Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19.12.2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) sowie der Klägerin zu 2) auch im Berufungsverfahren.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zu 1 in seiner Tätigkeit als D für die Klägerin zu 2 im Zeitraum vom 10.03.2014 bis zum 17.01.2015 im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.
Der im Jahr 1967 geborene Kläger zu 1) ist russischer Staatsangehöriger und meldete am 28.02.2014 ein Gewerbe bei der Stadt C für die Tätigkeit Reifenservice, Beulendoktor an.
Im Zeitraum vom 10.03.2014 bis zum 17.01.2015 war er aufgrund einer mündlichen Vereinbarung mit der Klägerin zu 2 im Pwerk L beauftragt, Dellen aus Rohkarosserien zu entfernen. Für diese Tätigkeit stellte er der Klägerin zu 2) Rechnungen aufgrund der im Werk erfassten Arbeitszeit mit einem Stundenlohn von 37,55 €, 47,50 € oder 95,00 €. Vom 15.05.2015 bis zum 29.02.2016 war der Kläger zu 1) bei der Klägerin zu 2) versicherungspflichtig in deren Werkstatt in L beschäftigt.
Am 02.12.2014 beantragte der Kläger zu 1) bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status und beantragte die Feststellung, dass keine Beschäftigung, sondern eine selbstständige Tätigkeit vorliege.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin zu 2) mit Schreiben vom 13.01.2015 mit, dass der Kläger zu 1) projektbezogen seit März 2014 tätig sei. Die Klägerin zu 2) habe bei der P L GmbH in L einen Auftrag zum Dellenentfernen an Rohkarosserien seit Oktober 2013 erhalten. Das Projekt sei ursprünglich für sechs Monate angedacht gewesen, es sei jedoch schon mehrfach verlängert worden. Der Kläger zu 1) sei Hageltechniker. Er beseitige daher Dellen aus Hagelschäden. Im letzten Jahr habe es jedoch kaum Hagelschäden in Deutschland gegeben, sodass er länger als geplant im Projekt verblieben sei. Die Beauftragung sei mündlich erfolgt. Die Arbeitszeiten seien projektabhängig und würden durch P bestimmt. Der Kläger zu 1) könne jederzeit auch einen Angestellten schicken, der die gleichen Fähigkeiten habe. Er arbeite ausschließlich mit eigenem Werkzeug. Die Klägerin zu 2) stelle keine Werkzeuge bereit.
Die Klägerin zu 2) teilte mit weiterem Schreiben vom 27.02.2015 mit, dass sie im Pwerk L mit verschiedenen Tätigkeiten (Karosseriearbeiten/Lack) in Zusammenarbeit mit dem dort produzierten Modell „M“ beauftragt worden sei. Mit P existiere kein „expliziter“ Vertrag. Der Kläger zu 1) sei vom 10.03.2014 bis zum 17.01.2015 ausschließlich als Dellendrücker (Entfernen von Dellen, in diesem Fall an Rohkarosserien) tätig gewesen. Die Arbeitszeiten hätten sich an den Schichtzeiten im Pwerk zu orientieren gehabt. Die Qualitätskontrolle sei durch P erfolgt. Bei Verhinderung sei ein Projektleiter der Klägerin zu 2) zu informieren gewesen oder eine Ersatzkraft zu stellen gewesen. In der Regel würde die Tätigkeit im Pwerk nicht von festangestellten Mitarbeitern der Klägerin zu 2) ausgeübt, da diese üblicherweise im Bereich der Ausbesserung von Hagelschäden arbeiteten. Durch das weitgehende Ausbleiben von Hagel im vergangenen Jahr seien aber auch einige festangestellte Mitarbeiter im Pwerk L eingesetzt gewesen. Der Kläger zu 1) habe ein Kfz sowie Dellendrückerwerkzeuge und einen PC eingesetzt. Die Klägerin zu 2) reichte Rechnungen über die Tätigkeit des Klägers zu 1) ein.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 03.06.2015 nach vorheriger Anhörung (Schreiben vom 05.05.2015) gegenüber dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) fest, dass die Tätigkeit des Klägers zu 1) als D bei der Klägerin zu 2) in der Zeit vom 10.03.2014 bis zum 17.01.2015 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde. In diesem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Beklagte führte zur Begründung aus, dass der Arbeitsort von der Klägerin zu 2) vorgegeben worden sei und zur Durchführung des Auftrags der Kläger zu 1) sich an die zeitlichen Vorgaben der Klägerin zu 2) bzw. deren Kunde, das Pwerk L, zu halten gehabt habe. Hinsichtlich der Ausführung der zu erbringenden Leistung habe er den Weisungen der Klägerin zu 2) bzw. des Kunden unterlegen. Im Rahmen seiner Tätigkeit sei er in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen und habe seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Er habe die Leistung im Namen und im Auftrag der Klägerin zu 2) erbracht und sei im Umgang nach außen im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit nicht als Selbstständiger wahrgenommen worden. Die Tätigkeit sei ausschließlich persönlich erbracht worden. Eigene Hilfskräfte habe der Kläger zu 1) nicht eingesetzt. Sämtliche Arbeitsmittel seien von der Klägerin zu 2) gestellt worden. Es sei eine erfolgsunabhängige Stundenvergütung gezahlt worden, die kein Gewinn- oder Verlustrisiko erkennen lasse. Es habe kein erhebliches Unternehmerrisiko bestanden. Als ein Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit sei zu verzeichnen, dass Aufträge abgelehnt werden konnten. In der Gesamtwürdigung überwögen die für Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Die Kläger legten jeweils am 30.06.2015 Widerspruch ein.
