Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. November 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1964 geborene Klägerin, bei der seit 2014 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 und seit 2018 von 100 festgestellt ist, war zuletzt ab 2010 als Arbeiterin in der Qualitätskontrolle versicherungspflichtig beschäftigt. Ab dem 28.07.2014 war sie arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos mit Bezug von Krankengeld vom 08.09.2014 bis 24.12.2015 und von Arbeitslosengeld I vom 25.12.2015 bis 16.05.2017. Eine Berufstätigkeit hat die Klägerin seither nicht mehr ausgeübt.
Vom 14.08.2014 bis 23.10.2014 befand sich die Klägerin zur Behandlung im zfp Psychiatrischen Zentrum N, Zentrum für Psychische Gesundheit B (zfp B) zunächst für einen Tag in tagesklinischer Behandlung, ab 14.08.2014 aufgrund akuter Verschlechterung der Symptomatik in stationärer Behandlung. Wegen des Auftretens von Suizidgedanken erfolgte vom 18.08.2014 bis 26.08.2014 eine Verlegung auf die beschützende Station des PZN W. Hierzu wird auf den Entlassungsbericht vom 09.12.2014 Bezug genommen.
Am 12.03.2015 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und am 08.04.2015 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie sei wegen ihrer Psyche arbeitsunfähig. Sie halte sich schon seit Januar 2014 für erwerbsgemindert.
Nachdem die H die Klägerin zunächst in einem Befundbericht vom 05.05.2015 und einer Bescheinigung vom 07.05.2015 für nicht rehafähig einschätzte, befand sich die Klägerin vom 20.05.2015 bis 17.06.2015 erneut im zfp B zur akutpsychiatrischen Behandlung. Hierzu wird auf den vorläufigen Entlassungsbericht vom 17.06.2015 Bezug genommen.
Vom 01.07.2015 bis 29.07.2015 befand sich die Klägerin sodann zur stationären medizinischen Rehabilitation in der W1-Klinik S. Dort wurden folgende Diagnosen gestellt: rezidivierende depressive Störung, derzeit schwere Episode, andauernde psychische Veränderung nach extremer Gewalterfahrung in der Kindheit, Adipositas, Hyperurikämie und Hypercholesterinämie. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig entlassen mit der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Teilekontrolleurin sowie leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen, Sitzen oder ständig im Sitzen ohne Nachtschicht mindestens sechs Stunden täglich ausüben zu können. Die Klägerin leide weiterhin an einer schweren Depression, die behandlungsbedürftig sei. Für die Rentenversicherung ergebe sich kein Handlungsbedarf. Hierzu wird auf den Entlassungsbericht vom 06.08.2015 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 25.08.2015 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab. Mit ihrem Widerspruch legte die Klägerin eine Bescheinigung der Frau H vom 30.06.2015 (wohl 30.09.2015) vor, in der diese über die Behandlung der Klägerin seit März 2013 berichtete. Trotz mehrfacher stationärer, teilstationärer und rehabilitativer Maßnahmen sowie ambulanter psychotherapeutischer Behandlung habe bisher keine Besserung des psychischen Zustands der Klägerin erreicht werden können. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2015 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.12.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Beklagte habe die vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen nicht ausreichend beachtet und sich mit der Bescheinigung der Frau H zur Begründung des Widerspruchs nicht auseinandergesetzt.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der von der Klägerin mitgeteilten Ärzte und Behandler als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts der Auskünfte des K, der L, des T, der W2, der Frau H und des S1 wird auf Bl. 39/40, 41-46, 47-49, 50-79, 86-92, 95-99 und 131-150 der SG-Akte Bezug genommen. Weiter erfolgte die Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens bei der O und eines orthopädisches Zusatzgutachtens bei dem P von Amts wegen sowie eines psychiatrischen Gutachtens bei der K1 auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin.
Vom 18.01.2016 bis 11.03.2016 befand sich die Klägerin in teilstationärer Behandlung in der Tagesklinik des zfp B. Hierzu wird auf den Entlassungsbericht vom 24.03.2016 Bezug genommen.
P hat das Zusatzgutachten am 29.08.2016 erstattet und darin auf orthopädischem Fachgebiet ein myogenes Reizsyndrom der HWS, degenerative Veränderungen im lumbosacralen Übergangsbereich, initiale mediale Gonarthrose beidseits, Fingerpolyarthrose mit Funktionseinschränkung der Fingermittel- und -endgelenke beider Hände, links mehr als rechts, und Knick-/Senkfüße beidseits diagnostiziert. Aus orthopädischer Sicht komme nur dem Befund im Bereich der Hände ein die Leistungsfähigkeit dauerhaft beeinflussender Krankheitswert zu. Tätigkeiten, die die Feingeschicklichkeit beider Hände erforderten, seien der Klägerin nicht mehr zumutbar. Dies gelte für die von der Klägerin erlernte Tätigkeit als Näherin/Stickerin ebenso wie das Hantieren bzw. Zusammensetzen von kleinen Werkstücken und Tätigkeiten mit häufigen Umwendbewegungen der Hände („Wringen“). Unter Beachtung weiterer, im Einzelnen dargestellter qualitativer Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, acht Stunden je Arbeitstag zu arbeiten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit und der Fähigkeit zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bestehe nicht. Die Klägerin verfüge auch über einen Pkw und einen Führerschein und fahre zumindest kurze Strecken nach eigenen Angaben alleine. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 164-193 der SG-Akte Bezug genommen.
Die Sachverständige O hat in ihrem Hauptgutachten vom 09.11.2016 auf psychiatrischem Fachgebiet eine Dysthymia und vorbeschriebene rezidivierende depressive Episoden diagnostiziert, wobei in der Untersuchungssituation keine mittelgradige oder schwerere depressive Symptomatik festzustellen gewesen sei, so dass sie von einer aktuell remittierten Symptomatik ausging. Daneben leide die Klägerin an einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Auch gebe es Hinweise auf einen Low-Dose-Benzodiazepinabusus und neben den sich aus dem orthopädischen Zusatzgutachten ergebenden Befunden auf neurologischem Fachgebiet diskrete Wurzelreizzeichen im Bereich L 5 und Zeichen einer beginnenden peripheren Polyneuropathie. Neben den von P angegebenen qualitativen Einschränkungen seien Zwangshaltungen aufgrund der Schmerzsymptomatik zu vermeiden, ebenso Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und solche, die eine erhöhte Balancierfähigkeit erforderten. Tätigkeiten mit erhöhter emotionaler Belastung, wie auch mit sozial forderndem Charakter, Nachtarbeit und Tätigkeiten, die eine erhöhte Konfliktfähigkeit beinhalten, seien nicht mehr zumutbar. Eine erhöhte Verantwortung für Maschinen und Personen sollte nicht abverlangt werden. Bei Beachtung dieser Einschränkungen seien Arbeiten mit Publikumsverkehr noch möglich. Zu bevorzugen seien einfache, überschaubare Tätigkeiten mit klaren Anweisungen. Solche Tätigkeiten könne die Klägerin noch acht Stunden arbeitstäglich ausüben. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Dieser Gesundheitszustand bestehe so seit September 2014 und sei unterbrochen worden durch Phasen stationärer Behandlung aufgrund depressiver Episoden. Die orthopädischen Leiden habe sie hierbei berücksichtigt, die Niereninsuffizienz sei kompensiert. Der Einschätzung der befragten sachverständigen Zeugen bezüglich einer zeitlichen Leistungseinschränkung könne sie sich nicht anschließen. Es zeigten sich Hinweise auf Diskrepanzen zwischen Beschwerdevortrag und tatsächlich zu eruierender Alltagsaktivität. Die Klägerin hafte an ihrem Beschwerdevortrag und erschwere hierdurch therapeutisches Vorgehen, es lägen noch Behandlungsreserven vor. Auf die Einwendungen der Klägerin hiergegen hat Frau O unter dem 22.03.2017 ergänzend Stellung genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 194-237 und Bl. 271-277 der SG-Akte Bezug genommen.
