Ein Verstoß gegen die vertrauensschützenden Regelungen in den §§ 45, 48 SGB X ist auch im Zugunstenverfahren zu berücksichtigen (Anschluss an BSG vom 28.5.1997 - 14/10 RKg 25/95 = SozR 3-1300 § 44 Nr 21 und vom 4.2.1998 - B 9 V 16/96 R = SozR 3-1300 § 44 Nr 24).
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. März 2019 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
G r ü n d e :
I
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Die Klägerin führt einen Rechtsstreit ihres verstorbenen Vaters (im Folgenden: Witwer) weiter. Dieser bezog nach dem Tod seiner Ehefrau eine große Witwerrente vom beklagten Rentenversicherungsträger. Grundlage des Rentenbezugs im streitbefangenen Zeitraum waren der Bescheid vom 11.8.2000 (ab 27.7.1999) sowie die Neuberechnungsbescheide vom 18.5.2006 (ab 1.7.2006), 28.6.2007 (ab 1.7.2007) und 24.9.2014 (ab 1.7.2014). Die Beklagte berücksichtigte im Rahmen der Einkommensanrechnung einen um das 5,6fache des damals aktuellen Rentenwerts erhöhten anrechnungsfreien Teilbetrag gemäß § 97 Abs 2 Satz 2 SGB VI, weil die seinerzeit studierende Klägerin eine Halbwaisenrente von der Beklagten bezog. Zum 1.4.2001 beendigte die Klägerin ihr Studium, was sie der Beklagten mit Schreiben vom 28.3.2001 mitteilte. Der Witwer setzte die Beklagte nicht gesondert über das Studienende der Klägerin in Kenntnis. Die Beklagte stellte die Gewährung der Halbwaisenrente ein. Bei der Festsetzung des Auszahlungsbetrags der Witwerrente berücksichtigte sie jedoch weiterhin den erhöhten Freibetrag. Die Beklagte bemerkte den Fehler Ende 2014. Nach Anhörung des Witwers berechnete sie den monatlichen Zahlbetrag der Witwerrente ab April 2001 neu. Daraus ergab sich eine von ihr bereits reduzierte Überzahlung iHv 4452,33 Euro. In diesem Umfang hob sie die Bescheide vom 11.8.2000, 18.5.2006, 28.6.2007 und 24.9.2014 rückwirkend ab dem 1.4.2001 auf und machte eine Erstattungsforderung geltend (Bescheid vom 9.1.2015; Widerspruchsbescheid vom 23.4.2015). Die Beklagte stützte ihre Aufhebungsentscheidung bezüglich des Bescheids vom 11.8.2000 auf § 48 SGB X und im Übrigen auf § 45 SGB X. Die Erstattungsforderung stützte sie auf § 50 Abs 2 SGB X. Der Witwer beantragte am 19.6.2015 eine Rücknahme des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X. Die Beklagte lehnte dies ab (Bescheid vom 26.6.2015; Widerspruchsbescheid vom 31.8.2015).
2 |
Das SG hat den Überprüfungsbescheid aufgehoben und die Beklagte zur Rücknahme des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids verpflichtet (Urteil vom 19.4.2018). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Überprüfungsanspruchs nach § 44 SGB X lägen nicht vor. Dessen Abs 1 und 2 seien einheitlich dahin auszulegen, dass eine Bescheidrücknahme einen Kausalzusammenhang zwischen der unrichtigen Rechtsanwendung bei Erlass des Verwaltungsakts und dem Nichterbringen der begehrten Sozialleistung verlange. Nach materiellem Recht stehe dem Witwer aber kein höherer Auszahlungsbetrag zu, als ihm von der Beklagten belassen worden sei. Es könne dahinstehen, ob er bei rechtzeitiger Anfechtung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids mit seinem Vorbringen durchgedrungen wäre, unter Vertrauensschutzgesichtspunkten seien ihm die Leistungen vollständig zu belassen. Im Zugunstenverfahren könne er damit nicht gehört werden (Urteil vom 27.3.2019).
