L 6 VS 420/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 15 VS 3330/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 420/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Auch nach dem Zuständigkeitsübergang für die Grundrente auf die Bundeswehrverwaltung verbleibt es nach dem Ausscheiden des Soldaten aus dem Wehrdienstverhältnis dabei, dass der Ausgleich während des Wehrdienstverhältnisses und die anschließende Grundrente danach verschiedene Streitgegenstände darstellen wie unterschiedliche Leistungszeiträume betreffen, so dass sie weiterhin nicht in das gerichtliche Verfahren nach § 96 SGG einbezogen werden können.
2. Aus einer zu Unrecht anerkannten Schädigungsfolge können entsprechend dem Rechtsgedanken des § 48 Abs. 3 SGB X keine weitergehenden Ansprüche hergeleitet werden (hier Alkoholerkrankung als Folge einer zu Unrecht anerkannten PTBS).
3. Zur Anerkennung einer PTBS reicht es für das sog. A-Kriteriums nicht aus, dass dem Betroffenen von einem lebensbedrohlichen Ereignis lediglich berichtet wird (hier Selbstmordattentate/Landminen mit Toten auf Einsatzfahrzeuge in Afghanistan).

Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 8. Dezember 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer weiteren Folge einer Wehrdienstbeschädigung (WDB) und die Höhe des nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) für die Zeit des Wehrdienstverhältnisses zu gewährenden Ausgleichs umstritten.

Der Kläger ist 1971 als Einzelkind geboren, beide Eltern waren Alkoholiker, seine Mutter ab dem dreizigsten Lebensjahr trocken. Seinen ersten Vollrausch hatte der Kläger mit 16 Jahren, auch danach konsumierte er regelmäßig Alkohol. Er schloss nach der Grund- und Hauptschule eine Lehre zum Siebdrucker ab. Danach arbeitete er ein weiteres Jahr im Ausbildungsbetrieb und kehrte nach dem einjährigen Grundwehrdienst in den Ausbildungsbetrieb zurück. Seit 1993 war er nach dreimonatiger Arbeitslosigkeit als Berufssoldat bei der Bundeswehr tätig, zuletzt bis 30. Juni 2018 als Hauptfeldwebel im Bereich Datenverarbeitung. Vom 11. Januar bis 8. Juli 2003 und dann wieder vom 5. März bis 10. Juli 2004 war er im Auslandseinsatz in A, wobei jeweils die Auslandsverwendbarkeit bestätigt wurde. 2003 sind drei Kameraden, einer durch eine Landmine, die anderen bei einem Selbstmordattentat umgekommen, im März 2003 gab es Raketenangriffe auf das Camphouse, er selbst befand sich im Bunker, im Juli 2003 sind Jugendliche mit einer Mörsergranate auf ihn zugekommen, die sie aber ohne Explosion auf seine Ansprache wegwarfen.

Anschließend wurde er bis Ende 2005 für den Einsatz in der Nato-Eingreiftruppe mit Übungen in verschiedenen Ländern ausgebildet. Seit 2006 kam es wegen einer Nierenkarzinombehandlung (Verdacht auf Rezidiv 2009 und 2010) und mehreren stationären Behandlungen wegen einer Alkoholabhängigkeit zu Arbeitsunfähigkeitszeiten.

Der Kläger war zweimal verheiratet, die erste Ehe dauerte von 1998 bis 2005 und die zweite von 2005 bis 2014, aus der letzten Ehe ist eine 2008 geborene Tochter hervorgegangen, die nicht bei ihm lebt. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 seit dem 25. Oktober 2019 festgestellt (Bescheid des Landratsamtes A-D-K [LRA] vom 14. November 2019). Seit 2018 ist für ihn eine Betreuerin bestellt (vgl. Betreuerausweis des Amtsgerichts Ulm vom 9. November 2018 [Az.: A 12 XVII 665/18]), zeitgleich wurde er aus der Bundeswehr entlassen.

Am 24. Februar 2014 erstattete das Bundeswehrzentralkrankenhaus K die ärztliche Mitteilung über eine mögliche Wehrdienstbeschädigung und gab als vorläufige Krankheitsbezeichnung eine depressive Störung an.

Zur Akte gelangte der Entlassungsbericht des Bundeswehrzentralkrankenhauses K – Urologie – über den stationären Aufenthalt vom 5. bis 12. August 2006. Die Aufnahme sei bei insgesamt fahrigem, zittrigen und schwitzenden Patienten mit einmal aufgetretener optischer Halluzination erfolgt. Auf Nachfrage habe der Kläger angegeben, in letzter Zeit täglich circa 10 Bier und zusätzlich Schnaps konsumiert zu haben. In den letzten vier Tagen habe er keinen Alkohol zu sich genommen. Ein neurologisches Konzil habe die Diagnose eines Alkoholentzugssyndroms nach vorangegangenem C2-Abusus ergeben. Aufgrund der Alkoholentzugssymptomatik, vermutlich in Folge einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nach einem Auslandseinsatz in A, sei eine stationäre Aufnahme in der Neurologie zeitnah nach der Entlassung vereinbart worden.

Bei der Untersuchung durch den G, Bundeswehrzentralkrankenhaus K, am 22. August 2006 gab der Kläger an, dass er deutlich gemerkt habe, dass sein Alkoholkonsum in der letzten Zeit merklich zu viel geworden sei. Er habe einen kalten Entzug probiert, der zu starken Entzugserscheinungen geführt habe. Ein weiteres Problem seien für ihn die Dinge, die er während der Auslandseinsätze mitgemacht habe. Die dortigen Ereignisse habe er in vielen Gesprächen einigermaßen verarbeiten können, sodass gegenwärtig sein Alkoholproblem und dessen Bearbeitung wichtiger erschienen. Die jetzige Motivation erscheine fest und sicher, endgültige Abstinenz zu erreichen.

Das Sanitätsamt der Bundeswehr erteilte am 1. Dezember 2010 eine Ausnahmegenehmigung zur ambulanten Psychotherapie durch Einrichtungen des zivilen Bereichs für 40 Behandlungseinheiten bis 30. September 2011 (verlängert bis 31. März 2012).

Während der stationären Rehabilitation in der Fachklinik L-G vom 3. Mai bis 16. August 2012 gab der Kläger an, dass seine Mutter seit ihrem 30. Lebensjahr Alkoholikerin gewesen sei. Sein Vater sei 59 Jahre alt, in Rente und auch Alkoholiker. Den ersten Kontakt mit Alkohol habe er mit 14 Jahren angegeben, mit 17 Jahren habe er an den Wochenenden regelmäßig getrunken. Während seiner Lehrzeit habe er sich mit seinem Freunden zusätzlich auch donnerstags getroffen und hochprozentigen Alkohol konsumiert. Folglich habe er seine beruflichen Aufgaben nicht mehr erfüllen können und es sei zu häufigen Krankmeldungen gekommen. Der Kläger habe immer wieder Kontrollverluste erlebt und es sei eine kontinuierliche Steigerung seiner Trinkmenge erfolgt. Negative Folgen der Alkoholabhängigkeit seien die Scheidung, körperliche Beschwerden, Selbstmitleid sowie drohender Arbeitsplatzverlust gewesen. Aufgrund von starken Entzugserscheinungen in Form eines Delirs sowie dem Erbrechen von Blut sei es zum ersten Krankenhausaufenthalt 2006 gekommen. Im Anschluss habe der Kläger eine stationäre Therapie absolviert, sei aber gleich wieder rückfällig geworden. 2010 sei die zweite Entzugsbehandlung durchgeführt worden, während der Therapie sei es nach einer Trunkenheitsfahrt zum Führerscheinentzug gekommen. Nach kurzer abstinenter Zeit sei es zum erneuten Rückfall gekommen, unter Alkohol sei der Kläger enthemmt, gleichgültig und zum Teil auch aggressiv gewesen. Vegetative Entzugsbilder sowie ein Delir seien ihm bekannt, Krampfanfälle verneint worden. Er weise Risikofaktoren wie inadäquates Stressverhalten, mangelnde Bewegung sowie wenig Freizeitaktivitäten auf. Als Verhaltensaktiva sei anzuführen, dass die Frau und sein Kind und auch der Arbeitgeber die Therapie unterstützten.

Der Kläger habe während seiner Schulzeit gerne Fußball gespielt und die Lehre zum Siebdrucker trotz Schwierigkeiten mit seinem Chef abschließen können. Aufgrund einer Verletzung beim Fußball habe er nicht mehr an entscheidenden Sichtungsspielen teilnehmen können und ein Training an der Sporthochschule in S absagen müssen. Dies habe ihn sehr belastet und der Alkoholkonsum sich stetig gesteigert. 1992 sei es zum Eintritt in die Bundeswehr gekommen. Im Verlauf seiner Tätigkeit habe er unterschiedliche Aufgabenbereiche gemeistert und auch zwei Einsätze in A mitgemacht. Zu dieser Zeit habe er in einer Beziehung gelebt und 1998 sei es zur Heirat gekommen. 2003 habe er den ersten Einsatz in A absolviert und die Schwierigkeiten in der Ehe hätten zugenommen. Zwei Jahre später habe er sich scheiden lassen und im selben Jahr wieder geheiratet. 2006 sei der erste Krankenhausaufenthalt erfolgt. Einerseits sei es zur Entzugsbehandlung gekommen, andererseits sei ein Nierenkrebs diagnostiziert worden. Anschließend sei er mit seiner Frau nach F gezogen, da seine Mutter verstorben sei und er in der Nähe seines Vaters habe sein wollen. Im Juli 2008 sei seine Tochter geboren worden. Es habe viele Auseinandersetzungen mit seiner zweiten Frau gegeben und der Alkoholkonsum sei stetig gestiegen. Aufgrund seines körperlichen Abbaus sei es zur Einweisung ins Krankenhaus S gekommen und von dort die Langzeittherapie eingeleitet worden.

Vulnerabilitätsfaktoren in der Kindheitsentwicklung seien einerseits die Abhängigkeitserkrankung der Eltern und andererseits die Leistungsorientierung sowie Gewalttätigkeiten des Vaters. Auch die bevormundende, aber emotional retardierte Haltung der Mutter, mit einer autoritären, auf Anpassung und Funktionalität ausgerichteten Erziehung, die kaum Freiraum für eine Autonomieentwicklung gelassen habe, habe keinen Ausgleich geboten. Auslösend für die Abhängigkeit scheine die Überforderungssituation in Beruf und Familie gewesen zu sein und der damit verbundene körperliche Abbau. Die Gleichgültigkeit der Eltern seinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen gegenüber habe ihm das Gefühl gegeben, unwichtig und allein zu sein. Aufgrund der defizitären Entwicklung in der Kindheit habe der Kläger nur unzureichende Bewältigungsstrategien entwickeln können. Ein intrinsisches Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein habe sich nur mangelhaft ausbilden können. Der Kläger zeige mangelnde Problemlösestrategien, die er mit Alkohol kompensiert habe. Hinzu sei die Unsicherheit in zwischenmenschlichen emotionalen Interaktionen gekommen. Eine Selbstidentifikation mit einem gesunden Selbstwert sei nur wenig ausgeprägt gewesen. Negative Kognitionen und ängstliche Gefühle wie auch Überforderungssituationen könnten als aufrechterhaltende Bedingungen der Alkoholabhängigkeit gesehen werden. Bei Stress und emotionaler Belastung habe der Kläger gezielt Alkohol getrunken, um negative Gefühle besser ertragen zu können.

Am 26. September 2012 stellte sich der Kläger wegen eines Alkoholrückfalls im Bundeswehrzentralkrankenhaus K vor und wurde bis 23. Oktober 2012 stationär behandelt. Dort gab er an, 2003 begonnen zu haben Alkohol zu trinken. Zu dieser Zeit habe er täglich drei Bier und Schnaps konsumiert. Das Trinkverhalten habe sich bis 2006 gesteigert, sodass er täglich nur noch Schnaps getrunken habe. Im Jahr 2006 sei es zur ersten Entgiftungsbehandlung gekommen. 2007 hab er ein halbes Jahr überhaupt keinen Alkohol getrunken und 2010 sei die nächste Entgiftungstherapie durchgeführt worden, eine weitere 2012. Die Detoxikationsphase sei unter Carbamazepingabe, regelmäßigen Blutdruck- und Pulskontrollen komplikationslos verlaufen. Eine medikamentöse Behandlung der vegetativen Entzugssymptomatik sei trotz Blutdruckspitzen und vorher nicht eingenommener antihypertensiven Medikamente nicht notwendig gewesen. Es sei eine Verlegung zur stationären Entwöhnungstherapie erfolgt, die vom 23. Oktober bis 18. Dezember 2012 in den AHG Kliniken D durchgeführt wurde.

