L 3 AL 670/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 2397/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 670/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Wenn ein Arbeitnehmer eine Urlaubsabgeltung erhalten hat, erfüllt dies den Tatbestand des § 157 Abs. 2 SGB III unabhängig davon, ob dem ein Anspruch auf Urlaub beziehungsweise auf eine Urlaubsabgeltung aus dem Arbeitsverhältnis zugrunde lag (Anschluss an BSG, Urteil vom 29.07.1993 – 11 RAr 17/92).

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19.01.2021 wird zurückgewiesen.

Die auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Weiterbildung gerichtete Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten sind die Höhe und das teilweise Ruhen des Arbeitslosengeldes streitig.

Der 1968 geborene Kläger war ab dem 01.05.2011 bei der R GmbH als Monteur und sodann bei der I GmbH beschäftigt.

Der Kläger meldete sich am 03.12.2015 mit Wirkung zum 01.02.2016 und am 10.02.2016 mit Wirkung zum 16.02.2016 arbeitslos. Er war ab dem 26.01.2016 arbeitsunfähig und bezog vom 23.02.2016 bis zum 28.05.2017 Verletztengeld sowie ab dem 29.05.2017 Übergangsgeld. Der Kläger meldete sich sodann am 07.07.2017 mit Wirkung zum 08.07.2017 arbeitslos. Aktenkundig wurden das arbeitsamtsärztliche Gutachten vom 13.07.2017, wonach der Kläger täglich 6 Stunden und mehr leistungsfähig sei, und die Arbeitsbescheinigung vom 08.09.2017.

Am 11.12.2017 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 24.02.2018 erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Er war auch im Anschluss an die Gewährung von Übergangsgeld ab dem 14.02.2018 arbeitsunfähig und bezog ab dem 14.02.2018 Krankengeld. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 07.03.2018 die Gewährung von Arbeitslosengeld wegen der seit dem 14.02.2018 bestehenden Arbeitsunfähigkeit ab und wies den hiergegen am 14.03.2018 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2018 mit der Begründung zurück, dass der Kläger aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit den Vermittlungsbemühungen ab dem 24.02.2018 nicht zur Verfügung gestanden habe und damit nicht arbeitslos sei, eine Leistungsfortzahlung daran scheitere, dass die Arbeitsunfähigkeit nicht während des Leistungsbezuges eingetreten sei und eine Leistungsgewährung bei Minderung der Leistungsfähigkeit nicht erfolgen könne, da eine mehr als sechsmonatige Minderung der Leistungsfähigkeit nicht gegeben sei.

Der Kläger bezog bis zum 29.07.2018 Krankengeld, vom 30.07.2018 bis zum 20.08.2018 Übergangsgeld und ab dem 21.08.2018 Krankengeld. Am 26.04.2019 kündigte die bisherige Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2019.

Am 26.06.2019 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 14.08.2019 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Er bestätigte in dem von ihm unterschriebenen Antragsformular, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Der Kläger bezog das Krankengeld bis zum 13.08.2019. Die Beklagte holte das arbeitsamtsärztliche Gutachten vom 15.08.2019 ein, wonach der Kläger täglich weniger als 3 Stunden leistungsfähig sei, und die Arbeitsbescheinigung vom 21.08.2019, wonach das Arbeitsverhältnis bis zum 13.08.2019 bestanden habe und eine „Aussteuerung“ ab 14.08.2019 erfolgt sei,

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 22.08.2019 Arbeitslosengeld ab dem 14.08.2019 mit einer Anspruchsdauer von 450 Tagen und einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 42,85 €. Sie legte ein Bemessungsentgelt in Höhe von 83,07 € zu Grunde, errechnete nach Abzug der Sozialversicherungspauschale in Höhe von 16,61 € und der Lohnsteuer in Höhe von 2,51 € ein Leistungsentgelt in Höhe von 63,95 € und berücksichtigte hiervon einen Prozentsatz in Höhe von 67. Die Beklagte führte mit Schreiben vom 22.08.2018 aus, bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes sei ein fiktives Arbeitsentgelt unter Annahme einer Eignung des Klägers als Fachkraft/Maschinenbaumechaniker nach der Qualifikationsgruppe 3 zu Grunde gelegt worden, und legte mit weiterem Schreiben vom 22.08.2019 dar, die Bewilligung des Arbeitslosengeldes sei im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung erfolgt.

Der Kläger war vom 23.08.2019 bis zum 08.09.2019 – für 17 Tage für das Jahr 2019 von der Beklagten genehmigt – urlaubsabwesend.

Der Kläger legte am 13.09.2019 gegen den Bescheid vom 22.08.2019 Widerspruch ein. Durch seinen Antrag vom 11.12.2017 habe er einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben. Daher sei § 151 Abs. 4 SGB III auf ihn anwendbar. Die fiktive Bemessung sei somit rechtswidrig.

Der Kläger und seine bisherige Arbeitgeberin vereinbarten in dem vor dem Arbeitsgericht (AG) Ulm am 13.11.2019 unter dem Aktenzeichen 7 Ca 140/19 geschlossenen Vergleich unter anderem, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger krankheitsbedingter Kündigung vom 26.04.2019 mit Ablauf des 30.09.2019 geendet und die bisherige Arbeitgeberin dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 7.500,00 € und die tarifvertragliche Urlaubsabgeltung zu bezahlen habe.

Die Beklagte wies den gegen den Bescheid vom 22.08.2019 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2019 zurück. In dem Bemessungsrahmen vom 14.08.2018 bis zum 13.08.2019 seien weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalten. Auch in dem deshalb zu erweiternden Bemessungsrahmen vom 14.08.2017 bis zum 13.08.2019 seien keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen. Daher sei der Bemessung ein fiktives Arbeitsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 3 und damit in Höhe von 1/450 der Bezugsgröße zu Grunde zu legen, da sich die Vermittlungsbemühungen für den Kläger in erster Linie auf Beschäftigungen dieser Qualifikationsgruppe erstreckten. Die Bezugsgröße betrage jährlich 37.380,00 €. Für die Qualifikationsgruppe 3 ergebe sich danach ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 83,07 €. Selbst wenn man zugestehen würde, dass mit der ersten Antragstellung vom 11.12.2017 mit Wirkung zum 24.02.2018 bereits das Stammrecht auf Arbeitslosengeld erworben worden wäre, könne dies zu keinem anderen Ergebnis führen, da der Kläger auch damals fiktiv zu bemessen gewesen wäre, weil er in dem dann gültigen erweiterten Bemessungsrahmen vom 24.02.2016 bis zum 23.02.2018 ebenfalls keinen Zeitraum von 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt zurückgelegt hätte.

Im weiteren Verlauf teilte die bisherige Arbeitgeberin am 03.12.2019 telefonisch mit, der Kläger habe eine Abfindung und eine Urlaubsabgeltung von 60 Tagen für die Jahre 2017 und 2018 erhalten.

Die Beklagte verfügte mit Änderungsbescheid vom 04.12.2019 ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen Urlaubsabgeltung vom 01.12.2019 bis zum 23.12.2019 und führte darin aus, die Anspruchsdauer betrage 342 Tage ab Änderungsdatum 01.12.2019. Sie legte zur Begründung dar, der Kläger habe von der bisherigen Arbeitgeberin einen finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub erhalten beziehungsweise zu beanspruchen. Der Urlaub hätte, wenn er ihn im Anschluss an sein Arbeitsverhältnis genommen hätte, bis zum 23.12.2019 gedauert. Solange ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Beklagte machte mit weiterem Bescheid vom 04.12.2019 für die Zeit vom 01.10.2019 bis zum 30.11.2019 einen Anspruchsübergang gegenüber der bisherigen Arbeitgeberin geltend.

