L 1 KR 125/20 WA

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 4 KR 534/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 125/20 WA
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2017 wird zurückgewiesen.

 

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Im Streit steht ein nach einer Betriebsprüfung erlassener Beitragsbescheid im Hinblick auf den sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1) im Rahmen ihrer Tätigkeit als Bereitschaftsärztin für die Zeit vom 1. November 2005 bis 31. Januar 2006, 1. April 2006 bis 30. September 2007 und 1. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2007.

 

Die Klägerin betreibt eine psychiatrische Privatklinik, in der ein besonderes Behandlungskonzept verfolgt wird. Für die Nachtdienste wurden externe Ärzte beauftragt, auch die Beigeladene zu 1). Grundlage deren Tätigkeit bei der Klägerin war ein Honorarvertrag, wonach sie als freie Mitarbeiterin Bereitschaftsdienste im ärztlichen Dienst übernehmen sollte, insbesondere psychotherapeutische Notfallversorgung, Patientenaufnahmen und Notfallmaßnahmen, letztere gegebenenfalls einschließlich einer Vorbereitung der Weiterversorgung. Nach dem Honorarvertrag sollte der freie Mitarbeiter seine Aufgaben selbständig und in eigener unternehmerischer Verantwortung ausführen, zugleich aber auch die Interessen des Auftraggebers berücksichtigen. Ein Weisungsrecht wurde ausgeschlossen, aber auch vereinbart, dass fachliche Vorgaben insoweit zu beachten waren, als die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung das erforderte. Die Dienstzeiten waren im Einzelnen zu vereinbaren, Verhinderungen bei bereits vereinbarten Terminen durch den freien Mitarbeiter rechtzeitig anzuzeigen, damit der Auftraggeber ausreichend Zeit für die Suche nach Personalersatz hatte. Als Honorar war werktags ein Betrag in Höhe von 250,- € und sonn- und feiertags in Höhe von 360,- € vorgesehen, zuzüglich 23,- € je durchgeführter Patientenaufnahme. Ansprüche auf bezahlten Erholungsurlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall waren ausgeschlossen. Die anfallende Einkommens- und gegebenenfalls Umsatzsteuer sollte der freie Mitarbeiter eigenständig abführen, die Übernahme von Beiträgen zur Sozialversicherung durch den Auftraggeber wurde ausgeschlossen. Die Beigeladene zu 1) übernahm ab November 2005 bis Dezember 2007 regelmäßig mehrere Dienste im Monat bei der Klägerin. Für ihre Tätigkeit erhielt sie von der Klägerin in der Zeit von November 2005 bis Dezember 2005 einen Betrag von 900,- €, im Januar 2006 einen Betrag von 300,- €, im April 2006 einen Betrag von 300,- €, für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis 30. Juni 2006 einen Betrag von 900,- €, für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2006 von 5.900,- €, für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 30. September 2007 einen Betrag von 8.775,00 € und für die Zeit vom 1. bis 31. Dezember 2007 einen Betrag von 600,- €.

 

In der Zeit vom 9. September 2009 bis 14. April 2010 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch, geprüft wurde der Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2008. Nach Anhörung der Beteiligten erhob die Beklagte mit Bescheid vom 14. April 2010 eine Nachforderung für Beiträge zur Sozialversicherung und für Umlagebeträge in Höhe von 33.371,99 €. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass alle von der Klägerin im Bereitschaftsdienst eingesetzten Ärzte als abhängig Beschäftigte anzusehen seien. Damit bestehe grundsätzlich Versicherungspflicht in der Sozialversicherung, eine ausnahmsweise bestehende Versicherungsfreiheit sei nachzuweisen. Gegenstand der Statusentscheidung sei jeweils das einzelne Auftragsverhältnis. Unberücksichtigt bleibe, dass diverse Ärzte mehrfach beschäftigt oder auch in eigener Praxis tätig gewesen seien. Im Falle von mehreren Beschäftigungen sei die Beitragsbemessungsgrenze anteilig nach dem Verhältnis der Einnahmen zu berücksichtigen. Bei der Prüfung würden Beiträge ohne Rücksicht auf § 22 Abs. 2 viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erhoben, ein etwaiger Beitragsausgleich werde auf Antrag von der zuständigen Einzugsstelle durchgeführt.