Der Kläger zu 1) führte zur Begründung des Widerspruchs an, dass es selbstverständlich sei, dass mit Beginn einer selbstständigen gewerblichen Tätigkeit nicht sofort mehrere Auftraggeber vorhanden sein könnten. Dies könne nur im weiteren Verlauf durch eine permanente Akquise erreicht werden. Mit der Klägerin zu 2) habe es kein Vertragsverhältnis gegeben. Die Aufträge seien sporadisch erfolgt. Es habe auch keine Vorgaben über Arbeitszeit, Anwesenheitspflicht oder Einbindung in die Arbeitsorganisation gegeben. Auch habe ein Weisungsrecht nicht bestanden. Er habe über seine Tätigkeitszeit und seine Arbeitskraft frei verfügen können. Sämtliche Arbeitsmittel, dazu gehörten auch die notwendigen Werkzeuge für seine Tätigkeit, habe er selbst erworben.
Die Klägerin zu 2) teilte mit Schreiben vom 15.01.2016 mit, dass der Zugang zu den Arbeitsorten bei P dem Kläger zu 1) durch den Werkschutz von P verschafft worden sei. Von diesem habe er auch einen entsprechenden Werksausweis bekommen. Die Leistungen des Klägers zu 1 seien seitens der Klägerin zu 2) in P auf Stundenbasis weiterberechnet worden. Die Kontrolle sei nur durch Mitarbeiter der Firma P erfolgt. Vom Kläger zu 1) verursachte Schäden hätten von ihm reguliert werden müssen. Er habe sich im Unterschied zu festangestellten Mitarbeitern seine Schicht- und Arbeitszeiten selbst aussuchen können. Da die Arbeitszeit als solche an die Arbeitszeit im Pwerk gekoppelt war, habe es drei Schichten zur Auswahl gegeben. In Abhängigkeit von der Schicht oder von eventuell vom Kläger zu 1) gewählten Wochenendeinsätzen haben sich für ihn unterschiedliche Verdienstmöglichkeiten ergeben. Einige Mitarbeiter seien im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers eingesetzt worden. Er habe ausschließlich mit eigenem Werkzeug gearbeitet. Von Seiten der Klägerin zu 2) seien ihm keinerlei Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt worden. Die eigenen Mitarbeiter hätten ausschließlich mit Arbeitsmitteln der Klägerin zu 2) gearbeitet.
Die Klägerin zu 2) teilte auf Nachfrage der Beklagten mit, dass der Kläger zu 1) zur Ausführung des Auftrages eigene Werkzeuge im Einsatz gehabt habe, u.a. Stangenwerkzeuge, Heißklebepistole, Dellenhammer, Zughammer, Speziallampen sowie Dellenspektrograph. Des Weiteren sei von ihm Verbrauchsmaterial eingesetzt worden wie beispielsweise Heißkleber, Pins, Rückschlagstäbe und spezielle Lackieranzüge. Auch habe er die Reisekosten, als auch Fahrzeug- und Hotelkosten zu tragen gehabt.