3 |
Der Witwer ist während des von ihm angestrengten Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde verstorben. Die Klägerin als seine Alleinerbin hat das Verfahren fortgesetzt. Mit ihrer vom BSG zugelassenen Revision (Beschluss vom 21.10.2020) rügt sie eine Verletzung von § 44 sowie von § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3, § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 4 SGB X.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen‑Bremen vom 27. März 2019 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 19. April 2018 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
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Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte den Erstattungsbetrag gesondert von der Klägerin zurückgefordert (Bescheid vom 10.11.2020; Widerspruchsbescheid vom 19.3.2021). Nach Angaben der Klägerin hat sie hiergegen Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
II
8 |
A. Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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I. Die Revision ist kraft Zulassung durch das BSG statthaft (§ 160 Abs 1 und 3 SGG), gerade noch ausreichend begründet und auch im Übrigen zulässig. Als alleinige Rechtsnachfolgerin (§ 1922 Abs 1 BGB) ist die Klägerin berechtigt, das Verfahren des am Berufungsverfahren noch beteiligten Witwers (§ 160 Abs 1 iVm § 69 Nr 1 SGG) fortzuführen.
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II. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen und dem Überprüfungsbescheid vom 26.6.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.8.2015 das von der Klägerin weiterverfolgte Begehren, die Beklagte zur Rücknahme des bindend gewordenen (§ 77 SGG) Aufhebungs‑ und Erstattungsbescheids vom 9.1.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.4.2015 zu verpflichten. Dieses Ziel wird zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 und 3; § 56 SGG) verfolgt. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht nach Erlass des an die Klägerin gerichteten Bescheids vom 10.11.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.3.2021 fort. Damit hat sich der Aufhebungs‑ und Erstattungsbescheid, dessen Rücknahme mit dieser Klage letztlich erstrebt wird, nicht iS des § 39 SGB X "auf andere Weise" erledigt (vgl zum Fall einer Ersetzung durch einen Zweitbescheid zB BSG Urteil vom 7.4.2016 ‑ B 5 R 26/15 R ‑ SozR 4‑2600 § 89 Nr 3 RdNr 17 ff). Es handelt sich bei dem Bescheid vom 10.11.2020 um einen bloßen Haftungsbescheid, mit dem die Beklagte unter Bezugnahme auf den als weiterhin bindend bezeichneten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid die Klägerin für eine Nachlassverbindlichkeit in Anspruch nimmt. Es kann dahinstehen, inwiefern es eines Haftungsbescheids bedurft hat und ob die Beklagte zu seinem Erlass befugt gewesen ist (vgl dazu, dass die Bindungswirkung bestandskräftiger Bescheide sich grundsätzlich auf die Erben des Bescheidadressaten erstreckt, BSG Urteil vom 13.12.2005 ‑ B 2 U 16/05 R ‑ SozR 4‑2700 § 150 Nr 2 RdNr 14; kritisch zur Verwaltungsaktbefugnis für den Erlass eines Haftungsbescheids gegenüber Erben LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 12.12.2017 ‑ L 7/12 AL 27/16 ‑ juris RdNr 28 ff). Die (Un‑)Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids würde das hier betroffene Prozessrechtsverhältnis nicht berühren, das aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erwächst (vgl hierzu BSG Beschluss vom 13.6.2017 ‑ B 13 R 23/16 BH ‑ juris RdNr 12).
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III. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob das LSG zu Recht den Überprüfungsbescheid als rechtmäßig erachtet und den noch vom Witwer im Zugunstenverfahren geltend gemachten Anspruch auf Rücknahme des Aufhebungs‑ und Erstattungsbescheids durch die Beklagte verneint hat. Als einzige Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs kommt § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit ua dann zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt worden ist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Vorschrift ist zumindest entsprechend heranzuziehen, wenn, wie hier, eine bewilligte und erbrachte Sozialleistung durch einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wieder entzogen und zurückgefordert wird (stRspr seit BSG Urteil vom 12.12.1996 ‑ 11 RAr 31/96 ‑ SozR 3‑1300 § 44 Nr 19 S 34 f; vgl zB BSG Urteil vom 3.5.2018 ‑ B 11 AL 3/17 R ‑ SozR 4‑1300 § 44 Nr 37 RdNr 11; BSG Urteil vom 21.10.2020 ‑ B 13 R 19/19 R ‑ SozR 4‑1300 § 45 Nr 25 RdNr 11). Mit den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG lässt sich nicht abschließend darüber befinden, ob die Beklagte bei Erlass des Aufhebungs‑ und Erstattungsbescheids das Recht iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X unrichtig anwandte.
