Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.01.2022 wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt U wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 06.01.2022 hat keinen Erfolg.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihr Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) in gesetzlicher Höhe für einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitraum zu gewähren.
Die Beschwerde gegen den dieses Begehren ablehnenden Beschluss des SG ist zwar statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und auch in der durch § 173 SGG bestimmten Frist eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Beurteilung des Senats unterliegt danach hier lediglich der Zeitraum bis einschließlich Januar 2022, der von dem Bescheid vom 21.10.2021 abgedeckt ist und aus dem sich das hier streitige Rechtsverhältnis ergibt. Die Antragstellerin kann in dem vorliegenden Eilverfahren nicht mehr erstreiten, als ihr in dem (bereits anhängigen) Klageverfahren zugesprochen werden könnte (vgl. dazu etwa Beschluss des erkennenden Senats vom 23.12.2021, L 6 AS 1240/21 B ER). Sofern die Antragstellerin mit der Beschwerde auch (höhere) Leistungen für die Zeit ab Februar 2022 begehren sollte, sind diese Gegenstand des Bescheides vom 04.04.2022, der einen neue Bewilligungszeitraum und damit ein anderes Rechtsverhältnis als das hier gegebenenfalls vorläufig zu regelnde betrifft (vgl. zur Maßgeblichkeit des entsprechenden Hauptsacheverfahrens für den Streitgegenstand im Eilverfahren Landessozialgericht [LSG] Bayern, Beschluss vom 19.07.2018, L 11 AS 329/18 B ER, juris Rn. 9 sowie z.B. LSG Nordrhein-Westfalen vom 04.04.2022, L 19 AS 250/22 B ER).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nicht erfüllt. Eine einstweilige Anordnung ergeht nur, wenn sie zur Abwendung wesentlicher, nicht wiedergutzumachender Nachteile für die Antragstellerin notwendig ist. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, also des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Dabei hat die Antragstellerin wegen der von ihr geltend gemachten Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 202 SGG i.V.m. § 294 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im summarischen Verfahren (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 29.07.2003, 2 BvR 311/03).
Ebenso wie das SG sieht der Senat den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache als offen an, da es dort weiterer Ermittlungen zum Inhalt der zwischen der Antragstellerin und ihren Eltern getroffenen Vereinbarungen zur Gewährung von Unterstützungsleistungen bedürfen wird.
Davon ausgehend fehlt es jedoch an der Glaubhaftmachung einer besonderen Eilbedürftigkeit. Auf die Ausführungen des SG in dem angefochtenen Beschluss zum fehlenden Anordnungsgrund aufgrund der Unterstützung der Antragstellerin durch ihre Eltern wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Auch im Beschwerdeverfahren ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht worden. Bei der Prüfung des Anordnungsgrundes und damit der besonderen Eilbedürftigkeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren können auch solche Mittel Berücksichtigung finden, deren Inanspruchnahme im Rahmen der materiellen Prüfung des Anspruchs nicht eingefordert werden kann, die der Antragstellerin aber tatsächlich zur Beseitigung der Notlage zur Verfügung stehen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.07.2020, L 7 AS 1014/20 B ER und L 7 AS 1015/20 B, juris Rn. 9). Ein Anordnungsgrund besteht nicht, wenn die Antragstellerin jedenfalls gegenwärtig auf eigene Mittel oder zumutbare Hilfe Dritter zurückgreifen kann (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.07.2019, L 7 SO 2356/19 ER-B, juris Rn. 12 m.w.N.). Neben den von der Antragsgegnerin bewilligten Leistungen i.H.v. 411,26 € monatlich bis Januar 2022 standen der Antragstellerin in dem fraglichen Zeitraum solche Mittel zur Verfügung, die – ungeachtet der Frage, ob diese anrechenbares Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II darstellen – der Annahme einer Notlage entgegenstehen. Schon aus dem Vorbringen der Antragstellerin im Antrags- und Beschwerdeverfahren und aus den auf Anforderung vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich, dass die Antragstellerin weiterhin durch ihre Eltern finanziell unterstützt wurde. Danach übernahmen die Mutter der Antragstellerin die Zahlung der Einkäufe i.H.v. monatlich 120 bis 180 € und der Vater die Zahlung des Abschlages für die Stromlieferung i.H.v. 55 €. Im Verwaltungsverfahren hat die Antragstellerin außerdem schriftlich erklärt, dass die Eltern auch ihre Kosten für Telefon und Internetanschluss tragen. Zudem wurden dem Konto der Antragstellerin wiederkehrend Bareinzahlungen gutgeschrieben (im Dezember 2021 i.H.v. mindestens 100 €, im Januar 2022 i.H.v. 80 € sowie im Februar 2022 i.H.v. 285 €), bei denen es sich nach dem Vortrag der Antragstellerin ebenfalls um Zahlungen der Eltern handelt und die sie nach eigenem Bekunden zur Schuldentilgung verwendet.
Es ist der Antragstellerin darüber hinaus nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass die Zuwendungen der Eltern unter dem mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 18.09.2021 von ihr und den Eltern bezifferten Betrag i.H.v. 425 € monatlich liegen. Auch soweit sie vorträgt, dass ihre Eltern sich die Unterstützung nicht weiter finanziell erlauben könnten, ist damit nicht glaubhaft gemacht, dass die Hilfe durch die Eltern gegenwärtig entfällt. Die wiederkehrenden Zahlungen der Eltern auch größerer Beträge bereits in der Vergangenheit – etwa eines Betrages i.H.v. 1.000 € im Januar 2021 durch die Mutter sowie von Beträgen i.H.v. 2.469,50 € und 750 € im März 2021 durch den Vater – und die genannten Barzahlungen der letzten Monate sprechen vielmehr gegen beide Annahmen und dafür, dass die finanzielle Unterstützung jedenfalls bis Januar 2022 gewährt sowie dem jeweiligen Bedarf angepasst wurde und damit geeignet war, eine aktuelle Notlage zu vermeiden.
Ob und in welcher Höhe die Zahlungen der Eltern als Einkommen der Antragstellerin i.S.d. §§ 11 ff. SGB II bedarfsmindernd auf den Leistungsanspruch der Antragstellerin anzurechnen sind, kann und muss der Klärung im Hauptsachverfahren – in der Klage gegen die Bescheide vom 21.10.2021 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.11.2021 (S 43 AS 16/22) – vorbehalten bleiben, denn der Antragstellerin ist es nach den vorstehenden Ausführungen zuzumuten, die dortige Entscheidung abzuwarten.
Dies gilt schließlich auch bzw. erst recht dann, wenn man das Begehren der Antragstellerin so auslegt, dass sie einstweilen höhere Leistungen nicht erst ab Antragstellung beim SG, sondern schon für die Zeit vorher begehrt. Denn für Zeiträume vor Stellung eines Eilantrages kommt die vorläufige Verpflichtung eines Leistungsträger nur in Sonderfällen in Betracht (sog. Nachholbedarfe; dazu Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Auflage 2021 § 86b Rn. 35a m.w.N.). Zum Vorliegen eines solchen Nachholbedarfes ist aber weder etwas vorgetragen noch sonst aus den Akten ersichtlich.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt U war gemäß § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO abzulehnen, weil die mit der Beschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichenden Erfolgsaussichten geboten hat.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
IV. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).