L 8 R 2858/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 4709/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 2858/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.07.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die im Jahr 1964 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur Bürogehilfin absolviert und war zuletzt als Verkäuferin in einer Bäckerei sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 01.12.2016 ist die Klägerin arbeitsunfähig. Sie bezog bis zum 31.05.2018 Krankengeld.

Vom 29.03.2017 bis zum 26.04.2017 durchlief sie eine stationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der T- Klinik in G. Nach der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung lag noch ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes von sechs Stunden arbeitstäglich vor (Entlassungsbericht vom 11.05.2017, Diagnosen: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, generalisierte Angststörung, Cervicobrachialgie bds., Handgelenksschmerzen bei Z. n. CTS - OP rechts 2015, allergische Diathese, Rhinokonjuktivitis, Neurodermitis).

Die Klägerin beantragte am 05.07.2017 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und teilte mit, dass sie sich seit dem Jahr 2006 infolge einer Neurodermitis, rückläufigen Cervicobrachialgien bds. bei degenerativem HWS mit Bandscheiben - Protrusio C5/6, eines Zustandes nach CTS - Operation 2015 mit Restbeschwerden am Handgelenk, einer depressiven Erkrankung, einem rezidivierenden Lumbalsyndrom mit muskulärer Dysbalance sowie einer psycho - physischen Erschöpfung für erwerbsgemindert halte.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 04.08.2017 gestützt auf die Leistungseinschätzung im Rehaentlassungsbericht vom 11.05.2017 ab und teilte mit, dass die Einschränkungen der Klägerin nicht zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung führten.

Die Klägerin erhob hiergegen am 09.08.2017 Widerspruch und teilte mit, dass die Gestaltung des Alltäglichen ihr schwerfalle, selbst kleine Dinge überforderten sie. An manchen Tagen komme sie nicht einmal aus dem Bett. Sie leide an permanenten Panikattacken einhergehend mit Übelkeit und Druck. Die Einkäufe und der Haushalt würden überwiegend durch ihren Ehemann erledigt.

Die Beklagte veranlasste eine psychiatrische Begutachtung der Klägerin durch den M. Dieser diagnostizierte am 08.05.2018 eine vorbeschriebene rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode, vor dem Hintergrund einer ängstlich – unsicheren Persönlichkeitsakzentuierung, chronische Handgelenksschmerzen rechts bei Diskus ulnaris Läsion sowie Zustand nach CTS - Operation 2015 mit deutlicher Funktionseinschränkung, chronisch rezidivierende Cervikobrachialgien beidseits derzeit ohne Funktionsdefizit, Nikotinabusus sowie eine bekannte allergische Disposition mit ausgeprägter Neurodermitis im frühen Erwachsenenalter. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien noch sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2018 zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und der sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Der Klägerin seien daher noch angepasste leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.

Die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat am 24.10.2018 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Sie hat zur Begründung auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren verwiesen. Die Klägerin habe einen regelrechte „Ärztemarathon" hinter sich. Die durchgeführten stationären Klinikaufenthalte hätten in der Regel keinen Erfolg bringen können.

Das SG hat die S mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In ihrem am 11.12.2019 erstellten Gutachten hat S eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig leicht – mittelgradiger Episode auf dem Boden einer ängstlich – unsicheren Persönlichkeitsakzentuierung mit ausgeprägtem Vermeidungsverhalten diagnostiziert. Leichte bis punktuell mittelschwere Tätigkeiten seien noch sechs Stunden arbeitstäglich möglich.

Das SG hat den N mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. N hat in seinem am 24.02.2020 erstellten Gutachten eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittel bis schwere Episode, eine chronische Angstneurose, eine somatoforme Funktionsstörung des unteren Verdauungssystems und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert. Die Klägerin könne nur noch leichte Tätigkeiten im zeitlichen Umfang von unter drei Stunden arbeitstäglich verrichten.