Nach dem Entlassungsbericht gab der Kläger den ersten Alkoholkonsum mit 15 Jahren, den ersten Vollrausch mit 16/17 Jahren an. Bis zum 21. Lebensjahr habe nur ein gelegentlicher Alkoholkonsum auf Partys oder im Freundeskreis bestanden. Danach sei dieser gesteigert worden. Mit 35 Jahren sei eine vierwöchige Therapie im Bundeswehrzentralkrankenhaus erfolgt, danach eine Abstinenz von 9 Wochen. Der Kläger habe eine tolle Kindheit beschrieben. Die Mutter sei liebevoll, der Vater ab und zu streng gewesen. Aufgrund der Berufstätigkeit beider Eltern sei er in den ersten drei Lebensjahren oft bei der Großmutter gewesen. Sein Vater sei selbst alkoholabhängig, was zunehmend zu Konflikten mit seiner Ehefrau geführt habe. Seine Frau habe den Kontakt zu ihm vor einem Jahr abgebrochen, seine Psychologin habe ihm geraten, seinen Kontakt zum Vater ebenfalls einzustellen. Von seiner ersten Frau habe er sich nach dem Auslandsaufenthalt 2003 getrennt, da diese fremdgegangen sei und bei seiner Rückkehr bereits mit dem neuen Mann zusammengelebt habe. Wegen eines weiteren Auslandsaufenthaltes habe sich die Scheidung verzögert, im Juli 2005 habe er erneut geheiratet. Die zweite Ehe sei glücklich, in letzter Zeit bestünden Konflikte wegen seiner Alkoholsucht, gegenwärtig sei die Beziehung in der Schwebe. Im Alter von 15 Jahren habe er zum ersten Mal Alkohol getrunken und zwar während einer Ausflugsfahrt in seiner Lehre, dabei habe es sich um ein paar Bier und ein paar Schnäpse gehandelt. Dies sei auch sein erster Vollrausch gewesen. Bis zu seinem 21. Lebensjahr habe er kaum Alkohol getrunken, er habe zu dieser Zeit viel Sport gemacht und sei auf Partys meist der Fahrer gewesen. Sein Konsumverhalten habe sich geändert, als er im Jahr 1998 die Meisterschule besucht habe, hier sei man regelmäßig donnerstags in die Kneipe gegangen. Nach seinem Umzug 1999 habe sich sein Alkoholkonsum verstärkt. Seine Frau habe damals in einer Diskothek gearbeitet und er habe jeden Freitag und Samstag dort verbracht. An solchen Abenden habe er fünf bis zehn Wodka-Mischgetränke getrunken. Nachdem er im Jahr 2002 den Standort gewechselt habe, habe er auch unter der Woche ein Feierabendbier getrunken, während des Auslandseinsatzes 2003 habe er Bier und Wodka bis zu dreimal die Woche konsumiert. Zu Hause sei er dann wieder abstinent gewesen. Nach dem Auszug seiner Frau 2003 habe sich sein Konsumverhalten erneut verändert. Er habe dann bis zu viermal die Woche zwei bis drei Gläser Wodka-Redbull getrunken. Während des Auslandseinsatzes 2004 seien es dann täglich zwei bis drei Bier gewesen. Nach der Scheidung 2005 habe er ein paar Monate lang abends Jägermeister konsumiert, im folgenden Jahr sei er für drei Monate krankgeschrieben gewesen und habe in dieser Zeit drei Bier und bis zu einer dreiviertel Flasche Schnaps abends getrunken. Beim Versuch sich allein zu entgiften, habe er ein Delir entwickelt und sei für eine Entgiftung ins Krankenhaus gebracht worden. 2010 sei er erneut krankgeschrieben gewesen und habe in dieser Phase wieder massiv Alkohol getrunken.

Die Entwöhnungsbehandlung sei mit einer erweiterten rationalen Krankheitseinsicht beendet worden, der Kläger habe über eine sichtbare emotionale Krankheitsakzeptanz verfügt.

Im Entlassungsbericht des Bundeswehrzentralkrankenhauses K über die stationären Aufenthalte vom 7. Oktober bis 5. November 2013 und vom 11. Dezember 2013 bis 17. Januar 2014 wurde ausgeführt, dass der Kläger angegeben habe, dass seine Frau ihn im März 2013 plötzlich verlassen und die Tochter mitgenommen habe. Aktuell habe er vor gut zwei Wochen wieder angefangen zu trinken, nachdem er Beziehungsprobleme mit seiner neuen Freundin gehabt habe, die er über das Internet kennengelernt und mit der er nur über das Internet Kontakt habe, seit August definierten sie sich als Paar. Diese sei über seine Alkoholerkrankung informiert. Dem Kläger sei bekannt, dass er wegen der anstehenden Entlassung aus der Bundeswehr mit massiven finanziellen Einbußen zu rechnen habe. Er sei 2003 und 2004 jeweils für fünf Monate in K eingesetzt gewesen. Bei dem Busanschlag 2003 seien Kameraden verstorben, die er gut gekannt habe. Er sei vor und nach dem Anschlag viel in K1 unterwegs gewesen. Intrusives Wiedererleben verneine der Kläger und auch im Gespräch scheine er nicht weiter von diesen Ereignissen belastet zu sein. Die testpsychologische Testung habe eine starke Ausprägung einer Borderline-impulsiv-explosiblen und antisozialen Persönlichkeitsakzentuierung mit einem hohen Maß an Versagensgefühlen, Ungeduld sowie affektiver Instabilität ergeben. Im Rahmen der durchgeführten Anamnese seien Ereignisse geschildert worden, die sich als A-Kriterium einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) verstehen ließen, das vollständige Bild einer PTBS habe der Kläger jedoch nicht geschildert. Auffällig sei jedoch, dass er in den Voraufenthalten einen hohen Alkoholkonsum bereits für seine Jugend beschrieben habe. Erste deutliche Steigerungen habe es bei Problemen in der Schule und während der Lehre gegeben. Für den Kläger sei der Konsum von Alkohol bereits vor seinen Auslandseinsätzen bzw. vor seinem Eintreten in die Bundeswehr ein Kompensationsmechanismus von Stress gewesen. Im Rahmen der stationären Aufenthalte bei noch nicht langanhaltender Abstinenz könne nun nicht eindeutig eine PTBS-Symptomatik ausgeschlossen werden, da möglicherweise das Trinken von Alkohol beim Auftreten von PTBS-Symptomen erneut als Kompensationsmechanismus genutzt werde. In diesem Rahmen solle eine erneute stationäre Entwöhnungstherapie mit der Möglichkeit der Behandlung von Doppeldiagnosen durchgeführt werden. Sollten mögliche PTBS-Symptome bei langanhaltender Abstinenz auftreten, könne sogleich eine Traumabehandlung angefangen werden.

Dem nächsten Entlassungsbericht des Bundeswehrzentralkrankenhauses K über den stationären Aufenthalt vom 28. Januar bis 11. Februar 2014 war zu entnehmen, dass der sichere Ausschluss der Alkoholabhängigkeit im Sinne eines insuffizienten Kompensationsmechanismus bei Verdacht auf Traumafolgestörung nicht möglich gewesen sei, nachdem der Kläger keine dauerhafte Abstinenz habe halten können. In den einzeltherapeutischen Gesprächen habe sich vor allem der Hinweis auf eine Traumafolgestörung durch die belastenden Ereignisse während der Auslandseinsätze und durch den Beginn des Alkoholkonsums mit dem ersten Auslandseinsatz in A, welcher sich dann 2006 verstärkt habe, ergeben. Eine etwaige Bestätigung bzw. ein Ausschluss der Genese der Alkoholabhängigkeit im Sinne eines insuffizienten Kompensationsmechanismus bei Verdacht auf Traumafolgestörung müsse im Rahmen der Anschlussbehandlung erfolgen.

Der nächste Entlassungsbericht des Bundeswehrzentralkrankenhauses K über die nachfolgende stationäre Behandlung vom 2. bis 19. März 2014 führte zur Anamnese aus, dass der Kläger beschrieben habe, von seiner Ehefrau bereits vor dem Auslandseinsatz betrogen worden zu sein. Im Einsatz habe er von einer Bekannten erfahren, dass seine Frau „eine Handballmannschaft“ bei sich zu Hause gehabt habe. Er denke, dass seine Frau ihn mit mehreren Männern betrogen habe. Als er dann im Einsatz gewesen sei, habe er mit der Dienstwaffe vor einem Container gesessen und sich die Waffe in den Mund gesteckt. Er habe nicht abdrücken können und dann angefangen zu trinken. Von da an habe er immer, wenn die Suizidgedanken zu groß geworden seien, Alkohol getrunken, bis diese weg gewesen seien. Die Suizidgedanken seien ihm unangenehm. In einem weiteren Gespräch mit der Ehefrau sei aus den Einlassungen deutlich geworden, dass der Kläger bereits vor dem ersten A-Einsatz an den Wochenenden regelmäßig Alkoholika konsumiert habe und häufig betrunken gewesen sei. Seine Elternfamilie sei für ihren hohen Alkoholkonsum bekannt gewesen, sowohl der Vater als auch andere Familienangehörige hätten Alkoholprobleme. Die erste Ehefrau habe sich wegen der Alkoholexzesse des Klägers scheiden lassen. Es sei wiederholt die unreife und orientierungslos anmutende Lebensführung des Klägers deutlich geworden, der immer wieder Halt bei anderen Menschen suche und sich insbesondere in emotionalen Belastungssituationen schnell überfordert fühle. Die im Rahmen der stationären Behandlung durchgeführte Anamnese habe es ermöglicht, die Genese des Abhängigkeitssyndroms nun eindeutig vor die Auslandseinsätze zu terminieren. Der Kläger habe schon vor den Einsätzen einen zumindest missbräuchlichen Alkoholkonsum gezeigt, der womöglich während des Dienstes durch das Fremdgehen der Ehefrau und die Belastungen in den Einsätzen verstärkt worden sei. Der nunmehr beschriebene Alkoholkonsum bei Auftreten von Suizidgedanken, vor allem in Situationen der Einsamkeit, lasse eine PTBS-spezifische Symptomatik als Ursache für den Alkoholkonsum eher unwahrscheinlich erscheinen.

Vom 3. bis 11. November 2014 wurde im Bundeswehrzentralkrankenhaus K eine stationäre Entgiftung und anschließend ein teilstationärer Aufenthalt vom 11. November bis 18. Dezember 2014 und vom 7. bis 19. Januar 2015 durchgeführt. Die Aufnahme sei zur Stabilisierung erfolgt. Die stationäre Trauma- und Suchttherapie sei für den 20. Januar 2015 terminiert. Er habe die Feiertage bei seinem Vater verbracht. Dort sei es nach einem Streit mit der Ex-Frau und weiteren Kleinigkeiten zu einem erneuten Rückfall gekommen. Seine Tochter dürfe er nur unter Aufsicht des Vaters und dessen neuer Lebensgefährtin sehen.

Eine erneute stationäre Behandlung fand vom 20. Januar bis 30. März 2015 in der AHG-Klinik statt. Im Entlassungsbericht wurde ausgeführt, dass der Kläger berichtet habe, 2003 und 2004 zu Auslandseinsätzen in A gewesen zu sein. Während dieser Einsätze sei es zu traumatischen Erlebnissen gekommen, danach habe sein problematischer Alkoholkonsum begonnen. Seine erste Ehefrau habe er 1998 geheiratet, die Ehe sei innerhalb seines ersten Auslandseinsatzes auseinandergegangen, da die Ehefrau jemand anderen kennengelernt habe. Er könne das rückblickend für sich annehmen, da die Frau wohl noch nicht bereit für die Ehe gewesen sei. Seine zweite Frau habe er 2005 geheiratet, die gemeinsame Tochter sei 2008 geboren worden. Die Trennung sei 2013, die Scheidung 2014 erfolgt. Seine Tochter sei eine wichtige Bezugsperson für ihn, da diese in Süddeutschland lebe, habe er seine Versetzung beantragt und wolle in U neu anfangen. Der erste Alkoholkonsum sei mit 14 Jahren erfolgt, er habe im Landschulheim in Bayern 0,5 Liter Bier getrunken. Vom 14. bis zum 32. Lebensjahr habe er zu besonderen Anlässen, am Wochenende oder im Freundeskreis bis maximal 1 Liter Bier getrunken. Seit dem 33. Lebensjahr trinke er 7,5 Liter Bier täglich. Die höchste Konsummenge seien 10 Liter Bier gewesen. Seit 2006 träten Entzugssymptome wie innere Unruhe, Herzrasen, Tremor, Schweißausbrüche und Hypertonie auf. Als andere Folgen der Alkoholabhängigkeit gebe der Kläger Partnerschaftskonflikte, sozialen Rückzug und verminderte Leistungsfähigkeit an. Den Führerschein habe er im März 2006 wegen Trunkenheit am Steuer verloren und Anfang 2008 zurückerhalten. Bisher habe er vierzehn Entzugsbehandlungen durchgeführt. Die erste sei im Jahr 2006 gewesen, die letzte im November 2014. Nach den Testergebnissen bestünden Anzeichen für eine Alkoholabhängigkeit sowie eine schwere depressive Symptomatik. In klinischen Bild habe sich jedoch das Bild einer mittelgradigen depressiven Episode gezeigt. Bezüglich der Hirnleistungsfähigkeit hätten keine Auffälligkeiten bestanden.

Es sei anzunehmen, dass die Alkoholabhängigkeit des Vaters und die damit verbundenen Streitigkeiten zwischen den Eltern bei dem Kläger die Entwicklung einer Tendenz zu intrapsychischen Dysregulation begünstigten. Die Zeit in der Bundeswehr habe er zunächst sehr positiv erlebt. Die klaren hierarchischen Strukturen und die „Kameradschaft“ hätten ihm Sicherheit gegeben und seiner eigenen Persönlichkeitsstruktur entsprochen. Auf die Erlebnisse und Situationen, mit welchen er dann während der Auslandseinsätze konfrontiert worden sei, sei er nicht vorbereitet gewesen. Es sei zu einer tiefen Erschütterung seines Weltbildes gekommen, zusätzlich sei er durch unterschiedliche Ereignisse in einen unlösbaren Konflikt geraten und habe schließlich die Symptomatik einer PTBS ausgebildet. Weiterhin sei es zur Entwicklung von dysfunktionalen Kognitionen gekommen. Insoweit habe der Alkohol als emotionsregulierenden Mittel im Sinne einer operanten Konditionierung kurzfristig verstärkend gewirkt. Langfristige negative Konsequenzen des Konsums seien zunehmende Beziehungskonflikte, sozialer Kontaktmangel und Probleme bei der Arbeit gewesen. Insbesondere der schwindende Kontakt zur Tochter belaste ihn sehr.

Die Rehabilitation sei in der 10. Therapiewoche beendet worden. Es habe sich eine rationale Krankheitseinsicht gezeigt und der Kläger eine klare Abstinenzentscheidung getroffen. Als abstinenzgefährdend sei jedoch eine Restsymptomatik bei noch bestehendem Traumastress und dissoziativen Zuständen auszumachen. Er habe sich körperlich wie psychisch stabilisieren und Problemstellungen in wichtigen Lebensbereich klären können. So sei es ihm gelungen, neue berufliche und private Zukunftsperspektiven zu erarbeiten. Durch weitergehende Traumabearbeitung habe die Belastung durch bestehenden Traumastress erneut reduziert werden können. Diesbezüglich werde dringend die Festigung und Ausweitung erreichter Erfolge im ambulanten Bereich empfohlen.

Vom 16. bis 19. Juni 2015 wurde der Kläger erneut wegen einer akuten Alkoholintoxikation im Bundeswehrkrankenhaus U stationär entgiftet. Anamnestisch sei zu eruieren gewesen, dass sich im privaten Umfeld wieder viele Probleme angestaut hätten, einzeln seien diese nicht bedenklich, in Kombination für den Kläger aber äußerst belastend gewesen. Im Behandlungsverlauf hätten sich keine Zeichen eines psychovegetativen Entzugssyndroms oder eines Delirs ergeben. Eine weitere stationäre Entgiftung erfolgte nach wiederum angegebenem Rückfall wegen Konflikten im privaten Umfeld vom 5. bis 18. Juli 2015.

