L 1 AS 2112/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1.
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 AS 1109/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 AS 2112/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. September 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Streitig ist die Höhe der Leistungen zur Deckung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Juli 2014.

 

Die 1958 geborene Klägerin zu 1 und der 1957 geborene Kläger zu 2 sind miteinander verheiratet und lebten im streitigen Zeitraum in einer Bedarfsgemeinschaft. Der Kläger zu 2 bezog bereits im Jahr 2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Diese belief sich vom 01. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2014 auf monatlich 827,84 € netto sowie ab dem 01. Juli 2014 auf 848,74 € netto.

 

Die Kläger lebten im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum in einer 2-Zimmerwohnung in B mit einer Größe von 51 m², für welche sie zum 01. Januar 2003 einen Mietvertrag abgeschlossen hatten. Die Wohnfläche des Gesamtobjekts belief sich auf rund 713 m², die Heizung wurde mit Gas betrieben. Nach diesem Staffelmietvertrag betrug die Nettokaltmiete ab dem 01. Dezember 2005 426,16 €. Die zu zahlenden Vorausleistungen für Nebenkosten und Heizkosten beliefen sich seit dem 01. Mai 2013 auf insgesamt 160,71 € und waren nicht aufgeschlüsselt. Der Vermieter hatte die Vorauszahlung aufgrund der im Abrechnungszeitraum 2012 tatsächlich entstandenen Kosten berechnet und mit 1/12 der Verbrauchskosten angesetzt. Es waren Heizkosten in Höhe von (i.H.v.) insgesamt 686,19 € entstanden.

 

Die Kläger beantragten erstmals am 07. April 2011 beim Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte teilte den Klägern in seinem Bescheid vom 09. Mai 2011 für den Zeitraum vom 01. Mai bis zum 31. Oktober 2011 mit, dass ihre Miete den Rahmen des Angemessenen übersteige. Für einen Zweipersonenhaushalt betrage die angemessene Bruttokaltmiete 393,25 € zzgl. 61,75 € Heizkosten. Die Angemessenheitsgrenze liege daher bei insgesamt 455,00 € Bruttowarmmiete. Den Klägern obliege die Senkung ihrer Unterkunftskosten. Die Übernahme unangemessener Kosten der Unterkunft (KdU) könne in der Regel längstens für sechs Monate ab dem Zugang dieser Kostensenkungsaufforderung erfolgen. Seit November 2011 berücksichtigte der Beklagte bei seiner Leistungsgewährung nur noch die seiner Auffassung nach angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH).

 

Zum 01. September 2013 trat die „Handlungsrichtlinie zur Übernahme von Bedarfen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Umsetzung des SGB II und des SGB XII“ vom 04. Juni 2013 (nachfolgend: KdU-Richtlinie) des Beklagten in Kraft. Nach dieser ist für den von den Klägern bewohnten Vergleichsraum für einen Zweipersonenhaushalt eine Bruttokaltmiete i.H.v. 387,00 € als angemessen anzusehen. Der Ermittlung dieses Wertes lag eine als angemessen erachtete Nettokaltmiete i.H.v. 4,75 €/m² und ein Richtwert für die Betriebskosten i.H.v. 1,20 €/m² zugrunde.

 

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Kläger vom 11. November 2013 bewilligte ihnen der Beklagte mit Bescheid vom 22. November 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (nur Leistungen zur Deckung der KdUH) für die Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Juli 2014 i.H.v. monatlich jeweils 187,75 € bzw. 187,76 €. Bei der Leistungsgewährung berücksichtigte er eine Bruttokaltmiete i.H.v. 387,00 € sowie Heizkosten i.H.v. 80,35 €. Am 22. April 2014 erstellte der Vermieter die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2013, aus der sich ein Guthaben i.H.v. 138,88 € ergab. Das Guthaben sollten die Kläger mit der nächsten Miete verrechnen. Die von den Klägern zu leistenden Vorauszahlungen für die Betriebs- und Heizkosten wurden für die Zeit ab dem 01. Mai 2014 auf insgesamt 158,54 € festgesetzt. Aus der Abrechnung ergab sich ein Heizkostenverbrauch i.H.v. 680, 47 €. Der Vermieter bescheinigte, dass ein 1/12 dieser Kosten, mithin 56,71 €, der Berechnung der Heizkostenvorauszahlung zugrunde gelegt wurde.

 

Den gegen den Bewilligungsbescheid gerichteten Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2014 zurück.

 

Hiergegen haben die Kläger am 27. Mai 2014 Klage vor dem Sozialgericht Neuruppin (SG) erhoben und die Bewilligung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts begehrt.

 

Mit Änderungsbescheid vom 21. Januar 2015 hat der Beklagte den Klägern höhere Leistungen (nur Leistungen zur Deckung der KdUH) für die Monate Januar 2014 und Juli 2014 i.H.v. monatlich jeweils 228,80 € bzw. 228,81 € bewilligt.

 

Das SG hat den Beklagten durch Urteil vom 24. September 2018 unter Änderung des Bewilligungsbescheides vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21. Januar 2015 verurteilt, den Klägern weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. April 2014 jeweils i.H.v. monatlich 16,01 €, für den Monat Juni 2014 jeweils i.H.v. 15,78 € und im Monat Juli 2014 jeweils i.H.v. 5,33 € zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen.

 

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form von KdUH. Die tatsächlichen KduH betrügen für die Kläger im Zeitraum Januar bis April 2014 monatlich 586,87 € (426,16 € Nettokaltmiete zzgl. 160,71 € Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung) sowie für Juni und Juli 2014 jeweils 584,70 € (Verringerung der Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung). Im Monat Mai 2014 betrügen die zu berücksichtigenden KdUH 445,82 €. Die für diesen Monat grundsätzlich geschuldeten Zahlungen an den Vermieter i.H.v. 584,70 € seien um das Guthaben aus der im April übersandten Abrechnung i.H.v. 138,88 € zu mindern.

Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erwiesen sich i.H.v. 499,38 € (Januar bis April 2014), i.H.v. 445,82 € (Mai 2014) sowie i.H.v. 498,91 € (Juni und Juli 2014) als angemessen und seien kopfteilig, d.h. je zur Hälfte, bei den Klägern zu berücksichtigen. Die Angemessenheitsgrenze für die Bruttokaltmiete der Kläger liege bei 442,20 €. Die seit dem 01. September 2013 geltende KdU-Richtlinie des Beklagten, welche auf dem Gutachten der F + B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für den Landkreis Oberhavel (Endbericht)“ vom Februar 2013 beruhe, genüge nicht den nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) an eine solche Betrachtung zu stellenden Anforderungen eines schlüssigen Konzepts. Das Gericht habe die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10% als angemessen zugrunde gelegt. Zudem seien die Heizkosten in tatsächlicher Höhe zu gewähren.