 

Mit ihrem Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen die Annahme, dass die von ihr eingesetzten Bereitschaftsärzte, insbesondere auch die Beigeladene zu 1), abhängig beschäftigt gewesen seien. Diese seien nicht in die Organisationsstrukturen der Klinik eingebunden gewesen, hätten ein eigenes Unternehmerrisiko getragen und über ihre Arbeitskraft verfügt ohne weisungsgebunden zu sein.

 

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2010 zurück. Ärzte im Klinikbetrieb und Arbeitnehmer, die in einer ähnlichen Art und Weise tätig wären, seien regelmäßig als abhängig Beschäftigte zu beurteilen. Recherchen bei vergleichbaren Einrichtungen, nämlich Reha-Kliniken der Kranken- und Rentenversicherungen, hätten ergeben, dass die Ärzte dort abhängig beschäftigt würden. Die Bereitschaftsärzte seien von der Klägerin nach einem festen Honorarsatz je geleisteter Arbeitsstunde entlohnt worden. Der Einsatz eigenen Kapitals und ein unternehmerisches Risiko hätten bei den Honorarärzten vollständig gefehlt. Auch unständig Beschäftigte, die nur einen einzelnen Arbeitsauftrag erhielten, seien abhängig beschäftigt. Die Bereitschaftsärzte seien zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen und hätten nicht ohne vorherige Absprache eine Vertretung einsetzen dürfen. Ein selbständiges Handeln in Not- und Gefahrsituationen sei Bestandteil der ärztlichen Ausbildung und deswegen kein Beleg für eine selbständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Allein das Fehlen von Arbeitsverträgen für die Bereitschaftsärzte belege nicht deren Selbständigkeit. Für die Beigeladene zu 1) komme hinzu, dass sie im Prüfzeitraum regelmäßig abhängig beschäftigt und zwischen ihren Arbeitseinsätzen auch beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet gewesen sei.

 

Dagegen hat die Klägerin am 18. Januar 2011 Klage beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhoben. Sie hat zur Stützung ihrer Rechtsauffassung insbesondere auf die in Vergleichsfällen ergangenen Urteile des LSG Baden-Württemberg v. 19. April 2016 – L 11 R 2428/15 und v. 23. Mai 2017 – L 11 R 771/15 Bezug genommen.

 

Das Sozialgericht hat unter anderen den ehemaligen Geschäftsführer und Chefarzt der Klägerin Prof. Dr. M als Zeugen vernommen. Es hat durch Beschluss vom 23. Dezember 2015 das vorliegende Verfahren, dessen Gegenstand allein die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) ist, von dem übrigen Verfahren abgetrennt. Die Beigeladene zu 1) hat unter dem 20. Mai 2016 ihre Tätigkeit für die Klägerin unter Beifügung eines Auszugs aus einem Zwischenzeugnis vom 14. Januar 2008 näher beschrieben.

 

Der Beklagte hat durch Bescheid vom 22. November 2016 ihren Bescheid vom 14. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2010 dahingehend abgeändert, dass sie die Beitragsnachforderung nunmehr in Höhe von 31.968,48 € festgesetzt hat. Bezüglich der Beigeladenen zu 1) hat die Beklagte entschieden, dass in der Zeit vom 1. November 2005 bis zum 31. Januar 2006, vom 1. April 2006 bis zum 30. September 2007 und vom 1. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2007 jeweils regelmäßig eine abhängige Beschäftigung vorlag. Neben den Beschäftigungen seien auch Zeiten der Arbeitslosigkeit gemeldet worden. Versicherungspflicht zur Kranken und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung werde vom 1. November 2005 bis zum 31. Dezember 2005, vom 1. Mai 2006 bis zum 30. September 2007 sowie vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Dezember 2007 festgestellt. Für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Januar 2006 sowie vom 1. April 2006 bis zum 30. April 2006 bestehe aufgrund eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses pauschale Beitragspflicht zur Kranken- und Rentenversicherung.