Die Beklagte wies die Widersprüche der Kläger jeweils mit Widerspruchsbescheiden vom 26.05.2016 zurück und führte zur Begründung aus, dass ein erhebliches Unternehmerrisiko nicht vorliege. Die Gestaltungsmöglichkeit habe sich beim Kläger zu 1) darauf beschränkt, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Dass zur Ausübung der Tätigkeit einige eigene Arbeitsmittel eingesetzt worden seien, schließe das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Nachweise über den wirtschaftlichen Aufwand eigenbeschaffter Arbeitsmittel seien nicht erbracht worden, sodass diese nicht bei der Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status einbezogen werden könnten. Der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb der Artikel Arbeitsmittel dürfte für die beurteilte Tätigkeit als D jedoch nicht so hoch sein, als dass damit ein mit erheblichem wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden könne. Die Vergütung richte sich nach der aufgewandten Arbeitszeit. Innerhalb der beurteilten Auftragsbeziehung setze der Kläger zu 1) die eigene Arbeitskraft nicht mit dem Risiko eines Verlustes bzw. nicht mit ungewissem Erfolg ein, da eine Vergütung nach Leistung der Arbeit gesichert sei. Das Risiko bei Schlechtleistung, keine weiteren Aufträge zu erhalten, unterscheide sich nicht vom Risiko beschäftigter Arbeitnehmer, die bei schlechter Arbeit ebenfalls Gefahr liefen, nicht weiterbeschäftigt zu werden.
Der Kläger zu 1) hat am 13.06.2016 Klage beim Sozialgericht Mannheim unter dem Aktenzeichen S 13 (16) R 1726/16 erhoben.
Die Klägerin zu 2) hat am 21.06.2016 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) unter dem Aktenzeichen S 13 (9) R 1795/16 Klage erhoben.
Mit Verbindungsbeschluss vom 07.11.2016 wurden die Verfahren unter dem Aktenzeichen S 13 R 1726/16 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger zu 1) hat zur Klagebegründung mit Schreiben vom 15.09.2016 vorgetragen, dass die Schlussfolgerung der Beklagten unverständlich sei und erheblich den Aussagen der Klägerin zu 2) widerspreche. Der Kläger zu 1) sei als Subunternehmer von der Klägerin zu 2) beauftragt worden und für diese natürlich im Rahmen der Selbstständigkeit tätig. Das Vertragsverhältnis sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Der Kläger zu 1) habe auch nicht nach einem vorgeschriebenen Zeitraum abgerechnet, sondern jeweils nach Fertigstellung des Auftrags und der dafür benötigten Zeit. Dass seine Abrechnung nach Stunden vorgenommen worden sei, sei kein Merkmal für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, sondern lediglich die Angabe des zeitlichen Rahmens der Bewältigung des Auftrags. Auch habe der Kläger zu 1) nicht mit dem Arbeitsmaterial und den Werkzeugen der Auftraggeber gearbeitet, sondern habe dies stets selbst mitgebracht. Auch sei er von den Auftraggebern nicht laufend überwacht worden, sondern es seien lediglich Qualitätskontrollen durchgeführt worden. Er habe selbst für eventuelle Mängel geradestehen müssen und dies auf seine Kosten beseitigen müssen. Er hätte auch im Fall seiner Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder bezahlten Urlaub gehabt und er sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Leistung persönlich zu erbringen, sondern hätte auch einen Mitarbeiter schicken können. In der Gesamtschau überwögen die Argumente für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers zu 1, da er Arbeitsmittel und Werkzeuge selbst besorgen musste, Personal hätte einstellen können und auch für dieses Projekt/Werk delegieren können.
Das SG hat das Verfahren am 14.02.2019 nichtöffentlich erörtert.
Der Kläger zu 1) hat auf Nachfrage der Beklagten Kontoauszüge über die Zahlungen für den Einsatz bei der P GmbH L sowie die Steuererklärung/Jahresabschlüsse der Jahre 2014 und 2015 eingereicht. Die Schichteinteilung sei durch die Klägerin zu 2) geregelt worden, die Arbeitsanweisungen und Kontrollen durch den zuständigen Mitarbeiter des Pwerks.
Die Klägerin zu 2) hat auf Anfrage der Beklagten mitgeteilt, dass sie nicht über eine Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit zur Arbeitnehmerüberlassung verfüge.