Die angemessene Wohnungsgröße sei für einen Zweipersonenhaushalt mit 65 m² zu bestimmen. Bedenken hinsichtlich des vom Beklagten gebildeten Vergleichsraums „S-Bahngemeinden“ mit den Gemeinden Birkenwerder, Hennigsdorf, Oranienburg, Hohen Neuendorf, Glienicke Nordbahn und Mühlenbecker Land bestünden nicht. In dem der KdU-Richtlinie zugrunde liegenden Gutachten würden folgende Kriterien für die Vergleichsraumbildung benannt: Es gebe in einigen Orten keine ausreichenden Fallzahlen für die Bildung eines statistisch sicheren Mittelwertes. Zudem seien die von den Fachdiensten des Beklagten erhobenen Mietdaten als Kriterium für die Regionalisierung genutzt worden, die räumliche Nähe, verkehrstechnische Anbindung und Erreichbarkeit, außerdem die Lage zu wirtschaftlich bedeutenden Standorten. Konkret zum Vergleichsraum der „S-Bahngemeinden“ zu führe das Gutachten aus, dass sich die betreffenden Gemeinden im Südosten des Landkreises vom Rest aufgrund der Infrastruktur, insbesondere durch den S-Bahnanschluss nach Berlin, unterschieden, zudem hätten sie ein ähnliches Mietniveau. Zwar überzeuge diese Argumentation nicht in allen Punkten, lasse sich aber mit den vom BSG aufgestellten Kriterien vereinbaren. Die Grundannahme des Gutachtens, dass eine Vergleichsraumbildung erfolge, weil in einigen Gemeinden keine ausreichenden Fallzahlen vorhanden seien, stelle sich als sachfremde Erwägung dar. Auch die Argumentation im Hinblick auf eine vergleichbare Mietstruktur könne nicht nachvollzogen werden. Die sechs genannten Gemeinden bildeten aber aufgrund ihrer räumlichen Nähe, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich. Alle Gemeinden – und nur diese im Landkreis – verfügten über einen S-Bahnanschluss nach Berlin. Sie grenzten aneinander an und seien zudem durch die S-Bahn und Regionalbahn teilweise direkt miteinander verbunden, auch verkehrten zwischen einigen der Gemeinden regelmäßig Buslinien. Dabei liege Oranienburg – anders als die anderen Gemeinden – zwar nicht direkt an der Grenze zu Berlin und außerhalb des Autobahnrings, dennoch sei auch wegen der direkten Anbindung an den Autobahnring über die als Kraftfahrstraße ausgebaute B 96, der S-Bahn- und Regionalbahnverbindung nach Berlin und zu den anderen Gemeinden noch von einem homogenen Lebensraum auszugehen. Dabei verkenne die Kammer nicht, dass die Gemeinde Oranienburg über große ländliche Gebiete verfüge, sodass zwar die Stadt an sich an die S-Bahn angebunden sei, weite Teile des Gemeindegebiets aber nicht. Dies hindere jedoch nicht die Annahme eines homogenen Lebensraumes, denn anderenfalls müsste die Gemeinde selbst in verschiedene Lebensräume untergliedert werden, was sich aber – da diese noch ausreichend groß sein sollten – bei der im Jahr 2011 ca. 41.500 Einwohner umfassenden Gemeinde verbiete.

Der angemessene Quadratmeterpreis sei vom Beklagten jedoch nicht nach einem schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG bestimmt worden. Der Beklagte habe schon das Berechnungselement der Nettokaltmiete nicht ordnungsgemäß ermittelt. Die Datenerhebung sei nicht in ausreichendem Maß über den gesamten Vergleichsraum erfolgt. Der Beklagte habe zu Unrecht auf das arithmetische Mittel der Daten für die Baualtersklasse von 1950 bis 1990 abgestellt. Das Konzept des Beklagten gewährleiste ferner nicht, dass die erhobenen Daten ein hinreichend aktuelles Abbild des Wohnungsmarktes darstellten. Letztlich ergebe sich aus dem Gutachten selbst, dass Wohnungen zu den festgelegten Angemessenheitsgrenzen nicht in ausreichendem Maße verfügbar gewesen seien.

Die Kammer lege als Angemessenheitsgrenze die in § 12 Abs. 1 des Wohngeldgesetzes in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (WoGG) festgelegten Höchstbeträge für die Miete unter Berücksichtigung der Anzahl der Haushaltsmitglieder und der jeweils gültigen Mietenstufe zugrunde. Unter Berücksichtigung eines als angemessen erachteten Sicherheitszuschlages i.H.v. 10 % und der Mietenstufe III ergebe sich bei einem Zweipersonenhaushalt eine Angemessenheitsgrenze i.H.v. 442,20 € (110 % von 402,00 €). Der Rückgriff auf die Werte der Wohngeldtabelle sei vorliegend gerechtfertigt, weil ein Erkenntnisausfall vorliege. Der beklagte Grundsicherungsträger habe weder auf Aufforderung durch das Gericht ein schlüssiges Konzept vorgelegt noch dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage verschafft und die unterbliebene Datenerhebung und Aufbereitung nachgeholt habe. Lägen aber keine Ermittlungsergebnisse vor, bräuchten insbesondere für – wie hier - weiter zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen nachträglich durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen sei in diesen Fällen begrenzt. Der Beklagte habe dem erkennenden Gericht das seiner KdU-Richtlinie zugrunde liegende Gutachten vorgelegt bzw. das Gericht habe das ihm aus anderen Verfahren bekannte Gutachten im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht zum vorliegenden Verfahren beigezogen und in das Verfahren eingeführt. Es habe zudem auf die fehlende Aktualität der Datenerhebung, Fehler bei der Datenauswertung und Bedenken hinsichtlich der tatsächlichen Verfügbarkeit nach der Richtlinie angemessenen Wohnraums hingewiesen. Eine Nachlieferung von Daten durch den Beklagten sei weder erfolgt noch angekündigt worden. Aufgrund der dem Gericht vorliegenden Daten könne für den maßgeblichen, längst vergangenen, Zeitraum eine Angemessenheitsgrenze nicht ermittelt werden. Dies scheitere bereits daran, dass das Gutachten ausschließlich Bestandsdaten ausgewertet und keine aktuellen Daten zugrunde gelegt habe. Es lägen dem Gericht keinerlei Erkenntnisse dazu vor, wie lange die ausgewerteten Mietverhältnisse schon bestanden hätten. Das Gericht könne zur Aktualisierung und Anpassung der Daten an die aktuellen Mietverhältnisse auch nicht auf die zur Plausibilitätskontrolle im Gutachten niedergelegten Daten zu den Angebotsmieten und Neuvermietungen zurückgreifen. Diese Daten würden im Gutachten nicht im Bezug auf die einzelnen Gemeinden, sondern nur für den gesamten Vergleichsraum wiedergegeben. Da zu vermuten sei, dass – wegen der Rückmeldung nur durch bestimmte Vermieter – auch hier kaum Daten der Gemeinden Birkenwerder, Hohen Neuendorf, Mühlenbecker Land und Glienicke Nordbahn eingeflossen seien, könne mangels gleichmäßiger Erhebung im Vergleichsraum durch einen Rückgriff auf die abgebildeten Werte kein sicherer Schluss auf die angemessene Miete erfolgen. Zudem würden im Gutachten keine Feststellungen dazu getroffen, welchen Standard die Wohnungen, zu welchen die Neuvermietungswerte und Angebotsmieten erhoben worden seien, hätten. Es könne daher nicht festgelegt werden, ob auch diesbezüglich auf den Spannenoberwert, -mittelwert oder aber sogar einen darunterliegenden Wert abzustellen sei. Schließlich liege für die Gemeinde Birkenwerder auch kein qualifizierter Mietspiegel vor, auf dessen Daten zurückgegriffen werden könnte.