 

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. Juni 2017 abgewiesen. Zutreffend sei die Beklagte davon ausgegangen, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit als Ärztin im Bereitschaftsdienst als versicherungspflichtige abhängige Beschäftigung ausgeübt habe. Die allgemein für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung geltenden Grundsätze gälten auch für die Beurteilung ärztlicher Tätigkeiten. Eine ärztliche Tätigkeit könne sowohl selbständig als auch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden. Die Beigeladene zu 1) sei nicht selbständig, sondern in den Betrieb der Klägerin eingegliedert und weisungsabhängig gewesen. Zwar hätten die externen Ärzte der Nacht- und Bereitschaftsdienste keine therapeutischen Behandlungen erbracht, die dem besonderen Behandlungskonzept der Klinik entsprächen. Aber auch die Versorgung der Patienten während der Nacht und die Absicherung von Notaufnahmen gehöre zu den von dem Krankenhaus zu erbringenden Behandlungsleistungen. Bereits der Wortlaut der abgeschlossenen Vereinbarungen deute auf eine Eingliederung hin. Die Beigeladene zu 1) habe sich verpflichtet, die Notfallversorgung und die Vorbereitung der Weiterversorgung gewissenhaft wahrzunehmen und sich dabei den besonderen Verhältnissen der Einrichtung anzupassen sowie den allgemeinen und besonderen Weisungen nachzukommen. Der Honorarvertrag spreche zwar von unternehmerischer Verantwortung, selbständiger Tätigkeit und der Abwesenheit eines Weisungsrechts über freie Mitarbeiter. Andererseits werde das besondere Behandlungskonzept der Klinik auch für die freien Mitarbeiter als bindend erklärt. Nicht entscheidend sei, dass tatsächlich keine Weisungen erteilt worden seien. Dass die Beigeladene zu 1) selbst entschieden habe, welchen Patienten sie wann behandelte, entspreche den üblichen Abläufen auf einer Station und lasse den Bestand der übergeordneten Befugnisse des Chefarztes unberührt. Zudem habe die Klägerin für alle Mitarbeiter eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen, auch für die Beigeladene zu 1). Die Beigeladene zu 1) sei zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen und es sei davon auszugehen, dass zu Beginn bzw. Ende des Dienstes jeweils Übergaben durchgeführt worden seien. Auch das spreche für eine Eingliederung in den Klinikalltag, ebenso wie die Befugnis, bei Bedarf auf das Pflegepersonal der Klägerin zuzugreifen. Nach der Übernahme eines Auftrags sei die Beigeladene zu 1) in der Gestaltung ihrer Tätigkeit und Arbeitszeit nicht mehr frei gewesen. Das Fortbestehen eines Letztentscheidungsrechts ergebe sich aus der ärztlichen Tätigkeit und nicht aus dem Status als Selbständige. Gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spreche nicht, dass die Beigeladene zu 1) nicht auf Dauer, sondern nur an einzelnen Tagen für die Klägerin tätig war. Es habe ein Dauerschuldverhältnis vorgelegen, für das eine Rahmenvereinbarung geschlossen worden sei. Die einzelnen Arbeitseinsätze seien zu identischen Bedingungen durchgeführt und abgerechnet worden. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) in tatsächlicher Hinsicht nicht in Übereinstimmung mit der geschlossenen Vereinbarung ausgeübt worden sei. Da die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) damit weisungsgebunden gewesen sei, komme es auf andere Abgrenzungskriterien nicht mehr entscheidend an. Die Beigeladene zu 1) habe aber insbesondere auch kein Unternehmerrisiko getragen, weil ihr eine feste pauschale Vergütung für den Einsatz ihrer Arbeitskraft zugesagt worden sei. Die Beigeladene zu 1) habe zudem kein eigenes Kapital eingesetzt. Das Risiko, für Behandlungsfehler in Regress genommen zu werden, treffe auch abhängig beschäftigte Ärzte. Soweit in der Rechtsprechung (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg v. 10. April 2016 – L 11 R 2428/15) von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werde, wenn ein Honorararzt selbst bestimmen könne, an welchen Tagen er für eine Klinik tätig sein wolle und er keinen Einzelanordnungen unterliege, sei dem mit anderen Stimmen aus der Rechtsprechung (Hinweis auf LSG Schleswig-Holstein v. 22. November 2016 – L 5 KR 176/16 B ER, LSG Niedersachsen-Bremen v. 5. April 2017 – L 2 R 385/16) entgegen zu treten. Unerheblich sei auch, dass keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter Urlaub vereinbart worden sei. Das erkläre sich daraus, dass die Parteien von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen seien. Auf deren Einschätzung komme es aber nicht entscheidend an.