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1. Die teilweise Aufhebung des Bescheids vom 11.8.2000 ab dem 1.4.2001 muss sich an § 48 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 SGB X messen lassen, weil insoweit allein eine nachträgliche Rechtswidrigkeit in Betracht kommt (vgl zur Abgrenzung von § 45 und § 48 SGB X zB BSG Urteil vom 20.1.2021 ‑ B 13 R 13/19 R ‑ SozR 4‑2400 § 18a Nr 4 RdNr 32 und 46 mwN). Nach § 48 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit ‑ was hier allein in Betracht kommt ‑ ein Fall des Satz 2 Nr 2 oder 4 vorliegt. Die teilweise Aufhebung der übrigen Rentenbescheide richtet sich nach § 45 Abs 1, Abs 4 iVm Abs 2 Satz 3 SGB X, denn hinsichtlich der Bescheide vom 18.5.2006, 28.6.2007 und 24.9.2014 kommt allein eine anfängliche Rechtswidrigkeit infrage. Nach § 45 Abs 1, Abs 4 iVm Abs 2 Satz 3 SGB X wird ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, (nur) für die Vergangenheit zurückgenommen, soweit ein Fall des Abs 2 Satz 3 vorliegt. Einzig mögliche Rechtsgrundlage für die von der Beklagten zudem geltend gemachte Erstattungsforderung ist § 50 Abs 2 SGB X.
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2. Die Beklagte wandte das Recht allerdings fehlerfrei an, indem sie die aufgehobenen Rentenbescheide als ab dem 1.4.2001 bzw als anfänglich rechtswidrig ansah, soweit darin die Witwerrente unter Berücksichtigung von Einkommen festgesetzt worden war, dessen nicht anrechenbarer Teil um das 5,6fache des aktuellen Rentenwerts erhöht worden war. Nach § 97 Abs 2 Satz 2 Alt 1 SGB VI, der hier in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18.12.1989 (BGBl I 2261, 1990 I 1337) und in der insoweit unveränderten, seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung der Neubekanntmachung vom 19.2.2002 (BGBl I 754) zur Anwendung kommt, ist eine solche Erhöhung nur vorzunehmen, solange ein Kind des Berechtigten Waisenrente beanspruchen kann. Ausgehend von den Feststellungen des LSG entfiel der Anspruch der Klägerin auf Waisenrente ab dem 1.4.2001, weil sie sich nicht länger in einer Schul‑ oder Berufsausbildung befand (vgl § 48 Abs 4 Satz 1 Nr 2 Buchst a SGB VI in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 und der insoweit unveränderten, ab dem 1.1.2002 geltenden Fassung der Neubekanntmachung vom 19.2.2002 <BGBl I 754> sowie der insoweit ebenfalls unveränderten, seit dem 1.8.2004 geltenden Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.7.2004 <BGBl I 1791>). Die Klägerin stellt auch nicht in Abrede, dass die im streitbefangenen Zeitraum gewährte Witwerrente überhöht war.
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3. Es lässt sich anhand der bisherigen Feststellungen jedoch nicht abschließend beurteilen, ob die Beklagte bei Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids mit Blick auf andere Voraussetzungen das Recht iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X unrichtig anwandte. Insbesondere bedarf es weiterer Feststellungen dazu, ob die Beklagte mit der (teilweisen) Aufhebung der Rentenbescheide gegen die Vertrauensschutzregelungen in § 45 bzw § 48 SGB X verstieß.
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a) Ein Verstoß gegen die vertrauensschützenden Regelungen in den §§ 45, 48 SGB X ist im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X beachtlich. Der Maßstab, nach dem sich eine iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X unrichtige Anwendung des Rechts beurteilt, ist nicht allein dem materiellen Leistungsrecht zu entnehmen. Heranzuziehen sind jedenfalls auch die gesetzlichen Vorgaben in den §§ 45, 48 SGB X zum Vertrauensschutz.