Die Kammer ziehe die Angemessenheitsgrenze bei den in § 12 Abs. 1 WoGG für die Mietenstufe III vorgesehenen Höchstwerten. Für die hier betroffene Gemeinde Birkenwerder sei in der Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung keine eigene Mietenstufe ausgewiesen. Nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 WoGG sei eine entsprechende Festlegung unterblieben, weil die Gemeinde Birkenwerder weniger als 10.000 Einwohner besitze. Sie sei vielmehr mit den anderen Gemeinden, die ebenfalls eine geringere Einwohnerzahl als 10.000 € aufwiesen, und gemeindefreien Gebieten nach Kreisen zusammengefasst worden. Für den betreffenden Landkreis Oberhavel sei für solche Gemeinden die Mietenstufe II vorgesehen. Unter Berücksichtigung der hier gegebenen regionalen Verhältnisse werde diese pauschale kreisbezogene Festlegung jedoch nicht als repräsentativ angesehen. Nach der Rechtsprechung des BSG seien besondere regionale Verhältnis auch beim Rückgriff auf die zu § 12 WoGG erlassene Tabelle nicht außer Acht zu lassen. Unter Berücksichtigung der regionalen Besonderheiten sei vorliegend die Mietenstufe III zugrunde zu legen. Zwar sei die Gemeinde Birkenwerder von der Gemeinde Hohen Neuendorf, für welche die Mietenstufe IV vorgesehen sei, quasi örtlich umschlossen. Dies führe jedoch nicht zu einer Festlegung derselben Mietenstufe. Die Kammer berücksichtige dabei, dass – soweit von der nach dem WoGG für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl unter 10.000 ermittelten Mietenstufe abgewichen werden solle – nicht allein auf die konkreten Gegebenheiten der bewohnten Gemeinde abzustellen sei, sondern – wie bei der Ermittlung von Angemessenheitswerten im Übrigen – der örtliche Vergleichsraum maßgebend sei. Bei einer entsprechenden Betrachtung könne nicht allein die Gemeinde Hohen Neuendorf und deren Mietenstufe IV als für die Verhältnisse im Vergleichsraum repräsentativ angesehen werden. Der vom Beklagten in nicht zu beanstandender Weise gebildete Vergleichsraum, innerhalb dessen ein Umzug grundsätzlich zumutbar sei, umfasse neben den Gemeinden Birkenwerder und Hohen Neuendorf die Gemeinden Oranienburg, Hennigsdorf, Glienicke Nordbahn und Mühlenbecker Land. Für Oranienburg und Hennigsdorf sei im hier interessierenden Zeitraum jeweils die Mietenstufe III und für die Gemeinden Glienicke Nordbahn und Mühlenbecker Land die Mietenstufe IV vorgesehen. Es stelle sich daher eindeutig ein vom übrigen Landkreis, für den die Mietenstufe II vorgesehen sei, abweichendes Bild dar. Prägend für den hiesigen Vergleichsraum sei nach Auffassung der Kammer insgesamt die Mietenstufe III. Die erkennende Kammer habe dabei maßgeblich auf die Anzahl der jeweiligen Einwohner abgestellt. Nach den beim Statistischen Bundesamt zum 31. Dezember 2016 verfügbaren Daten habe die Gemeinde Hohen Neuendorf über 25.696, die Gemeinde Oranienburg über 44.079, die Gemeinde Hennigsdorf über 26.139, die Gemeinde Glienicke Nordbahn über 12.159 und die Gemeinde Mühlenbecker Land über 14.823 Einwohner verfügt. Damit hätten in dem der Mietenstufe III zugeordneten Bereich 70.215 Personen (53,6 % der Einwohner) und in dem der Mietenstufe IV zugeordneten Bereich 52.678 Person (40,2 % der Einwohner) gelebt. Somit sei der Vergleichsraum überwiegend durch die Zuordnung der Mietenstufe III geprägt. Etwaige Besonderheiten in der Mietstruktur könnten durch den Sicherheitszuschlag i.H.v. 10 % abgefedert werden. Das Gericht habe auch keine Bedenken, dass zu diesem Mietpreis, der einer Nettokaltmiete von etwa 5,60 €/m² entspreche, im streitgegenständlichen Zeitraum angemessener Wohnraum verfügbar gewesen sei. Dies ergebe sich nach Betrachtung der in dem Gutachten der F + B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH vom Februar 2013 erhobenen Daten zu Neuvermietungen und Mietangeboten (für eine Wohnungsgröße von 50 bis 65m² 5,12 €/m² bis zu 7,24 €/m²).