Die Beklagte ist dem Gutachten von N unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme von N1 entgegengetreten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.07.2020 abgewiesen und sich hierbei auf das Gutachten von S gestützt. Soweit der Sachverständige N der Auffassung sei, das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin sei auf unter sechs Stunden täglich eingeschränkt sei, vermöge das SG dem nicht zu folgen. Die von ihm mitgeteilte deutliche Einschränkung des Auffassungsvermögens, der Konzentrations-, Kritikfähigkeit und des Antriebs mit rascher Erschöpfung und Überforderung könne das SG nach den Angaben der Klägerin zu ihrem Tagesablauf in der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2020 nicht nachvollziehen. Das Urteil wurde der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 11.08.2020 zugestellt.

Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat am 08.09.2020 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er hat zur Berufungsbegründung angeführt, dass S zwar zu dem Ergebnis gelange, dass bei der Klägerin lediglich eine rezidivierende depressive Störung vorliegen würde und die Klägerin deshalb mindestens sechs Stunden für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzbar sei. Diese Auffassung sei indes unzutreffend. Der weitere Gutachter, N, komme zu dem Ergebnis aufgrund seiner Untersuchung am 11.02.2020, dass die Klägerin an einer depressiven Erkrankung "gegenwärtig mit mittel- bis schwerer Episode" leide. Außerdem habe er eine chronische Angstneurose und eine somatoforme, autonome Funktionsstörung des unteren Verdauungssystems unter chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren am 11.02.2020 festgestellt. Die Feststellungen im psychiatrischen Gutachten vom 11.02.2020 wichen erheblich von den Feststellungen im neurologisch - psychiatrischen Gutachten vom 11.12.2019 ab, so dass es seitens der Klägerin angezeigt sei, ein weiteres psychiatrisches Gutachten von Amts wegen einzuholen. Aufgrund dieser widersprechenden Gutachten wäre das Sozialgericht verpflichtet gewesen, ein weiteres Gutachten einzuholen. Das Gericht habe sich jedoch lediglich dem Inhalt des Gutachtens von S angeschlossen, ohne dazulegen inwiefern der Inhalt des Gutachtens von N unrichtig sein solle. Die Klägerin leide an einer psychischen Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und Anpassungsschwierigkeiten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.07.2020 und den Bescheid der Beklagten vom 04.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung seit 05.07.2017 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

Der Senat hat S1, mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem am 16.04.2021 erstellten Gutachten hat S1 eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert und eine Angst und depressive Störung gemischt diagnostiziert. Die Klägerin sei in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich einer regelmäßigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Gefahr für die Gesundheit nachzugehen.

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 22.04.2021 darauf hingewiesen, dass das LSG nach § 153 Abs. 4 SGG die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückweisen kann, wenn es sie einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Möglichkeit komme nach dem Inhalt der vorliegenden Akten in Betracht. Den Beteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und dem weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.


II.

Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Das Sozialgericht hat nicht mit Gerichtsbescheid, sondern mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Entscheidung im schriftlichen Verfahren bedarf keiner Zustimmung der Beteiligten. Die Beteiligten sind mit richterlichem Schreiben vom 22.04.2021 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen. Die Klägerin hat in ihrer Stellungnahme vom 30.04.2021 der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Beschlussverfahren zugestimmt. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erachtet der Senat eine mündliche Verhandlung vor dem Senat für nicht erforderlich.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 04.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 43 Absatz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Absatz 2 Satz 2 SGB VI). Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich - bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche - ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Absatz 1 und Absatz 2 SGB VI vor. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Absatz 3 SGB VI).

Diese Voraussetzungen sind zur Überzeugung des Senats bei der Klägerin nicht erfüllt. Der Senat stellt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann.