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aa) Das BSG hat in jüngerer Zeit bereits entschieden, dass im Überprüfungsverfahren Verstöße gegen die auch vertrauensschützenden Fristenregelungen des § 45 Abs 3 SGB X zu beachten sind (vgl BSG Urteil vom 21.10.2020 ‑ B 13 R 19/19 R ‑ SozR 4‑1300 § 45 Nr 25 RdNr 39). Beachtung finden außerdem Mängel der Ermessensbetätigung, die bei Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsakts für die Vergangenheit nach § 45 SGB X erforderlich ist (vgl BSG Urteil vom 20.1.2021 ‑ B 13 R 13/19 R ‑ SozR 4‑2400 § 18a Nr 4 RdNr 37). Der 13. Senat des BSG, der zum 1.7.2021 durch Erlass des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24.6.2021 geschlossen worden ist (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 130 Abs 1 Satz 2 GVG), neigte zuletzt zudem der Auffassung zu, dass auch ein Verstoß gegen die Vertrauensschutzregelungen in den §§ 45, 48 SGB X im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X beachtlich ist (vgl BSG Urteil vom 21.10.2020 ‑ B 13 R 19/19 R ‑ SozR 4‑1300 § 45 Nr 25 RdNr 39 f; BSG Urteil vom 20.1.2021 ‑ B 13 R 13/19 R ‑ SozR 4‑2400 § 18a Nr 4 RdNr 37; noch weitergehend Beschluss vom 30.10.2019 ‑ B 13 R 335/17 B ‑ juris RdNr 9). In seiner Entscheidung vom 24.4.2014 hatte er dies noch hinterfragt, aber letztlich offengelassen (vgl BSG Urteil vom 24.4.2014 ‑ B 13 R 3/13 R ‑ SozR 4‑1300 § 44 Nr 30 RdNr 30 f und bereits BSG Teilurteil vom 1.7.2010 ‑ B 13 R 86/09 R ‑ SozR 4‑2600 § 48 Nr 4 RdNr 43). Die Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 8.12.2020, der die Frage ebenfalls offenließ (vgl BSG Urteil vom 8.12.2020 ‑ B 4 AS 46/20 R ‑ BSGE 131, 128 = SozR 4‑1300 § 45 Nr 24, RdNr 32), betraf kein Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X.
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bb) In der früheren Rechtsprechung des BSG entschied der 9. Senat am 8.3.1995, nach § 44 SGB X zurückzunehmen sei eine Aufhebungsverfügung auch dann, wenn zwar die Leistungsbewilligung rechtswidrig gewesen sei, die Verwaltung aber keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Aufhebung gehabt habe (BSG Urteil vom 8.3.1995 ‑ 9 RV 7/93 ‑ juris RdNr 17). Die Entscheidung betraf eine dem materiellen Versorgungsrecht widersprechende Leistungsbewilligung, die wegen der Sonderregelung in § 62 Abs 3 BVG nicht hätte zurückgenommen werden dürfen. Der 9. Senat zog aber bereits in Erwägung, im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X gleichermaßen Rücknahmeentscheidungen zu korrigieren, die wegen Vertrauensschutzes nach § 45 Abs 3 SGB X nicht hätten ergehen dürfen. Der 14. Senat des BSG entschied daran anknüpfend am 28.5.1997, ein unter Verletzung von Vertrauensschutzvorschriften ergangener, bestandskräftig gewordener Aufhebungs‑ und Erstattungsbescheid sei auch dann nach § 44 SGB X zurückzunehmen, wenn kein Anspruch auf die in Streit stehende Sozialleistung bestehe (BSG Urteil vom 28.5.1997 ‑ 14/10 RKg 25/95 ‑ SozR 3‑1300 § 44 Nr 21 S 43 ff). Der 9. Senat schloss sich dem mit seiner Entscheidung vom 4.2.1998 an (BSG Urteil vom 4.2.1998 ‑ B 9 V 16/96 R ‑ SozR 3‑1300 § 44 Nr 24 S 56 f).
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cc) Der Senat bekräftigt die frühere Rechtsprechung des BSG. Die Auslegung ergibt, dass mit Erlass eines gegen die Vertrauensschutzregelungen in den §§ 45, 48 SGB X verstoßenden Aufhebungs- und Erstattungsbescheids das Recht iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X unrichtig angewandt wird und dies im Zugunstenverfahren zu berücksichtigen ist (vgl zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zB BVerfG Urteil vom 19.3.2013 ‑ 2 BvR 2628/10 ua ‑ BVerfGE 133, 168 RdNr 66 mwN).