Die Aufwendungen für den Heizbedarf der Kläger seien in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Die Pauschale für die Heizkostenvorauszahlung habe der Vermieter in seinen jährlich erstellten Abrechnungen nicht gesondert angegeben, sondern einen Gesamtwert für die Heiz- und Betriebskostenvorauszahlungen gefordert. Aus der Betriebskostenabrechnung vom 20. März 2013 für das Jahr 2012 ergebe sich, dass der Vermieter den Gesamtbetrag der Heiz- und Betriebskosten als Berechnungsgrundlage für die Vorauszahlungen gewählt und diesen Betrag durch zwölf Monate geteilt habe. Das Gericht lege daher für die monatliche Heizkostenvorauszahlung für den Zeitraum Januar bis April 2014 einen Betrag in Höhe von 1/12 der in 2012 entstandenen Heizkosten i.H.v. 686,19 €, mithin i.H.v. 57,18 € zugrunde. Für den Zeitraum ab Mai 2014 ergebe sich nach dieser Berechnung ein Betrag i.H.v. 56,71 €. Diese Heizkosten seien als angemessen anzusehen.

Den Klägern sei schließlich die Senkung der KdUH auf das angemessene Maß im streitgegenständlichen Zeitraum auch zumutbar gewesen. Die Kläger seien bereits mit dem Bewilligungsbescheid vom 09. Mai 2011 erstmals auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen worden. Daraus habe sich ergeben, dass der Beklagte von einer angemessenen Bruttokaltmiete für einen Zweipersonenhaushalt i.H.v. 393,25 € ausgegangen sei. Damit habe er die Kläger über die aus seiner Sicht bestehende Rechtslage hinreichend informiert. Dass dieser Wert nicht der nunmehr zugrunde gelegten Angemessenheitsgrenze von 442,20 € entsprochen habe, stehe der Zumutbarkeit der Kostensenkung nicht entgegen. Den Klägern sei der Wohnungswechsel auch nicht aus sonstigen Gründen unzumutbar gewesen. Soweit die Kläger vorgetragen hätten, der Kläger zu 2 habe unter erheblichen Einschränkungen gelitten, die ein Verbleiben in der konkreten Wohnung medizinisch notwendig gemacht hätten, sei die Kammer vom Vorliegen solcher Gründe nicht überzeugt. Die von den Klägern hierzu eingereichten ärztlichen Bescheinigungen aus Juli 2014 und Februar 2015 genügten hierfür nicht.

Da die Kläger insgesamt höhere Leistungen begehrten, habe das Gericht auch die weiteren Leistungsvoraussetzungen geprüft. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass sich seit dem 01. Juli 2014 die Rente des Klägers zu 2 erhöht und insoweit die Hilfebedürftigkeit verringert habe. Dies habe der Beklagte bei seinen Berechnungen bisher unbeachtet gelassen. Für die Kläger ergäben sich daher für den Zeitraum vom 01. Januar bis 30. April 2014 weitere Ansprüche in Höhe der Differenz der angemessenen KdUH i.H.v. 249,69 € (die Hälfte von 499,38 €) und der gewährten KdUH i.H.v. 233,67 € (die Hälfte von 467,35 €) i.H.v. 16,01 €. Im Mai 2014 hätten die tatsächlich zu berücksichtigenden Kosten mit 445,82 € unter den vom Beklagten bereits berücksichtigten Kosten gelegen. Eine Nachgewährung habe daher nicht zu erfolgen. Für die Monate Juni und Juli 2014 betrage die Differenz zwischen den angemessenen und den tatsächlich gewährten KdUH für jeden Kläger monatlich 15,78 €. Hiervon seien im Juli 2014 jedoch je Kläger nur 5,33 € zu gewähren, da von dem erhöhten Bedarf die bisher unberücksichtigt gebliebene Einkommenserhöhung i.H.v. 10,45 € je Kläger in Abzug zu bringen sei.

 

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 18. Oktober 2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. November 2018 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingegangene Berufung der Kläger, mit welcher sie höhere Leistungen zur Deckung der KdUH erstreben. Das SG habe verkannt, dass nicht nur – wie letztlich ausgeurteilt – von den Mietenstufe III auszugehen sei, sondern am Wohnort der Kläger von der Mietenstufe IV. Das SG habe insoweit einen Vergleichsraum gebildet und im Übrigen auch die Städte Oranienburg und Hennigsdorf hierfür herangezogen. Sodann sei es quasi nach Bildung eines arithmetischen Mittels dazu gelangt, dass dann auch unter Berücksichtigung der „S-Bahngemeinden“ wie Hohen Neuendorf, Glienicke Nordbahn und Mühlenbecker Land die Mietenstufe III heranzuziehen sei. Dies halte einer rechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand, da es sich bei der Gemeinde Birkenwerder um einen Sonderfall handele. Diese werde räumlich fast vollständig eingeschlossen durch die Stadt Hohen Neuendorf und ihre angegliederten Gemeinden Borgsdorf und Bergfelde. Die Stadt Hohen Neuendorf mit ihren eingemeindeten Ortsteilen sei ebenso wie Birkenwerder eine reine „Gartenstadt“ und geprägt durch eine überwiegende Bebauung mit Einfamilienhäusern und Villen mit großem Gartenanteil sowie vereinzelten Mehrfamilienhäusern. Stadtzentren, wie sie üblicherweise in größeren Städten anzutreffen seien, existierten nicht. Eine mit mittleren Städten vergleichbare Infrastruktur gebe es ebenso wenig. Erst seit kurzem sei in der Stadt Hohen Neuendorf ein öffentlicher Personennahverkehr in Form einer Buslinie eingerichtet. In Birkenwerder fehle ein solcher Anschluss, abgesehen von dem S-Bahn-Anschluss, vollständig. In der Eigenart der städtischen bzw. gemeindlichen Bebauung sowie anhand der Infrastruktur und unmittelbaren Angrenzung des Siedlungsgebietes an die Berliner Stadtgrenze könnten die Orte Hohen Neuendorf, Bergfelde, Borgsdorf und Birkenwerder direkt als Ausläufer der Berliner Siedlungsstruktur eingestuft werden. Insofern seien die Orte nicht zu vergleichen mit Städten wie Hennigsdorf bzw. Oranienburg, die jeweils eine gewachsene Siedlungsstruktur als Stadt aufwiesen. Oranienburg und Hennigsdorf verfügten ferner im Gegensatz zu Birkenwerder und Hohen Neuendorf mit seinen eingemeindeten Gebieten über ein ausgebautes öffentliches Personennahverkehrsnetz, reichhaltige Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungen sowie Gewerbe in umfassender Form und Industrieansiedlungen. Die S-Bahn-Gemeinden dienten insbesondere seit dem Mauerfall als „Schlafstädte“ bzw. als Wohnorte des gehobenen Standards für Bürgerinnen und Bürger, die überwiegend in Berlin tätig seien. Dies spiegele sich in der Grundstückssituation und den Grundstückspreisen wider, die nicht vergleichbar seien mit den Grundstückspreisen und der Grundstückssituation in Hennigsdorf bzw. Oranienburg. Zudem sei aufgrund der geographischen Lage von Birkenwerder und Hohen Neuendorf einschließlich seiner eingemeindeten Gebiete ein weiterer Zuzug fast ausgeschlossen. Zum Stadtzentrum Berlin betrage die Fahrstrecke mit dem Pkw ca. 25 Minuten und mit der S-Bahn ca. 30 Minuten. Weder Oranienburg noch Hennigsdorf litten unter einem Gebietsmangel. Hinsichtlich der Verkehrssituation sei unter Umständen Vergleichbarkeit gegeben, allerdings werde diese durch die Zeitkomponente wieder entwertet, da von beiden Orten ein längerer Anfahrtsweg zum Berliner Stadtzentrum anfalle. Auch diese Aspekte spiegelten sich sodann in den Grundstücks- bzw. Mietpreisen wider. Insoweit hätte ein Vergleich der S-Bahn-Gemeinden mit den Städten Oranienburg und Hennigsdorf durch das SG nicht stattfinden dürfen. Vielmehr hätte das SG tatsächlich nur die sogenannten S-Bahn-Gemeinden nehmen dürfen, die tatsächlich aufgrund ihrer Siedlungsstruktur, der Bevölkerungsstruktur und der Berlin-Nähe sowie der Anbindung zu Autobahn bzw. S-Bahn untereinander vergleichbar seien.