Das SG hat im angefochtenen Urteil unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG und unter ausführlicher Prüfung der Gutachten von S und N ausführlich begründet, dass es durch die depressive Symptomatik zu einer phasenabhängig unterschiedlich ausgeprägten Beeinträchtigung von Stimmung Psychosomatik und Aktivität, zu einer Minderung der Konzentration, der Aufmerksamkeit und des Selbstvertrauens sowie zu einer reduzierten emotionalen Stabilität und Stressbelastbarkeit komme. Diesen Einschränkungen führen zu qualitativen Leistungseinschränkungen. Das Absinken des Leistungsvermögens auch für leichte Tätigkeiten auf unter sechs Stunden arbeitstäglich sei den Befunden nicht zu entnehmen. Das SG hat auch ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen es die von N mitgeteilte deutliche Einschränkung des Auffassungsvermögens, der Konzentrations-, Kritikfähigkeit und des Antriebs und rascher Erschöpfung und Überforderung nicht nachvollziehen kann und dies schlüssig unter Würdigung der Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2020 begründet. Auch nach Überzeugung des Senats sind die von N erhobenen Befunde nicht ausreichend, um eine dauerhafte zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auch für leichte Tätigkeiten zu begründen. N führt im psychischen Befund auf, das die Fähigkeit zur Konzentration, Auffassung und Kritik mäßig eingeschränkt, das Kurzzeitgedächtnis und die Merkfähigkeit regelrecht waren. Die Stimmungslage wird als deutlich depressiv und ängstlich bei deutlich gemindertem Antrieb beschrieben. Eine kritische Würdigung der Angaben der Klägerin zum Tagesablauf insbesondere im Hinblick auf das von S angesprochene Vermeidungsverhalten der Klägerin und die anamnestischen Angaben der Klägerin bei der Vorbegutachtung erfolgt indes nicht. Diesbezüglich ist insbesondere zu prüfen, ob der von der Klägerin mitgeteilte soziale Rückzug und das Vermeidungsverhalten unter zumutbarer Willensanspannung und durch entsprechende Anpassung der Therapiemaßnahmen überwindbar sind. Auch hat die Klägerin bei S angegeben, dass sie zwar zurückgezogen, jedoch nicht völlig ohne soziale Kontakte, wie beispielweise zu ihrer Schwester und ihrem Ehemann, lebt. Auch geht die Klägerin noch alleine spazieren, liest und sieht fern. Der Senat stimmt daher der Einschätzung von S zu, wonach der Klägerin noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar sind. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung diesbezüglich aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren sowie der Beweisaufnahme durch den Senat erfolgt keine anderweitige Bewertung des Sachverhaltes.

Soweit die Klägerin zur Berufungsbegründung anführt, dass angesichts der diskrepanten Diagnosen und Leistungseinschätzungen von S und N ein weiteres psychiatrisches Gutachten einzuholen sei, hat das vom Senat bei S1 eingeholte Gutachten vom 16.04.2021 die Leistungseinschätzung von S bestätigt. Die Klägerin hat bei der Begutachtung angegeben, dass sie bei schönem Wetter spazieren gehe oder Arzttermine habe. Ansonsten sei sie zu Hause. Die Beziehung zu ihrem Ehemann wird als gut und haltgebend beschrieben. Die Klägerin zeigte sich nach Aussage des Gutachters mit durchaus auch lebhaften und vitalen Anteilen und keinesfalls antriebsarm oder merklich antriebsgemindert. Sie scheine bedrückt und besorgt, nicht jedoch tiefer deprimiert und keinesfalls erstarrt. Sie sei durchaus auflockerbar und das affektive Schwingungsvermögen sei erhalten. Der Gedankengang sei zusammenhängend, geprägt von einer Grübelneigung und auch ängstlichen Denkinhalten. Während der Begutachtung seien Konzentration und Aufmerksamkeit ungestört gewesen ohne sozial aggressiven oder Verwahrlosungstendenzen, jedoch mit einer Rückzugstendenz aus Aktivitäten und einem Vermeidungsverhalten. Die Klägerin habe ein allgemeines Krankheitsgefühl und ein Gefühl einer verminderten Belastbarkeit. Ein tiefer gehender Leidensdruck oder eine echte Therapie- und Veränderungsmotivation ließen sich kaum erfassen. Die Klägerin scheine auf ein Nichtarbeiten-Können fixiert. Im Gespräch wirke die Klägerin während der gesamten Begutachtung selbstunsicher und ängstlich-vermeidend. S1 führt schlüssig aus, dass die bei der Begutachtung noch zu erhebende Symptomatik nicht den Schweregrad einer depressiven rezidivierenden Störung erreicht, sondern mit der Diagnose Angst und depressive Störung gemischt zu erfassen ist. Bei dieser Diagnose handelt es sich um ein Störungsbild, das grundsätzlich leichter ist als eine leichte depressive Episode und bei der sich gemäß der ICD-10 leichtere Zeichen einer Depressivität sowie leichtere Angstsymptome durchmischen, ohne dass eine depressive Episode oder eine eigenständige Angststörung diagnostiziert werden kann. Auch führt S1 nachvollziehbar aus, dass bei der Klägerin deutlich werde, dass bei ihr andauernde und umfassende Gefühle von Anspannung und Besorgtheit bestünden, dass sie berufliche und soziale Aktivitäten vermeide, die intensive zwischenmenschliche Kontakte bedingten, und dass ein eingeschränkter Lebensstil wegen des Bedürfnisses nach körperlicher Sicherheit bestehe und dass Kontakte nur akzeptiert würden, wenn die Sicherheit bestehe, gemocht zu werden. Dies erfülle die Diagnose einer ängstlich-vermeidende, selbstunsicher akzentuierte Persönlichkeit. Das sehr leichte Störungsbild könne durch eine Intensivierung der ambulanten Behandlung jederzeit noch weiter gebessert werden. Auch bei Fortbestehen der jetzigen Funktionsstörungen sei mit diesen eine quantitativ uneingeschränkte Leistungserbringung möglich. S1 nimmt auch ausführlich zum Gutachten von N Stellung, dessen Befunde und Diagnosen er bei seiner Begutachtung nicht bestätigen kann. Der Senat schließt sich den Ausführungen von S1 nach eigener Prüfung und Bewertung vollinhaltlich an.