Nach einem weiteren Rückfall und einer intensivmedizinischen Behandlung wurde der Kläger am 12. September 2015 auf die psychiatrische Station des Bundeswehrkrankenhauses U verlegt. Dort gab er an, seit der Pubertät Alkohol zu trinken. Im Rahmen von Schulproblemen sei es zu einer erheblichen Ausweitung gekommen, ebenso nach Problemen in der Lehre und bei familiären Schwierigkeiten, in den letzten Jahren aufgrund gesundheitlicher Probleme, der Traumafolgestörung sowie den beschriebenen familiären Problemen. Seit 2006 bestehe eine deutliche Ausweitung des Konsums mit regelmäßigen Kontrollverlusten und deutlicher Toleranzentwicklung. Der Kläger habe berichtet, dass er aufgrund privater Konflikte, insbesondere nachdem seine Ex-Frau versuche, ihm das Umgangsrecht mit der gemeinsamen Tochter zu entziehen, wieder zum Alkohol gegriffen habe. Es sei eine erneute Entwöhnungsbehandlung notwendig.

Diese wurde vom 7. Oktober 2015 bis 20. Januar 2016 in der Fachklinik F durchgeführt. Dort gab der Kläger an, vor allem durch die Folgeerscheinungen der Traumatisierung und der PTBS belastet zu sein. Es bestünden Schlafstörungen und Depressionen, die mit der Traumatisierung zusammenhingen. Auf Flashbacks reagiere er mit Angst und Panikattacken, massive Schmerzen wegen der Bandscheibenproblematik beeinflussten sein Erleben und Verhalten. Er habe seit der Traumatisierung im Auslandseinsatz 2006 auch angefangen, vermehrt zu trinken. Die Trinkmengen hätten sich ständig gesteigert, unter Alkoholeinfluss sei er aggressiv geworden. Der erste Alkoholkontakt sei im Alter von 15 Jahren gewesen, das erste Rauscherlebnis mit 17 Jahren. Seither habe ein moderater Alkoholkonsum zu seltenen Gelegenheiten bestanden, nach den traumatischen Erlebnissen 2006 sei es zu einem massiven Anstieg der Trinkmenge und Steuerungsverlust, durch Flashback-Erleben ausgelöste Trinkmengen bis zu 3 Litern Schnaps am Tag.

Im Verlauf habe der Kläger seine Abstinenzmotivation festigen sowie aktiv und motiviert an seiner Abstinenzfähigkeit arbeiten können. Er habe sich offen mit der Funktionalität des Suchtmittelkonsums auseinandergesetzt und einige die Sucht aufrechterhaltende Bedingungen in den Verhaltensmustern im Denken und in bisherigen Gewohnheiten erkannt. Die Entlassung sei arbeitsfähig erfolgt, die Beurteilung der Dienstfähigkeit werde in das Ermessen des Truppenarztes gestellt.

Die S2 führte versorgungsärztlich aus, dass die von dem Kläger geschilderten Ereignisse in A im Wesentlichen bestätigt worden seien. Eine erstmalige Behandlung wegen einer Alkoholentzugsproblematik sei im August 2006 dokumentiert, im gleichen Zeitraum eine urologische Behandlung wegen eines fraglichen Nierenbeckentumors erfolgt. Tumorzellen seien keine gefunden worden. Aus der Akte ergebe sich, dass der Kläger in einer Alkoholiker-Familie mit Gewalt und Streit aufgewachsen sei und als junger Mann keine Vorstellung davon gehabt habe, wie gefährdet er selbst sei alkoholabhängig zu werden. Seine Alkoholexzesse vor allen Dingen in mittleren Jahren hätten den Grundstein dafür gelegt. Aus allen Untersuchungsberichten sei offensichtlich, dass es dem Kläger nicht gelungen sei, selbst die Verantwortung für seine wegen des Alkoholmissbrauchs gescheiterten Ehen zu übernehmen und entsprechende therapeutische Hilfen in Anspruch zu nehmen. So habe sich die Alkoholabhängigkeit schicksalhaft weiterentwickelt. Die Erlebnisse im Auslandseinsatz seien sicherlich belastend gewesen, zumal der Kläger einen Freund verloren habe und der Verlust für ihn nicht erträglich sei. Jedoch seien die Belastungen durch die Einsätze nicht wesentliche Ursache, sondern vor dem Hintergrund einer familiären Belastung mit bereits in der Jugend begonnenem Alkoholmissbrauchs zu sehen. Nicht selten schämten sich Alkoholiker wegen ihres Verhaltens und ihrer ständigen Rückfälle, entwickelten deswegen depressive Episoden. Eine Wehrdienstbeschädigung bestehe weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung.

Mit Bescheid vom 29. Januar 2015 stellte die Beklagte fest, dass die festgestellte Gesundheitsstörung „schwere Alkoholabhängigkeit“ nicht Folge einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 SVG sei und lehnte einen Anspruch auf Ausgleich nach § 85 SVG ab.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch (Beschwerde) und legte das Schreiben des P, Bundeswehrzentralkrankenhaus K, vom 6. März 2015 vor. Dieser führte aus, dass die gestellte Diagnose einer PTBS als Folge der Auslandseinsätze 2003 und 2004 nicht erwähnt werde. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Entwicklungen seit dem Sommer 2014 bei der Entscheidung nicht berücksichtigt worden seien. Hierzu sei anzumerken, dass es erhebliche Probleme bei der Diagnose der PTBS gegeben habe. Schon von Anfang an bei der ersten Vorstellung habe der Verdacht auf das Vorliegen einer PBTS bestanden, was aber in den stationären Aufenthalten nie ausreichend habe bestätigt werden können. Sobald eine Annäherung an das Thema stattgefunden habe, sei eine Bagatellisierung der Beschwerden mit Ausweichen in das Suchtverhalten erfolgt. Dieses habe schon im Auslandseinsatz 2003 begonnen, erst während des stationären Aufenthalts vom 19. März bis 9. Juli 2014 habe sich die Diagnose der PTBS erhärten lassen. Das Setting sei so gestaltet worden, dass der Kläger gleichzeitig einerseits an der Alkoholproblematik habe arbeiten und andererseits zulassen können, sich den belastenden Ereignissen aus den Einsätzen 2003 und 2004 zu stellen. Die AHG-Klinik sei spezialisiert auf die Behandlung von Suchterkrankungen in Kombination mit PTBS. Das beschriebene Ausweichverhalten des Klägers gegenüber den traumatisierenden Ereignissen sei ein häufig anzutreffendes Muster, welches spezieller Rahmenbedingungen und Interventionen bedürfe, die die Möglichkeit des Bundeswehrzentralkrankenhauses überstiegen. In der AHG-Klink seien deutliche Fortschritte erzielt worden, sodass sich der Kläger jetzt auf einem guten therapeutischen Weg befinde und aktuell ein zweiter stationär-therapeutischer Aufenthalt in der Klinik zur weiteren Traumakonfrontation stattfinde. Es erscheine eine Neubewertung des Antrags erforderlich, da der früher nur vermutete Zusammenhang zwischen der Suchterkrankung und der einsatzbedingten PTBS jetzt hinreichend belegt erscheine.

S3, führte versorgungsmedizinisch aus, dass die Einwirkungen in Afghanistan 2003 und 2004 geeignet gewesen seien, eine psychoreaktive Störung zu verursachen. Eine erstmalige Vorstellung wegen Alkoholdelir sei im August 2006 dokumentiert, noch im gleichen Monat die Verdachtsdiagnose einer PTBS gestellt worden. Die PTBS werde zur Anerkennung als Wehrdienstbeschädigung ab Oktober 2013 empfohlen, aktenseitig sei kein manifester Vorschaden erkennbar. Konkurrierend und symptomaufrechterhaltend wirke die parallel bestehende, sich im Verlauf verstärkende Alkohol-problematik mit Alkoholabhängigkeit, die allerdings multifaktoriell bedingt sei und die ebenso depressive Störungen verursachen könne, die sich dann mit der PTBS-bedingten depressiven Komponente nicht trennbar überlappe. Aus klinischer Sicht sei es nachvollziehbar, dass der Auslandseinsatz konsumverstärkende Wirkung gehabt habe und die Behandlung darauf abgestimmt worden sei. Dies sei jedoch nicht mit den Vorgaben des sozialen Entschädigungsrechts gleichzusetzen, wie sie einer versorgungsmedizinischen Einschätzung zu Grunde zu liegen hätten. Nach nochmaliger Prüfung könne festgestellt werden, dass bereits im Vorfeld der Einsätze das Alkoholproblem bestanden habe, wie aus den Epikrisen und der Vorgeschichte klar hervorgehe. Neben den eigenanamnestischen Angaben zum Konsumverhalten bestehe auch eine positive Familienanamnese für eine Alkoholkrankheit, also eine Anlage und Voraussetzung für Lernverhalten im Rahmen der Herkunftsfamilie. Dies schließe den im November 2013 diagnostizierten ungünstigen Kompensationsmechanismus bei Traumafolgestörung des Konsums mit ein, stelle aber in keiner Weise die kausale Ursache dafür dar. Das Konsumverhalten spreche dafür, dass eine PTBS-spezifische Symptomatik lange verschleiert geblieben sei und die Diagnosestellung erschwert habe. Dass der Verdacht auf eine PTBS seit den ersten psychiatrischen Vorstellungen bestanden habe, der Kläger immer wieder bagatellisiert habe und in Suchtverhalten ausgewichen sei, werde durch die Untersuchung im März 2015 bestätigt. Die auf eine PTBS hinweisenden Symptome von August 2006 seien retrospektiv als Brückensymptomatik anzusehen. Die Abhängigkeitserkrankung entziehe sich daher der Anerkennung. Der schädigende Vorgang, der zu der durch verschleiernden Alkoholkonsum angedeuteten Traumafolgestörung geführt habe und die letztliche gesundheitliche Schädigung PTBS lägen im Vollbeweis vor. Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem schädigenden Vorgang und der dabei aufgetretenen Gesundheitsstörung sei mit Wahrscheinlichkeit gegeben. Truppenärztliche und psychiatrische Erstvorstellungen seien ab August 2006 erfolgt, eine PTBS sei anfangs nicht gesichert, aber vermutet worden. Die psychiatrische Erstdiagnosestellung einer einsatzbezogenen PTBS sei im März 2014 nach dringendem Verdacht bereits im Oktober 2013 erfolgt. Entsprechend dem letzten vorliegenden Befund bestehe eine Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für mehr als sechs Stunden, die Beziehung zur Ex-Frau und der Tochter sei wieder in Ordnung. Eine neue Partnerschaft sei vielversprechend, der Freundeskreis akzeptierend und unterstützend.

Mit Teilabhilfebescheid vom 22. August 2017 wurde der Bescheid vom 29. Januar 2015 aufgehoben, als Folge einer Wehrdienstbeschädigung eine „Psychoreaktive Störung (hier: PTBS)“, hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 81 SVG, anerkannt und Ausgleich nach § 85 SVG ab 1. Januar 2010 bis längstens zum Dienstzeitende nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30 gewährt. Der Anspruch auf Ausgleich werde dem Grunde nach ab 1. August 2006 anerkannt, für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Dezember 2009 sei der Anspruch jedoch verjährt, nachdem die Ansprüche erst am 19. Februar 2014 geltend gemacht worden seien.

Mit Widerspruchs- (Beschwerde-) bescheid vom 2. Oktober 2017 wurde der Widerspruch (die Beschwerde) im Übrigen zurückgewiesen. Die parallel bestehende und sich im Verlauf verstärkte Alkoholproblematik mit Alkoholabhängigkeit wirke konkurrierend und die Symptomatik aufrechterhaltend zu der PTBS. Die Abhängigkeitserkrankung sei multifaktoriell bedingt und könne ebenso depressive Störungen verursachen, die sich dann mit der PTBS-bedingten depressiven Komponente nicht trennbar überlappten. Aus klinischer Sicht der Behandler sei es nachvollziehbar, dass der Auslandseinsatz konsumverstärkende Wirkung gehabt habe und die Behandlung entsprechend darauf abgestimmt worden sei. Dies könne jedoch nicht mit den gesetzlichen Vorgaben des sozialen Entschädigungsrechts gleichgesetzt werden, wie sie einer versorgungsmedizinischen Einschätzung zugrunde lägen. In der Stellungnahme vom 23. Mai 2017 sei festgestellt worden, dass bereits im Vorfeld der Einsätze das Alkoholproblem bestanden habe, wie aus den Epikrisen und der Vorgeschichte klar hervorgehe. Neben den eigenanamnestischen Angaben zum Konsumverhalten bestehe eine positive Familienanamnese für eine Alkoholkrankheit, also eine Anlage und Voraussetzung für Lernverhalten im Rahmen der Herkunftsfamilie. Das Konsumverhalten spreche dafür, dass eine PTBS-spezifische Symptomatik lange verschleiert geblieben sei und die Diagnosestellung erschwert habe. Die Belastungen durch die Einsätze seien nicht wesentlich Ursache gewesen, sondern der auf dem Hintergrund einer familiären Belastung bereits in der Jugend begonnene Alkoholmissbrauch.
Am 8. November 2017 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben, welches eine Anfrage an das Institut für Wehrmedizinalstatistik gerichtet hat. Dieses hat bereits aktenkundige Befundberichte ab 2010 vorgelegt.

Danach hat das SG das nervenärztliche Sachverständigengutachten des W aufgrund ambulanter Untersuchung vom 2. Juli 2019 erhoben.

Dieser hat ausgeführt, dass sich in den truppenärztlichen Unterlagen von 1992 bis 2003 keine Angaben über Alkoholprobleme fänden, allerdings seien auch keine Laborbefunde dokumentiert. Der Kläger habe insoweit bestätigt, dass beide Eltern ein Alkoholproblem gehabt hätten. Seine Mutter habe, soweit er wisse, bis zu ihrem 35. Lebensjahr sehr viel Alkohol getrunken, dann jedoch aufgehört. Sie sei 2007 mit 60 Jahren an einer Hirnblutung verstorben, nachdem sie zuvor Brust- und Gebärmutterhalskrebs überstanden habe. Sein Vater lebe noch, sei inzwischen 67 Jahre alt.