 

Die Kläger beantragen,

 

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. September 2018 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsescheides vom 25. April 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21. Januar 2015 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihnen für die Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Juli 2014 höhere Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II auf der Grundlage von Mietenstufe IV zu bewilligen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Der Beklagte hat die von ihm am 14. November 2018 erhobene Berufung zurückgenommen. Grundsätzlich sei aus seiner Sicht von der in der Wohngeldtabelle vorgesehenen Mietenstufe auszugehen. Er räume jedoch ein, dass unter Beachtung der Rechtsprechung des BSG im konkreten Fall die Mietenstufe III gerechtfertigt werden könne. Für den Ansatz der Mietenstufe IV sehe er hingegen keinerlei Grundlage.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

 

A. Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Zwar beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes lediglich 216,00 € ([478,50 - 442,20 €] x 6) und übersteigt damit nicht den Betrag des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Das LSG ist jedoch an die Zulassung der Berufung im angefochtenen Urteil gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

 

B. Die Berufung ist aber unbegründet.

 

Streitgegenständlich sind das Urteil des SG vom 24. September 2018 sowie der Bescheid des Beklagten vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsescheides vom 25. April 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21. Januar 2015

 

Die Kläger haben keinen Anspruch auf über die ihnen vom SG in der angefochtenen Entscheidung zugesprochenen Leistungen hinausgehende Leistungen zur Deckung ihrer KdUH in der Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Juli 2014. Das Urteil des SG vom 24. September 2018 ist nicht zu beanstanden.

 

Die Kläger haben den Streitgegenstand ausdrücklich und zulässig auf die Höhe der Leistungen zur Deckung der Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt. Zwar sind bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Gleichwohl kann ein Bescheid mehrere abtrennbare Verfügungen wie beispielsweise die Bewilligung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II enthalten (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. etwa Urteile vom 03.09.2020 – B 14 AS 2/19 R – juris Rn. 11; vom 17.02.2016 – B4 AS 12/15 R – juris Rn. 10; vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R -; vom 05.06.2014 - B 4 AS 32/13 R – und vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 R – ebenfalls jeweils juris.

 

I. Die Klägerin zu 1 war im streitgegenständlichen Zeitraum grundsätzlich anspruchsberechtigt im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung (im Folgenden a.F.). Leistungen nach dem SGB II erhalten danach Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin zu 1 im streitigen Zeitraum. Der Kläger zu 2, der zum damaligen Zeitpunkt bereits Rente wegen voller Erwerbsminderung bezog, erfüllte zwar nicht die Voraussetzung des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II a.F., hatte jedoch nach §§ 7 Abs. 2 Satz 1, 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. einen Anspruch auf Sozialgeld, weil er mit der erwerbsfähigen Klägerin zu 1 in Bedarfsgemeinschaft lebte (§ 7 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F.). Das von dem Kläger zu 2 erzielte Einkommen aus Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. 827,84 € bzw. 848,74 €, das nach § 9 Abs. 2 Satz 1, Satz 3 SGB II auch auf den Bedarf der Klägerin zu 1 nach Bereinigung bedarfsmindernd anzurechnen war, war nicht ausreichend, um den Gesamtbedarf der Kläger (2 x Regelbedarf für Partner i.H.v. 353,00 € zzgl. tatsächliche KdUH i.H.v. maximal 586,87 €) zu decken.

 

II. In welchem Umfang einem Leistungsberechtigten Leistungen zur Deckung der KdUH zustehen, bestimmt sich nach §§ 19 Abs. 1 Satz 3, 22 SGB II a.F. Die im Ausgangspunkt zu berücksichtigenden tatsächlichen monatlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung werden im Rahmen der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II) bzw. Sozialgeld (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II) in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Bei Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen – wie hier - werden die Aufwendungen grundsätzlich nach Kopfteilen auf die nutzenden Personen aufgeteilt (sogenanntes Kopfteilprinzip).

 

Zutreffend hat das SG die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für ihre KdUH im Zeitraum Januar bis April 2014 auf monatlich 586,87 € (426,16 € Nettokaltmiete zzgl. 160,71 € Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung), für Mai 2014 auf 445,82 € sowie für Juni und Juli 2014 auf monatlich 584,70 € (aufgrund der Verringerung der Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung) bestimmt. Im Monat Mai 2014 waren die für diesen Monat grundsätzlich geschuldeten Zahlungen an den Vermieter i.H.v. 584,70 € um das Guthaben aus der im April übersandten Abrechnung i.H.v. 138,88 € zu mindern (§ 22 Abs. 3 SGB II).