K1 hat in ihrem Gutachten vom 05.07.2017 auf ihrem Fachgebiet eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelschwer bis schwer, eine generalisierte Angststörung, eine posttraumatische Belastungsstörung und eine leichtgradige anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Behandlungen erfolgten konsequent und mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Der (diagnostischen) Einschätzung der Sachverständigen O widersprächen sämtliche Arzt- und Therapeutenberichte, in denen übereinstimmend von einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwer, von einer somatoformen Schmerzstörung und einer Traumafolgestörung (entweder als andauernde psychische Veränderung nach extremer Gewalterfahrung in der Kindheit oder als posttraumatische Belastungsstörung) ausgegangen werde. Es bestehe eine verminderte psychische Belastbarkeit wegen Konzentrations- und Auffassungsstörungen, Ängsten, die zu Vermeidungsverhalten führten, Antriebsminderung, Energieverlust, andauernder depressiver Verstimmung, zeitweise mit Suizidgedanken, Schreckhaftigkeit und dissoziativer Zustände. Daher komme Akkord-, Fließband- und Schichtarbeit nicht in Betracht, ebenso wenig Publikumsverkehr, Arbeiten mit erhöhter Verantwortung oder erhöhtem Konzentrationsvermögen und vermehrter Stressbelastung. Bezüglich der Schmerzsymptomatik verweise sie auf das Gutachten des P. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei auf unter drei Stunden täglich herabgesunken. Die Wegefähigkeit sei insofern eingeschränkt, dass die Klägerin die Wohnung nur selten ohne Begleitung verlasse. Die Symptome beeinträchtigten die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Dieser Gesundheitszustand bestehe seit 2012. Alle Therapiemaßnahmen hätten die Beschwerden nicht wesentlich verbessert. Ihres Erachtens habe Frau O die Dauer und Schwere der Erkrankungen nicht ausreichend berücksichtigt und die umfänglichen Therapiemaßnahmen nicht ausreichend mit einbezogen. Auf die Einwendungen der Beklagten unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme des N vom 27.07.2017 hat K1 unter dem 05.10.2017 ergänzend Stellung genommen. Dem ist die Beklagte unter Vorlage einer weiteren Stellungnahme des N vom 20.10.2017 entgegengetreten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 285-302 und 315-318 sowie Bl. 305/306 und Bl. 321/322 der SG-Akte Bezug genommen.
Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28.11.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, da sie nicht erwerbsgemindert sei. Sie werde in ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit in erster Linie durch ihr psychisches Befinden als Folge der früheren Belastungen am Arbeitsplatz beeinträchtigt, wovon übereinstimmend alle vom SG beauftragten Sachverständigen ausgegangen seien. Auch die behandelnden Ärzte der Klägerin sähen die maßgeblichen Beeinträchtigungen auf dem nervenärztlichen Gebiet. Dabei sei weniger die Zuordnung der psychischen Erkrankung zu einem Krankheitsbild von Bedeutung als vielmehr die daraus resultierenden funktionellen Einschränkungen und die Frage, inwieweit diese der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit entgegenstünden. Die Klägerin habe - im Einzelnen benannte - qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen, sei aber gesundheitlich noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Hierbei folge die Kammer der Einschätzung der Sachverständigen O. Die entgegenstehende Auffassung der behandelnden Ärzte sei nicht nachvollziehbar und die gegen das Gutachten der Frau O vorgebrachten Einwendungen rechtfertigten keine andere Beurteilung, insbesondere keine Besorgnis der Befangenheit. Hingegen könne sich die Kammer der Sachverständigen K1 nicht anschließen. Deren Einschätzung stehe der Reha-Entlassungsbericht vom 06.08.2015 entgegen, wonach auch unter Berücksichtigung einer extremen Gewalterfahrung in der Kindheit ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr angenommen worden sei. Angesichts der Einnahme eines Schmerzmittels von nur einmal pro Woche bestünden auch erhebliche Zweifel an einem entsprechenden Leidensdruck. Hinsichtlich der Angaben einer posttraumatischen Belastungsstörung nehme das Gutachten keine Konkretisierung vor. Dabei sei die Klägerin mit der von ihr behaupteten Belastung über Jahre hin im Erwerbsleben tätig gewesen. Durch die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet seien ebenfalls qualitative Leistungseinschränkungen, nicht aber eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens bedingt. Insoweit folge die Kammer der Einschätzung des Sachverständigen P.
Gegen das am 04.12.2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 04.01.2018 eingelegte Berufung der Klägerin, die zunächst unter dem Aktenzeichen L 9 R 35/18 geführt wurde. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, dass zunächst eine diagnostische Einschätzung zu erfolgen habe, um die funktionellen Einschränkungen zutreffend zu erfassen. Zu Unrecht habe sich das SG der Leistungseinschätzung der Sachverständigen O angeschlossen. Angesichts der sich sowohl hinsichtlich der Diagnosen als auch der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung widersprechenden Gutachten von Frau O und K1 hätte das SG ein weiteres Sachverständigengutachten als Obergutachten einholen müssen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass das Gutachten der Frau O auch im Widerspruch zu den Angaben der behandelnden Ärzte stehe und dass Frau O regelmäßig Gutachten für die Beklagte erstatte.
Vom 31.01.2018 bis 17.02.2018 hat sich die Klägerin in der A Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie B1 zur stationären Behandlung in der Sektion interdisziplinäre Schmerztherapie befunden (Entlassungsbericht vom 15.02.2018).
Aufgrund eines Adenokarzinoms des Sigma ist die Klägerin vom 03.06.2018 bis 26.06.2018 stationär in der F-Klinik B behandelt worden mit Primäroperation am 04.06.2018 mit Verlagerung des Stomas (Vorläufiger Entlassbericht vom 26.06.2018). Auf Antrag der Beteiligten hat das Verfahren geruht (Beschluss vom 14.08.2018), um den Heilungs- und Behandlungsverlauf abzuwarten. Währenddessen hat eine Chemotherapie und die Rückverlagerung des Stomas stattgefunden. Nach Wiederanrufung des Verfahrens durch die Klägerin am 17.04.2019 wird es unter dem Aktenzeichen L 9 R 1332/19 fortgeführt.