Im ersten Halbjahr 2003 sei er zum ersten Mal in K1 gewesen, seine Aufgabe habe im Zusammentragen von Informationen bestanden, die an die Bevölkerung weitergegeben worden seien. Während seines Aufenthaltes sei ein Fahrzeug mit zwei Freunden von ihm auf eine Mine gefahren und ein Bus angegriffen worden. In beiden Fällen habe es Tote gegeben. Das habe ihn schon belastet, da es sich um Freunde von ihm gehandelt habe. Er habe damals noch professionell mit der Situation umgehen können. Er selbst sei einmal bei einem Raketenangriff im b Camp dabei gewesen, als eine Rakete aufgeschlagen, jedoch wieder hochgesprungen und dann in einem anderen Lager explodiert sei. Die Frage, ob er während des Aufenthaltes Bedrohungslagen erlebt habe, die ihn selbst wesentlich betroffen hätten, habe er ebenso verneint wie die ergänzende Frage, ob er Situationen erlebt habe, welche die anderen Soldaten nicht gleichermaßen betroffen hätten.

Was seine private Situation in dieser Zeit angehe, sei seine Frau schon vor dem Einsatz fremdgegangen. Es sei richtig, dass es die in einem Bericht vermerkte Situation mit der Dienstwaffe gegeben habe. So habe er an einem Tag zu Hause angerufen, im Hintergrund sei eine Männerstimme zu hören gewesen, die seine Frau zum Geschlechtsverkehr aufgefordert habe, danach habe er sich Eins und Eins zusammenrechnen können. Auf dem Rückweg nach Deutschland als ihn seine Frau in K abgeholt habe, habe sie ihm eröffnet, dass sie gerne zusammen mit ihm und ihrem Freund eine Wohngemeinschaft machen wolle. Das habe ihn natürlich nicht begeistert, abends sei sie dann zu ihrem Freund gegangen.

Was den Alkoholkonsum während des ersten A-Aufenthaltes angehe, habe er die ersten drei Wochen gar nichts getrunken. Als dann seine beiden Freunde auf die Mine gefahren seien, habe er in den Wochen danach vermehrt Alkohol konsumiert. Auf den Vorhalt, dass das Ereignis im Mai 2003 gewesen sei, in den Unterlagen aber vermerkt sei, dass er am 11. Januar 2003 bereits nach K1 geflogen sei, habe der Kläger angegeben, dass sich der Flug immer wieder verzögert habe.

Zum weiteren Verlauf zu Hause habe der Kläger berichtet, dass ihn seine Frau zur Ablenkung mit ihrer besten Freundin habe verkuppeln wollen. Die sei aber nicht nach seinem Geschmack gewesen und er habe zu diesem Zeitpunkt ohnehin die Nase voll gehabt von Frauen. Er sei dann mit beiden weg gewesen, dabei sei zufällig deren Schwester dabei gewesen, diese habe er dann nett gefunden und es habe sich eine Beziehung angebahnt. Wenn in den Unterlagen vermerkt sei, dass es zwischen seiner Frau und seiner neuen Freundin Ärger gegeben habe, dann sei dies richtig. Nach einiger Zeit habe seine Frau wieder zu ihm zurückgewollt, seine neue Freundin habe aber schon bei ihm gewohnt. Dies sei noch vor seinem zweiten Einsatz gewesen.

Auf den Vorhalt, dass es hinsichtlich des Alkoholkonsums nach der Rückkehr aus K1 diskrepante Angaben gebe, wonach er laut Anamnese 2012 mehr getrunken, laut Anamnese 2016 weniger getrunken habe, habe er korrigiert, dass letzteres richtig sei. Als er seine neue Freundin und spätere Frau damals kennengelernt habe, habe er nur sehr wenig Alkohol getrunken. Sie seien immer mit dem Auto unterwegs gewesen. Wenn in den Unterlagen stehe, der zweite Aufenthalt in A habe vom 5. März bis 10. Juli 2004 gedauert, sei dies nur bedingt richtig. Die Rückkehr habe sich verzögert, da seinerzeit für die deutschen Transall-Flugzeuge ein Flugverbot bestanden habe und die A1 sie nicht hätten ausfliegen wollen. Es habe sich daher nach seiner Erinnerung bis in den August hineingezogen. Er sei diesmal der Nato unterstellt gewesen und habe mit verschiedenen Nationalitäten zusammenarbeiten müssen. Auf die Frage, ob es während dieses Aufenthaltes traumatische Erlebnisse gegeben habe, habe der Kläger angegeben, dass es öfters zu Raketenbeschuss gekommen sei. Er habe unter Dauerstress gestanden, da sie in ihrer Informationskompanie ungepanzert unterwegs gewesen seien. Eine unmittelbare Bedrohungslage habe aber nicht bestanden. Auf die Frage, inwieweit Kontakt zu Einheimischen bestanden habe, habe der Kläger über einen a-Mitarbeiter berichtet worden. Was den Alkoholkonsum während dieser Zeit angehe, sei dies unterschiedlich gewesen. Er habe schon darauf geachtet, dass er im Dienst nüchtern gewesen sei, habe sich während dieser Zeit professionell verhalten. Er habe sicherlich auch nicht mehr getrunken als andere.

Nach seiner Rückkehr habe man ihm nahegelegt, zu einer neu aufgestellten Eingreiftruppe der Nato zu gehen. Er sei über das Jahr 2005 dort ausgebildet worden, habe zahlreiche Übungen gemacht, sei in verschiedenen Ländern gewesen und habe sehr viele Impfungen über sich ergehen lassen müssen. Die Ausbildung sei zum 1. Januar 2006 abgeschlossen gewesen, sie habe ihm Spaß gemacht, er sei gerne Soldat gewesen.

2006 sei die Situation aus dem Ruder gelaufen. Im Frühjahr habe er sich den Finger gebrochen, während seine Frau gerade ihre Examensarbeit als Ergotherapeutin abgelegt habe. Während der Krankschreibung sei er aus dem System heraus gewesen, zur Ruhe gekommen, entspannt gewesen und habe keinen Stress mehr gehabt. Danach habe er noch seinen Urlaub abgefeiert, sei in dieser Zeit viel eingeladen gewesen und habe Bier getrunken. Er habe dann plötzlich Blut im Urin bemerkt und sich im Krankenhaus K vorgestellt, mit dem Alkohol habe er einige Tage vorher aufgehört. Dies sei ihm wohl nicht gut bekommen, wie er heute wisse. Er sei jedenfalls im Krankenhaus in K delirant geworden, habe mehrfach zwischen Urologie und Psychiatrie gewechselt. Im Verlauf habe man Nierenkrebs diagnostiziert und ihn innerhalb von drei Jahren 21mal in Vollnarkose operiert. Inzwischen sei die Situation stabil, Metastasen erfreulicherweise nicht aufgetreten.

Während des Krankenhausaufenthaltes habe er ein Belastungswochenende gehabt, sei zu einem Fußballspiel gegangen und habe erstmals wieder Alkohol getrunken, was er versucht habe zu verbergen. Er sei dann ins Auto gestiegen. An Details könne er sich nicht mehr erinnern, nach Aussage der Polizei sei er mit Warnblinklicht losgefahren, habe alle weggedrängt und sei mit 120 km/h in die Stadt hineingefahren. Als er hinter sich Blaulichter gesehen habe, habe er gedacht, dass er von den Feldjägern unterstützt werde. Er sei dann wie aus einer Seifenblase erwacht und rechts an den Straßenrand gefahren.

Befragt nach den angegebenen Albträumen habe der Kläger geschildert, dass er in diesen regelmäßig andere Menschen umbringe. Früher habe dies etwas mit den Einsätzen zu tun gehabt, später mit der Bundeswehr. Es seien reale Träume, dass er entlassen werde, er sehe aber auch immer wieder muslimische Menschen, die er umbringe. Er denke eigentlich, er sei nicht aggressiv. In diesem Zusammenhang habe er ein Ereignis geschildert im Alter von 14 Jahren. Er sei damals in der Schule von einem Kickboxer zusammengetreten worden, zwei Wochen im Krankenhaus gewesen. Im Anschluss daran habe er ein Jahr lang aus Frust und Hass Kampfsport gemacht, dies dann als eigenen Sport angesehen und weiter trainiert.

Der Kläger sei mit seiner zweiten Frau seit 2005 verheiratet, die gemeinsame Tochter sei 2008 geboren. Nach der ersten Therapie habe er bis 2010 nichts getrunken, weshalb er damit wieder angefangen habe, könne er nicht sagen. Seitdem stehe das Alkoholproblem wieder ganz im Vordergrund, 2012 habe er eine Langzeit-Therapie gemacht, inzwischen weitere Therapien durchgeführt. Von seiner Frau sei er seit 2013 getrennt, diese habe sich inzwischen scheiden lassen. 2018 habe ihn die Bundeswehr entlassen, im selben Jahr sei er nochmals alkoholisiert Auto gefahren. Mit seiner Betreuerin verstehe er sich gut, er wohne in U in einer bundeseigenen Wohnung. Auf die Frage, warum er sein Alkoholproblem nicht in den Griff bekomme, habe der Kläger angegeben, dass er viele Probleme habe. Als Beispiel sei das therapeutische Kegeln in Z zu nennen. Da seien zwei Türken dabei gewesen, die in ihrer Sprache gesprochen hätten. Daraufhin sei er wieder in einer anderen Welt gewesen, habe sich im Einsatzland gefühlt. Auf die Frage, warum er hier abgedriftet sei, habe der Kläger angegeben, wieder Hassgefühle entwickelt zu haben. Deswegen sei er schon in der Vergangenheit mehrfach aggressiv geworden. Dies sei auch der Fall, wenn er nüchtern sei. Er habe einfach einen Hass gegen diese Menschen, denen er versucht habe, zu helfen und dabei auch viel auf sich genommen habe. Aktuell sei er im ZfP  S4 stationär. Die Behandlung in U habe er zuvor abgebrochen, weil er wieder getrunken habe. Einen ambulanten Psychiater habe er in U nicht.

Die medikamentöse Therapie auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe in Sertralin 200 mg, die übrigen Medikamente behandelten den Blutdruck sowie die Leberkomplikationen.

Psychopathologisch habe er im Erstkontakt etwas distanzgemindert im Sinne einer hirnorganischen Wesensänderung gewirkt. Die biographische Anamnese habe sich zunächst unproblematisch gestaltet, er habe sachlich und zusammenhängend seinen Werdegang geschildert, wobei er Alkoholprobleme in der Jugend vehement verneint habe. Bemerkenswert erscheine das im Nachhinein vorgetragene Ereignis im Alter von 14 Jahren, nachdem erstmals ausgeprägte Hassgefühle verbalisiert worden seien, die er mit Sport kompensiert habe. Etwas verlegen habe er dann die Probleme mit seiner ersten Frau geschildert, die umfangreich neben ihm andere Partner gehabt habe. Hier sei eine Kompensation mit Alkohol eingeräumt worden.

Die beiden Auslandseinsätze 2003 und 2004 seien sachlich ohne auf der Befundebene ersichtliche vegetative Begleiterscheinungen und ohne wesentliche Vermeidungsverhalten geschildert worden, wenngleich auffällig gewesen sei, dass der Tod der Kameraden von ihm im Vergleich zur übrigen Schilderung etwas „spärlich“ ausgefallen sei. Er habe immer wieder den professionellen Umgang mit dieser Situation betont und eingeräumt, dass für ihn selbst keine wesentlichen Bedrohungslagen bestanden hätten. Er sei auch nicht unmittelbar in die beiden konkreten Ereignisse involviert gewesen. Er habe aber natürlich die zugehörigen Fotographien gesehen. Etwas im Dunkeln bleibe, inwieweit der von ihm berichtete verstärkte Alkoholkonsum während des Aufenthaltes 2003 durch den Tod des Freundes oder durch die Konflikte mit der Ehefrau bedingt gewesen seien, was sich möglicherweise nicht klar trennen lasse. In der Schilderung sei insbesondere auch 2004 keine unmittelbare Bedrohung deutlich geworden und auf Vorhalt der diesbezüglich anders lautenden Unterlagen habe der Kläger vehement daran festgehalten, dass er im Zeitraum seiner Rückkehr vom ersten Aufenthalt in A bis Anfang 2006 kein Alkoholproblem gehabt habe. Mit durchaus leuchtenden Augen sei von der Zugehörigkeit zu der Spezial-Eingreiftruppe der Nato in den Jahren 2005/2006 berichtet worden.

Als entscheidenden Knick in der Lebenslinie ließen sich die Ereignisse im Frühjahr/Sommer 2006 herausarbeiten. Er habe mit der Entspannungsphase, die er auf einem Campingplatz verbracht habe, nichts anfangen können, wobei jedoch irgendwelche Wiedererinnerungen an traumatische Erlebnisse nicht ersichtlich seien, eher ein kontinuierliches Hineinrutschen in einen problematischen Alkoholkonsum. Hinzu gekommen sei die Nierenkrebserkrankung im Sommer 2006, die von ihm ausgeprägt abwehrend und nur auf eingehendes Nachfragen thematisiert worden sei.

Unklar geblieben sei in der Exploration das Ereignis 2006, bei dem er den Führerschein verloren habe, Angaben in den Unterlagen hierzu fänden sich nicht. Es bleibe im Dunkeln, ob es sich um ein dissoziatives Erleben oder einen pathologischen Rausch gehandelt habe. Auf mehrfache Nachfrage sei bestätigt worden, dass er in der Zeit danach bis 2010 nichts getrunken habe und es weder beruflich noch privat wesentliche Probleme gegeben habe. Die Gründe für den Rückfall 2010 und die im November 2010 notwendig gewordene Entzugstherapie hätten nicht erfragt werden können, dokumentiert seien in diesem Zeitraum nur urologische Probleme. Bei der nachfolgenden Exploration habe sich eine ausgeprägte Unruhe gezeigt, der Kläger habe ohne Punkt und Komma Konflikte mit seiner Ex-Frau geschildert, wobei vieles durcheinander gegangen sei. Immer wieder komme er hierbei darauf zu sprechen, dass dies alles mit seiner PTBS zusammenhänge, bei detaillierter Befragung sei der Kläger häufig ausweichend erschienen, habe auf die Therapien und vor allem Hassgefühle gegen muslimische Menschen verwiesen. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang erscheine die Aussage, er habe viel auf sich genommen, um diesen Menschen zu helfen, was psychodynamisch eher an eine Projektion auf seine desolate familiäre Situation denken lasse. Das formale Denken sei verständlicherweise in erheblichem Umfang an dem Vorliegen einer Traumafolgestörung verhaftet, nicht zuletzt unter dem Aspekt der inzwischen offensichtlich schwierigen medizinischen Versorgung in der privaten Krankenversicherung. Im Übrigen sei der Gedankengang zunächst geordnet gewesen, erst bei der Schilderung der letzten Jahre sprunghaft und wenig zielorientiert. Zwangshandlungen oder Zwangsimpulse seien nicht ersichtlich gewesen, auch kein erkennbares Vermeidungsverhalten. Im Antrieb sei der Kläger über die gesamte Exploration und Untersuchung hinweg völlig ungestört und adäquat reagierend gewesen.