 

Ebenso zutreffend ist das SG zu dem Schluss gelangt, der von dem Beklagten seiner Leistungsbewilligung zugrunde gelegten Angemessenheitswert i.H.v. 387,00 € für die Bruttokaltmiete werde den Vorgaben des BSG an die Ermittlung der Angemessenheit von Kosten für Unterkunft nicht gerecht.

 

1. Die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R u.a. – juris Rn. 20 sowie vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R – juris Rn. 20): Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept, Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten.

 

a) Als angemessene Wohnfläche hat das SG im streitigen Zeitraum in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht des Landes Brandenburg zutreffend eine solche von bis zu 65m² für eine Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft zugrunde gelegt (Nr. 4.1 der Brandenburgischen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Stadtentwicklung, wohnen und Verkehr zum Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoFGWoBindG) vom 15. Oktober 2002).

 

b) Dem SG ist auch insoweit zu folgen, als der vom Beklagten gebildeten Vergleichsraum „S-Bahngemeinden“ (Birkenwerder, Hennigsdorf, Hohen Neuendorf, Glienicke Nordbahn und Mühlenbecker Land) unter Zugrundelegung der maßgebenden Rechtsprechung des BSG (vgl. zuletzt Urteil vom 05. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 20 ff.) nicht zu beanstanden ist.

 

Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln und innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist sowie ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R – juris Rn. 22). Der Vergleichsraum ist ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R – a.a.O.). Persönliche Umstände wie etwa das (nähere) soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder, Alleinerziehender oder behinderter oder pflegebedürftiger Menschen bzw. der sie betreuenden Familienangehörigen begründen hingegen keine abweichende Bestimmung des maßgeblichen Vergleichsraumes (BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R – juris Rn. 21).

 

Das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters – hier der Landkreis Oberhavel - bildet grundsätzlich einen Vergleichsraum, der indes aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein kann, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R – a.a.O. Rn. 23). Dies ergibt sich aus der in § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II enthaltenen Wertung, wonach die Kreise und kreisfreien Städte ihr Gebiet in mehrere Vergleichsräume unterteilen können, für die sie jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmen. Zwar hat der Gesetzgeber in den §§ 22a bis 22c SGB II keine Vorgaben für die Erstellung schlüssiger Konzepte gemacht, sondern lediglich für die Erstellung der dort geregelten Satzungen. Die dortigen Vorgaben können allerdings orientierende Wirkung auch für die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dahingehend haben, dass Kriterien, die der Gesetzgeber für die Erstellung von Satzungen legitimiert hat, auch legitime Kriterien für die Erstellung schlüssiger Konzepte sind (BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R – juris Rn. 33).

 

Als solche örtlichen Gegebenheiten kommen weniger unterschiedliche Landschaften, sondern eher räumliche Orientierungen, wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen, sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in Betracht (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R – a.a.O. Rn. 23). Zu einer eigenen Festlegung des Vergleichsraums ist das Gericht dabei nicht befugt (BSG a.a.O. Rn. 31). Insbesondere ist es, wenn das zuständige Jobcenter von einem Vergleichsraum für den gesamten Landkreis ausgeht, nicht zulässig, dass das Gericht diesen Vergleichsraum unterteilt und z.B. jede einzelne Kommune im Landkreis als eigenen Vergleichsraum ansieht (BSG a.a.O.).

 

Soweit das BSG es bei Großstädten für möglich erachtet hat, dass ein gesamtes Stadtgebiet einen Vergleichsraum bildet (für München BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R – juris Rn. 21 f.; für Berlin BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R – juris Rn. 24), ist dies auf (kleinere) Städte in Flächenlandkreisen nicht ohne Weiteres übertragbar (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R - juris Rn. 17). Für die Rechtsprechung zu kleineren, aber kreisfreien Städten mit ca. 35.000 Einwohnern (BSG vom 20.08.2009 - B 14 AS 65/08 R – juris Rn. 15 für Zweibrücken) gilt das Gleiche. Eine kleinteiligere Unterteilung eines Landkreises darf nicht die angeführten Entscheidungen zu (Groß-)Städten in ihr Gegenteil verkehren, weil aus eher großen eher kleinteilige Vergleichsräume werden, und erfordert eine eingehende Würdigung verschiedener Faktoren, die dem Jobcenter aufgrund der Methodenvielfalt vorbehalten ist (BSG, Urteile vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R – a.a.O. Rn. 33; Urteil vom 05.08.2021 – B 4 AS 82/20 R –, juris Rn. 24).

 

Nach diesen Kriterien ist der vom Beklagten vorliegend gebildete Vergleichsraum „S-Bahngemeinden“ (Birkenwerder, Hennigsdorf, Oranienburg, Hohen Neuendorf, Glienicke Nordbahn und Mühlenbecker Land) letztlich nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Soweit die Kläger letztlich die – tatsächlich nicht vom SG, sondern vom Beklagten durchgeführte – Vergleichsraumbildung für falsch erachten und meinen, es hätten nur diejenigen so genannten S-Bahngemeinden herangezogen werden dürfen, die tatsächlich aufgrund ihrer Siedlungsstruktur, Bevölkerungsstruktur und Berlinnähe sowie der Anbindung zur Autobahn, Flughafen und öffentlichem Personennahverkehr untereinander vergleichbar seien, ist dem nicht zu folgen. Denn bei allen Unterschieden im Detail teilen die von dem Beklagten in den Vergleichsraum einbezogenen Gemeinden – wie das SG aufgezeigt hat – gerade wesentliche Merkmale, insbesondere die Anbindung an die S-Bahn nach Berlin, die das Pendeln nach Berlin zur Arbeit und zurück erleichtert. Ziel der Vergleichsraumbildung kann es nicht sein, ausschließlich mehr oder minder identische Lebensräume zu vereinen, denn dies führte zu einer immer kleinteiligeren Aufteilung in Vergleichsräume, die die Rechtsprechung des BSG zu Großstädten wie Berlin in ihr Gegenteil verkehren würde. Wenn die Kläger betonen, dass insbesondere Oranienburg über eine Siedlungsstruktur als Mittelstadt mit einem echten Stadtkern verfügt, so berücksichtigt dies nicht, dass das Gemeindegebiet auch die Randbezirke erfasst, die – etwa um den Pinnower See herum – sich nicht wesentlich von der in Hohen Neuendorf oder Birkenwerder vorrangig vorhandenen Einfamilienhausstruktur unterscheiden.