Die Klägerin zu 2) hat mit Schreiben vom 10.05.2019 alle den Aufträgen der P L GmbH an die Klägerin zugrundeliegenden vertraglichen Unterlagen beigefügt, ebenso Rechnungsbelege sowie Aufstellungen über die Zahlungen entsprechend einem Überweisungsträger der Klägerin zu 2). Des Weiteren hat die Klägerin zu 2) Lohnabrechnungen sowie Stundenaufzeichnungen eingereicht.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 18.06.2019 vorgetragen, dass eine Eingliederung des Klägers zu 1) in die Betriebsorganisation der Klägerin zu 2) durch die Angaben belegt werde. So sei angegeben worden, dass die Schichteinteilung durch die Klägerin zu 2) geregelt wurde. Auch seien die Zeiterfassungen im Pwerk erfolgt. Die Einkaufsbedingungen für dienstvertragliche Leistungen belegten eine Eingliederung und Weisungsgebundenheit des Klägers zu 1) gegenüber der Klägerin zu 2). So habe die Klägerin zu 2) für die Lenkung und Koordination der Aufgaben ein für die Leistungen des Bestellers verantwortlichen Ansprechpartner zu benennen und sei verpflichtet, den Einsatz sämtlicher Mitarbeiter mit dem Besteller abzustimmen. Auch habe ein Wechsel im Personaleinsatz nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Bestellers erfolgen können. Somit habe sich die Klägerin zu 2) die alleinige Weisungsbefugnis gegenüber ihren Mitarbeitern behalten. Auch die vorgelegten Leistungsnachweise sprächen für eine Einbindung des Klägers zu 1) in das Schichtsystem im Pwerk.
Die Klägerin zu 2) hat mit Schreiben vom 16.12.2019 vorgetragen, dass sich aus den eingereichten Unterlagen und Erklärungen des Klägers zu 1 gerade keine Eingliederung in einen Betrieb der Klägerin zu 2) ergebe. Mit Schichteinteilung bezüglich des Klägers zu 1) sei die Vergabe des Auftrages gemeint. Dass Absprachen bezüglich der Einsatzzeit zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer erfolgt seien, sei im Rahmen einer Tätigkeit als Subunternehmer nachvollziehbar und stelle keine Eingliederung dar. Weisungen und Kontrollen erfolgten nach den unstreitigen Annahmen nicht durch die Klägerin zu 2), da der Kläger zu 1) auch nicht in einem Betrieb der Klägerin zu 2) tätig gewesen sei. Die Auftragsbedingungen zwischen der Klägerin zu 2) und P bezögen sich auf die Erbringung der in Auftrag gegebenen Leistungen durch die Klägerin zu 2) insgesamt. Es sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin zu 2) konkret den Kläger zu 1) unter die Weisungsbefugnis eines ihrer Mitarbeiter gestellt habe. Dass dies gerade nicht der Fall war, ergebe sich aus der einen Erklärung des Klägers zu 1. Es sei darüber hinaus üblich, dass der Kläger zu 2) als Auftragnehmerin der P AG von dieser auferlegt werde, dass auch der Wechsel von Subunternehmern der Zustimmung bedürfe. Dies erfordere schon allein das Compliance -System des Auftraggebers. Der Kläger zu 1) habe auch dargelegt, dass er seine Rechnungen selbstständig erstelle, eigene Unternehmensstrukturen besitze und in hohem Umfang Investitionen getätigt habe.
Das SG hat mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19.12.2019 den Bescheid der Beklagten vom 03.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2016 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2) in der Zeit vom 10.03.2014 bis zum 17.01.2015 nicht der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Der Kläger zu 1) sei zwar in die Zeiterfassung als auch das Schichtsystem des Pwerks eingebunden gewesen. Er habe allerdings Aufträge ablehnen können und die Schicht selbst wählen können. Dass der Arbeitsort und die Zeit nach Auftragsannahme an den Bedürfnissen des Auftraggebers orientiert werden musste, sei für Selbstständige nicht untypisch. Ein starkes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sei, dass der Kläger zu 1) sein eigenes Arbeitsmaterial und Werkzeug eingesetzt habe. Daraus erfolge auch eine gewisse werkvertragstypische Weisungsfreiheit, weil der Einsatz der Arbeitsmittel und die Auswahl der zum geschildeten Erfolg führenden Technik allein durch ihn erfolgt sei. Dass eine Kontrolle des Erfolgs bzw. der Qualität und eine Abnahme durch den Kunden stattgefunden habe, spreche weder für eine abhängige Beschäftigung noch für eine selbstständige Tätigkeit. Der Kläger habe zwar im Verfahren keine Rechnungen vorgelegt, die ein erhebliches Unternehmerrisiko begründeten, jedoch sei eine Selbstständigkeit auch in Bereichen möglich, die keine erheblichen Investitionen erforderten, zumal das Kapital für Investitionen zum Zeitpunkt der Gründung häufig problematisch sei. Vielmehr habe der Kläger im Erörterungstermin nachvollziehbar dargelegt, dass er die Absicht hatte, sich selbstständig zu machen, und auf einer Messe in Kontakt mit der Klägerin zu 2) gekommen sei, welche seine wichtigste Kundin wurde. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche zudem, dass der Kläger zu 1) eine erheblich höhere Stundenvergütung erhalten habe, als es für Beschäftigte der Klägerin zu 2) üblich sei. Dies habe der Geschäftsführer der Klägerin zu 2) nachvollziehbar dargelegt. Dem Kläger zu 1) sei damit auch eine andere Stellung als den Arbeitnehmern eingeräumt worden. Gegen eine selbstständige Tätigkeit spreche zudem nicht, dass der Kläger zu 1) in der Zeit vom 15.05.2015 bis zum 29.02.2016 bei der Klägerin zu 2) beschäftigt gewesen sei, weil es sich dabei um eine andere Tätigkeit gehandelt habe. Die Kläger hätten insoweit übereinstimmend ausgeführt, dass die Klägerin zu 2) zwischenzeitlich eine Werkstatt in L eröffnet habe, in der der Kläger zu 1) tätig gewesen sei.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 13.01.2020 zugestellte Urteil am 24.01.2020 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und hat zur Berufungsbegründung angeführt, dass der Kläger entgegen der Auffassung des SG weisungsgebunden in die betriebliche Arbeitsorganisation der Klägerin zu 2) eingebunden gewesen sei. Er sei als Erfüllungsgehilfe der Klägerin zu 2) bei der Firma P tätig geworden. Dem SG sei insoweit zuzustimmen, dass es für eine Eingliederung des Klägers entspreche, dass er in die Zeiterfassung und das Schichtsystem des Pwerkes eingebunden gewesen war. Auf die Möglichkeit des Klägers zu 1), Aufträge abzulehnen, komme es nicht an, da maßgeblich allein die Verhältnisse nach Annahme des Auftrages seien. Nach der Annahme des Auftrages sei der Kläger zu 1) an die Vorgaben der Klägerin zu 2) gebunden gewesen, wie die Angaben der Klägerin zu 2) im Schriftsatz vom 27.02.2015 belegten. Die Nutzung des eigenen Arbeitsmaterials für den Kläger zu 1) stelle kein starkes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar, zumal das SG selbst festgestellt habe, dass der Kläger zu 1) keine Rechnungen vorgelegt habe, die ein erhebliches Unternehmerrisiko begründeten. Auch die im Erörterungstermin vorgetragene Absicht des Klägers zu 1, sich selbstständig zu machen, sei kein entscheidungserhebliches Abgrenzungsmerkmal. Die Honorarhöhe sei nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung der zu berücksichtigenden Indizien. Sie sei als Ausdruck des Parteiwillens zu werten, dem jedoch nur dann überhaupt eine potentielle Bedeutung zukommen könne, wenn die übrigen Umstände gleichermaßen für eine Selbstständigkeit wie eine Beschäftigung sprächen. Den Beteiligten stehe keine Dispositionsfreiheit in dem Sinne zu, dass sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung eines Zuschlags zu einem üblichen Stundenlohn einer vergleichbaren abhängigen Beschäftigung von der Sozialversicherungspflicht „freikaufen“ könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19.12.2019 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Der Kläger zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin zu 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin zu 2) hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass unstreitig sei, dass der Kläger zu 1) ausschließlich eigenes Arbeitsmaterial und Werkzeug eingesetzt habe. Die Rechnungen seien von ihm eingereicht worden. Er habe völlig frei entschieden, wie er seine Aufgabe erfüllte. Auch sei belegt, dass die Arbeit des Klägers zu 1) nicht durch die Klägerin zu 2) kontrolliert worden sei. Der Kläger zu 1) verfüge auch über ein Fahrzeug mit Schriftzug und Logo seines Unternehmens. Er beschäftige zudem nach seinen Angaben eine Person für die Bürotätigkeit. Diese Person erledige für ihn die notwendigen kaufmännischen Tätigkeiten, insbesondere die Erstellung der Rechnungen gegenüber den Kunden. Diese Umstände verdeutlichten die Zielrichtung des Klägers zu 1), selbstständig tätig werden zu wollen und sich eine darauf ausgerichtete Existenz zu schaffen. Die Höhe der Vergütung spiegle zudem den Umstand wider, dass der Kläger zu 1) im Verhältnis zu seiner Tätigkeit erheblichen Kapitaleinsatz erbringen musste, indem er beispielsweise das Arbeitsmaterial und die Werkzeuge selbst auswählte und anschaffte und die kaufmännischen Tätigkeiten von einer anderen Person ausführen ließ. Dieser typische Aufwand eines Selbstständigen erkläre die Höhe der Vergütung. Die Notwendigkeit des Aufbaus einer Altersversorgung trete noch hinzu.