Bei der aktuell erstmaligen nervenärztlichen Begutachtung aufgrund einer persönlichen Untersuchung habe er berichtet, dass er derzeit erneut stationär in der Psychiatrie und inzwischen gesetzlich betreut sei. Nach der Entlassung aus der Bundeswehr 2018 sei er im selben Jahr nochmals alkoholisiert Auto gefahren, habe im L in G die Schranke durchbrochen und sei gegen Leitplanken gefahren.

Als Grund dafür, dass er sein Alkoholproblem nicht in den Griff bekomme, nenne er vor allem das alltägliche Erleben muslimisch aussehender Menschen. Er habe einen Hass gegen diese entwickelt. Er habe versucht, diesen zu helfen und habe dabei viel persönlich auf sich genommen, auch Freunde verloren. Wenn er jetzt muslimisch aussehende Menschen sehe und diese in ihrer Sprache redeten, dann werde er einfach aggressiv und trinke dann wieder. Mehrfach sei es schon zu körperlichen Konflikten gekommen. Die neurologische Untersuchung lasse mit Ausnahme eines leichten Tremors und einer vermehrten Schweißneigung aktuell keine wesentlichen Alkoholfolgestörungen erkennen. In psychischer Hinsicht ergäben sich auf der Befundebene keine Anhaltspunkte für eine schwerwiegende depressive Symptomatik. Nicht zu verkennen sei eine leichtgradige hirnorganische Wesensänderung.

Zum Auftreten von Suchterkrankungen als Komorbidität im Rahmen einer PTBS fände sich eine recht umfangreiche Literatur, beginnend mit der Untersuchung von Veteranen des Vietnam-Krieges. Im Kontext der vorliegenden Situation erscheine dabei bemerkenswert, dass darauf hingewiesen worden sei, dass bei den Betroffenen die Entwicklung eines Suchtverhaltens zeitnah und parallel zur Entwicklung der posttraumatischen Symptome nach dem Aufenthalt in Vietnam aufgetreten sei. Das entspreche auch Studien von Kriegsgefangenen- und teilnehmern, bei denen ein verzögerter Beginn über mehr als sechs bis zwölf Monate nach Heimkehr lediglich in einer Größenordnung von 1 % aufgetreten sei. Das komorbide Auftreten von Suchtproblemen zusammen mit einer PTBS werde in der Literatur sehr variabel mit 10 bis 61 % angegeben. Beschrieben werde dabei auch ein enger Zusammenhang mit der Häufigkeit traumatisierender Ereignisse. Alkohol diene vor allem der „Selbstmedikation“. Bemerkenswert im Hinblick auf die aktuelle Situation seien Studien, wonach begleitende Krankheiten das komorbide Auftreten einer Suchtproblematik bei PTBS erhöhten. Gleiches gelte für begleitende psychosoziale Konflikte bei Fehlen protektiver Persönlichkeitseigenschaften.

Zusammenfassend sei die Beurteilung im vorliegenden Fall äußerst schwierig, da es schwerfalle, die Diagnose einer PTBS mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu begründen. Dies beginne schon beim A- oder Eingangskriterium, da bei dem Kläger kein eigenes Bedrohungserleben vorgelegen habe. Zwar nenne die DSM-V die „Erfahrung wiederholter oder extremer Konfrontation mit aversiven Details“, wobei sich die Begründung für dieses Kriterium ausdrücklich auf Leichenentsorger beziehe. Eine derartige unmittelbare Konfrontation mit Leichenteilen sei beim Kläger aber nicht zu eruieren. Dies betreffe auch den zeitlichen Verlauf. „Kernsymptome“ einer PTBS wie Intrusionen, Flash-backs sowie auch dissoziative Störungen seien erst ab 2014 beschrieben, während ein derartiges Erleben zuvor z. T. ausdrücklich verneint, zumindest jedoch trotz mehrmaliger mehrmonativer psychiatrischer Aufenthalte nicht beschrieben worden sei. Es scheine zumindest schwer vorstellbar, dass der Kläger derartige Symptome annähernd 10 Jahre nach den Wehrdienstaufenthalten in A nicht thematisiert hätte, während umgekehrt Partnerprobleme in den verschiedenen Berichten umfangreich vermerkt seien. Auch lasse die aktuelle Schilderung eher daran denken, dass der Kläger verständlicherweise die damals auftretenden familiären Probleme darauf zurückführe, dass er – tausende Kilometer von der Heimat entfernt – habe mitbekommen müssen, wie sich seine Frau mit anderen vergnüge, während er in A festgesessen sei. Hierfür spreche nicht zuletzt die seinerzeit abortive Suizidhandlung mit der Dienstwaffe. In diesem Kontext erscheine dann auch sein Hass gegen muslimisch aussehende Männer auf dem Boden bereits in der Jugend erlebter Frustrationserlebnisse verständlich, ohne dass hierfür zwingend eine PTBS vorliegen müsse.

Suchterkrankungen als komorbide Störungen seien typische Begleiterkrankungen einer PTBS im Rahmen von Wehrdienst- und Kriegsereignissen. Eine bereits vor 2003 bestehende Suchtproblematik sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisbar, eine lediglich bestehende Vulnerabilität allein begründe nicht die Ablehnung einer Suchtkrankheit als komorbide Traumafolgestörung. Unter der Voraussetzung einer PTBS sei demnach die Alkoholkrankheit mit Wahrscheinlichkeit als mittelbare Folge dieser PTBS einzuschätzen, da in diesem Fall der PBTS gegenüber konkurrierender Faktoren eine zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung zukäme.

Eine völlig andere Einschätzung ergebe sich demgegenüber hinsichtlich der Frage des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Alkoholkrankheit und Wehrdiensttätigkeit ohne Vorliegen einer PTBS. In diesem Fall käme den umfangreich vorliegenden konkurrierenden Faktoren wesentlich mehr Bedeutung zu. Zu nennen seien hier zum einen Partnerschaftskonflikte, die den ersten Aufenthalt 2003 in A in ausgeprägter Form begleitet hätten und nachfolgend zur Scheidung geführt hätte, zum anderen die 2006 aufgetretene schwere körperliche Erkrankung, welche die berufliche Perspektive bei der Nato-Eingreiftruppe zerstört habe und über Jahre hinweg mit verständlichen Ängsten einhergegangen sei. Für die überwiegende Bedeutung konkurrierender Faktoren spreche in diesem Fall der undulierende Verlauf mit längeren Abstinenz- oder zumindest hinsichtlich der Suchtproblematik unproblematischen Zeiten 2004/2005 sowie 2007/2008. Hinsichtlich der derilanten Symptomatik 2006 räume der Kläger selbst ein, dass er damals auf dem Campingplatz in einen hohen Alkoholkonsum hineingerutscht sei und 2006 sei die Diagnose eines Rezidivs der Krebserkrankung gestellt worden, was verständlicherweise erneut mit erheblichen Ängsten einhergegangen sei. Ein Gegenargument könnten allenfalls die Ereignisse 2006 sein, die damals zum erneuten Verlust des Führerscheins geführt hätten. Hier werde vom Kläger ein inhaltlicher Zusammenhang mit den Ereignissen in A hergestellt.

Unter der Voraussetzung eines Zusammenhangs mit der anerkannten PTBS sei der GdS von 2006 bis 2010 auf 30, von 2010 bis 2016 auf 50 und ab 2018 auf 80 einzuschätzen. Ohne Bezug zu einer PTBS sei kein GdS für die bestehende Alkoholkrankheit begründet.

Die Beklagte ist dem Sachverständigengutachten entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass versorgungsärztlich die Ausführungen hinsichtlich einer großzügigen Anerkennung einer Traumafolgestörung nachvollzogen, aber die Kritik an der erfolgten Anerkennung nicht geteilt werden könne. Jedoch sei eine darüber hinaus gehende Anerkennung der Abhängigkeitserkrankung als jeglichen Ermessensspielraum überschreitend zu beurteilen. Die vom Sachverständigen vorgenommene Verknüpfung zwischen Einsatzfolgestörung und Abhängigkeitserkrankung werde von diesem lediglich mit einem in der Literatur beschriebenen komorbiden Auftreten von Suchtproblemen im Zusammenhang mit einer PTBS begründet. Er beschreibe selbst zahlreiche konkurrierende Faktoren, die ursächlich für die Entwicklung psychischer Erkrankungen seien.

W hat ergänzend gehört dargelegt, dass zwei unterschiedliche Beurteilungen denkbar seien. Nehme man als Maßstab, dass beim Kläger als Wehrdienstbeschädigung eine manifeste PTBS im Sinne einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit anerkannt sei, wie dies durch einen GdS von 30 dokumentiert werde, lägen zwar konkurrierende Ursachen im Sinne einer Neigung zu schädlichem Alkoholgebrauch sowie zur Konfliktbewältigung mit Alkohol vor, vor den Auslandseinsätzen 2003/2004 sei aber keine Suchterkrankung trotz zahlreicher truppenärztlicher Untersuchungen einschließlich mehrmaliger Bestätigung der Auslandsverwendungsfähigkeit anhand von medizinischen Befunden im erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen. Entsprechend sei nur das Vorliegen einer Schadensanalage festzuhalten. Nachdem die zunehmenden Alkoholprobleme erst danach dokumentiert seien, spreche in diesem Fall mehr für als gegen die Annahme, dass die in ihrem Schweregrad als erheblich anerkannte PTBS im Vergleich zum Schweregrad der erkennbaren konkurrierenden Faktoren zumindest annähernd gleichwertig zur Entwicklung der Suchterkrankung im Sinne einer mittelbaren Schädigungsfolge beigetragen habe. Völlig anders sei die Situation, wenn er selbst die unmittelbaren Wehrdienstfolgen zu begutachten gehabt hätte. In diesem Fall sei für ihn eine PTBS als Schädigungsfolge nicht zu diagnostizieren gewesen, da er weder das Eingangskriterium für gegeben erachte, noch die für die Diagnosestellung erforderlichen Kernsymptome für hinreichend zeitnah nachgewiesen ansehe. Wenn aber keine derartige Traumafolgestörung vorliege, sei die Suchterkrankung nicht mittelbare Schädigungsfolge, sondern es sei zu klären, ob die Auslandsaufenthalte selbst mit den damit zusammenhängenden Problemen, insbesondere der durch die Trennung exazerbierte Partnerkonflikt mit Suizidideen als unmittelbare Schädigungsfolge eine Suchterkrankung begründeten. In diesem Fall komme dann aber den konkurrierenden lebensgeschichtlichen Faktoren die deutlich überwiegende Bedeutung zu, zumal derartige Ereignisse zwar sicherlich nicht alltäglich seien, jedoch zum Spektrum dessen gehörten, was auch im normalen Leben vorkomme. Letztlich obliege es der rechtlichen Würdigung, welche Variante als maßgeblich angesehen werde.

Die Beklagte ist der ergänzenden Stellungnahme unter Vorlage der Stellungnahme des K2, erneut entgegengetreten. Danach werde nicht in Frage gestellt, dass Abhängigkeitserkrankungen häufig komorbid zu Traumafolgestörungen aufträten, Komorbidität begründe aber keine Kausalität. Das Postulieren einer ursächlichen Gleichwertigkeit der benannten konkurrierenden Faktoren mit der Traumafolgestörung sei nicht nachvollziehbar. Individuelle Faktoren wie genetische Belastung und Lerngeschichte spielten ebenso wie die spezifische Wirkung der Droge Alkohol eine wesentliche Rolle. Eine Einordnung als eindeutige Begleiterscheinung der Traumafolgestörung sei nicht möglich.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat das Wehrdienstverhältnis des Klägers zum 30. Juni 2018 geendet. Daraufhin hat die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 19. Juni 2018 eine „Psychoreaktive Störung“ als Schädigungsfolge festgestellt, die einen GdS von 30 bedingt und Grundrente nach § 80 SVG i. V. m. §§ 30, 31 BVG ab dem 1. Juli 2018 gewährt. Nach § 80 SVG erhalte ein Soldat nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses auf Antrag Versorgung nach den entsprechenden Vorschriften des BVG. Diese beginne ab dem Tag, der auf die Beendigung des Wehrdienstverhältnisses folge.

Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2020 hat das SG den Bescheid vom 29. Januar 2015 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 22. August 2017 in der Gestalt des Beschwerdebescheides vom 2. Oktober 2017 abgeändert, eine schwere Alkoholabhängigkeit als weitere Folge der Wehrdienstbeschädigung festgestellt und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Ausgleich nach einem GdS von 50 ab dem 1. Januar 2010 und nach einem GdS von 80 ab dem 1. Januar 2018 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sowohl das Vorliegen einer PTBS als auch das Vorliegen einer schweren Alkoholabhängigkeit unstreitig sei. Die „psychoreaktive Störung (hier: PTBS)“ sei von der Beklagten mit Teilabhilfebescheid vom 22. August 2017 als Wehrdienstbeschädigung bestandskräftig festgestellt und als hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 81 SVG anerkannt worden. Der GdS sei mit 30 ab 5. August 2006 festgestellt und Ausgleich nach § 85 SVG ab dem 1. Januar 2010 gewährt worden. Daher sei im vorliegenden Rechtsstreit vom Vorliegen einer PTBS als Wehrdienstbeschädigung auszugehen. Auf die Ausführungen des W, der das Vorliegen einer PTBS bezweifle, komme es daher nicht an. Ergänzend sei lediglich darauf hinzuweisen, dass sich die Kammer der versorgungsmedizinischen Beurteilung anschließe und vom tatsächlichen Vorliegen einer PBTS ausgehe. Die schwere Alkoholkrankheit des Klägers sei als komorbide Störung der PTBS anzusehen und damit mit Wahrscheinlichkeit als mittelbare Folge der PTBS einzuschätzen, sodass ihr gegenüber den konkurrierenden Ursachen zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung zukomme. Das komorbide Auftreten von Suchtproblemen zusammen mit einer PTBS werde, so W, in der Literatur sehr variabel mit 10 bis 61 % angegeben. Beschrieben werde dabei auch ein enger Zusammenhang mit der Häufigkeit traumatischer Ereignisse. Alkohol diene vor allem der Selbstmedikation. Bemerkenswert erschienen auch Studien, wonach begleitende Krankheiten das komorbide Auftreten einer Suchtproblematik bei PTBS erhöhten. Gleiches gelte für begleitende psychosoziale Konflikte bei Fehlen protektiver Persönlichkeitseigenschaften. Suchterkrankungen als komorbide Störungen bzw. als „Selbstmedikation“ im Rahmen einer PTBS seien eine typische Begleitreaktion einer PTBS im Rahmen von Wehrdienst- und Kriegsereignissen. Eine bereits vor 2003 bestehende Suchtproblematik sei beim Kläger nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisbar, eine lediglich bestehende Vulnerabilität allein begründe nicht die Ablehnung einer Suchtkrankheit als komorbide Traumafolgestörung. In seiner ergänzenden Stellungnahme habe W nochmals erläuternd ausgeführt, dass wenn man vom Vorliegen einer PTBS im Sinne einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ausgehe, zwar konkurrierende Ursachen im Sinne einer Neigung zum schädlichen Alkoholgebrauch sowie zur Konfliktbewältigung mit Alkohol beim Kläger vorlägen, jedoch sei vor den Auslandseinsätzen 2003 und 2004 bislang keine Suchterkrankung im erforderlichen Vollbeweis trotz zahlreicher truppenärztlicher Untersuchungen einschließlich mehrmaliger Bestätigung der Auslandsverwendungsfähigkeit anhand von medizinischen Befunden nachgewiesen. Daher sei lediglich vom Vorliegen einer Schadensanlage auszugehen. Nachdem die zunehmende Alkoholproblematik erst danach dokumentiert sei, spreche im vorliegenden Fall unter Einbeziehung der wissenschaftlichen Literatur mehr für als gegen die Annahme, dass die in ihrem Schweregrad als erheblich anerkannte PTBS im Vergleich zum Schweregrad der erkennbaren konkurrierenden Faktoren zumindest annähern gleichwertig zur Entwicklung der Suchterkrankung im Sinne einer mittelbaren Schädigungsfolge beigetragen habe. Der von der Beklagten hiergegen eingewandte Aspekt, die individuellen Faktoren, wie genetische Belastung und Lerngeschichte, spielten ebenso wie die spezifische Wirkung der Droge Alkohol eine wesentliche Rolle, könne die Ausführungen des Sachverständigen nicht entkräften. Denn die Beklagte gehe gerade auf den vom Sachverständigen dargelegten Sachverhalt, dass die angeführten konkurrierenden Ursachen wie Suchtneigung und Konfliktbewältigung mit Alkohol vor den Auslandseinsätzen nie in den truppenärztlichen Untersuchungen und Unterlagen Gegenstand gewesen seien, nicht ein. Auch hinsichtlich der GdS-Bewertung schließe sich die Kammer den Ausführungen des Sachverständigen an.

Am 2. Februar 2021 hat die Beklagte Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. W führe im Wesentlichen aus, dass weder die PTBS noch die Alkoholkrankheit kausal auf den Wehrdienst zurückzuführen seien. Seine hypothetischen Ausführungen zur Kausalität zwischen Wehrdienst und Alkoholerkrankung ergäben sich lediglich aus dem Umstand, dass die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Teilabhilfebescheid die „Psychoreaktive Störung (hier: PTBS)“ anerkannt habe. Die Ausführungen zur hypothetisch angenommenen PTBS seien daher jeweils im Konjunktiv abgefasst. Der Teilabhilfebescheid vom 22. August 2017 sei nicht bestandskräftig geworden, da er streitgegenständlich sei. Darüber hinaus widersprächen die Erwägungen des SG den versorgungsmedizinischen Grundsätzen, nach denen jeweils für jede Gesundheitsstörung der ursächliche Zusammenhang vollständig im Sinne der gesamten Kausalkette festzustellen sei. Es müsse bei einer Verschlimmerung einer anerkannten Gesundheitsstörung nicht nur geprüft werden, ob diese vorliege, sondern auch, ob sie sich kausal auf den Wehrdienst zurückführen lasse. Weiter sei beim Auftreten von Folgeschäden nicht nur die Kausalität zwischen der anerkannten Gesundheitsstörung und dem Folgeschaden zu prüfen, sondern auch, ob die anerkannte Schädigungsfolge gemäß dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft noch anerkannt würde. Die Feststellungen zur Höhe des GdS hielten einer Überprüfung ebenfalls nicht stand, da bei erkennbar nachträglich eingetretenen wesentlichen konkurrierenden Ursachen (Tumorerkrankung, Scheidung, Entlassung) im zeitlichen Verlauf der Verschlimmerungsanteil hätte bestimmt und eine Verschiebung der Wesensgrundlage erörtert werden müssen. Letztlich sei eine Verurteilung über das Dienstzeitende am 30. Juni 2018 hinaus rechtsfehlerhaft, da der Anspruch gemäß § 85 Abs. 4 Satz 3 SVG mit Beendigung des Wehrdienstverhältnisses erlösche.

Ergänzend hat sie die versorgungsmedizinische Stellungnahme des K2 vorgelegt. Danach sei zu den Begrifflichkeiten darauf hinzuweisen, dass der Begriff der Schadensanlage eine individuell vorhandene Disposition beschreibe, bestimmte Krankheiten zu entwickeln. Vom Vorschaden unterscheide sich die Schadensanlage dadurch, dass sie vor dem Ereignis funktionell bedeutungslos gewesen sei und keine klinischen Erscheinungen hervorgebracht habe. Es sei daran festzuhalten, dass die bestehende Alkoholabhängigkeit konkurrierend und die Symptomatik aufrechterhaltend zu der PTBS wirke. Die Abhängigkeitserkrankung selbst sei multifaktoriell bedingt. Wesentliche Ursache seien nicht die Belastungen durch die Einsätze, sondern der auf dem Hintergrund einer familiären Belastung bereits in der Jugend begonnene Alkoholmissbrauch. Die ursprüngliche Anerkennung einer PTBS bereits ab 2006 berücksichtige schon die gegenseitige Beeinflussung von Suchterkrankung und Traumafolgestörung. Ansonsten sei eine ausreichend diagnostisch gesicherte PTBS erst ab Ende 2013 zu berücksichtigen gewesen. Dass eine vorbestehende Suchtproblematik keinen Eingang in truppenärztliche Untersuchungsbefunde und Eignungsnachweise für die Auslandseinsätze gefunden habe, begründe nicht die Gewissheit, dass ein Alkoholmissbrauch (oder sogar bereits eine Abhängigkeit) nicht schon vor den Einsatzverwendungen bestanden habe. Das SG habe hier die Möglichkeit zur Anerkennung von Schädigungsfolgen im Sinne der Verschlimmerung nicht berücksichtigt. Auch begründe der Verweis auf in der Literatur beschriebenes komorbides Auftreten von PTBS und Alkoholabhängigkeit keine Kausalität bzw. entbinde die zitierte Literatur nicht von der Verpflichtung des Abwägens konkurrierender Faktoren. Durchaus habe das SG die Möglichkeit der Anerkennung im Sinne der Verschlimmerung diskutieren können. Jedoch stehe dem die Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen entgegen. Das gegenseitige Beeinflussen von Traumafolgestörung und Abhängigkeitserkrankung gerade unter Beachtung des zeitlichen Verlaufs hätten allein diese Variante zugelassen. W habe die Kausalitätsbeurteilung unter Beachtung wissenschaftlicher Lehrmeinung in den Konjunktiv gesetzt und an die Richter verwiesen. Das SG habe den Widerspruch zwischen den gutachterlichen Varianten zur Kausalität unter Nichtbeachtung der gutachterlichen Ausführungen zum Überwiegen der konkurrierenden Faktoren durch zusätzliche Anerkennung einer weiteren Schädigungsfolge verstärkt. Die individuelle Lerngeschichte des Betroffenen bezüglich des Alkoholkonsums, die genetische Prädisposition (Alkoholerkrankung beider Eltern) und die vielfältigen privaten Belastungsfaktoren seien nicht berücksichtigt worden. Das SG sei letztlich der Bewertung des von ihm beauftragten Sachverständigen sowohl hinsichtlich seiner Bewertung, dass eine PTBS nicht vorliege und auch, dass die Abhängigkeitserkrankung überwiegend schädigungsunabhängig verursacht sei, nicht gefolgt, beziehe sich in seiner Entscheidung aber auf ihn.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 8. Dezember 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

            die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verweist darauf, dass die PTBS von der Beklagten anerkannt und von dieser nicht in Zweifel gezogen worden sei. Eine Überprüfung dieser anerkannten Wehrdienstbeschädigungsfolge sei weder beantragt worden noch veranlasst. Im Übrigen führe die Beklagte selbst nicht aus, dass der Teil-Abhilfebescheid vom 22. August 2017 rechtswidrig sei.

Ergänzend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass gegen eine Kausalität zwischen einer möglichen PTBS und der Alkoholabhängigkeit die einschlägige medizinische Fachliteratur spreche. Demnach seien Medikamenten- und Alkoholabhängigkeiten und ihre Auswirkungen grundsätzlich keine Schädigungsfolgen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liege nur vor, wenn diese eindeutig als Begleiterscheinung schädigungsbedingter Gesundheitsstörungen beurteilt werden könnten, zum Beispiel, wenn es bei außergewöhnlichen chronischen Schmerzzuständen oder bei einem schwer wesensgeänderten Hirnverletzten zu einer Abhängigkeit von Betäubungsmitteln komme. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor. Eine eindeutige Begleiterscheinung einer schädigungsbedingten Gesundheitsstörung sei gerade nicht gegeben. W gebe in seinem Sachverständigengutachten an, dass ein komorbides Auftreten von Suchtproblemen zusammen mit einer PTBS in der Literatur als sehr variabel mit 10 bis 61 % angegeben werde. Es handele sich dabei um eine stark schwankende Prozentangabe, die nicht den Voraussetzungen einer eindeutigen Beurteilung entspreche. Weder aus dem Verlauf des Sachverständigengutachtens noch aus dem SG-Urteil ergebe sich, dass die Alkoholabhängigkeit eindeutig eine Begleiterscheinung einer PTBS sei. Die Alkoholabhängigkeit könne daher keine Schädigungsfolge darstellen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 SGG), auch im Übrigen zulässig und begründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 8. Dezember 2020, mit dem auf die kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) nur der Bescheid vom 29. Januar 2015 in der Fassung des Teilabhilfebescheides (§ 86 SGG) vom 22. August 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 2. Oktober 2017 abgeändert, eine schwere Alkoholabhängigkeit als weitere Schädigungsfolge festgestellt und die Beklagte zur Gewährung eines Ausgleichs nach einem GdS von 50 ab 1. Januar 2010 und von 80 ab 1. Januar 2018 verurteilt worden ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rz. 34.

Nicht Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens geworden ist hingegen der Bescheid vom 19. Juni 2018. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Ein Verwaltungsakt wird dann geändert, wenn er teilweise aufgehoben und durch eine Neuregelung ersetzt wird. Ersetzt wird der Verwaltungsakt, wenn der neue Verwaltungsakt vollständig an die Stelle des bisherigen tritt. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Der streitgegenständliche Verwaltungsakt regelt die Gewährung eines Ausgleichs nur für die Zeit während des Wehrdienstverhältnisses, an dessen Ende der Anspruch nach § 85 Abs. 4 Satz 3 SVG erlischt (vgl. zur Rechtslage vor Änderung der Zuständigkeit: Bay. LSG, Urteil vom 26. September 2017 – L 15 VS 13/14 –, juris, Rz. 28). Dementsprechend hat die Beklagte die Leistungen auch nur bis zum Ende des Wehrdienstverhältnisses gewährt und der Bescheid vom 19. Juni 2018 trifft für die Zeit des Wehrdienstverhältnisses keine Regelung, sondern für den nachfolgenden Zeitraum. Die Regelung betrifft damit eine Folgezeitraum, sodass hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 96 Abs. 1 SGG nichts anderes zu geltend hat als bei Bescheiden über nachfolgende Bewilligungsabschnitte, die nach der Neufassung des § 96 Abs. 1 SGG ebenfalls nicht mehr einbezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 8 SO 23/16 R –, juris, Rz. 23). Daneben muss der Regelungsgegenstand des neu einzubeziehenden Verwaltungsaktes mit dem des früheren identisch sein, was nicht der Fall ist, wenn ein anderer Streitstoff oder veränderte Tatsachen umfasst sind (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 12/17 R –, juris, Rz. 17), wie vorliegend durch die Beendigung des Wehrdienstverhältnisses. Gegen eine Einbeziehung spricht letztlich, dass der Gesetzgeber durch die Verlagerung der Zuständigkeit für die Ansprüche nach Ende des Wehrdienstverhältnisses eine „Versorgung aus einer Hand“ gewährleisten wollte, gleichzeitig aber betont hat, dass eine materiell-rechtliche Änderung der Versorgungsleistungen mit der Übertragung der Zuständigkeiten nicht verbunden sein soll (vgl. BT-Drs. 17/12956, S. 8) und dementsprechend § 85 Abs. 4 Satz 3 SVG nicht aufgehoben worden ist. Letztlich spricht dafür, dass der Gesetzgeber weiter von zwei eigenständigen Ansprüchen ausgegangen ist, dass in § 88 Abs. 6 SVG (a. F., jetzt § 88 Abs. 5 Nr. 3 SVG) die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nach § 23 Abs. 6 der Wehrbeschwerdeordnung ausgeschlossen worden ist, um eine Rechtsgleichheit für die Beschädigtenversorgung für die Zeit während und der Versorgung nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses herzustellen, da § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage ausschließt (vgl. BT-Drs. 17/12956, S. 11).
Die Begründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Für die Zeit ab dem 1. Juli 2018 ergibt sich die Begründetheit der Berufung schon daraus, dass der hier streitige Anspruch mit dem Ende des Wehrdienstverhältnisses erloschen ist (vgl. oben – § 85 Abs. 4 Satz 3 BVG) und das SG daher nicht über diesen Zeitraum hinaus hätte entscheiden dürfen. Aber auch im Übrigen ist der Bescheid vom 29. Januar 2015 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 22. August 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2017 nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig und verletzt diesen nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Senat ist, den medizinischen Feststellungen des Sachverständigen W folgend, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger weder die Feststellung einer Alkoholabhängigkeit als Folge einer Wehrdienstbeschädigung beanspruchen kann, noch der gewährte Ausgleich nach einem höheren GdS als 30 zu gewähren ist. Das SG hätte der Klage daher nicht entsprechen dürfen, sondern sie abweisen müssen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist bis zur Beendigung des Wehrdienstes § 85 SVG i. V. m. §§ 9 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1, 30, 31 BVG, denn mit dem Ende des Wehrdienstverhältnisses zum 30. Juni 2018 erlischt der Anspruch nach § 85 Abs. 4 Satz 3 SVG.