Vom 25.06.2019 bis 16.07.2019 war die Klägerin zur stationären medizinischen Rehabilitation in der S2 Klinik KG, Reha-Klinik für Orthopädie, Rheumatologie und Gynäkologie S3. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig entlassen mit der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung, dass sie sowohl in Bezug auf eine Tätigkeit als Produktionsmitarbeiterin als auch auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch unter drei Stunden täglich leistungsfähig sei. Vermieden werden sollten häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 8 kg, ständige Rumpfzwangshaltungen, eine Überbelastung der Bauchpresse und eine Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft. Des Weiteren seien Einschränkungen in psychomentaler Hinsicht vorhanden bei vorbekannter Depression und Fibromyalgiesyndrom. Wegen der Einzelheiten wird auf den Entlassungsbericht vom 17.07.2019 Bezug genommen.
Dem ist die Beklagte entgegen getreten mit einer Kurzstellungnahme des L1 vom ärztlichen Dienst der Beklagten vom 26.07.2019, wonach eine komplikationslose Behandlung der Darmkrebserkrankung mit kurativem Ansatz stattgefunden habe, laut Befund im Reha-Entlassungsbericht sei der Allgemeinzustand der Klägerin unbeeinträchtigt und hätten keine Hinweise auf höhergradige funktionelle Beeinträchtigungen vorgelegen. Die von der im Rentenverfahren stehenden Klägerin vorgebrachten Beeinträchtigungen und deren Ausprägungsgrade seien ohne Inbetrachtziehen übertreibender Angaben in die Leistungsbeurteilung übernommen worden. Eine nachvollziehbare Begründung fehle.
Am 15. und 16.11.2019 wurde die Klägerin stationär in der F-Klinik behandelt aufgrund einer postoperativen Rektumstriktur (Entlassungsbericht vom 29.11.2019).
Am 27.01.2020 hat ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage mit der Berichterstatterin des Senats stattgefunden. Auf die Niederschrift vom 27.01.2020 wird Bezug genommen. Im Nachgang hat die Beklagte eine weitere Stellungnahme des L1 vom 12.02.2020 vorgelegt. Hierzu wird auf die Senatsakte Bezug genommen.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie weder vor ihrer Krebserkrankung noch danach über ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden verfügt habe bzw. verfüge. Die Leistungseinschätzung im Reha-Entlassungsbericht vom 17.07.2019 stimme mit der Leistungseinschätzung der K1, ebenso der Einschätzung der behandelnden Fachärztin H überein. Hierzu hat sie eine Bescheinigung der Frau H vom 20.02.2020 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. November 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2015 zu verurteilen, ihr ab 1. März 2015 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat eine sozialmedizinische Stellungnahme des L1 vom 08.10.2020 vorgelegt und nimmt auf diese Bezug.
Der Senat hat Beweis erhoben durch weitere Befragung der behandelnden Ärzte und Therapeuten der Klägerin als sachverständige Zeugen und durch Einholung eines nervenärztlichen Hauptgutachtens bei der E sowie eines neuropsychologischen Zusatzgutachtens bei dem S4.
L hat unter Vorlage ihres Arztbriefes vom 13.07.2017 über die weiteren Verlaufskontrollen der Nierenfunktion bei Einzelniere rechts berichtet. Die Klägerin leide an einer Karzinomerkrankung, einer Niereninsuffizienz bei Einzelniere, einer rheumatischen Erkrankung mit multiplen Gelenkbeschwerden und einer chronischen Depression. Jedes Leiden für sich schränke die Arbeitsfähigkeit bereits bedeutend ein, aufgrund der Multimorbidität bestehe Arbeitsunfähigkeit. Sie halte die Klägerin für dauerhaft arbeitsunfähig, spätestens seit Auftreten der Krebserkrankung im Jahr 2018.
Frau W3 hat unter Vorlage der Karteikarte der Klägerin über eine deutliche Verschlechterung im Mai 2018 durch das Sigmakarzinom berichtet. Die Klägerin sei durch die Krebserkrankung, deren Behandlung und die aufgetretenen Komplikationen sehr belastet. Dadurch sei es zu keiner Besserung der bereits vorbestehenden Depression mit Ängsten gekommen. Weiterhin leide sie unter Konzentrationsstörungen, depressiver Stimmung, deutlicher Affektlabilität mit Weinen, ausgeprägter Minderung des Selbstwertes und Ängsten. Während der Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Coronaviruspandemie sei es nochmals zu einer Verschlechterung des psychischen Befindens mit Angstattacken gekommen. Das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf psychiatrischem Fachgebiet.
D hat über die psychotherapeutische Behandlung der Klägerin seit Juli 2014 in der Praxis, seit Dezember 2016 durch sie selbst berichtet. Im September 2014 sei eine somatoforme Schmerzstörung in starker Ausprägung, im Juni 2017 eine rezidivierende Depression in schwerer Ausprägung, im Januar 2018 eine posttraumatische Belastungsreaktion (PTBS) in massiver Ausprägung und eine Angst und Depression in deutlicher Ausprägung diagnostiziert worden. Zweifellos stehe die PTBS im Vordergrund und bilde die Basis für die anderen Erkrankungen. Die Veränderung/Ergänzung der Diagnostik 2018 erkläre sich daraus, dass diese eher die ätiologischen Hintergründe einbeziehe, während die früheren Diagnosen auf der symptomatischen Ebene lägen, aber in diesem Sinne weiterhin ihre Gültigkeit behielten. Die Klägerin habe schon zu Beginn der Behandlung das Vollbild einer ausgeprägten, schweren Depression gezeigt, außerdem starke Schmerzen und Ängste. Im Verlauf der Therapie hätten sich leichte Schwankungen in der Intensität der Beschwerden und Einschränkungen gezeigt, es sei aber nie eine Besserung im Sinne einer mittelgradigen Depression eingetreten. Die psychische Belastbarkeit sei enorm reduziert, die Konzentrationsfähigkeit massiv herabgesetzt, sie fühle sich häufig so erschöpft und kraftlos, dass sie nur auf dem Sofa sitzen oder liegen, das Haus nicht verlassen und selbst kleine Alltagsverrichtungen nicht mehr übernehmen könne. Die Klägerin sei nicht in der Lage, länger als eine Stunde eine Tätigkeit zu verrichten. Neben der ganz im Vordergrund stehenden psychischen Erkrankungen bestünden auch erhebliche Bewegungseinschränkungen und Schmerzen durch eine dem rheumatischen Fachbereich zuzuordnende Fibromyalgie, die durch die psychischen Erkrankungen verstärkt werde. Die onkologische Diagnose und die damit verbundenen Restbeschwerden spielten eine vergleichsweise untergeordnete Rolle, wenngleich dies eine zusätzliche Belastung darstelle.
Der N1 hat unter Vorlage weiterer Berichte über die Behandlung der Klägerin seit Juli 2018 berichtet und hierzu insbesondere auf seinen beigefügten Brief vom 24.07.2020 verwiesen. Bezüglich des kolorektalen Karzinoms bestehe eine Vollremission. Bezüglich der onkologischen Erkrankung bestehe keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit auf unter sechs Stunden täglich, jedoch erscheine die Klägerin psychisch sehr belastet. Er halte die Klägerin für so stark eingeschränkt, dass sie nicht mehr sechs Stunden und mehr täglich Arbeiten verrichten könne. Maßgeblich seien hierfür die psychischen Erkrankungen.