Der Senat stellt daher ein noch bestehendes Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten im zeitlichen Umfang von sechs Stunden arbeitstäglich in Übereinstimmung mit den psychiatrischen Gutachten von Stärk, dem im erstinstanzlichen Verfahren erstellten psychiatrischen Gutachten von S sowie dem im Verwaltungsverfahren erstellten psychiatrischen Gutachten von M, welches der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, fest. Die Klägerin hat hierbei die von S1, S und M genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in Gestalt des Ausschlusses von Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten mit häufig wechselnder Schicht sowie Arbeiten auch mit regelmäßigem Publikumsverkehr, Tätigkeiten mit besonderer geistiger Anspannung und besonderer Verantwortung, von Arbeiten mit Heben und Tragen von schweren Lasten sowie die Wirbelsäule belastende Tätigkeiten, mit einseitiger Belastung der rechten Hand und Tätigkeiten mit Armvorhalte- und Überkopf- sowie Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten unter der Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe, Tätigkeiten in Nachtschicht oder Arbeiten an gefährdenden Maschinen zu beachten.

Es liegen auch weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die trotz zeitlich nicht relevant eingeschränktem Leistungsvermögen eine rentenrechtliche Erwerbsminderung annehmen lassen. Eine rentenrechtlich relevante kognitive Einschränkung konnte der Senat mit den Gutachten von S1 und S nicht feststellen. Auch war und ist die Klägerin in der Lage, 4-mal täglich Wegstrecken von jeweils 500 Metern innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen und zu Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, wie der Senat auf der Grundlage der Gutachten von S und S1 feststellen konnte. Soweit N in seinem Gutachten eine Einschränkung der Gehfähigkeit annimmt, teilt er keine orthopädischen Befunde mit, welche diese Einschätzung belegen könnten. Die Angststörung ist nach den Angaben der Klägerin bei S und S1 nicht dermaßen ausgeprägt, als dass die Klägerin nicht in der Lage wäre, allein noch spazieren zu gehen. Der Senat kann sich somit nicht von einer sozialmedizinisch relevanten Einschränkung der Wegefähigkeit überzeugen. Die Klägerin ist damit nicht erwerbsgemindert, und hat daher keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB VI.

Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit steht der im Jahr 1964 geborenen Klägerin bereits aus Rechtsgründen nicht zu (§ 240 Abs. 1 SGB VI).

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO).

Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. 

Rechtskraft
Aus
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