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(1) Der Wortlaut des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X erfasst die Rücknahme eines Verwaltungsakts, mit dem eine rechtswidrige Leistungsbewilligung unter Verstoß gegen die gesetzlichen Vertrauensschutzregelungen aufgehoben worden ist. Zu einer "unrichtigen Anwendung des Rechts" kommt es im möglichen Wortsinn auch dann, wenn eine Aufhebungsverfügung den in §§ 45, 48 SGB X normierten Vertrauensschutz nicht beachtet. In § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X wird im Grunde der Begriff der Rechtswidrigkeit umschrieben (vgl BSG Urteil vom 16.2.1984 ‑ 1 RA 15/83 ‑ BSGE 56, 165, 169 = SozR 1300 § 45 Nr 6 S 14 f; BSG Urteil vom 11.12.1992 ‑ 9a RV 20/90 ‑ BSGE 72, 1, 5 = SozR 3‑1300 § 48 Nr 22 S 34; vgl auch Heße in BeckOK, Stand der Einzelkommentierung 1.12.2021, § 44 SGB X RdNr 14: "Verstoß gegen geltendes Recht"). Die Rechtswidrigkeit einer Aufhebungsverfügung beurteilt sich auch danach, ob es an den in § 45 SGB X bzw § 48 SGB X festgelegten Voraussetzungen für eine Aufhebung für die Vergangenheit fehlt (vgl zu einer solchen Konstellation zB BSG Urteil vom 14.12.2021 ‑ B 14 AS 73/20 R ‑ SozR 4 <vorgesehen> RdNr 19).
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(2) Systematische Erwägungen stützen eine Auslegung des Begriffs "unrichtige Anwendung des Rechts", die mehr als Verstöße gegen das materielle Leistungsrecht erfasst. In § 48 Abs 2 Halbsatz 1 SGB X findet der Begriff der nachträglich anderen Auslegung "des Rechts" Verwendung. Eine nachträglich andere Auslegung "des Rechts" kommt immer dann in Betracht, wenn eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist, die sich zugunsten des Berechtigten auswirkt (vgl zB BSG Urteil vom 27.7.2004 ‑ B 7 AL 76/03 R ‑ SozR 4‑4300 § 330 Nr 2 RdNr 10 mwN). Dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass nach dem Gegenstand der Rechtsprechungsänderung zu differenzieren wäre.
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(3) Wenngleich in den Gesetzesmaterialien nicht speziell auf Vertrauensschutzregelungen eingegangen wird, findet sich dort die weite Formulierung, Grund für die Aufhebung von Verwaltungsakten im Zugunstenverfahren sei, dass die Behörde "falsch gehandelt" habe (vgl die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in BT‑Drucks 8/4022 S 82 zu § 42 SGB X‑E). Dies beurteilt sich im häufigsten Anwendungsfall des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, in dem eine Leistungsablehnung oder Beitragserhebung zu überprüfen ist, nach dem materiellen Leistungsrecht bzw dem Beitragsrecht. Beinhaltet der zur Überprüfung gestellte Verwaltungsakt hingegen eine Aufhebung, hat die Behörde bei Erlass des Aufhebungsbescheids auch dann "falsch gehandelt", wenn sie den in den §§ 45, 48 SGB X normierten Vertrauensschutz nicht beachtet hat.
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(4) Der Sinn und Zweck des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X spricht dafür, eine Verletzung der Vertrauensschutzregelungen in den §§ 45, 48 SGB X im Rahmen eines Zugunstenverfahrens zu berücksichtigen.
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(a) § 44 SGB X verschafft dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns (Art 20 Abs 3 GG) in besonderem Maße Geltung, indem die Vorschrift der Verwaltungsbehörde auf dem Gebiet des Sozialrechts die Möglichkeit eröffnet, fehlerhaft erlassene Verwaltungsakte auch noch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen zu berichtigen (vgl BSG Urteil vom 12.12.1996 ‑ 11 RAr 31/96 ‑ SozR 3‑1300 § 44 Nr 19 S 34 f). Dem liegt der Restitutionsgedanke zugrunde (vgl zB BSG Urteil vom 10.9.1987 ‑ 12 RK 27/86 ‑ BSGE 62, 143, 146 = SozR 5750 Art 2 § 28 Nr 5 S 12 f). Danach ist der durch die Rechtswidrigkeit des bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakts Belastete so zu stellen, als hätte die Behörde von vornherein richtig entschieden (vgl zB BSG Urteil vom 30.1.1997 ‑ 4 RA 55/95 ‑ SozR 3‑2600 § 300 Nr 10 S 37 mwN). Ziel des § 44 SGB X ist dabei die Auflösung der Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts und der materiellen Gerechtigkeit zugunsten letzterer (grundlegend BSG Urteil vom 10.12.1985 ‑ 10 RKg 14/85 ‑ SozR 5870 § 2 Nr 44 S 149; BSG Urteil vom 4.2.1998 ‑ B 9 V 16/96 R ‑ SozR 3‑1300 § 44 Nr 24 S 57; aus jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 30.1.2020 ‑ B 2 U 2/18 R ‑ BSGE 130, 1 = SozR 4‑2700 § 8 Nr 70, RdNr 18 mwN). Das heißt aber nicht, dass im Zugunstenverfahren allein auf das materielle Leistungsrecht abzustellen wäre. Ist Gegenstand der Überprüfung eine Aufhebungsverfügung, entspricht es vielmehr dem Sinn und Zweck des § 44 SGB X, den Zustand herzustellen, der eingetreten wäre, wenn die Behörde bei Erlass des Aufhebungsbescheids richtig vorgegangen wäre.