 

Gegen das ihr am 19. Juni 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Juli 2017 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beigeladene zu 1) sei von November 2005 bis April 2006 noch als angestellte Assistenzärztin im H Klinikum E v B sowie als Angestellte in der Praxis M tätig gewesen. Es sei davon auszugehen, dass sie in dem Zeitraum von November 2005 bis Juni 2006 oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung verdient habe. Das gelte auch für den Zeitraum von Dezember 2007 bis Dezember 2008, in dem die Beigeladene zu 1) zusätzlich bei der Agentur für Arbeit in Vollzeit tätig gewesen sei. Die Parteien hätten einen Honorarvertrag und keinen Arbeitsvertrag geschlossen. Der Honorarvertrag sei auch gelebt worden. Das Sozialgericht habe seiner Entscheidung einen pauschalen und falschen Sachverhalt zugrunde gelegt und sich dabei von den Darlegungen der Beklagten leiten lassen. Tatsächlich unterscheide sich der streitgegenständliche Sachverhalt wesentlich von der typischen Beauftragung von Honorarärzten. Die Beigeladene zu 1) habe nicht einen der fest angestellten Ärzte der Klägerin ersetzt, sondern sei nur dafür zuständig gewesen, nachts basismedizinisch Fälle zu versorgen, in denen die Patienten sich vor dem Hintergrund ihrer schweren psychischen Erkrankungen selbst körperliche Verletzungen zufügten. Ihre Tätigkeit sei im Wesentlichen mit der eines Bewachers von Gebäuden vergleichbar. Das Sozialgericht habe den nicht auf Begründung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gerichtet gewesenen Parteiwillen nicht angemessen gewürdigt und auch sonst die erforderliche Sorgfalt bei der Prüfung der einzelnen Merkmale vermissen lassen. Die Beweislast für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung trage die Beklagte. Es könne nicht darum gehen, den sozialversicherungsrechtlichen Status von Honorarärzten im Allgemeinen zu erörtern, entscheidend sei vielmehr der jeweilige Einzelfall. Die Beigeladene zu 1) sei nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Sie habe nicht mit dem leitenden Arzt zusammengearbeitet. Ihre Tätigkeit habe sich auch der Art nach von der der angestellten Ärzte unterschieden. Sie habe auch nicht mit dem Pflegepersonal oder anderen Ärzten zusammengearbeitet. Nur ausnahmsweise sei eine gewisse Koordination erforderlich geworden, wenn etwa ein Notfall eingetreten war und Wunden versorgt werden mussten. Zu wenig sei die Möglichkeit beachtet worden, dass die Leistung auch durch Dritte erbracht werden durfte. Es komme auf die rechtliche Möglichkeit an, zur Leistungserbringung auch Vertreter einzusetzen, nicht ob die Beigeladene zu 1) davon auch Gebrauch gemacht habe. Selbst eine Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung würde noch nicht belegen, dass eine abhängige Beschäftigung vorgelegen habe. Auf die Leistungserbringung in den Räumlichkeiten der Klägerin könne es nicht entscheiden ankommen, da dies zwingend gewesen wäre. Die Patienten konnten nur am Betriebssitz der Klägerin versorgt werden. Zu Unrecht habe das Sozialgericht angenommen, dass die Beigeladene zu 1) Betriebsmittel der Klägerin bei der Versorgung der Patienten verwandt habe. Dazu fehlten schon nähere Feststellungen zur Art der verwendeten Sachmittel. Die eigentliche Aufgabe der Beigeladenen zu 1) sei die Überwachung der Patienten gewesen, wozu keine Betriebsmittel erforderlich gewesen wären. Auch die Vereinbarung eines Tagessatzes sei kein Argument für eine abhängige Beschäftigung, weil eine tageweise Vergütung in Arbeitsverhältnissen mittlerweile gänzlich unüblich geworden sei. Die Höhe des Honorars habe vom Verhandlungsgeschick der Beigeladenen zu 1) abgehangen. Die Beigeladene zu 1) habe das Unternehmerrisiko getragen, keine Folgeaufträge zu erhalten. Auch wenn die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber eine abhängige Beschäftigung nicht ausschließe, sei sie doch eher für eine Selbständigkeit typisch. Die Beigeladene zu 1) habe keinen Weisungen unterlegen. Außerdem habe das Sozialgericht versäumt, zwischen ergebnisbezogenen und verhaltensbezogenen Weisungen zu unterscheiden. Ergebnisbezogene Weisungen seien auch bei Selbständigkeit üblich, etwa im Rahmen von Werkverträgen. Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg außer Acht gelassen, deren Sachverhalt dem vorliegenden Sachverhalt entspreche. Die Beigeladene zu 1) habe weder Dokumentationen erstellt noch regelmäßig mit anderem medizinischem Personal zusammengearbeitet. Der Oberarzt sei am Morgen über vorgekommene Notfälle lediglich informiert worden. Die Beigeladene zu 1) sei frei gewesen, ihr angebotene Bereitschaftsdienste anzunehmen oder abzulehnen, sie habe auch einen Vertreter schicken können. Ihre Aufgabe sei lediglich die basismedizinische Versorgung der Patienten gewesen, in die eigentliche Behandlung und den Klinikablauf sei sie nicht einbezogen gewesen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2010 und des Bescheides vom 22. November 2016 bezogen auf die Beigeladene zu 1) abzuändern und festzustellen, dass diese in dem Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. Dezember 2007 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