Die Feststellung einer Alkoholabhängigkeit als weitere Folge der zwar anerkannten, tatsächlich aber nicht bestehenden Wehrdienstbeschädigung kann nicht beansprucht werden und deshalb ist auch kein höherer Ausgleich als nach einem GdS von 30, wie ihn die Beklagte mit dem Teilabhilfebescheid gewährt hat, zu leisten.

Gemäß § 85 Abs. 1 SVG erhalten Soldaten wegen der Folgen einer Wehrdienstbeschädigung während ihrer Dienstzeit einen Ausgleich in Höhe der Grundrente und der Schwerstbeschädigtenzulage nach § 30 Abs. 1 und § 31 BVG. Nach der Legaldefinition des § 81 Abs. 1 SVG ist unter einer Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung zu verstehen, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist.

Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) – bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl I S. 2904) am 21. Dezember 2007 als Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bezeichnet – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, welche durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen, seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25 besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung (vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 2014 – L 6 VS 413/13 –, juris, Rz. 42).

Durch diese gesetzlichen Bestimmungen ist nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum für die Anerkennung von Schädigungsfolgen, welche eine Beschädigtenrente stützen können, eine dreigliedrige Kausalkette vorgegeben: Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang muss zu einer primären Schädigung geführt haben, welche wiederum die geltend gemachte Schädigungsfolge bedingt haben muss. Dabei müssen sich die drei Glieder selbst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 3/13 R –, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rz. 14 m. w. N.), wie dies § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung normiert. Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ in ihrer am 1. Oktober 1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend – seit Juli 2004 – den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1. Januar 2009 durch die Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (Teil C, Nrn. 1 bis 3 und 12 der Anlage zu § 2 VersMedV; vgl. BR-Drucks 767/1/08, S. 3 f.) inhaltsgleich ersetzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 6/13 R –, SozR 4-7945 § 3 Nr. 1, Rz. 17). Ein Gesundheitsschaden muss darüber hinaus nicht nur sicher feststehen. Er muss auch durch Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme (z. B. ICD-10, DSM IV) unter Verwendung der dortigen Schlüssel exakt bezeichnet werden können (vgl. Urteil des Senats vom 17. Dezember 2015 – L 6 VS 2234/15 –, juris, Rz. 33 m. w. N.). Der Senat orientiert sich bei der Beurteilung von MdE und GdS für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 an den im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (vgl. BSG, Urteile vom 29. August 1990 – 9a/9 RVs 7/89 –, BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1, vom 23. Juni 1993 – 9/9a RVs 1/91 –, BSGE 72, 285, vom 9. April 1997 – 9 RVs 4/95 –, SozR 3-3870 § 4 Nr. 19 und vom 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 R –, BSGE 190, 205) AHP in der jeweils geltenden Fassung, danach an den VG (vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 2014 – L 6 VS 413/13 –, juris, Rz. 43).

Nach diesen Maßstäben steht durch den Teilabhilfebescheid der Beklagten vom 22. August 2017 für den Senat bindend (§ 77 SGG) nur fest, dass als Folge einer Wehrdienstbeschädigung beim Kläger eine „Psychoreaktive Störung (hier: PTBS)“ anerkannt und dafür ein Ausgleich nach § 85 SVG nach einem GdS von 30 ab dem 1. Januar 2010 gewährt worden ist. Dieser Bescheid ist einer Prüfung durch den Senat damit entzogen, da er, ebenso wie die Beklagte, an die rechtlich selbstständige Feststellung von Gesundheitsstörungen gebunden ist (vgl. BSG, Urteile vom 15. Dezember 1999 – B 9 VS 2/98 R –, juris, Rz. 11 und – B 9 V 26/98 R –, juris, Rz. 13). Der gegenteiligen Auffassung der Beklagten, dass der Teilabhilfebescheid nicht bestandskräftig geworden sei, ist deshalb nicht zu folgen, da dieser eine den Kläger begünstigende Regelung enthält, die von ihm folgerichtig nicht angegriffen worden ist. Die Annahme einer fehlenden Bindungswirkung führte faktisch zu einer Aufhebung des Bescheides und der Kläger würde damit durch das gerichtliche Verfahren schlechter gestellt, was dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz [GG]) verankerten Grundsatz der reformatio in peius, wonach eine Rechtsmittelführenden gegenüber ergangene Verwaltungsentscheidung auch im Berufungsverfahren nicht zu ihren Ungunsten abgeändert werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 29. Februar 1956 – 10 RV 75/55 –, BSGE 2, 225 <228 f.>), widerspräche. Unabhängig davon geht aus den Darlegungen der Beklagten hinreichend deutlich hervor, dass sie nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens des W selbst nicht mehr vom Vorliegen einer PTBS ausgeht. Der – im Termin zur mündlichen Verhandlung wiederholten – Auffassung des Klägers, dass ein widersprüchliches Verhalten der Beklagten vorliege, folgt der Senat daher nicht. Ohnehin vermag ein Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben (Rechtsgedanke aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]), selbst wenn er vorläge, nichts daran zu ändern, dass es sich bei der Anerkennung von Schädigungsfolgen um eine gebundene Entscheidung handelt, die gerade nicht im Ermessen der Beklagten steht. Erst recht kommt es nicht in Betracht, ein vermeintlich widersprüchliches Verhalten der Beklagten bei der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen.

Ungeachtet dessen ist für die weitere begehrte Entschädigung, gleich ob es um eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge oder wie vorliegend um die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen geht, die zu der PTBS komorbid sein soll, maßgeblich, dass es an einer solchen Erkrankung beim Kläger tatsächlich fehlt. Der Nachweis für eine PTBS (ICD-10-GM-2016 F43.1) ist nicht erbracht. Das hat der Sachverständige W für den Senat überzeugend herausgearbeitet, nämlich, dass der Kläger durch den Auslandseinsatz nicht an einer PTBS erkrankt ist. Die durch den Teilabhilfebescheid vom 22. August 2017 erfolgte Feststellung von Schädigungsfolgen bindet den Beklagten und die Gerichte im Hinblick auf die tatbestandliche Voraussetzung einer Wehrdienstbeschädigung lediglich bei der Beurteilung ebendieser Schädigungsfolgen, nicht aber bei der Prüfung weiterer Schädigungsfolgen (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. September 2020 – L 13 VG 64/15 –, juris, Rz 43, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 16.12.2014 – B 9 V 3/13 R –, juris, Rz. 18). Deswegen kann eine PTBS nicht ursächlich für seine schwere Alkoholkrankheit sein, mithin besteht aufgrund der fehlerhaften Anerkennung weder ein Anspruch auf Feststellung einer weiteren Schädigungsfolge noch auf eine höhere Entschädigung unter Berücksichtigung dieser Schädigungsfolge. Das ist ein Rechtsgedanke, der schon in der Regelung der „speziell sozialrechtlichen Bescheidkorrektur“ des § 48 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zum Ausdruck kommt, wonach der Begünstigte zwar den rechtswidrigen Vermögensvorteil behalten darf, dieser aber zukünftig abgeschmolzen werden wird, damit das „Unrecht nicht weiter wächst“ (so BSG, Urteil vom 15. September 1988 – 9/4b RV 15/87 – SozR 1300 § 48 Nr. 51 S. 145, gerade zur fehlerhaften Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge; bestätigt durch BSG, Urteil vom 20. März 2007 – B 2 U 38/05 R –, SozR 4-1300 § 48 Nr. 10), er also in Zukunft aufgrund seiner bestandkräftigen Rechtsposition keinesfalls mehr erhält.

Der Sachverständige, der während des gesamten Verfahrens erstmals eine forensische, also nicht durch therapeutische Einflüsse geprägte, Untersuchung durchgeführt hat, hat sich überzeugend bei der Beurteilung der Frage, ob eine PTBS vorliegt, an den gängigen Diagnosesystemen entsprechend der Nomenklatur der ICD-10 und der DSM orientiert, wie dies auch der Rechtsprechung des BSG und dem folgend des Senats entspricht (vgl. Senatsurteile vom 27. August 2015 – L 6 VS 4569/14 –, juris, Rz. 34 und vom 23. Juni 2016 – L 6 VH 4633/14 –, juris, Rz. 58 ff.). Denn die konkret zu bezeichnenden Krankheiten bilden die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens zu beurteilen ist (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17; BSG SozR 4-2700 § 200 Nr. 3). Das DSM lag bis 2013 in seiner vierten Ausgabe (DSM-IV-TR) vor. Insoweit konnte es neben der ICD-10 herangezogen werden. Dagegen bestehen gegen die zwischenzeitlich seit Mai 2013 als Nachfolgerin des DSM-IV-TR in deutscher Sprache vorliegende 5. Auflage (DSM-V) Bedenken hinsichtlich ihrer Validität (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 27. August 2015 – L 6 VS 4569/14 –, juris Rz. 40 ff.).

Nach ICD-10 F 43.1 entsteht eine PTBS als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.

Nach DSM-IV gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der PTBS ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als „flashbacks“ bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, welche die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.

Die nach den beiden Klassifikationssystemen notwendigen Kriterien bzw. dafür erforderlichen Unterkriterien müssen im Vollbeweis feststehen, um die Diagnose einer PTBS stellen zu können. Hinsichtlich der medizinischen Voraussetzungen (Kriterien B bis D, ggfs. E und F) bezieht sich diese Anforderung auf den aktuellen Gesundheitszustand des Geschädigten.

Insbesondere, wenn die gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie beim Kläger nicht bereits unmittelbar nach dem Ende der Traumatisierung aufgetreten sind oder seitdem ununterbrochen bestehen, es also an Brückensymptomen fehlt, muss die Zusammenhangfrage besonders sorgfältig geprüft werden und ist nur anhand eindeutiger objektiver Befunde zu bejahen, was sich auch aus Anforderungen der früheren AHP ergibt. Die Frage nach dem ursächlichen Zusammenhang ist erst dann zu stellen, wenn die Diagnose positiv feststeht (vgl. BSG, Beschluss vom 2. Dezember 2010 – B 9 VH 3/09 B –, Rz. 14, juris; Beschluss vom 16. Februar 2012 – B 9 V 17/11 B –, Rz. 16, juris).

Nach diesen Maßstäben ist für eine schädigungsbedingte PTBS bereits das A-Kriterium nicht im Vollbeweis erwiesen, wie zuletzt die ausführliche Anamneseerhebung durch W belegt hat. Zwar konnten die vom Kläger im Einzelnen geschilderten Ereignisse in A im Verwaltungsverfahren bestätigt werden, jedoch ergibt sich ein eigenes Bedrohungserleben des Klägers daraus gerade nicht. Das hat der Kläger dem Sachverständigen gegenüber selbst bestätigt und auch die Frage verneint, ob er während des Aufenthalts Situationen erlebt hat, die die anderen Soldaten nicht gleichermaßen betrafen. Davon ausgehend kann sich der Senat daher nicht davon überzeugen, dass der Kläger selbst von einem Ereignis betroffen gewesen ist, welches das A-Kriterium zu erfüllen geeignet ist, wie W ebenfalls herausgestellt hat. Die Ausführungen der Medizinaldirektorin S3 überzeugen hingegen nicht, da sich diese nur abstrakt mit den Ereignissen, nicht aber damit beschäftigt hat, inwieweit der Kläger selbst konkret von diesen Ereignissen betroffen gewesen ist.

Zu den weiteren Kernsymptomen der PTBS (B und C-Kriterium) hat der Sachverständige schlüssig dargelegt, dass Intrusionen, Flash-backs und dissoziative Störungen erst ab 2014 beschrieben worden sind, während sie zuvor ausdrücklich verneint bzw. trotz mehrmaliger mehrmonatiger Aufenthalte nicht beschrieben wurden. So hat das Bundeswehrzentralkrankenhaus K noch 2013/2014 vermerkt, dass ein intrusives Wiedererleben verneint worden ist und der Kläger im Gespräch von den Ereignissen nicht weiter belastet erschien, was die Darlegungen des W untermauert und von Medizinaldirektorin S3 weder berücksichtigt noch gewürdigt wird. In diesem Zusammenhang ist auch in Rechnung zu stellen, dass versorgungsärztlich zu keinem Zeitpunkt eine persönliche Untersuchung des Klägers stattgefunden hat, eine solche vielmehr erstmals im Verfahren durch W erfolgte, worauf dieser ebenfalls hinweist.

Zu der Brückensymptomatik führt W in seiner konkreten Einzelfallwürdigung überzeugend aus, dass es schwer vorstellbar ist, dass der Kläger derartige Symptome über annähernd 10 Jahre nach den Wehrdienstaufenthalten in A nicht thematisiert hat, während umgekehrt Partnerprobleme in den verschiedenen Berichten umfangreich beschrieben sind, was ebenso gegen eine durch den Wehrdienst ausgelöste PTBS spricht. Das gilt umso mehr, als der Kläger sich gleich danach zu einer Qualifizierungsmaßnahme in der Nato-Eingreiftruppe mit Übungen in verschiedenen Ländern entschlossen hat, hierfür gesundheitlich als geeignet befundet wurde, was bei einer vorangegangenen schweren Traumatisierung kaum vorstellbar ist.