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Das gilt jedenfalls für die Beachtung der Vertrauensschutzregelungen in den §§ 45, 48 SGB X. Damit hat der Gesetzgeber das Gebot des Vertrauensschutzes, das durch das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte verbürgt ist (vgl zB BVerfG Beschluss vom 16.12.1981 ‑ 1 BvR 898/79 ua ‑ BVerfGE 59, 128, 164; BVerfG Beschluss vom 30.6.2020 ‑ 1 BvR 1679/17 ua ‑ BVerfGE 155, 238 RdNr 122 mwN), für den Bereich des Sozialrechts konkretisiert. Den Vorschriften, die das Ergebnis einer Abwägung sind, liegt die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass Empfänger von Sozialleistungen vor der Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte in besonderer Weise geschützt werden sollen (vgl BVerfG Beschluss vom 20.2.2002 ‑ 1 BvL 19/97 ua ‑ BVerfGE 105, 48, 58).
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(b) Dass es sich bei den §§ 45, 48 SGB X um Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts handelt, steht der Beachtung des dort normierten Vertrauensschutzes im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X nicht entgegen. Das Verwaltungsverfahrensrecht hat zwar eine dienende Funktion und soll grundsätzlich nur zum Erlass (materiell) rechtmäßiger Verwaltungsakte beitragen (vgl zB BSG Urteil vom 17.12.2013 ‑ B 1 KR 52/12 R ‑ BSGE 115, 87 = SozR 4‑2500 § 109 Nr 36, RdNr 23). Hebt die Verwaltung einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt unter Verstoß gegen die Vertrauensschutzregelungen auf, liegt hierin jedoch kein bloßer Verfahrensfehler, der die Aufhebungsentscheidung in der Sache möglicherweise nicht beeinflusst hat. Ein Verstoß gegen die Vertrauensschutzregelungen in den §§ 45, 48 SGB X ließe sich ‑ anders als zB eine unterbliebene Anhörung (vgl hierzu § 41 Abs 1 Nr 3 SGB X) ‑ auch im gerichtlichen Verfahren nicht heilen (vgl zu diesem Aspekt Mey, SGb 2015, 288, 291, der der Verwaltung allerdings weitergehende Möglichkeiten zur Ergänzung ihrer Vertrauensschutzerwägungen zubilligen möchte). Vielmehr widerspräche der Regelungsinhalt einer solchen Aufhebungsverfügung der gesetzlichen Wertung, wonach in bestimmten Konstellationen eine einmal erlangte Rechtsposition, selbst wenn diese im Widerspruch zum materiellen Leistungsrecht steht, nicht wieder beseitigt werden darf. Dagegen lässt sich nicht einwenden, ein schützenswertes Vertrauen auf den (Weiter)Bezug der zu Unrecht bewilligten Leistungen sei mit der bindenden Aufhebung der Leistungsbewilligung ‑ nachträglich ‑ entfallen (worauf Steinwedel in Kasseler Komm, Stand der Einzelkommentierung Juli 2021, § 44 SGB X RdNr 41, und bereits in DAngVers 1989, 372, 374 hinweist), denn selbst dies ließe die materielle Rechtswidrigkeit der Aufhebungsverfügung unberührt (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 8.3.1995 ‑ 9 RV 7/93 ‑ juris RdNr 17).