Der Kläger zu 1) hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass er ein eigenes Unternehmerrisiko habe. Er verfüge über eine eigene Betriebsstätte und habe auch eigenes Arbeitsmaterial eingesetzt. Auch sei er aufgrund der hohen Vergütung keinesfalls mit anderen abhängig Beschäftigten der Auftragnehmerin vergleichbar. Er habe ein eigenes Fahrzeug mit seinem Schriftzug und Logo und beschäftige selbst Mitarbeiter in abhängiger Beschäftigung für die Bürotätigkeit.
Der Kläger zu 1) hat auf Nachfrage der Berichterstatterin mit Schreiben vom 06.11.2020 unter Eides statt versichert, dass er Werkzeug, wie Lampen, Hammer und Zangen gekauft habe. Auf seinem Auto habe er Werbung für seine Firma gemacht. Ab Mai 2015 habe er dann für die Klägerin zu 2) als Angestellter gearbeitet und von ihr Arbeitskleidung und Werkzeug gestellt bekommen und getan, was ihm gesagt worden sei. Er habe auch eine Jahreskarte für die Deutsche Bahn gekauft. Der Kläger zu 1) hat hierzu Rechnung und Kontoauszüge vorgelegt.
Die Klägerin zu 2) hat auf Nachfrage der Berichterstatterin mit Schreiben vom 07.12.2020 angeführt, dass der Kläger zu 1) als Angestellter der Klägerin zu 2) nicht im P-Werk sondern im Form Smart-Repaircenter der Klägerin zu 2) in L tätig gewesen sei. Er habe dort den Weisungen der Klägerin zu 2) unterstanden, habe mit den Mitarbeitern der Klägerin zu 2) zusammengearbeitet und deren Betriebsmittel genutzt. Es seien Arbeitszeiten und eine entsprechende Vergütung vereinbart sowie ein Arbeitsvertrag geschlossen worden und er sei überwiegend im Bereich Dellenentfernung tätig gewesen. Auch habe der Kläger zu 1) gegenüber dem SG geäußert, dass seine Ehefrau für ihn die kaufmännischen Tätigkeiten erledigt habe und bei ihm angestellt gewesen sei.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 03.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2016 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Der Kläger zu 1) war bei der Klägerin zu 2) im Zeitraum vom 10.03.2014 bis zum 17.01.2015 nicht abhängig beschäftigt, weshalb für die Tätigkeit als D keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der hier anzuwendenden, seit dem 01.01.2009 geltenden Fassung des Art 1 Nr. 1 des 2. SGB IV ÄndG vom 21.12.2008 (BGBl I 2933) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs. 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs. 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6).
Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger zu 1) am 02.12.2014 bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich. Die Versicherungsträger sind nicht notwendig beizuladen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2019, L 13 R 1216/17; Beschluss vom 11.10.2018, L 10 BA 2747/18, m. w. N., juris).
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7, BSG, Urteil vom 04.07.2007, B 11 AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeits-prozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeiten über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl. zum Ganzen etwa BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 mwN).
Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des BSG seit mindestens 2008, vgl. auch hierzu BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17).
Ausgehend von diesen Maßstäben überwiegen zur Überzeugung des Senats bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkte. Der Senat schließt sich der nach sorgfältiger Abwägung des Für und Wider gefundenen Auffassung des SG an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung vom 16.07.2020 anführt, dass der Beigeladene
weisungsgebunden in der fremden Betriebsorganisation der Klägerin zu 2) tätig gewesen sei, seine Aufträge von der Klägerin bekommen haben und für diese bei deren Kunden tätig war, führt dies nicht zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung.
Ausgangspunkt für die Beurteilung ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (LSG Baden –Württemberg, Urteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12, juris). Dass kein schriftlicher Vertrag über die Tätigkeit des Klägers zu 1) vorliegt, schließt die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit nicht aus, denn eine solche kann sowohl mündlich vereinbart werden als auch durch faktischen Vollzug entstehen.
