnung nicht in einem inneren Zusammenhang mit der Unterscheidung zwischen Auffälligkeitsprüfung und sachlich-rechnerischer Richtigkeit. Damit finden die dargestellten höchstrichterlichen Grundsätze auch auf den vorliegenden Behandlungsfall von Juli 2017 Anwendung.
Mangels Zahlungsanspruchs der Klägerin scheidet auch der geltend gemachte Zinsanspruch aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 GKG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).