Kostenentscheidung
Die Vergütung des Antragstellers für sein unter dem 20.02.2019 aufgrund der Beweisanordnung vom 26.07.2018 in der Fassung vom 10.09.2018 nach § 109 SGG erstattetes Sachverständigengutachten wird auf 2.380,- Euro festgesetzt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Auf Antrag des Sachverständigen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG, über den der Senat gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 1. Halbsatz JVEG durch den Vorsitzenden als Einzelrichter entscheidet, ist die Vergütung des Sachverständigen für sein unter dem 20.02.2019 aufgrund der Beweisanordnung vom 26.07.2018 in der Fassung vom 10.09.2018 nach § 109 SGG erstattetes Gutachten auf 2.380,- Euro festzusetzen. Dies entspricht dem vom Sachverständigen in seiner fristgerecht gemäß § 2 Abs. 1 JVEG eingereichten Rechnung vom 20.02.2019 geltend gemachten Betrag.
1. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ergibt sich aus § 8a Abs. 4 JVEG in der seit dem 01.08.2013 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I 2586) keine Beschränkung auf den vom Kläger angeforderten und auch eingezahlten Kostenvorschuss von 2.000,00 Euro. Zwar gilt nach dieser Vorschrift: „Übersteigt die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich und hat der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407a Absatz 4 Satz 2 der Zivilprozessordnung auf diesen Umstand hingewiesen, erhält er die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses.“ Diese Vorschrift findet nach ständiger Rechtsprechung des Senats und allgemeiner Auffassung im sozialgerichtlichen Verfahren auch Anwendung, soweit es, wie hier, um die Vergütung von nach § 109 SGG beauftragten Sachverständigen geht und entsprechend der Ermächtigung in § 109 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGG ein Kostenvorschuss von der Klägerin/dem Kläger angefordert wurde (vgl. insoweit zuletzt den Beschluss des Senats vom 10.01.2019 – L 15 U 562/18 B –, juris Rn. 15 sowie statt vieler Bayerisches Landessozialgericht, Beschl. v. 08.06.2015 – L 15 SF 255/14 E –, juris Rn. 27 ff). Die vom Sachverständigen geforderte Vergütung übersteigt jedoch den angeforderten Auslagenvorschuss nicht erheblich.
a) Die Erheblichkeitsgrenze liegt bei der Vorschusshöhe von 2.000,00 Euro bei 2.400,00 Euro. Der Senat folgt insoweit der herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, wonach eine Überschreitung des Vorschusses dann erheblich ist, wenn die Überschreitung mindestens 20 % des Vorschusses beträgt (vgl. statt vieler Bayerisches Landessozialgericht, Beschl. v. 08.06.2015 – L 15 SF 255/14 E –, juris Rn. 44 m.w.N.).
b) Diese Erheblichkeitsgrenze wird vorliegend nicht überschritten, weil der Sachverständige lediglich einen Gesamtbetrag von 2.380,00 Euro fordert.
Zwar ist mit „die Vergütung“ im Sinne von § 8a Abs. 4 JVEG im Grundsatz die dem Sachverständigen tatsächlich zustehende Vergütung gemeint, wie sie sich ohne Anwendung der Regelung des § 8a Abs. 4 JVEG ergeben würde. Dies gilt aber nur, wenn der Sachverständige mehr fordert, als ihm eigentlich zusteht (so zutreffend mit ausführlicher Begründung Bayerisches Landessozialgericht, Beschl. v. 08.06.2015 – L 15 SF 255/14 E –, juris Rn. 46 ff.). Es ist demgegenüber kein Grund ersichtlich, warum es einem Sachverständigen nicht möglich sein soll, auf einen Teil seines ihm zustehenden Vergütungsanspruchs zu verzichten und nur einen unterhalb der Erheblichkeitsgrenze liegenden Betrag geltend zu machen, um so die Rechtsfolgen des § 8a Abs. 4 JVEG zu vermeiden. Es handelt sich dabei um eine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit, die das Gesetz eröffnet und die sich nicht als missbräuchlich darstellt (so zutreffend Bayerisches Landessozialgericht, a.a.O, Rn. 112 ff.). Der Sinn und Zweck des § 8a Abs. 4 JVEG und des § 407a Abs. 4 Satz 2 2. Alt. ZPO stehen dem nicht entgegen. Die aus § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 407a Abs. 4 Satz 2 2. Alt. ZPO folgende Pflicht der oder des nach § 109 SGG beauftragten Sachverständigen, die Klägerin oder den Kläger rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass voraussichtlich Kosten entstehen werden, die den eingezahlten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, dient dazu, die Klägerin oder den Kläger davor zu schützen, dass sie bzw. er im Ergebnis mit Kosten konfrontiert wird, die erheblich über dem liegen, womit er aufgrund des angeforderten Kostenvorschusses rechnen musste. Durch die Hinweispflicht des Sachverständigen soll der Klägerin bzw. dem Kläger die Möglichkeit gegeben werden, von seinen sich aus § 109 SGG ergebenden Recht Abstand zu nehmen, wenn dadurch Kosten entstehen, die er nicht mehr tragen kann oder will (so zutreffend Bayerisches Landessozialgericht, Beschl. v. 08.06.2015 – L 15 SF 255/14 E –, juris Rn. 35). Konsequenterweise wird die Verletzung der aus § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 407a Abs. 4 Satz 2 2. Alt. ZPO folgende Pflicht der oder des nach § 109 SGG beauftragten Sachverständigen durch § 8a Abs. 4 JVEG sanktioniert. Der Klägerin bzw. dem Kläger wird damit das Risiko abgenommen, Kosten tragen zu müssen, mit denen sie/er aufgrund des angeforderten Kostenvorschusses nicht rechnen musste. Dies gilt aber nicht für unerhebliche Mehrkosten. Diese müssen Klägerinnen und Kläger auch ohne einen rechtzeitigen Hinweis des Sachverständigen immer tragen. Für sie macht es dementsprechend keinen Unterschied, ob der tatsächliche Vergütungsanspruch des Sachverständigen den Kostenvorschuss um weniger als 20% übersteigt oder ob der Sachverständige tatsächlich nach § 8 Abs. 1 JVEG mehr beanspruchen könnte, aber nur einen Betrag von weniger als 120% des Auslagenvorschusses fordert. In beiden Fällen werden Klägerinnen und Kläger vor erheblichen Mehrkosten geschützt. Von daher besteht auch keine Rechtsfertigung, einen Sachverständigen, der auf die erhebliche Überschreitung des eingezahlten Kostenvorschusses nicht hingewiesen hat, aber im Ergebnis nur unerhebliche Mehrkosten fordert, stärker zu sanktionieren als einen Sachverständigen, dessen tatsächlicher Vergütungsanspruch unter Anwendung von § 8 Abs. 1 JVEG den eingezahlten Kostenvorschuss übersteigt, aber um weniger als 20%. Dies gilt umso mehr, als das Begehren den nach § 4 Abs. 1 JVEG gerichtlich festzusetzenden Vergütungsanspruch nach dem auch im Festsetzungsverfahren nach dem JVEG geltenden Dispositionsgrundsatz beschränkt.
2. Der dem Sachverständigen tatsächlich zustehenden Vergütungsanspruch nach § 8 Abs. 1 JVEG ist nicht niedriger als 2.380,00 Euro. Wenn man allein von dem vom Sachverständigen selbst geltend gemachten Zeitaufwand von 28 Stunden ausgeht, ergeben sich unter Berücksichtigung der zutreffend angesetzten Vergütungsgruppe M3 zuzüglich Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 JVEG) ohne die weiteren geltend gemachten Kostenpositionen nach §§ 7, 12 JVEG 3.332,00 Euro. Der vom Sachverständigen angesetzte Zeitaufwand für Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten (7,6 Stunden), für Untersuchung und Anamnese (5,41 Stunden), für die Abfassung der Beurteilung (9 Stunden) und für Diktat und Korrektur (6 Stunden) ist ausgehend von der ständigen Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (vgl. z.B. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 25.02.2005 – L 4 B 7/04 –, juris Rn. 22 ff. m.w.N.; Beschl. des Senats vom 06.05.2013 – L 15 SB 40/13 B –, juris Rn. 7) im Grundsatz nicht zu beanstanden. Selbst wenn man, wie die Kostenbeamtin gemeint hat, den erforderlichen Aufwand für Diktat und Korrektur mit lediglich 4 Stunden veranschlagen würde, ergäbe sich inklusive Umsatzsteuer immer noch ein Betrag von 3.094,00 Euro.
3. Entgegen der von der Kostenbeamtin vertretenen Auffassung ist der Vergütungsanspruch nicht weiter um die Kosten für den bei der Untersuchung herangezogenen Dolmetscher zu kürzen. Der Dolmetscher ist unmittelbar vom Gericht beauftragt worden und hat dementsprechend einen eigenen Vergütungsanspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG. Der Kostenvorschuss wurde demgegenüber nur für den Vergütungsanspruch des Sachverständigen angefordert und steht dementsprechend für die Dolmetscherkosten nicht zur Verfügung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG, § 177 SGG).