 

Die Beklagte beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

 

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

 

Trotz Nichterscheinens eines Vertreters der Klägerin zum Termin konnte eine mündliche Verhandlung durchgeführt und aufgrund dieser ein Urteil verkündet werden. Die Klägerin ist mit ordnungsgemäß erfolgter Terminsmitteilung darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 126 Rn. 4: „einseitige mündliche Verhandlung“).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2017 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 14. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2010 und des Bescheides vom 22. November 2016 bezogen auf die Beigeladene zu 1) ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Mit Recht hat die Beklagte angenommen, dass die Beigeladene zu 1) mit ihrer Tätigkeit für die Klägerin in dem Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. Dezember 2007 der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Damit fehlt auch die Grundlage für die Feststellung des Gegenteiles.

 

Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen, sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen. Im Rahmen dieser Prüfung haben die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern zu erlassen.

 

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch sowie § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht jeweils erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 3/17 R - Rn 12 mit weit. Nachweisen).

 

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, gegebenenfalls den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, a. a. O. Rn 13 mit weiteren Nachweisen).

 

Ausgangspunkt der Prüfung sind demnach die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen, hier der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) geschlossene Honorarvertrag. Diesem entnimmt der Senat, dass die Klägerin und die Beigeladene zu 1) eine selbständige Tätigkeit vereinbaren wollten. Dafür spricht neben der Bezeichnung des Vertragsgegenstandes als „freie Mitarbeit“ die ausdrückliche Freistellung der Beigeladenen zu 1) von Weisungen, der Ausschluss von typischen Arbeitnehmerrechten wie bezahlter Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie die Ablehnung einer Verpflichtung des Auftraggebers zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen ebenso wie die Vereinbarung einer Zuständigkeit des Auftragnehmers für die Abführung der Steuern. Zutreffend hat das Sozialgericht zwar darauf hingewiesen, dass der Vertrag auch Formulierungen enthält wie die Berücksichtigung der Interessen des Auftraggebers und die Beachtung fachlicher Vorgaben, soweit es die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordere, welche eher für die Eingliederung in den Arbeitsbetrieb des Krankenhauses sprechen. Weit überwiegend sind jedoch Formulierungen, welche auf ein selbständiges Auftragsverhältnis hindeuten. Damit ist davon auszugehen, dass dies das von den Beteiligten Gewollte gewesen ist. So hat auch die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Sozialgericht angegeben, davon ausgegangen zu sein, mit ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht der Versicherungspflicht unterlegen zu haben.

 

Entscheidend für den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit ist aber nicht eine zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung. Auch eine von den Beteiligten ausdrücklich gewollte Selbständigkeit muss vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn die Versicherungspflicht entsteht kraft Gesetzes und kann nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welcher gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris Rn 17 und Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rn 17). Dazu hat der 12. Senat des BSG auch in seinem Urteil vom 7. Juni 2019 (B 12 R 6/18 – juris Rn 23) nichts anderes entschieden, vielmehr bekräftigt, dass selbst wenn bei widersprüchlichen vertraglichen Regelungen zugunsten der Vertragsparteien unterstellt werde, dass die Auslegung der vertraglichen Bestimmungen einen Willen zur Vereinbarung einer selbständigen Tätigkeit ergebe, die gelebte Praxis einer formellen Vereinbarung grundsätzlich vorgehe.