Der Kläger legte am 13.12.2019 gegen die Bescheide vom 04.12.2019 Widerspruch ein. Die Urlaubsabgeltung sei noch nicht bezahlt worden. Die Urlaubsabgeltung für die Jahre 2017 und 2018 habe er nicht wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern wegen eines Anspruchs gemäß § 2.3 Urlaubsabkommen für Beschäftigte zum ERA-TV Metall- und Elektroindustrie Südbaden und Südwürttemberg-Hohenzollern vom 14.06.2005 (UrlAbk) erhalten. Er habe aufgrund seiner andauernden Krankheit den Urlaub in den Jahren 2017 und 2018 nicht nehmen können.

Am 13.12.2019 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 29.11.2019 beim Sozialgericht (SG) Konstanz die unter dem Aktenzeichen S 7 AL 2397/19 geführte Klage erhoben. Aufgrund seines Arbeitslosengeldantrags vom 11.12.2017 habe er ein Stammrecht erworben, so dass sein Arbeitslosengeld nicht fiktiv berechnet werden könne. Im Übrigen stelle für ihn die fiktive Berechnung eine extreme Härte dar. Daher müsse bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes sein ursprüngliches Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt werden.

Die Beklagte ist der Klagebegründung unter Vorlage der Verbis-Vermerke entgegengetreten.

Mit Schreiben vom 19.12.2019 hat die bisherige Arbeitgeberin mitgeteilt, die Auszahlung und Abrechnung erfolge im Dezember 2019.

Der Kläger ist vom 23.12.2019 bis zum 06.01.2020 – hiervon für 4 Tage für das Jahr 2019 von der Beklagten genehmigt – urlaubsabwesend gewesen.

Die Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 07.01.2020 eine Unterbrechung des Leistungsbezugs wegen Ortsabwesenheit vom 27.12.2019 bis zum 31.12.2019 verfügt und ausgeführt, die Anspruchsdauer betrage 339 Tage ab Änderungsdatum 27.12.2019. Die Beklagte hat ferner mit Erstattungsbescheid vom 07.01.2020 überzahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 214,25 € sowie mit weiterem Erstattungsbescheid vom 07.01.2020 überzahlte Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 50,84 € und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 10,13 € zurückgefordert.

Der Kläger hat am 13.01.2020 gegen die Bescheide vom 07.01.2020 Widerspruch eingelegt.

Die Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 13.01.2020 erneut ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen Urlaubsabgeltung vom 01.12.2019 bis zum 23.12.2019 sowie eine Unterbrechung des Leistungsbezugs wegen Ortsabwesenheit vom 27.12.2019 bis zum 31.12.2019 verfügt und ausgeführt, die Anspruchsdauer betrage 342 Tage ab Änderungsdatum 01.12.2019.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 15.01.2020 darauf hingewiesen, dem Kläger habe für das Jahr 2019, nachdem er bereits vom 23.08.2019 bis zum 08.09.2019 für 17 Tage genehmigt ortsabwesend gewesen sei, nur noch eine verfügbarkeitsunschädliche Ortsabwesenheit von 4 Kalendertagen zugestanden. Für die Zeit der Ortsabwesenheit vom 23.12.2019 bis zum 06.01.2020 habe der Kläger daher nur vom 23.12.2019 bis zum 26.12.2019 und dann wieder ab dem 01.01.2020 Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt. Auf die Gründe für die weitere Ortsabwesenheit ab 23.12.2019 komme es dabei nicht an.

Im weiteren Verlauf hat die bisherige Arbeitgeberin am 22.01.2020 per E-Mail mitgeteilt, der Kläger habe nachträglich noch Anspruch auf die Abgeltung von 23 Urlaubstagen.

Die Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 27.01.2020 einen Wegfall der bereits verfügten Leistungsunterbrechung vom 27.12.2019 bis zum 31.12.2019 sowie ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen Urlaubsabgeltung vom 01.01.2020 bis zum 23.01.2020 verfügt und ausgeführt, die Anspruchsdauer betrage 399 Tage ab Änderungsdatum 27.12.2019. Sie hat zur Begründung dargelegt, der Kläger habe von seiner bisherigen Arbeitgeberin einen finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub erhalten beziehungsweise zu beanspruchen. Der Urlaub hätte, wenn er ihn im Anschluss an sein Arbeitsverhältnis genommen hätte, bis zum 23.01.2020 gedauert. Solange ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Beklagte hat mit weiterem Bescheid vom 27.01.2020 für die Zeit vom 24.12.2019 bis zum 31.12.2019 einen Anspruchsübergang gegenüber der bisherigen Arbeitgeberin geltend gemacht.

Der Kläger hat am 06.02.2020 gegen die Bescheide vom 27.01.2020 Widerspruch eingelegt. Er gehe davon aus, dass die Leistungsvoraussetzungen während seiner Ortsabwesenheit vom 23.12.2019 bis zum 06.01.2020 nicht entfallen seien, da die Reise aus medizinischen Gründen erfolgt sei.

Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2020 ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen einer Urlaubsabgeltung vom 01.10.2019 bis zum 23.01.2020 verfügt und die gegen die Bescheide vom 04.12.2019, 07.01.2020 und 27.01.2020 eingelegten Widersprüche im Übrigen zurückgewiesen. Nach den Angaben der bisherigen Arbeitgeberin habe der Kläger wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2019 Anspruch auf Abgeltung von 60 Urlaubstagen für die Jahre 2017 und 2018 sowie von weiteren 23 Urlaubstagen für das Jahr 2019 gehabt. Wäre der gesamte Urlaub im Anschluss an das Arbeitsverhältnis genommen worden, hätte er bis zum 23.01.2020 gedauert. Daher ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld vom 01.10.2019 bis zum 23.01.2020. Das für die Zeit vom 01.10.2019 bis zum 30.11.2019 und vom 24.12.2019 bis zum 31.12.2019 geleistete Arbeitslosengeld sei im Wege eines Anspruchsübergangs bei der bisherigen Arbeitgeberin geltend gemacht und von der bisherigen Arbeitgeberin erstattet worden. Die Gewährung von Arbeitslosengeld sei ab Änderung der Verhältnisse aufzuheben gewesen. Dass der Kläger eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen habe, führe zum Ruhen des Leistungsanspruchs. Auf Verschulden des Klägers komme es hierbei nicht an. Zudem habe der Kläger aufgrund der verständlichen Hinweise im Merkblatt zumindest wissen müssen, dass der Leistungsanspruch beeinflusst werde. Nachdem das Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.10.2019 bis zum 30.11.2019 und vom 24.12.2019 bis zum 31.12.2019 im Rahmen des Anspruchsübergangs bei der bisherigen Arbeitgeberin geltend gemacht worden sei, sei die Bewilligung des Arbeitslosengeldes lediglich vom 01.12.2019 bis zum 23.12.2019 und vom 01.01.2020 bis zum 23.01.2020 ganz aufzuheben gewesen.

Am 28.02.2020 hat der Kläger gegen die Änderungsbescheide vom 04.12.2019, vom 07.01.2020 und vom 27.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2020 beim SG Konstanz die unter dem Aktenzeichen S 7 AL 396/20 geführte Klage erhoben. Es handele sich nicht um eine Urlaubsabgeltung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Urlaubstage für die Jahre 2017 und 2018 seien allein wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten worden, was zum Ruhen des Arbeitslosengeldes führe.

Das SG Konstanz hat am 07.05.2020 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt.