Frau H hat unter dem 27.08.2020 über die weitere Behandlung der Klägerin seit 2016 berichtet. Sie habe eine PTBS, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwergradig mit chronischem Verlauf, eine schwergradige generalisierte Angststörung und eine somatoforme Schmerzstörung/Fibromyalgie diagnostiziert. Im Vordergrund stünden massive Ängste, ein sozialer Rückzug, eine depressive Stimmung mit häufig lebensmüden Gedanken, eine starke Antriebsstörung, ein Überforderungserleben, ein Mangel an Belastbarkeit, Konzentration und Ausdauer und ein massiv herabgesetztes Selbstwertgefühl. Die Alltagsbewältigung sei nur mit starker Unterstützung durch den Ehemann möglich. Die Klägerin könne das Haus fast nur in Begleitung des Ehemannes verlassen. Sie leide an Freudlosigkeit, einem Gefühl von innerer Leere, einer Schmerzstörung, zeitweise Schlafstörungen und Grübeln. Die psychischen Erkrankungen seien durchgängig schwergradig, trotz engmaschiger psychiatrischer, medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung habe keine wirkliche Besserung erzielt, aber ein Suizid bisher vermieden werden können. Durch die Krebserkrankung sei es zu einer zusätzlichen Schwächung der Klägerin gekommen. Sie behandle die Klägerin seit März 2013. Sie halte sie seit 2014 für hochgradig eingeschränkt und könne nicht nachvollziehen, weshalb die Klägerin nicht berentet werde.
In dem neuropsychologischen Zusatzgutachten vom 09.03.2021 ist Herr S4 zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin kein ausreichender Anhalt für eine neuropsychologische Störung bestehe. Diese Einschätzung basiere auf einem von ihm erhobenen unauffälligen klinischen Befund, den deutlichen Diskrepanzen bei der testpsychologischen Untersuchung mit positiver Beschwerdevalidierung, der Aktenlage, dem mangelnden biologischen Störungskorrelat und der anamnestisch erhobenen Alltagsaktivität der Klägerin.
Im Hauptgutachten vom 22.03.2021 hat E unter Berücksichtigung des Zusatzgutachtens auf nervenärztlichem Fachgebiet eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, den Verdacht auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich (vermeidenden) und abhängigen (astehnischen) Anteilen, eine generalisierte Angststörung mit Panikattacken und rezidivierende Phasen einer reaktiven Depression diagnostiziert. Die Klägerin sei aufgrund dieser Erkrankungen in ihrer Flexibilität und Umstellungsfähigkeit, ihrer Selbstbehauptungsfähigkeit und ihrer Gruppenfähigkeit eingeschränkt, jedoch liege keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens vor. Durch die Erkrankungen auf onkologischem, nephrologischem und orthopädischem Fachgebiet seien die Hebe-, Trage- und Haltefunktionen beeinträchtigt. Über die bereits von P genannten qualitativen Einschränkungen hinaus seien der Klägerin Akkord-, Fließband- und Nachtarbeit und Tätigkeiten unter ungünstigen klimatischen Verhältnissen wie Kälte und Nässe sowie Tätigkeiten mit besonders hohen Anforderungen an Konzentration, Merkfähigkeit, Anpassungs- und Umstellungsvermögen, die Übernahme erhöhter Verantwortung und Publikumsverkehr mit der Notwendigkeit fordernder sozialer Interaktionen nicht zumutbar. Die noch zumutbaren Tätigkeiten könnten mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Dieser Zustand bestehe seit dem Datum der Rentenantragstellung. Eine wesentliche Änderung sei im Laufe des Verfahrens durch die schwerwiegende körperliche Erkrankung (Adenokarzinom des Sigmas mit Operation und Chemotherapie) eingetreten. Dies habe zu einer nachvollziehbaren längerfristigen Arbeitsunfähigkeit geführt. Nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme hätte jedoch auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet eine stufenweise Wiedereingliederung in eine berufliche Tätigkeit erfolgen können. Sie stimme zwar nicht hinsichtlich der Diagnosestellung, aber hinsichtlich der Leistungseinschätzung mit der Sachverständigen O überein. Mit der Sachverständigen K1 stimme sie diagnostisch teilweise, nicht jedoch hinsichtlich der sozialmedizinischen Einschätzung überein. Sofern der Einschätzung im Entlassungsbericht der S2-Klinik vom 17.07.2019 psychische Erkrankungen bei der Einschränkung des Leistungsvermögens fachfremd mit zugrunde gelegt worden seien, könne sie diese Einschätzung ebenfalls nicht teilen.
Auf die umfangreichen Einwendungen der Klägerin hiergegen und deren Bitte um Erläuterung hat Herr S4 unter dem 26.05.2021 ergänzend Stellung genommen und dargelegt, dass er gründlich und leitliniengerecht gearbeitet habe und dass und warum die Einwendungen der Klägerin an seiner neuropsychiatrischen Bewertung nichts änderten. E hat unter Berücksichtigung dieser ergänzenden Stellungnahme mit Schreiben vom 04.06.2021 ebenfalls ergänzend dargelegt, dass und warum sie das Zusatzgutachten aus neurologisch-psychiatrisch gutachtlicher Sicht für in sich schlüssig und plausibel halte, es mit dem durch sie selbst gewonnenen klinischen Eindruck von der Klägerin übereinstimme und sie an ihrer getroffenen Einschätzung festhalte.
Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 16.06.2021 und vom 17.08.2021 mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 28.11.2017 ist nicht zu beanstanden, der Bescheid vom 25.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI.
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in KassKomm, Stand 114. EL Mai 2021, SGB VI, § 43 Rn. 58 und 30 ff.).
Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Eine Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Vielmehr ist die Klägerin unter Berücksichtigung aller vorliegenden medizinischen Unterlagen und Gutachten auch weiterhin in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts bei Beachtung qualitativer Einschränkung mehr als sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Dies folgt für den Senat insbesondere aus den im Klageverfahren vom SG eingeholten Gutachten des P und der Frau O samt deren ergänzender Stellungnahme sowie den vom Senat eingeholten Gutachten der E und des Herrn S4 samt deren ergänzenden Stellungnahmen. Hingegen vermag sich der Senat nicht der Einschätzung der K1 in dem vom SG eingeholten Gutachten anzuschließen.