 

c) Das SG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das für diesen Vergleichsraum erstellte Konzept des Beklagten nicht den Mindestanforderungen an die Schlüssigkeit von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB II entspricht und im Ergebnis eine Nachbesserung wegen Zeitablaufs nicht mehr erfolgen kann.

 

Nach den Grundsätzen, welche die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG im Zusammenhang mit der Feststellung eines Ausfalls der lokalen Erkenntnismöglichkeiten entwickelt haben, ist die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein Konzept auf Anforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet er ohne ein solches schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 2. Halbs. SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (so schon: BSG, Urteile vom 16.06.2015 – B 4 AS 44/14 R – juris Rn. 19; vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R – juris Rn. 24; vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R – juris Rn. 21; vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R – juris Rn. 25). Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann.

 

Ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Netto- oder Bruttokaltmiete erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum unter Beachtung von mehreren, von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Mindestvoraussetzungen, die auch die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung betreffen (BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R juris  Rn. 27 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des BSG soll das schlüssige Konzept die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist.

 

Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. etwa BSG, Urteil vom 05.08.2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 34):

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;

- Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße);

- Angaben über den Beobachtungszeitraum;

- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel);

- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;

- Validität der Datenerhebung;

- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;

- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

 

Das SG ist zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. Insbesondere müssen nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 R – juris Rn. 22) bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze auch Angebotsmieten einbezogen werden. Die F + B GmbH hat in ihrem Endbericht vom Februar 2013 jedoch ausschließlich Bestandsmieten erhoben (7, 15 ff. Endbericht 2013). Auch die in dem Endbericht 2013 „ausgewerteten“ Leerstände (Seite 31) ändern nichts daran, dass eine Einbeziehung von Angebotsmieten nicht erfolgt ist. Die Tatsache, dass statistisch gesehen geringe Leerstände zu verzeichnen waren, bedeutet nicht, dass es nicht zu Neuvermietungen gekommen wäre. Lediglich bei der „Feststellung der konkreten Angemessenheit“ (31 ff. Endbericht 2013) hat sie eine „Ermittlung der durchschnittlichen Nettokaltmieten für die im letzten Jahr neu vermieteten Wohnungen“ durchgeführt (Zeitraum zwischen Juli 2010 und Juni 2011), wobei diese Ermittlung am Tag des Inkrafttretens der KdU-Richtlinie am 04. Juni 2010 bereits veraltet war, jedenfalls nicht mehr gewährleistete, dass zu dem festgesetzten Angemessenheitswert Wohnungen im Vergleichsraum tatsächlich vorhanden waren. Im Übrigen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Ausführungen des SG in den Gründen der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).

 

d) Das SG hat – ebenso wie das LSG – den Beklagten erfolglos dazu aufgefordert, sein Konzept unter Beachtung der vom SG sowie vom LSG geäußerten Beanstandungen - ggf. nach weiteren eigenen Ermittlungen – nachzubessern. auszuräumen. Soweit der Beklagte in seiner Stellungnahme vom 22. August 2019 auf einen „Mietspiegel“ für Birkenwerder Bezug genommen hat, ist ein solcher tatsächlich nicht existent. Vor diesem Hintergrund und angesichts der mangelnden erhobenen Daten seitens der F + B GmbH sowie des langen Zeitablaufs ist das SG in nicht zu beanstandender Weise von einem Ausfall weiterer Erkenntnismöglichkeiten ausgegangen, bevor es auf die Werte der Wohngeldtabelle zurückgegriffen hat, was nach der neueren Rechtsprechung des BSG immer dann der Fall ist, wenn es dem Jobcenter nicht gelingt, die Beanstandungen des Gerichts auszuräumen und - wie hier - ein Rückgriff des Gerichts auf einen Mietspiegel als Datengrundlage ausscheidet (vgl. etwa BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R – juris Rn. 29 f.).

 

Der Erkenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl. eines Sicherheitszuschlags von 10% nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich (BSG, Urteile vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris Rn. 25 ff.; vom 03.09.2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 38 f.; vom 21.07.2021 – B 14 AS 31/20 R – juris Rn. 34).

 

Insofern hat das SG zu Recht aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum „S-Bahngemeinden“ die Mietenstufe III und nicht die Mietenstufe II oder – wie von den Klägern begehrt – die Mietenstufe IV herangezogen. Unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages i.H.v. 10 % hat das SG zutreffend die Angemessenheitsgrenze für die Bruttokaltmiete unter Zugrundelegung dieser Mietenstufe III der Anlage zu § 1 Abs. 3 der WoGV für einen Zweipersonenhaushalt in Birkenwerder mit 442,20 € bestimmt.

 

Auch bei einem Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 Abs. 1 WoGG müssen die regionalen Verhältnisse einfließen. Das BSG hat seine Rechtsprechung zur hilfsweisen Heranziehung dieser Tabellenwerte bezogen auf Vergleichsräume, in denen für die Wohngemeinde nicht zugleich eine eigene Mietenstufe festgelegt worden ist, insoweit konkretisiert (BSG, Urteil vom 16.6.2015 – B 4A S 44/14 R – juris Rn 28 f.).

 

§ 12 Abs. 1 WoGG sieht monatliche Höchstbeträge für Miete und Belastung nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und der jeweils gültigen Mietstufe vor. Das Mietenniveau wird vom Statistischen Bundesamt allerdings nur für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von 10.000 und mehr gesondert festgestellt und bei einer Einwohnerzahl von weniger als 10.000 und gemeindefreien Gebieten nach Kreisen zusammengefasst ausgewiesen (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1 WoGG). Dem folgend hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats in der WoGV i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2001 (BGBl. I, 2722) für alle Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland Mietstufen festgelegt (vgl. § 38 Nr. 2 WoGG). Das Mietenniveau ist die durchschnittliche prozentuale Abweichung der Quadratmetermieten von Wohnraum in Gemeinden (bzw. Landkreisen) vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (§ 12 Abs. 2 Satz 2 WoGG bzw. § 12 Abs. 4 Satz 1 WoGG in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung). Die insgesamt sechs Mietstufen für Gemeinden unterscheiden sich damit nach bestimmten, unterschiedlichen Abweichungsstufen der Quadratmetermieten von Wohnraum in den Gemeinden (bzw. Kreisen) nach § 12 Abs. 3 Satz 1 WoGG vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet.