Der Kläger hat sein an die bisherige Arbeitgeberin gerichtetes Schreiben vom 31.03.2019 – ausweislich der Empfangsbestätigung am 01.04.2019 dort eingegangen –, mit dem er Urlaubsabgeltungsansprüche für das Jahr 2017 geltend gemacht hat, die Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung vom 16.05.2019 und dessen Stellungnahme vom 28.05.2019, das Schreiben seiner bisherigen Arbeitgeberin vom 08.04.2019, wonach zur weiteren Bearbeitung des von ihm geltend gemachten Anspruchs auf Urlaubsabgeltung vom 31.03.2019 weitere Informationen, insbesondere ob er vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2018 Arbeitslosengeld bezogen habe und ob er schwerbehindert oder Schwerbehinderten gleichgestellt sei, benötigt würden, sein Schreiben an die IG Metall Singen vom 03.07.2019, mit dem er darum gebeten hat, für ihn die Ausbezahlung seines Urlaubsanspruchs für die Jahre 2017 und 2018 geltend zu machen, und die Entgeltbescheinigung für Februar 2020 vorgelegt.

Mit Beschluss vom 04.12.2020 hat das SG Konstanz die unter den Aktenzeichen S 7 AL 2397/19 und S 7 AL 396/20 geführten Verfahren unter dem Aktenzeichen S 7 AL 2397/19 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Das SG Konstanz hat mit Gerichtsbescheid vom 19.01.2021 die Bescheide der Beklagten vom 04.12.2019 und 27.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2020 insoweit aufgehoben, als darin ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers für den Zeitraum nach dem 26.12.2019 festgestellt wurde, die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld vom 01.01.2020 bis zum 23.01.2020 zu gewähren und im Übrigen die Klagen abgewiesen. Das SG Konstanz hat zur Begründung zunächst ausgeführt, die Beklagte habe das Arbeitslosengeld rechtmäßig fiktiv bemessen. Denn der Kläger habe gemäß § 152 Abs. 1 SGB III innerhalb des nach § 150 Abs. 3 SGB III auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens vom 14.08.2017 bis zum 13.08.2019 keinen Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt zurückgelegt. Die Einstufung des Klägers in die Qualifikationsgruppe 3 sei nach § 152 Abs. 2 SGB III zutreffend erfolgt. Das SG Konstanz hat zur Begründung ferner ausgeführt, die Entscheidung der Beklagten über die Feststellung des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs sei insoweit rechtswidrig, als ein Ruhen für den Zeitraum nach dem 26.12.2018 festgestellt worden sei. Denn der Urlaub für das Jahr 2017 sei im Umfang von 20 Urlaubstagen nicht im Sinne des § 157 SGB III wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten worden. Es sei aber davon auszugehen, dass die Abgeltung des Urlaubsanspruchs für das Jahr 2018 im Umfang von 30 Urlaubstagen und für das Jahr im Umfang von 23 Urlaubstagen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gestanden habe. Damit ergebe sich ein Ruhenszeitraum nur bis zum 26.12.2019. Wegen der Ortsabwesenheit habe der Kläger, nachdem er die möglichen Tage für eine genehmigte Ortsabwesenheit bereits ausgeschöpft gehabt habe, für den Zeitraum vom 27.12.2019 bis zum 31.12.2019 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt. Die entsprechenden Aufhebungsentscheidungen der Beklagten seien hinsichtlich der Ruhensfeststellung bis zum 26.12.2019 und der festgestellten Unterbrechung im Leistungsbezug vom 27.12.2019 bis zum 31.12.2019 auch formell rechtmäßig.

Die Beklagte hat in Ausführung des Gerichtsbescheides des SG Konstanz mit Änderungsbescheid vom 25.01.2021 Arbeitslosengeld vom 01.01.2020 bis zum 04.02.2021 gewährt und ausgeführt, die Anspruchsdauer betrage 394 Tage ab Änderungsdatum 01.01.2020. Die Beklagte hat ferner mit Erstattungsbescheid vom 25.01.2021 für den 31.01.2021 überzahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 42,85 € zurückgefordert.

Gegen den ihm am 25.01.2021 zugestellten Gerichtsbescheid des SG Konstanz hat der Kläger am 23.02.2021 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.

Er wendet sich sowohl gegen die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes als auch das Ruhen des Arbeitslosengeldes wegen Urlaubsabgeltung. Er hat unter anderem die Stellungnahme des Präventionsdienstes der Berufsgenossenschaft Holz und Metall vom 21.10.2016, das Schreiben seiner bisherigen Arbeitgeberin vom 08.04.2019, das Schreiben an die IG Metall Singen vom 03.07.2019, die Entgeltbescheinigung für Dezember 2019, eine Übersicht über die von der Beklagten erhaltenen Zahlungen und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 26.02.2021 vorgelegt.

Der Berichterstatter hat das Sach- und Streitverhältnis am 07.03.2022 mit den Beteiligten erörtert. Die Beklagtenvertreterin hat unter Vorlage von Übersichtsblättern über die Arbeitslosengeldgewährung ausgeführt, dass dem Kläger bislang lediglich 442 Tage der ihm eigentlich zustehenden 450 Tage an Arbeitslosengeld ausbezahlt worden seien. Das deswegen von ihr abgegebenen Teil-Anerkenntnis, in dem sie sich verpflichtet hat, dem Kläger Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 05.02.2021 bis zum 12.02.2021 zu gewähren, hat der Kläger angenommen. Der Kläger hat einen Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung vorgelegt.

Die Beklagte hat in Ausführung des angenommenen Teil-Anerkenntnisses mit Änderungsbescheid vom 11.03.2022 Arbeitslosengeld vom 05.02.2021 bis zum 12.02.2021 gewährt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19.01.2021, den Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2019, die Änderungsbescheide vom 04.12.2019, vom 07.01.2020 und vom 27.01.2020, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2020 sowie die Ausführungsbescheide vom 25.01.2021 und 11.03.2022 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.10.2019 bis zum 31.12.2019 und insgesamt höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung seines tatsächlich erzielten statt eines fiktiven Arbeitsentgelts zu gewähren,
hilfsweise die Frage, ob vorliegend die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes zu Recht erfolgt sei, dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen und
die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Weiterbildung nach § 69 SGB III zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Während des Ruhenszeitraums werde kein Arbeitslosengeld gezahlt. Der Kläger habe alle ihm zustehenden Zahlungen erhalten. Bezüglich der Bemessung des Arbeitslosengeldes werde darauf hingewiesen, dass die Bemessung auch dann fiktiv vorzunehmen gewesen wäre, wenn schon nach dem Bezug von Kranken- und Übergangsgeld am 24.02.2018 ein Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden wäre. Das zuletzt im Jahr 2016 erzielte Arbeitsentgelt habe schon so lange zurückgelegen, dass eine Bemessung nach diesem Entgelt in keinem Fall mehr in Betracht komme. Hierbei sei unerheblich, ob die Erkrankung unverschuldet entstanden sei.


Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die erst in der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2022 erhobene Klage auf Gewährung einer Weiterbildung war als unzulässig abzuweisen. Bei dieser Klageerweiterung handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG, weil sie mit einer Änderung des Klagegrundes einhergeht und daher kein Fall einer Privilegierung nach § 99 Abs. 3 SGG vorliegt. Denn der Kläger stützt seine Forderung auf einen anderen Lebenssachverhalt und nicht – wie die auf die Gewährung von Arbeitslosengeld gerichtete Klageforderung – auf die die Gewährung von Arbeitslosengeld betreffenden Bescheide der Beklagten. Eine solche Klageänderung ist zwar gemäß § 153 Abs. 1 SGG grundsätzlich auch im Berufungsverfahren möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 99 Rn. 12). Hier fehlt es indes am Vorliegen der dafür in § 99 Abs. 1 SGG aufgestellten Voraussetzungen. Denn die Beklagte hat nicht in die Änderung der Klage eingewilligt und der Senat hält sie auch nicht für sachdienlich. Bei seiner diesbezüglichen Ermessensentscheidung hat er sich davon leiten lassen, dass das vom Kläger geltend gemachte Arbeitslosengeld in keinerlei innerem Zusammenhang mit der nun geltend gemachten Weiterbildung steht. Im Übrigen würde die Klageänderung dazu führen, dass der Rechtsstreit insoweit auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird. Hinzu kommt, dass das Verfahren entscheidungsreif ist und für die geänderte Klage die bisherigen Ergebnisse nicht verwertet werden könnten. Ferner könnte über die geänderte Klage mangels Prozessvoraussetzungen nicht entschieden werden, da der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt hat, dass ein die Gewährung von Weiterbildung ablehnender Bescheid der Beklagten oder ein einen Widerspruch gegen eine etwaige Ablehnungsentscheidung zurückweisender Widerspruchsbescheid der Beklagten vorliegen, geschweige denn derartige Bescheide noch nicht bestandskräftig wären. In einer solchen prozessualen Situation ist die neue Klage nach Ansicht des Senats zur Klarstellung als unzulässig abzuweisen (LSG Hessen, Urteil vom 10.05.2017 – L 4 SO 119/14, juris Rn. 18; ebenso: Bieresborn in Roos/Wahrendorf/Müller, Stand: 01.02.2022, § 99 Rn. 65; Eschner in Jansen, SGG, 4. Auflage, § 99 Rn. 28; Guttenberger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage, Stand: 15.07.2017, § 99 Rn. 45; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 99 Rn. 12; Behrend in Hennig, SGG, Stand Oktober 2020, § 99 Rn. 78; Riese in Schoch/Schneider, 41. EL, Stand Juli 2021, § 91 VwGO Rn. 89; Roller in Berchtold, SGG, 6. Auflage 2021, § 99 Rn. 16; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 19. Auflage 2022, § 263 Rn. 11; vergleiche dazu auch: Haupt/Wehrhahn in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage 2020, § 99 Rn. 14).

Zulässiger Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist demnach allein die Abänderung des auf die kombinierte Anfechtungs-, und Leistungsklage des Klägers im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG ergangenen Gerichtsbescheides des SG Konstanz vom 19.01.2021, des Bewilligungsbescheides der Beklagten vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2019, der Änderungsbescheide vom 04.12.2019, vom 07.01.2020 und vom 27.01.2020 in der Gestalt, des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2020 sowie der nach § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Änderungsbescheide vom 25.01.2021 und vom 11.03.2022 und die Verurteilung der Beklagten, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.10.2019 bis zum 31.12.2019 und insgesamt höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung seines tatsächlich erzielten statt des von der Beklagten ermittelten Arbeitsentgelts zu gewähren.

Nicht Gegenstand des Verfahrens sind der Anspruchsübergangsbescheid vom 04.12.2019, der Erstattungsbescheid vom 07.01.2020, der Änderungsbescheid vom 13.01.2020 und der Anspruchsübergangs- und Erstattungsbescheid vom 27.01.2020. Über diese Bescheide hat die Beklagte mit ihren Widerspruchsbescheiden vom 29.11.2019 und vom 10.02.2020 nicht entschieden. Der Kläger hat sich mit seinen am 13.12.2019 und am 28.02.2020 beim SG Konstanz erhobenen Klagen gegen diese Bescheide auch nicht gewandt. Der Erstattungsbescheid vom 25.01.2021 ist nicht nach § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Verfahrens geworden.

I. Die Beklagte hat den Kläger, indem sie ihm Arbeitslosengeld für 450 Tage vom 14.08.2019 bis zum 30.09.2019 sowie vom 01.01.2020 bis zum 12.02.2021 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 42,85 € gewährt hat, nicht in seinen Rechten verletzt.

1. Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ist am 14.08.2019 entstanden.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Arbeitslosengeld sind die §§ 136 ff. SGB III.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (§ 136 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer 1. arbeitslos ist, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat (§ 137 Abs. 1 SGB III).

Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit) (§ 138 Abs. 1 SGB III). Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf (§ 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III).

Die oder der Arbeitslose hat sich persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden (§ 141 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2021).

Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143 SGB III) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019).

Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 143 Abs. 1 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019).

Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch eine Person, die allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil sie wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung ihrer Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn eine verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGB III).

Der Kläger hatte sich zwar bereits am 11.12.2017 zum 24.02.2018 arbeitslos gemeldet. Der Kläger war aber am 24.02.2018 arbeitsunfähig. Dies ergibt sich aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 12.03.2018, wonach er bereits seit dem 14.02.2018 arbeitsunfähig war. Er war mithin nicht verfügbar im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Nr. 1 SGB III und damit nicht arbeitslos im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in Verbindung mit § 138 SGB III. Der Kläger war nach dem arbeitsmedizinischen Gutachten vom 13.07.2017 bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt täglich sechs Stunden und mehr und damit vollschichtig leistungsfähig. Er war also nicht deswegen arbeitslos, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen hatte ausüben können, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind. Eine verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung war nicht festgestellt worden. Die Nahtlosigkeitsregelung im Sinne des § 145 Abs. 1 SGB III hatte daher nicht in Anwendung gebracht werden können. Mithin hatte die Beklagte zu Recht mit dem hier nicht streitgegenständlichen und bestandskräftigen Bescheid vom 07.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2018 Arbeitslosengeld abgelehnt.

Der Kläger hat sich sodann, nachdem ihm ausweislich des Schreibens der bisherigen Arbeitgeberin vom 26.04.2019 zum 30.09.2019 gekündigt worden war, am 26.06.2019 zum 14.08.2019 arbeitslos gemeldet, da ihm ausweislich des Schreibens der Krankenkasse vom 12.06.2019 vom 14.02.2018 bis zum 13.08.2019 Übergangs- und/oder Krankengeld für insgesamt 78 Wochen gewährt worden war. Der Kläger hat daher ab dem 14.08.2019 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden und ist daher beschäftigungslos im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass er sich im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 2 SGB III nicht bemüht hat, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden, hat der Senat nicht. Der Kläger hat auch an dem 14.08.2019 im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestanden. Denn der Kläger ist nach dem arbeitsmedizinischen Gutachten vom 15.08.2019 bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt täglich weniger als drei Stunden beziehungsweise wöchentlich unter 15 Stunden leistungsfähig gewesen. Er ist also deswegen arbeitslos gewesen, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen hat ausüben können, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind. Die Nahtlosigkeitsregelung im Sinne des § 145 Abs. 1 SGB III hat daher in Anwendung gebracht werden können. Der Kläger ist daher arbeitslos im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in Verbindung mit § 138 SGB III gewesen. Er hat sich auch gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB III in Verbindung mit § 141 SGB III bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Der Kläger hat in der zweijährigen Rahmenfrist vom 14.08.2017 bis zum 13.08.2019 in der Zeit vom 14.08.2017 bis zum 13.02.2018 Übergangsgeld
, vom 14.02.2018 bis zum 29.07.2018 Krankengeld, vom 30.07.2018 bis zum 20.08.2018 Übergangsgeld sowie vom 21.08.2018 bis zum 13.08.2019 Krankengeld bezogen, damit mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III gestanden und mithin gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III in Verbindung mit § 142 SGB III die Anwartschaftszeit erfüllt. Der Kläger hat deshalb Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 14.08.2019 gehabt.

2. Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf die Auszahlung von Arbeitslosengeld in der Zeit vom 01.10.2019 bis zum 31.12.2019.

2.1 Zum einen hat der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen der tatsächlich erhaltenen Urlaubsabgeltung mindestens vom 01.10.2019 bis zum 31.12.2019 geruht.

Rechtsgrundlage für das Ruhen des Arbeitslosengeldes sind §§ 156 ff. SGB III.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während der Zeit, für die die oder der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat (§ 157 Abs. 1 SGB III). Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Der Ruhenszeitraum beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses (§ 157 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Soweit die oder der Arbeitslose die in § 157 Abs. 1 und 2 SGB III genannten Leistungen (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 SGB X) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht (§ 157 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Hat der Arbeitgeber die in § 157 Abs. 1 und 2 SGB III genannten Leistungen trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten (§ 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III).

Der Kläger hat nach den Angaben des bisherigen Arbeitgebers vom 03.12.2019 eine Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für 60 Tage für die Jahre 2017 und 2018 sowie nach den Angaben des bisherigen Arbeitgebers vom 22.01.2020 eine Urlaubsabgeltung für 23 Tage für das Jahr 2019 erhalten. Dass der Kläger die Urlaubsabgeltung auch tatsächlich erhalten hat, ergibt sich für die Urlaubsabgeltung für das Jahr 2017 in Höhe von 4.809,30 € sowie für das Jahr 2018 in Höhe von 4.920,00 € aus der Entgeltbescheinigung für Dezember 2019 und für das Jahr 2019 in Höhe von 3.846,48 € aus der Entgeltbescheinigung für Februar 2020. Dass der Kläger diese Urlaubsabgeltung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten hat, ergibt sich für den Senat bereits daraus, dass der vor dem AG Ulm am 13.11.2019 geschlossene arbeitsgerichtliche Vergleich, in dem alle Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zum 30.09.2019 abschließend geregelt worden sind, unter Nr. 3 eine Regelung enthalten hat, in der sich der ehemalige Arbeitgeber ausdrücklich zur Bezahlung der tarifvertraglichen Urlaubsabgeltung verpflichtet hat und die Auszahlung nach Abschluss dieser Vereinbarung erfolgt ist.

Zwar hat das SG Konstanz in der mit der Berufung angegriffenen Entscheidung zugunsten des Klägers die Ansicht vertreten, der Kläger habe – weil der Urlaubsanspruch für das Jahr 2017 im Umfang von zehn Tagen tarifvertraglichen Mehrurlaubs verfallen sei, während der Anspruch auf den Mindesturlaub von vier Wochen, also 20 Tagen, nach dem Bundesurlaubsgesetz durch den Kläger rechtzeitig vor Ablauf von 15 Monaten nach Ablauf des Jahres 2017 geltend gemacht worden sei – eine Urlaubsabgeltung nur für zehn Tage für das Jahr 2017, ferner für 30 Tage für das Jahr 2018 und im Übrigen für 23 Tage für das Jahr 2019 im Sinne des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB III wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu beanspruchen gehabt, weswegen das Arbeitslosengeld nur 10 + 30 + 23 = 63 Tage, mithin vom 01.10.2019 bis zum 26.12.2019 geruht habe.

Allerdings kommt es, wenn der Urlaub – wie vorliegend – schon tatsächlich abgegolten worden ist, auf die Frage, ob der Anspruch schon verfallen gewesen ist oder aus anderen Gründen kein Anspruch bestanden hat, nicht mehr an. Wenn also der Arbeitnehmer, obwohl er keinen Anspruch auf Urlaub beziehungsweise eine Urlaubsabgeltung hatte, dennoch eine Urlaubsabgeltung erhalten hat, ist der Tatbestand des § 157 Abs. 2 SGB III dennoch erfüllt. Dafür, dass auch Leistungen, auf die der Arbeitnehmer nach urlaubsrechtlichen Vorschriften keinen Rechtsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis hat, Urlaubsabgeltungen sein können und nicht Abfindungen oder ähnliche Leistungen sein müssen, spricht schon der Wortlaut des § 157 Abs. 2 SGB III. Denn bereits der Umstand, dass ein Arbeitnehmer eine solche Leistung erhalten hat, führt zum Ruhen seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Das Tatbestandsmerkmal „erhalten hat“ wäre neben dem Tatbestandsmerkmal „zu beanspruchen hat“ überflüssig, wenn damit nicht eigenständige Sachverhalte erfasst werden sollten, bei denen gerade kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung im Sinne der dafür bestehenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen besteht, denn solche Ansprüche werden von der Umschreibung „zu beanspruchen hat“ erfasst. Dem entsprechen insoweit Gesetzessystematik und Zweck des gesamten § 157 SGB III. Der durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFKG) vom 22.12.1981 (BGBl. I 1497) eingefügte § 117 Abs. 1a AFG sollte das bis dahin geltende Recht ergänzen, die Rechtsfolge des § 117 Abs. 1 AFG künftig auch dann eintreten, wenn der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung zu beanspruchen hat. Denn es sei im Interesse der Versichertengemeinschaft nicht gerechtfertigt, dass der Arbeitslose neben dem Arbeitsentgelt zusätzlich eine Lohnersatzleistung bezieht. Dieser Zweck trifft nicht nur für den Fall zu, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch aufgrund arbeitsrechtlicher Vorschriften oder seines Arbeitsvertrages auf die Urlaubsabgeltung hat, sondern gleichermaßen auch auf den Fall, dass der Arbeitgeber eine derartige Leistung, ohne dass darauf ein Rechtsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis besteht, freiwillig erbringt und der Arbeitnehmer diese Leistung annimmt. Denn in beiden Fällen steht dem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt zur Verfügung, mit dem er zum Beispiel auch den früher entgangenen Urlaub nachholen kann. Ebenso wie die Ruhensfolgen anerkanntermaßen eintreten, wenn der Arbeitnehmer, ohne einen Rechtsanspruch darauf zu haben, eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten hat, zum Beispiel vergleichsweise aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, tritt die Rechtsfolge des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Falle des § 157 Abs. 2 SGB III ein, wenn der Arbeitslose eine Urlaubsabgeltung erhält, auf die er keinen Rechtsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis hat (BSG, Urteil vom 29.07.1993 – 11 RAr 17/92, juris Rn. 14, 16, 17; im Ergebnis ebenso: Düe in: Brand, SGB III, 9. Auflage 2021, § 157 Rn. 24; Lüdtke/ Schaumberg in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, 3. Auflage 2019, § 157 Rn. 7; Schmitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage, Stand: 15.01.2019, § 157 Rn. 16; Scholz in: Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz, SGB III, 7. Auflage 2021, § 157 Rn. 43; Valgolio in: Hauck/Noftz SGB III, Stand Januar 2021, § 157 Rn. 58; Winkler in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand: Dezember 2021, § 157 Rn. 47).

Die vom Kläger gegen das durch die Beklagte verfügte Ruhen des Arbeitslosengeldes wegen Urlaubsabgeltung erhobenen Einwände greifen mithin nicht durch.

Deswegen hat das Arbeitslosengeld, da das Ruhen des Arbeitslosengeldes nach § 157 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB III die Zeit des tatsächlich abgegoltenen Urlaubs umfasst, 30 + 30 + 23 = 83 Tage geruht. Das Ruhen des Arbeitslosengeldes hat nach § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB III mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses, also am 01.10.2019, begonnen und nach alledem jedenfalls vom 01.10.2019 bis zum 31.12.2019 gedauert.