Im Vordergrund stehen bei der Klägerin die Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet. Zur Überzeugung des Gerichts leidet die Klägerin an rezidivierenden Phasen einer reaktiven Depression, zum Zeitpunkt der Begutachtung durch E mittelgradig ausgeprägt, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer generalisierten Angststörung mit Panikattacken. Überdies besteht der Verdacht einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit ängstlich (vermeidenden) und abhängigen (asthenischen) Anteilen. Hierdurch ist die Klägerin in ihrer Konfliktfähigkeit und emotionalen Belastbarkeit eingeschränkt. Ihre Flexibilität und Umstellungsfähigkeit, ihre Selbstbehauptungsfähigkeit und ihre Gruppenfähigkeit ist reduziert. Dies bedingt qualitative Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin dahingehend, dass ihr Akkord-, Fließband- und Nachtarbeit sowie Tätigkeiten mit besonders hohen Anforderungen an Konzentration, Merkfähigkeit, Anpassungs- und Umstellungsvermögen, mit erhöhter Verantwortung und mit Publikumsverkehr mit der Notwendigkeit fordernder sozialer Interaktionen nicht mehr zumutbar sind. Eine quantitative Leistungseinschränkung besteht aber nicht. Hierbei stützt sich der Senat sowohl hinsichtlich der diagnostischen Einschätzung als auch der Leistungseinschätzung auf das Gutachten der E. Zwar stimmt sie diagnostisch mit den beiden anderen psychiatrischen Sachverständigen sowie den behandelnden Ärzten und Therapeuten nicht bzw. nur teilweise überein. Es kommt aber bei der Feststellung einer zur Rentengewährung führenden Erwerbsminderung nicht nur auf eine Diagnosestellung oder Bezeichnung von Befunden an. Vielmehr ist die Beeinflussung des Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen zu prüfen (Bundessozialgericht <BSG>, Beschluss vom 09.09.2019 - B 5 R 21/19 B -, beck online, m. w. N.). Damit sind maßgeblich, wie bereits vom SG ausgeführt, nicht die Diagnosen an sich, sondern Art und Ausmaß der mit den vorliegenden Erkrankungen verbundenen funktionellen Einschränkungen und Beeinträchtigungen in Bezug auf das berufliche Leistungsvermögen. Insoweit stimmen die Sachverständigen O und E überein, dass die Klägerin, abgesehen von intermittierender Arbeitsunfähigkeit seit Rentenantragstellung weder an einer depressiven Erkrankung, einer chronischen Schmerzstörung oder Angststörung noch an einer sonstigen psychischen Erkrankung in einer solchen Ausprägung leidet, dass sie sich alleine oder im Zusammenwirken mit allen anderen Erkrankungen auf nicht absehbare Zeit, d.h. länger als sechs Monate andauernd, auf das zeitliche Leistungsvermögen auswirken würde.
Dies ist für den Senat widerspruchsfrei und nachvollziehbar anhand der von diesen Sachverständigen bei der Klägerin erhobenen Befunde und Anamnese. Bei der Untersuchung durch Frau O waren Aufmerksamkeit und Auffassungsgabe der Klägerin ungestört, es zeigten sich keine pathologischen Denkinhalte. In Antrieb und Motorik zeigte sich ein gebundenes Bild mit einigen Manierismen. Affektiv trat die Klägerin dysthym-weinerlich auf, war ausgesprochen klagsam, verjammert, dissoziativ ausgestaltend mit dependenten Zügen und einer Neigung zum Verdeutlichungsverhalten. Die Schwingungsfähigkeit war vorhanden, aber reduziert. Es fanden sich keine krankheitswertigen hirnorganischen Einschränkungen, auch keine krankheitswertigen kognitiven Defizite und keine krankheitswertige psychomotorische Hemmung. Dabei zeigte sich eine Diskrepanz zwischen der Selbsteinschätzung und Beschwerdeschilderung der Klägerin und dem körperlichen und psychischen Untersuchungsbefund, ebenso zwischen den geschilderten Funktionsbeeinträchtigungen und den zu eruierenden Aktivitäten des täglichen Lebens. So schilderte die Klägerin gegenüber Frau O zwar wandernde Schmerzen, wodurch es ihr schwer falle zu arbeiten, so dass sie das Arbeiten, Kochen und Putzen deshalb vernachlässigen müsse. Auch hat sie angegeben, es gehe ihr ganz schlecht und sie könne nichts tun. Alles falle ihr schwer, sie könne sich zu nichts aufraffen. Sie sei ständig erschöpft. Sie sei zwar 2014 im Urlaub in Kuba gewesen, der Urlaub habe ihr aber nicht gefallen. Auch habe sie wenig Freude an ihren Enkeln. Gleichzeitig hat die Klägerin aber auch angegeben, dass sie regelmäßig um 8.30 Uhr aufstehe, frühstücke, dann auf dem Sofa liegend fernsehe. Sie stehe wieder auf, bevor ihr Ehemann nach Hause komme und koche Nudeln oder Reis. Dann würden sie zusammen essen, manchmal zusammen einkaufen gehen. Sie kümmere sich im Haushalt um die Wäsche und das Kochen, während der Ehemann das Putzen übernehme. Sie führe eine gute Ehe, mache alles zusammen mit dem Ehemann, sie gingen ab und an zusammen ins Thermalbad, schauten zusammen Fernsehen. Die Familie reagiere achtsam. Sie habe Freundinnen, die weiter weg wohnten. Zu Terminen im Ort fahre sie selbst mit dem Auto. Sie besuche regelmäßig ihre gehbehinderte Mutter, und ihre Kinder und Enkelkinder seien regelmäßig bei ihnen zu Besuch. Damit hat die Klägerin selbst beschrieben, dass sie über soziale Kontakte verfügte, einen strukturierten Tagesablauf hatte und soziale Kompetenz und Alltagskompetenz vorhanden war. Sie hatte sich zwar von beruflichen und teilweise haushälterischen Aufgaben zurückgezogen, es gab aber noch gewisse erhaltene Interessengebiete. Frau O sah daher keine zeitliche Leistungseinschränkung der Klägerin, vielmehr einen Rückzug der Klägerin in die Krankenrolle mit einem Versorgungswunsch. Gegenüber E beschrieb die Klägerin ihren Tagesablauf und die ihr noch möglichen Aktivitäten, die noch vorhandenen Kontakte und vorhandenen Ressourcen zwar weitergehend eingeschränkt als noch gegenüber Frau O. Allerdings ließen sich so weitgehende krankheitsbedingte Einschränkungen gerade nicht objektivieren. Zwar hat die Klägerin eine Beeinträchtigung ihrer Konzentrationsfähigkeit, eine Störung der Merkfähigkeit, schnellere Gedanken, Angst vor Gesprächen mit fremden Personen und eine sehr schnelle Erschöpfung beklagt und angegeben, sehr ängstlich und traurig zu sein und starke Schmerzen zu verspüren. Gleichwohl schaffte es die Klägerin aber gut, sich während des Gesprächs mit E auf die Beantwortung der Fragen zu konzentrieren. Sie konnte auf die Fragen gut antworten, ausführlich erzählen und teilweise sogar nicht erfragte Details nennen. Bis zuletzt antwortete sie sehr ausführlich auf die Fragen. Schwierigkeiten mit dem Kurz- oder Langzeitgedächtnis konnte E nicht feststellen. In Bezug auf das formale Denken zeigten sich keine Auffälligkeiten, auch eine Antriebsminderung konnte nicht festgestellt werden, ebenso wenig psychomotorische Veränderungen. Die Klägerin wirkte auf E sehr klagsam und wehleidend, nicht jedoch schmerzgeplagt. Psychomotorische Veränderungen ließen sich ebenfalls nicht feststellen. Bei den Erzählungen der subjektiv traumatischen Situationen während des Gesprächs waren keine Hinweise auf eine PTBS ersichtlich. Die Klägerin weinte zwar nahezu durchgehend während des gesamten Gesprächs mit der Sachverständigen. Dabei schwankte die Intensität des Weinens aber deutlich