Dazu passend zeigte der Kläger während seiner Untersuchung bei der Schilderung der Auslandseinsätze weder vegetative Begleiterscheinungen noch ein wesentliches Vermeidungsverhalten, demgegenüber bestand eine ausgeprägte Unruhe mit ungeordneter und sprunghafter Darstellung bei der nachfolgenden Schilderung der Konflikte mit der Ehefrau. Hieraus zieht der Sachverständige überzeugend den Rückschluss, dass der Kläger die damals aufgetretenen familiären Probleme nunmehr auf den Auslandsaufenthalt zurückführt und das formale Denken zwischenzeitlich in erheblichem Umfang an dem Vorliegen einer Traumafolgestörung verhaftet ist, sich ein solcher Zusammenhang medizinisch indessen nicht begründen lässt.

Korrespondierend hierzu hat das Bundeswehrzentralkrankenhaus aufgrund des stationären Aufenthalts im März 2014 erhoben, dass der Kläger bereits vor dem ersten Auslandsaufenthalt an den Wochenenden häufig betrunken gewesen ist und dass es während des Auslandseinsatzes nach der Mitteilung über das Fremdgehen der Ehefrau dazu kam, dass sich der Kläger seine Dienstwaffe in den Mund gesteckt hat und in der Folge Suizidgedanken immer mit Alkohol bekämpft worden sind. Überzeugend ist hieraus der Schluss gezogen worden, dass das Kompensieren von Suizidgedanken mit Alkohol dem vorbeschriebenen Kompensationsmechanismus von Stress mit Alkohol entspricht und damit eine PTBS-spezifische Symptomatik als Ursache für den Alkoholkonsum unwahrscheinlich erscheinen lässt. Dies unterstreicht die Ausführungen des W, dass die Beziehungsprobleme und die damit in Zusammenhang stehenden Konflikte nunmehr lediglich auf den Auslandseinsatz projiziert werden.

Diese Schlussfolgerungen werden in tatsächlicher Hinsicht dadurch untermauert, dass die schwerwiegendsten Ereignisse während des Aufenthaltes 2003 geschildert worden sind, der Kläger aber dennoch rasch 2004 erneut in A eingesetzt worden ist. Weiter ist er im Anschluss an den Einsatz 2004 in der Lage gewesen, eine anspruchsvolle und mit weiteren Auslandseinsätzen verbundene Ausbildung für die Nato-Eingreiftruppe erfolgreich zu absolvieren, was ebenfalls gegen ein relevantes Vermeidungsverhalten oder psychische Leistungseinschränkungen aufgrund der Aufenthalte 2003 und 2004 spricht (siehe oben). Vielmehr vermerkt W, dass der Kläger mit leuchtenden Augen von der Zugehörigkeit zur Spezial-Eingreiftruppe der Nato berichtet und angegeben hat, dass ihm die Ausbildung Spaß gemacht hat, was eindrucksvoll bestätigt, dass es erst mit dem Wegfall der für ihn stabilisierenden Bundeswehr zeitlich einhergehend mit der Krebserkrankung zu dem gesundheitlichen Einbruch kam.

Grundsätzlich begründet der Alkoholexess (wie auch in der vergleichbaren gesetzlichen Unfallversicherung, so zuletzt BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 2 U 15/15 R –, juris, Rz. 18) keine dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse, es sei denn, besondere Umstände, wie besonders schwere Einsätze, kommen hinzu (vgl. Lilienfeld, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, § 81 SVG Rz. 35, S. 880). Solche besonderen Umstände können beim Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere aber seiner Suchtgenese, nicht kausal gemacht werden, vielmehr hatte der Dienst eher stützende, stabilisierende Funktion für den bereits von Jugend an extrem alkoholgefährdeten Kläger.

Zu einer Eskalation des Alkoholkonsums, die dann erstmals eine Behandlungsbedürftigkeit ausgelöst hat, ist es erst gekommen, wie W erhoben hat, als der Kläger 2006 nach einer Krankschreibung und nachfolgendem Urlaub lange Zeit auf einem Campingplatz verbrachte, mit dieser Entspannungsphase aber nichts anfangen konnte und deshalb vermehrt Alkohol konsumierte, ohne dass irgendwelche Wiedererinnerungen an traumatische Erlebnisse ersichtlich sind. Schlüssig wertet der Sachverständige daneben die schwere lebensbedrohliche Krebserkrankung mit erheblicher Leidensgeschichte, nämlich einer Vielzahl von Operationen wie einem Rezidiv, die die berufliche Perspektive bei der Nato-Eingreiftruppe zerstört hat, als einschneidendes und die Lebenssituation prägendes Ereignis.

Zur Suchtanamnese des Klägers hat die Fachklinik L-G im Jahr 2012, deren Entlassungsbericht der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet (§ 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]), erhoben, dass die Eltern des Klägers Alkoholiker waren, sodass eine familiäre Disposition vorliegt, wie versorgungsärztlich schlüssig mehrfach betont worden ist. Daneben ist ein erster Kontakt mit Alkohol mit 14 Jahren beschrieben worden, der erste Vollrausch mit spätestens 17 Jahren. Weiterhin bestanden ein regelmäßiger Alkoholkontakt an den Wochenenden und später während der Ausbildung auch unter der Woche, mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis. Weiter hat der Kläger eine Steigerung seines Alkoholkonsums aufgrund des Umstandes, dass er verletzungsbedingt nicht mehr Fußball spielen konnte, angegeben. Zusammenfassend hat die Klinik für den Senat überzeugend herausgearbeitet, dass der Kläger aufgrund einer defizitären Entwicklung in der Kindheit nur unzureichende Bewältigungsstrategien entwickeln konnte, sodass er bereits früh bei Stress und emotionaler Belastung gezielt Alkohol getrunken hat, um negative Gefühle besser ertragen zu können. Daneben ist dem Entlassungsbericht der AHG-Kliniken D von Dezember 2012 zu entnehmen, dass der Kläger eine Zunahme seines Alkoholkonsums bereits 1999 beschrieben hat. Während dieser Zeit, so der Kläger, hat seine erste Frau in einer Diskothek gearbeitet und er hat dort die Wochenenden verbracht, wobei er zwischen fünf und zehn Wodka-Mischgetränke konsumiert hat. Letztlich sind Eheprobleme mit der ersten Ehefrau schon vor dem ersten A-Aufenthalt beschrieben, die sich während des Aufenthaltes nur eskaliert und letztlich zur Trennung geführt haben. Dass die Probleme in der Ehe mit Alkohol kompensiert worden sind, hat der Kläger gegenüber W selbst bestätigt. Nach dem Auszug der ersten Ehefrau 2003 ist dann ebenfalls ein gesteigerter Alkoholkonsum angegeben worden. Die von den Kliniken gesehene Tendenz, Probleme mit Alkohol zu kompensieren, wird dadurch unterstrichen, dass die Befundberichte des Bundeswehrzentralkrankenhauses K, welches den Kläger bei den Rückfällen 2013 behandelt hat, jeweils herausstellen, dass die Rückfälle im Zusammenhang mit Beziehungskonflikten und dem Streit um das Sorgerecht der gemeinsamen Tochter standen.

Soweit der Kläger gegenüber den Kliniken ab 2015 einen problematischen Alkoholkonsum erst nach dem Einsatz 2003 beschreibt, überzeugt dies vor dem Hintergrund der bisherigen Erhebungen ebenso wenig, wie wenn er nunmehr einen Alkoholkonsum vom 14. bis zum 32. Lebensjahr nur zu besonderen Anlässen behauptet. Dementsprechend stützt sich die Beurteilung der Kliniken, insbesondere der AHG-Klinik und der Klinik F, auf unzutreffende bzw. unzureichende Tatsachengrundlagen, sodass diesen nicht gefolgt werden kann. Letztere geht darüber hinaus scheinbar sogar davon aus, dass der A-Einsatz im Jahr 2006 gewesen ist und ordnet somit auch noch die zeitlichen Abläufe falsch ein, sodass die Beurteilung schon deshalb unschlüssig ist.

Für den Senat überzeugend hat W anhand der Lebensgeschichte des Klägers demgegenüber herausgestellt, dass bei diesem mit den beschriebenen Partnerschaftskonflikten, die den ersten Aufenthalt in A in ausgeprägter Form begleiteten und zur nachfolgenden Scheidung führten, und der schweren körperlichen Erkrankungen 2006 durch das Urethelkarzinom umfangreiche konkurrierende Faktoren für die Manifestation der Alkoholerkrankung vorliegen, wobei er schlüssig einen Bruch in der Lebenslinie 2006 sieht, als durch die Krebserkrankung die berufliche Perspektive bei der Nato-Eingreiftruppe zerstört worden ist. Korrespondierend hierzu hat das Bundeswehrzentralkrankenhaus dargelegt, dass es bei dem Kläger zu ersten deutlichen Steigerungen des Alkoholkonsums bei Problemen in der Schule und während der Lehre gekommen und der Konsum von Alkohol für ihn ein Kompensationsmechanismus für Stress gewesen ist. Ebenso ist beschrieben, dass die Rückfälle ab 2013 im Zusammenhang mit Beziehungskonflikten standen (vgl. auch den Befundbericht des Bundeswehrkrankenhauses Ulm über den stationären Aufenthalt vom 16. bis 19. Juni 2015).

Letztlich folgt nichts anderes aus der fehlenden Validität der DSM-V, die ihre Anwendbarkeit bereits zweifelhaft erscheinen lässt (vgl. oben), da W schlüssig aufgezeigt hat, dass die dort nunmehr beschriebene Kategorie der „Erfahrung wiederholter oder extremer Konfrontation mit aversiven Details“ in erster Linie Ersthelfer erfassen soll, die menschliche Leichenteile aufsammeln, die Begründung bezieht sich deshalb auf Leichenentsorger. Eine solche Tätigkeit ist vom Kläger aber unstreitig nicht ausgeübt worden. Die von ihm erlebten Belastungen sind nach der schlüssigen Darstellung des Sachverständigen damit nicht vergleichbar.

Soweit W in seinem Sachverständigengutachten die Frage diskutiert, ob ausgehend vom Vorliegen – der von ihm nicht bestätigten – PTBS eine schwere Alkoholabhängigkeit als Folge der Wehrdienstbeschädigung anerkannt werden kann, tragen seine Erwägungen das von ihm gefundene Ergebnis nicht, wie aus seiner ergänzenden Stellungnahme deutlich wird. In dieser hat er nämlich aufgezeigt, dass er sich bei seinen Überlegungen nicht auf die Anerkennung der Diagnose einer PTBS als Schädigungsfolge bezieht, sondern darauf, dass diese mit einem GdS von 30 bewertet worden ist, was nach den einschlägigen Bewertungsvorgaben einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit entspricht (vgl. VG, Teil B, Nr. 3.7). Er berücksichtigt hierbei zum einen nicht, dass der GdS nicht isoliert festgestellt werden und von diesem daher gerade keine Bindungswirkung ausgehen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Januar 2017 – L 6 VH 789/15 –, juris, Rz. 55) und zum anderen nicht, dass er selbst nämlich keinen Befund erhoben hat, der die Einschätzung mit einem GdS von 30 rechtfertigt (vgl. VG, Teil B, Nr. 3.7), zumal eine PTBS ohnehin nicht pauschal mit einem GdS von 30 zu bewerten ist (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2017 – L 6 VH 2746/15 –, juris, Rz. 56). Vielmehr hat er den Antrieb des Klägers als über die gesamte Exploration und Untersuchung hinweg völlig ungestört und adäquat reagierend beschrieben. Die neurologische Untersuchung ergab mit Ausnahme eines leichten Tremors und einer vermehrten Schweißneigung keine wesentlichen Alkoholfolgestörungen. In psychischer Hinsicht bestanden keine Anhaltspunkte für eine schwerwiegende depressive Symptomatik bei zu erkennender leichtgradiger hirnorganischen Wesensänderung. Daraus folgt gleichzeitig, dass der Kläger trotz der bindenden Anerkennung der Schädigungsfolge indessen keinen Ausgleich nach einem höheren GdS beanspruchen kann.

Auf die von W zitierte Literatur kommt es somit nach dem Vorstehenden nicht entscheidungserheblich an. Lediglich ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass K2 versorgungsärztlich schlüssig dargelegt hat, dass die beschriebene Komorbidität allein keine Kausalität begründet. Daneben berücksichtigt der Sachverständige nicht hinreichend, dass die von ihm zitierte Literatur das komorbide Auftreten in einem Zeitraum zwischen 6 und 12 Monaten beschreibt, darüber hinaus aber nur in einem Prozent der Fälle. Wie oben dargelegt, war der Kläger nach dem Einsatz 2003 jedoch 2004 noch in einem weiteren Einsatz und wurde über das gesamte Jahr 2005 für die Nato-Eingreiftruppe weitergebildet, sodass der Zeitraum von 12 Monaten weit überschritten ist und mit einem Auftreten in einem Prozent der Fälle nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand gerade nicht mehr als eine bloße Möglichkeit beschrieben wird. Selbst wenn die anerkannte Schädigungsfolge der weiteren Beurteilung zu Grunde gelegt wird, ist die Klage damit unbegründet. Dass beim Kläger eine Neigung zu schädlichem Alkoholkonsum und zur Konfliktbewältigung mit Alkohol schon vor dem Auslandseinsatz vorgelegen hat, wird von W selbst bestätigt, daneben haben sowohl Medizinaldirektorin S3 wie auch K2 schlüssig ausgeführt, ebenso dass die Abhängigkeitserkrankung multifaktoriell bedingt ist und beim Kläger mehrere Belastungsfaktoren außerhalb der Belastung bei den Auslandseinsätzen bestehen, auf die S2 versorgungsärztlich bereits hingewiesen und die Auslandseinsätze als wesentliche Ursache für die Alkoholerkrankung überzeugend ausgeschlossen hat.

Auf die Berufung der Beklagten waren daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers in beiden Instanzen.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Nachdem aus tatsächlichen Gründen kein Anspruch auf die Anerkennung einer weiteren Schädigungsfolge besteht, kommt es auf die Reichweite der Bindungswirkung einer zu Unrecht anerkannten Schädigungsfolge nicht an, sodass dem Rechtsstreit insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. demgegenüber LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. September 2020 – L 13 VG 64/15 –, juris, Rz. 67, Revision anhängig unter B 9 V 1/21 R).

Rechtskraft
Aus
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