2.2 Zum anderen ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld mangels Verfügbarkeit wegen ungenehmigter Ortsabwesenheit vom 27.12.2019 bis zum 31.12.2019 unterbrochen gewesen.

Rechtsgrundlage für die (Nicht-)Gewährung von Arbeitslosengeld wegen Ortsabwesenheit sind § 138 SGB III sowie § 2 und § 3 Abs. 1 Erreichbarkeits-Anordnung (EAO).

Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit) (§ 138 Abs. 1 SGB III). Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (§ 138 Abs. 5 Nr. 2 SGB III).

Der Arbeitslose kann sich vorübergehend auch von seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt entfernen, wenn 1. er dem Arbeitsamt rechtzeitig seine Anschrift für die Dauer der Abwesenheit mitgeteilt hat, 2. er auch an seinem vorübergehenden Aufenthaltsort die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 EAO erfüllen kann und 3. er sich im Nahbereich des Arbeitsamtes aufhält (§ 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EAO). Zum Nahbereich gehören alle Orte in der Umgebung des Arbeitsamtes, von denen aus der Arbeitslose erforderlichenfalls in der Lage wäre, das Arbeitsamt täglich ohne unzumutbaren Aufwand zu erreichen (§ 2 Satz 2 EAO). Erfüllt der Arbeitslose nicht die Voraussetzungen des § 2 Nrn. 1 bis 3 EAO, steht dies der Verfügbarkeit bis zu drei Wochen im Kalenderjahr nicht entgegen, wenn das Arbeitsamt vorher seine Zustimmung erteilt hat (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EAO). Die Zustimmung darf jeweils nur erteilt werden, wenn durch die Zeit der Abwesenheit die berufliche Eingliederung nicht beeinträchtigt wird (§ 3 Abs. 1 Satz 2 EAO). In Fällen außergewöhnlicher Härten, die aufgrund unvorhersehbarer und für den Arbeitslosen unvermeidbarer Ereignisse entstehen, kann die Drei-Wochenfrist nach § 3 Abs. 1 und 2 EAO vom Arbeitsamt tageweise, höchstens um drei Tage verlängert werden (§ 3 Abs. 3 EAO). § 3 Abs. 1 und 2 EAO finden keine Anwendung, wenn sich der Arbeitslose zusammenhängend länger als sechs Wochen außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalten will (§ 3 Abs. 4 EAO).

Der Kläger ist im Jahr 2019 vom 23.08.2019 bis zum 08.09.2019, also 17 Tage, und vom 23.12.2019 bis zum 31.12.2019, also 9 Tage, mithin insgesamt 26 Tage, ortsabwesend gewesen. Ihm haben aber im Jahr 2019 nur drei Wochen, mithin 21 Tage, Ortsabwesenheit zugestanden. Der Kläger hat daher nach § 138 Abs. 5 Nr. 2 SGB III und § 3 Abs. 1 EAO im Jahr 2019 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die weiteren 5 Tage Ortsabwesenheit vom 27.12.2019 bis zum 31.12.2019 gehabt.

3. Zutreffend hat die Beklagte die Leistungsdauer auf 450 Tage festgesetzt.

Rechtsgrundlage für die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld sind §§ 147 und 154 SGB III.

Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach 1. der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um drei Jahre erweiterten Rahmenfrist und 2. dem Lebensalter, das die oder der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat (§ 147 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019). Die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Ausschluss von Zeiten bei der Erfüllung der Anwartschaftszeit und zur Begrenzung der Rahmenfrist durch eine vorangegangene Rahmenfrist gelten entsprechend (§ 147 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens 30 Monaten und nach Vollendung des 50. Lebensjahres 15 Monate (§ 147 Abs. 2 Tabelle Spalte 5 SGB III). Das Arbeitslosengeld wird für Kalendertage berechnet und geleistet (§ 154 Satz 1 SGB III). Ist es für einen vollen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit 30 Tagen anzusetzen (§ 154 Satz 2 SGB III).

Der Kläger hat in der fünfjährigen Rahmenfrist vom 14.08.2014 bis zum 13.08.2019 ausweislich der Arbeitgeberbescheinigung vom 21.08.2019 in der Zeit vom 14.08.2014 bis zum 13.08.2017 Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung, vom 14.08.2017 bis zum 13.02.2018 Übergangsgeld
, vom 14.02.2018 bis zum 29.07.2018 Krankengeld, vom 30.07.2018 bis zum 20.08.2018 Übergangsgeld sowie vom 21.08.2018 bis zum 13.08.2019 Krankengeld bezogen, damit Versicherungspflichtverhältnisse nach § 25 Abs. 1 und § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III mit einer Dauer von mindestens 30 Monaten zurückgelegt. Der Kläger ist am 03.10.1968 geboren und hatte mithin bei Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld am 14.08.2019 das 50. Lebensjahr vollendet. Die Leistungsdauer beträgt mithin 15 Monate. Die Beklagte hat Arbeitslosengeld vom 14.08.2019 bis zum 30.09.2019, also für 48 Tage, und vom 01.01.2020 bis zum 12.02.2021, also für 402 Tage, mithin insgesamt für 450 Tage, zur Auszahlung gebracht.

4. Zu Recht hat die Beklagte Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 42,85 € gewährt.

Rechtsgrundlage für die Höhe des Arbeitslosengeldes sind §§ 149 ff. SGB III.

Das Arbeitslosengeld beträgt 1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegattin, Ehegatte, Lebenspartnerin oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz), 2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt) (§ 149 SGB III).

Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (§ 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 150 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht 1. Zeiten einer Beschäftigung, neben der Übergangsgeld wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, Teilübergangsgeld oder Teilarbeitslosengeld geleistet worden ist, 2. Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige oder Freiwilliger im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Abs. 2 SGB III bestimmt, 3. Zeiten, in denen Arbeitslose Elterngeld oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen haben oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen haben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war, 4. Zeiten, in denen Arbeitslose eine Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Pflegezeitgesetz in Anspruch genommen haben sowie Zeiten einer Familienpflegezeit oder Nachpflegephase nach dem Familienpflegezeitgesetz, wenn wegen der Pflege das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war; insoweit gilt § 151 Abs. 3 Nr. 2 SGB III nicht, 5. Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat (§ 150 Abs. 2 Satz 1 SGB III). § 150 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB III gilt nicht in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis ist wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beendet worden (§ 150 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn 1. der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält, 2. in den Fällen des § 142 Abs. 2 SGB III der Bemessungszeitraum weniger als 90 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder 3. es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen (§ 150 Abs. 3 Satz 1 SGB III). § 150 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB III ist nur anzuwenden, wenn die oder der Arbeitslose dies verlangt und die zur Bemessung erforderlichen Unterlagen vorlegt.

Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (§ 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019). Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind (§ 151 Abs. 1 Satz 2 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019). Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen 1. für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten, 2. für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b SGB IV das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b SGB IV erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt, 3. für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde eine Ausbildungsvergütung nicht erzielt, der Betrag, der nach § 123 Nr. 1 SGB III als Bedarf zugrunde zu legen ist (§ 151 Abs. 3 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019). Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist (§ 151 Abs. 4 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019). Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum (§ 151 Abs. 5 Satz 1 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019). Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 SGB III geleistet wird (§ 151 Abs. 5 Satz 2 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019). Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152 SGB III, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt (§ 151 Abs. 5 Satz 3 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019).

Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB III). In den Fällen des § 142 Abs. 2 SGB III gilt § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB III mit der Maßgabe, dass ein Bemessungszeitraum von mindestens 90 Tagen nicht festgestellt werden kann (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist die oder der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für die Arbeitslose oder den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 152 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die 1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße, 2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße, 3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße, 4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße (§ 152 Abs. 3 SGB III).

Leistungsentgelt ist das um pauschalierte Abzüge verminderte Bemessungsentgelt (§ 153 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Abzüge sind 1. eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 20 Prozent des Bemessungsentgelts, 2. die Lohnsteuer, die sich nach dem vom Bundesministerium der Finanzen auf Grund des § 51 Abs. 4 Nr. 1a EStG bekannt gegebenen Programmablaufplan bei Berücksichtigung der Vorsorgepauschale nach § 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchstabe a bis c EStG zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, ergibt und 3. der Solidaritätszuschlag (§ 153 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Bei der Berechnung der Abzüge nach § 153 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB III sind 1. Freibeträge und Pauschalen, die nicht jeder Arbeitnehmerin oder jedem Arbeitnehmer zustehen, nicht zu berücksichtigen und 2. der als Lohnsteuerabzugsmerkmal gebildete Faktor nach § 39f EStG zu berücksichtigen (§ 153 Abs. 1 Satz 3 SGB III). Für die Feststellung der Lohnsteuer wird die Vorsorgepauschale mit folgenden Maßgaben berücksichtigt: 1. für Beiträge zur Rentenversicherung als Beitragsbemessungsgrenze die für das Bundesgebiet West maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze, 2. für Beiträge zur Krankenversicherung der ermäßigte Beitragssatz nach § 243 SGB V zuzüglich des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a SGB V, 3. für Beiträge zur Pflegeversicherung der Beitragssatz des § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI (§ 153 Abs. 1 Satz 4 SGB III). Die Feststellung der Lohnsteuer richtet sich nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, als Lohnsteuerabzugsmerkmal gebildet war (§ 153 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Spätere Änderungen der als Lohnsteuerabzugsmerkmal gebildeten Lohnsteuerklasse werden mit Wirkung des Tages berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen (§ 153 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Haben Ehegatten oder Lebenspartner die Lohnsteuerklassen gewechselt, so werden die als Lohnsteuerabzugsmerkmal neu gebildeten Lohnsteuerklassen von dem Tag an berücksichtigt, an dem sie wirksam werden, wenn 1. die neuen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten oder Lebenspartner entsprechen oder 2. sich auf Grund der neuen Lohnsteuerklassen ein Arbeitslosengeld ergibt, das geringer ist als das Arbeitslosengeld, das sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe (§ 153 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Bei der Prüfung nach § 153 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist der Faktor nach § 39f EStG zu berücksichtigen; ein Ausfall des Arbeitsentgelts, der den Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Entgeltersatzleistung begründet, bleibt bei der Beurteilung des Verhältnisses der monatlichen Arbeitsentgelte außer Betracht (§ 153 Abs. 3 Satz 2 SGB III).

Im vorliegenden Fall erstreckt sich der einjährige Bemessungsrahmen im Sinne des § 150 Abs. 2 Satz 1 SGB III vom 14.08.2018 bis zum 13.08.2019. In diesem Bemessungsrahmen haben nur Zeiten mit Übergangs- und/oder Krankengeld und damit weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt gelegen. Der Bemessungszeitraum ist daher nach § 150 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre zu erweitern gewesen. Auch in dem erweiterten zweijährigen Bemessungsrahmen vom 14.08.2017 bis zum 13.08.2019 haben nur Zeiten mit Übergangs- und/oder Krankengeld gelegen, so dass innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht hat festgestellt werden können.

Daher hat als Bemessungsentgelt ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat, nicht im Sinne des § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019 der Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes zugrundegelegt werden können.

Als Bemessungsentgelt hat auch nicht mindestens das Entgelt, nach dem ein innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs bezogenes Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist, im Sinne des § 151 Abs. 4 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2019 Berücksichtigung finden können. Denn der Kläger hat innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs am 14.08.2019 kein Arbeitslosengeld bezogen.  Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld vom 11.12.2017 – wie oben dargelegt bestandskräftig – mit dem hier nicht streitgegenständlichen und zutreffenden Bescheid vom 07.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2018 abgelehnt. Doch selbst wenn man aber auf die frühere Arbeitslosmeldung abstellen würde, so wäre festzustellen, dass im dann maßgebenden Zeitraum vom 24.02.2016 bis zum 23.02.2018 ebenfalls nicht an 150 Tagen Arbeitsentgelt bezogen worden ist und ebenfalls als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt hätte zugrunde gelegt werden müssen.

Zu Recht hat daher die Beklagte nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt. Der Kläger ist zuletzt ausweislich der Arbeitsbescheinigung vom 08.09.2017 als Monteur beziehungsweise ausweislich der Arbeitsbescheinigung vom 21.08.2019 als Maschinen-/Gerätezusammensetzer-Fachkraft beschäftigt gewesen. Zutreffend hat daher die Beklagte mit Schreiben vom 22.08.2019 dargelegt, dass für den Kläger ohne Minderung seiner Leistungsfähigkeit eine Tätigkeit als Fachkraft/Maschinenbaumechaniker geeignet gewesen wäre. Der Beruf des Maschinenbaumechanikers erforderte ebenso wie der Nachfolgeberuf des Feinwerkmechanikers mit den Schwerpunkten Feinmechanik, Maschinenbau und Werkzeugbau eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Berufenet, Stand 18.05.2022), weswegen nach § 152 Abs. 2 Nr. 3 SGB III der Kläger zu Recht der Qualifikationsgruppe 3 zugeordnet worden ist und damit ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße, die nach § 17 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 1 SGB IV und der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2019 im Jahr 2019 37.380,00 € betragen hat, zu Grunde zu legen gewesen ist. Hieraus ergibt sich ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 37.380,00 € : 450 = 83,07 €, nach § 153 Abs. 1 SGB III nach Abzug der Sozialversicherungspauschale in Höhe von 16,61 € und – unter Berücksichtigung der vom Kläger in seinem Antrag auf Arbeitslosengeld angegebenen Lohnsteuerklasse III – der Lohnsteuer in Höhe von 2,51 € ein tägliches Leistungsentgelt in Höhe von 63,95 € und nach § 149 Nr. 1 SGB III, da der Kläger mindestens ein Kind hat, bei einem Prozentsatz von 67 ein täglicher Leistungssatz in Höhe von 42,85 €.

II. Verfahrensrechtlich sind die Änderungsbescheide vom 04.12.2019, vom 07.01.2020 und vom 27.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2020 nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die mit den Änderungsbescheiden vom 04.12.2019, vom 07.01.2020 und vom 27.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2020 erfolgten teilweise Aufhebungen des Bewilligungsbescheides vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2019 ist § 48 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III.

Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, 1. soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X). § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X gilt entsprechend (§ 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X).

Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III).

Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 48 SGB X gegeben.

1. Der Änderungsbescheid vom 04.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2020 ist rechtmäßig.

Bei dem Arbeitslosengeld bewilligenden Bescheid der Beklagten vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2019 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Da die Beklagte diesen Bewilligungsbescheid nach der am 03.12.2019 erfolgten Kenntniserlangung von der für die Jahre 2017 und 2018 erfolgten Urlaubsabgeltung mit ihrem Änderungsbescheid vom 04.12.2019 teilweise aufgehoben hat, hat sie auch die in § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X geregelte Ein-Jahres-Frist seit Kenntnis der die Aufhebung rechtfertigenden Tatsachen eingehalten.