und die Klägerin war in der Lage, das Weinen spontan zu unterbrechen. In den Beschwerdevalidierungstests zeigten sich eine negative Antwortverzerrung und damit Hinweise auf ein nicht-authentisches Verhalten. Im Rey-Test erzielte die Klägerin einen Wert deutlich unterhalb der Grenze, die bei jedem nicht schwerstbehinderten, schreib- und lesefähige Probanden zu erwarten gewesen wäre, was als Hinweis für Simulation und Aggravation zu werten ist. Auch E gelangte zu der Einschätzung, dass die Klägerin die Erfahrung gemacht hat, dass sie durch ihre depressive Symptomatik und durch ihr permanentes Weinen eine erhebliche Zuwendung erfährt, sich auf ärztliches Anraten die im gleichen Haus wohnende Schwiegermutter zurückziehen musste, sie Zuwendung und Unterstützung durch ihre Familie erfährt, aber auch von therapeutischer Seite. Damit lässt sich keine zeitliche Leistungseinschränkung feststellen, vielmehr besteht ein erheblicher sekundärer Krankheitsgewinn und die Klägerin erfährt zusätzlich Unterstützung in ihrer passiv regressiven Versorgungserwartung, wie E für den Senat anhand der beschriebenen Angaben und Befunde widerspruchsfrei und zutreffend ausgeführt hat. Die neuropsychologische Begutachtung durch Herrn S4 erbrachte auch keinen ausreichenden Anhalt für eine neuropsychologische Störung. Der klinische Befund war unauffällig, die Klägerin war wach, orientiert, attent, eloquent, mnestisch und in der Auffassung sicher und ermüdete im Verlauf nicht. Zwar ergaben sich bei der testpsychologischen Untersuchung formal Auffälligkeiten in allen getesteten Bereichen (Aufmerksamkeit und Konzentration, Lern- und Merkfähigkeit, exekutive Funktionen). Im Testprofil zeigten sich jedoch deutliche Diskrepanzen in dem Sinne, dass unplausible Leistungsdefizite gezeigt wurden, eine untypische Lernkurve festzustellen war und die Anzahl korrekter Antworten bei einer zufälligen Ratewahrscheinlichkeit lag, und eine positive Beschwerdevalidierung, welche auf ein nicht authentisches Leistungsverhalten bzw. eine nicht ausreichende Leistungsmotivation hindeutete. Die formal erhobenen Minderleistungen sind deshalb nicht im Rahmen einer kognitiven Störung zu interpretieren, wie Herr S4 für den Senat widerspruchsfrei und nachvollziehbar dargelegt hat.
Soweit die Klägerin sowohl gegen das Gutachten der Frau O als auch gegen die Gutachten von E und Herrn S4 Einwendungen vorgebracht hat, verfangen diese nicht. Die Sachverständigen haben hierauf ergänzend Stellung genommen und für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass und auf welcher Grundlage sie zu der jeweils geäußerten Einschätzung gelangt sind und warum sie an dieser festhalten.
Zu keinem anderen Ergebnis führen auch die davon abweichenden Leistungseinschätzungen der Sachverständigen K1 in deren Gutachten, der sachverständigen Zeuginnen W3, H und D in deren schriftlichen Auskünften und der behandelnden Ärzte und Therapeuten in den jeweiligen Entlassungsberichten über die stationären bzw. teilstationären Behandlungen im zfp B und der A Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie. Die Einschätzung einer auch zeitlichen Leistungseinschränkung ist für den Senat nicht nachvollziehbar.
Zwar kennen Frau W3 als Hausärztin der Klägerin, Frau H als langjährig behandelnde Fachärztin und D als mehrjährige Therapeutin die Klägerin über einen langen Zeitraum und haben diese von einer durchgehend seit Rentenantragstellung bestehenden massiven Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht u.a. aufgrund einer durchgehend als schwergradig zu bewertenden depressiven Symptomatik und wesentlicher Reduzierung der Belastbarkeit, Konzentration und Ausdauer berichtet. Auch erfolgte eine entsprechende Diagnosestellung während der stationären und teilstationären Behandlungen der Klägerin im zfp B und in der W1-Klinik S. Hierauf hat sich auch K1 in ihrem Gutachten bezogen. Diese Angaben weichen aber von dem weitgehend übereinstimmenden Befund ab, den die Sachverständigen O, E und S4 erhoben haben. Insoweit hat E sich ausführlich mit den einzelnen von ihrer Diagnosestellung und Leistungseinschätzung abweichenden Äußerungen auseinandergesetzt. Sie hat insbesondere dargelegt, dass K1 subjektive Beschwerden und objektiven Befund vermischt hat. Gleiches gilt für die Auskünfte von Frau W3, Frau H und D. So kann beispielsweise die Angabe, dass die Klägerin ihre Wohnung kaum ohne Begleitung verlasse, nicht nachvollziehbar dahingehend gewürdigt werden, dass eine Einschränkung der Wegefähigkeit vorliegt, obwohl auf eine krankheitsbedingte Einschränkung der Wegefähigkeit aus den objektiven Befunden gerade nicht geschlossen werden kann. Nur weil die Klägerin tatsächlich meist durch ihren Ehemann begleitet wird, bedeutet dies nicht, dass sie krankheitsbedingt nicht in der Lage wäre, Wege alleine zurückzulegen oder Aktivitäten alleine auszuüben. Auch hat K1 die angenommene dauerhafte Leistungseinschränkung damit begründet, dass trotz intensiver Behandlung seit 2012 keinerlei Veränderung im Gesundheitszustand eingetreten sei. Hiergegen ist einzuwenden, dass zwar in den Jahren 2014 und 2015 und nochmals für mehrere Wochen im Jahr 2016 eine intensive, auch stationäre bzw. teilstationäre Behandlung erfolgt ist, mit dieser aber auch eine Besserung erreicht werden konnte. So wurde die Klägerin laut Entlassungsbericht vom 09.12.2014 im Oktober 2014 stabilisiert aus dem zfp B entlassen und es war eine medizinische Belastungserprobung am Arbeitsplatz geplant, aus der Rehabilitation in der W1-Klinik wurde die Klägerin laut Entlassungsbericht vom 06.08.2015 mit der Einschätzung entlassen, dass sie für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkung mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig sei. Auch die Entlassung aus der Tagesklinik des zpf B im März 2016 erfolgte laut Entlassungsbericht vom 24.03.2016 in teilremittiertem Zustand. Danach erfolgte weder eine Veränderung der Medikation noch - abgesehen von der Behandlung in der Sektion interdisziplinäre Schmerztherapie der A Klink KG vom 31.01.2018 bis 17.02.201898 - eine erneute teilstationäre oder stationäre psychiatrische Behandlung, so dass es wenig plausibel erscheint, dass über Jahre hinweg unverändert eine schwere depressive Symptomatik vorgelegen haben soll und trotzdem das therapeutische Konzept unverändert fortgesetzt wurde. Auch dies hat E zutreffend ausgeführt. Ebenso hat sie darauf hingewiesen, dass das Gutachten der K1 die Durchführung einer Symptomvalidierung und die Erhebung von Medikamentenspiegeln vermissen lässt, wohingegen sich bei der Untersuchung durch E und Herrn S4 erhebliche Auffälligkeiten bei den durchgeführten Symptomvalidierungstests zeigten und sich auch im klinischen Eindruck Hinweise für eine Verdeutlichung und ein gewisses manipulatives Verhalten ergaben. Die von den behandelnden Ärzten und Therapeuten ebenfalls zur Begründung eines aufgehobenen Leistungsvermögens herangezogenen Einschränkungen in Kognition und Mnestik ließen sich bei der neuropsychologischen Begutachtung durch Herrn S4 gerade nicht objektivieren.