 

Nach welchen Merkmalen für Honorarärzte im Krankenhaus eine abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit abzugrenzen ist, war Gegenstand der Urteile des BSG v. 4. Juni 2019 (B 12 R 2/18 R, B 12 R 10/18 R, B 12 R 11/18 R, B 12 R 12/18 R). Das BSG hat herausgestellt, dass die ärztliche Tätigkeit Besonderheiten aufweist, weil Ärzte bei Ausübung ihrer Tätigkeit grundsätzlich frei und eigenverantwortlich handeln (BSG v. 4. Juni 2019 – B 12 R 2/18 R – juris Rn 21). Das lasse dann noch nicht auf eine selbständige Tätigkeit schließen. Auch wenn eine selbständige Tätigkeit von Honorarärzten im Krankenhaus nicht vollständig ausgeschlossen werden könne, ergebe sich aus den regulatorischen Bedingungen eines Krankenhauses, aus dem Versorgungsauftrag und den Vorgaben zur Qualitätssicherung, dass das ärztliche Personal im Regelfall in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses eingegliedert sei. Nur ausnahmsweise komme eine selbständige Tätigkeit in Betracht, für die dann gewichtige Indizien vorliegen müssten (BSG v. 4. Juni 2019 – B 12 R 2/18 R – juris Rn 22; B 12 R 11/18 R – juris Rn 26; B 12 KR 12/18 R – juris Rn 27). Für eine ärztliche Tätigkeit in Privatkliniken gilt nichts anderes (BSG v. 4. Juni 2019 – B 12 R 10/18 R – juris Rn 31).

 

Eine abhängige Beschäftigung liegt vor, wenn eine Tätigkeit weisungsgebunden und/oder in einen Betrieb eingegliedert ausgeübt wird. Dabei ist das Merkmal der Weisungsgebundenheit keine unabdingbar festzustellende zwingende Voraussetzung, zumal sie bei höheren Diensten ohnehin zu einer funktionsgerechten dienenden Teilnahme am Arbeitsprozess ausgeformt sein kann. Maßgebliches Merkmal für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses ist bei solchen Tätigkeiten die erfolgte Eingliederung in den Betrieb, die Frage ob die Tätigkeit ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, für den sie verrichtet wird (BSG v. 4. Juni 2019 – B 12 R 2/18 R – juris Rn 24). Vor diesem Hintergrund hat das BSG bei Honorarärzten im Krankenhaus für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ausreichen lassen, dass sie in die vom Krankenhaus bereitgestellte Infrastruktur organisatorisch, personell und sachlich vollständig eingebunden waren, was sich im Falle der Übernahme von Bereitschaftsdiensten bereits dadurch ausdrückte, dass die Honorarärzte im Falle eines Notfalles der alleinige Ansprechpartner der Patienten und des Krankenhauspersonals waren (BSG v. 4. Juni 2019 – B 12 R 2/18 R – juris Rn 26), oder auch, dass sie die Hausordnung durchsetzen und Übergabegespräche mit dem Tagesdienst führen mussten (BSG v. 4. Juni 2019 - B 12 R 10/18 R – juris Rn 35). Unter diesen Voraussetzungen kommt es nach dem BSG nicht darauf an, ob das fachliche Letztentscheidungsrecht im Rahmen der von ihm verantworteten (Not-)Versorgung stets bei dem Honorararzt geblieben ist. 