In den Verhältnissen, die beim Erlass des Bewilligungsbescheides vom 22.08.2019 vorgelegen haben, ist infolge der gezahlten Urlaubsabgeltung für die Jahre 2017 und 2018 eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten. Bei der Urlaubsabgeltung für die Jahre 2017 und 2018, deren Auszahlung und Abrechnung nach dem Schreiben der bisherigen Arbeitgeberin vom 19.12.2019 im Dezember 2019 erfolgen sollte und ausweislich der Entgeltbescheinigung für Dezember 2019 auch tatsächlich erfolgt ist, handelt es sich um Einkommen, das im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nach der am 26.06.2019 erfolgten Antragstellung oder dem Erlass des Bewilligungsbescheides vom 22.08.2019 erzielt worden ist und – wie oben dargelegt – zu einem Ruhen und damit zu einem Wegfall des Arbeitslosengeldes geführt hat. Außerdem hat der Kläger im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X gewusst oder nicht gewusst, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld durch die erhaltene Urlaubsabgeltung zum Ruhen gekommen ist. Denn der Kläger hätte aufgrund des im Rahmen der Antragstellung erhaltenen Merkblatts 1 für Arbeitslose, in dem unter Nr. 7.2 aufgeführt ist „Arbeitslosengeld ruht für die Zeit, für die Sie von Ihrem ehemaligen Arbeitgeber noch Arbeitsentgelt oder Urlaubsabgeltung erhalten oder beanspruchen können“, wissen müssen, dass die erhaltene Urlaubsabgeltung zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen würde.

2. Der Änderungsbescheid vom 07.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2020 ist ebenfalls rechtmäßig.

Bei dem Arbeitslosengeld bewilligenden Bescheid der Beklagten vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2019 und des Änderungsbescheides vom 04.12.2019 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Da die Beklagte diesen Bewilligungsbescheid nach der am 23.12.2019 erfolgten Kenntniserlangung von der vom Kläger beabsichtigten und sodann auch erfolgten Urlaubsabwesenheit vom 23.12.2019 bis zum 06.01.2020 mit ihrem Änderungsbescheid vom 07.01.2020 teilweise aufgehoben hat, hat sie auch die in § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X geregelte Ein-Jahres-Frist seit Kenntnis der die Aufhebung rechtfertigenden Tatsachen eingehalten.

In den Verhältnissen, die beim Erlass des Bewilligungsbescheides vom 22.08.2019 vorgelegen haben, ist infolge der drei Wochen übersteigenden und ungenehmigten Ortsabwesenheit vom 27.12.2019 bis zum 31.12.2019 eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten. Diese nach dem Erlass des Bewilligungsbescheides vom 22.08.2019 erfolgte Ortsabwesenheit hat – wie oben dargelegt – zu einer Unterbrechung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld geführt. Der Kläger hat im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X gewusst oder nicht gewusst, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld durch diese Ortsabwesenheit unterbrochen worden ist. Denn der Kläger hätte aufgrund des im Rahmen der Antragstellung erhaltenen Merkblatts 1 für Arbeitslose, in dem unter Nr. 2.5 aufgeführt ist: „Wenn Sie dennoch beabsichtigen, sich vorübergehend unter einer anderen Anschrift aufzuhalten, benachrichtigen Sie bitte die Agentur für Arbeit rechtzeitig, möglichst innerhalb von einer Woche vor der geplanten Ortsabwesenheit/Reise. Sie wird Sie informieren, ob und unter welchen Bedingungen ein leistungsunschädlicher Aufenthalt möglich ist. Verreisen Sie ohne vorherige Unterrichtung und Zustimmung Ihrer Agentur für Arbeit, wird die Bewilligung der Leistung rückwirkend vom Reisebeginn an aufgehoben“, und aufgrund der von der Beklagten im Rahmen der persönlichen und telefonischen Kontakte vor Reisebeginn gegebenen Informationen, dass pro Jahr nur 21 Tage Ortsabwesenheit genehmigungsfähig seien, wissen müssen, dass diese Ortsabwesenheit zur Unterbrechung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen würde.

3. Der Änderungsbescheid vom 27.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2020 ist ebenfalls rechtmäßig.

Bei dem Arbeitslosengeld bewilligenden Bescheid der Beklagten vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2019 und der Änderungsbescheide vom 04.12.2019 und 07.01.2020 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Da die Beklagte diesen Bewilligungsbescheid nach der am 22.01.2020 erfolgten Kenntniserlangung von der für das Jahr 2019 erfolgten Urlaubsabgeltung mit ihrem Änderungsbescheid vom 27.01.2020 teilweise aufgehoben hat, hat sie auch die in § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X geregelte Ein-Jahres-Frist seit Kenntnis der die Aufhebung rechtfertigenden Tatsachen eingehalten.

In den Verhältnissen, die beim Erlass des Bewilligungsbescheides vom 22.08.2019 vorgelegen haben, ist infolge der erfolgten Urlaubsabgeltung für das Jahr 2019 eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten. Bei der Urlaubsabgeltung für das Jahr 2019, deren Auszahlung und Abrechnung ausweislich der Entgeltbescheinigung für Februar 2020 auch tatsächlich erfolgt ist, handelt es sich um Einkommen, das im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nach der am 26.06.2019 erfolgten Antragstellung oder dem Erlass des Bewilligungsbescheides vom 22.08.2019 erzielt worden ist und – wie oben dargelegt – zu einem Ruhen und damit zu einem Wegfall des Arbeitslosengeldes geführt hat. Außerdem hat der Kläger im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X gewusst oder nicht gewusst, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld durch die erhaltene Urlaubsabgeltung zum Ruhen gekommen ist. Denn der Kläger hätte aufgrund des im Rahmen der Antragstellung erhaltenen Merkblatts 1 für Arbeitslose, in dem unter Nr. 7.2 aufgeführt ist „Arbeitslosengeld ruht für die Zeit, für die Sie von Ihrem ehemaligen Arbeitgeber noch Arbeitsentgelt oder Urlaubsabgeltung erhalten oder beanspruchen können“, wissen müssen, dass die erhaltene Urlaubsabgeltung zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen würde.

Da also die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorlagen, ist die Beklagte nach § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III verpflichtet gewesen, den Bewilligungsbescheid vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2019 mit Wirkung vom Zeitpunkt der jeweiligen Änderungen der Verhältnisse teilweise aufzuheben.

III. Der in Ausführung des Gerichtsbescheides des SG Konstanz vom 19.01.2021 ergangene Änderungsbescheid vom 25.01.2021 und der in Ausführung des Teil-Anerkenntnisses vom 07.03.2021 ergangene Änderungsbescheid vom 11.03.2022 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Konstanz vom 19.01.2021 zurückzuweisen.

Der Hilfsantrag des Klägers, die Frage, ob vorliegend die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes zu Recht erfolgt sei, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen, war abzulehnen, da vorliegend die anwartschaftsbegründenden Zeiten ausschließlich im Bundesgebiet zurückgelegt worden sind und damit der hier zu beurteilende Sachverhalt keinerlei europarechtliche Bezüge aufweist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Zwar hat der Kläger im Berufungsverfahren teilweise insoweit obsiegt, als ihm durch das von der Beklagten mit Bescheid vom 11.03.2022 umgesetzte Teilanerkenntnis vom 07.03.2022 zusätzlich für den Zeitraum vom 05.02.2021 bis 12.02.2021 Arbeitslosengeld gewährt worden ist, jedoch ist dieser Teilerfolg so geringfügig, dass ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten hieraus nicht folgt.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.


 

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Aus
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