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(c) Einer Auslegung, wonach bei Verletzung der Vertrauensschutzregelungen in den §§ 45, 48 SGB X das Recht iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X unrichtig angewandt worden ist, steht auch nicht entgegen, dass das Zugunstenverfahren dem Betroffenen nicht mehr gewähren soll, als ihm nach materiellem Recht zusteht (vgl hierzu BSG Teilurteil vom 1.7.2010 ‑ B 13 R 86/09 R ‑ SozR 4‑2600 § 48 Nr 4 RdNr 43 mwN; BSG Urteil vom 24.4.2014 ‑ B 13 R 3/13 R ‑ SozR 4‑1300 § 44 Nr 30 RdNr 22, 30). Dieser Grundsatz wurde mit Blick auf die Formulierung "soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind" in § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X entwickelt und bezieht sich auf die in der Vorschrift unmittelbar geregelte Korrektur einer unrechtmäßigen Leistungsversagung. Insoweit setzt eine Zugunstenentscheidung nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X voraus, dass die vorenthaltenen Sozialleistungen materiell zu Unrecht nicht erbracht worden sind (vgl grundlegend BSG Urteil vom 22.3.1989 ‑ 7 RAr 122/87 ‑ SozR 1300 § 44 Nr 38 S 108; aus jüngerer Zeit zB BSG Beschluss vom 18.8.2004 ‑ B 8 KN 18/03 B ‑ juris RdNr 9). Im Zusammenhang damit steht auch das Argument, dass derjenige, der die Widerspruchs‑ oder Klagefrist versäumt, nicht besser gestellt werden soll als derjenige, der fristgerecht von einem Rechtsbehelf Gebrauch macht (vgl hierzu BSG Urteil vom 27.3.1984 ‑ 5a RKn 2/83 ‑ SozR 1200 § 34 Nr 18 ‑ juris RdNr 19; BSG Urteil vom 24.4.2014 ‑ B 13 R 3/13 R ‑ SozR 4‑1300 § 44 Nr 30 RdNr 28; vgl auch Mey, SGb 2015, 288, 290 f; Steinwedel in Kasseler Komm, Stand der Einzelkommentierung Juli 2021, § 44 SGB X RdNr 42a). Entsprechend ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass allein eine unterbliebene Anhörung im Ausgangsverfahren (§ 24 SGB X), die bei rechtzeitiger Einlegung von Rechtsbehelfen im Widerspruchs- und Gerichtsverfahren hätte nachgeholt werden können, nicht zur Rücknahme eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids im Zugunstenverfahren verpflichtet (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 ‑ B 10 KG 2/07 R ‑ SozR 4‑5870 § 1 Nr 2 RdNr 13; BSG Urteil vom 3.5.2018 ‑ B 11 AL 3/17 R ‑ SozR 4‑1300 § 44 Nr 37 RdNr 18 ff mwN). Bei einer (lediglich entsprechenden) Heranziehung der Norm zur Korrektur fehlerhafter Aufhebungs‑ und Erstattungsverfügungen ist der Grundsatz, dass das Zugunstenverfahren dem Betroffenen nicht mehr gewähren soll, als ihm nach materiellem Recht zusteht, allerdings differenziert zur Anwendung zu bringen (so bereits BSG Urteil vom 28.5.1997 ‑ 14/10 RKg 25/95 ‑ SozR 3‑1300 § 44 Nr 21 S 44; vgl auch BSG Urteil vom 26.10.2017 ‑ B 2 U 6/16 R ‑ SozR 4‑2200 § 547 Nr 1 RdNr 22 zu einer Einschränkung des Grundsatzes bei einer möglicherweise rechtswidrigen, aber bestandskräftigen Feststellung von Unfallfolgen).