Im konkreten Fall lässt sich eine Eingliederung des Klägers zu 1 in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 2) und eine Weisungsabhängigkeit zur Überzeugung des Senats nicht feststellen. Eine Zusammenarbeit mit Mitarbeitern der Klägerin zu 2) fand nicht statt. Der Kläger zu 1) wurde ausschließlich in den Räumen der Endkundin, der P AG, tätig, und unterlag insoweit sowohl in der Zeiterfassung als auch in der Kontrolle seiner Arbeit der Aufsicht der P AG. Auch die Abnahme der Tätigkeit erfolgte durch die P AG. Dem Kläger zu 1) wurden somit keinerlei Vorgaben bezüglich der Vorgehensweise oder des Ablaufs der Tätigkeiten im Rahmen der einzelnen Arbeitsaufträge durch die Klägerin zu 2) gemacht. Bis auf die Tatsache, dass sich die Klägerin zu 2) des Klägers zu 1) zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Endkunden bediente, erfolgte keine weitergehende Eingliederung des Klägers zu 1) in den Betriebsablauf der Klägerin zu 2) (vgl. auch Senatsurteile vom 25.10.2019, L 8 BA 4226/18 sowie vom 18.10.2020, L 8 BA 1428/20). Die Beklagte hat die Tatsache des Dreiecksverhältnisses bei der Prüfung nicht angemessen berücksichtigt, sondern nur auf die Beziehung des Klägers zu 1) mit der Klägerin zu 2) abgestellt (vgl. zur Statusfeststellung bei Dreiecksverhältnissen BSG, Beschluss vom 28.11.2018, B 12 R 34/18 B sowie Urteil vom 14.03.2018, B 12 KR 12/17 R, beide juris). So ist zu berücksichtigen, dass die Leistungskontrolle durch die P AG ausgeübt wurde. Dass auch die Klägerin zu 2) gegenüber der P AG für Fehlleistungen des Klägers zu 1) haftet, ist Folge des von ihr abgeschlossenen Vertragsverhältnisses mit P AG. Daneben besteht jedoch auch ein Haftungsrisiko des Klägers zu 1) gegenüber der Klägerin zu 2) im Falle eines Regresses der P AG. Die Tätigkeit im P-Werk unterscheidet sich auch wesentlich von der Tätigkeit des Klägers zu 1), welche dieser nachfolgend für die Klägerin zu 2) in deren Standort in L verrichtete. Dort arbeitete er mit anderen Mitarbeitern der Klägerin zu 2) unter Nutzung der von der Klägerin zu 2) zur Verfügung gestellten Betriebsmittel zusammen. Der Kläger zu 1) wurde daher an einem anderen Arbeitsort und mit anderen Arbeitsbedingungen tätig.
Auch in fachlicher Hinsicht bestand kein Weisungsrecht, denn die vereinbarten Leistungen beruhten gerade auf den Spezialkenntnissen des Klägers zu 1). Für eine durch Spezialkenntnisse bedingte Unabhängigkeit des Klägers zu 1) spricht auch entgegen der Auffassung der Beklagten der erhöhte und nach anfallender Arbeit variierende Stundensatz, den der Senat beispielsweise den Rechnungen des Klägers zu 1) vom 04.11.2014 auf Bl. 113 sowie vom 21.01.2015 auf Bl. 121 der SG-Akte entnimmt (vgl. hierzu auch LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 07.11.2017, L 11 R 2507/16 ZVW, juris). So hat der Kläger zu 1) im Zeitraum vom 20.10.2014 bis zum 25.10.2014 einen Stundensatz von 37,50 Euro und vom 25.10.2014 bis zum 28.10.2014 einen Stundensatz von 47,50 Euro in Rechnung gestellt. Liegt das vereinbarte Honorar wie hier deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und lässt es dadurch Eigenvorsorge zu, ist dies ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, juris).