Auch soweit die weiteren sachverständigen Zeugen L, S1 und N1 unter Hinweis auf die psychischen Erkrankungen der Klägerin von einem eingeschränkten oder gänzlich aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen sind, kann der Senat sich dem nicht anschließen. Sie haben hierbei fachfremd geurteilt und auch keine diese Einschätzung rechtfertigenden Befunde mitgeteilt.
Nachvollziehbar ist, dass durch das Auftreten der Karzinomerkrankung im Jahr 2018 eine zusätzliche Belastungssituation der Klägerin entstanden ist. Allerdings ergibt sich aus dem Gutachten der E, dass hierdurch keine dauerhafte wesentliche Verschlechterung der psychischen Situation eingetreten ist. Auch die Klägerin selbst hat angegeben, dass sich ihr Zustand über die Jahre hinweg nicht verändert habe.
Damit ist der Senat der Überzeugung, dass die Klägerin durch ihre psychischen Erkrankungen in dem oben genannten Sinne qualitativ, aber nicht quantitativ eingeschränkt ist.
Auch aus den den weiteren Fachgebieten zuzuordnenden Erkrankungen folgen qualitative Leistungseinschränkungen, nicht aber eine quantitative Leistungseinschränkung.
Auf neurologischem Fachgebiet litt die Klägerin an einem Restless-legs-Syndrom. Die dadurch bedingten Beschwerden waren aber durch die gelegentliche Einnahme von Restex ausreichend kompensiert, wie T mit seiner Auskunft vom 31.03.2015 unter Bezugnahme auf seinen Bericht vom 01.04.2015 für den Senat nachvollziehbar dargelegt hat. Etwaige Verschlechterungen seither sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch E wurde von Seiten der Klägerin ein Restless-legs-Syndrom nicht mehr beklagt, auch der Befund war insoweit unauffällig. Gleiches gilt für die von Frau O diagnostizierten diskreten Wurzelreizzeichen L5 und die beginnende periphere Polyneuropathie. Hieraus leitete Frau O angesichts des geringgradigen Befundes lediglich qualitative Einschränkungen für Tätigkeiten mit erhöhten Balancierfähigkeiten ab. Bei der Begutachtung durch E gab es mit Ausnahme ausgefallender Achillessehnenreflexe weder Hinweise auf eine Polyneuropathie noch für eine radikuläre Symptomatik der Nervenwurzel L5. Daher sind der Klägerin keine Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten mehr zumutbar, eine zeitliche Leistungseinschränkung wird aber durch diese Erkrankungen nicht bedingt.
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet die Klägerin an einem myogenen Reizsyndrom der HWS ohne wesentliche Funktionseinschränkung und ohne radikuläre Ausfälle bei radiologisch und kernspintomographisch im Wesentlichen altersentsprechend normalen Befunden, an radiologisch nachweisbaren, das altersentsprechend zu erwartende Ausmaß geringfügig überschreitenden degenerativen Veränderungen im lumbosacralen Übergangsbereich ohne Funktionseinschränkung und ohne radikuläre Ausfälle, an einer radiologisch nachweisbaren, initialen medialen Gonarthrose beidseits ohne Funktionseinschränkung bei kernspintomographischem Ausschluss intraartikulärer Weichteilveränderungen, einer Fingerpolyarthrose mit Funktionseinschränkung der Fingermittel- und endgelenke beider Hände, links mehr als rechts, mit Beeinträchtigung der Feingeschicklichkeit der linken Hand und Knick-/Senkfüßen beidseits ohne statische Auswirkung. Hieraus folgen qualitative Einschränkungen für Tätigkeiten, die die Feingeschicklichkeit beider Hände erfordern wie das Hantieren bzw. Zusammensetzen von kleinen Werkstücken und Tätigkeiten mit häufigen Umwendbewegungen der Hände („Wringen“). Ebenso sind Tätigkeiten unter häufiger Kälte- und/oder Nässebelastung von der Klägerin zu vermeiden. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg, in Spitzen (maximal fünfmal täglich) bis 8 kg mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Wechsel der Arbeitshaltung sind der Klägerin aber auch unter Berücksichtigung ihrer orthopädischen Erkrankungen noch sechs Stunden und mehr je Arbeitstag möglich. Dies folgt für den Senat widerspruchsfrei und nachvollziehbar aus dem Gutachten des P. Denn abgesehen von der Situation an den Händen hat P bei der klinischen Untersuchung lediglich noch muskuläre Verspannungen der Nacken- und Schultermuskulatur rechts betont festgestellt. Bezüglich der ansonsten geklagten polytopen Beschwerden bestand ein deutlicher Widerspruch zwischen der praktisch durchgehend bei der Erhebung des Tastbefundes über den großen Gelenken angegebenen, teilweise massiven Schmerzen und der nachfolgend jeweils schmerzfreien Bewegungsprüfung mit durchweg normalen Funktionsausmaßen, so dass diese Beschwerden orthopädisch nicht zu erklären sind. Die beklagten Schmerzen hat E im Rahmen ihrer Begutachtung als Schmerzstörung diagnostisch erfasst und berücksichtigt.
Soweit S1 in seiner sachverständigen Zeugenauskunft eine zeitliche Leistungseinschränkung angegeben hat, folgt hieraus nichts anderes. Zum einen hat er hier fachfremd auch auf psychische Erkrankungen verwiesen, zum anderen hat er teilweise Angaben zu Erkrankungen auf seinem Fachgebiet gemacht, die überhaupt nicht die Klägerin betrafen. Denn die von ihm angegebene Gonarthrose beider Kniegelenke, die Versorgung der linken Hüfte mit einer Endoprothese und eine schwere Coxarthrose rechts lagen nach den Feststellungen des P, an denen der Senat keinen Anlass zu zweifeln hat, bei der Klägerin eindeutig nicht vor. Anhaltspunkte für relevante Verschlechterungen liegen nicht vor. Die Klägerin hat solche nicht vorgetragen und eine weitere fachorthopädische Behandlung im Berufungsverfahren nicht angegeben.