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Insoweit geht es nicht um eine Leistungsgewährung, sondern um den nachträglichen Entzug einer bereits gewährten Leistung. Hierfür hat der Gesetzgeber mit den Vertrauensschutzregelungen in den §§ 45, 48 SGB X vorgegeben, in welchen Fällen dem Begünstigten die Sozialleistungen ungeachtet des Widerspruchs zum materiellen Leistungsrecht zu belassen sind. Bei einem nicht aufhebbaren Dauerverwaltungsakt sind die Leistungen sogar für die Zukunft weiter zu gewähren und können lediglich nach Maßgabe des § 48 Abs 3 Satz 1 SGB X "abgeschmolzen" werden. Obgleich die §§ 45, 48 SGB X Ermächtigungsgrundlagen für die Verwaltung beinhalten, sind die Vertrauensschutzgesichtspunkte für den Leistungsempfänger ein eigenständiger, materieller Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" einer Leistung (vgl BSG Urteil vom 8.3.1995 ‑ 9 RV 7/93 ‑ juris RdNr 17; BSG Urteil vom 28.5.1997 ‑ 14/10 RKg 25/95 ‑ SozR 3‑1300 § 44 Nr 21 S 44; BSG Urteil vom 4.2.1998 ‑ B 9 V 16/96 R ‑ SozR 3‑1300 § 44 Nr 24 S 57; vgl auch Merten in Hauck/Noftz, SGB X, K § 44 RdNr 50; Schütze in Schütze, SGB X, 9. Aufl 2020, § 44 RdNr 18; vgl dazu, dass der Rechtsgrund letztlich im bindenden Rentenbescheid liegt, Fichte in Fichte/Plagemann, Sozialverwaltungsverfahrensrecht, 2. Aufl 2016, § 3 RdNr 118). Das ist Ausdruck der gesetzgeberischen Wertung, die eine durch den Leistungsbezug erworbene Vertrauensposition trotz ihres rechtswidrigen Ursprungs dem Fall gleichstellt, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach dem betroffenen materiellen Leistungsrecht erfüllt sind (vgl BSG Urteil vom 28.5.1997 ‑ 14/10 RKg 25/95 ‑ SozR 3‑1300 § 44 Nr 21 S 44; BSG Urteil vom 4.2.1998 ‑ B 9 V 16/96 R ‑ SozR 3‑1300 § 44 Nr 24 S 57).
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Beachtet man auch noch im Überprüfungsverfahren eine Verletzung der Vertrauensschutzregelungen in den §§ 45, 48 SGB X, wird damit keine Besserstellung, sondern lediglich eine weitgehende Gleichbehandlung des säumigen mit dem fristgerecht handelnden Betroffenen erreicht. Diese ist in der gesetzgeberischen Konzeption in § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X angelegt (vgl hierzu Baumeister in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl 2017, Stand der Einzelkommentierung 23.3.2020, § 44 RdNr 73).
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b) Ob die Beklagte bei Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 9.1.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.4.2015 gegen die Vertrauensschutzregelungen in § 45 bzw § 48 SGB X verstieß, kann nicht abschließend beurteilt werden. Das LSG hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig keine weitergehenden Feststellungen dazu getroffen. Allein anhand der Feststellung, der Witwer habe angesichts der Mitteilung der Klägerin an die Beklagte eine gesonderte Mitteilung über deren Ausbildungsende nicht für erforderlich erachtet, lässt sich nicht bewerten, ob er iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X einer Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist oder ob er iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X wusste oder aufgrund einer besonders schweren Sorgfaltsverletzung nicht wusste, dass der im Rentenbescheid vom 11.8.2000 festgesetzte Rentenanspruch ab dem 1.4.2001 zu hoch war. Ebenso wenig lässt sich abschließend beurteilen, ob er iS des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X die Rechtswidrigkeit der übrigen Rentenbescheide kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Entsprechende Feststellungen sind vom LSG nachzuholen.
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Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG auch zu prüfen haben, ob in Bezug auf den Bescheid vom 11.8.2000 die Fristen des § 48 Abs 4 Satz 1 iVm § 45 Abs 3 Satz 3 und 4 SGB X und im Übrigen die Fristen des § 45 Abs 3 Satz 3 SGB X eingehalten wurden. Es wird zudem ggf zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte in erster Instanz zur (vollständigen) Rücknahme des Bescheids vom 9.1.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.4.2015 verpflichtet worden ist, der Witwer sich nach seinem Gesamtvorbringen aber nur gegen die Neufestsetzung der Witwerrente für den Zeitraum vom 1.4.2001 bis zum 28.2.2015 und die darauf beruhende Erstattungsforderung gewandt hatte.
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B. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben. Dabei wird zu beachten sein, dass das Verfahren vor dem BSG für die Klägerin jedenfalls nach § 183 Satz 2 SGG kostenfrei ist (vgl dazu, dass Erben nicht als Sonderrechtsnachfolger an einem Verfahren beteiligt sind, das vor dem Tod eines Versicherten gewährte Sozialleistungen und deren Rückforderung betrifft, BSG Urteil vom 21.10.2020 ‑ B 13 R 19/19 R ‑ SozR 4‑1300 § 45 Nr 25 RdNr 41-42).