 

Der Senat hält diese Grundsätze für zutreffend und macht sie sich zu eigen. Dann kommt er mit dem Sozialgericht zu dem Ergebnis, dass von einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin auszugehen ist. Bereits aus dem Vortrag der Klägerin, aber auch aus den Angaben des von dem Sozialgericht gehörten früheren Geschäftsführers der Klägerin ergibt sich, dass es Aufgabe der Beigeladenen zu 1) - gleichermaßen wie die der anderen zu den Nachtdiensten herangezogene externen Ärzte - im Wesentlichen war, sich während der Nacht in den dafür bereit gestellten Räumlichkeiten der Klägerin aufzuhalten und im Falle des Auftretens eines Notfalles die Patienten zu behandeln, gegebenenfalls unter Inanspruchnahme des übrigen Klinikpersonals. Auf den Inhalt des Zwischenzeugnisses, das von der Beigeladenen zu 1) dem Sozialgericht vorgelegt worden ist und das eine noch weitergehende Verflechtung der Beigeladenen zu 1) in die Behandlungsabläufe bei der Klägerin bestätigt, nämlich die Vornahme von Aufnahmeuntersuchungen sowie eine regelmäßig vorzunehmende Visite mit der Veranlassung von Behandlungsmaßnahmen, kommt es dann nicht mehr an.

 

Es sind auch keine sonstigen Umstände mit erheblichem Gewicht ersichtlich, welche geeignet wären, die Eingliederung als für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkt zu verdrängen und letztlich doch die Annahme einer selbständigen Tätigkeit zu rechtfertigen. So fehlt es an einem erheblichen Unternehmerrisiko. Ein Honorararzt, dem für seine Tätigkeit ein festes Entgelt zugesagt worden ist, trägt kein sozialversicherungsrechtlich erhebliches Unternehmerrisiko (BSG v. 4. Juni 2019 – B 12 R 2/18 R – juris Rn 27; B 12 R 10/18 R – juris Rn 37).

 

Ebenso reicht die Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) noch anderen Tätigkeiten nachging, für die Annahme ihrer Selbstständigkeit nicht aus. Zwar ist es grundsätzlich eher ein für selbständige Tätigkeit sprechendes Merkmal, wenn jemand mehrere Auftraggeber hat (BSG v. 4. Juni 2019 – B 12 R 2/18 R – juris Rn 29; B 12 R 10/18 R – juris Rn 40). Die Übernahme von Nebenbeschäftigungen ist aber nicht gänzlich arbeitnehmeruntypisch, so dass die Bewertung des vorliegenden Sachverhalts nicht davon abhängen kann, dass die Beigeladene zu 1) neben ihren für die Klägerin übernommenen Diensten noch andere Tätigkeiten ausübte.

 

Die Höhe des Arbeitsentgelts ist ebenfalls kein entscheidendes Kriterium. Die Vergütung ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 4. Juni 2019 – B 12 R 2/18 R – juris Rn 30, Urt. vom. 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R) nur ein Indiz. Ein Unterschied zu dem an angestellte Ärzte gezahlten Arbeitsentgelt wird zudem dadurch relativiert, dass für Arbeitnehmer noch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung hinzuzurechnen sind und die Beigeladene zu 1) nicht ständig, sondern ausschließlich zur Abdeckung eines besonderen während der Nacht anfallenden Bedarfs beschäftigt wurde. Bei nur fallweise benötigten qualifizierten Arbeitskräften ist die Zahlung eines höheren Arbeitslohns auch ein Ausgleich dafür, dass diese sich kurzfristig auf Abruf zur Verfügung zu stellen, was die Möglichkeit beschäftigungsloser Zeiten einschließt (so bereits Beschluss des Senats vom 26. April 2018 - L 1 KR 526/16 - juris Rn 25).

 

War die Beigeladene zu 1) danach bei der Klägerin abhängig beschäftigt, bestand für sie auch dem Grunde nach wie von der Beklagten festgestellt Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Berechnung der Beiträge hat die Klägerin ausdrücklich nicht streitig gestellt. Soweit die Beklagte Versicherungsfreiheit wegen einer geringfügigen Beschäftigung in den Monaten Januar und April 2006 angenommen hat, wird die Klägerin dadurch jedenfalls nicht beschwert. Ob die errechneten Beiträge verhältnismäßig zu kürzen sind, weil die Beigeladene zu 1) zusätzliche Entgelte aus weiteren Beschäftigungsverhältnissen bezog, mit denen sie zusammen die Beitragsbemessungsgrenze überstieg, ist nicht Gegenstand des Betriebsprüfungsverfahrens, sondern gegebenenfalls von der Einzugsstelle zu berücksichtigen (LSG Nordrhein-Westfalen v. 26. Januar 2022 – L 8 BA 51/20 – juris Rn 49).

 

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 197a SGG, 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

 

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich. Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG.

 

Rechtskraft
Aus
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