Auf internistischem Fachgebiet leidet die Klägerin bei Zustand nach Entfernung einer Niere im Jahr 2012 an einer chronischen Nierenfunktionseinschränkung im Stadium II-III bei Einzelniere, woraus sich keine über die bereits genannten qualitativen Einschränkungen hinausgehenden Einschränkungen für das berufliche Leistungsvermögen ergeben. Dies folgt für den Senat aus den sachverständigen Zeugenauskünften der Nephrologin L gegenüber dem SG und dem Senat. Darin hat sie mitgeteilt, dass die chronische Nierenfunktionsstörung kompensiert ist. Sie hat die Klägerin zwar für nicht mehr leistungsfähig erachtet, allerdings hierbei maßgeblich auch andere Fachgebiete miteinbezogen und keine Befunde mitgeteilt, die eine auch zeitliche Leistungseinschränkung der Klägerin begründen würden. Weiter ist bei der Klägerin im Jahr 2018 ein kolorektales Karzinom aufgetreten, welches mehrfache operative Eingriffe und die Durchführung einer Chemotherapie erforderlich machte. Insoweit ist nach vorübergehender Arbeitsunfähigkeit während der akuten Behandlungsphasen eine Vollremission eingetreten. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf nicht absehbare Zeit auf unter sechs Stunden täglich folgt hieraus nicht, wie sich für den Senat nachvollziehbar aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Internistischen Onkologen N1 ergibt. Zwar geht auch er von einer fehlenden Leistungsfähigkeit aus, allerdings fachfremd und insoweit ohne konkrete Befunde aufgrund der psychischen Erkrankungen der Klägerin. Gleiches gilt auch, soweit im Entlassungsbericht der S2-Klinik KG vom 17.07.2019 ein aufgehobenes Leistungsvermögen angenommen wird. Dem Bericht lassen sich keine Befunde entnehmen, die diese Einschätzung, die auch Einschränkungen in psychomentaler Hinsicht bei vorbekannter Depression und Fibromyalgie berücksichtigt, rechtfertigen würden. Aufgrund der Karzinomerkrankung und deren Behandlung sind von der Klägerin eine Überlastung der Bauchpresse, ständige Rumpfzwangshaltungen, häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über acht kg und Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft zu vermeiden, ebenso nur noch körperlich leichte Tätigkeiten zumutbar. Damit liegen qualitative Leistungseinschränkungen vor, die sich weitgehend auch bereits aus den orthopädischen Erkrankungen ergeben, nicht aber eine zeitliche Leistungseinschränkung.
Ob daneben bei der Klägerin auch eine Fibromyalgie als eine dem internistisch-rheumatologischen Fachgebiet zuzuordnende Erkrankung zu diagnostizieren ist, kann dahingestellt bleiben. P hat hierzu für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass laut Berichten der Rheumatologischen Schwerpunktpraxis vom 28.03.2013 und 16.10.2013 (Bl. 108 ff. und 112 ff. der SG-Akte) eine entzündlich rheumatische Erkrankung gerade ausgeschlossen wurde. Bei der klinischen Untersuchung durch P gab die Klägerin zwar eine Schmerzhaftigkeit aller typischen Fibromyalgiepunkte an, allerdings gab sie auch bei Druck auf beliebige Punkte der Weichteile an der Rückseite des Rumpfes und der Muskulatur an oberen und unteren Extremitäten jeweils deutliche Schmerzen an, so dass sich nicht das typische Bild einer Fibromyalgie ergab. Zwar lässt sich dem Bericht der A Klink vom 15.02.2018 entnehmen, dass dort alle 18 von 18 fibromyalgietypsichen Tenderpoints hochgradig druckdolent waren, allerdings enthält der Bericht keine Angaben zu Kontrollpunkten oder sonstige Befunde für das dort diagnostizierte schwere Fibromyalgie-Syndrom außer den von der Klägerin massiv beklagten Schmerzen und Beschwerden. Diese wurden aber von E als eine dem nervenärztlichen Fachgebiet zuzuordnende Schmerzstörung diagnostisch erfasst und bei ihrer Leistungsbeurteilung berücksichtigt, so dass sich insoweit, selbst wenn man diese diagnostisch als Fibromyalgiesyndrom erfassen wollte, keine abweichende Leistungsbeurteilung ergibt.
Weitergehende Einschränkungen folgen auch nicht aus den weiter bestehenden Erkrankungen der Klägerin wie die Adipositas und Hypertonie.
Damit kann der Senat sich nicht davon überzeugen, dass die Erkrankungen der Klägerin für sich genommen sowie auch insgesamt betrachtet zu einer mindestens sechs Monate andauernden auch zeitlichen Leistungseinschränkung geführt haben. Die vorliegenden Gesundheitsstörungen mit den beschriebenen Einschränkungen können damit zwar das Spektrum der für die Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keinen Zweifel an ihrer weitgehend normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Ein Rentenanspruch kann auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1983 - 5a RKn 28/82 - und zuletzt BSG, Urteil vom 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R -, Juris). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Ausgehend hiervon liegt bei der Klägerin unter Berücksichtigung der von ihr zu beachtenden qualitativen Einschränkungen weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Zwar ist sie in der Feinmotorik der Hände links mehr eingeschränkt als rechts wie sich aus dem Gutachten des P ergibt, allerdings nicht so weitgehend, dass sich eine funktionelle Einhändigkeit oder eine dieser vergleichbare Einschränkung ergibt. Vielmehr folgen hieraus nur Einschränkungen für das Hantieren mit kleinen Gegenständen und das Wringen. Auch ist die Klägerin in der Lage, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Sie kann viermal täglich eine Strecke von 500 m in einem Zeitaufwand von unter 20 min zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Soweit K1 ausführt, dass die Wegefähigkeit der Klägerin eingeschränkt sei, ist dies nicht nachvollziehbar, wie bereits ausgeführt. Eine sich relevant auf die Gehfähigkeit auswirkende psychische Störung haben alle anderen Sachverständigen ausgeschlossen, eine erhebliche schmerzbedingte Beeinträchtigung der Gehfähigkeit ist durch die vorliegenden Gutachten und auch Befundberichte ebenfalls nicht belegt, genauso wenig eine orthopädische oder internistische Erkrankung mit einer relevanten Auswirkung auf die Gehfähigkeit. Insbesondere bestehen keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass eine Begleitung der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen erforderlich wäre und sie nicht auch alleine das Haus verlassen und übliche Wegstrecken zu Fuß zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen könnte. Im Übrigen legt sie auch nach eigenen Angaben kürzere Strecken noch selbst mit dem Pkw zurück.
Dass bei der Klägerin ein GdB von 60, seit Auftreten der Krebserkrankung 2018 ein solcher von 100, anerkannt ist, führt im vorliegenden Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht hat für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987 - 5b BJ 156/87 -, Juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des GdB unterscheiden sich maßgeblich von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. BSG, Beschluss vom 10.07.2018 - B 13 R 64/18 B -, Juris).
Der Klägerin ist somit keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Bei der Klägerin, die 1964 und damit nach dem Stichtag geboren ist, kommt auch ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI nicht in Betracht.
Damit ist die Berufung insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 4003/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1332/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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