 

Bezogen auf den hier maßgebenden örtlichen Vergleichsraum ist im streitigen Zeitraum für die Gemeinden Hohen Neuendorf, Glienicke/Nordbahn und Mühlenbecker Land als Mietenniveau aufgrund der Auswertung der Wohngeldstatistik durch das Statistische Bundesamt (vgl. § 12 Abs. 4 WoGG) die Mietenstufe IV sowie für die Gemeinden Hennigsdorf und Oranienburg die Mietenstufe III gesondert festgestellt worden. Entsprechend § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WoGG ist wegen einer Einwohnerzahl von unter 10.000 im Vergleichsraum für die Wohngemeinde der Kläger Birkenwerder hingegen kein eigenständiges Mietenniveau bestimmt worden. Vielmehr wird das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Oberhavel, also die Mietenstufe II, zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung der hier gegebenen regionalen Verhältnisse ist auch der Senat davon überzeugt, dass für die Wohngemeinde der Kläger Mietenstufe III heranzuziehen ist. Dabei ist wertend einzubeziehen, dass die Bemessung der zuschussfähigen Höchstbeträge für die Miete im Rahmen des Wohngeldrechts - anders als bei den angemessenen Kosten der Unterkunft nach dem SGB II - nicht allein nach dem Mietenniveau im Vergleichsraum bzw. den regionalen Wohnungsmärkten erfolgt, sondern maßgeblich (auch) von der Zuordnung zu Gemeindegrößenklassen abhängig ist (BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris Rn. 25; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.12.2018 – L 7 AS 4457/16 – juris Rn. 45). Entscheidend ist dabei, dass für den von dem Beklagten selbst rechtlich zulässig gebildeten örtlichen Vergleichsraum „S-Bahngemeinden“ die räumliche Nähe zu Berlin, insbesondere mit der guten Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr in Gestalt der S-Bahn sowie Regionalbahn nach und von Berlin sowie an Bundesautobahnen und große Bundestraßen, und damit einhergehend auch der Anbindung der Wohnbevölkerung an den Arbeitsmarkt von Berlin prägend ist. Dies unterscheidet diesen Vergleichsraum maßgeblich vom übrigen Landkreis Oberhavel. Diese prägenden Besonderheiten der in dem Vergleichsraum „S-Bahngemeinden“ zusammengefassten Gemeinden werden – wie das SG zutreffend dargelegt hat - durch die beiden einwohnerstärksten Gemeinden des Vergleichsraums Oranienburg und Hennigsdorf (insgesamt zum 01. Januar 2014 nach dem Statistischen Bericht A I 4, A V 2 – j/14 „Bevölkerungsentwicklung und Flächen der kreisfreien Städte, Landkreise und Gemeinden im Land Brandenburg 2014“ des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg: 67.828; dies entspricht 53,5% der Gesamtbevölkerung des Vergleichsraums von 126.784) repräsentiert und findet in der Zuordnung zur Mietenstufe III seinen Niederschlag. Daran ändern die von den Klägern in den Vordergrund gerückten Unterschiede hinsichtlich Siedlungs- und Infrastruktur zwischen Oranienburg sowie Hennigsdorf auf der einen Seite und Birkenwerder auf der anderen Seite andererseits nichts. Es kommt nach der Rechtsprechung des BSG gerade nicht allein auf die Verhältnisse in Birkenwerder und dem diese Gemeinde umschließenden Hohen Neuendorf und die geographischen Gegebenheiten, sondern auf die Prägung des Vergleichsraums an.

 

2. Die Aufwendungen der Kläger für Heizkosten – Januar bis April 2014 monatlich 57,18 € sowie ab Mai 2014 monatlich 56,71 € - sind in tatsächlicher Höhe vom Beklagten zu übernehmen. Die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten muss getrennt von derjenigen der Bruttokaltmiete erfolgen (BSG, Urteile vom 16.16.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris Rn. 32; vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R - juris Rn. 18). Dabei gilt der Grundsatz, dass ein Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten tatsächlichen Aufwendungen besteht, soweit diese angemessen sind. Bedarfsrelevant sind allein die zu leistenden Vorauszahlungen für Miete und Heizung (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - juris Rn. 34 ff). Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung ist so lange zu bejahen, wie die Kosten unter dem Grenzbetrag eines kommunalen oder Bundesweiten Heizspiegels liegen oder die Überschreitung des Grenzbetrages aus personenbedingten Gründen (z.B. Bettlägerigkeit eines Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft, Zugehörigkeit kleiner Kinder zur Bedarfsgemeinschaft) gerechtfertigt ist (BSG, Urteile vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R – a.a.O.; vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R – juris; vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R - juris). Vorliegend beträgt der maßgebliche monatliche Grenzwert nach dem Bundesweiten Heizspiegel 2014 für eine mit Gas beheizte Wohnung mit der für einen Zweipersonenhaushalt angemessenen Wohnungsgröße 100,23 € und für eine – wie hier – rund 51m² große Wohnung 78,64 €.

 

3. Die Übernahme unangemessener Bedarfe für Unterkunft kommt auch nicht (mehr) gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II für die Dauer von sechs Monaten während der Kostensenkungsbemühungen in Betracht. Der Beklagte hat bereits mit Bescheid vom 09. Mai 2011 das Kostensenkungsverfahren eingeleitet. Dabei hat er die aus seiner damaligen Sicht angemessenen Grenzwerte mitgeteilt. Das genügt für ein wirksames Kostensenkungsverfahren (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15.04.2021 - L 5 AS 391/19 ZVW - juris Rn. 39; BSG, Urteil vom 11.12.2012 – B 4 AS 44/12 R – juris Rn. 22).

 

4. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass den Klägern ein Wohnungswechsel etwa aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit ebenfalls auf die Ausführungen in den gründen der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Kläger haben im Übrigen bereits erstinstanzlich unter dem 21. Mai 2015 erklärt, ihren Vortrag hinsichtlich der Unzumutbarkeit eines Umzugs nicht weiter zu verfolgen.

 

5. Soweit das SG die für den streitigen Zeitraum von den Klägern jeweils zu beanspruchenden weiteren Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung auf 16,01 € monatlich in der Zeit von Januar bis April 2014, auf 15,78 € monatlich in der Zeit für Juni 2014 sowie auf 5,33 € für Juli 2014 errechnet hat begegnet dies keinen Bedenken.

 

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

D. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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