Der Kläger zu 1) hat nach Überzeugung des Senats ein den sozialversicherungsrechtlichen Status prägendes Unternehmerrisiko getragen. Dies ist der Fall, wenn bei Auftragsmangel nicht nur kein Einkommen erzielt wird, sondern auch zusätzliche Kosten für betriebliche Investitionen brachliegen (LSG Sachsen, Urteil vom 04.03.2014, L 5 R 425/12; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2012, L 4 R 761/11, juris). Der Kläger zu 1) hat durch Vorlage der Rechnungen im Beiheft belegt, dass er nicht nur Kleinwerkzeuge, sondern auch größere Arbeitsmittel, wie die 12V-Fixierlampe mit Saugfuß und die Kleinhebeanlage, für sein Gewerbe angeschafft hat. Der Senat stellt dies anhand der vom Kläger zu 1) am 06.11.2020 eingereichten Rechnungen über die Anschaffung der Kleinhebeanlage in Höhe von 164,25 Euro am 21.02.2013, die 12V-Fixierlampe mit Spezial-Schlagstiften in Höhe von 246,45 Euro am 15.01.2013 sowie anhand der weiteren Rechnungen über die Anschaffungen von Ausbeulhammer, Klebepistolen, Ventilfederspannern, Achsmanschetten, Schlauchschellen und Schlauchklemmen fest. Diese Werkzeuge stellen Spezialwerkzeuge dar, deren Anschaffung eine Amortisationspflicht nach sich zieht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25.10.2019, L 8 BA 2075/18 sowie zuletzt vom 18.10.2020, L 8 BA 1428/20; LSG Hamburg, Urteil vom 09.06.2009, L 3 U 42/07, juris). Die Notwendigkeit der Anschaffung von Werkzeug ist zudem auch immer abhängig von der Art der Tätigkeit. Der Kläger zu 1) hat nachweislich der Rechnungen sämtliche für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Werkzeuge selbst angeschafft und auch nachvollziehbar in seiner Stellungnahme gegenüber dem Senat vom 06.11.2020 ausgeführt, dass er die Werkzeuge bei seiner Tätigkeit für die Klägerin genutzt hat und somit von dieser keine Werkzeuge zur Verfügung gestellt wurden.
Sofern die Beklagte zur Verneinung des Unternehmerrisikos auf die stundenweise Vergütung abstellt, indiziert die Vereinbarung eines festen Stundenhonorars nicht zwingend eine abhängige Beschäftigung. Geht es um reine Dienstleistungen, ist ein erfolgsabhängiges Entgelt aufgrund der Eigenheit der zu erbringenden Leistung nicht zu erwarten (BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, juris). Auch die Übernahme von Spesen (Hotel, Flugkosten) sowie eine Pauschale für An- und Abreise ist bei Selbstständigen nicht unüblich und stellt daher nach Überzeugung des Senats kein taugliches Abgrenzungskriterium dar (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.06.2020, L 11 BA 1081/19, juris). Der Senat stellt im vorliegenden Fall fest, dass der Kläger zu 1) durch das angeschaffte Werkzeug Investitionen in nicht unerheblichem Umfang getätigt hat und somit einer Amortisationspflicht unterlag.
Die Vorenthaltung bzw. Nichtinanspruchnahme von gesetzlichen Arbeitnehmerrechten, wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlten Urlaub, macht den Arbeitnehmer dagegen nicht zum selbstständig erwerbstätigen Unternehmer; die Rechtsfolgen einer Beschäftigung ergeben sich aus dem Gesetz und sind nicht abdingbar. Entsprechendes gilt im Ergebnis für die Gewerbeanmeldung. Der Gewerbeanmeldung des Klägers zu 1 kommt für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit keine Aussagekraft zu (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.01.2017, L 11 KR 1554/16, juris), denn es findet bereits keine Überprüfung durch die zuständigen Gewerbebehörden hinsichtlich des Vorliegens einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung statt. Zwar setzt die Anmeldung eines Gewerbes eine selbständige Tätigkeit voraus, doch begründet sie für sich allein noch keine solche.
In der Gesamtabwägung überwiegen bezüglich des Klägers zu 1) die Gesichtspunkte, die gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen. Der Senat misst dem bestehenden Unternehmerrisiko und der fehlenden Weisungsabhängigkeit wesentliches Gewicht für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit mit der Folge der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zu.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19.12.2019 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens. Die Klägerin zu 2) ist zwar keine kostenprivilegierte Beteiligte nach § 183 SGG und wäre daher der Kostenentscheidung nach § 197a SGG zuzuordnen. Es handelt sich bei einer Statusfeststellung nach § 7a SGB IV aber nicht um eine objektive Klagehäufung nach § 56 SGG, sondern um einen einheitlichen Streitgegenstand (zu dieser Unterscheidung siehe BSG, Beschluss vom 26.07.2006, B 3 KR 6/06 B). Aus diesem Grund erstreckt sich die Kostenprivilegierung nach § 193 SGG auch auf die Klägerin zu 2) als GmbH (ebenso BSG, Urteil vom 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, Rn. 43, Bayerisches LSG, Beschluss vom 07.07.2015, L 7 AS 4/15 B und Beschluss vom 02.03.2010, L 5 R 109/10 B, sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2014, L 4 R 2204/13, Rn. 76; a.A. etwa LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.12.2013, L 6 R 152/12 B).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 1726/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 BA 348/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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